Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 2 R 97/09
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 SF 377/11 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Gesuch des Antragstellers auf Ablehnung von Vizepräsident des Sozialgerichts B wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
In der Hauptsache begehrt der Antragsteller (AS) eine Neuberechnung der ihm gewährten Erwerbsminderungsrente.
Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht Köln vom 22.09.2011 hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:
"Es wird festgestellt, dass der Kläger zum Termin am 27.07.2011 gemäß Postzustellungsurkunde geladen worden ist und gestern telefonisch auf der Geschäftsstelle der 2. Kammer sein vermutliches Nichterscheinen angekündigt hat.
Es ergeht folgender Beschluss:
1. Der Rechtsstreit wird vertagt.
2. Das Gericht behält sich vor, den Kläger in ein Ordnungsgeld zu nehmen, wenn er seine Abwesenheit nicht durch ein hieb- und stichfestes Attest entschuldigt.
Der Kläger wird auf folgendes hingewiesen:
Die Lohn- und Gehaltsabrechnungen der B GmbH, die er bereits im Oktober 2010 dem Gericht übermittelt hat, entfalten für den vorliegenden Rechtsstreit keinerlei Rechtswirkung: Wie die Beklagte im Schriftsatz vom 29. Oktober 2010 zutreffend ausgeführt hat, ist dieser Zeitraum im Versicherungsverlauf des Klägers als Pflichtbeitragszeit berücksichtigt. Der Kläger hat bislang keinerlei Ausführungen darüber gemacht, welchen Verlauf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft C genommen haben. Er wird letztmalig um Informationen gebeten, ob die Ermittlungen abgeschlossen sind und ob es zu einer Hauptverhandlung gekommen ist. Gegebenenfalls wird er um Benennung des Aktenzeichens gebeten. Sollte dies nicht erfolgen, wird sich das Gericht vorbehalten, die Klage ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten abzuweisen. Zumal der Kläger im Erörterungstermin am 01.07.2010 darauf hingewiesen worden ist, dass die Beklagte hinsichtlich der Nachversicherungszeiten die richtigen Werte zugrunde gelegt hat."
Dazu hat der AS nach Erhalt des Sitzungsprotokolls erklärt: "Aufgrund des Protokolls vom 22.09.2011 und der damit verbundenen Entscheidung bzw. Inhalts lehne ich den Vorsitzenden Richter wegen Befangenheit ab."
II.
1.
Der Senat ist für die Entscheidung über das vor dem 01.01.2012 gestellte Befangenheitsgesuch des AS weiterhin zuständig, auch wenn durch Art. 8 Ziffer 4 b) des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl I 3057) § 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis dahin geltenden Fassung ("Über die Ablehnung entscheidet außer im Falle des § 171 das Landessozialgericht durch Beschluss") mit Wirkung zum 01.01.2012 (Art. 23) aufgehoben worden ist. Da der Gesetzgeber keine Übergangsregelung getroffen hat, ist für die Frage, welche prozessrechtlichen Vorschriften in einer bestimmten Verfahrenslage anzuwenden sind, grundsätzlich auf den "Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts" abzustellen. Dieser besagt, dass eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, es sei denn, dass die weitere Rechtsanwendung mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht vereinbar ist (vgl. etwa Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 12.07.1993 - 1 BvR 1470/82 - und vom 07.07.1992 - 2 BvR 1631/90 -). Ausfluss dieses Rechtsgedankens ist u.a. der Grundsatz der perpetuatio fori, der besagt, dass die Zuständigkeit eines Gerichts, die bei Eintritt der Rechtshängigkeit begründet war, durch spätere Veränderungen der begründenden Umstände, zu denen auch gesetzliche Änderungen gehören, nicht fortfällt; das Gericht bleibt zuständig (vgl. Eschner in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage 2008, § 94 Rdn. 22; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG - Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 95 Rdn. 9a, jeweils m.w.N.). Zwar werden Ablehnungsgesuche anders als Klagen, für die dieser Rechtsgedanke zuvörderst entwickelt wurde, nicht "rechtshängig" i.S.d. § 94 SGG; die Interessenlage ist aber vergleichbar. Der Grundsatz der perpetuatio fori soll u.a. den Rechtssuchenden vor Verzögerungen bewahren. Eine solche würde indes eintreten, wenn der Senat das Ablehnungsverfahren abgeben und eine erneute Einarbeitung an anderer Stelle erforderlich würde. Dies aber stünde mit dem Gesetzeszweck der Verfahrensbeschleunigung (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung in BT-Drs. 17/6764 S. 27 zu Art. 8 Nr. 4 a und b) nicht in Einklang.
