S 6 AL 218/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AL 218/10
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 18 U 165/08
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Bescheid der Beklagten vom 26.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2010 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.



Tatbestand:


Strittig zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Sperrzeit.

Der am 1970 geborene Kläger war aufgrund des Arbeitsvertrages vom 01.08.2007 seit diesem Zeitpunkt bei der Bäckerei F. in R. als Aushilfsfahrer angestellt. Mit Nachtrag vom 18.12.2008 wurde der Vertrag dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab 01.01.2009 als Kommissionierer beschäftigt wird.
Dieses unbefristete Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber durch Kündigung vom 27.01.2010 zum 28.02.2010 beendet.
Vorausgegangen war eine private Trunkenheitsfahrt des Klägers am 18.01.2010, die mit einem Unfall endete. Als Folge hiervon wurde der Kläger, bei dem zum Unfallzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1,64 0/00 festgestellt worden war, vom Amtsgericht mit Strafbefehl vom 15.04.2010 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis für die Dauer von 6 Monaten entzogen.

Mit Wirkung zum 01.03.2010 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld I (Alg I).

Am 18.03.2010 wurde vor dem Arbeitsgericht N. ein widerruflicher Vergleich geschlossen: Darin wurde festgestellt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum Kläger durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 28.02.2010 beendet hat und er verpflichtet ist, an den Kläger eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu zahlen und ihm ein wohlwollendes Arbeitszeugnis mit der Gesamtbeurteilung "gut" zu erteilen.
Diese Vereinbarung wurde rechtskräftig.

In ihrem Bewilligungsbescheid vom 26.03.2010 gewährte die Beklagte dem Kläger Alg I ab 01.03.2010 für die Dauer von 360 Tagen auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgelts von 49,23 EUR, woraus sie einen täglicher Leistungssatz von 21,24 EUR errechnete.
Zugleich wurde mit streitgegenständlichem Bescheid ebenfalls vom 26.03.2010 das Ruhen des Alg I - Anspruchs aufgrund des Eintritts einer Sperrzeit vom 01.03.2010 bis 23.05.2010 festgestellt.
Die Beklagte begründete dies damit, dass der Kläger durch den Führerscheinentzug seine Beschäftigung bei der Bäckerei F. verloren und dadurch seine Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt habe.

In einem am 24.03.2010 mit der Beklagten geführtem Telefonat gab der Arbeitgeber des Klägers an, dass er ihn bis zum Entzug der Fahrerlaubnis sowohl als Kommissionierer als auch als Aushilfsfahrer eingesetzt hatte, da dessen Arbeitsplatz beide Tätigkeiten beinhaltete. Nach dem Entzug der Fahrerlaubnis wäre er in der Backstube eingesetzt worden, habe dort aber wegen einer Mehlstauballergie nicht mehr arbeiten können und war krank geschrieben worden.

Seinen am 07.04.2010 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger hauptsächlich mit Hinweisen auf die seiner Ansicht nach in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung, wonach die Entziehung der Fahrerlaubnis nach einer privaten Trunkenheitsfahrt nur einen personenbedingten Kündigungsgrund darstellen könnte, der nicht zu einer Sperrzeit führen würde.

In ihrem Widerspruchsbescheid vom 23.04.2010 beruft sich die Beklagte darauf, dass das Beschäftigungsverhältnis des Klägers vom Arbeitgeber wegen dessen vertragswidrigen Verhalten gekündigt wurde, da er aufgrund des Verlustes der Fahrerlaubnis einen Teil der geschuldeten Arbeitsleistung nicht mehr erbringen konnte. Der Eintritt einer Sperrzeit sei damit gerechtfertigt.

In einer am 28.0.2010 zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Klage wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruch.

Er beantragt,
der Bescheid der Agentur für Arbeit D. vom 26.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2010 (W 2010/10) wird aufgehoben.
Dem Kläger wird auf seinen Antrag mit Wirkung ab 01.03.2010 Arbeitslosengeld gewährt.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

In ihrer Klageerwiderungsschrift vom 20.05.2010 trägt sie vor, dass der Verlust der Fahrerlaubnis für die Arbeitslosigkeit ursächlich war und der Kläger hätte erkennen können, dass er ohne sie die geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen könne.

