Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4476/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts K. vom 27. August 2010 abgeändert.
Der Bescheid des Landratsamts K. - Versorgungsamt - vom 22. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2005 und des Änderungsbescheids vom 27. April 2007 wird insoweit aufgehoben, als darin festgestellt worden ist, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" (gehbehindert) nicht mehr vorlägen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Der Beklagte erstattet dem Kläger 2/3 (zwei Drittel) der außergerichtliche Kosten beider Instanzen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Absenkung des Grades der Behinderung (GdB) von 80 auf zunächst 30 und nunmehr noch 60 sowie die Aberkennung des Merkzeichens "G".
1. Der am 14.07.1963 geborene Kläger ist deutscher Staatsbürger.
Das Versorgungsamt K. hatte ihm auf seinen Antrag vom 19.11.1979 hin mit Bescheid vom 22.04.1980 einen GdB (damals noch: eine "Minderung der Erwerbsfähigkeit" [MdE]) von 80 sowie das Merkzeichen "G" (gehbehindert) zuerkannt. Im Antragsverfahren waren mehrere ärztliche Unterlagen eingeholt worden, darunter der Entlassungsbericht der Fachklinik für Kinder und Jugendliche Wangen i.A. vom 19.11.1979 und der Behandlungsbericht des Städtischen Klinikums K. vom 29.05.1979. Als Diagnosen waren jeweils ein allergisches Asthma bronchiale und eine Sinusitis sowie nebenbefundlich eine Adipositas genannt. Alle drei Diagnosen lagen der Zuerkennung des GdB zu Grunde. Die Zuerkennung des Merkzeichens "G" beruhte darauf, dass nach § 58 Abs. 1 Satz 2 des damals geltenden Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) i.d.F. vom 08.10.1979 dieses Merkzeichen ab einem GdB von 80 ohne Weiteres zuerkannt wurde, also im Wege einer gesetzlichen Fiktion, während es auf die in § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG geregelten Voraussetzungen einer tatsächlichen Gehbehinderung nicht ankam. In der dem Bescheid vom 22.04.1980 zu Grunde liegenden Verfügung vom 18.04.1980 hatte der zuständige Mitarbeiter des Versorgungsamts unter anderem bei der Rubrik "Der Antragsteller ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt (nur bei einer MdE um 50 bis 70 v.H.)" ein "Nein" angekreuzt.
Durch Art. 20 Nr. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 (HBeglG 1984) vom 22.12.1983 (BGBl I, S. 1532) wurde die Fiktion einer Gehbehinderung in § 58 Abs. 1 Satz 2 SchwbG bei einem GdB von mindestens 80 ab dem 01.04.1984 aufgehoben. Auch bei einem GdB von 80 oder mehr setzte die Zuerkennung des Merkzeichens "G" nunmehr voraus, dass die unverändert in § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG geregelten Voraussetzungen einer tatsächlichen Gehbehinderung vorlagen.
Auf Grund der Neuregelung kam es - nach den Angaben des Beklagten in diesem Verfahren - zu einer Überprüfung zahlreicher Bescheide von Amts wegen.
In diesem Rahmen hob das Versorgungsamt Karlsruhe - ohne vorherige Anhörung - mit formularmäßigem Bescheid vom 03.01.1984 die Feststellung des Merkzeichens "G" ab dem 01.04.1984 unter Verweis auf die ge¬änderte Rechtslage auf.
Der Kläger erhob Widerspruch und trug vor, sein Gehvermögen im Straßenverkehr sei wegen des Asthma bronchiale stark eingeschränkt. Nachdem der zuständige Versorgungsarzt - ohne Einholung aktueller ärztlicher Unterlagen - in seiner (formblattmäßigen) Stellungnahme vom 07.02.1984 ausgeführt hatte, die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen auch real vor, erließ das Versorgungsamt unter dem 09.02.1984 einen "Abhilfebescheid", in dem auch ausgeführt war: "Es wird festgestellt, dass Sie in Ihrer Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind (§ 58 Abs. 1 des SchwbG in der ab 01.04.1984 geltenden Fassung) - Merkzeichen G".
In den Jahren seit 1984 wurde die Gültigkeitsdauer des Schwerbehindertenausweises des Klägers regelmäßig verlängert. Zu Nachprüfungen von Amts wegen kam es nicht.
2. Mit Schreiben vom 06.10.2004 wandte sich das Integrationsamt des Landeswohl-fahrtsverbandes Baden an das Versorgungsamt Karlsruhe. Der Kläger habe dort einen Antrag auf Gewährung von Beihilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs gestellt. Man bitte um Mittei¬lung, ob der Kläger zum Erreichen seines Arbeitsplatzes wegen der anerkannten Behinderungen zwingend auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sei.
Nachdem auf diese Anfrage hin Dr. C. vom Versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 13.10.2004 darauf hingewiesen hatte, dass die letzte gutachterliche Stellungnahme über den Kläger aus dem Jahre 1980 stamme und eine Nachuntersuchung zwingend erforderlich sei, zumal der Kläger damals noch Jugendlicher gewesen sei und sich eine Asthmaerkrankung bessern könne, leitete das Versorgungsamt ein Überprüfungsverfahren ein. Es zog zunächst zahlreiche aktuelle Befundberichte bei, darunter den Bericht des Internisten Dr. P. vom 05.12.2004. Es ergab sich, dass der Kläger 1982 eine Sprunggelenksfraktur rechts erlitten hatte und seitdem über Schmerzen beim Gehen und eine Einschränkung des Gehvermögens klage, seit etwa 10 Jahren eine Magenerkrankung (Hiatushernie, Nabelbruch, Reflux-beschwerden) vorliege, ein Schielen diagnostiziert worden sei und der Kläger seit fünf Jahren über eine Herzrhythmusstörung klage, wobei nur ein Bluthochdruck diagnostiziert worden sei. Das allergische Asthma bronchiale bestehe noch, die Beschwerden nähmen im Sommer zu. Nach 500 m Wegstrecke oder zwei Treppen müsse er pausieren. Er benutze jeden Tag Aarane-Spray, bei schlechter Verfassung auch Cortison-Spray. Er sei wegen Asthmaanfällen 1979 und zuletzt 1985 stationär behandelt worden.
Gestützt auf diese Unterlagen kam Dr. C. unter dem 28.02.2005 zu dem Ergebnis, dass für den Kläger nur noch ein Gesamt-GdB von 30 festzusetzen sei. Hierbei seien zu berücksichtigen eine Polypose der Nebenhöhlen, Kopfschmerzsyndrom und Bronchialasthma mit einem Teil-GdB von 30, Bluthochdruck und Adipositas mit einem Teil-GdB von 10, eine Funktionsbehinderung des rechten Sprunggelenks mit einem Teil-GdB von 10 sowie Schielen ebenfalls mit einem Teil-GdB von 10. Die angegebenen funktionellen Herzbeschwerden begründeten keinen Teil-GdB von mindestens 10. Von einer Entzündung der Nebenhöhlen könne nicht mehr ausgegangen werden. Es handele sich ausschließlich um Polypen. Derzeit seien keine Asthmaanfälle zu objektivieren.
Mit Schreiben vom 09.03.2005 hörte das zwischenzeitlich als Versorgungsamt zuständig gewordene Landratsamt K. den Kläger an. Dieser verwies darauf, dass keine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten sei, die eine Reduzierung seines GdB bzw. die Aberkennung des Merkzeichens rechtfertige. Das Asthmaleiden und die Gehbehinderung seien unverändert. Für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft maßgeblich seien die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit" (AHP) zum Zeitpunkt der Antragstellung. Eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen könne nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden.
Das Landratsamt erließ den hier streitigen Bescheid vom 22.04.2005. Darin hob es – gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) – "den Bescheid vom 22.04.1980" auf und stellte fest, dass der GdB ab dem 25.04.2005 nur noch 30 betrage, die Schwer-behinderteneigenschaft nicht mehr vorliege und die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" ebenfalls ab dem 25.04.2005 nicht mehr vorlägen. Jedoch habe die Behinderung des Klägers zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne von § 33 b Ein-kommensteuergesetz (EStG) geführt.
Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger erneut darauf, die Verhältnisse hätten sich nicht wesentlich verändert. Die festgestellten Behinderungen bestünden fort. Er genieße Vertrauensschutz. Auf die sich aus der Zuerkennung des Merkzeichens "G" ergebenden Rechtsfolgen sei er zwingend angewiesen. Es seien weitere Erkrankungen nicht berücksichtigt worden, nämlich Mor¬bus Cushing, Z.n. (Zustand nach) zweimaliger Schiel-OP mit Restschielstellung des rechten Auges, Hiatushernie mit rezidivierenden Gastritiden, Nabelhernie, Z.n. transitorisch-ischä¬mi¬scher Attacke im Jahre 2003 mit Gesichtsfeldausfällen des linken Auges, chronisches trockenes Auge, rezidivierende Cephalgien, Hypertonie, Herzrhythmus-störungen, Septum¬devia¬tion, jahreszeitliche Neurodermitis und Z.n. Bandscheibenvorfall 1990 mit Blockaden des linken Ileosakral¬gelenks.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.06.2005 führte Dr. K. aus, ein Bronchialasthma werde in den aktuellen ärztlichen Unterlagen zum Teil nicht einmal mehr erwähnt. Der Kläger habe im Zeitraum zwischen 1986 und 2001 keinen weiteren Asthmaanfall erlitten. Die Zuerkennung eines GdB von 80 im Ausgangsbescheid vom 22.04.1980 beruhe mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einer Fehlbeurteilung.
Der Beklagte wies daraufhin den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2005 zurück.
Der Kläger hat am 02.12.2005 Klage zum Sozialgericht K. (SG) erhoben (S 8 SB 4886/05). Mit Beschluss vom 12.10.2006 hat das SG das Verfahren im Hinblick auf eine Petition des Klägers zum baden-württembergischen Landtag und seine Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Mitarbeiter des Versorgungsamts zum Ruhen gebracht.
Von Amts wegen holte das Landratsamt die weiteren Befundberichte von Dr. P. vom 11.02.2006, von Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde M. vom 09.03.2006 und von den Orthopäden Dr. U. vom 20.03.2006 und Brandau vom 13.04.2006 ein. Gestützt hierauf schlug Dr. C. unter dem 20.04.2006 vor, bei dem Kläger ein Bronchialasthma mit Polypose der Nebenhöhlen und Kopfschmerzsyndrom mit einem Teil-GdB von 40, Funktionsbehinderungen des rechten Sprunggelenks und der Wirbelsäule mit Sensibilitäts¬störungen am rechten Fuß mit einem Teil-GdB von 30, Bluthochdruck und Adipositas (Teil-GdB 10) und Schielen (Teil-GdB) 10 sowie einen Gesamt-GdB von 50, jedoch nicht das Merkzeichen "G" anzuerkennen.
Der Beklagte hat daraufhin das Klagverfahren wieder angerufen und im Vergleichswege angeboten, ab dem 25.04.2005 einen GdB von 60 anzuerkennen. Der Kläger hat dieses Angebot abgelehnt. Daraufhin hat das SG mit Beschluss vom 16.04.2007 erneut das Ruhen angeordnet.
Unter dem 27.04.2007 erließ das Landratsamt einen Änderungsbescheid, mit dem es feststellte, der GdB des Klägers betrage 60 ab dem 25.04.2005. Das Merkzeichen "G" wurde nicht zuerkannt. Begründet wurde dieser Bescheid mit einer Verschlechterung des Gesundheits-zustandes des Klägers. Ausgeführt war ferner, der Bescheid werde Gegenstand des (ruhenden) Klageverfahrens.
Am 06.07.2007 hat der Beklagte das Klageverfahren erneut angerufen.
Der Kläger hat vor dem SG ergänzend vorgetragen, der angegriffene Bescheid habe lediglich den Bescheid vom 22.04.1980 aufgehoben. Die Feststellung des Merkzeichens "G" beruhe jedoch auf dem insoweit nicht aufgehobenen Bescheid vom 09.02.1984. Außerdem sei mit dem Änderungsbescheid vom 27.04.2007 bei ihm der Schwerbehindertenstatus wieder hergestellt worden, sodass es nicht mehr zutreffe, dass die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" ab dem 25.04.2005 nicht mehr vorlägen. Im Übrigen habe der Beklagte in jenem Änderungsbescheid selbst anerkannt, dass sich sein - des Klägers - Gesundheitszustand verschlechtert und nicht verbessert habe.
Der Beklagte hat vorgetragen, es sei zwar einzuräumen, dass der zuständige Sachbearbeiter in dem Bescheid vom 27.04.2007 den GdB von 60 unzutreffend mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes und nicht mit einer weniger weitreichenden als ursprünglich angenommenen Verbesserung begründet habe. Dies sei jedoch nur ein offenkundiger Begründungsfehler. Das Merkzeichen "G" könne nicht zuerkannt bleiben, auch wenn die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers fortbestehe, denn es fehle an den weiteren Voraussetzungen, nämlich der Einschränkung der Gehfähigkeit. Einer ausdrücklichen Aufhebung des Bescheides vom 09.02.1984 habe es nicht bedurft, da der Tenor des Auf¬hebungsbescheids hinreichend klar sei.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört. Auf die schriftlichen Aussagen der Zeugen wird verwiesen.
Sodann hat das SG den Kläger bei dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Notfallmedizin und Sozialmedizin Dr. T. begutachten lassen. Dieser Sachverständige hat ausgeführt, der Kläger leide an einer beginnenden degenerativen Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule mit Betonung des Segmentes C5/6 ohne radikuläre Ausfallsymptomatik und ohne funktionelle Beeinträchtigung, an einer mittelgradig ausgeprägten degenerativen Verschleißerkrankung der Lendenwirbelsäule mit Betonung der Segmente L4 bis S1 ohne radikuläre Ausfallsymptomatik und ohne funktionelle Beeinträchtigung sowie an einer knöchern folgenlos ausgeheilten Sprunggelenksfraktur rechts ohne funktionelle Beeinträchtigungen. Diese orthopädischen Beeinträchtigungen seien nach Erlass des Bescheids aus dem Jahre 1980 neu hinzugekommen. Für die Wirbelsäule insgesamt sei ein Teil-GdB von 20 anzusetzen, was sich bereits an der oberen Grenze des bestehenden Ermessensspielraums bewege. Weitere orthopädisch bedingte Teil-GdB beständen nicht. Die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" seien nicht gegeben, da an den unteren Extremitäten kein GdB von 50 bestehe und der Kläger nach eigenen Angaben zwei Kilometer am Stück in ca. einer halben Stunde zurücklegen könne.
