L 28 AS 2353/11 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 30 AS 2995/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 2353/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
L 28 AS 1/12 B PKH
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. Dezember 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. Dezember 2011 ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere schriftlich und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht sowohl die begehrte vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von 1.300,00 EUR zur Begleichung von Mietschulden als auch die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das einstweilige Rechtsschutzverfahren abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO –). Dies haben die Antragsteller nicht getan.

Es fehlt an einem Anordnungsanspruch. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Gericht der Hauptsache den Antragsgegner verpflichten wird, den Antragstellern für die Begleichung von Mietschulden ein Darlehen in Höhe von 1.300,00 EUR zu gewähren. Insbesondere scheidet ein dahingehender Anspruch nach § 22 Abs. 8 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) aus. Zwar können nach dieser Vorschrift unter bestimmten Voraussetzungen Mietschulden übernommen werden. Bei den Schulden der Antragsteller gegenüber der Vermieterin der von ihnen genutzten Wohnung handelt es sich jedoch nicht um Mietschulden im Sinne der Norm. Das Bundessozialgericht hat bereits wiederholt deutlich gemacht, dass die Abgrenzung von Schulden nach § 22 Abs. 8 (ehemals Abs. 5) SGB II von den übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu erbringen sind, unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung zu treffen ist (vgl. BSG, Urteile vom 22.03.2010 – B 4 AS 62/09 R – Rn. 17, und vom 17.06.2010 – B 14 AS 58/09 R – Rn. 17 ff., jeweils zitiert nach juris). Ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II ist vielmehr allein danach zu unterscheiden, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht. Bezieht sich die gegen einen Leistungsberechtigten gerichtete Forderung auf einen während der Hilfebedürftigkeit eingetretenen und bisher noch nicht gedeckten Bedarf, handelt es sich um vom SGB II-Träger nach § 22 Abs. 1 SGB II zu übernehmende Aufwendungen. Geht es hingegen um Außenstände, die entweder aus Zeiten stammen, in denen der Hilfebedürftige nicht im Leistungsbezug stand, oder die auf eine unterlassene Weiterleitung der dem Leistungsberechtigten vom Grundsicherungsträger für die Kosten der Unterkunft und Heizung gewährten Leistungen an den Vermieter zurückzuführen sind, handelt es sich um Schulden im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II.

Den Forderungen, denen die seit Januar 2005 durchgehend im Leistungsbezug stehenden Antragsteller seitens der Vermieterin ihrer Wohnung ausgesetzt sind, liegt zugrunde, dass der Antragsgegner bei der Leistungsbewilligung zwar stets Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigt hat, dies jedoch seit April 2006 in einem Umfang, der hinter den tatsächlich anfallenden Kosten zurückblieb. Auf den Differenzbetrag hätte daher allein – so die tatsächlichen Kosten, wie die Antragsteller meinen, angemessen sind – nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ein Anspruch bestehen können. Die Antragsteller haben hingegen für einige Bewilligungsabschnitte – soweit ersichtlich – überhaupt nicht versucht, den Differenzbetrag durchzusetzen, sondern die Bewilligungsbescheide bestandskräftig werden lassen. Insbesondere aber haben sie sich zwischenzeitlich in einem auf Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeiträume vom 01. April 2006 bis zum 31. März 2007, vom 01. April bis zum 30. September 2009 und vom 01. April 2010 bis zum 31. März 2011 sowie auf Übernahme einer Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2009 gerichteten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) am 23. September 2011 vergleichsweise mit der Gewährung geringerer als tatsächlich anfallender Kosten abgefunden. Diese unter Abschätzung des Prozessrisikos getroffene Entscheidung können sie nicht dadurch korrigieren, dass sie nunmehr bzgl. des überschießenden Betrages Mietschulden geltend machen. Durch den Verzicht auf die Geltendmachung weitergehender Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II haben sich die angefallenen weiteren Kosten für Unterkunft und Heizung nicht in Mietschulden im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II verwandelt.

Aus den vorstehenden Gründen hatte das einstweilige Rechtsschutzverfahren von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg, sodass das Sozialgericht Frankfurt (Oder) zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat. Ebenso wenig kam diese für das Beschwerdeverfahren in Betracht (§ 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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