In ihrem Antwortschreiben vom 24.06.2010 auf ein entsprechendes Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 04.06.2010 verweist die Beklagte auf den vom Arbeitgeber in der Arbeitsbescheinigung angegebenen Grund für die Kündigung. Dieser gab an, dass das Beschäftigungsverhältnis aufgrund "vertragswidrigen Verhaltens" beendet wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere auf das Vorbringen der Beteiligten in den eingereichten Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung, sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:
:

Die form- und fristgerecht gem. §§ 90, 92, 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum sachlich und örtlich nach § 51Abs. 1 Nr. 4, § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG zuständigen Sozialgericht Nürnberg erhobene Anfechtungsklage § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG, ist zulässig und begründet.
Der Bescheid vom 26.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Die Voraussetzungen für den Eintritt der festgestellten Sperrzeit vom 01.03.2010 bis 23.05.2010 lagen nicht vor.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ruht der Anspruch auf Alg I für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitslose sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III liegt ein versicherungswidriges Verhalten vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).

Vorliegend war der Kläger durch die Erbringung nichtselbständiger Arbeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei der Bäckerei F. beschäftigt, § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV).
Sein arbeitsvertragswidriges Verhalten war jedoch kein geeigneter Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses.

Grundsätzlich muss das arbeitsvertragswidrige Verhalten, das in jeglichem Verstoß gegen geschriebene oder ungeschriebene Haupt- und Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag bestehen kann (s. LSG Baden-Württemberg v. 08.06.2011 - L 3 AL 1315/11 und v. 25.02.2011 - L 8 AL 3458/10), so schwerwiegend sein, dass es, ggf. auch im Zusammenwirken mit anderen Umständen, geeignet ist, die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses zu dem Zeitpunkt zu rechtfertigen, an dem Arbeitslosigkeit tatsächlich eintritt.
Sperrzeitanlass ist folglich nur eine verhaltensbedingte Kündigung (BSG v. 15.12.2005
- B 7a AL 46/05 R).
Weiterhin muss das Verhalten des Arbeitnehmers kausal für das Lösen des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber und die Lösung kausal für den Eintritt der Beschäftigungslosigkeit sein. Schließlich muss die Herbeiführung der Beschäftigungslosigkeit auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers beruhen (s. LSG für das Saarland v. 23.11.2010 - L 6 AL 4/10).
Dabei bezieht sich der in § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III formulierte Schuldvorwurf auf die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit, nicht auf das arbeitsvertragswidrige Verhalten selbst (BSG v. 15.12.2005 - B 7a AL 46/05 R; LSG Hamburg v. 11.05.2011 - L 2 AL 55/08).
Die Rechtmäßigkeit der Kündigung durch den Arbeitgeber ist daher nicht ein teleologisch zu reduzierendes Tatbestandsmerkmal der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern Teil der Kausalitätsprüfung, inwieweit der Arbeitnehmer durch sein vertragswidriges Verhalten die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Nach Auffassung des Gerichts hat der Kläger durch seine Trunkenheitsfahrt vom 18.01.2010, die zum Entzug seiner Fahrerlaubnis geführt hat, gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen.

Keinerlei Bedeutung hat in diesem Zusammenhang, dass in dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht eine betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung zum 28.02.2010 vereinbart wurde. Denn Entscheidungen der Arbeitsgerichte haben im sozialgerichtlichen Verfahren keine Bindungswirkung (BSG v. 06.03.2003 - B 11 AL 69/02 R; LSG Baden-Württemberg v. 08.06.2011 - L 3 AL 1315/11). Dies gilt auch für einen arbeitsgerichtlichen Vergleich (LSG für das Saarland v. 23.11.2010 - L 6 AL 4/10).

Insbesondere der seitens des Klägers vertretenen Rechtsauffassung, wonach bei einem Fahrerlaubnisentzug wegen Trunkenheit am Steuer auf einer Privatfahrt ausschließlich ein personenbedingter Grund vorliegt, schließt sich das Gericht ausdrücklich nicht an.

