L 6 SF 152/11 E

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 152/11 E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung des Erinnerungsführers anlässlich der Begutachtung am 8. November 2010 wird auf 107,00 Euro festgesetzt. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Der erwerbslose Erinnerungsführer begehrt im Hauptsacheverfahren (Az.: L 3 R 579/10) Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Beweisanordnung vom 22. Juli 210 verfügte der zuständige Berichterstatter des 3. Senats eine Begutachtung durch Dr. O. in B. H ... Dieser bestätigte für den 8. November 2010 die Untersuchung von 12:20 Uhr bis 15:20 Uhr Auf Blatt 29 seines Gutachtens vom 15. November 2010 führte er aus, der Erinnerungsführer könne auf Grund seiner hochgradigen Schmerzen und Einnahme hochgradig potenter zentral wirksamer Medikamente ein Kraftfahrzeug nur über kürzere Strecken führen, z.B. 10 bis 20 Kilometer.

In seinem Antrag auf Erstattung der Fahrtkosten begehrte der Erinnerungsführer einen Gesamtbetrag von 145,50 Euro. Sie setzt sich zusammen aus der Fahrtkostenerstattung für sich und seine Ehefrau mit dem privaten Pkw vom Wohnort B. nach B. H. und zurück (60,00 Euro für 200 Kilometer), Kosten einer Begleitperson in Höhe von 80,00 Euro ("1 Tag Urlaub") und Parkgebühren in Höhe von 5,50 Euro. Am 30. Dezember 2010 erkannte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UKB) 55,50 Euro an; der Ansatz für die Begleitperson werde gestrichen, weil ausweislich des Gutachtens des Dr. O. keine Notwendigkeit gegeben sei.

Am 20. Januar 2011 hat der Erinnerungsführer vorgetragen, aus dem Gutachten des Dr. O. und "seinem Ausweis" ergebe sich, dass er nicht allein zur Begutachtung hätte fahren können. Er bitte um Überprüfung der Entscheidung.

Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,

die Entschädigung anlässlich der Untersuchung am 8. November 2010 auf insgesamt 145,50 Euro festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner hat keinen Antrag gestellt, mit Schriftsatz vom 28. März 2011 aber die Notwendigkeit einer Begleitperson dem Grunde nach anerkannt.

Der UKB hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 25. Januar 2011) und sie dem Senat vorgelegt.

Der Unterzeichner hat den Erinnerungsführer mit Verfügungen vom 28. Februar und 29. März 2011 darauf hingewiesen, dass die Kosten der Begleitperson nicht ausreichend vorgetragen und belegt sind. Falls dies nicht unter Wahrung der gesetzten Frist erfolge, müsse er damit rechnen, dass die begehrten Kosten nicht erstattet würden. Eine Antwort ist beim Senat bis heute nicht eingegangen.

II.

Auf die Erinnerung wird die Entschädigung auf 113,00 Euro festgesetzt.

Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Diese erhalten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).

Mit der Geltendmachung eines Gesamtbetrags von 145,50 Euro hat der Erinnerungsführer seine Forderung in der Höhe, nicht aber auf die angesetzten Teilbeträge beschränkt. Insofern hätte der UKB bei seiner Rechtsansicht prüfen müssen, ob eine zusätzliche Entschädigung zu den zuerkannten Fahrtkosten in Betracht kam. Dies ist nicht geschehen.

Dem Erinnerungsführer stehen Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 65,00 Euro zu. Nach § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG werden dem Beteiligten bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs zur Abgeltung der Betriebskosten sowie der Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,25 EUR für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Erstattet werden die Kosten der Reiseroute ist, durch die die Gesamtentschädigung am niedrigsten ausfällt. Nach dem Routenplaner Falk beträgt die kürzeste Route zwischen dem Wohnort der Erinnerungsgegnerin und dem Ort der Untersuchung 119 km. Damit errechnen sich eine Fahrtstrecke von 238 km und ein Fahrtkostenersatz von 59,50 Euro. Weiter zu erstatten sind die Parkgebühren von 5,50 Euro.

Der Erinnerungsführer hat keinen Anspruch auf eine weitere Entschädigung für Aufwand. Nach § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 6 Abs. 1 JVEG erhält derjenige, der innerhalb der Gemeinde, in der der Termin stattfindet, weder wohnt noch berufstätig ist, für die Zeit, während der er aus Anlass der Wahrnehmung des Termins von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt abwesend sein muss, ein Tagegeld, dessen Höhe sich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes bestimmt. Es beträgt 6 EUR bei einer Abwesenheit von weniger als 14, aber mindestens 8 Stunden. Eine notwendige Abwesenheit von 8 Stunden kann hier nicht anerkannt werden; zu akzeptieren sind nur 7 Stunden. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde: Der Erinnerungsführer war um 12:30 Uhr zur Untersuchung geladen; die Fahrzeit beträgt nach dem Routenplaner falk für die kürzeste Strecke 1,5 Stunden. Nachdem die Untersuchung tatsächlich um 12:20 Uhr begann, kann die Abfahrt angesichts eines notwendigen Zeitpuffers allenfalls ab 10:00 Uhr (nicht ab 9:00 Uhr wie im Antrag angegeben) berücksichtigt werden. Damit kann dahingestellt bleiben, ob die angegebene Rückkehr um 17:45 Uhr wahrscheinlich ist.

Die Kosten der notwendigen Begleitperson sind in § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 7 Abs. 1 JVEG geregelt. Danach werden die in den §§ 5, 6 und 12 JVEG nicht besonders genannten baren Auslagen ersetzt, soweit sie notwendig sind (Satz 1); dies gilt insbesondere für die Kosten notwendiger Vertretungen und notwendiger Begleitpersonen (Satz 2). Ob die Begleitung tatsächlich notwendig ist, ist eine Tatfrage und im Zweifelsfall vom Gericht nach freiem Ermessen zu entscheiden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2009 - Az.: L 6 SF 408/05 und vom 8. Februar 2000 – Az.: L 6 B 60/99 SF; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Auflage 2011, § 7 Rdnr. 7.15). Angesichts der Ausführungen des Dr. O. im Gutachten vom 15. November 2010 hat der Senat hinsichtlich der Notwendigkeit der Begleitperson keine Bedenken. Dies wird nunmehr auch von dem Erinnerungsgegner anerkannt. Zu erstatten ist der Begleitperson wie einem Zeugen grundsätzlich der Bruttoverdienstausfall (§ 22 JVEG). Trotz zweimaliger Anforderung unter Fristsetzung hat der Erinnerungsführer allerdings keine Unterlagen zu dem Bruttoverdienst seiner Ehefrau eingereicht. Für die beantragte pauschale Entschädigung von 80,00 Euro gibt es keine Rechtsgrundlage.

Allerdings erhält der Erinnerungsführer für sich und seine Ehefrau eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 20 JVEG in Höhe von jeweils 21 Euro (3,00 Euro x 7 Stunden). Nach dieser Vorschrift erhalten Zeugen als Entschädigung für Zeitversäumnis 3 Euro je Stunde, soweit weder für einen Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung zu gewähren ist, es sei denn ihm ist durch seine Heranziehung ersichtlich kein Nachteil entstanden. Ein solcher Nachteil kann sowohl bei dem Erinnerungsführer als auch bei seiner berufstätigen Ehefrau unterstellt werden. Letztere erhält - wie oben ausgeführt, gerade keinen Verdienstausfall.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 7 JVEG)

Die Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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