Ferner hat das SG den Kläger bei dem Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchial-heilkunde Dr. P. begutachten lassen. Dieser Sachverständige hat unter dem 06.09.2008 bekundet, der Kläger leide an einem mittelgradigen, persistierenden, gemischtförmigen Asthma bronchiale mit lungenfunktionell leichtgradiger, peripherer Obstruktion, an einem Bluthochdruck ohne Nachweis von Endorganschäden, an Übergewicht mit einem Body-Maß-Index von 36,0 (Adipositas II. Grades), an einer Fettleber mit leichter Leberwerterhöhung ohne laborchemischen Hinweis auf Leberfunktionsstörung und an einer Fettstoffwechselstörung mit LDL-Hyper-cholesterin¬ämie und erhöhten Triglyceriden. Für das Asthma sei nach den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VersMedG) ein GdB von 30 angemessen. Im Rahmen seines Ermessens¬spielraums nehme er jedoch zu Gunsten des Klägers einen Teil-GdB von 40 an, da es bei einem Asthma bronchiale zu Schwankungen im Gesundheitszustand mit zeitweiligen Verschlechterungen komme. Für die übrigen Beeinträchtigungen auf internistischem Gebiet seien jeweils Teil-GdB von 10 angemessen. Die Wirbelsäulenleiden würden entsprechend dem Gutachten von Dr. T. mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Abschließend sei das beim Kläger bestehende Schielen mit einem Teil-GdB von 10 zu berücksichtigen. Hieraus, so Dr. P., sei ein Gesamt-GdB von 50 zu bilden. Gegenüber dem letzten bindenden Bescheid vom 22.04.1980 seien insoweit wesentliche Änderungen eingetreten. Zum einen seien die damals bestehenden Behinderungen heute anders einzuschätzen als im damaligen Bescheid. Zum anderen seien auf internistischem Gebiet (Bluthochdruck, Fettleber und Fettstoffwechselstörung) als auch auf orthopädischem Gebiet (Wirbelsäulenleiden) neue Gesundheitsstörungen hinzugetreten. Die Gehfähigkeit des Klägers sei auch durch die internistischen Funktionsbeeinträchtigungen nicht in relevantem Umfang eingeschränkt. Dem Kläger sei ein forsches Gehen mit ca. 5 km/h im aeroben Bereich und ohne Abfall der Sauerstoffsättigung möglich. Insoweit sei im Verhältnis zum letzten bindenden Bescheid eine wesentliche Änderung eingetreten, die jedenfalls seit dem 25.04.2005 feststellbar sei.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG sodann nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den behandelnden Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde M. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser Sachverständige hat unter dem 09.03.2009 ausgeführt, bei dem Kläger handle es sich um ein gemischtförmiges Asthma bronchiale, wobei die allergischen Erscheinungen in den letzten Jahren offenkundig in den Hintergrund getreten seien. Hier¬aus resultiere im Augenblick eine mäßige kombinierte Ventilationsstörung. Asthma bronchiale sei eine Erkrankung mit hoher Variabilität. Der Vorgut¬achter Dr. P. habe den Kläger in einer besseren körperlichen Verfassung untersucht. Tatsächlich sei der Teil-GdB für das Asthma bronchiale auf 50 zu schätzen. Unter Berücksichtigung der Begleiterkrankungen sei ein Gesamt-GdB von 60 anzunehmen. Eine Auswirkung der Lungenfunktionsstörung auf die Gehfähigkeit des Klägers bestehe nicht. Inwieweit sich Änderungen zum letzten bindenden Bescheid vom 22.04.1980 ergeben hätten, könne er nicht beurteilen, da ihm die damaligen Untersuchungsbefunde nicht vorlägen.
Auf weiteren Antrag des Klägers hat das SG Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Nachdem dieser die Begutachtung abgelehnt hatte und entbunden worden war, hat das SG auf Antrag des Klägers stattdessen Dr. S. beauftragt. Nachdem auch dieser eine Begutachtung abgelehnt hatte und entbunden worden war, hat das SG unter dem 23.07.2010 eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid angekündigt und auf § 109 Abs. 2 SGG hingewiesen. Der Kläger hat daraufhin unter dem 29.07.2010 beantragt, Prof. Dr. H. vom Städt. Klinikum K. als Gutachter zu bestellen.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.08.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und dem Beklagten die Erstattung eines Drittels der außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt.
Es hat ausgeführt, der vom Beklagten durch Teil-Anerkenntnis festgestellte Gesamt-GdB von 60 sei nicht zu Lasten des Klägers zu gering bemessen. Tatsächlich sei allenfalls ein Gesamt-GdB von 40 angemessen. Insoweit folge das SG nicht der Einschätzung des Gutachtens von Dr. P ... Der höchste und damit zu Grunde zu legende Teil-GdB von 40 für das Bronchialasthma sei wegen des weiteren Teil-¬GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden nicht zwingend zu erhöhen. Insoweit sei bereits ohne Berücksichtigung der Besonderheiten der Teil-GdB Bildung festzustellen, dass das Wirbelsäulenleiden auch in Kombination mit dem Bronchialasthma und den übrigen Nebenbefunden den Kläger nicht in gleicher Weise in seinen Körperfunktionen beeinträchtige, wie dies etwa beim Einsatz von Endoprothesen in beiden Kniegelenken der Fall wäre. Berücksichtige man ergänzend, dass sowohl die Einstufung des Wirbelsäulenleidens mit 20 an der oberen Grenze des Beurteilungsspielraumes liege als auch die Festsetzung von 40 für das Bronchialasthma zu Gunsten des Klägers nach oben korrigiert sei, könne der Teil-GdB von 20 den Gesamt-GdB nicht weiter erhöhen. Dass gleichwohl - nur - die Klage abgewiesen werde und damit zu Gunsten des Klägers ein Gesamt-GdB von 60 anstelle der angemessen 40 bestätigt werde, beruhe allein auf dem Teil-Anerkenntnis des Beklagten mit dem Änderungsbescheid vom 27.04.2007. Das SG hat weiter ausgeführt, die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" lägen nicht mehr vor. Der Kläger sei nach der übereinstimmendenden Aussage der Gutachter Dres. T., P. und M. weder durch die orthopädischen noch durch die internistischen Erkrankungen in seiner Gehfähigkeit in erheblicher Weise beeinträchtigt. Weiterhin hat das SG ausgeführt, es habe dem Antrag des Klägers, Prof. Dr. H. nach § 109 Abs. 1 SGG zum Gutachter zu bestellen, nicht folgen müssen. Nach § 109 Abs. 2 SGG könne das Gericht einen solchen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden sei. Dies sei hier der Fall. Auf Grund der durch seine Petition beim Landtag bedingten Verfahrensdauer von annähernd fünf Jahren habe der Kläger im vorliegenden Verfahren bereits über Gebühr von der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs und seiner Anfechtungsklage profitiert. Zudem habe das SG bereits auf Antrag des Klägers ein Gutachten bei dem Arzt M. eingeholt, ohne dass die Ergebnisse dieses Gutachtens das Vorbringen des Klägers stützten. Die weiteren Anträge des Klägers auf Bestellung von Dr. W. und Dr. S. seien mit diesen, anders als erforderlich, offenkundig nicht vorbesprochen worden. Soweit der Kläger vorgetragen habe, der Aufhebungsbescheid des Beklagten habe nicht den Feststellungsbescheid vom 09.02.1984 aufgehoben und das Merkzeichen "G" müsse deshalb weiter festgestellt bleiben, sei dem nicht zu folgen. Mit dem Änderungsbescheid sei zugleich auch die ursprüngliche Feststellung des Merkzeichens "G" aus dem Jahre 1984 aufgehoben worden. Einer ausdrücklichen Aufnahme des damaligen Feststellungsbescheids in den Tenor des Änderungsbescheides bedürfe es nicht.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.09.2010 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er hält daran fest, dass der Beklagte zumindest auch ausdrücklich den Bescheid vom 09.02.1984 hätte aufheben müssen. Dieser sei kein reiner Abhilfe¬bescheid gewesen. Vielmehr seien mit ihm der GdB von 80 und das Merkzeichen "G" erneut ausdrücklich festgestellt worden. Da jener Bescheid nicht aufgehoben worden sei, sei das Merkzeichen "G" nach wie vor zuerkannt. Dies müsse das LSG klarstellend feststellen. Ferner trägt der Kläger weiterhin vor, sein Gesundheitszustand habe sich gegenüber jenem aus den Jahren 1980/1984 nicht verbessert. Letztlich rügt der Kläger, das SG hätte seinem zuletzt nach § 109 Abs. 1 SGG gestellten Antrag, Prof. Dr. H. zu hören, nachkommen müssen. Ihm - dem Kläger - seien keine Verzögerungen des Verfahrens anzulasten, insbesondere nicht im Zusammenhang mit den Beauf-tragungen Dr. W.s und Dr. S.‘.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe. vom 27. August 2010 aufzuheben, den Bescheid des Versorgungsamts Karlsruhe. vom 22. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2005 und des Änderungsbescheids vom 27. April 2007 aufzuheben und festzustellen, dass auch ab dem 25. April 2005 der Grad der Behinderung des Klägers 80 betrage und die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" vorlägen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er trägt vor, auch ausweislich der Feststellungen der vom SG gehörten Gutachter habe sich der Gesundheitszustand des Klägers seit 1980 bzw. 1984 offenkundig gebessert. Ergänzend meint er, selbst wenn eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht sicher festgestellt werden könne, habe der damalige Bescheid wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden können. Bis zum Beweis des Gegenteils sei davon auszugehen, dass ein bindend gewordener Bescheid rechtmäßig sei. Dies habe auch das Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil (9 RVs 9/93 v. 11.10.1994) so gesehen und dazu ausgeführt, ein Schwerbehinderter habe keinen Anspruch darauf, ein Leben lang als außergewöhnlich gehbehindert behandelt zu werden, wenn er dies unbestritten nicht sei.
Der Berichterstatter des Senats hat den Kläger persönlich angehört und die Beteiligten ergänzend darauf hingewiesen, dass die Vorgaben der früher einschlägigen AHP betreffend die Bewertung asthmatischer Erkrankungen, die als antizipiertes Sachverständigengutachten einzustufen seien, zwischen 1977 und 2005 mehrfach geändert worden seien und dies möglicherweise wesentliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage gewesen seien. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 11.03.2011 verwiesen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat zunächst Prof. Dr. H. und sodann Dr. C. und - jeweils nach Ablehnung der Begutachtung durch diese Ärzte - zuletzt Dr. I. mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 30.09.2011 festgestellt, bei dem Kläger beständen anamnestisch ein Asthma bronchiale (allergische Form in der Kindheit), aktuell jedoch nur ein V.a. (Verdacht auf) ein teilweise kontrolliertes Asthma bronchiale mit leichter restriktiver Ventilationsstörung, eine Polysensibilisierung, eine arterielle Hypertonie, eine Adipositas zweiten Grades, Hypercholesterinämie, eine Hiatushernie, ein Z.n. Sprunggelenks¬fraktur 1982, ein chronisches HWS- und LWS-Syndrom, ein Schielen und ein Z.n. transitorisch ischämischer Attacke (partieller Gesichtsfeldausfall) 2003. Zu den heute bestehenden GdB hat der Sachverständige ausgeführt: Der Kläger klage zwar über häufige Infekte und Luftnot bei körperlicher Belastung. Jedoch lägen keine saisonalen Beschwerden vor. Die Symptomatik sei daher prinzipiell mit einem teilweise kontrollierten Asthma bronchiale vereinbar. Ungewöhnlicherweise werde keine leitliniengerechte antiasthmatische Therapie durchgeführt. Eine für das Asthma typische obstruktive Ventilationsstörung sei nicht sicher beschrieben und lasse sich auch aktuell nicht dokumentieren. Es seien vielmehr Zweifel aufgekommen, ob die vom Kläger beschriebenen "Asthmaanfälle" tatsächlich Asthmaäquivalente seien. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich unter besonderen Bedingungen wie Infekten der Atemwege oder Expositionen gegenüber externen Auslösern eine Verschlechterung der bronchialen Hyperreagibilität und damit eine bronchiale Obstruktion einstelle. Aus diesen Gründen sei für die asthmatische Erkrankung ein GdB von 10 anzunehmen. Es bestehe jedoch eine restriktive Einschränkung der Lungenfunktion. Sie sei erstmals am 12.12.2005 dokumentiert worden. Ihr Ausmaß sei über die Jahre gleich geblieben. Ihre Ursache sei allerdings unbekannt. Eine broncho-pulmonale Ursache sei nach den erhobenen einzelnen Parametern der Lungenfunktion unwahrscheinlich. Eine höhergradige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bedinge sie nicht. Gleichwohl sei es eine dauerhafte Funktionsbeeinträchtigung, die mit einem GdB von 30 zu bewerten sei. Die nur laborchemisch nachweisbare Polysensibilisierung gegen verschiedene Aeroallergene sei keine eigentliche Funktionsstörung. Die Hypertonie, aktuell im Erkrankungsstadium II, die trotz entsprechender Empfehlung bereits 2004 nicht konsequent therapiert werde, bedinge einen GdB von 10. Die Adipositas sei keine Behinderung. Das Gleiche gelte für die Hypercholesterinämie. Unter Einbeziehung eines GdB von 20 auf orthopädischem Gebiet entsprechend den Vorschlägen von Dr. T. ergebe sich ein Gesamt-GdB von 40. Zur Frage nach einer Veränderung des Gesundheitszustandes seit 1980 bzw. 1984 hat Dr. I. bekundet, das Asthma bronchiale sei eine Erkrankung, die nicht zeitlebens in gleicher Intensität vorliegen müsse. Die bronchiale Hyperreagibilität unterliege Schwankungen und könne sich im langjährigen Verlauf verstärken oder abschwächen. Ca. 50 % der Erkrankungen im Kindesalter verlören sich nach der Pubertät. Andererseits sei das Asthma bronchiale nicht heilbar. Die Disposition zur Erkrankung bleibt lebenslang bestehen. In welcher Intensität die Krankheit zwischen 1980 und 1984 bzw. zwischen 1984 und 2005 vorgelegen habe, sei nicht zuverlässig festzulegen. Es fehlten medizinische Befunde. Jedenfalls sei in diesem Zeitraum offensichtlich - ausgehend von den Aussagen der Entlassungs- und Behandlungsberichte des Jahres 1979 - eine Stabilisierung im Sinne einer Besserung aufgetreten. Unter täglicher Anwendung der Bedarfsmedikation sei lediglich 1985 nochmals ein stationärer Aufenthalt notwendig gewesen. Die ein- bis dreimal jährlich aufgetretenen Anfälle, die der Kläger schildere, führten anamnestisch nur zu vorübergehenden Beeinträchtigungen. Sicher spiele die Angst vor einem Asthmaanfall eine erhebliche Rolle. Auffällig sei die Toleranz des Inhalationsrauchens, das offensichtlich die bronchiale Situation nicht verändert habe. Auch habe der Kläger eine Besserung der saisonalen Rhinokonjunktivitis seit 1990 beschrieben. Seit 2005 beständen - auch hinsichtlich der restriktiven Einschränkung der Lungenfunktion-stabile Verhältnisse. Zu etwaigen Einschränkungen des Gehvermögens hat der Sachverständige ausgeführt, nach heutigem Stand sei die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht eingeschränkt. Der Kläger habe den Sechs-Minuten-Gehtest mit 4,5 km/ absolviert. Ergometrisch habe er mit bis zu 145 W belastet werden können. Ob die Gehfähigkeit in früheren Zeiten eingeschränkt gewesen sei, lasse sich nach 25 Jahren nicht mehr rekonstruieren. Bis 2005 lägen keine objektivierbaren Befunde vor, die eine nachträgliche zuverlässige Einschätzung erlaubten. Relevante Erkrankungen seien sicher nicht hinzugekommen, die Anamnese spreche für eine gewisse Besserung der Gesamtsituation. Ob das Merkzeichen "G" - 1984 - medizinisch berechtigt oder unberechtigt zuerkannt worden sei, müsse offen bleiben.
