Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 210/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 165/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein "multiple chemical sensitivity syndrom" (MCS) kann nicht wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs 2 SGB VII anerkannt werden.
2. Formaldehyd ist grundsätzlich geeignet, Erkrankungen im Sinne der BK 4202 hervorzurufen und kann daher nicht zur Anerkennung einer Wie-BK führen.
2. Formaldehyd ist grundsätzlich geeignet, Erkrankungen im Sinne der BK 4202 hervorzurufen und kann daher nicht zur Anerkennung einer Wie-BK führen.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.02.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Beschwerden des Klägers als Berufskrankheit (BK) der Zifferngruppe 11 und 13 beziehungsweise der Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) beziehungsweise nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).
Der 1956 geborene Kläger war bis 1985 in verschiedenen Funktionen in einem Küchenstudio in der L-Straße und daran anschließend bis 2001 als Küchenstudioleiter eines Küchenstudios in der S-Straße, später (bis 18.07.2005) in der W-Straße, jeweils in W., tätig und versichert.
Bei der Beklagten ging am 05.08.2005 eine Anzeige des HNO-Arztes Dr. O. über den Verdacht einer Berufskrankheit des Klägers ein, in der ausgeführt wurde, seit 1992 bestehe ein zunehmender Schleimfluss des Atemtraktes mit rezidivierenden Sinupharyngitiden und eine Rhinitis sicca. Die Beschwerden verstärkten sich am Arbeitsplatz. Eine Messung habe einen Formaldehyd-Wert von oberhalb 0,1 ppm ergeben. Die Beschwerdesymptomatik habe sich zunehmend mit Kopfschmerzen, Schleimhaut- und Allgemeinreaktionen auch außerhalb des Arbeitsplatzes verstärkt. Hinzu komme, dass die Speiseröhre und der Magen ständig übersäuert seien. Zudem habe der Kläger nunmehr auch Probleme bei Kontakt mit Druckerschwärze, Spül-, Wasch- und Reinigungsmitteln, Kochdünsten, Autoabgasen, Körperpflegemitteln mit Parfüm und Sprays.
Die Beklagte leitete zwei Verfahren ein, zum einen hinsichtlich einer BK nach den Zifferngruppen 11 und 13 BKV, zum anderen hinsichtlich einer BK nach der Nummer 4302 BKV.
Hinsichtlich der BK 4302 führte der Gewerbearzt Dr. L. am 07.12.2005 aus, es fänden sich keine Hinweise, dass der Kläger an einer chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung leide. Ob bei dem Kläger ein multiple chemical sensitivity syndrom (MCS) vorliege, sei nach Aktenlage nicht eindeutig zu beantworten. Dies sei aber als BK nicht anerkannt.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 28.12.2005 (Widerspruchsbescheid vom 06.07.2005) die Anerkennung einer BK 4302 sowie die Anerkennung des MCS "wie eine BK" ab.
Hinsichtlich einer BK nach den Zifferngruppen 11 und 13 führte die Beklagte Ermittlungen am Arbeitsplatz des Klägers in der ehemaligen Betriebsstätte des Küchenstudios in der S-Straße 9 in W. durch. Der Gewerbearzt Dr. L. führte am 20.10.2006 aus, die Tätigkeit im Küchenstudio sei nicht geeignet gewesen, eine BK im Sinne der Gruppen 11 oder 13 BKV zu verursachen. Es sei nicht wahrscheinlich, dass der Kläger Stoffen im Sinne dieser BK-Nummern ausgesetzt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 13.12.2006 (Widerspruchsbescheid vom 13.06.2007) lehnte die Beklagte auch die Anerkennung einer BK nach den Zifferngruppen 11 und 13 BKV ab.
Der Kläger hat gegen die Bescheide vom 28.12.2005 und 13.12.2006 jeweils Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 31.08.2007 verbunden und unter dem Az. S 5 U 210/06 (später S 11 U 210/06) geführt. Mit Urteil vom 13.02.2008 hat es die Klagen abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Die Präventionsabteilung der Beklagten hat am 27.05.2010 ausgeführt, Emissionsmessungen während des Betriebs von Druckern hätten ergeben, dass in Tonern bis zu 35% Eisenoxid vorhanden sei sowie weitere Verbindungen von Titan, Strontium, Kupfer und Zink im Promillebereich. Nickel und Kobalt seien nicht nachweisbar gewesen. Im Dauerbetrieb hätten keine Staubemissionen mit diesen Metallverbindungen festgestellt werden können. Dagegen seien flüchtige organische Verbindungen wie Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Trimethylbenzole und 1-Butanol nachgewiesen worden. Die Emissionen seien als äußerst gering anzusehen. Hinweise auf das Vorkommen von Quecksilber, Phenol und TBT lägen nicht vor. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass Isocyanate aus den Spanplatten und Möbeln ausdünsten würden, so dass der Kläger diesen Stoffen nicht ausgesetzt gewesen sei. Auch ein Kontakt zu organischen Lösungsmitteln habe nicht stattgefunden.
Der Kläger ist diesen Ausführungen entgegengetreten. Er hält aufgrund von Veröffentlichungen insbesondere einen Kontakt mit Benzol bei älteren Druckern für wahrscheinlich.