In seinen Ausführungen hierzu verkennt der Kläger, dass der Entzug der Fahrerlaubnis nicht isoliert von seinem vorausgegangenen Fehlverhalten bei seiner Trunkenheitsfahrt betrachtet werden kann (LSG Baden-Württemberg v. 25.02.2011 - L 8 AL 3458/10, v. 18.09.2009 - L 8 3510/08 und v. 17.03.2008 - L 12 AL 3932/07).
Soweit er in diesem Zusammenhang u.a. auf die Entscheidung des SG Kassel vom 07.12.2007 - S 3 AL 2245/04 Bezug nimmt, wurde dieses Urteil aufgehoben. Das Berufungsgericht ging entgegen der Ansicht des Sozialgerichtes insoweit von einem arbeitsvertragswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers aus (s. Hessisches LSG v. 22.06.2010
- L 6 AL 13/08). Es ist dem Kläger jedoch zugute zu halten, dass dieses Urteil erst nach Klageeinreichung veröffentlicht wurde.
Auch seine Verweise auf die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung sind keinesfalls eindeutig und hätten grundsätzlich einer differenzierten Betrachtungs- und Darstellungsweise bedurft (s. hierzu etwa u.a. die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg vom 25.02.2011 - L 8 AL 3458/10 zu BAG v. 05.08.2008 - 2 AZR 984/06; Hessisches LSG v. 22.06.2010 - L 6 AL 13/08; LSG Hamburg v. 11.05.2011 - L 2 AL 55/08).
So ist etwa zu bedenken, dass im Arbeitsrecht die Unterscheidung von personen- und verhaltensbedingten Kündigungen nicht erheblich ist, weil diese Gründe alternativ eine Kündigung rechtfertigen würden und deshalb eine eingehende Untersuchung insoweit unterbleiben kann (so auch BSG v. 06.03.2003 - B 11 AL 69/02 R).
Ebenso ist die Behauptung, "in der arbeitsgerichtlichen Fachliteratur besteht ausnahmslos und übereinstimmend die Auffassung, dass es sich bei einer Kündigung nach Entziehung der Fahrerlaubnis anlässlich einer Privatfahrt im alkoholisierten Zustand um eine personenbedingte Kündigung des Arbeitgebers handelt" sowie dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Entziehung der Fahrerlaubnis ausdrücklich als personenbedingte Kündigung behandelt, in ihrer Absolutheit für das erkennende Gericht so nicht nachvollziehbar.

Vielmehr ergibt eine sorgfältige Urteilrecherche, dass etwa das BAG die Feststellung, dass im Falle der privaten Trunkenheitsfahrt die Elemente der personen- und verhaltensbedingten Kündigung ineinander übergingen, unbeanstandet gelassen hat (s. BAG in NJW 1998, 554). In einer weitern Entscheidung (BAG v. 26.02.1980 - 6 AZR 1058/77; s.a. BAGE 51, 104/110) hat das BAG ein Fehlverhalten im Straßenverkehr bei Privaten auch als arbeitsrechtlich erheblich angesehen, wenn der Vertrauensbereich des Arbeitsverhältnisses berührt werde.

Das erkennende Gericht folgt in seiner Entscheidung der insoweit überzeugenden Rechtsprechung des BSG (BSG v. 06.03.2003 - B 11 AL 69/02 R). Danach ist entscheidend für den Eintritt einer Sperrzeit nicht der Entzug der Fahrerlaubnis, sondern das zu dieser Maßnahme führende Verhalten des Betroffenen.
Folgerichtig stellt das BSG fest, dass selbst ein privates Fehlverhalten eines Berufskraftfahrers im Straßenverkehr, das nicht zum Entzug der Fahrerlaubnis geführt hat, Anlass für eine verhaltensbedingte Kündigung sein kann, wenn das Vertrauen des Arbeitgebers auf die Zuverlässigkeit des Arbeitnehmers als Grundlage des Arbeitsvertrages nicht mehr gewährleistet ist.
Dabei ist ausschlaggebend für diese Auffassung die Erkenntnis, dass Berufskraftfahrer die tatsächliche Sachherrschaft über Vermögensgegenstände des Arbeitgebers von erheblichem Wert ausüben.
Demgemäß kommt das BSG zu dem Ergebnis, dass anhand des Gegenstandes und des Inhalts des Arbeitsvertrages sowie der konkreten Interessenlage zu überprüfen ist, ob in einer privaten Trunkenheitsfahrt ein arbeitsvertragswidriges Verhalten, insbesondere ein Verstoß gegen "Schutz- und Verhaltenspflichten" zu sehen wäre, das Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat.

In dem vom Kläger am 01.08.2007 abgeschlossenen Arbeitsvertrag über seine Anstellung als Aushilfsfahrer findet sich zwar keine ausdrückliche Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle des Verlustes der Fahrerlaubnis. Allerdings ist unter "§ 8 Sonstiges" ausgeführt, dass eine gültige Fahrerlaubnis zum Führen der Firmenfahrzeuge vorhanden sein muss.
Gegen diese schriftlich niedergelegte Pflicht und die für einen Berufskraftfahrer grundsätzlich bestehende Verpflichtung, seinen Dienst unbeeinflusst von Alkohol auszuüben -wodurch er zur Abstinenz während der Freizeit in einem Umfang und zeitlichen Abstand verpflichtet wird, der Nüchternheit zum Arbeitsantritt gewährleistet- hätte der Kläger somit vorwerfbar verstoßen (s. LSG für das Saarland v. 23.11.2010 - L 6 AL 4/10; LSG Hamburg v. 11.05.2011 - L 2 AL 55/08).
Der verhaltensbedingte Verlust der Fahrerlaubnis, die erkennbar Geschäftsgrundlage für den Arbeitsvertrag war, wäre folglich ein schweren Verstoß gegen vertragliche (Neben-) pflichten. Der Kläger hätte deshalb auch nicht damit rechnen können, sein Arbeitgeber werde dieses Verhalten folgenlos hinnehmen (s. LSG Baden-Württemberg v. 25.02.2011 - L 8 AL 3458/10 und v. 08.06.2011 - L 3 AL 1315/11).

Jedoch ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Aufgabenbeschreibung des Klägers durch Änderungsvertrag vom 18.12.2008 dahingehend geändert wurde, dass er ab 01.01.2009 bei der Bäckerei F. als Kommissionierer beschäftigt wurde.
In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger hierzu, dass es zu seinen Aufgaben als Kommissionierer gehörte, Waren zusammenzustellen und diese für den Abtransport herzurichten. Er räumte allerdings ein, dass im Falle der Verhinderung eines Aushilfsfahrers diese Waren aber auch von Kommissionierern transportiert werden mussten.

Dies bestätigte der Arbeitgeber im Telefonat mit der Beklagten vom 24.03.2010. Danach wäre der Kläger sowohl als Kommissionierer als auch als Aushilfsfahrer eingesetzt worden, da der Arbeitsplatz beide Tätigkeiten beinhaltet hätte. Auch in der Arbeitsbescheinigung vom 25.02.2010 beschrieb er die Beschäftigung des Klägers als "Kommissionierer und Auslieferungsfahrer".

Im Ergebnis kommt damit aber eine völlige Gleichstellung des Klägers mit einem Berufskraftfahrer - und damit eine uneingeschränkte Übertragung der oben genannten Pflichten auf ihn - nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht mehr in Betracht.
Denn mit der geänderten Aufgabenbeschreibung war die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung nicht mehr ausschließlich und vollständig vom Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis abhängig.
Dementsprechend reduzierten sich auch die Anforderungen an die vom Kläger geschuldeten Nebenpflichten im Hinblick auf den Erhalt seiner Fahrerlaubnis. Diese war für seine Tätigkeit zwar weiterhin nützlich, da er gelegentlich Fahrten für seinen Arbeitgeber auszuführen hatte. Ihr Entzug bedeutete aber nun nicht mehr zugleich auch das Entfallen der Geschäftsgrundlage für den Arbeitsvertrag.

Darüber hinaus ist für das BSG im Zusammenhang mit der Beurteilung eines arbeitsvertragswidrigen Verhaltens auch von Bedeutung, ob es sich bei der Trunkenheitsfahrt um einen erstmaligen Vorgang gehandelt hat und ob etwa im Hinblick auf Größe und Umsetzungsmöglichkeiten im Betrieb dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar gewesen wäre.

Diesbezüglich ließ der Kläger im Schriftsatz vom 07.07.2010 unwidersprochen mitteilen, dass gegen ihn keinerlei Abmahnungen ausgesprochen worden waren und es bisher auch keine weiteren Vorfälle gleicher Art gegeben hätte.

Von entscheidender Bedeutung ist für das Gericht in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber den Kläger trotz Kenntnis von der Trunkenheitsfahrt und dem Verlust der Fahrerlaubnis zunächst weiterhin beschäftigt hatte und die Weiterbeschäftigung letztlich nur an der Mehlstauballergie des Klägers scheiterte.
Darin ist ein eindeutiger Hinweis dafür zu sehen, dass das Fehlverhalten des Klägers beim Arbeitgeber eben noch nicht einen Grad der Zerrüttung des Vertrauensverhältnis herbeigeführt hatte, der eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt hätte.

Wird unter weiterer Berücksichtigung der beim Kläger festgestellten Umstände in einem derartigen Fall erst nach einiger Zeit und allein mit Hinweis auf den Verlust der Fahrerlaubnis vom Arbeitgeber gekündigt, handelt es sich nach Auffassung des Gerichts aber nicht mehr um eine verhaltensbedingte Kündigung. Vielmehr wurden dieser dann in der Person des Arbeitnehmers liegende Umstände zugrunde gelegt (so auch LSG Nordrhein-Westfalen v. 25.05.2005 - L 12 AL 214/03), so dass die Kündigung im Wesentlichen auf personenbedingte und nicht auf verhaltensbedingte Gründe gestützt wird.

Eine solche Kündigung ist jedoch nicht sperrzeitrelevant.

Da somit keine Sperrzeit eingetreten ist, waren die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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