Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 RA 516/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 145/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RS 3/12
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. März 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech).
Der am ... 1946 geborene Kläger ist ausweislich der Urkunde der Universität R. vom 31. März 1971 berechtigt, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" zu führen. Nach dem Universitätsabschluss war er wie folgt beschäftigt:
Vom 3. Mai 1971 bis zum 25. Juni 1971 als Techniker im Bereich Anlagen- und Gerätebau beim VEB M.-K ...
Vom 5. Juli 1971 bis zum 31. Januar 1977 als Problemanalytiker beim VEB L.-W ...
Vom 1. Februar 1977 bis zum 30. Juni 1985 als Abteilungsleiter beim VVB A. bzw. ab 1. Januar 1979 bei dessen Rechtsnachfolger H., wobei seine Tätigkeit der eines Fernmeldetechnikers entsprach.
Vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Januar 1988 als Betriebsdirektor beim VEB.
Vom 1. Februar 1988 bis zum 1. März 1989 als Direktor für Produktion beim VEB S. M. T.
Vom 2. März 1989 bis zum 31. Januar 1990 als Direktor für Produktion beim VEB E. H.
Vom 1. Februar 1990 bis zum 30. Juni 1990 als Fachdirektor "Ökonomie" im VEB Elektro-Wärmetechnik H., wobei er wesentlich an der Umstrukturierung des Betriebes mitgewirkt hat.
Ab dem 1. Januar 1986 bis zum 30. Juni 1990 zahlte er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er während des Bestehens der DDR nicht.
Am 4. April 2000 beantragte der Kläger die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Dezember 2002 mit der Begründung ab, er habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Den gegen diesen Bescheid am 9. Januar 2003 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2003 mit der Begründung zurück, der Kläger sei am 30. Juni 1990 nicht als Ingenieur, sondern als Fachdirektor-Ökonomie beschäftigt gewesen. Dabei habe es sich nicht um eine ingenieurtechnische Beschäftigung im Sinne der AVItech gehandelt.
Dagegen hat der Kläger am 13. Juni 2003 Klage beim Sozialgericht (SG) Halle erhoben und u. a. vorgetragen, der VEB Elektro-Wärmetechnik H. habe elektrische Wärmegeräte bzw. Wärmeanlagen hergestellt. Während seiner dortigen Beschäftigung ab 1. Februar 1990 habe er den Betrieb umstrukturiert, um den Produktionsvorgang den Wärmeinduktionsvorgängen anzupassen und ihn mit anderen Betrieben konkurrenzfähig zu machen. Ausweislich des Funktionsplanes vom 1. Februar 1990 war er als Sonderbeauftragter des Betriebsdirektors für die Umstrukturierung eingesetzt. Zu seinen Aufgaben gehörte:
Erarbeitung einer Grundkonzeption zur Überleitung des VEB Elektro-Wärmetechnik in marktfähige Strukturen bei der Reprivatisierung.
Analyse der Arbeitskräftesituation.
Ermittlung der wirtschaftlichen Situation der PGH vor dem Zusammenschluss zum VEB Elektro-Wärmetechnik.
Feststellung von Ansprüchen der Mitglieder der damaligen PGH.
Weitere Vorbereitungen zur Reprivatisierung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.
Das SG hat dem Kläger ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 24. März 2005 wegen der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Klage mit Urteil vom selben Tag als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei am 30. Juni 1990 nicht mehr ingenieurtechnisch beschäftigt gewesen. Er habe überwiegend betriebswirtschaftliche Aufgaben zu verrichten gehabt, welche vorrangig der Umstellung seines Betriebes auf marktwirtschaftliche Erfordernisse gedient hätten. Damit habe er keinen unmittelbaren Einfluss auf die technische Ausführung der Produktion gehabt.
Gegen das am 2. Mai 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juni 2005 Berufung eingelegt und sich zur Begründung u. a. auf die Auskunft des ehemaligen Leiters des Personalbüros des VEB Elektro-Wärmetechnik H., G. S., vom 8. Juli 2005 berufen. Dieser hat darin ausgeführt, Schwerpunkt der Arbeiten des Klägers seien die konstruktive Vorbereitung der Veränderung der Produktionsprozesse und die eigenverantwortliche Umsetzung mit den vorhandenen technischen Gegebenheiten gewesen. Er habe konstruktive und technologische Abläufe entwickelt, auf deren Grundlage unter seiner aktiven Mitarbeit Produktionslinien aus- und umgelagert und strikt getrennte Einheiten realisiert worden seien, die zum 1. Juli 1990 als GmbH hätten tätig werden können. Er sei als Direktor für Ökonomie berufen worden, weil diese Planstelle im Zeitpunkt der Einstellung frei gewesen sei und seinen gehaltlichen Vorstellungen entsprochen habe. Ergänzend hat der Kläger ausgeführt, die während des Bestehens der DDR verwendete Arbeitsklassifizierung und die entsprechende Einordnung seiner Tätigkeit sei nicht entscheidend für die Frage, inwiefern er den Produktionsprozess aktiv beeinflusst habe, sondern allein die von ihm ausgeübte Arbeitstätigkeit, mit der er unmittelbaren Einfluss auf den Produktionsprozess genommen habe. Hinsichtlich der betrieblichen Tätigkeit des VEB Elektro-Wärmetechnik H. sei nach seinen Erinnerungen der Hauptteil des betrieblichen Ergebnisses, nach heutigen Maßstäben des Gewinns, im Produktionsbereich erzielt worden, auch wenn möglicherweise die überwiegende Anzahl der Arbeitnehmer in der Elektroinstallation beschäftigt gewesen sei. Im Übrigen habe er während seiner Beschäftigung bei dem VEB Germaplast einen Antrag auf Einbeziehung in die AVItech gestellt. Ihm liege zwar keine Urkunde über eine tatsächliche Einbeziehung vor. Allerdings stelle sich im Falle der unterbliebenen Entscheidung über den Antrag die Frage, inwieweit der Stichtag des 30. Juni 1990 maßgeblich sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. März 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 3. Mai 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. März 2005 zurückzuweisen.
Sie meint, es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger die sachliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung (ingenieurtechnische Tätigkeit) erfüllt habe, denn der VEB Elektro-Wärmetechnik H. sei kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie und auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der AVItech gewesen.
