S 12 R 306/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 12 R 306/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeiten der Tätigkeit des Klägers vom 15. Juli 1961 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gemäß Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) sowie die dazugehörigen Arbeitsentgelte festzustellen.

Der 1941 geborene Kläger absolvierte in der Zeit von 1958 bis 1961 ein Studium an der Ingenieurschule für Wasserwirtschaft und Bauwesen M., Fachrichtung Tiefbau, das er am 15. Juli 1961 erfolgreich abschloss. Mit dem Abschluss erwarb er die Berechtigung, den Titel eines Bauingenieurs zu führen. Der Kläger war ab 1961 zunächst als Arbeitsvorbereiter, später als Bauleiter und seit 1966 als Projektierungsingenieur in verschiedenen Betrieben tätig. Ab dem 1. September 1961 arbeitete er zunächst beim VEB T. und Wasserkraftanlagen W. und ab dem 1. Januar 1965 beim Rat des Kreises A. in der Produktionsleitung Werterhaltung. Seit 1966 war der Kläger dann im VEB (.) Baureparaturen A. tätig. Mit Überleitungsvertrag vom 10. Dezember 1979 zwischen dem VE Kreisbaureparaturbetrieb A., dem VEB K. A. und dem Kläger wurde der Arbeitsvertrag von 1966 zum 31. Dezember 1979 aufgelöst und vereinbart, dass der Kläger zum 1. Januar 1980 die Tätigkeit als Gruppenleiter Hochbau im VE Kreisbaubetrieb – Abteilung Projektierung – übernimmt.

Am 25. April 1990 wurden folgende Veränderungen im Register der volkseigenen Wirtschaft auf der Grundlage des Beschlusses des Rates des Kreises A. vom 12. April 1990 beantragt: die Löschung des VE Kreisbaubetriebes A. unter Beendigung der Rechtsfähigkeit zum 30. April 1990 und die Rechtsnachfolge folgender Betriebe

VEB B. A.

VEB H. und Ausbau A.

VEB H. H.

Planungsbüro B&G A ...

Mit Änderungsvertrag vom 27. April 1990 wurde der zwischen dem VEB B. A. und dem Kläger bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 1. Mai 1990 wie folgt geändert: "Herr M. übernimmt folgende Arbeitsaufgabe: Planung, Beratung und Objektüberwachung im Ingenieur-, Hoch- und Tiefbau. Der Änderungsvertrag gilt befristet bis zur Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft." Der Kläger gehörte dem Nachfolgebetrieb Planungsbüro Bautechnik & Gebäudeausrüstung A. an. Am 2. Mai 1990 wurde Herr H. vom Vorsitzenden des Rates des Kreises A. aufgrund des Antrages der Betriebsleitung des ehemaligen VE Kreisbaubetriebes A. zum Betriebsdirektor des Nachfolgebetriebes VEB P., Bautechnik und Gebäudeausrüstung (Projektierung) A. berufen. Dieser beantragte am 29. Mai 1990 als Geschäftsführer die Eintragung des VEB P.s Bautechnik & Gebäudeausrüstung in das Register der volkseigenen Wirtschaft mit Wirkung zum 1. Mai 1990. Die Eintragung erfolgte am 19. Juni 1990 unter dem Namen Planungsbüro Bautechnik & Gebäudeausrüstung. Der Kläger sowie die Herren. H. und H. schlossen am 15. Juni 1990 einen Gesellschaftsvertrag und verbanden sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen Planungsbüro Bautechnik und Gebäudeausrüstung ... Die Umwandlung zur Personengesellschaft erfolgte per 1. Juli 1990.

Das Planungsbüro Bautechnik & Gebäudeausrüstung A. (Betriebsnummer ...) wurde der Wirtschaftsgruppe ... (Bauprojektierung) zugeordnet: Bautechnische Projektierungsbetriebe – Projektierungs- und Entwicklungsorganisation für alle Arbeiten des Bauwesens.

Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt der Kläger während des Bestehens der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht.

Am 3. November 2005 beantragte der Kläger die Feststellung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG. Mit Bescheid vom 7. November 2006 lehnte die Beklagte das Begehren des Klägers ab, da er, so die Begründung, am maßgeblichen Stichtag – dem 30. Juni 1990 – nicht als Ingenieur im Sinne der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder diesem gleichstellten Betrieb im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 beschäftigt gewesen sei. Der Kläger sei als Planer nicht in den unmittelbaren Produktionsprozess eingegliedert gewesen bzw. habe trotz seiner technischen Qualifikation nicht aktiv den Produktionsprozess beeinflussen können. Darüber hinaus habe es sich bei dem Planungsbüro Bautechnik & Gebäudeausrüstung A. nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb gehandelt.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 26. Februar 2006 Widerspruch ein und führte aus, nach seiner Ansicht seien die Voraussetzungen für einen Anspruch gegeben: Er sei berechtigt den Titel eines Bauingenieurs zu tragen, sei von 1961 bis 1990 in verschiedenen VEB-B. beschäftigt gewesen und habe auch am 30. Juni 1990 als Bauingenieur im VEB P., das als Konstruktionsbüro ein produzierender Betrieb gewesen sei, gearbeitet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies nunmehr damit, dass es sich bei dem Planungsbüro Bautechnik & Gebäudeausrüstung A. ausweislich des Registerauszuges nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) im Sinne der Versorgungsordnung oder einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb gehandelt habe. Die Prüfung der weiteren Voraussetzungen sei daher bereits entbehrlich.

Der Kläger hat am 31. Mai 2006 Klage zum Sozialgericht M. erhoben. In seiner Klagebegründung führt er aus, er sei seit 1966 ununterbrochen als Projektierungsingenieur tätig gewesen. Zum Stichtag am 30. Juni 1990 habe er als Ingenieur für Statik und Konstruktion gearbeitet und verschiedene Bauprojekte begleitet. Die Tätigkeit habe sowohl Planung, Konstruktion und Berechnung der Statik für Neubauten als auch für Umbau und Instandsetzungsmaßnahmen umfasst. Jedenfalls in seiner Bauüberwachungstätigkeit, wie man sie auch im Änderungsvertrag vom 27. April 1990 als Tätigkeit festgelegt habe, sei eine Ingenieurleistung im Sinne von Produktionstätigkeit zu sehen. Bei dem VEB P., Bautechnik & Gebäudeausrüstung (Projektierung) handele es sich ferner um einen volkseigenen Betrieb, der als Konstruktionsbüro von der Versorgungsordnung erfasst sei. Die Eigenschaft als volkseigener Betrieb ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass der Betrieb in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen worden sei. Da es sich lediglich um eine Abspaltung aus einem volkseigenen Betrieb gehandelt habe, sei auch nicht von einer Eigentumsänderung auszugehen. Die Abteilung Projektierung sei aus dem VEB K. A. herausgelöst worden und in diesem neuen Betriebsteil aufgegangen. Der erwirtschaftete Nettogewinn sei an den Staatshaushalt abgeführt worden. Aus der Berufungsurkunde vom 2. Mai 1990 ergebe sich ausdrücklich die Berufung des Betriebsdirektors in die Firma V. P., Bautechnik und Gebäudeausrüstung (Projektierung) A ... Ferner habe auch das Registergericht darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung "VEB". im Firmennamen erscheinen müsse.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung im Bescheid vom 8. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2006 zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 15. Juli 1961 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die dabei erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung vertieft sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2006: Die 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben sei abschließend. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers sei vom Wortlaut nicht erfasst, da ein Planungsbüro dort nicht genannt werde. Die Eintragung im Register der volkseigenen Wirtschaft sei ohne den Zusatz "VEB". erfolgt. Im Sozialversicherungsausweis des Klägers sei der Beschäftigungsbetrieb des Klägers ebenfalls ohne Zusatz "VEB". eingetragen worden. Ferner seien in dem Auszug aus dem Statistischen Betriebsregister 1990 die anderen drei VEB N. enthalten, nicht aber das durch Ratsbeschluss gegründete Planungsbüro B&G A ...

Das Gericht hat die Registerunterlagen des VE Kreisbaubetrieb A., des VEB B. A., des VEB H. und Ausbau A., des VEB H. H. und des Planungsbüros Bautechnik & Gebäudeausrüstung A. beigezogen sowie den Direktor für Bauproduktion des VE Kreisbaubetriebes A., Herrn S., und den Baudirektor des Planungsbüros Bautechnik & Gebäudeausrüstung, Herrn H., schriftlich befragt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer ergänzend Bezug auf die Gerichts- und Verwaltungsakten, die ihr bei der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 7. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit die Beklagte darin die beantragte Feststellung abgelehnt hat (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gemäß Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG. Er unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG. Weder lag zu seinen Gunsten eine nach Art. 19 des Einigungsvertrages Fortgeltung beanspruchende Versorgungszusage, Einzelfallentscheidung oder eine Einzelvertragsregelung vor noch erging eine Rehabilitierungsentscheidung.

Auch auf Grundlage der verfassungskonformen erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG des Bundessozialgerichts unterfällt der Kläger dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nicht. Dies wäre nur der Fall, wenn er aufgrund der Rechtslage am 1. August 1991 und der Sachlage am ... 1990 einen (fiktiven) gebundenen Anspruch auf die Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 3/02 R und 10. April 2002, Az.: B 4 RA 34/01 R). Da auf die Sachlage am 30. Juni 1990 abzustellen ist, kann für die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Anspruch besteht, auf die Gesetze, Richtlinien etc. der ehemaligen DDR abgestellt werden. Soweit es das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz im Sinne der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG betrifft, muss damit auf die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. der DDR 1950 Teil I S. 844) und die hierzu erlassene Zweite Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. der DDR 1951 Teil I S. 487) abgestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, Az.: B 4 RA 4/04 R). Bei der Auslegung dieser Vorschriften ist faktisch auf das Verständnis am 30. Juni 1990 zurückzugreifen.

Aufgrund des soeben Gesagten ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer insoweit anschließt, ein Anspruch nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen am 30. Juni 1990 kumulativ vorgelegen haben (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az.: B 4 RA 34/01 R): Der Kläger muss berechtigt gewesen sein, eine in der 2. DB genannte Berufsbezeichnung zu führen und eine hierfür typische Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens bzw. einer diesen Betrieben gleichgestellten Wirtschaftseinheit ausgeübt haben.

Legt man dies zu Grunde, so hat die Beklagte nach Auffassung der Kammer die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz zu Recht abgelehnt. Zwar war der Kläger ausweislich der Ingenieursurkunde der Ingenieurschule für Wasserwirtschaft und Bauwesen M. vom 15. Juli 1961 unstreitig berechtigt, den Titel eines Bauingenieurs zu führen, (vgl. Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 12. April 1962, GBl. der DDR 1962 Teil II, S. 278). Aus bundesrechtlicher Sicht scheidet ein fiktiver Anspruch auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber aus, weil der Kläger nicht die betriebliche Voraussetzung erfüllt. Der Kläger war am 30. Juni 1990 im Planungsbüro Bautechnik & Gebäudeausrüstung tätig. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Kopien des Sozialversicherungsausweises des Klägers. Der Kläger war damit zum Stichtag am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem solchen gleichgestellten Betrieb beschäftigt.

Denn das Planungsbüro Bautechnik & Gebäudeausrüstung war kein Betrieb im Sinne der 2. DB. Bei diesem Betrieb handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Ein solcher Betrieb lag nur dann vor, wenn es sich um einen organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordneten Betrieb gehandelt hat, dessen Hauptzweck die industrielle (d. h. serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die Massenproduktion von baulichen Anlagen war (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 41/01 R). Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (vgl. u. a. BSG, Urteile vom 10. April 2002, Az.: B 4 RA 10/02 R und vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 14/03 R). Der Hauptzweck des Planungsbüros Bautechnik & Gebäudeausrüstung war nicht auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern oder der Massenproduktion von baulichen Anlagen ausgerichtet. Nach dem Vorbringen des Klägers war Hauptzweck des Betriebes die Gesamtgestaltung, Begleitung und Überwachung von Bauprojekten.

Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war auch nicht einem solchen Betrieb gleichgestellt. Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB waren den volkseigenen Produktionsbetrieben nur gleichgestellt wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Versuchsstationen, Laboratorien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen, technische Schulen, Bauakademien und Bauschulen, Bergakademien und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie), Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen sowie Ministerien. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers lässt sich keiner der genannten Einrichtungen zuordnen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, auf der diese verfassungskonforme Auslegung beruht, genügt es nicht, wenn ein Betrieb weitgehend gleichgestellt war, vielmehr muss tatsächlich ein in der Versorgungsordnung benannter Betrieb vorgelegen haben. Die Aufzählung der gleichgestellten Betriebe ist insoweit abschließend (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, Az.: B 4 RA 23/04 R). Die Aufnahme eines Planungsbüros in die genannte Aufzählung scheidet daher aus.

Der Kläger war am 30. Juni 1990 auch nicht in einem "Konstruktionsbüro" im Sinne dieser Vorschrift beschäftigt. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers hat zwar auch Aufgaben eines Konstruktionsbüros übernommen. Der Tätigkeitsbereich ging jedoch über den eines Konstruktionsbüros hinaus, sodass kein Konstruktions-, sondern ein Projektierungsbüro vorgelegen hat. Die Vorschrift ist einer Analogie nicht zugänglich. Dies folgt aus dem Grundgedanken der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde, der darin liegt, die objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1998, Az.: B 4 RA 27/97 R). Willkür besteht aber nicht schon bei einer Verkennung der bestmöglichen Auslegung oder gerechtesten Ermessensentscheidung. Vielmehr ist die Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden, erforderlich. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29. Mai 2007, Az.: L 1 RA 205/05).

Die Auslegung der Regelungen des Versorgungsrechts hat sich daher streng am Wortlaut zu orientieren. Das Recht der Versorgungssysteme stellte auf Lebenssachverhalte der damaligen DDR ab. Für die Auslegung der Regelungen und der dort verwandten Ausdrücke kann daher auch nur auf das staatliche Sprachverständnis der ehemaligen DDR Rückgriff genommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 41/01 R). Nach diesem maßgebenden Sprachverständnis wurde zwischen Projektierung und Konstruktion und demzufolge zwischen Konstruktions- und Projektierungsbüros unterschieden. Die im Vergleich zur Konstruktion übergeordnete Funktion der Projektierung findet sich beispielsweise in der Verordnung über das Projektierungswesen – Projektierungsverordnung vom 20. November 1964 (GBl. der DDR 1964 Teil II S. 909). Danach gehörten zu den Projektierungsleistungen u. a. die Ausarbeitung von Aufgabenstellungen, Projekten, Teilprojekten und Projektteilen, die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen sowie die Ausarbeitung von Studien und Variantenuntersuchungen. Die Unterscheidung zwischen Konstruktion und Projektierung ergibt sich auch aus der am 30. Juni 1990 maßgeblichen Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens vom 10. Dezember 1974 (GBl. der DDR 1975 Teil I S. 1). Dort regelt Nr. 32 den Arbeitsbereich Konstruktion: Fertigkonstruktion, Betriebsmittelkonstruktion (ohne Betriebsmittelfertigung) und Nr. 33 den Arbeitsbereich Projektierung: Technologische bzw. bautechnische Projektierung (im Bergbau – bergbauliche Projektierung).

An dieses sich aus den genannten Regelungen der ehemaligen DDR ergebende staatliche Sprachverständnis knüpfen die Definitionen im Ökonomischen Lexikon der DDR (3. Auflage 1979) an. Dort ist der Begriff Konstruktionsbüro definiert als "Einrichtung mit der Aufgabe, im Prozess der technischen Vorbereitung der Produktion die Erzeugnisse konstruktiv zu gestalten, die Konstruktionszeichnungen anzufertigen, die Materialstücklisten aufzustellen und die Funktion der Konstruktion zu erproben." Der Konstruktionsvertrag wird als ein Vertrag über die Erarbeitung von Konstruktionsunterlagen, die als "Gesamtheit der Unterlagen für zu bauende oder zu fertigende, für den Absatz oder die eigene Verwendung bestimmte Gegenstände (z. B. Vorrichtungen, Spezialwerkzeuge, Maschinen, Anlagen, Pumpen, Fahrzeuge)" definiert wurden, beschrieben. "Wesentliche Bedeutung", so das genannte Lexikon, "hatte die vertraglich zu vereinbarende Pflicht des Auftragnehmers, den Auftraggeber bei der Erprobung des auf der Grundlage der Konstruktionsunterlagen hergestellten Erzeugnisses und bei der Aufnahme der Serienproduktion bis zur Bewährung des Erzeugnisses in der Praxis zu unterstützen." Demgegenüber ist ein Projektierungsbetrieb im Ökonomischen Lexikon definiert als "volkseigener Spezialbetrieb, der hauptsächlich bautechnische Unterlagen für Investitionsprojekte ausarbeitet. Projektierungsbetriebe haben in enger Zusammenarbeit mit den Bau- und Montagebetrieben durch das Projekt die besten funktionellen Konstruktionen und technischen Lösungen bei geringstem Aufwand zu gewährleisten und die maximale Anwendung von Typen und Standards vorzusehen." Ein Projektierungsbetrieb ist auch ein "volkseigener Spezialbetrieb, der beauftragt ist, für bestimmte Objekte des Investitionsvorhabens technologische Dokumentationen und Unterlagen (Projekte) zu erarbeiten". Beide Definitionen zeigen deutlich die abgegrenzten Funktionsbereiche auf.

Vor dem Hintergrund dieser Begriffsbestimmungen waren Projektierungsbetriebe in Abgrenzung zu Konstruktionsbüros dadurch gekennzeichnet, dass diese ein Investitionsvorhaben umfangreich planten und nicht lediglich Konstruktionsunterlagen anfertigten. Ein Konstruktionsbüro war hingegen eine Einrichtung, deren vertraglich zu erbringende Leistung nur in der Erstellung von Konstruktionsunterlagen bestand. Da die Projektierung eines Investitionsvorhabens aber stets auch dessen Konstruktion beinhaltet, kommt es nicht darauf an, welchen Umfang die Konstruktionstätigkeiten innerhalb der Gesamttätigkeit eines Projektierungsbetriebes einnahmen. Bei der Unterscheidung zwischen Konstruktionsbüros und Projektierungsbetrieben ist also nicht maßgebend, ob die Konstruktionstätigkeiten innerhalb des Betriebs den Schwerpunkt bildeten oder nicht, sondern ob dies die alleinige Tätigkeit war (vgl. Sozialgericht D., Urteil vom 17. August 2005, Az.: S ...). Nach diesen Kriterien handelt es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers um ein Projektierungsbüro und nicht allein um ein Konstruktionsbüro. Gegenstand des Planungsbüros Bauchtechnik & Gebäudeausrüstung war nicht allein die Anfertigung von Konstruktionsunterlagen. Vielmehr war wesentlicher Bestandteil des Tätigkeitsbereiches des klägerischen Beschäftigungsbetriebes die Bauüberwachung. Dies ergibt sich sowohl aus dem Vortrag des Klägers als auch aus dem Arbeitsvertrag des Klägers vom 27. April 1990. Darüber hinaus wurde nach Aussage des Klägers mit Terminvereinbarungen unter Androhung von Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung gearbeitet, es wurden verschiedene Varianten erarbeitet und auch die Kostenplanung wurde übernommen. Auch wenn Konstruktionsunterlagen in erheblichem Umfang erstellt wurden, gingen die Gesamttätigkeiten weit über das reine Erstellen dieser Konstruktionsunterlagen hinaus.

Gestützt wird die Einordnung als Projektierungsbetrieb durch die Zuordnung des Betriebes zu der Wirtschaftsgruppe 63350. Von dieser Wirtschaftsgruppe wurden bautechnische Projektierungsbetriebe erfasst, die Teil der Projektierungs- und Entwicklungsorganisation für alle Arbeiten des Bauwesens waren.

Im Hinblick auf die Definitionen im Ökonomischen Lexikon ist es zwar zweifelhaft, ob es am maßgeblichen Stichtag überhaupt noch Konstruktionsbüros in der ehemaligen DDR als selbstständige Betriebe gegeben hat. Dies ist jedoch unerheblich. Sollten in der ehemaligen DDR ab einem gewissen Zeitpunkt Konstruktionsbüros nicht mehr in Form selbstständiger Betriebe geführt worden sein, würde dies nicht dazu führen, dass an ihrer Stelle nach dem am 1. August 1991 gültigen Bundesrecht nunmehr Projektierungsbüros als am 30. Juni 1990 gleichgestellte Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB einzusetzen wären; vielmehr wäre dann in Bezug auf Konstruktionsbüros die Gleichstellungsnorm bereits am 30. Juni 1990 objektiv gegenstandslos gewesen und insoweit allein schon deshalb kein Bundesrecht geworden (vgl. BSG, Urteile vom 7. September 2006, Az.: B 4 RA 41/05 R und B 4 RA 39/05 R). Andernfalls würde eine unzulässige über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung vorliegen, die dem bereits oben dargelegten Grundgedanken der verfassungskonformen Auslegung des Bundessozialgerichts widersprechen würde.

Da das Planungsbüro Bautechnik & Gebäudeausrüstung weder ein Produktionsbetrieb des Bauwesens oder der Industrie noch ein diesen gleichgestellter Betrieb war, kann es die Kammer dahinstehen lassen, ob es sich um einen volkseigenen Betrieb und insoweit lediglich um eine Falschbezeichnung gehandelt hat.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 143 SGG.
Rechtskraft
Aus
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