Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 4844/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2775/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.05.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt seinen im Jahr 1999 aus einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung erzielten Lohn im Rahmen der Rentengewährung den Monaten August bis Dezember anstatt Oktober bis Dezember zuzuordnen.
Der im Jahr 1941 geborene Kläger stand ab dem Jahr 1987 im laufenden Leistungsbezug bei der Bundesagentur für Arbeit. Immer wieder war er im geringfügigen Umfang als Kraftfahrer beim Umzugsunternehmen F. GmbH (nachfolgend: Firma F. ) beschäftigt.
Im Jahr 1999 wurde der Kläger seitens der Firma F. für die Zeit vom 01.10. bis 31.12.1999 als geringfügig Beschäftigter mit einem Entgelt in Höhe von 1.327,50 DM angemeldet, wobei bei einem Stundenlohn von 15,00 DM im Oktober 39 Stunden = Gesamtlohn 585,00 DM, im November 19 Stunden = Gesamtlohn 285,00 DM und im Dezember 30,5 Stunden = Gesamtlohn 457,50 DM abgerechnet wurden. Die Lohnauszahlung erfolgte in bar. Die für die einzelnen Monate abgerechneten Stunden entsprechen den "Stundenzusammenstellungen für geringfügig Beschäftigte", die taggenaue Angaben zu den Arbeitszeiten enthalten und vom Kläger unterschrieben wurden. Damit im Einklang stehen ferner die von der Firma F. in Bescheinigungen der Bundesagentur für Arbeit über Nebeneinkommen gemachten Angaben (Bl. 26 - 34 LSG-Akte). Nach einem Aktenvermerk der Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit L. W. gab der Kläger ihr gegenüber im November 2004 an, ab 01.10.1999 Nebeneinkommen erzielt zu haben (Bl. 595 BA-Akte).
Sowohl im Versicherungsverlauf eines im Februar 2002 ergangenen Rentenbescheides (der nachfolgend wieder zurückgenommen wurde) als auch im Rentenbescheid vom 29.11.2004 führte die Beklagte für das Jahr 1999 eine geringfügige Beschäftigung in den Monaten Oktober bis Dezember auf und ermittelte hieraus nach § 76b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) einen Zuschlag von 0,0153 Entgeltpunkten (sie berücksichtigte dabei ein gemeldetes Entgelt von 1.327,00 DM, teilte diesen Betrag durch den Durchschnittsjahresverdienst aller Versicherten in Höhe von 53.507,00 DM, den sich daraus ergebenden Quotienten von 0,0248 vervielfältigte sie mit dem Verhältnis, das dem vom Arbeitgeber gezahlten Beitragssatzanteil und dem zum Zeitpunkt der Beschäftigung geltenden Beitragssatz entsprach [12: 19,5]).
Im Februar 2005 beantragte der Kläger auch im Hinblick auf die geringfügige Beschäftigung bei der Firma F. im Jahr 1999 die Überprüfung des Rentenbescheides vom 29.11.2004. Im Zusammenhang mit einer gegen ihn geltend gemachten Rückforderung von Wohngeld habe er diesbezüglich einen Fehler bemerkt. Er machte geltend, bei der Firma F. schon ab August 1999 "versuchsweise" (Bl. 88 VA) bzw. im Rahmen von "Probearbeitstagen" (Bl. 94 VA) ein paar Tage gearbeitet zu haben. Der Höhe nach sei der für das Jahr 1999 von der Firma F. gemeldete Betrag zutreffend. Allerdings sei dieser Betrag bereits auf die Zeit ab August 1999 zu beziehen. Hierzu trug der Kläger vor (Bl. 87 VA), im August an zwei Tagen insgesamt 19 Stunden gearbeitet zu haben. Der sich daraus ergebende Verdienst (285,00 DM) sei im Oktober abgerechnet worden, so dass er im Oktober tatsächlich lediglich 20 Stunden gearbeitet habe. Auch im September 1999 habe er einen Arbeitstag mit neun Stunden gehabt, der erzielte Verdienst (135,00 DM) sei in der Lohnabrechnung für Dezember enthalten. Gegenüber der Firma F. behauptete der Kläger konkret, am 19. und 27.08 sowie am 21.09.1999 gearbeitet zu haben (Bl. 103 VA). Seitens der Firma F. teilte der Zeuge S. F. der Beklagten mit, es könne sein, dass der Kläger schon im August gearbeitet habe, er habe dies überzeugend vorgetragen. Nach den bei ihm vorhandenen Unterlagen habe die Tätigkeit aber erst im Oktober begonnen und er habe auch nach nochmaliger Prüfung keine Fehler entdeckt. Der maßgebliche Mitarbeiter, der die damaligen Lohnabrechnungen erstellte, sei zwischenzeitlich verstorben. Die Firma F. stehe einer Datenänderung nicht im Wege (Bl. 97, 103 VA).