Der Beklagte hat sich unter dem 25.11.2011, der Kläger unter dem 16.01.2012 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und teilweise - hinsichtlich des Merkzeichens "G" - auch begründet.
1. Eine Aufhebung des Gerichtsbescheids und eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG nach § 159 SGG hat der Kläger nicht beantragt, etwa im Hinblick auf seinen Vortrag, das SG hätte seinem Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG auf Einholung eines Gutachtens bei Prof. Dr. A. stattgeben müssen. Auch in der Sache spricht nichts für eine Aufhebung und Zurückverweisung, über die der Senat im Ermessenswege entscheiden würde, nachdem das vom Kläger beantragte weitere Gutachten in der Berufungsinstanz eingeholt worden ist.
2. In der Sache hat die Berufung teilweise Erfolg.
Der Senat legt hierbei den Antrag des Klägers als isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG aus. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger daneben einen Feststellungsantrag derart gestellt hat, dass das Fortbestehen eines GdB von 80 und der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festgestellt werde. Ein solcher Antrag auf eine gerichtliche Feststellung wäre unzulässig, nachdem im Recht der schwerbehinderten Menschen entsprechende Feststellungen nur durch die Behörde, aber nicht durch das Gericht möglich sind. Außerdem reicht das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht über eine Anfechtungsklage hinaus: Hat er mit dieser Klage Erfolg und hebt das Gericht den Teil-Aufhebungsbescheid des Beklagten wieder auf, leben die vorangegangen Bewilligungsbescheide wieder auf, sodass dem Kläger dann der GdB von 80 und das Merkzeichen "G" auf Grund jener Bescheide zuerkannt bleiben.
a) Ausgangspunkt der Prüfung des Begehrens des Klägers ist der Gesundheitszustand bei Erlass der letzten in diesem Verfahren ergangenen Behördenentscheidung, also des Änderungs-bescheids vom 22.04.2007, in dem bei dem Kläger ein GdB von 60 festgestellt, die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" jedoch erneut verneint worden sind.
Diese Feststellungen treffen auf den 22.04.2007 bezogen zu bzw. beschweren den Kläger nicht:
aa) Bei Erlass des Änderungsbescheids bestand bei dem Kläger kein höherer GdB als 60, wie der Beklagte letztlich anerkannt hat.
(1) Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Grades der Behinderung nach § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und auch die medizinischen Vorgaben aus den in diesem Verfahren noch zu Grunde zu legenden Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht, Ausgaben 2005 und 2008 (AHP) hat das SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt. Ebenso hat es zutreffend darauf hingewiesen, dass die medizinischen Vorgaben für die Bewertung asthmatischer Erkrankungen wie hier nach den seit dem 01.01.2009 geltenden Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VersMedG) gegenüber den zuletzt geltenden AHP nicht verändert wurden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf jene Ausführungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
(2) Eine asthmatische Erkrankung des Klägers ist nicht mit einem höheren GdB als 10 zu bewerten. Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat im Wesentlichen auf die Feststellungen und Schlussfolgerungen in dem nach § 109 Abs. 1 SGG eingeholten aktuellen Gutachten von Dr. I.:
Dieser hat überzeugend dargelegt, dass bei dem Kläger kein dauerhaft vorhandenes, nicht kontrolliertes Asthma bronchiale vorliegt, sondern nur der Verdacht auf ein teilweise kontrolliertes Asthma. Der Kläger hat seit 1985 keine Asthmaanfälle mehr erlitten. Bei der Lungenfunktionsprüfung am Untersuchungstag hatte der Kläger zwar über Luftnot geklagt, Dr. I. konnte aber keine obstruktive Ventilation feststellen, die aber zu erwarten gewesen wäre. Diese Feststellung überzeugt, nachdem Dr. I. die Lungenfunktion des Klägers umfassend und mit mehreren Messmethoden (einer Blutgasanalyse, jeweils zwei Spirometrien und Ganzkörper-plethys¬mographien mit und ohne Medikation, Messung der CO-Diffusion und des NO-Gehalts der Ausatemluft) untersucht hat. Auch während der 16-tägigen Peakflow-Protokollierung konnten obstruktive Ventilationsstörungen trotz geklagter Luftnot nicht ermittelt werden. Nur an einem der 16 Tage überstieg die Variabilität des Spitzenflusses mit 24 % den Grenzwert von 20 %, an den anderen Tagen lag sie – zum Teil weit – darunter. Gegen die Existenz eines echten Asthma spricht auch, dass der Kläger seinen inhalativen Nikotinkonsum gut vertragen hatte. Nach diesen umfassenden Untersuchungen überzeugt es auch, wenn Dr. I. darauf hinweist, dass für das vom SG eingeholten Gutachten von Dr. P. lediglich eine Spirometrie durchgeführt worden sei, was keine zuverlässige Diagnose ermögliche. Lediglich auf Grund der Angaben des Klägers und der früheren Arztberichte, wobei Dr. I. an objektiv verifizierbaren Anhaltspunkten für ein Asthma nur einen leicht erhöhten Stickstoffanteil an der Ausatemluft feststellen konnte, kann – aber nur als Verdachtsdiagnose – von einem teilkontrollierten Asthma ausgegangen werden, das unter besonderen Umständen wie Infekten der Atemwege oder Einwirkungen durch bestimmte Allergene asthmatische Beschwerden hervorrufen kann.
Nach Nr. 26.8 AHP war ein Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion, aber mit einer Hyperreagibilität mit seltenen (saisonalen) und/oder leichten Anfällen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Vor diesem Hintergrund ist es überzeugend, wenn Dr. I. den mittleren Wert dieser Spanne, einen GdB von 10, vorschlägt, nachdem asthmatische Anfälle des Klägers nur unter besonderen, anscheinend seit mehreren Jahren nicht mehr aufgetretenen Umständen eintreten.
(3) Dr. I. hat statt einer asthmatischen Erkrankung eine andere Lungenbeeinträchtigung, nämlich eine (leichte) restriktive Ventilationsstörung, festgestellt und auch in den Vordergrund gerückt. Dem kann nach den umfassenden Lungenfunktionsuntersuchungen des Klägers gefolgt werden.
Nach Nr. 26.8 AHP waren Krankheiten der Atmungsorgane (z. B. Brustfellschwarten, chro¬nisch-obstruktive - auch "spastische" oder "asthmoide" - Bronchitis, Bronchiektasen, Lungenemphy-sem, Pneumokoniosen, Lungenfibrosen, inaktive Lungentuberkulose) mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades mit einem GdB von 20 bis 40 zu bewerten. Eine solche geringfügige Einschränkung war anzunehmen bei das gewöhnliche Maß überstei-gender Atemnot bei mittelschwerer Belastung (z. B. forschem Gehen [5 - 6 km/h], mittel¬schwerer körper¬liche Arbeit) und einer Verringerung der statischen und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um bis zu 1/3 gegenüber den Sollwerten, wobei die Blutgaswerte im Normbereich liegen. Bei dem Kläger nun fehlt es zwar an der genannten Atemnot, nachdem er – auch schon bei den Begutachtungen bei Dr. T. und Dr. P. – forsches Gehen bis zu (fast) 5 km/h toleriert hat und bei Dr. I. fahrradergometrisch bis zu 145 W belastet werden konnte, wobei der Kläger bei dem Abbruch zwar eine erhebliche Atemnot angab, Dr. I. aber bei der Belastung ausreichend große Atemreserven und danach bei einer Lungenfunktionsprüfung keine obstruktive Störung feststellen konnte, sodass er insgesamt nur eine leichte Einschränkung der Belastbarkeit angenommen hat. Dagegen liegen jedoch Messwerteinschränkungen vor, wie sie Nr. 26.8 AHP beschrieben hat: Die statischen Werte (die Vitalkapazität – VC) waren bei beiden Spirometrien und beiden Plethysmographien des Klägers sogar noch etwas stärker als um ein Drittel verringert, sie lagen jeweils bei 58,5 bzw. 57,6 %. Dagegen waren die dynamischen Werte (Einsekundenkapazität – FEV1) nur auf 68,1 bzw. 67,7 % verringert, also um weniger als ein Drittel.
Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Einzelpunkte erscheint es nachvollziehbar, dass Dr. I. auch hier den mittleren Spannenwert aus den AHP von 30 vorschlägt, es wäre eventuell auch der untere Wert von 20 zu rechtfertigen gewesen, da keine echten Funktions-beeinträchtigungen, sondern nur Messwerterniedrigungen vorlagen.
(4) Die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule hat Dr. T. in seinem Gutachten mit einem GdB von 20 bewertet. Dies ist überzeugend, nachdem diese Bewertung nach Nr. 26.18 AHP – erst – bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) gerechtfertigt ist.
(5) Die weiteren Behinderungen des Klägers bedingen jeweils keinen GdB von mehr als 10 und können daher nach Nr. 19 Abs. 4 Satz 1 AHP nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB beitragen. Ausgehend von berücksichtigungsfähigen Teil-GdB von 30 und 20 ergäbe sich ein Gesamt-GdB von 40, wie auch Dr. I. vorgeschlagen hat.
(6) Genauere Feststellungen zu den weiteren Behinderungen und zur Bildung des Gesamt-GdB sind auch nicht notwendig. In dem Änderungsbescheid vom 27.04.2007 hat der Beklagte den GdB des Klägers nur auf 60 verringert. Nachdem keiner der beauftragten Gutachter einen höheren Gesamt-GdB vorgeschlagen hat (Dr. P. hat einen GdB von 50, Lungenfacharzt M. einen solchen von 60 und Dr. T. und Dr. P. haben übereinstimmend 40 vorgeschlagen) und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vieles dafür spricht, dass tatsächlich kein höherer Wert als 40 vorliegt, ist der Kläger durch die Herabsenkung seines GdB auf immerhin 60 nicht beschwert.
bb) Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lagen bei dem Kläger 2005 bzw. 2007 nicht vor.
Nach § 145 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB IX steht dieser Nachteilsausgleich (unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr oder wahlweise Kraftfahrzeugsteuerermäßigung) schwerbehinderten Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, zu. Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX (entspricht § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG) ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Bei dem Kläger nun liegt zwar – jedenfalls nach dem insoweit maßgeblichen Bescheid vom 27.04.2007 – die Schwerbehinderteneigenschaft noch vor. Er ist jedoch in seiner Beweglichkeit im Straßenverkehr nicht erheblich eingeschränkt. Dies hat ebenfalls Dr. I. – insoweit im Einklang mit den früheren Gutachtern – festgestellt. Insbesondere konnte der Kläger den Sechs-Minuten-Gehtest mit einer Geschwindigkeit von 4,5 km/h absolvieren. Hierbei hat er eine Strecke von 450 m zurückgelegt. Selbst einschließlich der Pausen, die er ggfs. nach einer solchen Teilstrecke einlegen muss, kann der Kläger daher in 20 min mehr als 1000 m zurücklegen. Auch die hohe ergometrische Belastbarkeit des Klägers bis zu 145 W spricht gegen eine relevante Einschränkung des Gehvermögens.
b) Für die Aberkennung des Merkzeichens "G" durch den Beklagten fehlt es jedoch an einer einschlägigen Rechtsgrundlage.
aa) Der Beklagte hat sich insoweit auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützt. Diese Vorschrift war in diesem Fall jedoch keine taugliche Grundlage für die Aufhebung der Zuerkennung des Merkzeichens "G" für die Zukunft:
(1) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - hierzu gehören auch die Feststellung eines GdB und der Voraussetzungen eines Merkzeichens bzw. Nach¬teils-ausgleichs - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, wesentlich geändert haben.