Der Senat hat ein Gutachten des Internisten, Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Umweltmedizin und Arbeitsmedizin Dr. C. vom 04.07.2011 eingeholt, in dem ausgeführt wird, beim Kläger liege der Verdacht auf eine MCS vor und zudem eine Refluxkrankheit nach Cardainsuffizienz und ein Zustand nach Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus sowie Herpesviren. Die geklagten Schmerzen in Speiseröhre und Magen erklärten sich durch einen ungenügenden Verschluss des Mageneingangs, der bei einer Gastroskopie 1999 erkannt worden sei. Atembeschwerden seien 2005 nicht explizit benannt worden, sondern wiederholt eine vermehrte Schleimbildung. 2009 habe eine Lungenfunktionsprüfung eine restriktive Lungeneinschränkung ergeben. Bei der aktuellen Untersuchung habe keine manifeste Lungenfunktionseinschränkung festgestellt werden können, insbesondere liege keine obstruktive Einschränkung vor. Das medizinische Bild einer BK 4202 liege daher nicht vor. Die Blutspiegel für Blei, Chrom und Quecksilber hätten im Bereich der ubiquitären Belastung der Bevölkerung gelegen. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte für die übrigen Erkrankungen der Zifferngruppe 11. Hinsichtlich der Zifferngruppe 13 habe die Suche nach einem allergischen IgE-Antikörper gegen Formaldehyd keinen auffälligen Befund ergeben. Neurologische Störungen seien nicht erkennbar. Hinsichtlich der MCS seien die Beschwerden des Klägers mit den Kriterien von Cullen kompatibel. Das MCS-Syndrom werde von der BK-Liste nicht umfasst. Es bestehe von wissenschaftlicher Seite kein Konsens über die Ätiologie und die Pathophysiologie des Krankheitsbildes. Diskutiert würden funktionelle Störungen, besondere Varianten von Somatisierungsstörungen, auch psychophysische Stressreaktionen oder verhaltensneurologische Störungen, aber auch neurogene Entzündungen und Reizverarbeitungsstörungen. Insbesondere entspreche das MCS-Syndrom nicht den bekannten toxikologischen Modellvorstellungen. Es sei im Ergebnis nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger ausgeführt, er leide ausweislich eines Gutachtens zum Rentenantrag unter einer allergisch-toxischen Reaktion auf Formaldehyd, Nickel/Chrom, Toner/Druckerschwärze, diverse Kosmetika, Parfümsubstanzen und Reinigungsmitteln sowie an einer MCS, chronischer Nebenhöhlenentzündung mit restriktiver Ventilationsstörung, vermehrten Entzündungszeichen, vermehrter Inflamation, chronischem Erschöpfungssyndrom, HWS-Syndrom mit Vertigo und an einer arteriellen Hypertonie. Diese Beschwerden seien auf die Expositionen zurückzuführen, denen der Kläger während seiner Tätigkeit im Mitgliedsbetrieb der Beklagten ausgesetzt gewesen sei, insbesondere auf die Exposition gegenüber Formaldehyd. Es sei zu überprüfen, ob der Kläger am Arbeitsplatz Schadstoffen ausgesetzt gewesen sei, die geeignet seien, Berufskrankheiten der Schadstoffgruppen 11 und 13 bzw. 4302 zu verursachen, nachdem sich die Symptome des Klägers stets gebessert hätten, wenn er sich vom Arbeitsplatz ferngehalten habe und auch eine weitere Mitarbeiterin im Küchenstudio unter Augenbrennen und Nasenlaufen gelitten habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.02.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2006 und den Bescheid vom 13.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Erkrankung des Klägers im HNO-Bereich und Gastrointestinaltrakt eine BK der Zifferngruppe 11 und 13 der BKV sowie die Atemwegserkrankung eine BK nach Ziffer 4302 BKV ist und festzustellen, dass das MCS-Syndrom eine "Wie-BK" gem. § 9 Abs. 2 SGB VII ist,
hilfsweise
1. den Bericht des Internisten und Gastroenterologen Dr. B. vom 07.09.2011 wonach die kleine axiale Hiatushernie nicht verantwortlich gemacht werden kann für die bestehenden Schmerzbeschwerden der Speiseröhre des Klägers, dem ärztlichen Sachverständigen Dr. C. zur Stellungnahme vorzulegen,
2. ein Gutachten eines unabhängigen Baubiologen sowie eines unabhängigen Arbeitstechnikers einzuholen zur Klärung der Frage, ob bzw. welchen Schadstoffen der Kläger am Arbeitsplatz ausgesetzt war, die geeignet sind, eine BK insbesondere aus der 11er und 13er Gruppe oder nach Nr. 4302 BKV zu verursachen
3. beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales anzufragen, ob neue gesicherte medizinische wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, wonach der Gefahrstoff Formaldehyd geeignet ist, insbesondere bei Möbelverkäufern im Umgang mit Pressspanplatten Erkrankungen des HNO- und Gastrointestinaltraktes oder ein MCS-Syndrom hervorzurufen und ob diese Erkenntnisse sich zur BK-Reife verdichtet haben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.02.2008 zurückzuweisen.
Sie hält die Frage einer Anerkennung einer "Wie-BK" als vom Berufungsverfahren nicht umfasst, da diese Frage nicht Gegenstand der behördlichen Entscheidung gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 144,151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist indes unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK hat.
Gegenstand des Verfahrens ist zum einen der Bescheid vom 28.12.2005 (Widerspruchsbescheid vom 06.07.2005), mit dem die Beklagte die Anerkennung einer BK 4302 und auch abgelehnt hat, ein MCS wie eine BK anzuerkennen (§ 9 Abs. 2 SGB VII), sowie zum anderen der Bescheid vom 13.12.2006 (Widerspruchsbescheid vom 13.06.2007), mit dem die Anerkennung einer BK nach den BK-Nrn. 11xx und 13xx abgelehnt wurde. Streitgegenständlich auch im Berufungsverfahren sind damit die behaupteten Ansprüche des Klägers auf Anerkennung einer BK, nach den BK-Nrn 4302, 11xx, 13xx oder als "Wie-BK" im Hinblick auf MCS. Unschädlich ist dabei, dass die Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 17.08.2009 einen Antrag angekündigt haben, der die "Wie-BK" nicht enthielt. Denn das Begehren des Klägers ist durch Auslegung zu ermitteln (§ 123 SGG). In der Begründung des genannten Schriftsatzes wird auf die MCS verwiesen. Dadurch wird klar, dass sich das Klagebegehren nach wie vor auf die Anerkennung einer MCS erstreckt und die Berufung insoweit nicht beschränkt wurde.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK 4302. Nach § 9 Abs 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit versehen (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für die Feststellung einer Listen-BK danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen o.ä. auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG vom 15.09.2011, B 2 U 25/10 R juris Rn 14; vom 02.04.2009, B 2 U 9/08 R juris Rn 26 jeweils mwN).
Bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges muss absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache spreche (BSG vom 08.08.2001, B 9 U 23/01 R juris Rn 4). Um hinreichende Wahrscheinlichkeit zu bejahen, muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, das ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden und nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung deutlich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG vom 08.08.2001, B 9 U 23/01 R juris Rn 4 mwN). Die diesbezüglichen Anforderungen sind also grundsätzlich höher als diejenigen an die Glaubhaftmachung (BSG vom 08.08.2001, B 9 U 23/01 R juris Rn 4), bei der im Sinne eines Beweismaßes nach ganz herrschender Auffassung der Grad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit verstanden wird, d.h. die gute Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können; dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet (BSG vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B juris Rn 5; zum BVG BSG vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R juris Rn 116; BSGE 45, 1, 9 f ; ML/K/L, § 86 b Rn 16b; zur VwGO Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Rn 316 mwN.; Burkholz, 67 ff; Schoch, § 123 Rn 94;; Eyermann/Happ, § 123 Rn 51; Kopp/Schenke, § 123 Rn 23. Zum Zivilrecht BGH vom 11.09.2003, IX ZB 37/03 juris Rn 8 = BGHZ 156, 139; vom 15.06.1994, IV ZB 6/94 = NJW 1994, 2898). Der sogenannte Vollbeweis ist erfüllt, wenn eine Tatsache in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung, die eben bei an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben ist (vgl. BSG vom 29.03.1963, 2 RU 75/61 = BSGE 19, 52; BSG vom 22.09.1977, 10 RV 15/77 = BSGE 45, 1; vom 01.08.1978, 7 RAr 37/77; vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R).