2.
Das gegen Vizepräsident des Sozialgerichts B gerichtete Befangenheitsgesuch des AS ist nicht begründet.
Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG). Für die Feststellung eines solchen Grundes kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder aber sich selbst für befangen hält. Andererseits begründet die subjektive Überzeugung eines AS oder seine Besorgnis, der Richter sei befangen, allein nicht die Berechtigung der Ablehnung. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Grund vorliegt, der den AS von seinem Standpunkt aus nach objektiven Maßstäben befürchten lassen könnte, der von ihm abgelehnte Richter werde nicht unparteilich entscheiden (std. Rspr., vgl. u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 12.07.1986 - 1 BvR 713/83, 1 BvR 921/84, 1 BvR 1190/84, 1 BvR 333/85, 1 BvR 248/85, 1 BvR 306/85, 1 BvR 497/85 -, vom 05.04.1990 - 2 BvR 413/88 - und vom 02.12.1992 - 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92 -; Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.03.1993 - 12 RK 45/92 -).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Ein Ablehnungsverfahren dient weder der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler noch dazu, das Klagebegehren materiell-rechtlich, d.h. dahin gehend zu prüfen, ob einem Kläger der geltend gemachte Anspruch zusteht. Die Rüge von Rechtsverstößen kann allenfalls dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das mögliche Fehlverhalten auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne Weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn der abgelehnte Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt hat oder wenn in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei dem Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit aufdrängen konnte (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.09.1994 - VIII B 64-76/94 pp - m.w.N.; Beschlüsse des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 10.04.2006 - L 10 AR 42/06 und L 10 AR 43/06 - und des Senats vom 25.11.2009 - L 11 AR 117/09 AB -, vom 20.01.2010 - L 11 AR 129/09 AB und L 11 AR 130/09 AB -, vom 17.05.2010 - L 11 SF 102/10 AB -, vom 19.07.2010 -L 11 SF 108/10 AB - und vom 30.03.2011 - L 11 SF 44/11 AB -).
Für eine derartige unsachliche Einstellung des abgelehnten Richters oder für Willkür bestehen indes keine Anhaltspunkte; sie sind auch von der AS nicht dargetan. Das Vorgehen des abgelehnten Richters entspricht vielmehr den vom Gesetz gestellten Anforderungen.
Soweit der AS den richterlichen Hinweis auf die Erfolgsaussichten seiner Klage beanstandet, verkennt er, dass einem Richter im sozialgerichtlichen Verfahren umfassende Pflichten obliegen. Gelangt der Richter im Rahmen seiner Tätigkeit zu der Auffassung, dass ein Verfahrensstand erreicht ist, der Rückschluss auf das jeweilige Begehren zulässt, ist er nicht nur berechtigt, sondern in der Regel auch gehalten, dies den Beteiligten mitzuteilen. Das folgt insbesondere aus den in § 106 Abs. 1 und 2 SGG im Einzelnen aufgeführten Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten. Mit seinem Hinweis gibt der Richter Gelegenheit, auf die richterliche Meinungsbildung einzuwirken und rechtzeitig ggf. für erforderlich gehaltende prozess- bzw. erkenntnisfördernde Erklärungen abzugeben bzw. entsprechende Anträge zu stellen (std. Rspr., vgl. u.a. Beschlüsse des Senats vom 02.05.2011 - L 11 SF 43/11 AB -, vom 13.07.2011 - L 11 SF 155/11 AB - und vom 23.01.2012 - L 11 SF 350/11 AB -). Dass es dabei nicht darauf ankommen kann, dass die richterliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht mit der eines der Beteiligten überstimmt, liegt auf der Hand. Ein Rechtsstreit zwischen mehreren Beteiligten setzt zwingend voneinander abweichenden Auffassungen der Beteiligten voraus, über die zu entscheiden ein Richter berufen ist. Sollte ihm dies mit dem Vorwurf der Befangenheit verwehrt werden können, wäre jede richterliche Entscheidung eines Rechtsstreits unmöglich.
Auch der Hinweis, dass der Kläger mit der Auferlegung eines Ordnungsgeldes zu rechnen hat, sofern er nicht sein Ausbleiben im Termin vom 22.09.2011 entschuldigt, stimmt mit den gesetzlichen Vorgaben überein. § 141 Abs. 3 ZPO, der über § 202 SGG entsprechende Anwendung findet, sieht nämlich vor, dass gegen einen Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, bei Nichterscheinen im Termin ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden kann.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
In der Hauptsache begehrt der Antragsteller (AS) eine Neuberechnung der ihm gewährten Erwerbsminderungsrente.
Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht Köln vom 22.09.2011 hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:
"Es wird festgestellt, dass der Kläger zum Termin am 27.07.2011 gemäß Postzustellungsurkunde geladen worden ist und gestern telefonisch auf der Geschäftsstelle der 2. Kammer sein vermutliches Nichterscheinen angekündigt hat.
Es ergeht folgender Beschluss:
1. Der Rechtsstreit wird vertagt.
2. Das Gericht behält sich vor, den Kläger in ein Ordnungsgeld zu nehmen, wenn er seine Abwesenheit nicht durch ein hieb- und stichfestes Attest entschuldigt.
Der Kläger wird auf folgendes hingewiesen:
Die Lohn- und Gehaltsabrechnungen der B GmbH, die er bereits im Oktober 2010 dem Gericht übermittelt hat, entfalten für den vorliegenden Rechtsstreit keinerlei Rechtswirkung: Wie die Beklagte im Schriftsatz vom 29. Oktober 2010 zutreffend ausgeführt hat, ist dieser Zeitraum im Versicherungsverlauf des Klägers als Pflichtbeitragszeit berücksichtigt. Der Kläger hat bislang keinerlei Ausführungen darüber gemacht, welchen Verlauf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft C genommen haben. Er wird letztmalig um Informationen gebeten, ob die Ermittlungen abgeschlossen sind und ob es zu einer Hauptverhandlung gekommen ist. Gegebenenfalls wird er um Benennung des Aktenzeichens gebeten. Sollte dies nicht erfolgen, wird sich das Gericht vorbehalten, die Klage ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten abzuweisen. Zumal der Kläger im Erörterungstermin am 01.07.2010 darauf hingewiesen worden ist, dass die Beklagte hinsichtlich der Nachversicherungszeiten die richtigen Werte zugrunde gelegt hat."
Dazu hat der AS nach Erhalt des Sitzungsprotokolls erklärt: "Aufgrund des Protokolls vom 22.09.2011 und der damit verbundenen Entscheidung bzw. Inhalts lehne ich den Vorsitzenden Richter wegen Befangenheit ab."
II.
1.
Der Senat ist für die Entscheidung über das vor dem 01.01.2012 gestellte Befangenheitsgesuch des AS weiterhin zuständig, auch wenn durch Art. 8 Ziffer 4 b) des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl I 3057) § 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis dahin geltenden Fassung ("Über die Ablehnung entscheidet außer im Falle des § 171 das Landessozialgericht durch Beschluss") mit Wirkung zum 01.01.2012 (Art. 23) aufgehoben worden ist. Da der Gesetzgeber keine Übergangsregelung getroffen hat, ist für die Frage, welche prozessrechtlichen Vorschriften in einer bestimmten Verfahrenslage anzuwenden sind, grundsätzlich auf den "Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts" abzustellen. Dieser besagt, dass eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, es sei denn, dass die weitere Rechtsanwendung mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht vereinbar ist (vgl. etwa Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 12.07.1993 - 1 BvR 1470/82 - und vom 07.07.1992 - 2 BvR 1631/90 -). Ausfluss dieses Rechtsgedankens ist u.a. der Grundsatz der perpetuatio fori, der besagt, dass die Zuständigkeit eines Gerichts, die bei Eintritt der Rechtshängigkeit begründet war, durch spätere Veränderungen der begründenden Umstände, zu denen auch gesetzliche Änderungen gehören, nicht fortfällt; das Gericht bleibt zuständig (vgl. Eschner in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage 2008, § 94 Rdn. 22; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG - Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 95 Rdn. 9a, jeweils m.w.N.). Zwar werden Ablehnungsgesuche anders als Klagen, für die dieser Rechtsgedanke zuvörderst entwickelt wurde, nicht "rechtshängig" i.S.d. § 94 SGG; die Interessenlage ist aber vergleichbar. Der Grundsatz der perpetuatio fori soll u.a. den Rechtssuchenden vor Verzögerungen bewahren. Eine solche würde indes eintreten, wenn der Senat das Ablehnungsverfahren abgeben und eine erneute Einarbeitung an anderer Stelle erforderlich würde. Dies aber stünde mit dem Gesetzeszweck der Verfahrensbeschleunigung (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung in BT-Drs. 17/6764 S. 27 zu Art. 8 Nr. 4 a und b) nicht in Einklang.