Bei dem Vergleich ist von den jetzigen und von den damaligen Umständen, so wie sie tatsächlich vorgelegen haben, auszugehen. Unerheblich ist, ob jene Umstände dem ursprünglichen Bescheid auch zu Grunde gelegt worden sind. Ist dies nicht der Fall, haben sich also gar nicht die Umstände verändert, sondern sind sie ursprünglich nur falsch bewertet worden, ist kein Fall des § 48 SGB X gegeben, sondern ggfs. ein Fall des § 45 Abs. 1, Abs. 2 SGB X, in dem die Behörde im Ermessenswege einen ursprünglich rechtswidrigen Bescheid zurücknehmen kann. Gab es ursprünglich zwar eine Falschbewertung, ist der Bescheid also von Anfang an rechtswidrig gewesen, und haben sich gleichwohl auch Umstände verändert, kann § 48 SGB X als Korrekturnorm in Betracht kommen (zu allem Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 48 Rn. 6).
Für den Fall, dass unklar ist oder jedenfalls nicht festgestellt werden kann, ob der ursprüngliche Bescheid rechtswidrig war, hat das BSG in dem auch vom Beklagten zitierten Urteil vom 11.10.1994 (9 RVs 9/93, Juris) ausgeführt, dass nicht sofort und in jedem Falle auf Beweislasterwägungen zurückgegriffen werden kann (a.a.O., Rn. 10). Der Nachweis kann auch dann gelingen, wenn die allgemeine Erfahrung beachtet wird, dass die Verwaltung die wirklichen Auswirkungen eines regelwidrigen Zustandes auch dann zutreffend misst und bewertet, wenn sie die zu Grunde liegende Krankheit falsch einstuft (a.a.O., Rn. 10). In diesem Rahmen besteht eine gewisse Vermutung der Richtigkeit behördlicher Entscheidungen, die zwar nicht in Form eines An¬scheins¬beweises zu einer Umkehr der materiellen Beweislast führen kann, aber bei der Beweiswürdigung eine indizielle Wirkung hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn die (damalige) behördliche Entscheidung nicht nur auf Tatsachenfeststellungen beruhte, sondern auch eine Wertung enthielt, die selbst nicht in vollem Umfange gerichtlich überprüft werden kann. Dies hat das BSG gerade für das Merkzeichen "a.G." angenommen (a.a.O., Rn. 12), es gilt aber gleichermaßen für das Merkzeichen "G", weil hier die Behörde im Rahmen des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX (damals § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG) die unbestimmten Rechtsbegriffe der "erheblichen" Beeinträchtigung und der "üblichen" Wegstrecke anwenden muss. Wenn eine Behörde – gerade bei solchen unbestimmten Rechtsbegriffen – damals zu Gunsten des Betroffenen positiv entschieden hat, müssten gravierende Rechtsfehler vorgelegen haben, damit der Betroffene entgegen seinem damaligen Vortrag nunmehr mit dem Einwand gehört werden könnte, die Voraussetzungen hätten damals gar nicht vorgelegen (a.a.O., Rn. 12). Hinter dieser Erwägung steht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der die gesamte Rechtsordnung umfasst.
In einer früheren Entscheidung (Urt. v. 06.12.1989, 9 RVs 3/89, Juris Rn. 17) hatte das BSG auch Ausführungen zu der Frage gemacht, auf welcher Seite die materielle Beweislast liegt, zu wessen Lasten es also ausgeht, wenn selbst nach den in dem Urteil vom 11.10.1994 genannten Beurteilungskriterien nicht mehr geklärt werden kann, ob ein ursprünglicher Bescheid rechtmäßig war oder nicht. Es hat hierbei ausgeführt, dass die an sich bei der Behörde, die sich auf eine wesentliche Veränderung beruft, liegende Beweislast auf den Betroffenen übergehen kann, wenn Umstände streitig sind, die allein in seiner Sphäre liegen oder wenn er im Nachhinein geltend macht, seine Beeinträchtigungen seien in Wirklichkeit weniger gewichtig gewesen als von der Behörde angenommen (Schütze, a.a.O., Rn. 9 m.w.N.).
(2) Im Falle des Klägers ergibt sich bereits - ohne Rückgriff auf Beweislasterwägungen -, dass § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X keine taugliche Grundlage für die Aufhebung der Zuerkennung des Merkzeichens "G" war. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Feststellung des Merkzeichens "G" bei dem Kläger jedenfalls ab der Rechtsänderung durch das HBeglG 1984 ab dem 01.04.1984 rechtswidrig war, der Kläger also bereits ab damals tatsächlich nicht gehbehindert war, sodass es bei diesem Punkt nicht zu einer späteren Verbesserung des Gesundheitszustandes, also zu einem Wiedererlangen der Gehfähigkeit, gekommen sein kann. Bei dieser Einstufung berücksichtigt der Senat auch die vom BSG in dem Urteil vom 11.10.1994 genannten Kriterien.
Maßgeblich ist insoweit der Bescheid vom 09.02.1984. Mit diesem Bescheid hat damals das Versorgungsamt nicht lediglich dem Widerspruch des Klägers vom 01.02.1984 gegen den Aufhebungsbescheid vom 03.01.1984 abgeholfen. Der Bescheid war zwar als Abhilfebescheid ergangen. In seinem Verfügungssatz ist er jedoch über einen solchen hinausgegangen. Zur Abhilfe im Sinne von § 85 Abs. 1 SGG auf einen Anfechtungswiderspruch hin reicht es aus, den angefochtenen Bescheid wieder aufzuheben. Das Versorgungsamt hat jedoch ausdrücklich - erneut - die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei dem Kläger positiv festgestellt. Dies war auch folgerichtig, weil die Kriterien für die Zuerkennung dieses Nachteilsausgleichs zum 01.04.1984 - dieses Datum war in dem Bescheid genannt - geändert worden waren. Diese Auslegung des Bescheids vom 09.02.1984 wird dadurch gestützt, dass in der zu Grunde liegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.02.1984 ausdrücklich ausgeführt war, die Voraussetzungen des Merkzeichens lägen auch "real" vor.
Eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X wäre daher nur dann in Betracht gekommen, wenn die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei dem Kläger ab der Rechtsänderung zum 01.04.1984 tatsächlich vorgelegen hätten. Dies war nicht der Fall. Vielmehr war der Abhilfe-bescheid, der dieses Merkzeichen feststellte, bereits bei Erlass rechtswidrig.
Das Versorgungsamt hatte 1984 keinerlei medizinische Ermittlungen angestellt, um eine reale Gehbehinderung des Klägers festzustellen. Auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen aus den Jahren 1978 und 1979 konnte es schon deshalb nicht zurückgreifen, weil diese inzwischen bis zu sechs Jahre alt waren und der Kläger zwischenzeitlich das Jugendalter verlassen hatte, sodass es möglich war - dies hat 2005 auch Versorgungsärztin Dr. C. ausgeführt - dass sich die Auswirkungen der Lungenerkrankung des Klägers verringert hatten. Die Angaben des Klägers im Widerspruch hierzu reichten nicht aus, von einer realen Gehbehinderung auszugehen. Das Leiden des Klägers war kein orthopädisches. Eine Einschränkung des Gehvermögens konnte nur auf Grund der Gefahr von Asthma-Anfällen angenommen werden. Hierzu reicht die bloß theoretische Möglichkeit eines Anfalls nicht aus. Nachdem keine Anfälle des Klägers nach 1979 dokumentiert waren, ist davon auszugehen, dass sie tatsächlich auch nicht vorgelegen haben.
Vor allem aber stützt sich der Senat bei seiner Einschätzung, die erneute Zuerkennung des Merkzeichens am 09.02.1984 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, auf die eigene Einschätzung des Versorgungsamts vom 18.04.1980 in dem ursprünglichen Antragsverfahren, die Voraussetzungen lägen real gerade nicht vor, sondern allein auf Grund der Fiktion in § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG a.F. Diese Einschätzung war abgegeben worden, als die medizinischen Unterlagen aus den Jahren 1978 und 1979 bereits vorlagen. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Unterlagen keine Einschränkung des Gehvermögens dokumentierten. Unter diesen Umständen konnte auch 1984 auf Grund dieser Unterlagen das Merkzeichen "G" nicht zuerkannt werden.
Da der Kläger demnach zumindest seit 1984 nicht in seinem Gehvermögen eingeschränkt war, stellt es keine wesentliche Änderung der Sachlage dar, wenn dies 2005 bzw. 2007 weiterhin der Fall war.
bb) Eine Umdeutung der Bescheide des Beklagten hin zu einer Rücknahme wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit nach § 45 Abs. 1 SGB X scheidet aus. Über eine Rücknahme nach dieser Vorschrift muss eine Behörde im Ermessenswege entscheiden, während die Aufhebung eines Dauerverwaltungsakts für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine gebundene Entscheidung ist. Unter diesen Umständen ist eine Umdeutung nach § 43 Abs. 3 SGB X ausnahmslos ausgeschlossen.
c) Soweit der Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden den GdB des Klägers von 80 auf zuletzt 60 abgesenkt hat, konnte sich der Beklagte dagegen auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X stützen. Diese Teil-Aufhebung der GdB-Feststellung ist rechtmäßig.
Die Feststellung eines GdB von 80 beruhte weiterhin auf dem Bescheid vom 22.04.1980. Der Bescheid vom 09.02.1984 regelte diese Feststellung nicht neu, sondern - wie ausgeführt - allein die Voraussetzungen des Merkzeichens "G". Bei der Höhe des GdB hat sich jedoch zwischen April 1980 und April 2007 eine wesentliche Änderung ergeben, nachdem sich der Gesundheitszustand des Klägers erheblich verbessert hat.
Hier kann davon ausgegangen werden, dass die Feststellung eines GdB von 80 am 22.04.1980 nicht offensichtlich rechtswidrig war Nach den medizinischen Feststellungen aus den Entlassungsberichten der Fachklinik für Kinder und Jugendliche N. vom 19.11.1979 und des Städtischen Klinikums K. vom 29.05.1979 waren die Lungenfunktionseinschränkungen erheblich; der Kläger hatte akute Asthmaanfälle erlitten, die im Klinikum K. nach Feststellung einer globalen Lungeninsuffizienz zu einer Intubation und Druckbeatmung geführt hatte. Berücksichtigt man das damalige jugendliche Alter des Klägers und die Tatsache, dass die damals einschlägigen AHP 1977 für ein Asthma bronchiale mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion in höchster Stufe (also im Wesentlichen bei einer Absenkung der statischen und dynamischen Messwerte auf unter ein Drittel des Sollwerts) einen GdB von 70 bis 100 vorgesehen hatten, so erscheint die Zuerkennung eines GdB von 80 vertretbar.
Im Jahre 2007 dagegen lag bei dem Kläger - wie bereits ausgeführt - nur noch ein GdB von jedenfalls nicht mehr als 60 vor. Dass dies auf einer Verbesserung des Gesundheitszustandes seit 1980 beruhte, hat auch die Beweisaufnahme bestätigt. Nach dem Gutachten von Dr. P. kam es - nur - bis Mitte der 1980-er Jahre zu Asthmaanfällen, die nur noch einmal, 1985, zu stationärer Behandlung führten. Seitdem hat sich die gesundheitliche Situation gebessert. Dies hat auch Dr. I. in seinem Gutachten ausgeführt. Der Kläger selbst hat hierzu berichtet, spätestens ab Anfang der 1990-er Jahre sei es auch zu einer Besserung bei den saisonalen, durch Allergie bedingten Krankheitszuständen gekommen. Zu anderen Erkrankungen, die eine Aufrechterhaltung des Gesamt-GdB von 80 verlangen würden, ist es seit 1980 ebenfalls nicht gekommen. Insbesondere die Anfang der 1980-er Jahre erlittene Sprunggelenksfraktur ist ausgeheilt und hat keine Auswirkungen auf das Gehvermögen mehr. Dies hat auch Dr. T. in seinem Gutachten ermittelt.
Die weiteren Voraussetzungen einer Aufhebung für die Zukunft nach § 48 SGB X hat der Beklagte beachtet. Insbesondere musste er keine Fristen nach § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 oder § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X einhalten. Alle dort genannten Fristen gelten nur für Aufhebungen für die Vergangenheit im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X (vgl. Schütze, a.a.O., Rn. 34 m.w.N.). Im Übrigen wäre die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X, hätte sie beachtet werden müssen, eingehalten.
Auch Ermessen war nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X bei einer Aufhebung nur für die Zukunft nicht auszuüben.
d) Nachdem, wie ausgeführt, die Feststellung des GdB von 80 bis zu Beginn des Nachprüfungsverfahrens noch auf dem Bescheid vom 22.04.1980 beruhte und der Beklagte mit den angegriffenen Aufhebungsbescheiden aus den Jahren 2005 bis 2007 ausdrücklich auch jenen Bescheid vom 22.04.1980 aufgehoben hat, kam es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob - auch - der Bescheid vom 09.02.1984 aufgehoben worden sei, nicht an. Ebenso unerheblich ist diese Frage, soweit es um die Aberkennung des Merkzeichens "G" geht. Nachdem der Senat die Aufhebungsbescheide der Jahre 2005 bis 2007 in diesem Punkt wieder aufgehoben hat, steht dem Kläger das Merkzeichen weiterhin zu; ob dies auf dem Bescheid vom 22.04.1980 oder jenem vom 09.02.1984 beruht, ist für ihn unerheblich.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Bei der Quotelung berücksichtigt der Senat auch, dass der Beklagten mit dem Bescheid vom 22.04.2007 während des bereits anhängigen Klageverfahrens die Teil-Aufhebung der GdB-Feststellung bereits von 30 auf 60 verringert hatte.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Aus diesem Grund war der vom Beklagten hilfsweise gestellte Antrag, die Revision zuzulassen, zurückzuweisen.
