Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 48 KR 771/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 42/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Juli 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;
Tatbestand:
Streitig ist eine Vergütungsforderung der Klägerin für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Der 1966 geborene K.G. war bis 16. April 1998 bei der Beklagten krankenversichert und befand sich ab 1998 in Strafhaft. Aus der Haft heraus stellte er im September 2006 einen Antrag auf eine stationäre Drogenentwöhnung nach Haftentlassung bei der Deutschen Rentenversicherung Nord. Diese leitete den Antrag zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter, welche den Antrag durch Bescheid vom 22. November 2006 mangels bestehender Mitgliedschaft ablehnte. Herr G. legte dagegen Widerspruch ein und beantragte am 11. Juli 2007 einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Hamburg, das die Beklagte durch Beschluss vom 17. Juli 2007 (S 48 KR 438/07 ER) verpflichtete, dem Herrn G. vorläufig und längstens bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 22. November 2006 eine stationäre Drogenentwöhnungs- und vorausgehende Entgiftungsbehandlung zu gewähren. Am 23. Juli 2007 wurde Herr G. aus der Haft entlassen und in der Klinik der Klägerin stationär aufgenommen, wo bis zum 10. August 2007 eine stationäre Entgiftungsbehandlung durchgeführt wurde. Die im Anschluss daran begonnene Entwöhnungsbehandlung bei "Jugend hilft Jugend" brach er wegen eines Rückfalls ab. Die Beklagte erklärte sodann auf gerichtlichen Hinweis ihre am 17. August 2007 gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegte Beschwerde (L 1 B 348/07 ER KR) für erledigt.
Den zwischenzeitlich gestellten Antrag des Herrn G. auf Feststellung seiner Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) lehnte die Beklagte ab und wies den hiergegen gerichteten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 17. September 2007 zurück. Dagegen wurde keine Klage erhoben.
Mit Rechnung vom 10. August 2007 verlangte die Klägerin von der Beklagten für die stationäre Behandlung des Herrn G. eine Vergütung in Höhe von EUR 6.850,95. Die Beklagte lehnte die Begleichung der Rechnung ab, da für Herrn G. keine Mitgliedschaft bestanden habe.
Die Klägerin hat daraufhin am 2. Juni 2008 Klage erhoben und vorgetragen, die Beklagte sei aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Sozialgerichts im Eilverfahren zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die einstweilige Anordnung habe sich ausschließlich auf eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation bezogen, für die die Beklagte dann auch eine Kostenzusage gegeben habe. Mit dem Beschluss sei jedoch weder eine Mitgliedschaft des Herrn G. noch eine Leistungspflicht der Beklagten festgestellt worden.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 30. Juli 2009 verurteilt, an die Klägerin EUR 6.850,96 nebst 5 % Zinsen seit dem 16. September 2007 zu zahlen. Es hat ausgeführt, die Beklagte sei aufgrund der einstweiligen Anordnung vom 17. Juli 2007 verpflichtet gewesen, Herrn G. eine stationäre Entgiftungsbehandlung als Sachleistung zu gewähren. Dadurch sei ein wirksamer Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte entstanden, der durch die nachfolgende Verwaltungsentscheidung gegenüber Herrn G. nicht wieder entfallen sei.
Die Beklagte hat dagegen am 18. August 2009 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht habe den Vergütungsanspruch der Klägerin zu Unrecht bejaht, da während des Zeitraums der stationären Behandlung keine Krankenversicherung des Herrn G. bei ihr bestanden habe. Die Beklagte sei auch nicht aufgrund der einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts vom 17. Juli 2007 zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Die Klägerin sei an dem Eilverfahren gar nicht beteiligt gewesen und könne somit aus dem Tenor der einstweiligen Anordnung keine eigenen Rechte herleiten. Der Beschluss habe zu keinem Zeitpunkt das Abrechnungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten betroffen und keinen Vertrauenstatbestand für einen Vergütungsanspruch der Klägerin gebildet. Darüber hinaus stelle die einstweilige Anordnung nur eine vorläufige Entscheidung hinsichtlich der Leistungspflicht der Beklagten dar. Ihre Wirkung habe mit dem bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 17. September 2009 geendet, durch den geklärt worden sei, dass eine Mitgliedschaft des Herrn G. während des Behandlungszeitraumes nicht bestanden habe, sodass mangels eines Sachleistungsanspruchs auch kein Vergütungsanspruch der Klägerin gegeben sei. Folge man der Auffassung des Sozialgerichts, so sei es grundsätzlich nicht möglich, durch bestandskräftigen Bescheid einen Anspruch abzulehnen, über den zuvor durch eine einstweilige Anordnung entschieden worden sei, und es bedürfte auch keiner Entscheidung mehr in der Hauptsache.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Juli 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und trägt vor, die Beklagte sei durch die einstweilige Anordnung verpflichtet worden, eine stationäre Drogenentwöhnungs- und vorausgehende Entgiftungsbehandlung zu gewähren. Dies sei die Grundlage dafür gewesen, dass die Entgiftung im Hause der Klägerin überhaupt durchgeführt worden sei. Es treffe daher nicht zu, dass es keinen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin gebe. Die Drogenentwöhnungsbehandlung habe die Beklagte im Übrigen aufgrund des Beschlusses auch bezahlt. Es sei vollkommen widersprüchlich, dass sie meine, die der Entwöhnung zwangsläufig vorausgehende Entgiftung nicht übernehmen zu müssen. Der Zinsanspruch werde allerdings nur noch für die Zeit ab 20. September 2007 geltend gemacht.
Bezüglich des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte im Verfahren S 48 KR 438/07 ER Bezug genommen, welche dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) Berufung ist nicht begründet, da das Sozialgericht die Beklagte zu Recht zur Zahlung von EUR 6.850,95 verurteilt hat.
Anspruchsgrundlage für den zulässigerweise mit der echten Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) geltend gemachten Vergütungsanspruch der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit dem gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft und unter anderem der Beklagten geschlossenen und am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung". Danach entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (BSG, Urteil vom 25.11.2010 – B 3 KR 4/10 R – Juris, m.w.N.).
An der Erforderlichkeit der stationären Krankenhausbehandlung des Herrn G. zum Zweck der Entgiftung sowie an der rechnerischen Richtigkeit der geltend gemachten Vegütungsforderung bestehen keine Zweifel. Allerdings war der Patient im Zeitraum der stationären Behandlung nicht Versicherter der Beklagten, wie nachträglich durch bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 17. September 2007 festgestellt worden ist. Das Sozialgericht hat jedoch zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Zahlungsverpflichtung der Beklagten aufgrund des im Eilverfahren ergangenen Beschlusses vom 17. Juli 2007 besteht.
Entgegen der Auffassung der Beklagten betrifft ihre Verpflichtung aus dem Beschluss nicht nur die Entwöhnungs-, sondern auch die hier streitige Entgiftungsbehandlung. Maßgebend ist insoweit allein der Tenor des Beschlusses, durch den die Beklagte ausdrücklich verpflichtet wurde, Herrn G. vorläufig "eine stationäre Drogenentwöhnungs- und vorausgehende Entgiftungsbehandlung" zu gewähren. Die von der Beklagten gegen den Beschluss erhobene Beschwerde hatte keine aufschiebende Wirkung, sodass während des Behandlungszeitraums eine wirksame Verpflichtung der Beklagten bestand, dem Herrn G. die stationäre Krankenhausbehandlung als Sachleistung zu gewähren. Der Beschluss ist zudem rechtskräftig geworden, nachdem die Beklagte das Beschwerdeverfahren auf gerichtliches Anraten für erledigt erklärt hat.
Aus der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung der Sachleistung im streitigen Zeitraum folgt zwingend auch ihre Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung an die Klägerin, denn die Krankenkassen erbringen Sachleistungen durch die zugelassenen beziehungsweise vertraglich gebundenen Leistungserbringer. Der Leistungserbringer erfüllt demnach durch seine Leistung an den Patienten dessen Sachleistungsanspruch gegenüber der Krankenkasse und erwirbt damit seinerseits den Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass durch bestandskräftigen Widerspruchsbescheid im Nachhinein festgestellt worden ist, dass Herr G. im streitigen Zeitraum nicht bei der Beklagten versichert war. Denn der mit der Erbringung der Sachleistung aufgrund einer einstweiligen Anordnung entstandene Vergütungsanspruch des Leistungserbringers kann nicht nachträglich durch eine anderslautende Entscheidung in der Hauptsache wieder entfallen. Stellt sich nach Abschluss eines Eilverfahrens im Hauptsacheverfahren heraus, dass der Antragsteller Leistungen aufgrund der einstweiligen Anordnung zu Unrecht erhalten hat, kann die Rückabwicklung vielmehr nur im Verhältnis der Beteiligten des Eilverfahrens erfolgen.
Sozialleistungen, die ein Antragsteller aufgrund einer gerichtlichen Eilentscheidung erhalten hat, stehen grundsätzlich unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass sich im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass ein entsprechender Anspruch nicht bestanden hat. In diesem Fall wird der zusprechende Gerichtsbeschluss gegenstandslos und der Rechtsgrund für die vorläufige Leistung entfällt, sodass ein öffentlich-rechtlicher, auf prozessrechtlichen Grundsätzen bestehender Erstattungsanspruch gegen den Empfänger der Leistung besteht (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl., S. 119, 331; Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 49). Daneben kommt gegen ihn unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 945 Zivilprozessordnung in Betracht.
Das Risiko, dass ein solcher Erstattungs- oder Schadensersatzanspruch nicht realisiert werden kann, besteht in jedem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und kann in Fällen der Sachleistungsgewährung im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis nicht auf den Leistungserbringer abgewälzt werden. Der Beklagten steht es außerdem frei, einen Erstattungsanspruch gemäß § 102 SGB X gegen den zuständigen Träger geltend zu machen und durchzusetzen. Es kann demgegenüber nicht Aufgabe der Klägerin sein, den letztendlich zuständigen Träger ausfindig zu machen. Denn in diesem Fall liefen einstweilige Anordnungen, mit denen eine Krankenkasse zur Gewährung von Sachleistungen verpflichtet wurde, praktisch ins Leere, weil sich kein Leistungserbringer mehr hierfür zur Verfügung stellen würde, wenn er dabei dem Risiko ausgesetzt wäre, seinen Vergütungsanspruch gegen die durch gerichtlichen Beschluss verpflichteten und insoweit für die Sachleistung zunächst zuständige Krankenkasse später nicht realisieren zu können
Der nur noch für die Zeit ab 20. September 2007 geltend gemachte Zinsanspruch beruht auf §§ 12 und 14 Satz 1 des Vertrages "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung".
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Vergütungsforderung der Klägerin für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Der 1966 geborene K.G. war bis 16. April 1998 bei der Beklagten krankenversichert und befand sich ab 1998 in Strafhaft. Aus der Haft heraus stellte er im September 2006 einen Antrag auf eine stationäre Drogenentwöhnung nach Haftentlassung bei der Deutschen Rentenversicherung Nord. Diese leitete den Antrag zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter, welche den Antrag durch Bescheid vom 22. November 2006 mangels bestehender Mitgliedschaft ablehnte. Herr G. legte dagegen Widerspruch ein und beantragte am 11. Juli 2007 einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Hamburg, das die Beklagte durch Beschluss vom 17. Juli 2007 (S 48 KR 438/07 ER) verpflichtete, dem Herrn G. vorläufig und längstens bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 22. November 2006 eine stationäre Drogenentwöhnungs- und vorausgehende Entgiftungsbehandlung zu gewähren. Am 23. Juli 2007 wurde Herr G. aus der Haft entlassen und in der Klinik der Klägerin stationär aufgenommen, wo bis zum 10. August 2007 eine stationäre Entgiftungsbehandlung durchgeführt wurde. Die im Anschluss daran begonnene Entwöhnungsbehandlung bei "Jugend hilft Jugend" brach er wegen eines Rückfalls ab. Die Beklagte erklärte sodann auf gerichtlichen Hinweis ihre am 17. August 2007 gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegte Beschwerde (L 1 B 348/07 ER KR) für erledigt.
Den zwischenzeitlich gestellten Antrag des Herrn G. auf Feststellung seiner Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) lehnte die Beklagte ab und wies den hiergegen gerichteten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 17. September 2007 zurück. Dagegen wurde keine Klage erhoben.
Mit Rechnung vom 10. August 2007 verlangte die Klägerin von der Beklagten für die stationäre Behandlung des Herrn G. eine Vergütung in Höhe von EUR 6.850,95. Die Beklagte lehnte die Begleichung der Rechnung ab, da für Herrn G. keine Mitgliedschaft bestanden habe.
Die Klägerin hat daraufhin am 2. Juni 2008 Klage erhoben und vorgetragen, die Beklagte sei aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Sozialgerichts im Eilverfahren zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die einstweilige Anordnung habe sich ausschließlich auf eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation bezogen, für die die Beklagte dann auch eine Kostenzusage gegeben habe. Mit dem Beschluss sei jedoch weder eine Mitgliedschaft des Herrn G. noch eine Leistungspflicht der Beklagten festgestellt worden.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 30. Juli 2009 verurteilt, an die Klägerin EUR 6.850,96 nebst 5 % Zinsen seit dem 16. September 2007 zu zahlen. Es hat ausgeführt, die Beklagte sei aufgrund der einstweiligen Anordnung vom 17. Juli 2007 verpflichtet gewesen, Herrn G. eine stationäre Entgiftungsbehandlung als Sachleistung zu gewähren. Dadurch sei ein wirksamer Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte entstanden, der durch die nachfolgende Verwaltungsentscheidung gegenüber Herrn G. nicht wieder entfallen sei.
Die Beklagte hat dagegen am 18. August 2009 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht habe den Vergütungsanspruch der Klägerin zu Unrecht bejaht, da während des Zeitraums der stationären Behandlung keine Krankenversicherung des Herrn G. bei ihr bestanden habe. Die Beklagte sei auch nicht aufgrund der einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts vom 17. Juli 2007 zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Die Klägerin sei an dem Eilverfahren gar nicht beteiligt gewesen und könne somit aus dem Tenor der einstweiligen Anordnung keine eigenen Rechte herleiten. Der Beschluss habe zu keinem Zeitpunkt das Abrechnungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten betroffen und keinen Vertrauenstatbestand für einen Vergütungsanspruch der Klägerin gebildet. Darüber hinaus stelle die einstweilige Anordnung nur eine vorläufige Entscheidung hinsichtlich der Leistungspflicht der Beklagten dar. Ihre Wirkung habe mit dem bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 17. September 2009 geendet, durch den geklärt worden sei, dass eine Mitgliedschaft des Herrn G. während des Behandlungszeitraumes nicht bestanden habe, sodass mangels eines Sachleistungsanspruchs auch kein Vergütungsanspruch der Klägerin gegeben sei. Folge man der Auffassung des Sozialgerichts, so sei es grundsätzlich nicht möglich, durch bestandskräftigen Bescheid einen Anspruch abzulehnen, über den zuvor durch eine einstweilige Anordnung entschieden worden sei, und es bedürfte auch keiner Entscheidung mehr in der Hauptsache.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Juli 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und trägt vor, die Beklagte sei durch die einstweilige Anordnung verpflichtet worden, eine stationäre Drogenentwöhnungs- und vorausgehende Entgiftungsbehandlung zu gewähren. Dies sei die Grundlage dafür gewesen, dass die Entgiftung im Hause der Klägerin überhaupt durchgeführt worden sei. Es treffe daher nicht zu, dass es keinen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin gebe. Die Drogenentwöhnungsbehandlung habe die Beklagte im Übrigen aufgrund des Beschlusses auch bezahlt. Es sei vollkommen widersprüchlich, dass sie meine, die der Entwöhnung zwangsläufig vorausgehende Entgiftung nicht übernehmen zu müssen. Der Zinsanspruch werde allerdings nur noch für die Zeit ab 20. September 2007 geltend gemacht.
Bezüglich des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte im Verfahren S 48 KR 438/07 ER Bezug genommen, welche dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) Berufung ist nicht begründet, da das Sozialgericht die Beklagte zu Recht zur Zahlung von EUR 6.850,95 verurteilt hat.
Anspruchsgrundlage für den zulässigerweise mit der echten Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) geltend gemachten Vergütungsanspruch der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit dem gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft und unter anderem der Beklagten geschlossenen und am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung". Danach entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (BSG, Urteil vom 25.11.2010 – B 3 KR 4/10 R – Juris, m.w.N.).
An der Erforderlichkeit der stationären Krankenhausbehandlung des Herrn G. zum Zweck der Entgiftung sowie an der rechnerischen Richtigkeit der geltend gemachten Vegütungsforderung bestehen keine Zweifel. Allerdings war der Patient im Zeitraum der stationären Behandlung nicht Versicherter der Beklagten, wie nachträglich durch bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 17. September 2007 festgestellt worden ist. Das Sozialgericht hat jedoch zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Zahlungsverpflichtung der Beklagten aufgrund des im Eilverfahren ergangenen Beschlusses vom 17. Juli 2007 besteht.
Entgegen der Auffassung der Beklagten betrifft ihre Verpflichtung aus dem Beschluss nicht nur die Entwöhnungs-, sondern auch die hier streitige Entgiftungsbehandlung. Maßgebend ist insoweit allein der Tenor des Beschlusses, durch den die Beklagte ausdrücklich verpflichtet wurde, Herrn G. vorläufig "eine stationäre Drogenentwöhnungs- und vorausgehende Entgiftungsbehandlung" zu gewähren. Die von der Beklagten gegen den Beschluss erhobene Beschwerde hatte keine aufschiebende Wirkung, sodass während des Behandlungszeitraums eine wirksame Verpflichtung der Beklagten bestand, dem Herrn G. die stationäre Krankenhausbehandlung als Sachleistung zu gewähren. Der Beschluss ist zudem rechtskräftig geworden, nachdem die Beklagte das Beschwerdeverfahren auf gerichtliches Anraten für erledigt erklärt hat.
Aus der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung der Sachleistung im streitigen Zeitraum folgt zwingend auch ihre Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung an die Klägerin, denn die Krankenkassen erbringen Sachleistungen durch die zugelassenen beziehungsweise vertraglich gebundenen Leistungserbringer. Der Leistungserbringer erfüllt demnach durch seine Leistung an den Patienten dessen Sachleistungsanspruch gegenüber der Krankenkasse und erwirbt damit seinerseits den Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass durch bestandskräftigen Widerspruchsbescheid im Nachhinein festgestellt worden ist, dass Herr G. im streitigen Zeitraum nicht bei der Beklagten versichert war. Denn der mit der Erbringung der Sachleistung aufgrund einer einstweiligen Anordnung entstandene Vergütungsanspruch des Leistungserbringers kann nicht nachträglich durch eine anderslautende Entscheidung in der Hauptsache wieder entfallen. Stellt sich nach Abschluss eines Eilverfahrens im Hauptsacheverfahren heraus, dass der Antragsteller Leistungen aufgrund der einstweiligen Anordnung zu Unrecht erhalten hat, kann die Rückabwicklung vielmehr nur im Verhältnis der Beteiligten des Eilverfahrens erfolgen.
Sozialleistungen, die ein Antragsteller aufgrund einer gerichtlichen Eilentscheidung erhalten hat, stehen grundsätzlich unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass sich im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass ein entsprechender Anspruch nicht bestanden hat. In diesem Fall wird der zusprechende Gerichtsbeschluss gegenstandslos und der Rechtsgrund für die vorläufige Leistung entfällt, sodass ein öffentlich-rechtlicher, auf prozessrechtlichen Grundsätzen bestehender Erstattungsanspruch gegen den Empfänger der Leistung besteht (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl., S. 119, 331; Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 49). Daneben kommt gegen ihn unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 945 Zivilprozessordnung in Betracht.
Das Risiko, dass ein solcher Erstattungs- oder Schadensersatzanspruch nicht realisiert werden kann, besteht in jedem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und kann in Fällen der Sachleistungsgewährung im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis nicht auf den Leistungserbringer abgewälzt werden. Der Beklagten steht es außerdem frei, einen Erstattungsanspruch gemäß § 102 SGB X gegen den zuständigen Träger geltend zu machen und durchzusetzen. Es kann demgegenüber nicht Aufgabe der Klägerin sein, den letztendlich zuständigen Träger ausfindig zu machen. Denn in diesem Fall liefen einstweilige Anordnungen, mit denen eine Krankenkasse zur Gewährung von Sachleistungen verpflichtet wurde, praktisch ins Leere, weil sich kein Leistungserbringer mehr hierfür zur Verfügung stellen würde, wenn er dabei dem Risiko ausgesetzt wäre, seinen Vergütungsanspruch gegen die durch gerichtlichen Beschluss verpflichteten und insoweit für die Sachleistung zunächst zuständige Krankenkasse später nicht realisieren zu können
Der nur noch für die Zeit ab 20. September 2007 geltend gemachte Zinsanspruch beruht auf §§ 12 und 14 Satz 1 des Vertrages "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung".
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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