Eine obstruktive Atemwegserkrankung liegt nicht mit dem erforderlichen Überzeugungsgrund, auch im Sinne des Vollbeweises, vor. Bei einer Erkrankung nach der BK-Nr. 4302 handelt es sich um eine durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger an einer obstruktiven Atemwegserkrankung leidet oder gelitten hat. Der vom Senat befragte Gutachter Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 04.07.2011 hierzu ausgeführt, der Kläger habe weder 2005 noch später über Atembeschwerden, sondern über vermehrte Schleimbildung geklagt. Auch vorliegende ärztliche Stellungnahmen hätten keine manifeste Lungeneinschränkung berichtet, so habe nur 2009 eine Lungenfunktionsprüfung eine restriktive Lungeneinschränkung ergeben. Bei der aktuellen Untersuchung habe keine manifeste Lungenfunktionseinschränkung festgestellt werden können, insbesondere liege keine obstruktive Einschränkung vor. Damit ist auch die Schlussfolgerung des Sachverständigen, dass das medizinische Bild einer BK-Nr 4302 nicht vorliegt, nachvollziehbar und wird daher vom Senat geteilt. Soweit der Kläger in der Folge noch eine ärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. B. vom 07.098.2011 vorgelegt hat und der Senat auf Veranlassung des Klägers einen Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr. D. vom 17.10.2011 mit Ergänzung vom 24.01.2012 eingeholt hat, ergeben sich hieraus keine weiterführenden Hinweise in Bezug auf eine BK 4302.
2.
Auch eine BK nach den BK-Nrn 11xx liegt beim Kläger nicht vor. Von der Zifferngruppe 11 der BKV sind Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen (BK 1101), durch Quecksilber oder seine Verbindungen (BK 1102), durch Chrom oder seine Verbindungen (BK 1103), durch Cadmium oder seine Verbindungen (BK 1104), durch Mangan oder seine Verbindungen (BK 1105), durch Thallium oder seine Verbindungen (BK 1106), durch Vanadium oder seine Verbindungen (BK 1107), durch Arsen oder seine Verbindungen (BK 1108), durch Phosphor oder seine organischen Verbindungen (BK 1109) sowie durch Beryllium oder seine Verbindungen (BK 1110) umfasst.
Beim Kläger lag weder am Arbeitsplatz (insbesondere im Zeitraum 1985 bis 2005) eine feststellbare Belastung mit den genannten Stoffen vor, noch sind medizinisch Anhaltspunkte für eine Erkrankung des Klägers durch die genannten Stoffe erkennbar. Hinsichtlich der Belastung am Arbeitsplatz stützt sich der Senat bei dieser Feststellung auf die Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten. Einer Stellungnahme vom 03.08.2006 entnimmt der Senat, dass eine Ortsbesichtigung in den leerstehenden Räumen des Küchenstudios in der S-Straße keinerlei Hinweise auf eine Belastung des Arbeitsplatzes mit diesen Stoffen erbrachte. Die Abteilung Prävention der Beklagten hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 27.05.2010 zudem auf Emissionsmessungen des berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit während des Betriebes von Druckern/Kopierern verwiesen, wonach im Dauerbetrieb dieser Geräte keine Staubemissionen nachgewiesen worden sind, so dass auch die Gefahr der Freisetzung von Metallverbindungen nicht gegeben ist (vgl. auch die Veröffentlichung "Gesundheitsgefahren durch Laserdrucker in Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft 62 (2002), 295). Entgegen der Einwendungen des Klägers zu der Versuchsanordnung bei diesen Messungen ist die Prüfkammer dabei zwar nicht absolut, aber nahezu luftdicht abgeschlossen gewesen, der Luftaustausch erfolgte über einen Filter (vgl. die genannte Veröffentlichung, aaO, S. 296), so dass keine Emissionen "verlorengehen" konnten. Messungen erfolgten dabei nach dem Drucken von mindestens 200 Blatt (aaO) und damit bei einem Druck-Umfang, der selbst den vom Kläger genannten Umfang der im Küchenstudio anfallenden Druckarbeiten überstieg. Aufgrund dieser Erkenntnisse ist der Nachweis einer Einwirkung dieser Stoffe im Sinne der BK-Nrn 11xx auf den Kläger während seiner Tätigkeit im Küchenstudio in der S-Straße in Würzburg nicht gelungen. Die Einholung von Gutachten eines Baubiologen sowie eines unabhängigen Arbeitstechnikers zur Klärung der Frage, ob bzw. welchen Schadstoffen der Kläger am Arbeitsplatz ausgesetzt war, wie vom Kläger beantragt, war nicht erforderlich, weil an der Richtigkeit der Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten keine Zweifel bestehen und solche auch nicht vom Kläger aufgezeigt wurden.
Zudem liegen beim Kläger auch medizinisch keine Hinweise darauf vor, dass er erheblichen Belastungen durch Stoffe im Sinne der BK-Nrn 11xx ausgesetzt gewesen ist. Insoweit hat der gerichtliche Sachverständige Dr. C. ausgeführt, dass ein von ihm erhobener Blutspiegel für Blei, Chrom und Quecksilber beim Kläger Werte im Bereich der ubiquitären Belastung der Bevölkerung ergeben habe. Diese gutachterliche Feststellung wird auch nicht durch die auf Anregung des Klägers beigezogenen und zwischen 2004 und 2011 erhobenen Laborwerte der Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin Bremen in Frage gestellt, wie auch Dr. C. am 01.02.2012 mitgeteilt hat. Sowohl die Werte für Blei als auch die Werte für Quecksilber lagen danach nämlich überwiegend im "Referenzbereich" (= therapeutischer Idealwert, bei dem kein Risiko zu erwarten ist, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007), ein geringfügig über diesem Referenzwert liegender Quecksilberwert im Jahre 2009 beziehungsweise 2010 kann, zumal die Werte zuvor jahrelang im Referenzbereich gelegen waren, der seit 2001 beendeten Tätigkeit in der S-Straße in W. ohnehin nicht angelastet werden. Dr. C. konnte auch keine medizinischen Anhaltspunkte für eine Erkrankung durch Metalle und Metalloide im Sinne der BK-Gruppe 11xx finden. Der auf Anregung des Klägers beigezogene Befundbericht des Dr. H. vom 17.10.2011 enthält keine Hinweise darauf, dass die Einschätzung des Sachverständigen insoweit von falschen Voraussetzungen ausgeht, wie dies der Kläger meint.
3.
Auch eine BK nach den BK-Nrn 13xx liegt beim Kläger nicht vor. Die Zifferngruppe 13 der BKV umfasst Erkrankungen durch aromatisch Amine (BK 1301), durch Halogenkohlenwasserstoffe (BK 1302), durch Benzol (BK 1303), durch Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols (BK 1304), durch Schwefelkohlenstoff (BK 1305), durch Methylalkohol (BK 1306), durch organische Phosphorverbindungen (BK 1307), durch Fluor (BK 1308), durch Salpetersäureester (BK 1309), durch halogenierte Oxide (BK 1311), durch halogenierte Sulfide (BK 1311), Butylphenol (BK 1314) sowie Isocyanate BK 1315 und Zahn- Augen- und Leberkrankungen (BKen 1312, 1313, 1316), Polyneuropathie und Enzephalopathie (BK 1317) und Erkrankungen des Blutes (BK 1318).
Hinsichtlich der Bk-Nrn 13xx hat die Suche nach einem allergischen IgE-Antikörper nach Angabe des gerichtlichen Sachverständige keine Auffälligkeiten erbracht. Formaldehyd besitzt nach den Ausführungen von Dr. C. sensibilisierende Potenz sowie eine chemisch-irritative Wirkung auf die Atemwege und könnte daher eine obstruktive Atemwegserkrankung auslösen, die beim Kläger aber gerade nicht festgestellt wurde. Eine Erkrankung im Sinne der BK-Nrn 13xx ruft Formaldehyd dagegen nicht hervor. Auch an neurologischen Störungen (die durch die Einwirkung von Stoffen im Sinne der BK-Nrn 13xx hervorgerufen werden können) leidet der Kläger nicht, wie der Sachverständige (in Übereinstimmung mit Prof. Dr. Huber im Gutachten für das SG vom 16.02.2009 im SB-Verfahren Az: S 11 SB 463/07) festgestellt hat. Zusammengefasst hat der gerichtliche Gutachter Dr. C. beim Kläger keine Erkrankung festgestellt, die er auf die Einwirkung von Stoffen im Sinne der BK-Nrn 13xx zurückführte. Soweit der Kläger in der Folge noch eine ärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. B. vom 07.09.2011 vorgelegt hat und der Senat auf Veranlassung des Klägers einen Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr. D. vom 17.10.2011 mit Ergänzung vom 24.01.2012 eingeholt hat, ergeben sich hieraus keine weiterführenden Hinweise in Bezug auf eine BK 13xx.
Die bereits genannte Untersuchung des berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit hat zudem beim Druckerbetrieb keinen Hinweis auf kritische Mengen von flüchtigen Kohlenwasserstoffen erbracht, insbesondere liegen keine Hinweise auf Phenol und Tributylzinn (TBT) vor, wie der Dipl-Chemiker R. in der Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 27.05.2010 ausführt. Soweit der Kläger hiergegen unter Verweis auf eine Äußerung, dass "Benzol vor fünf bis sechs Jahren bei Druckern aktuell gewesen" sei, Einwendungen erhebt, ist diese Äußerung für sich genommen nicht geeignet, die Feststellungen des Präventionsdienstes in Frage zustellen, da dieser sich auf eine nachvollziehbare, veröffentlichte Studie bezieht, in der im Hinblick auf Benzol ausgeführt wird, dass einige Drucker gar kein Benzol ausschieden, während andere zu Benzolkonzentrationen führten, die um den Faktor 100 bzw. 1000 unter den technischen Richtkonzentrationen für Arbeitsplätzen liegt. Zum Schutz von Schwangeren ist ein Interventionswert vorgeschlagen worden, der beim Test nicht erreicht wurde (Veröffentlichung, aaO, S. 299). Die während des Druckvorgangs freigesetzten Benzolmengen waren dabei geringer als die ohnehin in der Umwelt vorliegenden Benzolkonzentrationen. Entsprechendes ergab die Studie für Toluol (Veröffentlichung, aaO, S 299). Auch insoweit ist die Einholung von Gutachten eines Baubiologen sowie eines unabhängigen Arbeitstechnikers zur Klärung der Frage, ob bzw. welchen Schadstoffen der Kläger am Arbeitsplatz ausgesetzt war, nicht erforderlich, weil an der Richtigkeit der Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens keine Zweifel bestehen.
4.
Soweit der gerichtliche Sachverständige beim Kläger eine MCS festgestellt hat, ist eine Anerkennung dieser Erkrankung über die Öffnungsklausel nach § 9 Abs 2 SGB VII als sogenannte "Wie-BK" nicht möglich, da die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Die Anerkennung einer Erkrankung als Wie-BK setzt voraus, dass der Erkrankte einer Personengruppe angehören muss, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist, dass die besonderen Einwirkungen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft generell geeignet sein müssen, eine bestimmte Erkrankung zu verursachen und dass diese Eignung anhand einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und einer langfristigen zeitlichen Überwachung derartiger Krankheitsbilder nachgewiesen sein muss.
Ferner müssen die Erkenntnisse neu sein und der ursächliche Zusammenhang der Krankheit mit der gefährdenden Tätigkeit muss im konkreten Fall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststehen (zum Ganzen BSG vom 29.11.2011, B 2 U 26/10 R, juris - RdNr 26, BayLSG vom 12.01.2005, L 2 U 66/03, vom 18.10.2007, L 3 U 267/93, vom 06.07.2011, L 2 U 546/09 mwN).
Das Tatbestandsmerkmal der gruppenspezifischen Risikoerhöhung ist nicht erfüllt, da weder gesicherte Erkenntnisse zur Pathogenese und Pathophysiologie der MCS vorliegen noch die generelle Geeignetheit bestimmter Einwirkungen, MSC zu verursachen, belegt ist, wie auch schon das SG zutreffend dargelegt hat. Damit können aber auch keine "besonderen" Einwirkungen im Sinne der zweiten Voraussetzung in obiger Aufzählung gegeben sein. Die beiden weiteren Voraussetzungen einer "Wie-BK" fehlen damit ebenfalls. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. C., die auf dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft beruhen (vgl. dazu z.B. die Darlegungen in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, 5.1.19; Widder/ Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Auflage 2011, S. 401 ff.). Die Einholung einer Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Annahme einer "Wie-BK" war daher nicht erforderlich. Soweit diese Anfrage nach dem Antrag des Klägers sich auch auf HNO-Erkrankungen durch Formaldehyd beziehen sollte, war die Einholung einer Auskunft auch deshalb nicht geboten, weil Formaldehyd Erkrankungen im Sinne der BK 4302 hervorrufen kann, wie der gerichtliche Gutachter ausgeführt hat. Damit wäre eine neue BK aber überflüssig. Da der Kläger keine schwere (obstruktive) Atemwegserkrankung hatte oder hat, könnte bei ihm damit ohnehin keine HNO-Erkrankung als Wie-BK anerkannt werden. Entsprechendes gilt, soweit sich diese Anfrage nach dem Antrag des Klägers auf Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes beziehen sollte, da die beim Kläger nach den Feststellungen des gerichtlichen Gutachters vorliegende Refluxerkrankung durch Cardainsuffizienz nicht auf die Einwirkung chemisch-irritativer oder toxischer Stoffe zurückzuführen ist, sondern auf einen ungenügenden Verschluss des Mageneingangs, was im August 1999 festgestellt wurde. Soweit der Kläger insoweit beantragt hat, den Bericht des Dr. B. vom 07.09.2011 dem gerichtlichen Gutachter vorzulegen, bestand dafür keine Veranlassung, da dieser Bericht entgegen der Ansicht des Klägers die gutachterlichen Feststellungen nicht in Frage stellt. Dr. B. hat seinen Bericht aufgrund chronischer Diarrhöen gefertigt und ausgeführt, die axiale Hiatushernie sei ohne wesentliche Relevanz für diese geklagten Beschwerden. Ein Zusammenhang zwischen dem ungenügenden Verschluss des Mageneingangs und den Schmerzen in der Speiseröhre ist damit nicht in Frage gestellt.
5.
Die angegriffenen Bescheide erweisen sich nach alledem als rechtmäßig, so dass die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Würzburg zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass Klage und Berufung erfolglos waren.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Beschwerden des Klägers als Berufskrankheit (BK) der Zifferngruppe 11 und 13 beziehungsweise der Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) beziehungsweise nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).
Der 1956 geborene Kläger war bis 1985 in verschiedenen Funktionen in einem Küchenstudio in der L-Straße und daran anschließend bis 2001 als Küchenstudioleiter eines Küchenstudios in der S-Straße, später (bis 18.07.2005) in der W-Straße, jeweils in W., tätig und versichert.
Bei der Beklagten ging am 05.08.2005 eine Anzeige des HNO-Arztes Dr. O. über den Verdacht einer Berufskrankheit des Klägers ein, in der ausgeführt wurde, seit 1992 bestehe ein zunehmender Schleimfluss des Atemtraktes mit rezidivierenden Sinupharyngitiden und eine Rhinitis sicca. Die Beschwerden verstärkten sich am Arbeitsplatz. Eine Messung habe einen Formaldehyd-Wert von oberhalb 0,1 ppm ergeben. Die Beschwerdesymptomatik habe sich zunehmend mit Kopfschmerzen, Schleimhaut- und Allgemeinreaktionen auch außerhalb des Arbeitsplatzes verstärkt. Hinzu komme, dass die Speiseröhre und der Magen ständig übersäuert seien. Zudem habe der Kläger nunmehr auch Probleme bei Kontakt mit Druckerschwärze, Spül-, Wasch- und Reinigungsmitteln, Kochdünsten, Autoabgasen, Körperpflegemitteln mit Parfüm und Sprays.
Die Beklagte leitete zwei Verfahren ein, zum einen hinsichtlich einer BK nach den Zifferngruppen 11 und 13 BKV, zum anderen hinsichtlich einer BK nach der Nummer 4302 BKV.
Hinsichtlich der BK 4302 führte der Gewerbearzt Dr. L. am 07.12.2005 aus, es fänden sich keine Hinweise, dass der Kläger an einer chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung leide. Ob bei dem Kläger ein multiple chemical sensitivity syndrom (MCS) vorliege, sei nach Aktenlage nicht eindeutig zu beantworten. Dies sei aber als BK nicht anerkannt.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 28.12.2005 (Widerspruchsbescheid vom 06.07.2005) die Anerkennung einer BK 4302 sowie die Anerkennung des MCS "wie eine BK" ab.
Hinsichtlich einer BK nach den Zifferngruppen 11 und 13 führte die Beklagte Ermittlungen am Arbeitsplatz des Klägers in der ehemaligen Betriebsstätte des Küchenstudios in der S-Straße 9 in W. durch. Der Gewerbearzt Dr. L. führte am 20.10.2006 aus, die Tätigkeit im Küchenstudio sei nicht geeignet gewesen, eine BK im Sinne der Gruppen 11 oder 13 BKV zu verursachen. Es sei nicht wahrscheinlich, dass der Kläger Stoffen im Sinne dieser BK-Nummern ausgesetzt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 13.12.2006 (Widerspruchsbescheid vom 13.06.2007) lehnte die Beklagte auch die Anerkennung einer BK nach den Zifferngruppen 11 und 13 BKV ab.
Der Kläger hat gegen die Bescheide vom 28.12.2005 und 13.12.2006 jeweils Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 31.08.2007 verbunden und unter dem Az. S 5 U 210/06 (später S 11 U 210/06) geführt. Mit Urteil vom 13.02.2008 hat es die Klagen abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Die Präventionsabteilung der Beklagten hat am 27.05.2010 ausgeführt, Emissionsmessungen während des Betriebs von Druckern hätten ergeben, dass in Tonern bis zu 35% Eisenoxid vorhanden sei sowie weitere Verbindungen von Titan, Strontium, Kupfer und Zink im Promillebereich. Nickel und Kobalt seien nicht nachweisbar gewesen. Im Dauerbetrieb hätten keine Staubemissionen mit diesen Metallverbindungen festgestellt werden können. Dagegen seien flüchtige organische Verbindungen wie Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Trimethylbenzole und 1-Butanol nachgewiesen worden. Die Emissionen seien als äußerst gering anzusehen. Hinweise auf das Vorkommen von Quecksilber, Phenol und TBT lägen nicht vor. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass Isocyanate aus den Spanplatten und Möbeln ausdünsten würden, so dass der Kläger diesen Stoffen nicht ausgesetzt gewesen sei. Auch ein Kontakt zu organischen Lösungsmitteln habe nicht stattgefunden.
Der Kläger ist diesen Ausführungen entgegengetreten. Er hält aufgrund von Veröffentlichungen insbesondere einen Kontakt mit Benzol bei älteren Druckern für wahrscheinlich.
Der Senat hat ein Gutachten des Internisten, Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Umweltmedizin und Arbeitsmedizin Dr. C. vom 04.07.2011 eingeholt, in dem ausgeführt wird, beim Kläger liege der Verdacht auf eine MCS vor und zudem eine Refluxkrankheit nach Cardainsuffizienz und ein Zustand nach Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus sowie Herpesviren. Die geklagten Schmerzen in Speiseröhre und Magen erklärten sich durch einen ungenügenden Verschluss des Mageneingangs, der bei einer Gastroskopie 1999 erkannt worden sei. Atembeschwerden seien 2005 nicht explizit benannt worden, sondern wiederholt eine vermehrte Schleimbildung. 2009 habe eine Lungenfunktionsprüfung eine restriktive Lungeneinschränkung ergeben. Bei der aktuellen Untersuchung habe keine manifeste Lungenfunktionseinschränkung festgestellt werden können, insbesondere liege keine obstruktive Einschränkung vor. Das medizinische Bild einer BK 4202 liege daher nicht vor. Die Blutspiegel für Blei, Chrom und Quecksilber hätten im Bereich der ubiquitären Belastung der Bevölkerung gelegen. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte für die übrigen Erkrankungen der Zifferngruppe 11. Hinsichtlich der Zifferngruppe 13 habe die Suche nach einem allergischen IgE-Antikörper gegen Formaldehyd keinen auffälligen Befund ergeben. Neurologische Störungen seien nicht erkennbar. Hinsichtlich der MCS seien die Beschwerden des Klägers mit den Kriterien von Cullen kompatibel. Das MCS-Syndrom werde von der BK-Liste nicht umfasst. Es bestehe von wissenschaftlicher Seite kein Konsens über die Ätiologie und die Pathophysiologie des Krankheitsbildes. Diskutiert würden funktionelle Störungen, besondere Varianten von Somatisierungsstörungen, auch psychophysische Stressreaktionen oder verhaltensneurologische Störungen, aber auch neurogene Entzündungen und Reizverarbeitungsstörungen. Insbesondere entspreche das MCS-Syndrom nicht den bekannten toxikologischen Modellvorstellungen. Es sei im Ergebnis nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger ausgeführt, er leide ausweislich eines Gutachtens zum Rentenantrag unter einer allergisch-toxischen Reaktion auf Formaldehyd, Nickel/Chrom, Toner/Druckerschwärze, diverse Kosmetika, Parfümsubstanzen und Reinigungsmitteln sowie an einer MCS, chronischer Nebenhöhlenentzündung mit restriktiver Ventilationsstörung, vermehrten Entzündungszeichen, vermehrter Inflamation, chronischem Erschöpfungssyndrom, HWS-Syndrom mit Vertigo und an einer arteriellen Hypertonie. Diese Beschwerden seien auf die Expositionen zurückzuführen, denen der Kläger während seiner Tätigkeit im Mitgliedsbetrieb der Beklagten ausgesetzt gewesen sei, insbesondere auf die Exposition gegenüber Formaldehyd. Es sei zu überprüfen, ob der Kläger am Arbeitsplatz Schadstoffen ausgesetzt gewesen sei, die geeignet seien, Berufskrankheiten der Schadstoffgruppen 11 und 13 bzw. 4302 zu verursachen, nachdem sich die Symptome des Klägers stets gebessert hätten, wenn er sich vom Arbeitsplatz ferngehalten habe und auch eine weitere Mitarbeiterin im Küchenstudio unter Augenbrennen und Nasenlaufen gelitten habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.02.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2006 und den Bescheid vom 13.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Erkrankung des Klägers im HNO-Bereich und Gastrointestinaltrakt eine BK der Zifferngruppe 11 und 13 der BKV sowie die Atemwegserkrankung eine BK nach Ziffer 4302 BKV ist und festzustellen, dass das MCS-Syndrom eine "Wie-BK" gem. § 9 Abs. 2 SGB VII ist,
hilfsweise
1. den Bericht des Internisten und Gastroenterologen Dr. B. vom 07.09.2011 wonach die kleine axiale Hiatushernie nicht verantwortlich gemacht werden kann für die bestehenden Schmerzbeschwerden der Speiseröhre des Klägers, dem ärztlichen Sachverständigen Dr. C. zur Stellungnahme vorzulegen,
2. ein Gutachten eines unabhängigen Baubiologen sowie eines unabhängigen Arbeitstechnikers einzuholen zur Klärung der Frage, ob bzw. welchen Schadstoffen der Kläger am Arbeitsplatz ausgesetzt war, die geeignet sind, eine BK insbesondere aus der 11er und 13er Gruppe oder nach Nr. 4302 BKV zu verursachen
3. beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales anzufragen, ob neue gesicherte medizinische wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, wonach der Gefahrstoff Formaldehyd geeignet ist, insbesondere bei Möbelverkäufern im Umgang mit Pressspanplatten Erkrankungen des HNO- und Gastrointestinaltraktes oder ein MCS-Syndrom hervorzurufen und ob diese Erkenntnisse sich zur BK-Reife verdichtet haben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 13.02.2008 zurückzuweisen.
Sie hält die Frage einer Anerkennung einer "Wie-BK" als vom Berufungsverfahren nicht umfasst, da diese Frage nicht Gegenstand der behördlichen Entscheidung gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 144,151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist indes unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK hat.
Gegenstand des Verfahrens ist zum einen der Bescheid vom 28.12.2005 (Widerspruchsbescheid vom 06.07.2005), mit dem die Beklagte die Anerkennung einer BK 4302 und auch abgelehnt hat, ein MCS wie eine BK anzuerkennen (§ 9 Abs. 2 SGB VII), sowie zum anderen der Bescheid vom 13.12.2006 (Widerspruchsbescheid vom 13.06.2007), mit dem die Anerkennung einer BK nach den BK-Nrn. 11xx und 13xx abgelehnt wurde. Streitgegenständlich auch im Berufungsverfahren sind damit die behaupteten Ansprüche des Klägers auf Anerkennung einer BK, nach den BK-Nrn 4302, 11xx, 13xx oder als "Wie-BK" im Hinblick auf MCS. Unschädlich ist dabei, dass die Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 17.08.2009 einen Antrag angekündigt haben, der die "Wie-BK" nicht enthielt. Denn das Begehren des Klägers ist durch Auslegung zu ermitteln (§ 123 SGG). In der Begründung des genannten Schriftsatzes wird auf die MCS verwiesen. Dadurch wird klar, dass sich das Klagebegehren nach wie vor auf die Anerkennung einer MCS erstreckt und die Berufung insoweit nicht beschränkt wurde.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK 4302. Nach § 9 Abs 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit versehen (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für die Feststellung einer Listen-BK danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen o.ä. auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG vom 15.09.2011, B 2 U 25/10 R juris Rn 14; vom 02.04.2009, B 2 U 9/08 R juris Rn 26 jeweils mwN).
Bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges muss absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache spreche (BSG vom 08.08.2001, B 9 U 23/01 R juris Rn 4). Um hinreichende Wahrscheinlichkeit zu bejahen, muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, das ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden und nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung deutlich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG vom 08.08.2001, B 9 U 23/01 R juris Rn 4 mwN). Die diesbezüglichen Anforderungen sind also grundsätzlich höher als diejenigen an die Glaubhaftmachung (BSG vom 08.08.2001, B 9 U 23/01 R juris Rn 4), bei der im Sinne eines Beweismaßes nach ganz herrschender Auffassung der Grad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit verstanden wird, d.h. die gute Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können; dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet (BSG vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B juris Rn 5; zum BVG BSG vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R juris Rn 116; BSGE 45, 1, 9 f ; ML/K/L, § 86 b Rn 16b; zur VwGO Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Rn 316 mwN.; Burkholz, 67 ff; Schoch, § 123 Rn 94;; Eyermann/Happ, § 123 Rn 51; Kopp/Schenke, § 123 Rn 23. Zum Zivilrecht BGH vom 11.09.2003, IX ZB 37/03 juris Rn 8 = BGHZ 156, 139; vom 15.06.1994, IV ZB 6/94 = NJW 1994, 2898). Der sogenannte Vollbeweis ist erfüllt, wenn eine Tatsache in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung, die eben bei an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben ist (vgl. BSG vom 29.03.1963, 2 RU 75/61 = BSGE 19, 52; BSG vom 22.09.1977, 10 RV 15/77 = BSGE 45, 1; vom 01.08.1978, 7 RAr 37/77; vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R).
Eine obstruktive Atemwegserkrankung liegt nicht mit dem erforderlichen Überzeugungsgrund, auch im Sinne des Vollbeweises, vor. Bei einer Erkrankung nach der BK-Nr. 4302 handelt es sich um eine durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger an einer obstruktiven Atemwegserkrankung leidet oder gelitten hat. Der vom Senat befragte Gutachter Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 04.07.2011 hierzu ausgeführt, der Kläger habe weder 2005 noch später über Atembeschwerden, sondern über vermehrte Schleimbildung geklagt. Auch vorliegende ärztliche Stellungnahmen hätten keine manifeste Lungeneinschränkung berichtet, so habe nur 2009 eine Lungenfunktionsprüfung eine restriktive Lungeneinschränkung ergeben. Bei der aktuellen Untersuchung habe keine manifeste Lungenfunktionseinschränkung festgestellt werden können, insbesondere liege keine obstruktive Einschränkung vor. Damit ist auch die Schlussfolgerung des Sachverständigen, dass das medizinische Bild einer BK-Nr 4302 nicht vorliegt, nachvollziehbar und wird daher vom Senat geteilt. Soweit der Kläger in der Folge noch eine ärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. B. vom 07.098.2011 vorgelegt hat und der Senat auf Veranlassung des Klägers einen Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr. D. vom 17.10.2011 mit Ergänzung vom 24.01.2012 eingeholt hat, ergeben sich hieraus keine weiterführenden Hinweise in Bezug auf eine BK 4302.
2.
Auch eine BK nach den BK-Nrn 11xx liegt beim Kläger nicht vor. Von der Zifferngruppe 11 der BKV sind Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen (BK 1101), durch Quecksilber oder seine Verbindungen (BK 1102), durch Chrom oder seine Verbindungen (BK 1103), durch Cadmium oder seine Verbindungen (BK 1104), durch Mangan oder seine Verbindungen (BK 1105), durch Thallium oder seine Verbindungen (BK 1106), durch Vanadium oder seine Verbindungen (BK 1107), durch Arsen oder seine Verbindungen (BK 1108), durch Phosphor oder seine organischen Verbindungen (BK 1109) sowie durch Beryllium oder seine Verbindungen (BK 1110) umfasst.
Beim Kläger lag weder am Arbeitsplatz (insbesondere im Zeitraum 1985 bis 2005) eine feststellbare Belastung mit den genannten Stoffen vor, noch sind medizinisch Anhaltspunkte für eine Erkrankung des Klägers durch die genannten Stoffe erkennbar. Hinsichtlich der Belastung am Arbeitsplatz stützt sich der Senat bei dieser Feststellung auf die Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten. Einer Stellungnahme vom 03.08.2006 entnimmt der Senat, dass eine Ortsbesichtigung in den leerstehenden Räumen des Küchenstudios in der S-Straße keinerlei Hinweise auf eine Belastung des Arbeitsplatzes mit diesen Stoffen erbrachte. Die Abteilung Prävention der Beklagten hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 27.05.2010 zudem auf Emissionsmessungen des berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit während des Betriebes von Druckern/Kopierern verwiesen, wonach im Dauerbetrieb dieser Geräte keine Staubemissionen nachgewiesen worden sind, so dass auch die Gefahr der Freisetzung von Metallverbindungen nicht gegeben ist (vgl. auch die Veröffentlichung "Gesundheitsgefahren durch Laserdrucker in Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft 62 (2002), 295). Entgegen der Einwendungen des Klägers zu der Versuchsanordnung bei diesen Messungen ist die Prüfkammer dabei zwar nicht absolut, aber nahezu luftdicht abgeschlossen gewesen, der Luftaustausch erfolgte über einen Filter (vgl. die genannte Veröffentlichung, aaO, S. 296), so dass keine Emissionen "verlorengehen" konnten. Messungen erfolgten dabei nach dem Drucken von mindestens 200 Blatt (aaO) und damit bei einem Druck-Umfang, der selbst den vom Kläger genannten Umfang der im Küchenstudio anfallenden Druckarbeiten überstieg. Aufgrund dieser Erkenntnisse ist der Nachweis einer Einwirkung dieser Stoffe im Sinne der BK-Nrn 11xx auf den Kläger während seiner Tätigkeit im Küchenstudio in der S-Straße in Würzburg nicht gelungen. Die Einholung von Gutachten eines Baubiologen sowie eines unabhängigen Arbeitstechnikers zur Klärung der Frage, ob bzw. welchen Schadstoffen der Kläger am Arbeitsplatz ausgesetzt war, wie vom Kläger beantragt, war nicht erforderlich, weil an der Richtigkeit der Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten keine Zweifel bestehen und solche auch nicht vom Kläger aufgezeigt wurden.
Zudem liegen beim Kläger auch medizinisch keine Hinweise darauf vor, dass er erheblichen Belastungen durch Stoffe im Sinne der BK-Nrn 11xx ausgesetzt gewesen ist. Insoweit hat der gerichtliche Sachverständige Dr. C. ausgeführt, dass ein von ihm erhobener Blutspiegel für Blei, Chrom und Quecksilber beim Kläger Werte im Bereich der ubiquitären Belastung der Bevölkerung ergeben habe. Diese gutachterliche Feststellung wird auch nicht durch die auf Anregung des Klägers beigezogenen und zwischen 2004 und 2011 erhobenen Laborwerte der Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin Bremen in Frage gestellt, wie auch Dr. C. am 01.02.2012 mitgeteilt hat. Sowohl die Werte für Blei als auch die Werte für Quecksilber lagen danach nämlich überwiegend im "Referenzbereich" (= therapeutischer Idealwert, bei dem kein Risiko zu erwarten ist, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007), ein geringfügig über diesem Referenzwert liegender Quecksilberwert im Jahre 2009 beziehungsweise 2010 kann, zumal die Werte zuvor jahrelang im Referenzbereich gelegen waren, der seit 2001 beendeten Tätigkeit in der S-Straße in W. ohnehin nicht angelastet werden. Dr. C. konnte auch keine medizinischen Anhaltspunkte für eine Erkrankung durch Metalle und Metalloide im Sinne der BK-Gruppe 11xx finden. Der auf Anregung des Klägers beigezogene Befundbericht des Dr. H. vom 17.10.2011 enthält keine Hinweise darauf, dass die Einschätzung des Sachverständigen insoweit von falschen Voraussetzungen ausgeht, wie dies der Kläger meint.
3.
Auch eine BK nach den BK-Nrn 13xx liegt beim Kläger nicht vor. Die Zifferngruppe 13 der BKV umfasst Erkrankungen durch aromatisch Amine (BK 1301), durch Halogenkohlenwasserstoffe (BK 1302), durch Benzol (BK 1303), durch Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols (BK 1304), durch Schwefelkohlenstoff (BK 1305), durch Methylalkohol (BK 1306), durch organische Phosphorverbindungen (BK 1307), durch Fluor (BK 1308), durch Salpetersäureester (BK 1309), durch halogenierte Oxide (BK 1311), durch halogenierte Sulfide (BK 1311), Butylphenol (BK 1314) sowie Isocyanate BK 1315 und Zahn- Augen- und Leberkrankungen (BKen 1312, 1313, 1316), Polyneuropathie und Enzephalopathie (BK 1317) und Erkrankungen des Blutes (BK 1318).
Hinsichtlich der Bk-Nrn 13xx hat die Suche nach einem allergischen IgE-Antikörper nach Angabe des gerichtlichen Sachverständige keine Auffälligkeiten erbracht. Formaldehyd besitzt nach den Ausführungen von Dr. C. sensibilisierende Potenz sowie eine chemisch-irritative Wirkung auf die Atemwege und könnte daher eine obstruktive Atemwegserkrankung auslösen, die beim Kläger aber gerade nicht festgestellt wurde. Eine Erkrankung im Sinne der BK-Nrn 13xx ruft Formaldehyd dagegen nicht hervor. Auch an neurologischen Störungen (die durch die Einwirkung von Stoffen im Sinne der BK-Nrn 13xx hervorgerufen werden können) leidet der Kläger nicht, wie der Sachverständige (in Übereinstimmung mit Prof. Dr. Huber im Gutachten für das SG vom 16.02.2009 im SB-Verfahren Az: S 11 SB 463/07) festgestellt hat. Zusammengefasst hat der gerichtliche Gutachter Dr. C. beim Kläger keine Erkrankung festgestellt, die er auf die Einwirkung von Stoffen im Sinne der BK-Nrn 13xx zurückführte. Soweit der Kläger in der Folge noch eine ärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. B. vom 07.09.2011 vorgelegt hat und der Senat auf Veranlassung des Klägers einen Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr. D. vom 17.10.2011 mit Ergänzung vom 24.01.2012 eingeholt hat, ergeben sich hieraus keine weiterführenden Hinweise in Bezug auf eine BK 13xx.
Die bereits genannte Untersuchung des berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit hat zudem beim Druckerbetrieb keinen Hinweis auf kritische Mengen von flüchtigen Kohlenwasserstoffen erbracht, insbesondere liegen keine Hinweise auf Phenol und Tributylzinn (TBT) vor, wie der Dipl-Chemiker R. in der Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 27.05.2010 ausführt. Soweit der Kläger hiergegen unter Verweis auf eine Äußerung, dass "Benzol vor fünf bis sechs Jahren bei Druckern aktuell gewesen" sei, Einwendungen erhebt, ist diese Äußerung für sich genommen nicht geeignet, die Feststellungen des Präventionsdienstes in Frage zustellen, da dieser sich auf eine nachvollziehbare, veröffentlichte Studie bezieht, in der im Hinblick auf Benzol ausgeführt wird, dass einige Drucker gar kein Benzol ausschieden, während andere zu Benzolkonzentrationen führten, die um den Faktor 100 bzw. 1000 unter den technischen Richtkonzentrationen für Arbeitsplätzen liegt. Zum Schutz von Schwangeren ist ein Interventionswert vorgeschlagen worden, der beim Test nicht erreicht wurde (Veröffentlichung, aaO, S. 299). Die während des Druckvorgangs freigesetzten Benzolmengen waren dabei geringer als die ohnehin in der Umwelt vorliegenden Benzolkonzentrationen. Entsprechendes ergab die Studie für Toluol (Veröffentlichung, aaO, S 299). Auch insoweit ist die Einholung von Gutachten eines Baubiologen sowie eines unabhängigen Arbeitstechnikers zur Klärung der Frage, ob bzw. welchen Schadstoffen der Kläger am Arbeitsplatz ausgesetzt war, nicht erforderlich, weil an der Richtigkeit der Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens keine Zweifel bestehen.
4.
Soweit der gerichtliche Sachverständige beim Kläger eine MCS festgestellt hat, ist eine Anerkennung dieser Erkrankung über die Öffnungsklausel nach § 9 Abs 2 SGB VII als sogenannte "Wie-BK" nicht möglich, da die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Die Anerkennung einer Erkrankung als Wie-BK setzt voraus, dass der Erkrankte einer Personengruppe angehören muss, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist, dass die besonderen Einwirkungen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft generell geeignet sein müssen, eine bestimmte Erkrankung zu verursachen und dass diese Eignung anhand einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und einer langfristigen zeitlichen Überwachung derartiger Krankheitsbilder nachgewiesen sein muss.
Ferner müssen die Erkenntnisse neu sein und der ursächliche Zusammenhang der Krankheit mit der gefährdenden Tätigkeit muss im konkreten Fall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststehen (zum Ganzen BSG vom 29.11.2011, B 2 U 26/10 R, juris - RdNr 26, BayLSG vom 12.01.2005, L 2 U 66/03, vom 18.10.2007, L 3 U 267/93, vom 06.07.2011, L 2 U 546/09 mwN).
Das Tatbestandsmerkmal der gruppenspezifischen Risikoerhöhung ist nicht erfüllt, da weder gesicherte Erkenntnisse zur Pathogenese und Pathophysiologie der MCS vorliegen noch die generelle Geeignetheit bestimmter Einwirkungen, MSC zu verursachen, belegt ist, wie auch schon das SG zutreffend dargelegt hat. Damit können aber auch keine "besonderen" Einwirkungen im Sinne der zweiten Voraussetzung in obiger Aufzählung gegeben sein. Die beiden weiteren Voraussetzungen einer "Wie-BK" fehlen damit ebenfalls. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. C., die auf dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft beruhen (vgl. dazu z.B. die Darlegungen in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, 5.1.19; Widder/ Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Auflage 2011, S. 401 ff.). Die Einholung einer Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Annahme einer "Wie-BK" war daher nicht erforderlich. Soweit diese Anfrage nach dem Antrag des Klägers sich auch auf HNO-Erkrankungen durch Formaldehyd beziehen sollte, war die Einholung einer Auskunft auch deshalb nicht geboten, weil Formaldehyd Erkrankungen im Sinne der BK 4302 hervorrufen kann, wie der gerichtliche Gutachter ausgeführt hat. Damit wäre eine neue BK aber überflüssig. Da der Kläger keine schwere (obstruktive) Atemwegserkrankung hatte oder hat, könnte bei ihm damit ohnehin keine HNO-Erkrankung als Wie-BK anerkannt werden. Entsprechendes gilt, soweit sich diese Anfrage nach dem Antrag des Klägers auf Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes beziehen sollte, da die beim Kläger nach den Feststellungen des gerichtlichen Gutachters vorliegende Refluxerkrankung durch Cardainsuffizienz nicht auf die Einwirkung chemisch-irritativer oder toxischer Stoffe zurückzuführen ist, sondern auf einen ungenügenden Verschluss des Mageneingangs, was im August 1999 festgestellt wurde. Soweit der Kläger insoweit beantragt hat, den Bericht des Dr. B. vom 07.09.2011 dem gerichtlichen Gutachter vorzulegen, bestand dafür keine Veranlassung, da dieser Bericht entgegen der Ansicht des Klägers die gutachterlichen Feststellungen nicht in Frage stellt. Dr. B. hat seinen Bericht aufgrund chronischer Diarrhöen gefertigt und ausgeführt, die axiale Hiatushernie sei ohne wesentliche Relevanz für diese geklagten Beschwerden. Ein Zusammenhang zwischen dem ungenügenden Verschluss des Mageneingangs und den Schmerzen in der Speiseröhre ist damit nicht in Frage gestellt.
5.
Die angegriffenen Bescheide erweisen sich nach alledem als rechtmäßig, so dass die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Würzburg zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass Klage und Berufung erfolglos waren.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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