Der Bescheid des Landratsamts K. - Versorgungsamt - vom 22. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2005 und des Änderungsbescheids vom 27. April 2007 wird insoweit aufgehoben, als darin festgestellt worden ist, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" (gehbehindert) nicht mehr vorlägen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Der Beklagte erstattet dem Kläger 2/3 (zwei Drittel) der außergerichtliche Kosten beider Instanzen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Absenkung des Grades der Behinderung (GdB) von 80 auf zunächst 30 und nunmehr noch 60 sowie die Aberkennung des Merkzeichens "G".
1. Der am 14.07.1963 geborene Kläger ist deutscher Staatsbürger.
Das Versorgungsamt K. hatte ihm auf seinen Antrag vom 19.11.1979 hin mit Bescheid vom 22.04.1980 einen GdB (damals noch: eine "Minderung der Erwerbsfähigkeit" [MdE]) von 80 sowie das Merkzeichen "G" (gehbehindert) zuerkannt. Im Antragsverfahren waren mehrere ärztliche Unterlagen eingeholt worden, darunter der Entlassungsbericht der Fachklinik für Kinder und Jugendliche Wangen i.A. vom 19.11.1979 und der Behandlungsbericht des Städtischen Klinikums K. vom 29.05.1979. Als Diagnosen waren jeweils ein allergisches Asthma bronchiale und eine Sinusitis sowie nebenbefundlich eine Adipositas genannt. Alle drei Diagnosen lagen der Zuerkennung des GdB zu Grunde. Die Zuerkennung des Merkzeichens "G" beruhte darauf, dass nach § 58 Abs. 1 Satz 2 des damals geltenden Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) i.d.F. vom 08.10.1979 dieses Merkzeichen ab einem GdB von 80 ohne Weiteres zuerkannt wurde, also im Wege einer gesetzlichen Fiktion, während es auf die in § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG geregelten Voraussetzungen einer tatsächlichen Gehbehinderung nicht ankam. In der dem Bescheid vom 22.04.1980 zu Grunde liegenden Verfügung vom 18.04.1980 hatte der zuständige Mitarbeiter des Versorgungsamts unter anderem bei der Rubrik "Der Antragsteller ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt (nur bei einer MdE um 50 bis 70 v.H.)" ein "Nein" angekreuzt.
Durch Art. 20 Nr. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 (HBeglG 1984) vom 22.12.1983 (BGBl I, S. 1532) wurde die Fiktion einer Gehbehinderung in § 58 Abs. 1 Satz 2 SchwbG bei einem GdB von mindestens 80 ab dem 01.04.1984 aufgehoben. Auch bei einem GdB von 80 oder mehr setzte die Zuerkennung des Merkzeichens "G" nunmehr voraus, dass die unverändert in § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG geregelten Voraussetzungen einer tatsächlichen Gehbehinderung vorlagen.
Auf Grund der Neuregelung kam es - nach den Angaben des Beklagten in diesem Verfahren - zu einer Überprüfung zahlreicher Bescheide von Amts wegen.
In diesem Rahmen hob das Versorgungsamt Karlsruhe - ohne vorherige Anhörung - mit formularmäßigem Bescheid vom 03.01.1984 die Feststellung des Merkzeichens "G" ab dem 01.04.1984 unter Verweis auf die ge¬änderte Rechtslage auf.
Der Kläger erhob Widerspruch und trug vor, sein Gehvermögen im Straßenverkehr sei wegen des Asthma bronchiale stark eingeschränkt. Nachdem der zuständige Versorgungsarzt - ohne Einholung aktueller ärztlicher Unterlagen - in seiner (formblattmäßigen) Stellungnahme vom 07.02.1984 ausgeführt hatte, die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen auch real vor, erließ das Versorgungsamt unter dem 09.02.1984 einen "Abhilfebescheid", in dem auch ausgeführt war: "Es wird festgestellt, dass Sie in Ihrer Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind (§ 58 Abs. 1 des SchwbG in der ab 01.04.1984 geltenden Fassung) - Merkzeichen G".
In den Jahren seit 1984 wurde die Gültigkeitsdauer des Schwerbehindertenausweises des Klägers regelmäßig verlängert. Zu Nachprüfungen von Amts wegen kam es nicht.
2. Mit Schreiben vom 06.10.2004 wandte sich das Integrationsamt des Landeswohl-fahrtsverbandes Baden an das Versorgungsamt Karlsruhe. Der Kläger habe dort einen Antrag auf Gewährung von Beihilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs gestellt. Man bitte um Mittei¬lung, ob der Kläger zum Erreichen seines Arbeitsplatzes wegen der anerkannten Behinderungen zwingend auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sei.
Nachdem auf diese Anfrage hin Dr. C. vom Versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 13.10.2004 darauf hingewiesen hatte, dass die letzte gutachterliche Stellungnahme über den Kläger aus dem Jahre 1980 stamme und eine Nachuntersuchung zwingend erforderlich sei, zumal der Kläger damals noch Jugendlicher gewesen sei und sich eine Asthmaerkrankung bessern könne, leitete das Versorgungsamt ein Überprüfungsverfahren ein. Es zog zunächst zahlreiche aktuelle Befundberichte bei, darunter den Bericht des Internisten Dr. P. vom 05.12.2004. Es ergab sich, dass der Kläger 1982 eine Sprunggelenksfraktur rechts erlitten hatte und seitdem über Schmerzen beim Gehen und eine Einschränkung des Gehvermögens klage, seit etwa 10 Jahren eine Magenerkrankung (Hiatushernie, Nabelbruch, Reflux-beschwerden) vorliege, ein Schielen diagnostiziert worden sei und der Kläger seit fünf Jahren über eine Herzrhythmusstörung klage, wobei nur ein Bluthochdruck diagnostiziert worden sei. Das allergische Asthma bronchiale bestehe noch, die Beschwerden nähmen im Sommer zu. Nach 500 m Wegstrecke oder zwei Treppen müsse er pausieren. Er benutze jeden Tag Aarane-Spray, bei schlechter Verfassung auch Cortison-Spray. Er sei wegen Asthmaanfällen 1979 und zuletzt 1985 stationär behandelt worden.
Gestützt auf diese Unterlagen kam Dr. C. unter dem 28.02.2005 zu dem Ergebnis, dass für den Kläger nur noch ein Gesamt-GdB von 30 festzusetzen sei. Hierbei seien zu berücksichtigen eine Polypose der Nebenhöhlen, Kopfschmerzsyndrom und Bronchialasthma mit einem Teil-GdB von 30, Bluthochdruck und Adipositas mit einem Teil-GdB von 10, eine Funktionsbehinderung des rechten Sprunggelenks mit einem Teil-GdB von 10 sowie Schielen ebenfalls mit einem Teil-GdB von 10. Die angegebenen funktionellen Herzbeschwerden begründeten keinen Teil-GdB von mindestens 10. Von einer Entzündung der Nebenhöhlen könne nicht mehr ausgegangen werden. Es handele sich ausschließlich um Polypen. Derzeit seien keine Asthmaanfälle zu objektivieren.
Mit Schreiben vom 09.03.2005 hörte das zwischenzeitlich als Versorgungsamt zuständig gewordene Landratsamt K. den Kläger an. Dieser verwies darauf, dass keine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten sei, die eine Reduzierung seines GdB bzw. die Aberkennung des Merkzeichens rechtfertige. Das Asthmaleiden und die Gehbehinderung seien unverändert. Für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft maßgeblich seien die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit" (AHP) zum Zeitpunkt der Antragstellung. Eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen könne nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden.
Das Landratsamt erließ den hier streitigen Bescheid vom 22.04.2005. Darin hob es – gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) – "den Bescheid vom 22.04.1980" auf und stellte fest, dass der GdB ab dem 25.04.2005 nur noch 30 betrage, die Schwer-behinderteneigenschaft nicht mehr vorliege und die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" ebenfalls ab dem 25.04.2005 nicht mehr vorlägen. Jedoch habe die Behinderung des Klägers zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne von § 33 b Ein-kommensteuergesetz (EStG) geführt.
Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger erneut darauf, die Verhältnisse hätten sich nicht wesentlich verändert. Die festgestellten Behinderungen bestünden fort. Er genieße Vertrauensschutz. Auf die sich aus der Zuerkennung des Merkzeichens "G" ergebenden Rechtsfolgen sei er zwingend angewiesen. Es seien weitere Erkrankungen nicht berücksichtigt worden, nämlich Mor¬bus Cushing, Z.n. (Zustand nach) zweimaliger Schiel-OP mit Restschielstellung des rechten Auges, Hiatushernie mit rezidivierenden Gastritiden, Nabelhernie, Z.n. transitorisch-ischä¬mi¬scher Attacke im Jahre 2003 mit Gesichtsfeldausfällen des linken Auges, chronisches trockenes Auge, rezidivierende Cephalgien, Hypertonie, Herzrhythmus-störungen, Septum¬devia¬tion, jahreszeitliche Neurodermitis und Z.n. Bandscheibenvorfall 1990 mit Blockaden des linken Ileosakral¬gelenks.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.06.2005 führte Dr. K. aus, ein Bronchialasthma werde in den aktuellen ärztlichen Unterlagen zum Teil nicht einmal mehr erwähnt. Der Kläger habe im Zeitraum zwischen 1986 und 2001 keinen weiteren Asthmaanfall erlitten. Die Zuerkennung eines GdB von 80 im Ausgangsbescheid vom 22.04.1980 beruhe mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einer Fehlbeurteilung.
Der Beklagte wies daraufhin den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2005 zurück.
Der Kläger hat am 02.12.2005 Klage zum Sozialgericht K. (SG) erhoben (S 8 SB 4886/05). Mit Beschluss vom 12.10.2006 hat das SG das Verfahren im Hinblick auf eine Petition des Klägers zum baden-württembergischen Landtag und seine Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Mitarbeiter des Versorgungsamts zum Ruhen gebracht.
Von Amts wegen holte das Landratsamt die weiteren Befundberichte von Dr. P. vom 11.02.2006, von Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde M. vom 09.03.2006 und von den Orthopäden Dr. U. vom 20.03.2006 und Brandau vom 13.04.2006 ein. Gestützt hierauf schlug Dr. C. unter dem 20.04.2006 vor, bei dem Kläger ein Bronchialasthma mit Polypose der Nebenhöhlen und Kopfschmerzsyndrom mit einem Teil-GdB von 40, Funktionsbehinderungen des rechten Sprunggelenks und der Wirbelsäule mit Sensibilitäts¬störungen am rechten Fuß mit einem Teil-GdB von 30, Bluthochdruck und Adipositas (Teil-GdB 10) und Schielen (Teil-GdB) 10 sowie einen Gesamt-GdB von 50, jedoch nicht das Merkzeichen "G" anzuerkennen.
Der Beklagte hat daraufhin das Klagverfahren wieder angerufen und im Vergleichswege angeboten, ab dem 25.04.2005 einen GdB von 60 anzuerkennen. Der Kläger hat dieses Angebot abgelehnt. Daraufhin hat das SG mit Beschluss vom 16.04.2007 erneut das Ruhen angeordnet.
Unter dem 27.04.2007 erließ das Landratsamt einen Änderungsbescheid, mit dem es feststellte, der GdB des Klägers betrage 60 ab dem 25.04.2005. Das Merkzeichen "G" wurde nicht zuerkannt. Begründet wurde dieser Bescheid mit einer Verschlechterung des Gesundheits-zustandes des Klägers. Ausgeführt war ferner, der Bescheid werde Gegenstand des (ruhenden) Klageverfahrens.
Am 06.07.2007 hat der Beklagte das Klageverfahren erneut angerufen.
Der Kläger hat vor dem SG ergänzend vorgetragen, der angegriffene Bescheid habe lediglich den Bescheid vom 22.04.1980 aufgehoben. Die Feststellung des Merkzeichens "G" beruhe jedoch auf dem insoweit nicht aufgehobenen Bescheid vom 09.02.1984. Außerdem sei mit dem Änderungsbescheid vom 27.04.2007 bei ihm der Schwerbehindertenstatus wieder hergestellt worden, sodass es nicht mehr zutreffe, dass die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" ab dem 25.04.2005 nicht mehr vorlägen. Im Übrigen habe der Beklagte in jenem Änderungsbescheid selbst anerkannt, dass sich sein - des Klägers - Gesundheitszustand verschlechtert und nicht verbessert habe.
Der Beklagte hat vorgetragen, es sei zwar einzuräumen, dass der zuständige Sachbearbeiter in dem Bescheid vom 27.04.2007 den GdB von 60 unzutreffend mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes und nicht mit einer weniger weitreichenden als ursprünglich angenommenen Verbesserung begründet habe. Dies sei jedoch nur ein offenkundiger Begründungsfehler. Das Merkzeichen "G" könne nicht zuerkannt bleiben, auch wenn die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers fortbestehe, denn es fehle an den weiteren Voraussetzungen, nämlich der Einschränkung der Gehfähigkeit. Einer ausdrücklichen Aufhebung des Bescheides vom 09.02.1984 habe es nicht bedurft, da der Tenor des Auf¬hebungsbescheids hinreichend klar sei.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört. Auf die schriftlichen Aussagen der Zeugen wird verwiesen.
Sodann hat das SG den Kläger bei dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Notfallmedizin und Sozialmedizin Dr. T. begutachten lassen. Dieser Sachverständige hat ausgeführt, der Kläger leide an einer beginnenden degenerativen Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule mit Betonung des Segmentes C5/6 ohne radikuläre Ausfallsymptomatik und ohne funktionelle Beeinträchtigung, an einer mittelgradig ausgeprägten degenerativen Verschleißerkrankung der Lendenwirbelsäule mit Betonung der Segmente L4 bis S1 ohne radikuläre Ausfallsymptomatik und ohne funktionelle Beeinträchtigung sowie an einer knöchern folgenlos ausgeheilten Sprunggelenksfraktur rechts ohne funktionelle Beeinträchtigungen. Diese orthopädischen Beeinträchtigungen seien nach Erlass des Bescheids aus dem Jahre 1980 neu hinzugekommen. Für die Wirbelsäule insgesamt sei ein Teil-GdB von 20 anzusetzen, was sich bereits an der oberen Grenze des bestehenden Ermessensspielraums bewege. Weitere orthopädisch bedingte Teil-GdB beständen nicht. Die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" seien nicht gegeben, da an den unteren Extremitäten kein GdB von 50 bestehe und der Kläger nach eigenen Angaben zwei Kilometer am Stück in ca. einer halben Stunde zurücklegen könne.