Der Senat hat einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zum VEB Elektro-Wärmetechnik H. beigezogen. Außerdem hat er eine schriftliche Auskunft des ehemaligen stellvertretenden Betriebsdirektors des VEB Elektro-Wärmetechnik H. P. W. vom 29. März 2006 eingeholt. Darüber hinaus hat er das Protokoll der öffentlichen Sitzung des erkennenden Senats vom 24. März 2011 in dem Verfahren L 1 R 105/08, in dem es ebenfalls um den VEB Elektro-Wärmetechnik H. ging, in das Verfahren eingeführt. Die Beklagte hat daraufhin weitere Unterlagen zum VEB Elektro-Wärmetechnik H. bzw. zu dessen Nachfolgeunternehmen übersandt.
Das Verfahren ruhte zwischenzeitlich, weil Rechsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur sachlichen Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech abgewartet wurde (Senatsbeschluss vom 28. März 2007).
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Sie ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2003 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.
Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.). Aber auch nach dieser Rechtsprechung wären die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung nicht erfüllt (II.).
I.
1.
Der Senat ist nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 12; nunmehr BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – juris, Rdnr. 22, 23). Die vom BSG vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 Grundgesetz (GG) ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die erweiternde Auslegung des BSG nicht hergibt. Es ist deshalb auch nicht angezeigt, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 10 EG 1/08 R – juris, Rdnr. 19). Im Übrigen waren dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG auch nach der Auffassung des früheren 4. Senats des BSG nur zwei Tatbestände zu entnehmen, die zu einer Anwendbarkeit des AAÜG führen. Entweder war der Betreffende tatsächlich Inhaber einer Versorgungsanwartschaft oder er hatte diese durch Ausscheiden vor dem Leistungsfall wieder verloren (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R – juris, Rdnr. 17, 16).
Selbst wenn man wegen des verwendeten Begriffs "Zugehörigkeit" zu einem Verständnis der Norm gelangen würde, welches nicht allein auf die tatsächliche Einbeziehung abstellt, sondern auch eine fiktive Einbeziehung erfasst (so nunmehr der 5. Senat des BSG, siehe Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – juris, Rdnr. 23, 24, 27), verbietet sich dieses Ergebnis bei Berücksichtigung der weiteren Auslegungskriterien (Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Systematik, siehe zu den Auslegungskriterien z. B. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1999 – 1 BvL 25/97 – juris). In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Es trifft auch nicht zu, dass bereits durch den EVertr das Neueinbeziehungsverbot modifiziert worden ist (so aber BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – juris, Rdnr. 22). In Art. 17 EVertr wurde die Absicht bekräftigt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um Personen, die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer rechtsstaats- und verfassungswidrigen gerichtlichen Entscheidung geworden sind, rehabilitieren zu können. Hier ist schon fraglich, ob einer bloßen Absichtserklärung überhaupt ein Regelungsinhalt entnommen werden kann. Darüber hinaus ist dem Wortlaut von Art. 17 EVertr nicht zu entnehmen, wie die Rehabilitierung im Einzelfall erfolgen sollte und insbesondere auch nicht, dass diese unter Durchbrechung des Neueinbeziehungsverbotes durch Einbeziehung in ein Versorgungssystem möglich sein sollte. Dementsprechend ergeben sich aus dem Rehabilitierungsgesetz vom 6. September 1990 (RehabG, GBl. I S. 1459) Hinweise, dass das Neueinbeziehungsverbot auch bei Rehabilitierungsmaßnahmen zu berücksichtigen war (zur Heranziehung des RehabG zum Verständnis des Art. 17 EVertr siehe Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Januar 1999 – 3 C 5/98 – juris, dort Rdnr. 21). Nach § 9 Nr. 2 RehabG waren nämlich Zeiten des Freiheitsentzuges bei einem Rehabilitierten nur dann als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anzurechnen, wenn er vor Beginn des Freiheitsentzuges dem Zusatzversorgungssystem angehörte. Es geht also nicht um eine Neueinbeziehung, sondern um die Feststellung weiterer Zeiten, vergleichbar der Regelung des § 5 Abs. 2 AAÜG. Auch dem Wortlaut von Art. 19 Satz 2 EVertr ist eine Modifizierung des Neueinbeziehungsverbots nicht zu entnehmen. Darüber hinaus behandelt er, soweit danach untergegangene Versorgungszusagen wieder aufleben können (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – a. a. O.), keine Fälle der Neu-, sondern der Wiedereinbeziehung. Art. 17 EVertr und Art. 19 EVertr lassen damit nur Schlussfolgerungen für die Fälle zu, in denen bereits, im Gegensatz zu der fiktiven Einbeziehung nach der Rechtsprechung des BSG, eine durch Zusage oder dergleichen dokumentierte Beziehung zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem vorlag.
Den Senat überzeugt auch nicht, dass aus § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei. In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009).
2.
Außerdem überzeugt den erkennenden Senat im Rahmen der fiktiven Einbeziehung nicht die Stichtagsregelung des 30. Juni 1990, an der der nunmehr für Streitigkeiten aus dem Bereich der Zusatzversorgung zuständige 5. Senat des BSG ebenfalls festhält (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 7/10 R – juris). Die Stichtagsregelung erscheint insbesondere deshalb problematisch, weil der 5. Senat § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG aus sich heraus weit auslegt und – insofern in der Begründung anders als der 4. Senat – nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG heranzieht (BSG, a.a.O., Rdnr. 20). Denn es stellt sich angesichts Art. 3 Abs. 1 GG die Frage, warum eine weite Auslegung nicht auch für den Personenkreis, den das BSG von der fiktiven Einbeziehung ausschließt, gelten müsste.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird aber verletzt, wenn eine Gruppe anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – juris, Rdnr. 36). Aus Sicht des erkennenden Senats sind hier entsprechend gewichtige Unterschiede nicht vorhanden. Vielmehr handelt es sich hinsichtlich der rechtlich entscheidenden Gesichtspunkte um wesentlich gleiche Sachverhalte, die deshalb eine Gleichbehandlung erfordern. Diejenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen, hatten zu Zeiten der DDR aufgrund der fehlenden Versorgungszusage keine Rechtsposition inne, die ihnen eine zusätzliche Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem eröffnete. Allerdings erfüllten sie – zumindest zeitweise – die notwendigen Voraussetzungen für eine Einbeziehung. Es fehlte jedoch unter den gegebenen Voraussetzungen während des Bestehens der DDR die Möglichkeit, den an sich vorhandenen Anspruch auch durchzusetzen. Die gleichen Überlegungen gelten aber auch für den Personenkreis, den das BSG von der fiktiven Einbeziehung ausschließt. Das sind diejenigen, die keine Versorgungszusage hatten, jedoch irgendwann vor dem – nicht aber am – 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten. Dies legt nahe, im Rahmen der (vom erkennenden Senat abgelehnten) fiktiven Einbeziehung die genannten Personenkreise im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG gleich zu behandeln. Die Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 rechtfertigt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht die unterschiedliche Behandlung der genannten Personenkreise, zumal wenn § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG aus sich heraus weit ausgelegt und zur Begründung nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG herangezogen wird.
II.
Aber auch wenn man der Rechtsprechung des BSG folgt, hat das Begehren des Klägers keinen Erfolg. Danach hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für
Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Selbst wenn der Kläger während seiner Beschäftigung bei dem VEB Germaplast einen Antrag auf Einbeziehung in die AVItech gestellt haben sollte, der nicht beschieden wurde, führt dies nicht dazu, dass hinsichtlich der Frage, ob das AAÜG überhaupt anwendbar ist, auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist. Denn für eine fiktive Einbeziehung ist eine entsprechende Antragstellung unerheblich.
In Anwendung der genannten Maßstäbe hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech. Denn der Kläger erfüllte nicht die abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems.
Zwar war der Kläger ausweislich der Urkunde der Universität R. vom 31. März 1971 berechtigt, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" zu führen. Auch die sachliche Voraussetzung der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit erfüllte er während seiner Beschäftigung beim VEB Elektro-Wärmetechnik H ... Allerdings war die betriebliche Voraussetzung am 30. Juni 1990 nicht mehr erfüllt.
Im Rahmen der Prüfung der sachlichen Voraussetzung, d. h. der Ausübung einer zur Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem berechtigenden Beschäftigung, verlangt das BSG unter Bezugnahme auf die "Präambel" der VO-AVItech und den in § 1 Abs. 1 der 2. DB zur VO-AVItech aufgeführten Personenkreis (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 2/07 R – juris), dass ingenieurtechnische Arbeiten entsprechend dem verliehenen Ingenieurtitels ausgeführt wurden, also im Wesentlichen Aufgaben verrichtet wurden, die zum Fachbereich des verliehenen Ingenieurtitel gehörten. Dies ist für Ingenieure dann der Fall, wenn entsprechend ihrem Berufsbild der Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich lag, diese Tätigkeiten somit die Aufgabenerfüllung geprägt hatten. Lag der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen, z.B. im wirtschaftlichen bzw. kaufmännischen Bereich, waren die Ingenieure nicht schwerpunktmäßig (= überwiegend) entsprechend ihrem Berufsbild tätig; im Ergebnis waren sie in einem solchen Fall berufsfremd eingesetzt (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 2/07 R – juris). Allerdings kann die sachliche Voraussetzung nicht allein nach der Beschäftigung in bestimmten Arbeitsbereichen i.S. der Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie oder des Bauwesens (vom 10. Dezember 1974, GBl. DDR I 1975 S. 1) bestimmt werden. Vielmehr ist die sachliche Voraussetzung regelmäßig erfüllt, wenn die Wahrnehmung der konkreten Arbeitsaufgabe berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzte, wie sie bei dem Studium bzw. der Ausbildung zu einem Beruf i.S. des § 1 Abs. 1 der 2. DB und bei Ausübung dieses Berufs typischerweise erworben wurden, während sie bei einem im Wesentlichen berufsfremdem Einsatz regelmäßig nicht erfüllt ist (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R – juris, Rdnr. 43, 44). Der erkennende Senat ist überzeugt, dass der Kläger während seiner Beschäftigung beim VEB Elektro-Wärmetechnik H. nach seinen glaubhaften Schilderungen im Berufungsverfahren nicht berufsfremd eingesetzt war. Die Bezeichnung "Fachdirektor Ökonomie" steht dem nicht entgegen, weil nicht die Funktionsbezeichnung entscheidend ist, sondern der tatsächliche Tätigkeitsinhalt.
Der Kläger war am 30. Juni 1990 jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens und auch nicht in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt.
Es stellt sich schon die Frage, ob es am 30. Juni 1990 überhaupt noch VEB gab, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren (zu dieser Voraussetzung BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – juris, Rdnr. 46). Denn es ist bereits zweifelhaft, ob es im Juni 1990 eine Planwirtschaft im Sinne des Art. 9 Abs. 3 der Verfassung der DDR (VerfDDR), auf die das BSG abstellt, überhaupt noch gab. Nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 VerfDDR war die Wirtschaft der DDR sozialistische Planwirtschaft. Darunter verstand man eine auf der Grundlage eines einheitlichen Planes durch den sozialistischen Staat gelenkte Wirtschaft (siehe Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus, Dietz-Verlag, Berlin 1989). Auch nach bundesdeutschem Verständnis sind Elemente einer Plan- oder Zentralverwaltungswirtschaft die Zentralisierung der (wesentlichen) Entscheidungen und das Vorhandensein eines Gesamtplans (siehe Papier in Benda u. a., Handbuch des Verfassungsrechts, S. 611).
Im Juni 1990 existierte in der DDR aber einerseits das Leitungsorgan der sozialistischen Planwirtschaft nicht mehr und andererseits war auch der Gesamtplan außer Kraft gesetzt worden. Die Staatliche Plankommission (SPK), dessen Aufgabe die gesamtstaatliche Planung der Entwicklung der Volkswirtschaft und die Kontrolle der Durchführung der Pläne (siehe § 1 Abs. 1 des Statuts der Staatlichen Plankommission vom 9. August 1973, GBl. DDR I, S. 417) gewesen war, wurde bereits im Januar 1990 aufgelöst (siehe Pkt. 5. des Beschlusses über die Gründung eines Wirtschaftskomitees des Ministerrates vom 18. Januar 1990, GBl. DDR I, S. 24). Mit Anordnung vom 14. März 1990 wurden zahlreiche Plananordnungen, darunter die Anordnung über den Fünfjahrplan 1986 bis 1990, aufgehoben (Anordnung über die Aufhebung von Rechtsvorschriften auf den Gebieten der Planung und der Materialwirtschaft, GBl. DDR I, S. 187). Die auch die sozialistische Planwirtschaft kennzeichnenden Elemente einer Zentralverwaltungswirtschaft – zentrale Leitung und Gesamtplan – waren damit nicht mehr vorhanden. Außerdem hatte sich die DDR bereits mit dem Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 zur sozialen Marktwirtschaft bekannt (siehe dort Art. 1 Abs. 3) und sich verpflichtet, entgegenstehende Vorschriften der VerfDDR nicht mehr anzuwenden (Art. 2 Abs. 2; siehe Art. 4 Abs. 1 i. V. m. Buchstabe A. Ziff. II. Nr. 3 des Gemeinsamen Protokolls über Leitsätze, wonach unternehmerische Entscheidungen frei von Planvorgaben zu sein hatten). Damit hatte sich die DDR von der zentral gelenkten Planwirtschaft verabschiedet (siehe Dornberger/Dornberger, DB 1990, S. 3007, 3008). Der Vertrag wurde mit Gesetz vom 21. Juni 1990 ratifiziert (Inkrafttreten mit Verkündung am 25. Juni 1990, GBl. DDR I, S. 331). Vor diesem Hintergrund kann bezweifelt werden, ob es am 30. Juni 1990, auf den das BSG ausdrücklich abstellt, tatsächlich noch einen industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft gegeben hat.
Abgesehen davon erfüllt der VEB Elektro-Wärmetechnik H. nicht die Vorgaben des BSG zum Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech. Dieser Begriff erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell (d.h. serienmäßig wiederkehrend: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R – juris) gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – juris). Versorgungsrechtlich relevant ist allein die Tätigkeit in einem Produktionsdurchführungsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Erfasst sind daher nur Betriebe, die ihr Gepräge durch die Massenproduktion erhalten haben (BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 7/10 R – juris, Rdnr. 24).
Vor diesem Maßstab war der VEB Elektro-Wärmetechnik H. kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne von § 1 der 2. DB. Denn die soeben beschriebene Art von Produktion gab dem Betrieb zur Überzeugung des Senats nicht das Gepräge. Unabhängig von der Frage, ob die im VEB Elektro-Wärmetechnik H. angesiedelte Produktion (Antennen-, Heizkörper-, Plastschweißgeräte- und Leuchtenproduktion) die Voraussetzungen des Produktionsbegriffs des BSG erfüllt, hat sie jedenfalls nicht den Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit gebildet. Aus der schriftlichen Auskunft des P. W. vom 29. März 2006, die sich auf das 1. Halbjahr 1990 bezog, ergibt sich, dass in diesem Bereich lediglich 107 Arbeitnehmer beschäftigt waren, während in den Bereichen Verwaltung (78 Arbeitnehmer), Lagerwirtschaft (acht Mitarbeiter), Projektierung (20 Arbeitnehmer) und Elektroinstallation (250 Arbeitnehmer) insgesamt eine deutlich höhere Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt war. Selbst wenn man die Zahl der in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmer allein der der in der Elektroinstallation Beschäftigten gegenüberstellt, ergibt sich ein deutlicher Schwerpunkt der Betriebstätigkeit im Bereich der Elektroinstallation. An seiner Einschätzung zum VEB Elektro-Wärmetechnik H. in der mündlichen Verhandlung vom 24. März 2011 in dem Verfahren L 1 R 105/08 konnte der Senat angesichts der schriftlichen Erklärung des P. W. in diesem Verfahren nicht mehr festhalten. In der Sitzung vom 24. März 2011 war von nur zehn Mitarbeitern im Bereich der Elektroinstallation die Rede, während die Zahl der Mitarbeiter im Bereich der Antennenproduktion mit 70 bis 80 in etwa gleicher Höhe wie in der Erklärung vom 29. März 2006 (ca. 79) angegeben worden war. Aus Sicht des erkennenden Senats fällt ins Gewicht, dass die Erklärung vom 29. März 2006 einen geringeren zeitlichen Abstand zum maßgeblichen Geschehen im 1. Halbjahr 1990 aufweist als die Bekundung im Termin am 24. März 2011. Deshalb folgt der Senat der Auskunft vom 29. März 2006.
Die Elektroinstallation kann zur Überzeugung des Senats nicht als serielle Produktion angesehen werden. Bei der Installation werden keine neuen Produkte seriell hergestellt, sondern es werden – ggf. seriell hergestellte – Sachgüter verarbeitet, in dem z.B. Leuchten und Kabel angebracht bzw. verlegt werden. Der Senat ist daher der Auffassung, dass Installation und Montage nicht gleichgesetzt werden können (Letztere kann nach Auffassung des BSG den Produktionsbegriff im Sinne der AVItech erfüllen, vgl. Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 1/11 R – juris, Rdnr. 25 bis 27).
Der Senat folgt auch nicht der Ansicht des Klägers, wonach der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit des VEB Elektro-Wärmetechnik H. anhand des in den einzelnen Bereichen erzielten Gewinns zu beurteilen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich schon anhand der Verteilung der Arbeitskräfte der Schwerpunkt des Betriebes, hier die Elektroinstallation, deutlich herauskristallisiert. Denn auf den Aufwand lässt sich nicht zuletzt durch den jeweiligen Mitarbeitereinsatz schließen. Hingegen ist der Gewinn oder die Bilanz als Gradmesser für den betrieblichen Schwerpunkt problematisch, weil dessen Ermittlung von den systembedingten Vorgaben abhängt und häufig nicht den tatsächlichen Aufwand und Umsatz bzw. Ertrag abbildet. So wurde in der DDR nach den Bestimmungen der Rechnungsführung und Statistik (RuSt) bilanziert. Die durch die RuSt ermittelten Zahlen dienten der Leitung und Planung der Volkswirtschaft der DDR (§ 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Rechnungsführung und Statistik vom 11. Juli 1985, GBl. DDR I, S. 261) und damit einem anderen Zweck als eine handelsrechtliche Bilanzierung. Das System der RuSt entsprach den Erfordernissen einer zentralgeleiteten Wirtschaft, ein einheitliches Rechnungswesen in der gesamten Volkswirtschaft zu schaffen, das nicht nur die einzelnen Betriebe und Kombinate erfasste, sondern zugleich eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung darstellte (von Wysocki/Glaubig/Rammert/Wenzler, DB 1990, S. 945). Eine Rechnungslegung nach den Grundsätzen der RuSt war somit erforderlich, um ablesen zu können, ob ein Betrieb seine Planvorgaben erreicht hatte.
Der VEB Elektro-Wärmetechnik H. war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB, denn ein derartiger Betrieb ist dort nicht genannt. Die in dieser Vorschrift enthaltene Aufzählung ist jedoch abschließend (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 6).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Hinsichtlich der sogenannten betrieblichen Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG erscheint klärungsbedürftig, ob es am Stichtag des 30. Juni 1990 überhaupt noch VEB gab, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren und, falls dies zu bejahen wäre, ob auch die Installation (wie die Montage) den Produktionsbegriff erfüllen kann.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech).
