L 9 R 6021/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 4959/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 6021/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. November 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1958 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige und lebt seit Juli 1980 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie hat keinen Beruf erlernt und war von 1994 bis 2006 als Küchenhilfe beschäftigt. Im Anschluss daran war sie arbeitsunfähig und bezog ab September 2007 Arbeitslosengeld I.

Zu ihrem Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vom 26.11.2007 legte sie u.a. Berichte des Orthopäden Dr. L. (Lumbalgie bei NPP L4/5 und L5/S1, Cervicalsyndrom bei Protrusio C4-7), der Hausärztin Herbach, der Fachärztin für Psychiatrie Hülsewede (vom 16.01.08: mittelgradige depressive Episode), des Kardiologen Dr. G. (v. 06.11.2006: vertebragene Thoraxschmerzen, kein Nachweis einer Belastungscoronarinsuffizienz), des Radiologen Dr. R. (v. 04.05.2006: 1. geringgradige Bandscheibenprotrusion HWK6/7 median und paramedian, keine cervicale Spinalkanalstenose, kein Nachweis eines cervicalen Nukleos pulposus Prolaps, kein Nachweis einer Einengung der Neuroforamina der C5- bis zu den C8-Wurzeln beidseits; 2. bei Zustand nach lumbalem nukleus pulposus Prolaps mit OP vor zehn Jahren sei der Zugangsbereich nicht sicher zu beweisen, kleiner medianer nukleus pulposus Prolaps im Segment LWK5/SWK1 mit einer Lagebeziehung zu den vorbeiziehenden S1-Wurzeln beidseits) und des Dr. R. (v. 22.10.2007: Anämie unklarer Ursache) vor.

Der Internist und Rheumatologe Dr. L. beschrieb auf Veranlassung der Beklagten unter dem 15.01.2008 einen unauffälligen sonographischen Befund der Schultergelenke, im Rahmen der axillären Untersuchung ein vollständiges aktives Heben des rechten Armes, endgradig eingeschränkt links. Im Belastung-EKG bis zur 100-Wattstufe sei kein Anhalt für pathologische kardiale oder pulmonale Leistungseinschränkungen festzustellen gewesen. Es bestehe ein schlechter Trainingszustand bei bekannter Anämie. Die Radiologin L. beschrieb in Auswertung der Fremdaufnahmen aus der Praxis Dr. L. einen regelrechten knöchernen Status der HWS. Auffallend seien lediglich als Normvariante breite Querfortsätze des 7. HWK beidseits. Die Ärztin für Psychiatrie MUDr. Hoffmann beschrieb nach einer kurzen psychiatrischen Exploration der Klägerin im Rahmen der veranlassten Begutachtung eine Anpassungsstörung/Angst und depressive Reaktion gemischt. Die Fachärztin für Chirurgie Z. stellte aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 15.01.2008 die Diagnosen:

Rückenschmerzen LWS mit beidseits leichter Wurzelreiz-Symptomatik nach Bandscheibenoperation wegen akuter Einklemmung 1995 mit leichten funktionellen Einschränkungen bei kleinem Bandscheibenvorfall L5/S1 und L4/L5 (MRT 2006), Schulterarmsyndrom links größer rechts, mit Nervenirritation links durch röntgenologisch anlagebedingte Fehlform der Querfortsätze der HWS mit mäßiger Funktionsbeeinträchtigung (MRT 06, Ausschluss Bandscheibenvorfall), Anpassungsstörung gemischt mit depressiver Reaktion ohne wesentliche funktionelle Einschränkung, Knieschmerzen links ohne funktionelle Einschränkung bei sonographisch unauffälligem Befund.

Außerdem bestünde eine Anämie bei bekannter Metrorrhagie und bekannter Magenschleimhautentzündung und ein Diabetes mellitus, beides medikamentös behandelt. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung, in Früh- und Spätschicht über sechsstündig verrichten. Auszuschließen sei Nachtarbeit wegen psychischer Störungen und Diabetes mellitus. Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, sowie häufiges Bücken, Knien und Hocken seien aufgrund der Kniebeschwerden auszuschließen. Aufgrund der Schulterschmerzen seien Arbeiten in Armvorhalte- oder Überkopfarbeiten zu vermeiden, wie auch Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die linke Hand. Aufgrund der psychischen Störungen sollten Arbeiten mit erhöhter Anforderung an die Konzentration sowie unter Zeitdruck ebenfalls vermieden werden. Die Gehstrecke sei nicht in relevantem Maß eingeschränkt. Öffentliche Verkehrsmittel könnten benutzt werden. Die letzte Tätigkeit als Küchenhilfe in einer Großküche sei nicht leidensgerecht und nur unter dreistündig zumutbar.

Mit Bescheid vom 11.03.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab.