Mit Bescheid vom 01.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006 stellte die Beklagte die dem Kläger ab dem 01.01.2005 gewährte Altersrente im Hinblick auf hier nicht streitgegenständliche Einzelfragen neu fest, beließ es aber hinsichtlich der monatlichen Zuordnung bei der Berücksichtigung von Zuschlägen an Entgeltpunkten für die geringfügige Beschäftigung im Jahr 1999 beim bisherigen Versicherungsverlauf. Nach wie vor berücksichtigte sie für die Zeit von Oktober bis Dezember 1999 einen Zuschlag von 0,0153 Punkten. Das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im August und September 1999 sei nicht glaubhaft gemacht. Die Meldungen seien erst ab Oktober 1999 erfolgt.
Deswegen hat der Kläger am 28.12.2006 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben. Zuletzt hat er dort vorgetragen, die Wohngeldsache sei zwischenzeitlich beendet. Am Ausgang des jetzigen Verfahren habe er nunmehr wenig Interesse (Bl. 15 SG-Akte).
Mit Gerichtsbescheid vom 16.05.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die vom Kläger begehrte teilweise Rücknahme des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 29.11.2004 komme nicht in Betracht. Es sei weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht, dass der Kläger in der Zeit vom 01.08. bis zum 30.09.1999 eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung ausgeübt habe. Nach den Schreiben der Firma F. , der Meldung zur Krankenkasse und dem Vermerk der Bundesagentur für Arbeit vom November 2004 spreche mehr gegen eine Beschäftigung in den Monaten August und September 1999 als dafür. Dies gehe zu Lasten des Klägers.
Gegen den ihm am 23.05.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.06.2008 (Eingang beim Sozialgericht) Berufung eingelegt. Anlass für das Verfahren sei letztlich die Wohngeldangelegenheit gewesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.05.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006 zu verurteilen, den Bescheid vom 29.11.2004 zurückzunehmen und höhere Rente unter Berücksichtigung auch der Zeit vom 01.08.1999 bis zum 30.09.1999 als Zeit geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die vormals zuständige Berichterstatterin hat S. F. als Zeugen vernommen. Er hat u.a. angegeben, den Kläger schon lange vor dem Jahr 1999 gekannt zu haben. Der Kläger habe für die Firma F. auch früher schon gearbeitet. Insoweit könne seine Angabe zu einer Probearbeit im Jahr 1999 nicht stimmen. Im Jahr 1999 habe der Kläger erst ab dem 01.10. gearbeitet. Er gehe davon aus, dass selbst wenn ein Tag in einem anderen Monat gearbeitet worden wäre, dieser Tag abgerechnet worden wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagte, die beigezogene Verwaltungsakte der Bundesagentur für Arbeit und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 01.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2006 mit dem es die Beklagte ablehnte, den bestandskräftigen Rentenbescheid vom 29.11.2004 zurückzunehmen. Dabei beschränkt sich das eigentliche Begehren des Klägers allein auf die Zuordnung des im Jahr 1999 aus der geringfügigen Beschäftigung erzielten und gemeldeten Verdienst in Höhe von 1327,50 DM zu den Monaten August bis Dezember 1999 statt nur Oktober bis Dezember 1999.
Rechtgrundlage des klägerischen Begehrens ist § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte.
Einen derartigen Antrag auf Überprüfung des bestandskräftig gewordenen Rentenbescheides vom 29.11.2004 stellte der Kläger mit seinem Schreiben vom 07.02.2005 (so ausdrücklich der "Betreff" im Schreiben: "Rentenüberprüfung nach § 44 SGB X") und begründete ihn (damals u.a.) mit der Angabe, der für 1999 ausgewiesene Betrag sei richtig, der Zeitraum müsse aber statt 01.10. bis 31.12.1999 richtig 01.08. bis 31.12.1999 lauten.
Indessen lehnte die Beklagte diesen Antrag nach § 44 SGB X (so ausdrücklich der Widerspruchsbescheid am Ende) - in Bezug auf den alleinigen Streitpunkt (geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung im Zeitraum August bis Dezember 1999) - zu Recht ab. Denn der Rentenbescheid vom 29.11.2004 erweist sich in Bezug auf diesen Streitpunkt nicht als rechtswidrig.
Regelungsgegenstand des Rentenbescheides vom 29.11.2004 war allein die Gewährung von Altersrente ab dem 01.01.2005 in Höhe von (brutto) monatlich 687,94 EUR. Weitere Verfügungssätze, also der Bestandskraft zugängliche Regelungen, enthält dieser Bescheid nicht. Damit kann sich ein Antrag nach § 44 SGB X auch nur auf einen dieser drei Verfügungssätze (Rentenart, Rentenbeginn, Rentenhöhe) beziehen, wobei eine Relevanz der geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten allenfalls in Bezug auf die Höhe der Altersrente in Betracht kommt.
Indessen stellte die Beklagte die geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung des Klägers bei der Firma F. im Jahre 1999 zutreffend in die Berechnung der Rente ein. Dabei kommt es nicht darauf an, in welchen Monaten der Kläger den Arbeitsverdienst in Höhe von 1.327,50 DM erzielte. Denn für die Ermittlung der Zuschläge an Entgeltpunkten für eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung ist - wie sich aus § 76 b Abs. 2 SGB VI ergibt - die zeitliche Verteilung des erzielten Entgeltes im Laufe eines Kalenderjahrs unerheblich. Die Zuschläge werden ermittelt, indem das Arbeitsentgelt, das beitragspflichtig wäre, wenn die Beschäftigung versicherungspflichtig wäre, durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt und mit dem Verhältnis vervielfältigt wird, das dem vom Arbeitgeber gezahlten Beitragsanteil und dem Beitrag entspricht, der zu zahlen wäre, wenn das Arbeitsentgelt beitragspflichtig wäre. Mithin spielt die zeitliche Verteilung des Verdienstes innerhalb eines Kalenderjahres für die Ermittlung der Höhe des Zuschlages keine Rolle. Das allein auf eine anderweitige Verteilung des im gesamten Jahr 1999 erzielten Lohnes gerichtete Begehren des Klägers, der den Gesamtbetrag ausdrücklich als zutreffend bestätigte, würde daher zu keiner anderen Rentenhöhe führen. Dies kann auch anhand der von der Beklagten in der Anlage 20 dargestellten Berechnungsschritte zur Ermittlung des Zuschlages an Entgeltpunkten rechnerisch klar nachvollzogen werden.
Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte nur ein gemeldetes Entgelt von 1.327,00 DM, und nicht wie aus den Lohnabrechnungen hervorgehend von 1.327,50 DM, zu Grunde legte. Diese Differenz ist so gering, dass sie sich bei der Ermittlung des Zuschlages an Entgeltpunkten für das Jahr 1999 nicht auswirkt.
Soweit der Kläger Einwände gegen den Versicherungsverlauf im Rentenbescheid vom 29.11.2004 (Anlage 2) bzw. der entsprechenden Zeitendarstellung in der Berechnung des Zuschlages (Anlage 20) erhebt, braucht dem nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn diese Anlagen nehmen an der Bestandskraft des Bescheids vom 29.11.2004 nicht teil. Es handelt sich vielmehr um reine Begründungselemente (Urteil des Senats vom 02.03.2010, L 10 R 2208/07 mit Hinweis auf Urteile des BSG vom 31.08.1978, 4/5 RJ 102/76 in SozR 7290 § 74 Nr. 1 und 16.12.1997, 4 RA 56/96). Selbst wenn der vom Kläger behauptete Fehler in diesen Anlagen vorhanden sein sollte, bestünde somit kein Anspruch auf Rücknahme des Rentenbescheides, eben weil sich die monatliche Zuordnung des Verdienstes auf die allein maßgebende Rentenhöhe nicht auswirkt.
Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem Vortrag des Klägers die Daten aus dem Versicherungsverlauf ungünstige Auswirkungen auf eine Wohngeldangelegenheit gehabt haben sollen. Denn auch dann bleiben diese Daten Teil der Begründung des Rentenbescheides und es existiert kein Anspruch auf die (absolut) richtige Begründung einer gebundenen Entscheidung. Maßgebend ist insoweit allein das Ergebnis, hier also der in Rede stehende Verfügungssatz über die Rentenhöhe. Im Übrigen hat sich die Wohngeldangelegenheit nach dem eigenen Vortrag des Klägers erledigt und der Kläger selbst hat im Schreiben vom August 2007 angegeben, "nunmehr wenig Interesse" am Ausgang der Sache zu haben.
Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass die Ausführungen des Sozialgerichts, wonach die tatsächliche Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung in den Monaten August und September 1999 weder nachgewiesen noch glaubhaft (§ 23 Abs. 1 SGB X: überwiegend wahrscheinlich) gemacht sei, zutreffend sind. Neben den vom Sozialgericht dargelegten Umständen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, spricht gegen die Darstellungen des Klägers insbesondere, dass er selbst Stundenaufschriebe unterschrieb, die im Einklang mit den von der Firma F. vorgelegten Lohnabrechnungen für die Monate Oktober bis Dezember 1999 stehen und mithin die Richtigkeit der für die Zeit ab Oktober 1999 erfolgten Meldungen bestätigen. Neben den vom Kläger unterschriebenen Stundenaufschrieben wurden zudem Nebeneinkommensbescheinigungen für die Bundesagentur für Arbeit erstellt, die ebenfalls mit den vorgelegten Lohnabrechnung im Einklang stehen. Zudem sind die Angaben des Klägers zu den angeblichen Arbeitstagen im August und September 1999 nicht schlüssig. Gegen eine angeblich probeweise oder versuchsweise Beschäftigung im August/September 1999 spricht, wie vom Zeugen treffend bemerkt, dass der Kläger - auch nach eigenem Vorbringen - schon vor diesem Zeitpunkt viele Jahre für die Firma F. tätig war. Eine Tätigkeit zur Probe machte daher keinen Sinn. Auch nicht nachvollziehbar ist, weswegen der angebliche Arbeitstag im September erst im Dezember abgerechnet worden sein soll. Dass sich die Firma F. im Verwaltungsverfahren einer Datenänderung nicht in den Weg stellte und die Angaben des Klägers zu konkreten Arbeitstagen als überzeugend bewertete, reicht zum Beleg des Gegenteils nicht aus, zumal die Firma F. schon damals auch nach nochmaliger Prüfung letztlich doch keinen Fehler hinsichtlich der Anmeldung zum Oktober 1999 erkennen konnte, was vom Zeugen in der mündlichen Vernehmung durch die frühere Berichterstatterin noch einmal bestätigt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt seinen im Jahr 1999 aus einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung erzielten Lohn im Rahmen der Rentengewährung den Monaten August bis Dezember anstatt Oktober bis Dezember zuzuordnen.
Der im Jahr 1941 geborene Kläger stand ab dem Jahr 1987 im laufenden Leistungsbezug bei der Bundesagentur für Arbeit. Immer wieder war er im geringfügigen Umfang als Kraftfahrer beim Umzugsunternehmen F. GmbH (nachfolgend: Firma F. ) beschäftigt.
Im Jahr 1999 wurde der Kläger seitens der Firma F. für die Zeit vom 01.10. bis 31.12.1999 als geringfügig Beschäftigter mit einem Entgelt in Höhe von 1.327,50 DM angemeldet, wobei bei einem Stundenlohn von 15,00 DM im Oktober 39 Stunden = Gesamtlohn 585,00 DM, im November 19 Stunden = Gesamtlohn 285,00 DM und im Dezember 30,5 Stunden = Gesamtlohn 457,50 DM abgerechnet wurden. Die Lohnauszahlung erfolgte in bar. Die für die einzelnen Monate abgerechneten Stunden entsprechen den "Stundenzusammenstellungen für geringfügig Beschäftigte", die taggenaue Angaben zu den Arbeitszeiten enthalten und vom Kläger unterschrieben wurden. Damit im Einklang stehen ferner die von der Firma F. in Bescheinigungen der Bundesagentur für Arbeit über Nebeneinkommen gemachten Angaben (Bl. 26 - 34 LSG-Akte). Nach einem Aktenvermerk der Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit L. W. gab der Kläger ihr gegenüber im November 2004 an, ab 01.10.1999 Nebeneinkommen erzielt zu haben (Bl. 595 BA-Akte).
Sowohl im Versicherungsverlauf eines im Februar 2002 ergangenen Rentenbescheides (der nachfolgend wieder zurückgenommen wurde) als auch im Rentenbescheid vom 29.11.2004 führte die Beklagte für das Jahr 1999 eine geringfügige Beschäftigung in den Monaten Oktober bis Dezember auf und ermittelte hieraus nach § 76b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) einen Zuschlag von 0,0153 Entgeltpunkten (sie berücksichtigte dabei ein gemeldetes Entgelt von 1.327,00 DM, teilte diesen Betrag durch den Durchschnittsjahresverdienst aller Versicherten in Höhe von 53.507,00 DM, den sich daraus ergebenden Quotienten von 0,0248 vervielfältigte sie mit dem Verhältnis, das dem vom Arbeitgeber gezahlten Beitragssatzanteil und dem zum Zeitpunkt der Beschäftigung geltenden Beitragssatz entsprach [12: 19,5]).
Im Februar 2005 beantragte der Kläger auch im Hinblick auf die geringfügige Beschäftigung bei der Firma F. im Jahr 1999 die Überprüfung des Rentenbescheides vom 29.11.2004. Im Zusammenhang mit einer gegen ihn geltend gemachten Rückforderung von Wohngeld habe er diesbezüglich einen Fehler bemerkt. Er machte geltend, bei der Firma F. schon ab August 1999 "versuchsweise" (Bl. 88 VA) bzw. im Rahmen von "Probearbeitstagen" (Bl. 94 VA) ein paar Tage gearbeitet zu haben. Der Höhe nach sei der für das Jahr 1999 von der Firma F. gemeldete Betrag zutreffend. Allerdings sei dieser Betrag bereits auf die Zeit ab August 1999 zu beziehen. Hierzu trug der Kläger vor (Bl. 87 VA), im August an zwei Tagen insgesamt 19 Stunden gearbeitet zu haben. Der sich daraus ergebende Verdienst (285,00 DM) sei im Oktober abgerechnet worden, so dass er im Oktober tatsächlich lediglich 20 Stunden gearbeitet habe. Auch im September 1999 habe er einen Arbeitstag mit neun Stunden gehabt, der erzielte Verdienst (135,00 DM) sei in der Lohnabrechnung für Dezember enthalten. Gegenüber der Firma F. behauptete der Kläger konkret, am 19. und 27.08 sowie am 21.09.1999 gearbeitet zu haben (Bl. 103 VA). Seitens der Firma F. teilte der Zeuge S. F. der Beklagten mit, es könne sein, dass der Kläger schon im August gearbeitet habe, er habe dies überzeugend vorgetragen. Nach den bei ihm vorhandenen Unterlagen habe die Tätigkeit aber erst im Oktober begonnen und er habe auch nach nochmaliger Prüfung keine Fehler entdeckt. Der maßgebliche Mitarbeiter, der die damaligen Lohnabrechnungen erstellte, sei zwischenzeitlich verstorben. Die Firma F. stehe einer Datenänderung nicht im Wege (Bl. 97, 103 VA).
Mit Bescheid vom 01.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006 stellte die Beklagte die dem Kläger ab dem 01.01.2005 gewährte Altersrente im Hinblick auf hier nicht streitgegenständliche Einzelfragen neu fest, beließ es aber hinsichtlich der monatlichen Zuordnung bei der Berücksichtigung von Zuschlägen an Entgeltpunkten für die geringfügige Beschäftigung im Jahr 1999 beim bisherigen Versicherungsverlauf. Nach wie vor berücksichtigte sie für die Zeit von Oktober bis Dezember 1999 einen Zuschlag von 0,0153 Punkten. Das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im August und September 1999 sei nicht glaubhaft gemacht. Die Meldungen seien erst ab Oktober 1999 erfolgt.
Deswegen hat der Kläger am 28.12.2006 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben. Zuletzt hat er dort vorgetragen, die Wohngeldsache sei zwischenzeitlich beendet. Am Ausgang des jetzigen Verfahren habe er nunmehr wenig Interesse (Bl. 15 SG-Akte).
Mit Gerichtsbescheid vom 16.05.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die vom Kläger begehrte teilweise Rücknahme des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 29.11.2004 komme nicht in Betracht. Es sei weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht, dass der Kläger in der Zeit vom 01.08. bis zum 30.09.1999 eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung ausgeübt habe. Nach den Schreiben der Firma F. , der Meldung zur Krankenkasse und dem Vermerk der Bundesagentur für Arbeit vom November 2004 spreche mehr gegen eine Beschäftigung in den Monaten August und September 1999 als dafür. Dies gehe zu Lasten des Klägers.
Gegen den ihm am 23.05.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.06.2008 (Eingang beim Sozialgericht) Berufung eingelegt. Anlass für das Verfahren sei letztlich die Wohngeldangelegenheit gewesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.05.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 01.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006 zu verurteilen, den Bescheid vom 29.11.2004 zurückzunehmen und höhere Rente unter Berücksichtigung auch der Zeit vom 01.08.1999 bis zum 30.09.1999 als Zeit geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die vormals zuständige Berichterstatterin hat S. F. als Zeugen vernommen. Er hat u.a. angegeben, den Kläger schon lange vor dem Jahr 1999 gekannt zu haben. Der Kläger habe für die Firma F. auch früher schon gearbeitet. Insoweit könne seine Angabe zu einer Probearbeit im Jahr 1999 nicht stimmen. Im Jahr 1999 habe der Kläger erst ab dem 01.10. gearbeitet. Er gehe davon aus, dass selbst wenn ein Tag in einem anderen Monat gearbeitet worden wäre, dieser Tag abgerechnet worden wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagte, die beigezogene Verwaltungsakte der Bundesagentur für Arbeit und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 01.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2006 mit dem es die Beklagte ablehnte, den bestandskräftigen Rentenbescheid vom 29.11.2004 zurückzunehmen. Dabei beschränkt sich das eigentliche Begehren des Klägers allein auf die Zuordnung des im Jahr 1999 aus der geringfügigen Beschäftigung erzielten und gemeldeten Verdienst in Höhe von 1327,50 DM zu den Monaten August bis Dezember 1999 statt nur Oktober bis Dezember 1999.
Rechtgrundlage des klägerischen Begehrens ist § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte.
Einen derartigen Antrag auf Überprüfung des bestandskräftig gewordenen Rentenbescheides vom 29.11.2004 stellte der Kläger mit seinem Schreiben vom 07.02.2005 (so ausdrücklich der "Betreff" im Schreiben: "Rentenüberprüfung nach § 44 SGB X") und begründete ihn (damals u.a.) mit der Angabe, der für 1999 ausgewiesene Betrag sei richtig, der Zeitraum müsse aber statt 01.10. bis 31.12.1999 richtig 01.08. bis 31.12.1999 lauten.
Indessen lehnte die Beklagte diesen Antrag nach § 44 SGB X (so ausdrücklich der Widerspruchsbescheid am Ende) - in Bezug auf den alleinigen Streitpunkt (geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung im Zeitraum August bis Dezember 1999) - zu Recht ab. Denn der Rentenbescheid vom 29.11.2004 erweist sich in Bezug auf diesen Streitpunkt nicht als rechtswidrig.
Regelungsgegenstand des Rentenbescheides vom 29.11.2004 war allein die Gewährung von Altersrente ab dem 01.01.2005 in Höhe von (brutto) monatlich 687,94 EUR. Weitere Verfügungssätze, also der Bestandskraft zugängliche Regelungen, enthält dieser Bescheid nicht. Damit kann sich ein Antrag nach § 44 SGB X auch nur auf einen dieser drei Verfügungssätze (Rentenart, Rentenbeginn, Rentenhöhe) beziehen, wobei eine Relevanz der geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten allenfalls in Bezug auf die Höhe der Altersrente in Betracht kommt.
Indessen stellte die Beklagte die geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung des Klägers bei der Firma F. im Jahre 1999 zutreffend in die Berechnung der Rente ein. Dabei kommt es nicht darauf an, in welchen Monaten der Kläger den Arbeitsverdienst in Höhe von 1.327,50 DM erzielte. Denn für die Ermittlung der Zuschläge an Entgeltpunkten für eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung ist - wie sich aus § 76 b Abs. 2 SGB VI ergibt - die zeitliche Verteilung des erzielten Entgeltes im Laufe eines Kalenderjahrs unerheblich. Die Zuschläge werden ermittelt, indem das Arbeitsentgelt, das beitragspflichtig wäre, wenn die Beschäftigung versicherungspflichtig wäre, durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt und mit dem Verhältnis vervielfältigt wird, das dem vom Arbeitgeber gezahlten Beitragsanteil und dem Beitrag entspricht, der zu zahlen wäre, wenn das Arbeitsentgelt beitragspflichtig wäre. Mithin spielt die zeitliche Verteilung des Verdienstes innerhalb eines Kalenderjahres für die Ermittlung der Höhe des Zuschlages keine Rolle. Das allein auf eine anderweitige Verteilung des im gesamten Jahr 1999 erzielten Lohnes gerichtete Begehren des Klägers, der den Gesamtbetrag ausdrücklich als zutreffend bestätigte, würde daher zu keiner anderen Rentenhöhe führen. Dies kann auch anhand der von der Beklagten in der Anlage 20 dargestellten Berechnungsschritte zur Ermittlung des Zuschlages an Entgeltpunkten rechnerisch klar nachvollzogen werden.
Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte nur ein gemeldetes Entgelt von 1.327,00 DM, und nicht wie aus den Lohnabrechnungen hervorgehend von 1.327,50 DM, zu Grunde legte. Diese Differenz ist so gering, dass sie sich bei der Ermittlung des Zuschlages an Entgeltpunkten für das Jahr 1999 nicht auswirkt.
Soweit der Kläger Einwände gegen den Versicherungsverlauf im Rentenbescheid vom 29.11.2004 (Anlage 2) bzw. der entsprechenden Zeitendarstellung in der Berechnung des Zuschlages (Anlage 20) erhebt, braucht dem nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn diese Anlagen nehmen an der Bestandskraft des Bescheids vom 29.11.2004 nicht teil. Es handelt sich vielmehr um reine Begründungselemente (Urteil des Senats vom 02.03.2010, L 10 R 2208/07 mit Hinweis auf Urteile des BSG vom 31.08.1978, 4/5 RJ 102/76 in SozR 7290 § 74 Nr. 1 und 16.12.1997, 4 RA 56/96). Selbst wenn der vom Kläger behauptete Fehler in diesen Anlagen vorhanden sein sollte, bestünde somit kein Anspruch auf Rücknahme des Rentenbescheides, eben weil sich die monatliche Zuordnung des Verdienstes auf die allein maßgebende Rentenhöhe nicht auswirkt.
Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem Vortrag des Klägers die Daten aus dem Versicherungsverlauf ungünstige Auswirkungen auf eine Wohngeldangelegenheit gehabt haben sollen. Denn auch dann bleiben diese Daten Teil der Begründung des Rentenbescheides und es existiert kein Anspruch auf die (absolut) richtige Begründung einer gebundenen Entscheidung. Maßgebend ist insoweit allein das Ergebnis, hier also der in Rede stehende Verfügungssatz über die Rentenhöhe. Im Übrigen hat sich die Wohngeldangelegenheit nach dem eigenen Vortrag des Klägers erledigt und der Kläger selbst hat im Schreiben vom August 2007 angegeben, "nunmehr wenig Interesse" am Ausgang der Sache zu haben.
Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass die Ausführungen des Sozialgerichts, wonach die tatsächliche Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung in den Monaten August und September 1999 weder nachgewiesen noch glaubhaft (§ 23 Abs. 1 SGB X: überwiegend wahrscheinlich) gemacht sei, zutreffend sind. Neben den vom Sozialgericht dargelegten Umständen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, spricht gegen die Darstellungen des Klägers insbesondere, dass er selbst Stundenaufschriebe unterschrieb, die im Einklang mit den von der Firma F. vorgelegten Lohnabrechnungen für die Monate Oktober bis Dezember 1999 stehen und mithin die Richtigkeit der für die Zeit ab Oktober 1999 erfolgten Meldungen bestätigen. Neben den vom Kläger unterschriebenen Stundenaufschrieben wurden zudem Nebeneinkommensbescheinigungen für die Bundesagentur für Arbeit erstellt, die ebenfalls mit den vorgelegten Lohnabrechnung im Einklang stehen. Zudem sind die Angaben des Klägers zu den angeblichen Arbeitstagen im August und September 1999 nicht schlüssig. Gegen eine angeblich probeweise oder versuchsweise Beschäftigung im August/September 1999 spricht, wie vom Zeugen treffend bemerkt, dass der Kläger - auch nach eigenem Vorbringen - schon vor diesem Zeitpunkt viele Jahre für die Firma F. tätig war. Eine Tätigkeit zur Probe machte daher keinen Sinn. Auch nicht nachvollziehbar ist, weswegen der angebliche Arbeitstag im September erst im Dezember abgerechnet worden sein soll. Dass sich die Firma F. im Verwaltungsverfahren einer Datenänderung nicht in den Weg stellte und die Angaben des Klägers zu konkreten Arbeitstagen als überzeugend bewertete, reicht zum Beleg des Gegenteils nicht aus, zumal die Firma F. schon damals auch nach nochmaliger Prüfung letztlich doch keinen Fehler hinsichtlich der Anmeldung zum Oktober 1999 erkennen konnte, was vom Zeugen in der mündlichen Vernehmung durch die frühere Berichterstatterin noch einmal bestätigt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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