Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 57 AS 3368/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 236/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. April 2011 wird zurückgewiesen. Der Beklagte erstattet den Klägern zu 2. und 3. die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen für die Kläger zu 2. und 3. nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – für die Zeit vom 1. April 2008 bis zum 7. Juni 2008 streitig.
Der Ehemann der Klägerin, geboren am XXXXX 1953, kam Ende März 2008 als D. Staatsangehöriger nach D1 zurück, nachdem er sich längere Zeit in B. aufgehalten hatte. Dort hatte er die am XXXXX 1981 geborene Klägerin, welche die B1 Staatsangehörigkeit besitzt, geheiratet. Zusammen mit ihr und ihrem aus erster Ehe stammenden Sohn, dem am XXXXX 2004 geborenen Kläger zu 3., der neben der B2 auch die I. Staatsangehörigkeit besitzt, beantragte der Ehemann der Klägerin am 1. April 2008 Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin und der Kläger zu 3. waren zunächst als Touristen nach D1 eingereist und beantragten nach der Einreise in das Bundesgebiet eine Aufenthaltserlaubnis. Am 17. Juli 2008 wurde den Klägern jeweils eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 3 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – ausgestellt. Der Ehemann der Klägerin meldete sich zunächst ab dem 8. Juni 2008 aus dem Leistungsbezug ab, beantragte aber bereits am 21. Juli 2008 erneut Leistungen für sich und für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kläger. Darauf wurde mit Bescheid vom 23. Juli 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 31. Juli 2008 dem Leistungsantrag der Bedarfsgemeinschaft ab dem 21. Juli 2008 entsprochen, insbesondere wurde den Klägern zu 2. und 3. Sozialgeld nach § 28 SGB II gewährt.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2008 wurden auf seinen Antrag vom 1. April 2008 allein dem Ehemann der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den hier im Streit befindlichen Zeitraum bewilligt. Die Klägerin und der Kläger zu 3. erhielten keine Leistungen. Mit weiteren Änderungsbescheiden vom 17. Mai 2008, 23. Juni 2008, 16. Juli 2008 und 23. Juli 2008 wurde die Leistungsbewilligung gegenüber dem Ehemann der Klägerin jeweils geändert.
Der Ehemann der Klägerin und die Kläger legten gegen den Bewilligungsbescheid vom 8. Mai 2008 Widerspruch ein. Die Änderungsbescheide wurden gem. § 86 Sozialgerichtsgesetz in das Widerspruchsverfahren einbezogen. Zur Begründung führten sie aus, dass auch der Klägerin und dem Kläger zu 3. Leistungen nach dem SGB II zustünden und diese nicht von einem Leistungsbezug ausgeschlossen seien.
Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2008 den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin und der Kläger zu 3. nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II von einem Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen seien.
Dagegen haben der Ehemann der Klägerin und die Kläger am 29. Dezember 2008 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Sie führten zur Begründung aus, dass die Kläger jedenfalls Anspruch auf Sozialgeld nach dem SGB II hätten. Die Klägerin habe aufgrund ihrer Ehe die Möglichkeit gehabt, mit einem Touristenvisum nach D1 einzureisen, und sie habe dann erst in D1 die Aufenthaltserlaubnis beantragt. Die Einreise nach D1 habe aber von Anfang an den Zweck der Herstellung einer ehelichen Gemeinschaft mit ihrem Ehemann gehabt. D1 sei mithin ab dem 1. April 2008 der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin und auch des Klägers zu 3. gewesen. Der Ausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II greife nur ein, wenn kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein arbeitsfähiger D4 sei.
Der Ehemann der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2011 die Klage zurückgenommen.
Mit Urteil vom 29. April 2011 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, denn den Klägern seien in dem Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 7. Juni 2008 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, da sie einen Anspruch auf Zahlung von Sozialgeld nach § 28 SGB II hätten. Sie hätten zwar in dem streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung von Leistungen nach § 7 Abs. 1 SGB II gehabt. Denn sie seien in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht entsprechend der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II gewesen. Der 2004 geborene Kläger zu 3. sei bereits aufgrund seines Alters nicht erwerbsfähig. Aber auch die Klägerin sei nicht erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II, da sie nicht im Besitz eines eine Erwerbstätigkeit gestattenden Aufenthaltstitels gewesen sei, sondern sich nach ihrer Einreise als Touristin ab dem 17. Juli 2008 mit einer Fiktionsbescheinigung in D1 aufgehalten habe. Der Anspruch der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum ergebe sich aber aus § 7 Abs. 2 SGB II. Sie hätten einen Anspruch auf die Gewährung von Sozialgeld nach § 28 SGB II. Bei den Ansprüchen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gemäß § 7 Abs. 1 SGB II einerseits und der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 SGB II auf Leistungen nach dem SGB II andererseits handele es sich um jeweils eigenständige Ansprüche. Entgegen der Auffassung des Beklagten stehe dem Leistungsanspruch auch nicht der allein umstrittene Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II entgegen. Nach dieser Vorschrift seien Ausländer von Leistungen nach dem SGB II für die ersten drei Monate ihres Aufenthaltes ausgenommen, wenn diese weder in der Bundesrepublik D1 Arbeitnehmer oder Selbstständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigt seien. Der Ausschluss erstrecke sich auch auf die Familienangehörigen der Ausländer. Dieser Ausschluss greife aber nicht für den hier vorliegenden Fall ein, dass Ausländer, die weder in der Bundesrepublik D1 Arbeitnehmer oder Selbstständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigt seien, mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, in einer Bedarfsgemeinschaft lebten. Der Ausschluss solle allein Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften erfassen, die aus einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, und seinen Angehörigen gebildet werden. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/5065) zu diesem im Jahr 2007 neu in das SGB II aufgenommenen Ausschlussgrund. Damit könne dahingestellt bleiben, ob eine solche Regelung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz verfassungskonform wäre.
Gegen das dem Beklagten am 27. Mai 2011 zugestellte Urteil hat dieser am 16. Juni 2011 Berufung eingelegt. Er führt im Wesentlichen aus, die Klägerin und der Kläger zu 3. seien für die Dauer von drei Monaten nach ihrer Einreise gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II von einem Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Gestützt werde diese Auffassung durch den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. März 2011 (S 24 AS 1359/11 ER), demzufolge der Leistungsausschluss der genannten Norm für die ersten drei Monate des Aufenthalts auch alle Ausländer umfasse, die als Familienangehörige eines D2 in das Bundesgebiet einreisten, mit Ausnahme der Ausländer, die sich aus humanitären Gründen in D1 aufhielten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützen sich auf die Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil und berufen sich auf den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 2011 (L 12 AS 314/11 B ER).
Die Sachakten wie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben vorgelegen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Für weitere Einzelheiten zum Sachverhalt wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
I. Streitgegenständlich sind die Leistungsansprüche der Klägerin und des Klägers zu 3. in den ersten drei Monaten nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik D1 nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – im Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 7. Juni 2008.
II. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. April 2011 ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
III. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht dem Klagebegehren der Klägerin und des Klägers zu 3. entsprochen und ihnen Leistungen für den Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 7. Juni 2008 zuerkannt. Die Bescheide vom 8. Mai 2008 sowie die Änderungsbescheide vom 17. Mai 2008, 23. Juni 2008, 16. Juli 2008 und 23. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin und den Kläger zu 3. in ihren Rechten.
Die Klägerin und der Kläger zu 3. haben einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II erhalten auch Personen Leistungen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der vom 1. August 2006 bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII – haben. Zutreffend hat bereits das Sozialgericht ausgeführt, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Die Klägerin und der Kläger zu 3. leben mit dem Ehemann der Klägerin in einer Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist die Klägerin als nicht dauernd getrennt lebende Ehepartnerin ihres Ehemannes nach § 7 Abs. Nr. 3 a) SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, und der Kläger zu 3. ist es nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II als dem Haushalt seines Stiefvaters angehörendes minderjähriges Kind der Klägerin zu 2., da er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten kann. Der Ehemann der Klägerin war unstreitig in dem fraglichen Zeitraum erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne des SGB II. Die Klägerin und der Kläger zu 3. hatten keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und waren nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige. Letzteres ergibt sich bei dem 2004 geborenen Kläger zu 3. bereits aufgrund seines Alters. Die Klägerin war nicht erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II, da sie nicht im Besitz eines eine Erwerbstätigkeit gestattenden Aufenthaltstitels war, sondern sich nach ihrer Einreise als Touristin ab dem 17. Juli 2008 mit einer Fiktionsbescheinigung in D1 aufhielt (vgl. Hohm/Brönstrup, Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand: Juni 2009 § 28 Rn. 9).
Der allein im Streit befindliche Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II steht den Leistungsansprüchen der Klägerin und des Klägers zu 3. nicht entgegen. Danach sind Ausländer sowie ihre Familienangehörigen von Leistungen nach dem SGB II für die ersten drei Monate ihres Aufenthaltes ausgenommen, wenn diese weder in der Bundesrepublik D1 Arbeitnehmer oder Selbstständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigt sind.
Es dürfte bereits zweifelhaft sein, ob die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II verankerten Leistungsausschlüsse über die Anspruchsberechtigten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II hinaus auch die Anspruchsberechtigten nach § 7 Abs. 2 SGB II erfassen sollen. Nach der systematischen Stellung der Sätze 1 und 2 des § 7 Abs. 1 SGB II spricht vielmehr einiges dafür, dass die Ausschlussgründe allein den Normbereich des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II einschränken und damit lediglich Eingrenzungen für den Kreis der erwerbsfähigen Hilfe-bedürftigen normieren wollen. § 7 Abs. 2 SGB II eröffnet nach diesem Verständnis einen eigenständigen Zugang für Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft (so Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn. 26), der nicht von den Leistungsausschlüssen betroffen wird. Das Bundessozialgericht (Urt. v. 21.12.2009 – B 14 AS 66/08 R) hat diese Zweifel aufgeworfen und sie lediglich in Bezug auf den Ausschluss von Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II) mit spezifischen Aspekten dieser Ausschlussnorm verworfen.
Das kann nach Auffassung des Senats hier aber offen bleiben, ebenso wie die Frage, ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II mit höherrangigem Recht vereinbar und gemeinschaftsrechtkonform ist. Denn bereits der Wortlaut von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II zeigt, dass der Leistungsausschluss nicht die zu einem D3 Staatsangehörigen ziehenden ausländischen Angehörigen betrifft, die mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft bilden (so SG Nürnberg, Urt. v. 26.8.2009 – S 20 AS 906/09; SG Berlin, Urt. v. 18.4.2011 – S 201 AS 45186/09; ähnlich LSG NW, Beschl. v. 7.1.2009 – L 19 B 363/09 AS; wohl auch LSG Nds/Bremen, Beschl. v. 17.2.2011 – L 7 AS 1323/10 B; Spellbrink, a.a.O., Rn. 26; A.Loose, in: Hohm, SGB II, § 7 Rn. 32, Stand Juli 2010; a.A.: SG Duisburg, Beschl. v. 19.11.2009 – S 31 AS 414/09 ER; SG Stuttgart, Beschl. v. 24.3.2011 – S 24 AS 1359/11 ER; LSG Bad.-Württ., Beschl. v. 27.4.2011 – L 3 AS 1411/11 ER-B). Anknüpfungspunkt der Vorschrift ist vielmehr eine erwerbsfähige hilfebedürftige Person ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Durch die Formulierung "Ausländerinnen und Ausländer, die ( ), und ihre Familienangehörigen" hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass der Leistungsausschluss nur greift, wenn die bzw. der erwerbsfähige Hilfebedürftige Ausländerin oder Ausländer ist. Dann greift der Leistungsausschluss sowohl für diese Person als auch für ihre – nicht erwerbsfähigen – Familienangehörigen. Dieses wird aus dem Zusatz "und ihre Familienangehörigen" deutlich. Hätte der Gesetzgeber § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II auf alle Ausländer – mit Ausnahme der dort genannten Einschränkungen – anwenden wollen, hätte es des Zusatzes "und ihre Familienangehörigen" nicht bedurft. Mit diesem Zusatz aber unterscheidet das Gesetz die erwerbsfähigen hilfebedürftigen Ausländer und ihre nicht erwerbsfähigen hilfebedürftigen Angehörigen und führt einen familieneinheitlichen Leistungsausschluss herbei. Daraus ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber nur für diese Konstellation einen Leistungsausschluss formulieren und nicht von einem generellen Leistungsausschluss aller Ausländer – mit Ausnahme der dort genannten Einschränkungen – für die ersten drei Monate ihres Aufenthaltes ausgehen wollte. Dass es auf solche Unterscheidungen ankommt, ergibt sich im Übrigen auch aus der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 21.12.2009, a.a.O., Rn. 18 bei juris).
Das Ergebnis der Auslegung lässt sich überdies auf die Gesetzesbegründung zu diesem im Jahr 2007 neu in das SGB II aufgenommenen Ausschlussgrund stützen (BT-Drucksache 16/5065 S. 234). Die vorherige Fassung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II hatte lediglich einen Ausschluss von Leistungen für Ausländer und ihre Familienangehörigen vorgesehen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Nach Inkrafttreten des § 2 Abs. 5 des Freizügigkeitsgesetztes/EU sollte mit der Erweiterung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II um die heutige Nr. 1 dieser neuen Regelung des Freizügigkeitsgesetzes/EU begegnet werden. Nicht bezweckt war es dagegen, nunmehr auch Familienangehörige D4 erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts von Leistungen nach dem SGB II auszuschließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG zuzulassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen für die Kläger zu 2. und 3. nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – für die Zeit vom 1. April 2008 bis zum 7. Juni 2008 streitig.
Der Ehemann der Klägerin, geboren am XXXXX 1953, kam Ende März 2008 als D. Staatsangehöriger nach D1 zurück, nachdem er sich längere Zeit in B. aufgehalten hatte. Dort hatte er die am XXXXX 1981 geborene Klägerin, welche die B1 Staatsangehörigkeit besitzt, geheiratet. Zusammen mit ihr und ihrem aus erster Ehe stammenden Sohn, dem am XXXXX 2004 geborenen Kläger zu 3., der neben der B2 auch die I. Staatsangehörigkeit besitzt, beantragte der Ehemann der Klägerin am 1. April 2008 Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin und der Kläger zu 3. waren zunächst als Touristen nach D1 eingereist und beantragten nach der Einreise in das Bundesgebiet eine Aufenthaltserlaubnis. Am 17. Juli 2008 wurde den Klägern jeweils eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 3 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – ausgestellt. Der Ehemann der Klägerin meldete sich zunächst ab dem 8. Juni 2008 aus dem Leistungsbezug ab, beantragte aber bereits am 21. Juli 2008 erneut Leistungen für sich und für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kläger. Darauf wurde mit Bescheid vom 23. Juli 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 31. Juli 2008 dem Leistungsantrag der Bedarfsgemeinschaft ab dem 21. Juli 2008 entsprochen, insbesondere wurde den Klägern zu 2. und 3. Sozialgeld nach § 28 SGB II gewährt.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2008 wurden auf seinen Antrag vom 1. April 2008 allein dem Ehemann der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den hier im Streit befindlichen Zeitraum bewilligt. Die Klägerin und der Kläger zu 3. erhielten keine Leistungen. Mit weiteren Änderungsbescheiden vom 17. Mai 2008, 23. Juni 2008, 16. Juli 2008 und 23. Juli 2008 wurde die Leistungsbewilligung gegenüber dem Ehemann der Klägerin jeweils geändert.
Der Ehemann der Klägerin und die Kläger legten gegen den Bewilligungsbescheid vom 8. Mai 2008 Widerspruch ein. Die Änderungsbescheide wurden gem. § 86 Sozialgerichtsgesetz in das Widerspruchsverfahren einbezogen. Zur Begründung führten sie aus, dass auch der Klägerin und dem Kläger zu 3. Leistungen nach dem SGB II zustünden und diese nicht von einem Leistungsbezug ausgeschlossen seien.
Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2008 den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin und der Kläger zu 3. nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II von einem Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen seien.
Dagegen haben der Ehemann der Klägerin und die Kläger am 29. Dezember 2008 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Sie führten zur Begründung aus, dass die Kläger jedenfalls Anspruch auf Sozialgeld nach dem SGB II hätten. Die Klägerin habe aufgrund ihrer Ehe die Möglichkeit gehabt, mit einem Touristenvisum nach D1 einzureisen, und sie habe dann erst in D1 die Aufenthaltserlaubnis beantragt. Die Einreise nach D1 habe aber von Anfang an den Zweck der Herstellung einer ehelichen Gemeinschaft mit ihrem Ehemann gehabt. D1 sei mithin ab dem 1. April 2008 der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin und auch des Klägers zu 3. gewesen. Der Ausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II greife nur ein, wenn kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein arbeitsfähiger D4 sei.
Der Ehemann der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2011 die Klage zurückgenommen.
Mit Urteil vom 29. April 2011 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, denn den Klägern seien in dem Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 7. Juni 2008 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, da sie einen Anspruch auf Zahlung von Sozialgeld nach § 28 SGB II hätten. Sie hätten zwar in dem streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung von Leistungen nach § 7 Abs. 1 SGB II gehabt. Denn sie seien in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht entsprechend der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II gewesen. Der 2004 geborene Kläger zu 3. sei bereits aufgrund seines Alters nicht erwerbsfähig. Aber auch die Klägerin sei nicht erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II, da sie nicht im Besitz eines eine Erwerbstätigkeit gestattenden Aufenthaltstitels gewesen sei, sondern sich nach ihrer Einreise als Touristin ab dem 17. Juli 2008 mit einer Fiktionsbescheinigung in D1 aufgehalten habe. Der Anspruch der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum ergebe sich aber aus § 7 Abs. 2 SGB II. Sie hätten einen Anspruch auf die Gewährung von Sozialgeld nach § 28 SGB II. Bei den Ansprüchen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gemäß § 7 Abs. 1 SGB II einerseits und der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 SGB II auf Leistungen nach dem SGB II andererseits handele es sich um jeweils eigenständige Ansprüche. Entgegen der Auffassung des Beklagten stehe dem Leistungsanspruch auch nicht der allein umstrittene Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II entgegen. Nach dieser Vorschrift seien Ausländer von Leistungen nach dem SGB II für die ersten drei Monate ihres Aufenthaltes ausgenommen, wenn diese weder in der Bundesrepublik D1 Arbeitnehmer oder Selbstständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigt seien. Der Ausschluss erstrecke sich auch auf die Familienangehörigen der Ausländer. Dieser Ausschluss greife aber nicht für den hier vorliegenden Fall ein, dass Ausländer, die weder in der Bundesrepublik D1 Arbeitnehmer oder Selbstständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigt seien, mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, in einer Bedarfsgemeinschaft lebten. Der Ausschluss solle allein Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften erfassen, die aus einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, und seinen Angehörigen gebildet werden. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/5065) zu diesem im Jahr 2007 neu in das SGB II aufgenommenen Ausschlussgrund. Damit könne dahingestellt bleiben, ob eine solche Regelung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz verfassungskonform wäre.
Gegen das dem Beklagten am 27. Mai 2011 zugestellte Urteil hat dieser am 16. Juni 2011 Berufung eingelegt. Er führt im Wesentlichen aus, die Klägerin und der Kläger zu 3. seien für die Dauer von drei Monaten nach ihrer Einreise gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II von einem Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Gestützt werde diese Auffassung durch den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. März 2011 (S 24 AS 1359/11 ER), demzufolge der Leistungsausschluss der genannten Norm für die ersten drei Monate des Aufenthalts auch alle Ausländer umfasse, die als Familienangehörige eines D2 in das Bundesgebiet einreisten, mit Ausnahme der Ausländer, die sich aus humanitären Gründen in D1 aufhielten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützen sich auf die Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil und berufen sich auf den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 2011 (L 12 AS 314/11 B ER).
Die Sachakten wie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben vorgelegen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Für weitere Einzelheiten zum Sachverhalt wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
I. Streitgegenständlich sind die Leistungsansprüche der Klägerin und des Klägers zu 3. in den ersten drei Monaten nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik D1 nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – im Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 7. Juni 2008.
II. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. April 2011 ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
III. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht dem Klagebegehren der Klägerin und des Klägers zu 3. entsprochen und ihnen Leistungen für den Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 7. Juni 2008 zuerkannt. Die Bescheide vom 8. Mai 2008 sowie die Änderungsbescheide vom 17. Mai 2008, 23. Juni 2008, 16. Juli 2008 und 23. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin und den Kläger zu 3. in ihren Rechten.
Die Klägerin und der Kläger zu 3. haben einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II erhalten auch Personen Leistungen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der vom 1. August 2006 bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII – haben. Zutreffend hat bereits das Sozialgericht ausgeführt, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Die Klägerin und der Kläger zu 3. leben mit dem Ehemann der Klägerin in einer Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist die Klägerin als nicht dauernd getrennt lebende Ehepartnerin ihres Ehemannes nach § 7 Abs. Nr. 3 a) SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, und der Kläger zu 3. ist es nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II als dem Haushalt seines Stiefvaters angehörendes minderjähriges Kind der Klägerin zu 2., da er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten kann. Der Ehemann der Klägerin war unstreitig in dem fraglichen Zeitraum erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne des SGB II. Die Klägerin und der Kläger zu 3. hatten keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und waren nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige. Letzteres ergibt sich bei dem 2004 geborenen Kläger zu 3. bereits aufgrund seines Alters. Die Klägerin war nicht erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB II, da sie nicht im Besitz eines eine Erwerbstätigkeit gestattenden Aufenthaltstitels war, sondern sich nach ihrer Einreise als Touristin ab dem 17. Juli 2008 mit einer Fiktionsbescheinigung in D1 aufhielt (vgl. Hohm/Brönstrup, Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand: Juni 2009 § 28 Rn. 9).
Der allein im Streit befindliche Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II steht den Leistungsansprüchen der Klägerin und des Klägers zu 3. nicht entgegen. Danach sind Ausländer sowie ihre Familienangehörigen von Leistungen nach dem SGB II für die ersten drei Monate ihres Aufenthaltes ausgenommen, wenn diese weder in der Bundesrepublik D1 Arbeitnehmer oder Selbstständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigt sind.
Es dürfte bereits zweifelhaft sein, ob die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II verankerten Leistungsausschlüsse über die Anspruchsberechtigten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II hinaus auch die Anspruchsberechtigten nach § 7 Abs. 2 SGB II erfassen sollen. Nach der systematischen Stellung der Sätze 1 und 2 des § 7 Abs. 1 SGB II spricht vielmehr einiges dafür, dass die Ausschlussgründe allein den Normbereich des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II einschränken und damit lediglich Eingrenzungen für den Kreis der erwerbsfähigen Hilfe-bedürftigen normieren wollen. § 7 Abs. 2 SGB II eröffnet nach diesem Verständnis einen eigenständigen Zugang für Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft (so Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn. 26), der nicht von den Leistungsausschlüssen betroffen wird. Das Bundessozialgericht (Urt. v. 21.12.2009 – B 14 AS 66/08 R) hat diese Zweifel aufgeworfen und sie lediglich in Bezug auf den Ausschluss von Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II) mit spezifischen Aspekten dieser Ausschlussnorm verworfen.
Das kann nach Auffassung des Senats hier aber offen bleiben, ebenso wie die Frage, ob der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II mit höherrangigem Recht vereinbar und gemeinschaftsrechtkonform ist. Denn bereits der Wortlaut von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II zeigt, dass der Leistungsausschluss nicht die zu einem D3 Staatsangehörigen ziehenden ausländischen Angehörigen betrifft, die mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft bilden (so SG Nürnberg, Urt. v. 26.8.2009 – S 20 AS 906/09; SG Berlin, Urt. v. 18.4.2011 – S 201 AS 45186/09; ähnlich LSG NW, Beschl. v. 7.1.2009 – L 19 B 363/09 AS; wohl auch LSG Nds/Bremen, Beschl. v. 17.2.2011 – L 7 AS 1323/10 B; Spellbrink, a.a.O., Rn. 26; A.Loose, in: Hohm, SGB II, § 7 Rn. 32, Stand Juli 2010; a.A.: SG Duisburg, Beschl. v. 19.11.2009 – S 31 AS 414/09 ER; SG Stuttgart, Beschl. v. 24.3.2011 – S 24 AS 1359/11 ER; LSG Bad.-Württ., Beschl. v. 27.4.2011 – L 3 AS 1411/11 ER-B). Anknüpfungspunkt der Vorschrift ist vielmehr eine erwerbsfähige hilfebedürftige Person ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Durch die Formulierung "Ausländerinnen und Ausländer, die ( ), und ihre Familienangehörigen" hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass der Leistungsausschluss nur greift, wenn die bzw. der erwerbsfähige Hilfebedürftige Ausländerin oder Ausländer ist. Dann greift der Leistungsausschluss sowohl für diese Person als auch für ihre – nicht erwerbsfähigen – Familienangehörigen. Dieses wird aus dem Zusatz "und ihre Familienangehörigen" deutlich. Hätte der Gesetzgeber § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II auf alle Ausländer – mit Ausnahme der dort genannten Einschränkungen – anwenden wollen, hätte es des Zusatzes "und ihre Familienangehörigen" nicht bedurft. Mit diesem Zusatz aber unterscheidet das Gesetz die erwerbsfähigen hilfebedürftigen Ausländer und ihre nicht erwerbsfähigen hilfebedürftigen Angehörigen und führt einen familieneinheitlichen Leistungsausschluss herbei. Daraus ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber nur für diese Konstellation einen Leistungsausschluss formulieren und nicht von einem generellen Leistungsausschluss aller Ausländer – mit Ausnahme der dort genannten Einschränkungen – für die ersten drei Monate ihres Aufenthaltes ausgehen wollte. Dass es auf solche Unterscheidungen ankommt, ergibt sich im Übrigen auch aus der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 21.12.2009, a.a.O., Rn. 18 bei juris).
Das Ergebnis der Auslegung lässt sich überdies auf die Gesetzesbegründung zu diesem im Jahr 2007 neu in das SGB II aufgenommenen Ausschlussgrund stützen (BT-Drucksache 16/5065 S. 234). Die vorherige Fassung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II hatte lediglich einen Ausschluss von Leistungen für Ausländer und ihre Familienangehörigen vorgesehen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Nach Inkrafttreten des § 2 Abs. 5 des Freizügigkeitsgesetztes/EU sollte mit der Erweiterung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II um die heutige Nr. 1 dieser neuen Regelung des Freizügigkeitsgesetzes/EU begegnet werden. Nicht bezweckt war es dagegen, nunmehr auch Familienangehörige D4 erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts von Leistungen nach dem SGB II auszuschließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG zuzulassen.
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