Der am ... 1946 geborene Kläger ist ausweislich der Urkunde der Universität R. vom 31. März 1971 berechtigt, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" zu führen. Nach dem Universitätsabschluss war er wie folgt beschäftigt:
Vom 3. Mai 1971 bis zum 25. Juni 1971 als Techniker im Bereich Anlagen- und Gerätebau beim VEB M.-K ...
Vom 5. Juli 1971 bis zum 31. Januar 1977 als Problemanalytiker beim VEB L.-W ...
Vom 1. Februar 1977 bis zum 30. Juni 1985 als Abteilungsleiter beim VVB A. bzw. ab 1. Januar 1979 bei dessen Rechtsnachfolger H., wobei seine Tätigkeit der eines Fernmeldetechnikers entsprach.
Vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Januar 1988 als Betriebsdirektor beim VEB.
Vom 1. Februar 1988 bis zum 1. März 1989 als Direktor für Produktion beim VEB S. M. T.
Vom 2. März 1989 bis zum 31. Januar 1990 als Direktor für Produktion beim VEB E. H.
Vom 1. Februar 1990 bis zum 30. Juni 1990 als Fachdirektor "Ökonomie" im VEB Elektro-Wärmetechnik H., wobei er wesentlich an der Umstrukturierung des Betriebes mitgewirkt hat.
Ab dem 1. Januar 1986 bis zum 30. Juni 1990 zahlte er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er während des Bestehens der DDR nicht.
Am 4. April 2000 beantragte der Kläger die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Dezember 2002 mit der Begründung ab, er habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Den gegen diesen Bescheid am 9. Januar 2003 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2003 mit der Begründung zurück, der Kläger sei am 30. Juni 1990 nicht als Ingenieur, sondern als Fachdirektor-Ökonomie beschäftigt gewesen. Dabei habe es sich nicht um eine ingenieurtechnische Beschäftigung im Sinne der AVItech gehandelt.
Dagegen hat der Kläger am 13. Juni 2003 Klage beim Sozialgericht (SG) Halle erhoben und u. a. vorgetragen, der VEB Elektro-Wärmetechnik H. habe elektrische Wärmegeräte bzw. Wärmeanlagen hergestellt. Während seiner dortigen Beschäftigung ab 1. Februar 1990 habe er den Betrieb umstrukturiert, um den Produktionsvorgang den Wärmeinduktionsvorgängen anzupassen und ihn mit anderen Betrieben konkurrenzfähig zu machen. Ausweislich des Funktionsplanes vom 1. Februar 1990 war er als Sonderbeauftragter des Betriebsdirektors für die Umstrukturierung eingesetzt. Zu seinen Aufgaben gehörte:
Erarbeitung einer Grundkonzeption zur Überleitung des VEB Elektro-Wärmetechnik in marktfähige Strukturen bei der Reprivatisierung.
Analyse der Arbeitskräftesituation.
Ermittlung der wirtschaftlichen Situation der PGH vor dem Zusammenschluss zum VEB Elektro-Wärmetechnik.
Feststellung von Ansprüchen der Mitglieder der damaligen PGH.
Weitere Vorbereitungen zur Reprivatisierung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.
Das SG hat dem Kläger ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 24. März 2005 wegen der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Klage mit Urteil vom selben Tag als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei am 30. Juni 1990 nicht mehr ingenieurtechnisch beschäftigt gewesen. Er habe überwiegend betriebswirtschaftliche Aufgaben zu verrichten gehabt, welche vorrangig der Umstellung seines Betriebes auf marktwirtschaftliche Erfordernisse gedient hätten. Damit habe er keinen unmittelbaren Einfluss auf die technische Ausführung der Produktion gehabt.
Gegen das am 2. Mai 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juni 2005 Berufung eingelegt und sich zur Begründung u. a. auf die Auskunft des ehemaligen Leiters des Personalbüros des VEB Elektro-Wärmetechnik H., G. S., vom 8. Juli 2005 berufen. Dieser hat darin ausgeführt, Schwerpunkt der Arbeiten des Klägers seien die konstruktive Vorbereitung der Veränderung der Produktionsprozesse und die eigenverantwortliche Umsetzung mit den vorhandenen technischen Gegebenheiten gewesen. Er habe konstruktive und technologische Abläufe entwickelt, auf deren Grundlage unter seiner aktiven Mitarbeit Produktionslinien aus- und umgelagert und strikt getrennte Einheiten realisiert worden seien, die zum 1. Juli 1990 als GmbH hätten tätig werden können. Er sei als Direktor für Ökonomie berufen worden, weil diese Planstelle im Zeitpunkt der Einstellung frei gewesen sei und seinen gehaltlichen Vorstellungen entsprochen habe. Ergänzend hat der Kläger ausgeführt, die während des Bestehens der DDR verwendete Arbeitsklassifizierung und die entsprechende Einordnung seiner Tätigkeit sei nicht entscheidend für die Frage, inwiefern er den Produktionsprozess aktiv beeinflusst habe, sondern allein die von ihm ausgeübte Arbeitstätigkeit, mit der er unmittelbaren Einfluss auf den Produktionsprozess genommen habe. Hinsichtlich der betrieblichen Tätigkeit des VEB Elektro-Wärmetechnik H. sei nach seinen Erinnerungen der Hauptteil des betrieblichen Ergebnisses, nach heutigen Maßstäben des Gewinns, im Produktionsbereich erzielt worden, auch wenn möglicherweise die überwiegende Anzahl der Arbeitnehmer in der Elektroinstallation beschäftigt gewesen sei. Im Übrigen habe er während seiner Beschäftigung bei dem VEB Germaplast einen Antrag auf Einbeziehung in die AVItech gestellt. Ihm liege zwar keine Urkunde über eine tatsächliche Einbeziehung vor. Allerdings stelle sich im Falle der unterbliebenen Entscheidung über den Antrag die Frage, inwieweit der Stichtag des 30. Juni 1990 maßgeblich sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. März 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 3. Mai 1971 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. März 2005 zurückzuweisen.
Sie meint, es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger die sachliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung (ingenieurtechnische Tätigkeit) erfüllt habe, denn der VEB Elektro-Wärmetechnik H. sei kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie und auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der AVItech gewesen.
Der Senat hat einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zum VEB Elektro-Wärmetechnik H. beigezogen. Außerdem hat er eine schriftliche Auskunft des ehemaligen stellvertretenden Betriebsdirektors des VEB Elektro-Wärmetechnik H. P. W. vom 29. März 2006 eingeholt. Darüber hinaus hat er das Protokoll der öffentlichen Sitzung des erkennenden Senats vom 24. März 2011 in dem Verfahren L 1 R 105/08, in dem es ebenfalls um den VEB Elektro-Wärmetechnik H. ging, in das Verfahren eingeführt. Die Beklagte hat daraufhin weitere Unterlagen zum VEB Elektro-Wärmetechnik H. bzw. zu dessen Nachfolgeunternehmen übersandt.
Das Verfahren ruhte zwischenzeitlich, weil Rechsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur sachlichen Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech abgewartet wurde (Senatsbeschluss vom 28. März 2007).
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Sie ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2003 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.
Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.). Aber auch nach dieser Rechtsprechung wären die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung nicht erfüllt (II.).
I.
1.
Der Senat ist nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 12; nunmehr BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – juris, Rdnr. 22, 23). Die vom BSG vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 Grundgesetz (GG) ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die erweiternde Auslegung des BSG nicht hergibt. Es ist deshalb auch nicht angezeigt, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 10 EG 1/08 R – juris, Rdnr. 19). Im Übrigen waren dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG auch nach der Auffassung des früheren 4. Senats des BSG nur zwei Tatbestände zu entnehmen, die zu einer Anwendbarkeit des AAÜG führen. Entweder war der Betreffende tatsächlich Inhaber einer Versorgungsanwartschaft oder er hatte diese durch Ausscheiden vor dem Leistungsfall wieder verloren (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R – juris, Rdnr. 17, 16).
Selbst wenn man wegen des verwendeten Begriffs "Zugehörigkeit" zu einem Verständnis der Norm gelangen würde, welches nicht allein auf die tatsächliche Einbeziehung abstellt, sondern auch eine fiktive Einbeziehung erfasst (so nunmehr der 5. Senat des BSG, siehe Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – juris, Rdnr. 23, 24, 27), verbietet sich dieses Ergebnis bei Berücksichtigung der weiteren Auslegungskriterien (Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Systematik, siehe zu den Auslegungskriterien z. B. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1999 – 1 BvL 25/97 – juris). In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Es trifft auch nicht zu, dass bereits durch den EVertr das Neueinbeziehungsverbot modifiziert worden ist (so aber BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – juris, Rdnr. 22). In Art. 17 EVertr wurde die Absicht bekräftigt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um Personen, die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer rechtsstaats- und verfassungswidrigen gerichtlichen Entscheidung geworden sind, rehabilitieren zu können. Hier ist schon fraglich, ob einer bloßen Absichtserklärung überhaupt ein Regelungsinhalt entnommen werden kann. Darüber hinaus ist dem Wortlaut von Art. 17 EVertr nicht zu entnehmen, wie die Rehabilitierung im Einzelfall erfolgen sollte und insbesondere auch nicht, dass diese unter Durchbrechung des Neueinbeziehungsverbotes durch Einbeziehung in ein Versorgungssystem möglich sein sollte. Dementsprechend ergeben sich aus dem Rehabilitierungsgesetz vom 6. September 1990 (RehabG, GBl. I S. 1459) Hinweise, dass das Neueinbeziehungsverbot auch bei Rehabilitierungsmaßnahmen zu berücksichtigen war (zur Heranziehung des RehabG zum Verständnis des Art. 17 EVertr siehe Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Januar 1999 – 3 C 5/98 – juris, dort Rdnr. 21). Nach § 9 Nr. 2 RehabG waren nämlich Zeiten des Freiheitsentzuges bei einem Rehabilitierten nur dann als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anzurechnen, wenn er vor Beginn des Freiheitsentzuges dem Zusatzversorgungssystem angehörte. Es geht also nicht um eine Neueinbeziehung, sondern um die Feststellung weiterer Zeiten, vergleichbar der Regelung des § 5 Abs. 2 AAÜG. Auch dem Wortlaut von Art. 19 Satz 2 EVertr ist eine Modifizierung des Neueinbeziehungsverbots nicht zu entnehmen. Darüber hinaus behandelt er, soweit danach untergegangene Versorgungszusagen wieder aufleben können (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – a. a. O.), keine Fälle der Neu-, sondern der Wiedereinbeziehung. Art. 17 EVertr und Art. 19 EVertr lassen damit nur Schlussfolgerungen für die Fälle zu, in denen bereits, im Gegensatz zu der fiktiven Einbeziehung nach der Rechtsprechung des BSG, eine durch Zusage oder dergleichen dokumentierte Beziehung zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem vorlag.
Den Senat überzeugt auch nicht, dass aus § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei. In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009).
2.
Außerdem überzeugt den erkennenden Senat im Rahmen der fiktiven Einbeziehung nicht die Stichtagsregelung des 30. Juni 1990, an der der nunmehr für Streitigkeiten aus dem Bereich der Zusatzversorgung zuständige 5. Senat des BSG ebenfalls festhält (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 7/10 R – juris). Die Stichtagsregelung erscheint insbesondere deshalb problematisch, weil der 5. Senat § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG aus sich heraus weit auslegt und – insofern in der Begründung anders als der 4. Senat – nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG heranzieht (BSG, a.a.O., Rdnr. 20). Denn es stellt sich angesichts Art. 3 Abs. 1 GG die Frage, warum eine weite Auslegung nicht auch für den Personenkreis, den das BSG von der fiktiven Einbeziehung ausschließt, gelten müsste.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird aber verletzt, wenn eine Gruppe anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – juris, Rdnr. 36). Aus Sicht des erkennenden Senats sind hier entsprechend gewichtige Unterschiede nicht vorhanden. Vielmehr handelt es sich hinsichtlich der rechtlich entscheidenden Gesichtspunkte um wesentlich gleiche Sachverhalte, die deshalb eine Gleichbehandlung erfordern. Diejenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen, hatten zu Zeiten der DDR aufgrund der fehlenden Versorgungszusage keine Rechtsposition inne, die ihnen eine zusätzliche Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem eröffnete. Allerdings erfüllten sie – zumindest zeitweise – die notwendigen Voraussetzungen für eine Einbeziehung. Es fehlte jedoch unter den gegebenen Voraussetzungen während des Bestehens der DDR die Möglichkeit, den an sich vorhandenen Anspruch auch durchzusetzen. Die gleichen Überlegungen gelten aber auch für den Personenkreis, den das BSG von der fiktiven Einbeziehung ausschließt. Das sind diejenigen, die keine Versorgungszusage hatten, jedoch irgendwann vor dem – nicht aber am – 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten. Dies legt nahe, im Rahmen der (vom erkennenden Senat abgelehnten) fiktiven Einbeziehung die genannten Personenkreise im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG gleich zu behandeln. Die Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 rechtfertigt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht die unterschiedliche Behandlung der genannten Personenkreise, zumal wenn § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG aus sich heraus weit ausgelegt und zur Begründung nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG herangezogen wird.
II.
Aber auch wenn man der Rechtsprechung des BSG folgt, hat das Begehren des Klägers keinen Erfolg. Danach hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für
Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Selbst wenn der Kläger während seiner Beschäftigung bei dem VEB Germaplast einen Antrag auf Einbeziehung in die AVItech gestellt haben sollte, der nicht beschieden wurde, führt dies nicht dazu, dass hinsichtlich der Frage, ob das AAÜG überhaupt anwendbar ist, auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist. Denn für eine fiktive Einbeziehung ist eine entsprechende Antragstellung unerheblich.
In Anwendung der genannten Maßstäbe hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech. Denn der Kläger erfüllte nicht die abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems.
Zwar war der Kläger ausweislich der Urkunde der Universität R. vom 31. März 1971 berechtigt, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" zu führen. Auch die sachliche Voraussetzung der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit erfüllte er während seiner Beschäftigung beim VEB Elektro-Wärmetechnik H ... Allerdings war die betriebliche Voraussetzung am 30. Juni 1990 nicht mehr erfüllt.
Im Rahmen der Prüfung der sachlichen Voraussetzung, d. h. der Ausübung einer zur Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem berechtigenden Beschäftigung, verlangt das BSG unter Bezugnahme auf die "Präambel" der VO-AVItech und den in § 1 Abs. 1 der 2. DB zur VO-AVItech aufgeführten Personenkreis (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 2/07 R – juris), dass ingenieurtechnische Arbeiten entsprechend dem verliehenen Ingenieurtitels ausgeführt wurden, also im Wesentlichen Aufgaben verrichtet wurden, die zum Fachbereich des verliehenen Ingenieurtitel gehörten. Dies ist für Ingenieure dann der Fall, wenn entsprechend ihrem Berufsbild der Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich lag, diese Tätigkeiten somit die Aufgabenerfüllung geprägt hatten. Lag der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen, z.B. im wirtschaftlichen bzw. kaufmännischen Bereich, waren die Ingenieure nicht schwerpunktmäßig (= überwiegend) entsprechend ihrem Berufsbild tätig; im Ergebnis waren sie in einem solchen Fall berufsfremd eingesetzt (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 2/07 R – juris). Allerdings kann die sachliche Voraussetzung nicht allein nach der Beschäftigung in bestimmten Arbeitsbereichen i.S. der Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie oder des Bauwesens (vom 10. Dezember 1974, GBl. DDR I 1975 S. 1) bestimmt werden. Vielmehr ist die sachliche Voraussetzung regelmäßig erfüllt, wenn die Wahrnehmung der konkreten Arbeitsaufgabe berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzte, wie sie bei dem Studium bzw. der Ausbildung zu einem Beruf i.S. des § 1 Abs. 1 der 2. DB und bei Ausübung dieses Berufs typischerweise erworben wurden, während sie bei einem im Wesentlichen berufsfremdem Einsatz regelmäßig nicht erfüllt ist (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R – juris, Rdnr. 43, 44). Der erkennende Senat ist überzeugt, dass der Kläger während seiner Beschäftigung beim VEB Elektro-Wärmetechnik H. nach seinen glaubhaften Schilderungen im Berufungsverfahren nicht berufsfremd eingesetzt war. Die Bezeichnung "Fachdirektor Ökonomie" steht dem nicht entgegen, weil nicht die Funktionsbezeichnung entscheidend ist, sondern der tatsächliche Tätigkeitsinhalt.
Der Kläger war am 30. Juni 1990 jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens und auch nicht in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt.
Es stellt sich schon die Frage, ob es am 30. Juni 1990 überhaupt noch VEB gab, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren (zu dieser Voraussetzung BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – juris, Rdnr. 46). Denn es ist bereits zweifelhaft, ob es im Juni 1990 eine Planwirtschaft im Sinne des Art. 9 Abs. 3 der Verfassung der DDR (VerfDDR), auf die das BSG abstellt, überhaupt noch gab. Nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 VerfDDR war die Wirtschaft der DDR sozialistische Planwirtschaft. Darunter verstand man eine auf der Grundlage eines einheitlichen Planes durch den sozialistischen Staat gelenkte Wirtschaft (siehe Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus, Dietz-Verlag, Berlin 1989). Auch nach bundesdeutschem Verständnis sind Elemente einer Plan- oder Zentralverwaltungswirtschaft die Zentralisierung der (wesentlichen) Entscheidungen und das Vorhandensein eines Gesamtplans (siehe Papier in Benda u. a., Handbuch des Verfassungsrechts, S. 611).
Im Juni 1990 existierte in der DDR aber einerseits das Leitungsorgan der sozialistischen Planwirtschaft nicht mehr und andererseits war auch der Gesamtplan außer Kraft gesetzt worden. Die Staatliche Plankommission (SPK), dessen Aufgabe die gesamtstaatliche Planung der Entwicklung der Volkswirtschaft und die Kontrolle der Durchführung der Pläne (siehe § 1 Abs. 1 des Statuts der Staatlichen Plankommission vom 9. August 1973, GBl. DDR I, S. 417) gewesen war, wurde bereits im Januar 1990 aufgelöst (siehe Pkt. 5. des Beschlusses über die Gründung eines Wirtschaftskomitees des Ministerrates vom 18. Januar 1990, GBl. DDR I, S. 24). Mit Anordnung vom 14. März 1990 wurden zahlreiche Plananordnungen, darunter die Anordnung über den Fünfjahrplan 1986 bis 1990, aufgehoben (Anordnung über die Aufhebung von Rechtsvorschriften auf den Gebieten der Planung und der Materialwirtschaft, GBl. DDR I, S. 187). Die auch die sozialistische Planwirtschaft kennzeichnenden Elemente einer Zentralverwaltungswirtschaft – zentrale Leitung und Gesamtplan – waren damit nicht mehr vorhanden. Außerdem hatte sich die DDR bereits mit dem Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 zur sozialen Marktwirtschaft bekannt (siehe dort Art. 1 Abs. 3) und sich verpflichtet, entgegenstehende Vorschriften der VerfDDR nicht mehr anzuwenden (Art. 2 Abs. 2; siehe Art. 4 Abs. 1 i. V. m. Buchstabe A. Ziff. II. Nr. 3 des Gemeinsamen Protokolls über Leitsätze, wonach unternehmerische Entscheidungen frei von Planvorgaben zu sein hatten). Damit hatte sich die DDR von der zentral gelenkten Planwirtschaft verabschiedet (siehe Dornberger/Dornberger, DB 1990, S. 3007, 3008). Der Vertrag wurde mit Gesetz vom 21. Juni 1990 ratifiziert (Inkrafttreten mit Verkündung am 25. Juni 1990, GBl. DDR I, S. 331). Vor diesem Hintergrund kann bezweifelt werden, ob es am 30. Juni 1990, auf den das BSG ausdrücklich abstellt, tatsächlich noch einen industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft gegeben hat.
Abgesehen davon erfüllt der VEB Elektro-Wärmetechnik H. nicht die Vorgaben des BSG zum Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech. Dieser Begriff erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell (d.h. serienmäßig wiederkehrend: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R – juris) gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – juris). Versorgungsrechtlich relevant ist allein die Tätigkeit in einem Produktionsdurchführungsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Erfasst sind daher nur Betriebe, die ihr Gepräge durch die Massenproduktion erhalten haben (BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 7/10 R – juris, Rdnr. 24).
Vor diesem Maßstab war der VEB Elektro-Wärmetechnik H. kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne von § 1 der 2. DB. Denn die soeben beschriebene Art von Produktion gab dem Betrieb zur Überzeugung des Senats nicht das Gepräge. Unabhängig von der Frage, ob die im VEB Elektro-Wärmetechnik H. angesiedelte Produktion (Antennen-, Heizkörper-, Plastschweißgeräte- und Leuchtenproduktion) die Voraussetzungen des Produktionsbegriffs des BSG erfüllt, hat sie jedenfalls nicht den Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit gebildet. Aus der schriftlichen Auskunft des P. W. vom 29. März 2006, die sich auf das 1. Halbjahr 1990 bezog, ergibt sich, dass in diesem Bereich lediglich 107 Arbeitnehmer beschäftigt waren, während in den Bereichen Verwaltung (78 Arbeitnehmer), Lagerwirtschaft (acht Mitarbeiter), Projektierung (20 Arbeitnehmer) und Elektroinstallation (250 Arbeitnehmer) insgesamt eine deutlich höhere Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt war. Selbst wenn man die Zahl der in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmer allein der der in der Elektroinstallation Beschäftigten gegenüberstellt, ergibt sich ein deutlicher Schwerpunkt der Betriebstätigkeit im Bereich der Elektroinstallation. An seiner Einschätzung zum VEB Elektro-Wärmetechnik H. in der mündlichen Verhandlung vom 24. März 2011 in dem Verfahren L 1 R 105/08 konnte der Senat angesichts der schriftlichen Erklärung des P. W. in diesem Verfahren nicht mehr festhalten. In der Sitzung vom 24. März 2011 war von nur zehn Mitarbeitern im Bereich der Elektroinstallation die Rede, während die Zahl der Mitarbeiter im Bereich der Antennenproduktion mit 70 bis 80 in etwa gleicher Höhe wie in der Erklärung vom 29. März 2006 (ca. 79) angegeben worden war. Aus Sicht des erkennenden Senats fällt ins Gewicht, dass die Erklärung vom 29. März 2006 einen geringeren zeitlichen Abstand zum maßgeblichen Geschehen im 1. Halbjahr 1990 aufweist als die Bekundung im Termin am 24. März 2011. Deshalb folgt der Senat der Auskunft vom 29. März 2006.
Die Elektroinstallation kann zur Überzeugung des Senats nicht als serielle Produktion angesehen werden. Bei der Installation werden keine neuen Produkte seriell hergestellt, sondern es werden – ggf. seriell hergestellte – Sachgüter verarbeitet, in dem z.B. Leuchten und Kabel angebracht bzw. verlegt werden. Der Senat ist daher der Auffassung, dass Installation und Montage nicht gleichgesetzt werden können (Letztere kann nach Auffassung des BSG den Produktionsbegriff im Sinne der AVItech erfüllen, vgl. Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 1/11 R – juris, Rdnr. 25 bis 27).
Der Senat folgt auch nicht der Ansicht des Klägers, wonach der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit des VEB Elektro-Wärmetechnik H. anhand des in den einzelnen Bereichen erzielten Gewinns zu beurteilen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich schon anhand der Verteilung der Arbeitskräfte der Schwerpunkt des Betriebes, hier die Elektroinstallation, deutlich herauskristallisiert. Denn auf den Aufwand lässt sich nicht zuletzt durch den jeweiligen Mitarbeitereinsatz schließen. Hingegen ist der Gewinn oder die Bilanz als Gradmesser für den betrieblichen Schwerpunkt problematisch, weil dessen Ermittlung von den systembedingten Vorgaben abhängt und häufig nicht den tatsächlichen Aufwand und Umsatz bzw. Ertrag abbildet. So wurde in der DDR nach den Bestimmungen der Rechnungsführung und Statistik (RuSt) bilanziert. Die durch die RuSt ermittelten Zahlen dienten der Leitung und Planung der Volkswirtschaft der DDR (§ 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Rechnungsführung und Statistik vom 11. Juli 1985, GBl. DDR I, S. 261) und damit einem anderen Zweck als eine handelsrechtliche Bilanzierung. Das System der RuSt entsprach den Erfordernissen einer zentralgeleiteten Wirtschaft, ein einheitliches Rechnungswesen in der gesamten Volkswirtschaft zu schaffen, das nicht nur die einzelnen Betriebe und Kombinate erfasste, sondern zugleich eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung darstellte (von Wysocki/Glaubig/Rammert/Wenzler, DB 1990, S. 945). Eine Rechnungslegung nach den Grundsätzen der RuSt war somit erforderlich, um ablesen zu können, ob ein Betrieb seine Planvorgaben erreicht hatte.
Der VEB Elektro-Wärmetechnik H. war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB, denn ein derartiger Betrieb ist dort nicht genannt. Die in dieser Vorschrift enthaltene Aufzählung ist jedoch abschließend (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 6).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Hinsichtlich der sogenannten betrieblichen Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG erscheint klärungsbedürftig, ob es am Stichtag des 30. Juni 1990 überhaupt noch VEB gab, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren und, falls dies zu bejahen wäre, ob auch die Installation (wie die Montage) den Produktionsbegriff erfüllen kann.
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