Auf ihren Antrag vom 01.02.2008 wurden der Klägerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Form einer stationären Maßnahme in der Klinik Am schönen Moos, B. S. vom 16.04.2008 bis 14.05.2008 bewilligt. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 20.05.2008 wurden die Diagnosen einer rezidivierenden mittelgradigen Depression, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer Panikstörung und Agoraphobie mit Zwangsstörung, eines Diabetes mellitus Typ II und eines chronischen degenerativen Wirbelsäulensyndroms angegeben. Es wurde ausgeführt, dass die Klägerin wegen der noch bestehenden Antriebslosigkeit als arbeitsunfähig aus der stationären Behandlung entlassen worden sei. Sie sei jedoch in der Lage, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe vollschichtig auszuüben. Auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt ergäben sich keine relevanten Einschränkungen der erwerbsbezogenen Leistungsfähigkeit. Die Klägerin sollte wegen der Schmerzen ab der Taille und den Armen und Händen das Heben und Tragen von schweren Lasten und häufiges Bücken, langandauerndes Stehen und Sitzen vermeiden. Für den besseren Umgang mit den Schmerzen sollten die Hände und Arme vielseitig eingesetzt werden. Die Klägerin sehe sich allerdings nicht in der Lage, überhaupt eine Tätigkeit auszuüben. Mit der sozialmedizinischen Beurteilung sei sie nicht einverstanden gewesen.

Den gegen den Bescheid vom 11.03.2008 erhobenen Widerspruch, der mit Schriftsatz vom 28.06.2008 begründet worden war, wies die Beklagte unter Berücksichtigung einer ergänzenden Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie Zimmermann, des Entlassungsberichtes der medizinischen Heilmaßnahme und unter Berücksichtigung einer geltend gemachten Hörminderung (25%) mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2008 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 12.11.2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.

Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Orthopäden Dr. L., bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. und bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Loh. Wegen der gemachten Aussagen wird auf Bl. 28ff., 31ff. und 59ff. der Gerichtsakten verwiesen.

Darüber hinaus das das SG den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R., Bad Schönborn, und den Arzt für Orthopädie Privatdozent Dr. R., Bad Schönborn, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

In seinem Gutachten vom 28.07.2009 stellte Privatdozent Dr. R. folgende Diagnosen:

1. Lumbalgien mit pseudoradikulären Ausstrahlungen beidseits bei geringen degenerativen Veränderungen, Z. n. Bandscheibenoperation 1996 und lumbosakraler Übergangsstörung. Im MRT Prolaps ohne Neurokompression. Geringe schmerzhafte Muskelverspannungen. Geringe nachweisbare Funktionseinschränkungen. 2. Cervicobrachialgien, links mehr als rechts, bei Fehlhaltung der Halswirbelsäule ohne wesentliche degenerative Veränderungen. Leichte schmerzhafte Muskelverspannungen. Geringe nachweisbare Funktionseinschränkungen. 3. Gonalgien, links mehr als rechts, bei geringen Hinweisen auf eine beginnende Gonarthrose beidseits ohne nachweisbare Funktionseinschränkungen. 4. Leichte Hüftpfannendysplasie beider Hüftgelenke ohne Arthrosen, ohne Funktionseinschränkungen. 5. Verdacht auf psychische Gesundheitsstörungen (unter Bezugnahme auf das neurologisch-psychiatrische Hauptgutachten Dr. R.).

Zu vermeiden seien aus orthopädisch-rheumatologischer Sicht schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, andauerndes Stehen, andauerndes Gehen, andauerndes Sitzen, gleichförmige Körperhaltungen mit Rumpfvorhaltung, ständiges Bücken, Arbeiten anhaltend über Schulterniveau, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und mit Absturzgefahr, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten in ungünstiger Witterung mit Nässe und Kälte ohne Schutzkleidung. Dagegen seien noch leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg, überwiegend im Stehen, überwiegend im Gehen und überwiegend im Sitzen, bevorzugt mit einem möglichen Wechsel der Körperpositionen, Arbeiten im Freien, wenn ungünstige Witterungseinflüsse ohne Schutzkleidung vermieden würden, und Treppensteigen möglich. Die angegebenen, noch möglichen Tätigkeiten seien sämtlich noch vollschichtig bis zu acht Stunden täglich im Rahmen einer Fünftagewoche ausführbar.

Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 07.09.2009 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades und einer Dysthymia festgestellt. Ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit sei es der Klägerin noch möglich, leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg zu verrichten. Akkord- oder Nachtarbeiten sollten wegen der Gefahr einer Zunahme der Schmerzen bzw. der Schlafstörungen vermieden werden. Neben den bereits von Privatdozent Dr. R. beschriebenen qualitativen Einschränkungen hat er ausgeführt, eine besondere Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens sei nicht ausgeschlossen. Gleiches gelte trotz der in der Anamnese beschriebenen leichten phobischen Störung für Publikumsverkehr sowie für Arbeiten an Schreib- bzw. Büromaschinen. Eine besondere geistige Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung, wie dies z.B. beim Anleiten oder beim Beaufsichtigen mehrerer Personen bzw. beim Überwachen oder beim Bedienen komplizierter Maschinen der Fall sei, könne der Klägerin aufgrund der eingeschränkten psychischen Leistungsfähigkeit nicht zugemutet werden. Gerade das subdepressive Stimmungsbild und die leichte Störung des Kurzzeitgedächtnisses begründeten die jetzt festgestellte qualitative Leistungseinschränkung bezüglich der geistigen Beanspruchbarkeit. Sie sei ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit für leichte körperliche Tätigkeiten bzw. alle genannten Arbeiten noch mindestens für sechs Stunden leistungsfähig.