Ferner hat das SG den Kläger bei dem Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchial-heilkunde Dr. P. begutachten lassen. Dieser Sachverständige hat unter dem 06.09.2008 bekundet, der Kläger leide an einem mittelgradigen, persistierenden, gemischtförmigen Asthma bronchiale mit lungenfunktionell leichtgradiger, peripherer Obstruktion, an einem Bluthochdruck ohne Nachweis von Endorganschäden, an Übergewicht mit einem Body-Maß-Index von 36,0 (Adipositas II. Grades), an einer Fettleber mit leichter Leberwerterhöhung ohne laborchemischen Hinweis auf Leberfunktionsstörung und an einer Fettstoffwechselstörung mit LDL-Hyper-cholesterin¬ämie und erhöhten Triglyceriden. Für das Asthma sei nach den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VersMedG) ein GdB von 30 angemessen. Im Rahmen seines Ermessens¬spielraums nehme er jedoch zu Gunsten des Klägers einen Teil-GdB von 40 an, da es bei einem Asthma bronchiale zu Schwankungen im Gesundheitszustand mit zeitweiligen Verschlechterungen komme. Für die übrigen Beeinträchtigungen auf internistischem Gebiet seien jeweils Teil-GdB von 10 angemessen. Die Wirbelsäulenleiden würden entsprechend dem Gutachten von Dr. T. mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Abschließend sei das beim Kläger bestehende Schielen mit einem Teil-GdB von 10 zu berücksichtigen. Hieraus, so Dr. P., sei ein Gesamt-GdB von 50 zu bilden. Gegenüber dem letzten bindenden Bescheid vom 22.04.1980 seien insoweit wesentliche Änderungen eingetreten. Zum einen seien die damals bestehenden Behinderungen heute anders einzuschätzen als im damaligen Bescheid. Zum anderen seien auf internistischem Gebiet (Bluthochdruck, Fettleber und Fettstoffwechselstörung) als auch auf orthopädischem Gebiet (Wirbelsäulenleiden) neue Gesundheitsstörungen hinzugetreten. Die Gehfähigkeit des Klägers sei auch durch die internistischen Funktionsbeeinträchtigungen nicht in relevantem Umfang eingeschränkt. Dem Kläger sei ein forsches Gehen mit ca. 5 km/h im aeroben Bereich und ohne Abfall der Sauerstoffsättigung möglich. Insoweit sei im Verhältnis zum letzten bindenden Bescheid eine wesentliche Änderung eingetreten, die jedenfalls seit dem 25.04.2005 feststellbar sei.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG sodann nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den behandelnden Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde M. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser Sachverständige hat unter dem 09.03.2009 ausgeführt, bei dem Kläger handle es sich um ein gemischtförmiges Asthma bronchiale, wobei die allergischen Erscheinungen in den letzten Jahren offenkundig in den Hintergrund getreten seien. Hier¬aus resultiere im Augenblick eine mäßige kombinierte Ventilationsstörung. Asthma bronchiale sei eine Erkrankung mit hoher Variabilität. Der Vorgut¬achter Dr. P. habe den Kläger in einer besseren körperlichen Verfassung untersucht. Tatsächlich sei der Teil-GdB für das Asthma bronchiale auf 50 zu schätzen. Unter Berücksichtigung der Begleiterkrankungen sei ein Gesamt-GdB von 60 anzunehmen. Eine Auswirkung der Lungenfunktionsstörung auf die Gehfähigkeit des Klägers bestehe nicht. Inwieweit sich Änderungen zum letzten bindenden Bescheid vom 22.04.1980 ergeben hätten, könne er nicht beurteilen, da ihm die damaligen Untersuchungsbefunde nicht vorlägen.
Auf weiteren Antrag des Klägers hat das SG Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Nachdem dieser die Begutachtung abgelehnt hatte und entbunden worden war, hat das SG auf Antrag des Klägers stattdessen Dr. S. beauftragt. Nachdem auch dieser eine Begutachtung abgelehnt hatte und entbunden worden war, hat das SG unter dem 23.07.2010 eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid angekündigt und auf § 109 Abs. 2 SGG hingewiesen. Der Kläger hat daraufhin unter dem 29.07.2010 beantragt, Prof. Dr. H. vom Städt. Klinikum K. als Gutachter zu bestellen.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.08.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und dem Beklagten die Erstattung eines Drittels der außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt.
Es hat ausgeführt, der vom Beklagten durch Teil-Anerkenntnis festgestellte Gesamt-GdB von 60 sei nicht zu Lasten des Klägers zu gering bemessen. Tatsächlich sei allenfalls ein Gesamt-GdB von 40 angemessen. Insoweit folge das SG nicht der Einschätzung des Gutachtens von Dr. P ... Der höchste und damit zu Grunde zu legende Teil-GdB von 40 für das Bronchialasthma sei wegen des weiteren Teil-¬GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden nicht zwingend zu erhöhen. Insoweit sei bereits ohne Berücksichtigung der Besonderheiten der Teil-GdB Bildung festzustellen, dass das Wirbelsäulenleiden auch in Kombination mit dem Bronchialasthma und den übrigen Nebenbefunden den Kläger nicht in gleicher Weise in seinen Körperfunktionen beeinträchtige, wie dies etwa beim Einsatz von Endoprothesen in beiden Kniegelenken der Fall wäre. Berücksichtige man ergänzend, dass sowohl die Einstufung des Wirbelsäulenleidens mit 20 an der oberen Grenze des Beurteilungsspielraumes liege als auch die Festsetzung von 40 für das Bronchialasthma zu Gunsten des Klägers nach oben korrigiert sei, könne der Teil-GdB von 20 den Gesamt-GdB nicht weiter erhöhen. Dass gleichwohl - nur - die Klage abgewiesen werde und damit zu Gunsten des Klägers ein Gesamt-GdB von 60 anstelle der angemessen 40 bestätigt werde, beruhe allein auf dem Teil-Anerkenntnis des Beklagten mit dem Änderungsbescheid vom 27.04.2007. Das SG hat weiter ausgeführt, die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" lägen nicht mehr vor. Der Kläger sei nach der übereinstimmendenden Aussage der Gutachter Dres. T., P. und M. weder durch die orthopädischen noch durch die internistischen Erkrankungen in seiner Gehfähigkeit in erheblicher Weise beeinträchtigt. Weiterhin hat das SG ausgeführt, es habe dem Antrag des Klägers, Prof. Dr. H. nach § 109 Abs. 1 SGG zum Gutachter zu bestellen, nicht folgen müssen. Nach § 109 Abs. 2 SGG könne das Gericht einen solchen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden sei. Dies sei hier der Fall. Auf Grund der durch seine Petition beim Landtag bedingten Verfahrensdauer von annähernd fünf Jahren habe der Kläger im vorliegenden Verfahren bereits über Gebühr von der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs und seiner Anfechtungsklage profitiert. Zudem habe das SG bereits auf Antrag des Klägers ein Gutachten bei dem Arzt M. eingeholt, ohne dass die Ergebnisse dieses Gutachtens das Vorbringen des Klägers stützten. Die weiteren Anträge des Klägers auf Bestellung von Dr. W. und Dr. S. seien mit diesen, anders als erforderlich, offenkundig nicht vorbesprochen worden. Soweit der Kläger vorgetragen habe, der Aufhebungsbescheid des Beklagten habe nicht den Feststellungsbescheid vom 09.02.1984 aufgehoben und das Merkzeichen "G" müsse deshalb weiter festgestellt bleiben, sei dem nicht zu folgen. Mit dem Änderungsbescheid sei zugleich auch die ursprüngliche Feststellung des Merkzeichens "G" aus dem Jahre 1984 aufgehoben worden. Einer ausdrücklichen Aufnahme des damaligen Feststellungsbescheids in den Tenor des Änderungsbescheides bedürfe es nicht.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.09.2010 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er hält daran fest, dass der Beklagte zumindest auch ausdrücklich den Bescheid vom 09.02.1984 hätte aufheben müssen. Dieser sei kein reiner Abhilfe¬bescheid gewesen. Vielmehr seien mit ihm der GdB von 80 und das Merkzeichen "G" erneut ausdrücklich festgestellt worden. Da jener Bescheid nicht aufgehoben worden sei, sei das Merkzeichen "G" nach wie vor zuerkannt. Dies müsse das LSG klarstellend feststellen. Ferner trägt der Kläger weiterhin vor, sein Gesundheitszustand habe sich gegenüber jenem aus den Jahren 1980/1984 nicht verbessert. Letztlich rügt der Kläger, das SG hätte seinem zuletzt nach § 109 Abs. 1 SGG gestellten Antrag, Prof. Dr. H. zu hören, nachkommen müssen. Ihm - dem Kläger - seien keine Verzögerungen des Verfahrens anzulasten, insbesondere nicht im Zusammenhang mit den Beauf-tragungen Dr. W.s und Dr. S.‘.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe. vom 27. August 2010 aufzuheben, den Bescheid des Versorgungsamts Karlsruhe. vom 22. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2005 und des Änderungsbescheids vom 27. April 2007 aufzuheben und festzustellen, dass auch ab dem 25. April 2005 der Grad der Behinderung des Klägers 80 betrage und die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" vorlägen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er trägt vor, auch ausweislich der Feststellungen der vom SG gehörten Gutachter habe sich der Gesundheitszustand des Klägers seit 1980 bzw. 1984 offenkundig gebessert. Ergänzend meint er, selbst wenn eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht sicher festgestellt werden könne, habe der damalige Bescheid wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden können. Bis zum Beweis des Gegenteils sei davon auszugehen, dass ein bindend gewordener Bescheid rechtmäßig sei. Dies habe auch das Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil (9 RVs 9/93 v. 11.10.1994) so gesehen und dazu ausgeführt, ein Schwerbehinderter habe keinen Anspruch darauf, ein Leben lang als außergewöhnlich gehbehindert behandelt zu werden, wenn er dies unbestritten nicht sei.
Der Berichterstatter des Senats hat den Kläger persönlich angehört und die Beteiligten ergänzend darauf hingewiesen, dass die Vorgaben der früher einschlägigen AHP betreffend die Bewertung asthmatischer Erkrankungen, die als antizipiertes Sachverständigengutachten einzustufen seien, zwischen 1977 und 2005 mehrfach geändert worden seien und dies möglicherweise wesentliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage gewesen seien. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 11.03.2011 verwiesen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat zunächst Prof. Dr. H. und sodann Dr. C. und - jeweils nach Ablehnung der Begutachtung durch diese Ärzte - zuletzt Dr. I. mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 30.09.2011 festgestellt, bei dem Kläger beständen anamnestisch ein Asthma bronchiale (allergische Form in der Kindheit), aktuell jedoch nur ein V.a. (Verdacht auf) ein teilweise kontrolliertes Asthma bronchiale mit leichter restriktiver Ventilationsstörung, eine Polysensibilisierung, eine arterielle Hypertonie, eine Adipositas zweiten Grades, Hypercholesterinämie, eine Hiatushernie, ein Z.n. Sprunggelenks¬fraktur 1982, ein chronisches HWS- und LWS-Syndrom, ein Schielen und ein Z.n. transitorisch ischämischer Attacke (partieller Gesichtsfeldausfall) 2003. Zu den heute bestehenden GdB hat der Sachverständige ausgeführt: Der Kläger klage zwar über häufige Infekte und Luftnot bei körperlicher Belastung. Jedoch lägen keine saisonalen Beschwerden vor. Die Symptomatik sei daher prinzipiell mit einem teilweise kontrollierten Asthma bronchiale vereinbar. Ungewöhnlicherweise werde keine leitliniengerechte antiasthmatische Therapie durchgeführt. Eine für das Asthma typische obstruktive Ventilationsstörung sei nicht sicher beschrieben und lasse sich auch aktuell nicht dokumentieren. Es seien vielmehr Zweifel aufgekommen, ob die vom Kläger beschriebenen "Asthmaanfälle" tatsächlich Asthmaäquivalente seien. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich unter besonderen Bedingungen wie Infekten der Atemwege oder Expositionen gegenüber externen Auslösern eine Verschlechterung der bronchialen Hyperreagibilität und damit eine bronchiale Obstruktion einstelle. Aus diesen Gründen sei für die asthmatische Erkrankung ein GdB von 10 anzunehmen. Es bestehe jedoch eine restriktive Einschränkung der Lungenfunktion. Sie sei erstmals am 12.12.2005 dokumentiert worden. Ihr Ausmaß sei über die Jahre gleich geblieben. Ihre Ursache sei allerdings unbekannt. Eine broncho-pulmonale Ursache sei nach den erhobenen einzelnen Parametern der Lungenfunktion unwahrscheinlich. Eine höhergradige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bedinge sie nicht. Gleichwohl sei es eine dauerhafte Funktionsbeeinträchtigung, die mit einem GdB von 30 zu bewerten sei. Die nur laborchemisch nachweisbare Polysensibilisierung gegen verschiedene Aeroallergene sei keine eigentliche Funktionsstörung. Die Hypertonie, aktuell im Erkrankungsstadium II, die trotz entsprechender Empfehlung bereits 2004 nicht konsequent therapiert werde, bedinge einen GdB von 10. Die Adipositas sei keine Behinderung. Das Gleiche gelte für die Hypercholesterinämie. Unter Einbeziehung eines GdB von 20 auf orthopädischem Gebiet entsprechend den Vorschlägen von Dr. T. ergebe sich ein Gesamt-GdB von 40. Zur Frage nach einer Veränderung des Gesundheitszustandes seit 1980 bzw. 1984 hat Dr. I. bekundet, das Asthma bronchiale sei eine Erkrankung, die nicht zeitlebens in gleicher Intensität vorliegen müsse. Die bronchiale Hyperreagibilität unterliege Schwankungen und könne sich im langjährigen Verlauf verstärken oder abschwächen. Ca. 50 % der Erkrankungen im Kindesalter verlören sich nach der Pubertät. Andererseits sei das Asthma bronchiale nicht heilbar. Die Disposition zur Erkrankung bleibt lebenslang bestehen. In welcher Intensität die Krankheit zwischen 1980 und 1984 bzw. zwischen 1984 und 2005 vorgelegen habe, sei nicht zuverlässig festzulegen. Es fehlten medizinische Befunde. Jedenfalls sei in diesem Zeitraum offensichtlich - ausgehend von den Aussagen der Entlassungs- und Behandlungsberichte des Jahres 1979 - eine Stabilisierung im Sinne einer Besserung aufgetreten. Unter täglicher Anwendung der Bedarfsmedikation sei lediglich 1985 nochmals ein stationärer Aufenthalt notwendig gewesen. Die ein- bis dreimal jährlich aufgetretenen Anfälle, die der Kläger schildere, führten anamnestisch nur zu vorübergehenden Beeinträchtigungen. Sicher spiele die Angst vor einem Asthmaanfall eine erhebliche Rolle. Auffällig sei die Toleranz des Inhalationsrauchens, das offensichtlich die bronchiale Situation nicht verändert habe. Auch habe der Kläger eine Besserung der saisonalen Rhinokonjunktivitis seit 1990 beschrieben. Seit 2005 beständen - auch hinsichtlich der restriktiven Einschränkung der Lungenfunktion-stabile Verhältnisse. Zu etwaigen Einschränkungen des Gehvermögens hat der Sachverständige ausgeführt, nach heutigem Stand sei die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht eingeschränkt. Der Kläger habe den Sechs-Minuten-Gehtest mit 4,5 km/ absolviert. Ergometrisch habe er mit bis zu 145 W belastet werden können. Ob die Gehfähigkeit in früheren Zeiten eingeschränkt gewesen sei, lasse sich nach 25 Jahren nicht mehr rekonstruieren. Bis 2005 lägen keine objektivierbaren Befunde vor, die eine nachträgliche zuverlässige Einschätzung erlaubten. Relevante Erkrankungen seien sicher nicht hinzugekommen, die Anamnese spreche für eine gewisse Besserung der Gesamtsituation. Ob das Merkzeichen "G" - 1984 - medizinisch berechtigt oder unberechtigt zuerkannt worden sei, müsse offen bleiben.
Der Beklagte hat sich unter dem 25.11.2011, der Kläger unter dem 16.01.2012 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und teilweise - hinsichtlich des Merkzeichens "G" - auch begründet.
1. Eine Aufhebung des Gerichtsbescheids und eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG nach § 159 SGG hat der Kläger nicht beantragt, etwa im Hinblick auf seinen Vortrag, das SG hätte seinem Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG auf Einholung eines Gutachtens bei Prof. Dr. A. stattgeben müssen. Auch in der Sache spricht nichts für eine Aufhebung und Zurückverweisung, über die der Senat im Ermessenswege entscheiden würde, nachdem das vom Kläger beantragte weitere Gutachten in der Berufungsinstanz eingeholt worden ist.
2. In der Sache hat die Berufung teilweise Erfolg.
Der Senat legt hierbei den Antrag des Klägers als isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG aus. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger daneben einen Feststellungsantrag derart gestellt hat, dass das Fortbestehen eines GdB von 80 und der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festgestellt werde. Ein solcher Antrag auf eine gerichtliche Feststellung wäre unzulässig, nachdem im Recht der schwerbehinderten Menschen entsprechende Feststellungen nur durch die Behörde, aber nicht durch das Gericht möglich sind. Außerdem reicht das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht über eine Anfechtungsklage hinaus: Hat er mit dieser Klage Erfolg und hebt das Gericht den Teil-Aufhebungsbescheid des Beklagten wieder auf, leben die vorangegangen Bewilligungsbescheide wieder auf, sodass dem Kläger dann der GdB von 80 und das Merkzeichen "G" auf Grund jener Bescheide zuerkannt bleiben.
a) Ausgangspunkt der Prüfung des Begehrens des Klägers ist der Gesundheitszustand bei Erlass der letzten in diesem Verfahren ergangenen Behördenentscheidung, also des Änderungs-bescheids vom 22.04.2007, in dem bei dem Kläger ein GdB von 60 festgestellt, die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" jedoch erneut verneint worden sind.
Diese Feststellungen treffen auf den 22.04.2007 bezogen zu bzw. beschweren den Kläger nicht:
aa) Bei Erlass des Änderungsbescheids bestand bei dem Kläger kein höherer GdB als 60, wie der Beklagte letztlich anerkannt hat.
(1) Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Grades der Behinderung nach § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und auch die medizinischen Vorgaben aus den in diesem Verfahren noch zu Grunde zu legenden Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht, Ausgaben 2005 und 2008 (AHP) hat das SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt. Ebenso hat es zutreffend darauf hingewiesen, dass die medizinischen Vorgaben für die Bewertung asthmatischer Erkrankungen wie hier nach den seit dem 01.01.2009 geltenden Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VersMedG) gegenüber den zuletzt geltenden AHP nicht verändert wurden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf jene Ausführungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
(2) Eine asthmatische Erkrankung des Klägers ist nicht mit einem höheren GdB als 10 zu bewerten. Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat im Wesentlichen auf die Feststellungen und Schlussfolgerungen in dem nach § 109 Abs. 1 SGG eingeholten aktuellen Gutachten von Dr. I.:
Dieser hat überzeugend dargelegt, dass bei dem Kläger kein dauerhaft vorhandenes, nicht kontrolliertes Asthma bronchiale vorliegt, sondern nur der Verdacht auf ein teilweise kontrolliertes Asthma. Der Kläger hat seit 1985 keine Asthmaanfälle mehr erlitten. Bei der Lungenfunktionsprüfung am Untersuchungstag hatte der Kläger zwar über Luftnot geklagt, Dr. I. konnte aber keine obstruktive Ventilation feststellen, die aber zu erwarten gewesen wäre. Diese Feststellung überzeugt, nachdem Dr. I. die Lungenfunktion des Klägers umfassend und mit mehreren Messmethoden (einer Blutgasanalyse, jeweils zwei Spirometrien und Ganzkörper-plethys¬mographien mit und ohne Medikation, Messung der CO-Diffusion und des NO-Gehalts der Ausatemluft) untersucht hat. Auch während der 16-tägigen Peakflow-Protokollierung konnten obstruktive Ventilationsstörungen trotz geklagter Luftnot nicht ermittelt werden. Nur an einem der 16 Tage überstieg die Variabilität des Spitzenflusses mit 24 % den Grenzwert von 20 %, an den anderen Tagen lag sie – zum Teil weit – darunter. Gegen die Existenz eines echten Asthma spricht auch, dass der Kläger seinen inhalativen Nikotinkonsum gut vertragen hatte. Nach diesen umfassenden Untersuchungen überzeugt es auch, wenn Dr. I. darauf hinweist, dass für das vom SG eingeholten Gutachten von Dr. P. lediglich eine Spirometrie durchgeführt worden sei, was keine zuverlässige Diagnose ermögliche. Lediglich auf Grund der Angaben des Klägers und der früheren Arztberichte, wobei Dr. I. an objektiv verifizierbaren Anhaltspunkten für ein Asthma nur einen leicht erhöhten Stickstoffanteil an der Ausatemluft feststellen konnte, kann – aber nur als Verdachtsdiagnose – von einem teilkontrollierten Asthma ausgegangen werden, das unter besonderen Umständen wie Infekten der Atemwege oder Einwirkungen durch bestimmte Allergene asthmatische Beschwerden hervorrufen kann.
Nach Nr. 26.8 AHP war ein Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion, aber mit einer Hyperreagibilität mit seltenen (saisonalen) und/oder leichten Anfällen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Vor diesem Hintergrund ist es überzeugend, wenn Dr. I. den mittleren Wert dieser Spanne, einen GdB von 10, vorschlägt, nachdem asthmatische Anfälle des Klägers nur unter besonderen, anscheinend seit mehreren Jahren nicht mehr aufgetretenen Umständen eintreten.
(3) Dr. I. hat statt einer asthmatischen Erkrankung eine andere Lungenbeeinträchtigung, nämlich eine (leichte) restriktive Ventilationsstörung, festgestellt und auch in den Vordergrund gerückt. Dem kann nach den umfassenden Lungenfunktionsuntersuchungen des Klägers gefolgt werden.
Nach Nr. 26.8 AHP waren Krankheiten der Atmungsorgane (z. B. Brustfellschwarten, chro¬nisch-obstruktive - auch "spastische" oder "asthmoide" - Bronchitis, Bronchiektasen, Lungenemphy-sem, Pneumokoniosen, Lungenfibrosen, inaktive Lungentuberkulose) mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades mit einem GdB von 20 bis 40 zu bewerten. Eine solche geringfügige Einschränkung war anzunehmen bei das gewöhnliche Maß überstei-gender Atemnot bei mittelschwerer Belastung (z. B. forschem Gehen [5 - 6 km/h], mittel¬schwerer körper¬liche Arbeit) und einer Verringerung der statischen und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um bis zu 1/3 gegenüber den Sollwerten, wobei die Blutgaswerte im Normbereich liegen. Bei dem Kläger nun fehlt es zwar an der genannten Atemnot, nachdem er – auch schon bei den Begutachtungen bei Dr. T. und Dr. P. – forsches Gehen bis zu (fast) 5 km/h toleriert hat und bei Dr. I. fahrradergometrisch bis zu 145 W belastet werden konnte, wobei der Kläger bei dem Abbruch zwar eine erhebliche Atemnot angab, Dr. I. aber bei der Belastung ausreichend große Atemreserven und danach bei einer Lungenfunktionsprüfung keine obstruktive Störung feststellen konnte, sodass er insgesamt nur eine leichte Einschränkung der Belastbarkeit angenommen hat. Dagegen liegen jedoch Messwerteinschränkungen vor, wie sie Nr. 26.8 AHP beschrieben hat: Die statischen Werte (die Vitalkapazität – VC) waren bei beiden Spirometrien und beiden Plethysmographien des Klägers sogar noch etwas stärker als um ein Drittel verringert, sie lagen jeweils bei 58,5 bzw. 57,6 %. Dagegen waren die dynamischen Werte (Einsekundenkapazität – FEV1) nur auf 68,1 bzw. 67,7 % verringert, also um weniger als ein Drittel.
Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Einzelpunkte erscheint es nachvollziehbar, dass Dr. I. auch hier den mittleren Spannenwert aus den AHP von 30 vorschlägt, es wäre eventuell auch der untere Wert von 20 zu rechtfertigen gewesen, da keine echten Funktions-beeinträchtigungen, sondern nur Messwerterniedrigungen vorlagen.
(4) Die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule hat Dr. T. in seinem Gutachten mit einem GdB von 20 bewertet. Dies ist überzeugend, nachdem diese Bewertung nach Nr. 26.18 AHP – erst – bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) gerechtfertigt ist.
(5) Die weiteren Behinderungen des Klägers bedingen jeweils keinen GdB von mehr als 10 und können daher nach Nr. 19 Abs. 4 Satz 1 AHP nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB beitragen. Ausgehend von berücksichtigungsfähigen Teil-GdB von 30 und 20 ergäbe sich ein Gesamt-GdB von 40, wie auch Dr. I. vorgeschlagen hat.
(6) Genauere Feststellungen zu den weiteren Behinderungen und zur Bildung des Gesamt-GdB sind auch nicht notwendig. In dem Änderungsbescheid vom 27.04.2007 hat der Beklagte den GdB des Klägers nur auf 60 verringert. Nachdem keiner der beauftragten Gutachter einen höheren Gesamt-GdB vorgeschlagen hat (Dr. P. hat einen GdB von 50, Lungenfacharzt M. einen solchen von 60 und Dr. T. und Dr. P. haben übereinstimmend 40 vorgeschlagen) und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vieles dafür spricht, dass tatsächlich kein höherer Wert als 40 vorliegt, ist der Kläger durch die Herabsenkung seines GdB auf immerhin 60 nicht beschwert.
bb) Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lagen bei dem Kläger 2005 bzw. 2007 nicht vor.
Nach § 145 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB IX steht dieser Nachteilsausgleich (unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Nahverkehr oder wahlweise Kraftfahrzeugsteuerermäßigung) schwerbehinderten Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, zu. Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX (entspricht § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG) ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Bei dem Kläger nun liegt zwar – jedenfalls nach dem insoweit maßgeblichen Bescheid vom 27.04.2007 – die Schwerbehinderteneigenschaft noch vor. Er ist jedoch in seiner Beweglichkeit im Straßenverkehr nicht erheblich eingeschränkt. Dies hat ebenfalls Dr. I. – insoweit im Einklang mit den früheren Gutachtern – festgestellt. Insbesondere konnte der Kläger den Sechs-Minuten-Gehtest mit einer Geschwindigkeit von 4,5 km/h absolvieren. Hierbei hat er eine Strecke von 450 m zurückgelegt. Selbst einschließlich der Pausen, die er ggfs. nach einer solchen Teilstrecke einlegen muss, kann der Kläger daher in 20 min mehr als 1000 m zurücklegen. Auch die hohe ergometrische Belastbarkeit des Klägers bis zu 145 W spricht gegen eine relevante Einschränkung des Gehvermögens.
b) Für die Aberkennung des Merkzeichens "G" durch den Beklagten fehlt es jedoch an einer einschlägigen Rechtsgrundlage.
aa) Der Beklagte hat sich insoweit auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützt. Diese Vorschrift war in diesem Fall jedoch keine taugliche Grundlage für die Aufhebung der Zuerkennung des Merkzeichens "G" für die Zukunft:
(1) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - hierzu gehören auch die Feststellung eines GdB und der Voraussetzungen eines Merkzeichens bzw. Nach¬teils-ausgleichs - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, wesentlich geändert haben.
Bei dem Vergleich ist von den jetzigen und von den damaligen Umständen, so wie sie tatsächlich vorgelegen haben, auszugehen. Unerheblich ist, ob jene Umstände dem ursprünglichen Bescheid auch zu Grunde gelegt worden sind. Ist dies nicht der Fall, haben sich also gar nicht die Umstände verändert, sondern sind sie ursprünglich nur falsch bewertet worden, ist kein Fall des § 48 SGB X gegeben, sondern ggfs. ein Fall des § 45 Abs. 1, Abs. 2 SGB X, in dem die Behörde im Ermessenswege einen ursprünglich rechtswidrigen Bescheid zurücknehmen kann. Gab es ursprünglich zwar eine Falschbewertung, ist der Bescheid also von Anfang an rechtswidrig gewesen, und haben sich gleichwohl auch Umstände verändert, kann § 48 SGB X als Korrekturnorm in Betracht kommen (zu allem Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 48 Rn. 6).
Für den Fall, dass unklar ist oder jedenfalls nicht festgestellt werden kann, ob der ursprüngliche Bescheid rechtswidrig war, hat das BSG in dem auch vom Beklagten zitierten Urteil vom 11.10.1994 (9 RVs 9/93, Juris) ausgeführt, dass nicht sofort und in jedem Falle auf Beweislasterwägungen zurückgegriffen werden kann (a.a.O., Rn. 10). Der Nachweis kann auch dann gelingen, wenn die allgemeine Erfahrung beachtet wird, dass die Verwaltung die wirklichen Auswirkungen eines regelwidrigen Zustandes auch dann zutreffend misst und bewertet, wenn sie die zu Grunde liegende Krankheit falsch einstuft (a.a.O., Rn. 10). In diesem Rahmen besteht eine gewisse Vermutung der Richtigkeit behördlicher Entscheidungen, die zwar nicht in Form eines An¬scheins¬beweises zu einer Umkehr der materiellen Beweislast führen kann, aber bei der Beweiswürdigung eine indizielle Wirkung hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn die (damalige) behördliche Entscheidung nicht nur auf Tatsachenfeststellungen beruhte, sondern auch eine Wertung enthielt, die selbst nicht in vollem Umfange gerichtlich überprüft werden kann. Dies hat das BSG gerade für das Merkzeichen "a.G." angenommen (a.a.O., Rn. 12), es gilt aber gleichermaßen für das Merkzeichen "G", weil hier die Behörde im Rahmen des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX (damals § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG) die unbestimmten Rechtsbegriffe der "erheblichen" Beeinträchtigung und der "üblichen" Wegstrecke anwenden muss. Wenn eine Behörde – gerade bei solchen unbestimmten Rechtsbegriffen – damals zu Gunsten des Betroffenen positiv entschieden hat, müssten gravierende Rechtsfehler vorgelegen haben, damit der Betroffene entgegen seinem damaligen Vortrag nunmehr mit dem Einwand gehört werden könnte, die Voraussetzungen hätten damals gar nicht vorgelegen (a.a.O., Rn. 12). Hinter dieser Erwägung steht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der die gesamte Rechtsordnung umfasst.
In einer früheren Entscheidung (Urt. v. 06.12.1989, 9 RVs 3/89, Juris Rn. 17) hatte das BSG auch Ausführungen zu der Frage gemacht, auf welcher Seite die materielle Beweislast liegt, zu wessen Lasten es also ausgeht, wenn selbst nach den in dem Urteil vom 11.10.1994 genannten Beurteilungskriterien nicht mehr geklärt werden kann, ob ein ursprünglicher Bescheid rechtmäßig war oder nicht. Es hat hierbei ausgeführt, dass die an sich bei der Behörde, die sich auf eine wesentliche Veränderung beruft, liegende Beweislast auf den Betroffenen übergehen kann, wenn Umstände streitig sind, die allein in seiner Sphäre liegen oder wenn er im Nachhinein geltend macht, seine Beeinträchtigungen seien in Wirklichkeit weniger gewichtig gewesen als von der Behörde angenommen (Schütze, a.a.O., Rn. 9 m.w.N.).
(2) Im Falle des Klägers ergibt sich bereits - ohne Rückgriff auf Beweislasterwägungen -, dass § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X keine taugliche Grundlage für die Aufhebung der Zuerkennung des Merkzeichens "G" war. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Feststellung des Merkzeichens "G" bei dem Kläger jedenfalls ab der Rechtsänderung durch das HBeglG 1984 ab dem 01.04.1984 rechtswidrig war, der Kläger also bereits ab damals tatsächlich nicht gehbehindert war, sodass es bei diesem Punkt nicht zu einer späteren Verbesserung des Gesundheitszustandes, also zu einem Wiedererlangen der Gehfähigkeit, gekommen sein kann. Bei dieser Einstufung berücksichtigt der Senat auch die vom BSG in dem Urteil vom 11.10.1994 genannten Kriterien.
Maßgeblich ist insoweit der Bescheid vom 09.02.1984. Mit diesem Bescheid hat damals das Versorgungsamt nicht lediglich dem Widerspruch des Klägers vom 01.02.1984 gegen den Aufhebungsbescheid vom 03.01.1984 abgeholfen. Der Bescheid war zwar als Abhilfebescheid ergangen. In seinem Verfügungssatz ist er jedoch über einen solchen hinausgegangen. Zur Abhilfe im Sinne von § 85 Abs. 1 SGG auf einen Anfechtungswiderspruch hin reicht es aus, den angefochtenen Bescheid wieder aufzuheben. Das Versorgungsamt hat jedoch ausdrücklich - erneut - die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei dem Kläger positiv festgestellt. Dies war auch folgerichtig, weil die Kriterien für die Zuerkennung dieses Nachteilsausgleichs zum 01.04.1984 - dieses Datum war in dem Bescheid genannt - geändert worden waren. Diese Auslegung des Bescheids vom 09.02.1984 wird dadurch gestützt, dass in der zu Grunde liegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.02.1984 ausdrücklich ausgeführt war, die Voraussetzungen des Merkzeichens lägen auch "real" vor.
Eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X wäre daher nur dann in Betracht gekommen, wenn die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei dem Kläger ab der Rechtsänderung zum 01.04.1984 tatsächlich vorgelegen hätten. Dies war nicht der Fall. Vielmehr war der Abhilfe-bescheid, der dieses Merkzeichen feststellte, bereits bei Erlass rechtswidrig.
Das Versorgungsamt hatte 1984 keinerlei medizinische Ermittlungen angestellt, um eine reale Gehbehinderung des Klägers festzustellen. Auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen aus den Jahren 1978 und 1979 konnte es schon deshalb nicht zurückgreifen, weil diese inzwischen bis zu sechs Jahre alt waren und der Kläger zwischenzeitlich das Jugendalter verlassen hatte, sodass es möglich war - dies hat 2005 auch Versorgungsärztin Dr. C. ausgeführt - dass sich die Auswirkungen der Lungenerkrankung des Klägers verringert hatten. Die Angaben des Klägers im Widerspruch hierzu reichten nicht aus, von einer realen Gehbehinderung auszugehen. Das Leiden des Klägers war kein orthopädisches. Eine Einschränkung des Gehvermögens konnte nur auf Grund der Gefahr von Asthma-Anfällen angenommen werden. Hierzu reicht die bloß theoretische Möglichkeit eines Anfalls nicht aus. Nachdem keine Anfälle des Klägers nach 1979 dokumentiert waren, ist davon auszugehen, dass sie tatsächlich auch nicht vorgelegen haben.
Vor allem aber stützt sich der Senat bei seiner Einschätzung, die erneute Zuerkennung des Merkzeichens am 09.02.1984 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, auf die eigene Einschätzung des Versorgungsamts vom 18.04.1980 in dem ursprünglichen Antragsverfahren, die Voraussetzungen lägen real gerade nicht vor, sondern allein auf Grund der Fiktion in § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG a.F. Diese Einschätzung war abgegeben worden, als die medizinischen Unterlagen aus den Jahren 1978 und 1979 bereits vorlagen. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Unterlagen keine Einschränkung des Gehvermögens dokumentierten. Unter diesen Umständen konnte auch 1984 auf Grund dieser Unterlagen das Merkzeichen "G" nicht zuerkannt werden.
Da der Kläger demnach zumindest seit 1984 nicht in seinem Gehvermögen eingeschränkt war, stellt es keine wesentliche Änderung der Sachlage dar, wenn dies 2005 bzw. 2007 weiterhin der Fall war.
bb) Eine Umdeutung der Bescheide des Beklagten hin zu einer Rücknahme wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit nach § 45 Abs. 1 SGB X scheidet aus. Über eine Rücknahme nach dieser Vorschrift muss eine Behörde im Ermessenswege entscheiden, während die Aufhebung eines Dauerverwaltungsakts für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine gebundene Entscheidung ist. Unter diesen Umständen ist eine Umdeutung nach § 43 Abs. 3 SGB X ausnahmslos ausgeschlossen.
c) Soweit der Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden den GdB des Klägers von 80 auf zuletzt 60 abgesenkt hat, konnte sich der Beklagte dagegen auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X stützen. Diese Teil-Aufhebung der GdB-Feststellung ist rechtmäßig.
Die Feststellung eines GdB von 80 beruhte weiterhin auf dem Bescheid vom 22.04.1980. Der Bescheid vom 09.02.1984 regelte diese Feststellung nicht neu, sondern - wie ausgeführt - allein die Voraussetzungen des Merkzeichens "G". Bei der Höhe des GdB hat sich jedoch zwischen April 1980 und April 2007 eine wesentliche Änderung ergeben, nachdem sich der Gesundheitszustand des Klägers erheblich verbessert hat.
Hier kann davon ausgegangen werden, dass die Feststellung eines GdB von 80 am 22.04.1980 nicht offensichtlich rechtswidrig war Nach den medizinischen Feststellungen aus den Entlassungsberichten der Fachklinik für Kinder und Jugendliche N. vom 19.11.1979 und des Städtischen Klinikums K. vom 29.05.1979 waren die Lungenfunktionseinschränkungen erheblich; der Kläger hatte akute Asthmaanfälle erlitten, die im Klinikum K. nach Feststellung einer globalen Lungeninsuffizienz zu einer Intubation und Druckbeatmung geführt hatte. Berücksichtigt man das damalige jugendliche Alter des Klägers und die Tatsache, dass die damals einschlägigen AHP 1977 für ein Asthma bronchiale mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion in höchster Stufe (also im Wesentlichen bei einer Absenkung der statischen und dynamischen Messwerte auf unter ein Drittel des Sollwerts) einen GdB von 70 bis 100 vorgesehen hatten, so erscheint die Zuerkennung eines GdB von 80 vertretbar.
Im Jahre 2007 dagegen lag bei dem Kläger - wie bereits ausgeführt - nur noch ein GdB von jedenfalls nicht mehr als 60 vor. Dass dies auf einer Verbesserung des Gesundheitszustandes seit 1980 beruhte, hat auch die Beweisaufnahme bestätigt. Nach dem Gutachten von Dr. P. kam es - nur - bis Mitte der 1980-er Jahre zu Asthmaanfällen, die nur noch einmal, 1985, zu stationärer Behandlung führten. Seitdem hat sich die gesundheitliche Situation gebessert. Dies hat auch Dr. I. in seinem Gutachten ausgeführt. Der Kläger selbst hat hierzu berichtet, spätestens ab Anfang der 1990-er Jahre sei es auch zu einer Besserung bei den saisonalen, durch Allergie bedingten Krankheitszuständen gekommen. Zu anderen Erkrankungen, die eine Aufrechterhaltung des Gesamt-GdB von 80 verlangen würden, ist es seit 1980 ebenfalls nicht gekommen. Insbesondere die Anfang der 1980-er Jahre erlittene Sprunggelenksfraktur ist ausgeheilt und hat keine Auswirkungen auf das Gehvermögen mehr. Dies hat auch Dr. T. in seinem Gutachten ermittelt.
Die weiteren Voraussetzungen einer Aufhebung für die Zukunft nach § 48 SGB X hat der Beklagte beachtet. Insbesondere musste er keine Fristen nach § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 oder § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X einhalten. Alle dort genannten Fristen gelten nur für Aufhebungen für die Vergangenheit im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X (vgl. Schütze, a.a.O., Rn. 34 m.w.N.). Im Übrigen wäre die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X, hätte sie beachtet werden müssen, eingehalten.
Auch Ermessen war nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X bei einer Aufhebung nur für die Zukunft nicht auszuüben.
d) Nachdem, wie ausgeführt, die Feststellung des GdB von 80 bis zu Beginn des Nachprüfungsverfahrens noch auf dem Bescheid vom 22.04.1980 beruhte und der Beklagte mit den angegriffenen Aufhebungsbescheiden aus den Jahren 2005 bis 2007 ausdrücklich auch jenen Bescheid vom 22.04.1980 aufgehoben hat, kam es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob - auch - der Bescheid vom 09.02.1984 aufgehoben worden sei, nicht an. Ebenso unerheblich ist diese Frage, soweit es um die Aberkennung des Merkzeichens "G" geht. Nachdem der Senat die Aufhebungsbescheide der Jahre 2005 bis 2007 in diesem Punkt wieder aufgehoben hat, steht dem Kläger das Merkzeichen weiterhin zu; ob dies auf dem Bescheid vom 22.04.1980 oder jenem vom 09.02.1984 beruht, ist für ihn unerheblich.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Bei der Quotelung berücksichtigt der Senat auch, dass der Beklagten mit dem Bescheid vom 22.04.2007 während des bereits anhängigen Klageverfahrens die Teil-Aufhebung der GdB-Feststellung bereits von 30 auf 60 verringert hatte.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Aus diesem Grund war der vom Beklagten hilfsweise gestellte Antrag, die Revision zuzulassen, zurückzuweisen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved