L 16 R 855/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 1295/00 W06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 855/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. August 2010 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Verfahren erster Instanz. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer höheren Altersrente des 2005 verstorbenen Versicherten W P für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Juli 2005.

Der 1933 geborene Versicherte absolvierte in den Jahren 1948 bis 1952 Lehren als Drechsler und Tischler und studierte von 1952 bis 1957 an der Fachschule für Holztechnik B. Von 1957 bis 1960 war er Technischer Leiter eines Betriebes für Raumgestaltung in B. Von 1960 bis 1964 war er als Hauptingenieur in der Möbelindustrie beschäftigt. In den Jahren 1964 bis 1965 arbeitete er in der Kreisleitung F mit. Daran anschließend studierte er Gesellschaftswissenschaften an der Parteihochschule B. Von 1968 bis 1977 war der Versicherte als Parteiorganisator beim VVB Möbel D tätig. Vom 1. Mai 1977 bis zum 30. September 1981 war er Generaldirektor beim VVB Schnittholz B. Nach einer Tätigkeit als Abteilungsleiter im Ministerium vom 1. Oktober 1981 bis zum 30. September 1982 war der Versicherte vom 1. Oktober 1982 bis zum 5. November 1987 Generaldirektor des Möbelkombinats B. Vom 6. November 1987 bis zum 30. Juni 1990 war er Stellvertretender Intendant der Komischen Oper B; daran anschließend war er bis zum 30. April 1992 als Chefingenieur bei der Firma A in L/Nigeria tätig. Vom 1. September 1992 bis zum 30. November 1992 bezog der Versicherte eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ab dem 1. Dezember 1992 war er wieder berufstätig.

Der Versicherte war in der Zeit vom 1. Januar 1965 bis zum 5. November 1987 in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS (Anlage 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets - AAÜG -) sowie anschließend vom 6. November 1987 bis zum 30. Juni 1990 in die zusätzliche Altersversorgung der Generaldirektoren der zentral geleiteten Kombinate und ihnen gleichgestellter Leiter zentral geleiteter Wirtschaftsorganisationen (Anlage 1 Nr. 2 AAÜG) einbezogen. Die entsprechenden Daten sind bestandskräftig festgestellt; Klageverfahren gegen den Bescheid der PDS vom 16. Dezember 1996 und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 2. April 1998 wurden durch Annahme eines Anerkenntnisses am 6. Januar 2006 erledigt (vgl. S 9 RA 433/96 W 05 sowie das hierzu verbundene Verfahren S 19 RA 3570/96 W 02).

Mit Bescheid vom 10. November 1998 bewilligte die Beklagte dem Versicherten Regelaltersrente ab 1. Januar 1999 in Höhe von monatlich 2.104,62 DM. Hiergegen legte der Versicherte Widerspruch mit der Begründung ein, seine in der DDR rechtmäßig erworbenen Ansprüche würden unter Verletzung des Einigungsvertrages (EV) und des Grundgesetzes missachtet; ihm würde eine angemessene Gesamtversorgung verweigert. Mit Bescheid vom 3. Februar 1999 wurde der Zahlbetrag der Rente wegen Änderung des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses mit Wirkung zum 1. April 1999 auf 2.250,70 erhöht. Die Beklagte wies den erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2000 zurück.

Im Verlauf des Klageverfahrens bei dem Sozialgericht (SG) Berlin hat die Beklagte die Höhe der Regelaltersrente wegen Änderung des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses mit Bescheiden vom 4. September 2000, 9. Oktober 2000, 2. November 2000, 1. März 2002, 27. September 2002, 21. Februar 2003 und 2. April 2003 neu festgestellt (monatlicher Zahlbetrag ab 1. Oktober 2000 2.310,70 DM, ab 1. Dezember 2000 2.321,86 DM, ab 1. April 2002 1.212,15 EUR, ab 1. November 2002 1.248,35 EUR und ab 1. April 2003 1.250,09 EUR). Mit Bescheid vom 8. Dezember 2000 hat sie den Bescheid vom 3. Februar 1999 hinsichtlich der Gewährung des Zuschusses zur Krankenversicherung mit Wirkung vom 1. Januar 2001 an aufgehoben und vom Versicherten die Erstattung einer Überzahlung i.H.v. 162,45 DM verlangt. Aufgrund der Neuregelungen des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AAÜG ist die Rente mit Bescheid vom 16. Mai 2003 nach Durchführung einer Berechnung gem. § 4 Abs. 4 AAÜG neu festgestellt worden (monatlicher Zahlbetrag ab 1. Juli 2003 1.274,69 EUR). Mit Schreiben vom 9. Juli 2003 hat die Beklagte den Versicherten zu einer Rücknahme des Bescheides vom 16. Mai 2003 mit Wirkung ab dem 1. September 2003 und einer Weiterzahlung einer niedrigeren Rente i.H.v. 1.264,57 EUR ab diesem Zeitpunkt angehört. Zur Begründung hat sie angeführt, der Versicherte habe keinen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG i.d.F. des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AAÜG (2. AAÜG-ÄndG). Dieser bestehe u.a. nur dann, wenn die Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 begonnen habe. Der Versicherte habe jedoch erst ab dem 1. Januar 1999 Altersrente bezogen. Mit Rentenbescheid vom 3. Dezember 2003 hat die Beklagte die Höhe der Regelaltersrente ab 1. Februar 2004 neu festgestellt (monatlicher Zahlbetrag 1.255,23 EUR) und den Rentenbescheid vom 16. Mai 2003 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung für die Zukunft nach § 45 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) ab dem 9. Juli 2003 zurückgenommen. Zugleich hat sie festgestellt, dass es bis zum 31. Januar 2004 bei der bisherigen Leistung verbleibe. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens hat die Beklagte wegen weiterer Änderungen des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses mit Bescheiden vom 8. März 2004, 12. Mai 2004 und 9. September 2004 die Höhe der Regelaltersrente neu festgestellt (monatlicher Zahlbetrag ab 1. April 2004 1.245,65 EUR und ab 1. November 2004 1.247,68 EUR). Unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Juni 2004 (1 BvL 3/98 u.a. - BVerfGE 111, 115-146) und der nachfolgenden gesetzlichen Neuregelung zur Entgeltbegrenzung ist die Rente mit Bescheiden vom 7. Dezember 2005 und 12. Dezember 2005 für die Zeiträume vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Juli 2005 neu festgestellt worden; für die Zeiten vom 1. Januar 1980 bis zum 31. Dezember 1984 und vom 1. Januar 1986 bis zum 5. November 1987 sind höhere Entgelte berücksichtigt worden, so dass sich Nachzahlungen zugunsten der Klägerin i.H.v. 5.332,35 EUR und 2.172,65 EUR ergeben haben. Mit zwei Bescheiden vom 31. Oktober 2007 hat die Beklagte die Regelaltersrente für die Zeiträume vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Juli 2005 unter Berücksichtigung höherer Entgelte für die Zeiten vom 6. November 1987 bis zum 17. März 1990 mit der Folge weiterer Nachzahlungen i.H.v. 3.271,27 EUR und 936,80 EUR festgestellt. Mit weiteren Bescheiden vom 29. Juli 2008 und 30. Juli 2008 hat die Beklagte unter Berücksichtigung von Überentgelten für die Zeiträume vom 1. Januar 1961 bis zum 31. Dezember 1961 und vom 1. Januar 1963 bis zum 19. Mai 1964 die Regelaltersrente für die Zeiträume vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Juli 2005 neu festgestellt (monatlicher Zahlbetrag ab 1. Januar 1999 2.549,86 DM, ab 1. März 1999 2.549,86 DM, ab 1. Juli 1999 2.585,37 DM, ab 1. Juli 2000 2.612,95 DM, ab 1. Juli 2001 2.664,87 DM, ab 1. Januar 2002 1.373,26 EUR, ab 1. Juli 2002 1.416,24 EUR, ab 1. Januar 2003 1.406,86 EUR, ab 1. Juli 2003 1.423,48 EUR, ab 1. Februar 2004 1.423,48 EUR, ab 1. April 2004 1.427,78 EUR, ab 1. Juli 2004 1.426,45 EUR und ab 1. Juli 2005 1.420,47 EUR); hieraus ergaben sich Nachzahlungen i.H.v. 1.249,93 EUR und 359,08 EUR.

Das SG Berlin hat die auf Gewährung einer höheren Rente und auf höhere Anpassung der Rente gerichtete(n) Klage(n) abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 31. August 2010). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei bereits unzulässig, soweit sich der Versicherte gegen die Rentenanpassungsmitteilungen und gegen die Neufeststellungen des Rentenwerts aufgrund von Änderungen der Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung wende. Unzulässig sei sie ebenfalls hinsichtlich des Begehrens, ihm eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer zuzusprechen, da das Sozialgericht hierüber nicht erstinstanzlich entscheiden könne. Soweit der Versicherte im Übrigen sinngemäß die Gewährung einer höheren Regelaltersrente ab Januar 1999 bis Juli 2005 begehre, sei die zulässige Klage nicht begründet. Der Versicherte habe keinen Anspruch auf eine günstigere Rentenberechnung bzw. Rentenanpassung. Die Überführung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in die Rentenversicherung ("Systementscheidung") sei nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für die Erstreckung der Beitragsbemessungsgrenze auf die überführten Leistungen. Die hiermit verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen seien durch das BVerfG geklärt. Soweit Übergangsregelungen im Bundesrecht existierten, die Vergleichsberechnungen vorsähen, seien hierfür die entsprechenden Übergangsfristen bereits abgelaufen. Der Rentenbescheid vom 16. Mai 2003 sei daher fehlerhaft begünstigend gewesen und von der Beklagten in rechtmäßiger Weise im Bescheid vom 3. Dezember 2010 mit Wirkung ab dem 9. Juli 2003 nach § 45 SGB X zurückgenommen worden. Hinsichtlich des Begehrens des Versicherten auf Anerkennung sog. Überentgelte nach § 256a Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) für die Jahre 1960 und 1963 habe die Beklagte bereits ein Anerkenntnis für das Jahr 1963 abgegeben. Für die Jahre 1960 und 1962 könnten keine Überentgelte anerkannt werden, da das Arbeitsentgelt des Versicherten nach Auskunft der Beklagten nicht bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze versichert gewesen sei. Der Versicherte habe insoweit trotz Aufforderung des Gerichts versäumt, durch Vorlage seines Sozialversicherungsausweises einen Nachweis darüber zu führen, dass eine Versicherung der Entgelte auch in den Jahren 1960 und 1962 bis zur besonderen Beitragsbemessungsgrenze Ost erfolgt sei.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten dessen Begehren weiter; auf die Schriftsätze vom 14. Juli 2011, 17. August 2011, 12. Januar 2012 und 27. Februar 2012 nebst Anlagen wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. August 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 10. November 1998 und 3. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2000 einschließlich der Entscheidungen über die Rentenanpassungen/-angleichungen Ost an West seit dem 1. Juli 2000 sowie alle im Laufe des Verfahrens weiteren erteilten Rentenbescheide abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ein höheres Alterseinkommen aus den vom Versicherten in seinem Arbeitsleben rechtmäßig erworbenen Anwartschaften auf Ansprüche auf ein angemessenes Alterseinkommen ab Rentenbeginn zu gewähren.

Die Klägerin stellt hilfsweise eine Reihe von Beweisanträgen; auf ihren Schriftsatz vom 27. Februar 2012 wird insoweit verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Verwaltungsakte der Beklagten (3 Bände) und die Gerichtsakte (3 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ungeachtet dessen, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung weder erschienen noch vertreten gewesen ist, in der Sache entscheiden, worauf ihre Prozessbevollmächtigten in der - ihnen am 9. Januar 2012 rechtzeitig zugestellten - Terminsmitteilung hingewiesen worden sind.

Die Berufung der Klägerin, die als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten (vgl. § 56 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) das Verfahren fortführt, ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage teils als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abgewiesen.

Zulässiger Gegenstand des Verfahrens sind nur noch die Bescheide vom 29. und 30. Juli 2008, mit denen die Höhe der Regelaltersrente des Versicherten für den streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Juli 2005 neu und abschließend festgestellt worden ist und die die bis dahin ergangenen Bescheide i.S.v. § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ersetzt haben. Soweit sich die Klägerin gegen die zuvor erlassenen Rentenbescheide richtet, ist ihre Anfechtungsklage mangels Beschwer unzulässig. Denn diese Rentenbescheide sind angesichts der letzten Rentenwertfestsetzungen in den Bescheiden vom 29. und 30. Juli 2008 in vollem Umfang i.S.v. § 39 Abs. 2 SGB X erledigt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2002 – B 4 RA 22/02 R -, juris).

Die Klägerin ist ebenfalls nicht beschwert, soweit sie sich gegen die Rücknahme des Rentenbescheides vom 16. Mai 2003 im Rentenbescheid vom 3. Dezember 2003 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab dem 9. Juli 2003 wendet. Zwar dürfte die Rücknahme bezüglich der Zeit vom 9. Juli 2003 bis zum 31. August 2003 rechtswidrig gewesen sein; denn der Versicherte war zuvor nur zu einer Rücknahme für den Zeitraum ab dem 1. September 2003 angehört worden. Da aber im Rentenbescheid vom 3. Dezember 2003 gleichzeitig festgestellt wurde, dass es bis zum 31. Januar 2004 bei der bisherigen Leistung in Höhe von 1.274,69 EUR verbleiben sollte und zudem nunmehr abschließend für den betroffenen Zeitraum vom 9. Juli 2003 bis zum 31. August 2003 im Bescheid vom 29. Juli 2008 ein höherer monatlicher Zahlbetrag der Rente iHv 1.423,48 EUR (als in dem aufgehobenen Bescheid vom 16. Mai 2003) festgestellt worden ist, ergibt sich nicht einmal die Möglichkeit, dass die Klägerin durch die Rücknahme des Rentenbescheides vom 16. Mai 2003 in ihren Rechten verletzt sein könnte.

Ebenfalls unzulässig ist die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilungen der Beklagten. Diese betreffen allein die wertmäßige Fortschreibung eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente (vgl. BSG, Urteile vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 120/00 R -, SozR 3-2600 § 255c Nr. 1, und vom 10. April 2003 – B 4 RA 41/02 R -, SozR 4-2600 § 260 Nr. 1) und haben den Höchstwert des Stammrechts auf Rente i.S.v. § 96 Abs. 1 SGG weder abgeändert noch ersetzt; sie bilden vielmehr eigene, vom Begehren der Klägerin auf Aufhebung der festgestellten und auf Zuerkennung eines höheren Rentenwertes unabhängige Streitgegenstände. Das Gleiche gilt, soweit sich die Klägerin gegen die Bescheide wendet, die Rechte auf Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung betreffen; denn dabei handelt es sich um von dem Recht auf Rente unabhängige Zusatzleistungen, die ebenfalls einen eigenen Streitgegenstand bilden (vgl. BSG im o.a. Urteil vom 10. April 2003). Beide Streitgegenstände sind auch nicht aufgrund einer zulässigen Klageänderung (vgl. § 99 SGG) Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden.

Unzulässig ist die Klage auch, soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 12. Januar 2012 die Überprüfung aller bislang über die Rente erteilten Bescheide bzw. Entscheidungen sowie eine neue Bescheiderteilung begehrt hat; denn im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X liegt bisher weder eine Verwaltungsentscheidung der Beklagten geschweige denn der Abschluss eines Vorverfahrens als Prozessvoraussetzung (vgl. § 78 SGG) vor. Soweit die Klägerin eine Entscheidung über eine Entschädigung für das "überlange Verfahren" begehrt, ist die Klage mangels Zuständigkeit des erkennenden Senats und Einhaltung spezieller Verfahrensregelungen ebenfalls unzulässig. Die Klägerin ist gehalten, zur Durchsetzung ihres Anspruchs die Vorgaben des Verfahrens nach dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren einzuhalten (Gesetz vom 24. November 2011 - ÜberlVfRSchG - (BGBl I 2011, 2302) ; vgl. auch die nach Maßgabe dieses Gesetzes mit Wirkung vom 3. Dezember 2011 eingefügten §§ 198 – 201 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG -). § 198 Abs. 5 GVG bestimmt, dass eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs wegen eines Nachteils infolge der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahren frühestens sechs Monate nach der Verzögerungsrüge erhoben werden kann. Hinsichtlich bereits anhängiger Verfahren, die bei Inkrafttreten des Gesetzes schon verzögert sind, sieht die Übergangsvorschrift des Art. 23 ÜberlVfRSchG vor, dass unverzüglich eine Verzögerungsrüge zu erheben ist. Selbst wenn in den nach Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG am 3. Dezember 2011 eingegangenen Schriftsätzen der Klägerin eine unverzügliche Verzögerungsrüge im Sinne des Art. 23 ÜberlVfRSchG enthalten sein sollte, wäre jedenfalls die Frist von sechs Monaten, die vor Erhebung einer Klage verstreichen muss, noch nicht abgelaufen. Vor diesem Hintergrund kam auch eine Abtrennung des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs und Verweisung an den zuständigen 37. Senat des Landessozialgerichts (vgl. § 202 Satz 2 SGG idF des ÜberlVfRSchG i.V.m. § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG iVm mit dem GVPl. des LSG Berlin-Brandenburg 2012) nicht in Betracht.

Soweit danach ein zulässiges Klagebegehren verblieben ist, nämlich die Anfechtung der Bescheide vom 29. und 30. Juli 2008 und die Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage auf Gewährung eines "höheren Alterseinkommens", sind diese Klagen nicht begründet. Die in den Bescheiden vom 29. und 30. Juli 2008 festgesetzten Rentenhöchstbeträge für Bezugszeiten vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Juli 2005 sind nicht zu beanstanden. Eine Rechtsgrundlage für die Festsetzung höherer monatlicher Rentenhöchstwerte im streitigen Zeitraum ist nicht ersichtlich.

Ohne Erfolg bleibt insbesondere das Begehren der Klägerin, für den verstorbenen Versicherten als Zugangsrentner nach den geltenden bundesrechtlichen Rechtsvorschriften eine Vergleichsberechnung zu erreichen, weil die darin jeweils normierten Übergangsfristen sämtlich abgelaufen sind. § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AAÜG findet nur Anwendung auf Zugangsrentner, deren Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 beginnt, und damit nicht auf den Versicherten, dessen Rente erst für die Zeit ab 1. Januar 1999 festgestellt worden ist. Artikel 2 RÜG sieht eine Vergleichsberechnung nur für Rentenneuzugänge bis längstens 31. Dezember 1996 vor (§ 1 Abs. 1 Nr. 3). Soweit der EV einen Bestandsschutz für die Angehörigen von Zusatzversorgungssystemen garantiert, ist auch dieser zeitlich begrenzte Bestandsschutz im Falle des Versicherten nicht einschlägig. Denn nach Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9b Satz 5 EV darf nur bei Personen, die in der Zeit vom 4. Oktober 1990 bis zum 30. Juni 1995 leistungsberechtigt werden, der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen gewesen wäre, wenn der Versorgungsfall am 1. Juli 1990 eingetreten wäre. Diese Bestandsgarantie, die sich die Klägerin namens des verstorbenen Versicherten zu Eigen macht, lässt sich indes wegen der ausdrücklichen zeitlichen Beschränkung auf Rentenneuzugänge bis längstens 30. Juni 1995 nicht als Anspruchsgrundlage für das verfolgte Begehren heranziehen. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Stichtagsregelungen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 100, 1, 46 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 3; BSG, Urteil vom 10. April 2003 – B 4 RA 41/02 R -).

Eine Rechtsgrundlage für die von der Klägerin beanspruchte Erweiterung des Bestandsschutzes besteht im einfachen Gesetzesrecht nicht. Diese Erweiterung ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Als grundrechtlich geschütztes Eigentum konnten Versorgungsberechtigungen nur im Sinne der dargelegten Zahlbetragsgarantien entstehen, die der EV verfassungsgemäß für damalige Bestandsrentner und für solche Versorgungsanwartschaftsinhaber geschaffen hat, deren Recht auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis Ende Juni 1995 entstand. Die der Rentengewährung nach dem SGB VI zugrunde liegende sogenannte Systementscheidung, die verschiedenen Leistungen der Altersversorgung der DDR in eine einheitliche nach dem SGB VI berechnete Rente zu überführen, ist nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht zu beanstanden (vgl. Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 92/95 = BVerfGE 100, 1 ff.). Das BVerfG hat darin ausdrücklich bestätigt, dass die Stichtagsregelung des EV nicht verfassungswidrig ist. Dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit es geböte, die Zahlbetragsgarantie des EV auch auf Rentenneuzugänge nach dem 30. Juni 1995 anzuwenden, ist nicht ersichtlich. Dem im Schutzbereich des Artikels 14 Grundgesetz (GG) zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird im Hinblick auf die Zahlbetragsgarantie für Rentner und rentennahe Jahrgänge genügt. Soweit die Klägerin darauf verweist, der Versicherte habe in der DDR keine zweite oder dritte Säule der Alterssicherung aufbauen können, ist u.a. darauf hinzuweisen, dass er bei seinen im Vergleich zum Durchschnittsverdienst der Beschäftigten in der DDR hohen Verdiensten nicht gehindert war, in der DDR zu sparen. Dies hätte aufgrund der Begünstigungswirkung des Artikels 10 Abs. 5 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18. Mai 1990 zu seiner Sicherung beitragen können. Hinzu kommt, dass der Versicherte seit der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 nicht gehindert war, bis zu seiner Berentung im Januar 1999 gut acht Jahre lang zusätzliche Altersversorgung zu betreiben. Vor allem aber wird der Versicherte – nach Aufwertung und Hochwertung seines tatsächlich erzielten Arbeitsverdienstes auf "Westniveau" – genau so gestellt wie beispielsweise ein westdeutscher Beamter mit entsprechend hohem tatsächlich erzielten Verdienst, der ohne Anspruch auf Versorgung aus seinem Amt ausscheidet und in der gesetzlichen Rentenversicherung bis zu den jeweiligen allgemeinen – und verfassungsgemäßen – Beitragsbemessungsgrenzen nachversichert wird. Zu weitergehenden Besserstellungen ist der Bundesgesetzgeber nicht verpflichtet (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2003 – B 4 RA 41/02 R).

Die Beklagte hat dadurch, dass sie in den Bescheiden vom 29. und 30. Juli 2008 Rentenhöchstbeträge festgesetzt hat, auch nicht gegen das Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses verstoßen. Danach darf ein die Rente endgültig bewilligender Bescheid erst ergehen, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist und die Rentenhöhe endgültig feststeht (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 4 RR 95/94 – veröffentlicht in juris). Diese Voraussetzungen liegen vor, weil die entsprechenden Daten von den Zusatzversorgungsträgern gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG bestandskräftig festgestellt worden sind (§ 77 SGG), nachdem die gegen den Bescheid der PDS vom 16. Dezember 1996 und den Bescheid der BfA vom 2. April 1998 gerichteten Klagen durch Annahme eines Anerkenntnisses am 6. Januar 2006 erledigt worden sind.

Soweit die Klägerin die Anerkennung sog. Überentgelte nach § 256a SGB VI für die Jahre 1960 und 1963 begehrt, ist die Klage ebenfalls unbegründet. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid (S. 8 letzter Absatz bis S. 9 erster Absatz) an und sieht von einer weiteren Begründung entsprechend § 153 Abs. 2 SGG ab. Das Berufungsvorbringen enthält keine Aspekte, die nicht bereits in der angefochtenen Entscheidung Berücksichtigung gefunden haben.

Den zuletzt mit Schriftsatz vom 27. Februar 2012 hilfsweise gestellten Beweisanträgen war nicht zu entsprechen, weil sich diese Beweisanträge im Wesentlichen auf sozialpolitische Erwägungen beziehen und der entscheidungserhebliche Sachverhalt zudem geklärt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Beklagte dem Begehren der Klägerin auf Aufhebung des festgestellten und auf Zuerkennung eines höheren Rentenwertes im Laufe des Verfahrens erster Instanz durch Berücksichtigung höherer Entgelte und Überentgelte teilweise entsprochen hat. Es war daher nach billigem Ermessen gerechtfertigt, der Beklagten die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Verfahren erster Instanz aufzuerlegen.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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