2.
Das gegen Vizepräsident des Sozialgerichts B gerichtete Befangenheitsgesuch des AS ist nicht begründet.
Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG). Für die Feststellung eines solchen Grundes kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder aber sich selbst für befangen hält. Andererseits begründet die subjektive Überzeugung eines AS oder seine Besorgnis, der Richter sei befangen, allein nicht die Berechtigung der Ablehnung. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Grund vorliegt, der den AS von seinem Standpunkt aus nach objektiven Maßstäben befürchten lassen könnte, der von ihm abgelehnte Richter werde nicht unparteilich entscheiden (std. Rspr., vgl. u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 12.07.1986 - 1 BvR 713/83, 1 BvR 921/84, 1 BvR 1190/84, 1 BvR 333/85, 1 BvR 248/85, 1 BvR 306/85, 1 BvR 497/85 -, vom 05.04.1990 - 2 BvR 413/88 - und vom 02.12.1992 - 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92 -; Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.03.1993 - 12 RK 45/92 -).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Ein Ablehnungsverfahren dient weder der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler noch dazu, das Klagebegehren materiell-rechtlich, d.h. dahin gehend zu prüfen, ob einem Kläger der geltend gemachte Anspruch zusteht. Die Rüge von Rechtsverstößen kann allenfalls dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das mögliche Fehlverhalten auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne Weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn der abgelehnte Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt hat oder wenn in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei dem Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit aufdrängen konnte (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.09.1994 - VIII B 64-76/94 pp - m.w.N.; Beschlüsse des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 10.04.2006 - L 10 AR 42/06 und L 10 AR 43/06 - und des Senats vom 25.11.2009 - L 11 AR 117/09 AB -, vom 20.01.2010 - L 11 AR 129/09 AB und L 11 AR 130/09 AB -, vom 17.05.2010 - L 11 SF 102/10 AB -, vom 19.07.2010 -L 11 SF 108/10 AB - und vom 30.03.2011 - L 11 SF 44/11 AB -).
Für eine derartige unsachliche Einstellung des abgelehnten Richters oder für Willkür bestehen indes keine Anhaltspunkte; sie sind auch von der AS nicht dargetan. Das Vorgehen des abgelehnten Richters entspricht vielmehr den vom Gesetz gestellten Anforderungen.
Soweit der AS den richterlichen Hinweis auf die Erfolgsaussichten seiner Klage beanstandet, verkennt er, dass einem Richter im sozialgerichtlichen Verfahren umfassende Pflichten obliegen. Gelangt der Richter im Rahmen seiner Tätigkeit zu der Auffassung, dass ein Verfahrensstand erreicht ist, der Rückschluss auf das jeweilige Begehren zulässt, ist er nicht nur berechtigt, sondern in der Regel auch gehalten, dies den Beteiligten mitzuteilen. Das folgt insbesondere aus den in § 106 Abs. 1 und 2 SGG im Einzelnen aufgeführten Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten. Mit seinem Hinweis gibt der Richter Gelegenheit, auf die richterliche Meinungsbildung einzuwirken und rechtzeitig ggf. für erforderlich gehaltende prozess- bzw. erkenntnisfördernde Erklärungen abzugeben bzw. entsprechende Anträge zu stellen (std. Rspr., vgl. u.a. Beschlüsse des Senats vom 02.05.2011 - L 11 SF 43/11 AB -, vom 13.07.2011 - L 11 SF 155/11 AB - und vom 23.01.2012 - L 11 SF 350/11 AB -). Dass es dabei nicht darauf ankommen kann, dass die richterliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht mit der eines der Beteiligten überstimmt, liegt auf der Hand. Ein Rechtsstreit zwischen mehreren Beteiligten setzt zwingend voneinander abweichenden Auffassungen der Beteiligten voraus, über die zu entscheiden ein Richter berufen ist. Sollte ihm dies mit dem Vorwurf der Befangenheit verwehrt werden können, wäre jede richterliche Entscheidung eines Rechtsstreits unmöglich.
Auch der Hinweis, dass der Kläger mit der Auferlegung eines Ordnungsgeldes zu rechnen hat, sofern er nicht sein Ausbleiben im Termin vom 22.09.2011 entschuldigt, stimmt mit den gesetzlichen Vorgaben überein. § 141 Abs. 3 ZPO, der über § 202 SGG entsprechende Anwendung findet, sieht nämlich vor, dass gegen einen Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, bei Nichterscheinen im Termin ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden kann.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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