Die Klägerin hat die ärztliche Bescheinigung der Allgemeinärztin Herbach vom 07.10.2009 vorgelegt, wonach es in den letzten zwei Monaten zu einer Beschwerdezunahme an der rechten Schulter gekommen sei. Es träten bereits Schmerzen bei der täglichen Hausarbeit, wie Bügeln, auf. Der rechte Arm könne nicht über den Kopf gehoben werden. Frisieren falle der Klägerin sehr schwer. Hinzu seien noch rezidivierende Kopfschmerzen gekommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. November 2009 hat das SG die Klage abgewiesen.

Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGBVI) noch nach § 240 SGB VI. Zur Begründung bezog es sich auf die Feststellungen der Gutachterin Zimmermann, des Sachverständigen Privatdozent Dr. R. und des Sachverständigen Dr. R ... Mit ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei die Klägerin noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Soweit die Allgemeinärztin H. auf die Zunahme von Schmerzen in der rechten Schulter "in den letzten zwei Monaten" hingewiesen habe, sei dies für den vorliegenden Sachverhalt nicht relevant, denn für die Frage der Erwerbsminderung könnten nur solche Erkrankungen berücksichtigt werden, die auf nicht absehbare Zeit bestünden.

Gegen den ihr am 24.11.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.12.2009 Berufung eingelegt.

Zur Begründung weist sie darauf hin, dass ohne den Einsatz des rechten Armes auch dann keine Arbeit zu finden sei, wenn sie auf einfache Tätigkeiten verwiesen werden könne. Hinzu kämen noch rezidivierende Kopfschmerzen, die dazu führten, dass sie nur in sehr eingeschränktem Maß in der Lage sei, eine Arbeit aufzunehmen. Es sei im Verfahren immer wieder vorgetragen worden, dass sich das Leistungsbild bzw. die Leistungsfähigkeit ständig verschlechtere und mit weiteren Einschränkungen zu rechnen sein werde. Berücksichtige man das ärztliche Attest der Allgemeinärztin H., so ergebe sich eine klare Linie hin zur verminderten Erwerbsmöglichkeit bzw. verminderten Erwerbsfähigkeit.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Karlsruhe vom 20. November 2009 und den Bescheid vom 11. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 01. November 2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin legt ein weiteres Attest der Allgemeinärztin H. vom 31.03.2010 vor, wonach es aus allgemeinärztlicher Sicht zu einer Befundverschlechterung mit Zunahme der LWS-Beschwerden im Sinne einer Schmerzzunahme und sensomotorischer Auffälligkeiten, wie Brennen des Beines, gekommen sei. Zum jetzigen Zeitpunkt liege eine orthopädische Stellungnahme nicht vor. Die Klägerin legt des Weiteren eine ärztliche Stellungnahme des Orthopäden Dr. L. vom 29.03.2010 vor, der aufgrund der Untersuchung vom 29.03.2010 eine Lumbo-ischialgie rechts bei gesichertem Bandscheibenvorfall L4/5 und eine Schultersteife links beschrieben hat. Der Schultergelenksbefund habe sich tendenziell verbessert, sei jedoch weiter behandlungsbedürftig. Verstärkt habe sich das sensomotorische Wurzelreizsyndrom lumbal.

Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines Gutachtens auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beim Orthopäden Dr. B. Bad W ... Er hat in seinem Gutachten vom 07.08.2010 folgende Diagnosen gestellt:

1. Chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom bei leichter Fehlstatik, Gefügestörung und Verschleißveränderungen an Wirbelkörpern und Bandscheiben, sowie Beengung der Nervenaustrittslöcher, mit der Folge von blockierungsbedingten Kopfschmerzen und funktionellen Wurzelreizbeschwerden, wechselseitig und bis zu mittelgradigen schmerzhaften Funktionseinschränkungen. 2. Schulter-Arm-Syndrom beidseits, bei Verschleißveränderungen an Schulter- sowie Schultereckgelenken, mit bis mittelgradigen schmerzhaften Funktionseinschränkungen und Impingement-Syndrom, links stärker als rechts. 3. Beginnendes Verschleißleiden an den Fingergelenken beidseits, im Sinne eines Heberden-Bouchard-Syndromes aus dem rheumatologischen Formenkreis, mit erträglich schmerzhaften Funktionsbeschwerden. 4. Brustwirbelsäulen-Syndrom bei Fehlstatik und leichten Verschleißveränderungen an Wirbelkörpern mit der Folge einer reaktiven Funktionseinschränkung bis mittelgradig, 5. hochakutes Wurzelreizsyndrom L5/S1 rechts der Lendenwirbelsäule im Sinne eines Postnukleotomie-Syndromes bei Bandscheibenreprolaps in Höhe LWK5/SWK1 mit fixierter Fehlstatik und zunehmenden Verschleißveränderungen an Wirbelkörpern und Bandscheiben mit der Folge von Nervenausfallerscheinungen sowie reaktiv Funktions- und Belastungseinschränkungen, 6. beginnende Dysplasie-Coxarthrose, mit der Folge von Verschleißveränderungen und Sehnenansatzveränderungen im Beckenbereich mit nur geringen Funktionseinschränkungen, 7. beginnendes Verschleißleiden in beiden Kniegelenken mit Innenmeniskusschaden, rechts stärker als links, insgesamt noch ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung, 8. bei Senk-Spreizfußfehlstatik beginnendes Verschleißleiden an den unteren Sprunggelenken beidseits und Sehnenansatzveränderungen am Fersenbein beidseits sowie einem beginnenden Verschleißleiden an den Zehen im Sinne eines Heberden-Bouchard-Syndromes, aus dem rheumatischen Formenkreis, insgesamt ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigungen, 9. fachübergreifend neuro-orthopädisch und psychiatrisch, zunehmend somatoforme Schmerzstörung und Dysthymie, im Sinne einer chronisch-depressiven Verstimmung, mit der Folge einer zunehmenden Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Umstellungs- und Anpassungsvermögen, 10. fachübergreifend Hals-Nasen-ohrenärztlich: Hörminderung beidseits, mit anhaltenden Tinnitus-Geräuschen, 11. fachübergreifend ophtalmologisch: Sehminderung mit Tränenkanalabflussstörung beidseits, 12. fachübergreifend gynäkologisch Hypermenorrhoe bei Utzerusmyomatosus, 13. fachübergreifend internistisch: Eisenmangelanämie und Diabetes mellitus.

Die aufgeführten Gesundheitsstörungen wirkten sich insgesamt auf die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin nachteilig aus und schlössen seines Erachtens eine berufliche Restleistungsfähigkeit derzeit völlig aus. Die Teilnahme an einem geordneten Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei ihr langfristig nicht mehr zumutbar. Das betreffe im Wesentlichen die Erkrankungen der Halswirbelsäule, der Schultergelenke sowie der Lendenwirbelsäule. Das derzeitige körperliche Erscheinungsbild erlaube keine geordnete berufliche Tätigkeit, ohne dass eine unmittelbare Gefährdung der Gesundheit in Kauf genommen werden müsste. Dabei sei insbesondere auf die zurzeit vorherrschende Erkrankung im Bereich der Lendenwirbelsäule hinzuweisen, die eine Unterarmstockstützenbenutzung bei fast allen Verrichtungen erforderlich mache. Der von ihm festgestellte Gesundheitszustand auf orthopädischem Fachgebiet unter Einschluss des neuro-orthopädischen Fachgebietes sei auf sein Untersuchungsdatum vom 21.07.2010 zu datieren, weil spätestens zu diesem Zeitpunkt eine umfassende Erkenntnis der aktuell bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsschäden möglich gewesen sei. Dem Gutachten war als Anlage der Bericht der Ärztin für Psychotherapie, Verhaltenstherapie Dr. H. vom 20.07.2010 beigefügt, die eine Agoraphobie ohne Panikstörung, eine Zwangsstörung, vorwiegend Zwangshandlungen, und eine mittelgradige depressive Episode beschrieben hat. Außerdem war der Bericht des Radiologen Hauschild beigefügt, der aus dem am 12.07.2010 angefertigten MRT im Vergleich zur Voruntersuchung von Juli 2007 einen im Segment LWK4/5 progredienten, medialen Bandscheibenvorfall mit geringer intraspinaler Auflagerung auf den Abgangsbereich der L5er-Wurzel beidseits (links größer rechts) sowie im Segment LWK5/SWK1 median betonten Bandscheibenvorfall mit tangentiellem Kontakt zur abgehenden Wurzel S1 beidseits (rechts größer links) im intraspinalen Verlauf, jedoch ohne Hinweis auf Neurokompression und begleitende Chondrose sowie eine geringe Spondylarthrose in beiden genannten Segmenten beschrieben hat.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie Z. vom 25.10.2010 vorgelegt, die die Auffassung vertreten hat, dass der Klägerin auch weiterhin leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen in Früh- und in Spätschicht unter Beachtung qualitativer Einschränkungen zumindest sechsstündig zumutbar seien. Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.11.2010 Stellung genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme bei Privatdozent Dr. R., Bad S ... Er hat ausgeführt, dass die von Dr. B. erhobenen Befunde bei der körperlichen und radiologischen Untersuchung die angegebenen Beschwerden der Probandin teilweise erklärten, sie würden durch qualitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ausreichend berücksichtigt. Eine quantitative Leistungsminderung lasse sich aus den Gesundheitsstörungen im Bereich der Halswirbelsäule und beider Arme und den von Dr. B. beschriebenen Funktionseinschränkungen nicht herleiten. Die Erörterung von degenerativen Veränderungen der Fingergelenke im Bereich der Fingermittelgelenke und im Bereich der Fingerendgelenke müsse nicht vertieft werden, weil sich hieraus keine wesentlichen nachweisbaren Funktionseinschränkungen ergäben. Von der Klägerin seien in seinem orthopädisch-rheumatologischen ebenso wie im orthopädischen Gutachten von Dr. B. die Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine als vorrangige Beschwerden in den Vordergrund gestellt worden. Diese Beschwerden seien in seinem Gutachten durch Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule und der Bandscheiben ohne wesentliche neurologische Defizite nur teilweise zu erklären gewesen und seien durch Einschränkungen der qualitativen Leistungsfähigkeit hinreichend berücksichtigt worden. Das Fehlen erheblicher, radikulärer neurologischer Defizite sei auch im neurologisch-psychiatrischen Hauptgutachten von Dr. R. bestätigt worden, der auch unter Berücksichtigung psychischer Gesundheitsstörungen keine quantitative Leistungsminderung festgestellt habe. Die von Dr. B. beschriebene Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule mit einem stark eingeschränkten Schoberzeichen von nur 10 bis 11 cm und einem sehr großen Finger-Boden-Abstand könne angesichts der weiteren Befunde, insbesondere der guten Beugefähigkeit der Hüftgelenke nicht plausibel nachvollzogen werden. Es werde von Dr. B. wenig differenziert eine schwerwiegende Gangstörung beschrieben, die durch objektive orthopädische Befunde nicht hinreichend erklärt werde. Dr. B. habe ein Vermeidungsverhalten der Klägerin, welches sich aus dem Bericht von Dr. H. ergebe, nicht erkannt und nicht hinreichend berücksichtigt. Eine Fehlhaltung der Wirbelsäule, die Dr. B. als Ischiasskoliose bezeichnet habe, habe bei seiner Begutachtung durch nachhaltige Untersuchung aufgehoben werden können. In seinem Gutachten seien auch Beobachtungen außerhalb der bewussten Untersuchungssituation berücksichtigt worden und eine Überprüfung des Gehvermögens durch die Klinik, den Park und den Gehgarten mit in die Beurteilung einbezogen worden. Dabei habe sich insgesamt keine sozialmedizinisch relevante Einschränkung des Gehvermögens ergeben, die durch objektive Befunde hätte erklärt werden können. Das Gutachten von Dr. B. lasse eine auf objektive Befunde abhebende Beurteilung, einen abwägenden Vergleich zwischen Klagen und Befunden und eine Hinterfragung aus gutachterlicher Sicht teilweise vermissen. Er verlasse sich auf die subjektiven Angaben und auf Befunde, die von einer Mitwirkung der Klägerin abhingen, ohne die notwendige kritische Erörterung vorzunehmen. Die MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule vom 12.07.2010 ergebe keine Neurokompression, und eine Druckschädigung von Nerven sei nicht angegeben worden. Die Sakroiliakalgelenke seien im MRT als unauffällig befundet worden, abweichend zu der radiologischen Bewertung von Fremdaufnahmen im Gutachten von Dr. B., der an den SIG schwere Arthrosen festgestellt habe. Die von Dr. R. diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Grades erkläre die Diskrepanz zwischen den schweren subjektiven Schmerzen und Behinderungen der Klägerin und den vergleichsweise geringen objektiven Befunden bei der körperlichen Untersuchung. Unter Berücksichtigung von den noch möglichen privaten Aktivitäten im Tagesablauf der Klägerin sei abzuleiten, dass der Klägerin noch ein quantitativ nicht eingeschränktes, vollschichtiges Leistungsvermögen erhalten sei.

Gegen die Beurteilung des Sachverständigen erhebt die Klägerin im Schriftsatz vom 10.03.2011 Einwendungen und legt mit weiterem Schriftsatz den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 14.07.2011 vor, wonach der Grad der Behinderung (wegen "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, operierter Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom, Nervenwurzelreizerscheinungen, funktionelle Organbeschwerden, Osteoporose [Kalksalzminderung des Knochens], seelische Störung, Depression, Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen") mit nunmehr 50 seit dem 18.11.2010 festgestellt worden war. Hierzu führt der Bevollmächtigte aus, dass im Hinblick auf diese nun amtlich anerkannten Beschwerden der Klägerin wohl von der Beklagten nicht mehr zu bestreiten sei, dass eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren sei. Hierzu haben die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.08.2011 und die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.08.2011 noch einmal Ausführungen gemacht.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchten Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit schon deshalb nicht besteht, weil die - breit verweisbare - Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zurück.

Ergänzend zu den Ermittlungen und dem Vortrag im Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass auch weder aufgrund des auf Kosten der Klägerin eingeholten Gutachtens noch aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung des Gesundheitszustandes sich die für den Anspruch erforderliche quantitative Leistungsminderung auf unter 6 Stunden am Tag begründen lässt.

Bei der Klägerin besteht eine Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit nach wie vor im Wesentlichen aufgrund Erkrankungen der Wirbelsäule und der Schultern, aber auch aufgrund einer Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet. Diese sind auch durch die Ermittlungen im Berufungsverfahren nicht als so ausgeprägt nachgewiesen, dass hierdurch eine andere Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin gerechtfertigt wäre. Der entgegenstehenden Bewertung des nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. B. konnte sich der Senat nicht anschließen, weil auch durch sein Gutachten eine quantitative Leistungsminderung auf weniger als 6 Stunden am Tag im Rahmen einer 5-Tage-Woche nicht bewiesen ist.

Für den Bereich der Wirbelsäule beschreibt Dr. B. zum einen ein chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom bei leichter Fehlstatik, eine Gefügestörung und Verschleißveränderungen an den Wirbelkörpern und Bandscheiben, sowie eine Beengung der Nervenaustrittslöcher, mit der Folge von blockierungsbedingten Kopfschmerzen und funktionellen Wurzelreizbeschwerden, wechselseitig und bis zu mittelgradigen schmerzhaften Funktionseinschränkungen. Zum anderen ein Brustwirbelsäulen-Syndrom bei Fehlstatik und leichten Verschleißveränderungen an Wirbelkörpern mit der Folge einer reaktiven Funktionseinschränkung bis mittelgradig und ein hochakutes Wurzelreizsyndrom L5/S1 rechts der Lendenwirbelsäule im Sinne eines Postnukleotomie-Syndromes bei Bandscheibenreprolaps in Höhe LWK5/SWK1 mit fixierter Fehlstatik und zunehmenden Verschleißveränderungen an Wirbelkörpern und Bandscheiben mit der Folge von Nervenausfallerscheinungen sowie reaktiv Funktions- und Belastungseinschränkungen. An Befunden lässt sich dem Gutachten entnehmen, dass die Klägerin mit Unterarmstockstützenentlastung in Begleitung des Ehemannes schwergängig und leidbetont zur Untersuchung erschienen ist, mit auffällig vornübergeneigter Fehlhaltung, im Sinne einer linksseitigen Ischiasskoliose, affektiv und sehr schmerzbetont. Das Entkleiden war nur mit Hilfe des Ehemannes (unter vornübergeneigter Abstützung sowie in angelehnter Sitzhaltung) gelungen. Segmental war die Funktion der Halswirbelsäule hälftig bis zweidrittelgradig eingeschränkt, wobei eine Wurzelreizsymptomatik der HWS links, insbesondere bei Armlängszugbelastung, ohne segmental exakt zuordenbare Sensibilitätsstörung oder motorische Schwächen festgestellt wurde. Die segmentale Funktion der Lendenwirbelsäule war nahezu aufgehoben bei einem in Rückenlage bestehenden positiven Laségue rechts bei 30° und links bei 60°. Im Bereich der Arme/Schultern besteht nach den Ausführungen von Dr. B. ein Schulter-Arm-Syndrom beidseits bei Verschleißveränderungen an Schulter- sowie Schultereckgelenken. Die Beweglichkeit der Schultergelenke war aktiv und passiv in allen Ebenen unter Schmerzangabe als eingeschränkt beschrieben worden. Ein Anheben der Arme nach vorne und zur Seite ist aber auf dem dem Gutachten beigefügten Messblatt beidseitig noch bis zur Horizontalen möglich dokumentiert worden, wenn auch diese Bewegungen im "Endanschlag" als schmerzhaft bezeichnet worden sind. Eine Insuffizienz der Rotatorenmanschette im eigentlichen Sinne war nicht festzustellen. Im Gegensatz zu den von Dr. B. erhobenen - funktionellen - Befunden war die Klägerin im Rahmen der Untersuchung durch Privatdozent Dr. R. noch in der Lage, sich ohne Hilfsmittel fortzubewegen und ohne fremde Hilfe zu entkleiden, wobei dies zügig und unbehindert (Schultergelenke, Wirbelsäule) erfolgte, wie Privatdozent Dr. R. ausführte. Die ausführliche Untersuchung der Klägerin ergab dabei für die Wirbelsäule wie auch für die Schultergelenke (wie bereits die angefertigten Fotoaufnahmen des Nackengriffs und Schürzenbindegriffs belegen) nur geringe nachweisbare Funktionseinschränkungen.

Zu Recht weist Privatdozent Dr. R. in seiner vom Senat veranlassten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme darauf hin, dass die erhobenen klinischen und radiologischen Befunde die angegebenen Beschwerden im Bereich der HWS und der Schultern zwar teilweise erklärten, sich aus diesen aber eine quantitative Leistungseinschränkung nicht ergibt. Vielmehr kann diesen durch die Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen ausreichend Rechnung getragen werden. Ein vollständiger Funktionsverlust der Arme oder Schultern liegt insoweit nicht vor, eine Beweglichkeit bis zur Horizontalen ist noch möglich und zumutbar, die Greiffunktionen der Hand ist darüber hinaus nicht eingeschränkt (wie noch auszuführen sein wird) und eine Begrenzung auf lediglich körperlich leichte Tätigkeiten kann und muss darüber hinaus berücksichtigt werden. Mithin ergeben sich diesbezüglich in der Tat keine Anhaltspunkte dafür, weshalb Tätigkeiten, die diese Einschränkungen berücksichtigen, nicht auch weiterhin 6 Stunden und mehr ausgeübt werden können.

Die Diskrepanz der unterschiedlichen Untersuchungsergebnisse auf orthopädischem Fachgebiet ist auch unter Berücksichtigung der im MRT feststellbaren Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht nachzuvollziehen. Das Gutachten von Dr. B. vermag den Senat angesichts der fehlenden kritischen Auseinandersetzung mit den erhobenen Befunden auf deren Schlüssigkeit, der fehlenden Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Vorgutachten und einer Begründung für die nun abweichende Leistungsbeurteilung nicht zu überzeugen. Denn die beschriebene Verschlimmerung ist nicht zwangsläufig mit dem im MRT vom 12.07.2012 beschriebenen und im Vergleich zur Voruntersuchung progredienten, medianen Bandscheibenvorfall im Segment L4/5, oder dem im selben MRT beschriebenen median betonten Bandscheibenvorfall im Segment LWK5/SWK1 zu erklären. Ersterer Bandscheibenvorfall zeigte sich "mit geringer intraspinaler Auflagerung auf den Abgangsbereich der L5er Wurzel bds (li)re)", letzterer mit "tangentiellem Kontakt zur abgehenden Wurzel S1 bds (re)li)", jedoch ohne Hinweis auf eine Neurokompression und, die SI-Gelenke waren als unauffällig beschrieben worden. Dr. B. hat hierauf auch nicht explizit abgestellt. Radikuläre neurologische Ausfälle werden auch von ihm nicht beschrieben. Im Übrigen fand sich bereits im Mai 2006 ein kleiner medianer nukleus pulposus Prolaps im Segment LWK5/SWK1 mit einer Lagebeziehung zu den vorbeiziehenden S1-Wurzeln beidseits (Bericht des Radiologen Dr. R. vom 04.05.2006). Letztlich werden in dem - im selben Monat der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. B. - erstellten Bericht der Psychotherapeutin Dr. H. aufgrund einer seit Mai 2009 erfolgenden Behandlung vergleichbare körperliche Einschränkungen der Klägerin nicht erwähnt. Vielmehr beschreibt die behandelnde Ärztin eine deutliche Stabilisierung der depressiven Symptomatik und einen deutlichen Abbau des ausgeprägten Vermeidungsverhaltens. Eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit wurde für Tätigkeiten mit erhöhter Anforderung an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen, für Tätigkeiten auf Leitern/in Höhe und im selbstständigen Erreichen einer Arbeitsstelle gesehen. Für eine Notwendigkeit der Nutzung einer Stockstütze, ohne die die Klägerin nicht aufrecht stehen könne, und die zu jeder Verrichtung benötigt werde, ergeben sich hieraus keine Anhaltspunkte. Ein solcher Umstand stünde aber der von ihr abgegebenen Leistungsbewertung entgegen, weshalb mit Privatdozent Dr. R. und der sozialmedizischen Stellungnahme von Frau Zimmermann erhebliche Zweifel an dem von Dr. B. geschilderten Ausmaß der Beeinträchtigung bestehen, zumal dieses von ihm - wie bereits erwähnt - auch nicht kritisch hinterfragt wurde. Insoweit ist daher nicht ersichtlich, weshalb unter Berücksichtigung der bereits genannten qualitativen Einschränkungen und einer Tätigkeit, die den Wechsel der Körperhaltungen erlaubt, gleichförmige Körperhaltungen mit Rumpfvorhaltung, ständiges Bücken, Arbeiten anhaltend über Schulterniveau, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und mit Absturzgefahr, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten in ungünstiger Witterung mit Nässe und Kälte ohne Schutzkleidung ausschließt, dieses nicht 6 Stunden am Tag zuzumuten wäre.

Hierfür spricht im Übrigen auch das vom SG eingeholte Gutachten von Dr. R., der ausgeführt hat, schon der geschilderte Tagesablauf (die Klägerin gab an, sich duschen und anziehen zu können, das Frühstück richten, Betten machen und Staub wischen, mit dem Sohn einkaufen gehen, das Badezimmer reinigen, die Waschmaschine ein- und ausräumen, die Wäsche im Dachgeschoss aufhängen, Mittagessen kochen, die Geschirrspülmaschine aus- und einräumen, das Abendessen richten, gelegentlich Festveranstaltungen aufsuchen, ihren Geburtstag feiern, Urlaubsreisen in die Türkei und nach Frankreich unternehmen sowie 15 Minuten am Tag gymnastische Übungen verrichten zu können) zeige, dass die Klägerin noch in weiten Bereichen selbstständig sei. In Übereinstimmung mit Dr. R. kann aufgrund der diagnostizierten somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades und der Dysthymia die Annahme einer quantitativ eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht gerechtfertigt werden. Ergänzende Ermittlungen von Amts wegen auf psychiatrischem Fachgebiet sind nicht erforderlich zumal auch die behandelnde Psychiaterin Dr. H. in ihrem Bericht vom 20.07.2010 von einer deutlichen Besserung und guten Prognose ausgegangen ist. Erhebungen zum Tagesablauf und noch möglicher oder ausgeschlossener Aktivitäten, enthält das Gutachten von Dr. B. im Übrigen nicht, sodass eine weitgehend erhaltene eigenständige Lebensführung auch weiterhin unterstellt werden kann.

Schließlich bleibt darauf hinzuweisen, dass soweit Dr. B. an den unteren Extremitäten eine beginnende Dysplasie-Coxarthrose, ein beginnendes Verschleißleiden in beiden Kniegelenken mit Innenmeniskusschaden sowie ein beginnendes Verschleißleiden an den unteren Sprunggelenken beidseits und Sehnenansatzveränderungen am Fersenbein beidseits und einem beginnenden Verschleißleiden an den Zehen feststellt, hieraus auch nach seiner eigenen Einschätzung nur geringe oder keine wesentlichen Funktionseinschränkungen resultieren. Wesentliche Einschränkungen der unteren Extremitäten auf das Geh- und Stehvermögen sind aufgrund der nur endgradig eingeschränkten Hüftgelenksbeweglichkeit, der nicht eingeschränkten Kniegelenksbeweglichkeit und der nicht wesentlichen Einschränkung der Sprung- und Zehengelenke nicht zu erwarten. Auch Dr. B. sieht die wesentlichen Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit der Klägerin aufgrund der Erkrankung der Halswirbelsäule, der Schultergelenke und der Lendenwirbelsäule. Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob das von Dr. B. beschriebene beginnende Verschleißleiden an den Fingergelenken beidseits tatsächlich auf einer rheumatologischen Erkrankung beruht, denn hieraus resultiert zumindest derzeit keine sich auf die Erwerbsfähigkeit wesentlich auswirkende Funktionseinschränkung. Die vom nach § 109 SGG gehörten Gutachter beschriebene Bewegungsprüfung der Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke war von ihm aktiv wie passiv seitengleich altersgemäß beschrieben worden. Über wesentliche Einschränkungen der Handfunktionen hat er dabei ebenfalls nicht berichtet.

Eine zeitliche Leistungsminderung lässt sich auch nicht mit der geltend gemachten 25%igen Hörminderung und den Ohrgeräuschen begründen. Eine Verständigung der Klägerin war in allen Gutachten ohne mitgeteilte Einschränkungen möglich, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb es aufgrund dessen zu einer nennenswerten Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit der als angelernte Arbeiterin des unteren Bereiches breit verweisbaren Klägerin kommen könnte. Gleiches gilt für die geringfügige Sehbeeinträchtigung und Tränenkanalverstopfung beidseits, die Anämie und den Diabetes mellitus, der medikamentös behandelt wird.

Die Tatsache, dass der Klägerin ein Grad der Behinderung von 50 mit Wirkung ab 18.11.2010 zugesprochen wurde, rechtfertigt die Feststellung der begehrten Rente ebenfalls nicht, weil der Grad der Behinderung keinen Rückschluss auf eine berufliche Leistungsfähigkeit zulässt. Bei der Klägerin liegen auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des Leistungsvermögens von mehr als sechs Stunden täglich zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für zumindest leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten oder überwachende Tätigkeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.).

Auch liegt im Fall der Klägerin kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, GS, a.a.O.,= S. 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die genannte Strecke nicht in der erforderlichen Zeit zurücklegen kann, sind nicht erkennbar. Dies haben sowohl Privatdozent Dr. R. als auch Dr. R. in ihren Gutachten bestätigt. Soweit Dr. B. hierzu eine abweichende Meinung vertritt, überzeugt diese nicht, weil - worauf Privatdozent Dr. R. zu Recht hinweist - die von ihm beschriebene Gangstörung durch die objektiven orthopädischen Befunde nicht erklärt werden kann. Dr. R. führte in seinem Gutachten aus, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Benutzung öffentliche Verkehrsmittel nicht entgegen stehen. Angesichts dessen vermag die zurückhaltendere Einschätzung von Dr. H. nicht zu überzeugen, zumal sie von einer deutlichen Besserung der Angststörung und des Vermeidungsverhaltens ausgeht und insoweit eine günstige Prognose sieht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved