Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AS 2754/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 531/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines erstinstanzlichen Klageverfahrens ablehnende Entscheidung des Sozialgerichts Dessau-Roßlau. In der Sache begehrt er zumindest die Verurteilung des Beklagten, ermessensfehlerfrei über die Gewährung von Eingliederungsleistungen nach §§ 16b, 16c des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches – Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende (SGB II) zu entscheiden.
Der am 1971 geborene Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Nach einer Ausbildung zum Backwarenfacharbeiter schloss er am 21. Februar 2006 eine Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton ab. Am 7. Dezember 2009 stellte er beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung eines Zuschusses in Höhe von 5.000 EUR und eines Darlehens in Höhe von 12.000 EUR. Er wolle sich als Dozent für Medienkompetenz selbstständig machen. Zum Antrag reichte er eine handschriftlich mit "Unternehmensberatung G. " unterschriebene "fachkundige Stellungnahme" vom 5. Januar 2010 ein. Im weiteren Verlauf korrigierte er sein Begehren auf einen Zuschuss in Höhe von 5.000 EUR und ein Darlehen in Höhe von 2.500 EUR. Mit Bescheid vom 8. April 2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Es fehlte insbesondere der Stempel auf dem Vordruck der fachkundigen Stellungnahme vom 5. Januar 2010. Weiter sei keine Notwendigkeit erkennbar, die Anschaffung eines Apple Mac Book Pro (2.839 EUR), der Adobe CS24 Master Collection für Mac OC (3.569 EUR), eines JBL LSR 4326P Aktiver Studiomonitor (998 EUR) sowie diversen Zubehörs über § 16c SGB II zu fördern. Nach eigenen Angaben erziele der Kläger – auch ohne die begehrten Sachgüter – bereits ein Einkommen (nach Rechnungstellung) in Höhe von 1.905 EUR. Die beantragten Sachmittel dienten daher nicht unmittelbar der notwendigen Ausübung der selbstständigen Tätigkeit. Das Bruttoeinkommen werde sich nach seiner eigenen Hochrechnung im Bereich von 1.800 EUR/Monat bewegen.
Den vom Kläger bereits am 18. Dezember 2009 gestellten Antrag auf Bewilligung eines Einstiegsgeldes nach § 16b SGB II lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20. April 2010 ab. Mit Schreiben vom 8. April 2010 sei die Einreichung einer vom Kläger unterschriebenen und gestempelten fachkundigen Stellungnahme zum o.g. Antrag mit Fristsetzung zum 18. April 2010 und unter Hinweis auf die Rechtsfolgen bei Verletzung der Mitwirkungspflicht gefordert worden. Da eine solche nicht eingegangen sei, sei der Antrag wegen fehlender Mitwirkung abzulehnen gewesen.
Gegen beide Ablehnungsbescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Im Wesentlichen führte er aus: Ein Stempel auf der fachlichen Stellungnahme sei nicht zwingend erforderlich und im Übrigen schon mehrfach nachgereicht worden. Die in den Anträgen aufgeführten Sachmittel benötige er für die Durchführung seiner Arbeit. Derzeit arbeite er mit einem Leihgerät. Richtig sei, dass er ein Bruttoeinkommen von 1.905 EUR/Monat erziele. Hiervon seien alle anfallenden Kosten (Bus, Bahn, Krankenkasse, Steuern etc.) in Abzug zu bringen. Auch die privaten Kosten müsse er davon bestreiten. Im Übrigen brauche er Rücklagen für spätere Anschaffungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2010 wies der Beklagte seine Widersprüche als unbegründet zurück. Grundlage der Ermessensentscheidungen nach §§ 16b, 16c SGB II sei die Prognose über die voraussichtliche Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Diese setze eine Prüfung der Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens voraus. Der Beklagte sei in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle angewiesen. Die vom Kläger eingereichte Stellungnahme sei mit "Unternehmensberatung G. " unterzeichnet worden. Ein Stempel und die Anschrift fehlten. Es habe nicht nachgeprüft werden können, ob es sich tatsächlich um eine "fachkundige Stelle" gehandelt habe. Zudem sei die Frage nach der Realisierbarkeit einer tragfähigen Existenzgrundlage nicht beantwortet worden. Eine Prüfung der Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit habe so nicht durchgeführt werden können.
Der Kläger verfolgt mit der am 13. September 2010 gegen die Ablehnung der Eingliederungsleistungen beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage sein Ziel auf Bewilligung eines Darlehens in Höhe von 7.500 EUR weiter. Er habe zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten. Gleichzeitig hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 11. Mai 2011 sind die Beteiligten übereingekommen, dass der Kläger eine Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer (IHK) zur Tragfähigkeit seines Konzepts vorlegen wird. Da diese nach eigener Auskunft für Freiberufler keine fachkundige Stellungnahme abgeben kann, hat der Kläger eine solche beim Landesverband der Freien Berufe Sachsen-Anhalt e.V. eingeholt, auf den ihn die IHK verwiesen hatte. Die Stellungnahme vom 6. Juni 2011 bezieht sich auf die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit als Werbedesigner und bescheinigt insoweit die Tragfähigkeit des Unternehmenskonzepts.
Auf den Hinweis des Sozialgerichts, dass sich die vorgelegte fachkundige Stellungnahme auf eine Tätigkeit als "Werbedesigner" beziehe, während Förderleistungen für eine Tätigkeit als "Dozent für Medienkompetenz" beantragt worden seien, hat der Kläger nicht reagiert. Am 12. Oktober 2011 hat er beim Sozialgericht eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht.
Mit Beschluss vom 1. November 2011 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn der Kläger habe die für den gestellten Antrag auf Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen nach § 16c Abs. 1 Satz 2 SGB II erforderliche Stellungnahme einer fachkundigen Stelle bisher nicht vorgelegt. Ob die von der "Unternehmensberatung G. " stammende Stellungnahme von einer fachkundigen Stelle abgegeben sei, könne nicht festgestellt werden. Weder könne beurteilt werden, ob sie überhaupt von einer "Stelle" komme, d.h. von einer natürlichen oder juristischen Person, die nicht mit dem Kläger identisch sei. Noch ließen sich Rückschlüsse auf die Fachkunde des Ausstellers ziehen. Die im Rahmen des Klageverfahrens eingereichte Stellungnahme des Landesverbandes der Freien Berufe Sachsen-Anhalt e.V. beziehe sich nicht auf die Tätigkeit, deren Förderung der Kläger beantragt habe. Sie lasse keine Rückschlüsse auf die Tragfähigkeit der Tätigkeit zu, deren Förderung ursprünglich begehrt worden sei. Die Ablehnungsbescheide des Beklagten seien mithin nicht rechtswidrig.
Am 14. Dezember 2011 hat der Kläger Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Im Wesentlichen hat er ausgeführt, der Landesverband der Freien Berufe Sachsen-Anhalt e.V. habe festgestellt, "dass der beantragte Bereich sich hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung von Mediendesignern bewegt und der Kläger hierfür Dozent für die Ausbildung zum Mediengestalter, Bild- und Ton qualifiziert ist. Dies entspricht insbesondere dem Beruf des Werbedesigners. Es ist vorliegend so, dass die Berufsgruppen hier ineinandergreifen und der Kläger als Dozent sowohl für Werbedesigner sowie für Mediengestalter und anderen annähernden Berufen arbeitet."
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
ihm unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 1. November 2011 Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Beklagte hat Gelegenheit erhalten, zur Beschwerde Stellung zu nehmen, hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist nach § 73a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 127 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig. Danach ist die Beschwerde in Prozesskostenhilfeverfahren bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes über 750 EUR nur noch zulässig, wenn Prozesskostenhilfe (auch) wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Das gleiche gilt, wenn wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG im Streit sind. Die Beschwerde ist hingegen ausgeschlossen, wenn das Gericht in diesen Fällen ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (vgl. zur Begründung ausführlich den Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS und L 5 B 304/08 AS).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt hier über 750 EUR. Der Kläger gegehrt zumindest eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten über Eingliederungsleistungen in Höhe von 7.500 EUR. Das Sozialgericht hat die Prozesskostenhilfe ausschließlich wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.
Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 83/97 R, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht des Begehrens ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – das Gericht ohne Verzögerung über den vollständig vorliegenden PKH-Antrag entscheiden hat (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschluss vom 30. Mai 2003, 26 WF 123/03, NJW-RR 2004, 64; Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 10. Februar 2005, XII 7 B 19/04, Rn. 13, juris). Auch für die Beschwerdeentscheidung im Prozesskostenhilfeverfahren ist die Sach- und Rechtslage zugrundezulegen, wie sie zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife bestand – hier also der Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 6. Juni 2007, 24 C 07.1028, Rn. 7, juris). Die vom Kläger zeitlich nach dem angefochtenen Beschluss im Beschwerdeverfahren vorgetragenen neuen Tatsachen bleiben somit unberücksichtigt. Zur näheren Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 17. Dezember 2009, L 5 AS 338/09 B (veröffentlicht in Juris). Es kann insoweit offen bleiben, ob die Ausführungen des Klägers zur Motivation des Landesverbandes der Freien Berufe Sachsen-Anhalt e.V., die Stellungnahme auf die Aufnahme der Tätigkeit eines Werbedesigners zu beziehen, obgleich die Förderung für die Tätigkeit eines Dozenten für Medienkompetenz beantragt worden war, die Erfolgsaussicht verbessert hätten.
Nach diesen Maßgaben ist die Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden.
Nach § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II können Leistungen zur Eingliederung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, nur gewährt werden, wenn zu erwarten ist, dass die selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbstständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird. Zur Beurteilung der Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit soll die Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen (vgl. § 16c Abs. 1 Satz 2 SGB II). Der Kläger hat zumindest bis zur Entscheidung des Sozialgerichts über den gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe die von einer fachkundigen Stelle bestätigte Tragfähigkeit eines Unternehmenskonzepts nicht nachgewiesen. Dies ist jedoch tatbestandliche Voraussetzung für die Bewilligung von Eingliederungsleistungen für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. hierzu auch LPK, § 4. Aufl. 2011, § 16b, Rn. 9 a.E.).
Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung die beiden vorgelegten Stellungnahmen, die von der Unternehmensberatung G. und die des Landesverbandes für Freie Berufe Sachsen-Anhalt e.V., als Nachweis eines tragfähigen Konzepts als nicht ausreichend erachtet. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird nach eigener Prüfung auf dessen Ausführungen verwiesen.
Erst nach der erstinstanzlichen Entscheidung über die Prozesskostenhilfe hat der Kläger weitere Ausführungen zum Zustandekommen der Stellungnahme des Landesverbandes für Freie Berufe Sachsen-Anhalt e.V. zur Tätigkeit eines Werbedesigners gemacht. Es kann dahinstehen, ob, wie es der Kläger behauptet, die Tätigkeit eines Werbedesigners gleiche Inhalte hat wie die eines Dozenten für Medienkompetenz. Für die Beurteilung der Erfolgsaussicht des erstinstanzlichen Verfahrens sind diese neuen Tatsachen aus den o.g. Gründen unbeachtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines erstinstanzlichen Klageverfahrens ablehnende Entscheidung des Sozialgerichts Dessau-Roßlau. In der Sache begehrt er zumindest die Verurteilung des Beklagten, ermessensfehlerfrei über die Gewährung von Eingliederungsleistungen nach §§ 16b, 16c des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches – Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende (SGB II) zu entscheiden.
Der am 1971 geborene Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Nach einer Ausbildung zum Backwarenfacharbeiter schloss er am 21. Februar 2006 eine Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton ab. Am 7. Dezember 2009 stellte er beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung eines Zuschusses in Höhe von 5.000 EUR und eines Darlehens in Höhe von 12.000 EUR. Er wolle sich als Dozent für Medienkompetenz selbstständig machen. Zum Antrag reichte er eine handschriftlich mit "Unternehmensberatung G. " unterschriebene "fachkundige Stellungnahme" vom 5. Januar 2010 ein. Im weiteren Verlauf korrigierte er sein Begehren auf einen Zuschuss in Höhe von 5.000 EUR und ein Darlehen in Höhe von 2.500 EUR. Mit Bescheid vom 8. April 2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Es fehlte insbesondere der Stempel auf dem Vordruck der fachkundigen Stellungnahme vom 5. Januar 2010. Weiter sei keine Notwendigkeit erkennbar, die Anschaffung eines Apple Mac Book Pro (2.839 EUR), der Adobe CS24 Master Collection für Mac OC (3.569 EUR), eines JBL LSR 4326P Aktiver Studiomonitor (998 EUR) sowie diversen Zubehörs über § 16c SGB II zu fördern. Nach eigenen Angaben erziele der Kläger – auch ohne die begehrten Sachgüter – bereits ein Einkommen (nach Rechnungstellung) in Höhe von 1.905 EUR. Die beantragten Sachmittel dienten daher nicht unmittelbar der notwendigen Ausübung der selbstständigen Tätigkeit. Das Bruttoeinkommen werde sich nach seiner eigenen Hochrechnung im Bereich von 1.800 EUR/Monat bewegen.
Den vom Kläger bereits am 18. Dezember 2009 gestellten Antrag auf Bewilligung eines Einstiegsgeldes nach § 16b SGB II lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20. April 2010 ab. Mit Schreiben vom 8. April 2010 sei die Einreichung einer vom Kläger unterschriebenen und gestempelten fachkundigen Stellungnahme zum o.g. Antrag mit Fristsetzung zum 18. April 2010 und unter Hinweis auf die Rechtsfolgen bei Verletzung der Mitwirkungspflicht gefordert worden. Da eine solche nicht eingegangen sei, sei der Antrag wegen fehlender Mitwirkung abzulehnen gewesen.
Gegen beide Ablehnungsbescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Im Wesentlichen führte er aus: Ein Stempel auf der fachlichen Stellungnahme sei nicht zwingend erforderlich und im Übrigen schon mehrfach nachgereicht worden. Die in den Anträgen aufgeführten Sachmittel benötige er für die Durchführung seiner Arbeit. Derzeit arbeite er mit einem Leihgerät. Richtig sei, dass er ein Bruttoeinkommen von 1.905 EUR/Monat erziele. Hiervon seien alle anfallenden Kosten (Bus, Bahn, Krankenkasse, Steuern etc.) in Abzug zu bringen. Auch die privaten Kosten müsse er davon bestreiten. Im Übrigen brauche er Rücklagen für spätere Anschaffungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2010 wies der Beklagte seine Widersprüche als unbegründet zurück. Grundlage der Ermessensentscheidungen nach §§ 16b, 16c SGB II sei die Prognose über die voraussichtliche Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Diese setze eine Prüfung der Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens voraus. Der Beklagte sei in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle angewiesen. Die vom Kläger eingereichte Stellungnahme sei mit "Unternehmensberatung G. " unterzeichnet worden. Ein Stempel und die Anschrift fehlten. Es habe nicht nachgeprüft werden können, ob es sich tatsächlich um eine "fachkundige Stelle" gehandelt habe. Zudem sei die Frage nach der Realisierbarkeit einer tragfähigen Existenzgrundlage nicht beantwortet worden. Eine Prüfung der Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit habe so nicht durchgeführt werden können.
Der Kläger verfolgt mit der am 13. September 2010 gegen die Ablehnung der Eingliederungsleistungen beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage sein Ziel auf Bewilligung eines Darlehens in Höhe von 7.500 EUR weiter. Er habe zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten. Gleichzeitig hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 11. Mai 2011 sind die Beteiligten übereingekommen, dass der Kläger eine Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer (IHK) zur Tragfähigkeit seines Konzepts vorlegen wird. Da diese nach eigener Auskunft für Freiberufler keine fachkundige Stellungnahme abgeben kann, hat der Kläger eine solche beim Landesverband der Freien Berufe Sachsen-Anhalt e.V. eingeholt, auf den ihn die IHK verwiesen hatte. Die Stellungnahme vom 6. Juni 2011 bezieht sich auf die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit als Werbedesigner und bescheinigt insoweit die Tragfähigkeit des Unternehmenskonzepts.
Auf den Hinweis des Sozialgerichts, dass sich die vorgelegte fachkundige Stellungnahme auf eine Tätigkeit als "Werbedesigner" beziehe, während Förderleistungen für eine Tätigkeit als "Dozent für Medienkompetenz" beantragt worden seien, hat der Kläger nicht reagiert. Am 12. Oktober 2011 hat er beim Sozialgericht eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht.
Mit Beschluss vom 1. November 2011 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn der Kläger habe die für den gestellten Antrag auf Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen nach § 16c Abs. 1 Satz 2 SGB II erforderliche Stellungnahme einer fachkundigen Stelle bisher nicht vorgelegt. Ob die von der "Unternehmensberatung G. " stammende Stellungnahme von einer fachkundigen Stelle abgegeben sei, könne nicht festgestellt werden. Weder könne beurteilt werden, ob sie überhaupt von einer "Stelle" komme, d.h. von einer natürlichen oder juristischen Person, die nicht mit dem Kläger identisch sei. Noch ließen sich Rückschlüsse auf die Fachkunde des Ausstellers ziehen. Die im Rahmen des Klageverfahrens eingereichte Stellungnahme des Landesverbandes der Freien Berufe Sachsen-Anhalt e.V. beziehe sich nicht auf die Tätigkeit, deren Förderung der Kläger beantragt habe. Sie lasse keine Rückschlüsse auf die Tragfähigkeit der Tätigkeit zu, deren Förderung ursprünglich begehrt worden sei. Die Ablehnungsbescheide des Beklagten seien mithin nicht rechtswidrig.
Am 14. Dezember 2011 hat der Kläger Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Im Wesentlichen hat er ausgeführt, der Landesverband der Freien Berufe Sachsen-Anhalt e.V. habe festgestellt, "dass der beantragte Bereich sich hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung von Mediendesignern bewegt und der Kläger hierfür Dozent für die Ausbildung zum Mediengestalter, Bild- und Ton qualifiziert ist. Dies entspricht insbesondere dem Beruf des Werbedesigners. Es ist vorliegend so, dass die Berufsgruppen hier ineinandergreifen und der Kläger als Dozent sowohl für Werbedesigner sowie für Mediengestalter und anderen annähernden Berufen arbeitet."
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
ihm unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 1. November 2011 Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Beklagte hat Gelegenheit erhalten, zur Beschwerde Stellung zu nehmen, hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist nach § 73a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 127 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig. Danach ist die Beschwerde in Prozesskostenhilfeverfahren bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes über 750 EUR nur noch zulässig, wenn Prozesskostenhilfe (auch) wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Das gleiche gilt, wenn wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG im Streit sind. Die Beschwerde ist hingegen ausgeschlossen, wenn das Gericht in diesen Fällen ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (vgl. zur Begründung ausführlich den Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS und L 5 B 304/08 AS).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt hier über 750 EUR. Der Kläger gegehrt zumindest eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten über Eingliederungsleistungen in Höhe von 7.500 EUR. Das Sozialgericht hat die Prozesskostenhilfe ausschließlich wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.
Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 83/97 R, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht des Begehrens ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – das Gericht ohne Verzögerung über den vollständig vorliegenden PKH-Antrag entscheiden hat (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschluss vom 30. Mai 2003, 26 WF 123/03, NJW-RR 2004, 64; Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 10. Februar 2005, XII 7 B 19/04, Rn. 13, juris). Auch für die Beschwerdeentscheidung im Prozesskostenhilfeverfahren ist die Sach- und Rechtslage zugrundezulegen, wie sie zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife bestand – hier also der Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 6. Juni 2007, 24 C 07.1028, Rn. 7, juris). Die vom Kläger zeitlich nach dem angefochtenen Beschluss im Beschwerdeverfahren vorgetragenen neuen Tatsachen bleiben somit unberücksichtigt. Zur näheren Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 17. Dezember 2009, L 5 AS 338/09 B (veröffentlicht in Juris). Es kann insoweit offen bleiben, ob die Ausführungen des Klägers zur Motivation des Landesverbandes der Freien Berufe Sachsen-Anhalt e.V., die Stellungnahme auf die Aufnahme der Tätigkeit eines Werbedesigners zu beziehen, obgleich die Förderung für die Tätigkeit eines Dozenten für Medienkompetenz beantragt worden war, die Erfolgsaussicht verbessert hätten.
Nach diesen Maßgaben ist die Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden.
Nach § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II können Leistungen zur Eingliederung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, nur gewährt werden, wenn zu erwarten ist, dass die selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbstständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird. Zur Beurteilung der Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit soll die Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen (vgl. § 16c Abs. 1 Satz 2 SGB II). Der Kläger hat zumindest bis zur Entscheidung des Sozialgerichts über den gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe die von einer fachkundigen Stelle bestätigte Tragfähigkeit eines Unternehmenskonzepts nicht nachgewiesen. Dies ist jedoch tatbestandliche Voraussetzung für die Bewilligung von Eingliederungsleistungen für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. hierzu auch LPK, § 4. Aufl. 2011, § 16b, Rn. 9 a.E.).
Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung die beiden vorgelegten Stellungnahmen, die von der Unternehmensberatung G. und die des Landesverbandes für Freie Berufe Sachsen-Anhalt e.V., als Nachweis eines tragfähigen Konzepts als nicht ausreichend erachtet. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird nach eigener Prüfung auf dessen Ausführungen verwiesen.
Erst nach der erstinstanzlichen Entscheidung über die Prozesskostenhilfe hat der Kläger weitere Ausführungen zum Zustandekommen der Stellungnahme des Landesverbandes für Freie Berufe Sachsen-Anhalt e.V. zur Tätigkeit eines Werbedesigners gemacht. Es kann dahinstehen, ob, wie es der Kläger behauptet, die Tätigkeit eines Werbedesigners gleiche Inhalte hat wie die eines Dozenten für Medienkompetenz. Für die Beurteilung der Erfolgsaussicht des erstinstanzlichen Verfahrens sind diese neuen Tatsachen aus den o.g. Gründen unbeachtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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