Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 715/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 2584/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs 1. Klasse (Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Klasse bei Eisenbahnfahrten) hat.
Bei der 1948 geborenen Klägerin beträgt der Grad der Behinderung (GdB) 70, die Nachteilsausgleiche "G" und "B" wurden mit Bescheid vom 31. Oktober 2008 festgestellt.
Der erste Antrag der Klägerin nach beidseitiger Hüft-TEP vom 28. August 2009 u. a. auf Feststellung für das Merkzeichen der 1. Klasse blieb erfolglos (Bescheid vom 28. April 2010). Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2010).
Am 16. Dezember 2010 beantragte die Klägerin erneut, bei ihr die Berechtigung zur aufpreisfreien Nutzung der 1. Wagenklasse festzustellen.
Mit Bescheid vom 4. Januar 2011 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Benutzung der 1. Klasse mit Fahrausweis der 2. Klasse bei Eisenbahnfahrten komme nur für Schwerkriegsbeschädigte und Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes mit einer Minderung der Erwerbstätigkeit (MdE) von wenigstens 70 vom Hundert (v.H.) in Betracht, deren auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhender körperlicher Zustand bei Eisenbahnfahrten die Unterbringung in der 1. Klasse erfordere. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht. Der hiergegen ohne weitere Begründung erhobene Widerspruch blieb ebenfalls erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2011).
Hiergegen hat die Klägerin am 24. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat, durch das Verbrechen an der Menschlichkeit sei ihre Person auch wegen politischer Machenschaften "als verfolgt" anzusehen.
Nach vorangegangener Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 24. Mai 2011 die Klage mit der Begründung abgewiesen, nach den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG könnten nur Kriegsbeschädigte in den Genuss der Feststellung des Merkzeichens "1. Klasse" gelangen. Eine solche Schädigung sei bei der Klägerin schon deshalb ausgeschlossen, weil sie erst nach Ende des 2. Weltkrieges geboren worden sei. Ob die Regelung auch auf solche Verfolgte, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung gewesen seien, anzuwenden sei, könne dahingestellt bleiben, denn die Klägerin könne auch insoweit nicht unter den Schutzbereich des Gesetzes fallen. Sie sei erst nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft geboren worden.
Gegen den am 27. Mai 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 9. Juni 2011 Berufung beim SG eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt, sie müsse zweimal im Monat mit der Bimmelbahn nach Saarbrücken fahren und dies seit fast 30 Jahren. Die Rechtsstreite, um die es dort gehe, seien bekannt. Sie werde wegen dieser Rechtsstreitigkeiten parteipolitisch verfolgt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Mai 2011 sowie den Bescheid vom 4. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "1. Klasse" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend, nachdem die Klägerin nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis für das Merkzeichen "1. Klasse" gehöre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 2 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid hat das SG zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis für das Merkzeichen "1. Klasse" gehört. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten erweisen sich daher als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Den in der mündlichen Verhandlung gegen die Vorsitzende nach Urteilsverkündung gestellten Befangenheitsantrag weist der Senat als unzulässig nach § 60 SGG zurück, da die Instanz beendet ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. zum SGG, 8. Aufl. 2008, § 60 Rdnr. 10b).
Nach § 69 Abs. 1 des am 01.07.2002 in Kraft getretenen Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), das dem bis dahin geltenden § 4 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) entspricht, stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Hierzu gehört auch der Nachteilsausgleich 1. Klasse.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) vom 2. Dezember 2006, die auf der Verordnungsermächtigung des § 70 SGB IX beruht, ist im Ausweis auf der Rückseite folgendes Merkzeichen einzutragen:
1. Klasse, wenn der schwerbehinderte Mensch die im Verkehr mit eisenbahntariflich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse erfüllt.
Der Nachteilsausgleich kommt nach den Ziffer 2.2 der Tarifbestimmungen der Deutschen Bahn AG für Schwerkriegsbeschädigte und Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes mit einem GdB von mindestens 70 in Betracht, wenn sich bei Anlegung eines strengen Maßstabes feststellen lässt, dass der auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhende körperliche Zustand bei Eisenbahnfahrten die Unterbringung in der 1. Wagenklasse erfordert (vgl. hierzu Goebel in jurisPK SGB IX, § 69 SGB IX Rdnr. 47; BSG Urteil vom 28.03.1984, BSGE 56, 238 ff.). Bei schwerkriegsbeschädigten Empfängern der drei höchsten Pflegezulagestufen sowie bei Kriegsblinden, kriegsbeschädigten Ohnhändern und kriegsbeschädigten Querschnittsgelähmten wird das Vorliegen der Voraussetzungen unterstellt.
Dass die Klägerin unter Beachtung der Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, hat der Beklagte und ihm folgend das SG ausführlich begründet dargelegt. Dem ist nichts hinzuzufügen, weswegen der Senat auf die Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt, denen er sich nach eigener Würdigung anschließt.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs 1. Klasse (Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Klasse bei Eisenbahnfahrten) hat.
Bei der 1948 geborenen Klägerin beträgt der Grad der Behinderung (GdB) 70, die Nachteilsausgleiche "G" und "B" wurden mit Bescheid vom 31. Oktober 2008 festgestellt.
Der erste Antrag der Klägerin nach beidseitiger Hüft-TEP vom 28. August 2009 u. a. auf Feststellung für das Merkzeichen der 1. Klasse blieb erfolglos (Bescheid vom 28. April 2010). Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2010).
Am 16. Dezember 2010 beantragte die Klägerin erneut, bei ihr die Berechtigung zur aufpreisfreien Nutzung der 1. Wagenklasse festzustellen.
Mit Bescheid vom 4. Januar 2011 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Benutzung der 1. Klasse mit Fahrausweis der 2. Klasse bei Eisenbahnfahrten komme nur für Schwerkriegsbeschädigte und Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes mit einer Minderung der Erwerbstätigkeit (MdE) von wenigstens 70 vom Hundert (v.H.) in Betracht, deren auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhender körperlicher Zustand bei Eisenbahnfahrten die Unterbringung in der 1. Klasse erfordere. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht. Der hiergegen ohne weitere Begründung erhobene Widerspruch blieb ebenfalls erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2011).
Hiergegen hat die Klägerin am 24. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat, durch das Verbrechen an der Menschlichkeit sei ihre Person auch wegen politischer Machenschaften "als verfolgt" anzusehen.
Nach vorangegangener Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 24. Mai 2011 die Klage mit der Begründung abgewiesen, nach den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG könnten nur Kriegsbeschädigte in den Genuss der Feststellung des Merkzeichens "1. Klasse" gelangen. Eine solche Schädigung sei bei der Klägerin schon deshalb ausgeschlossen, weil sie erst nach Ende des 2. Weltkrieges geboren worden sei. Ob die Regelung auch auf solche Verfolgte, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung gewesen seien, anzuwenden sei, könne dahingestellt bleiben, denn die Klägerin könne auch insoweit nicht unter den Schutzbereich des Gesetzes fallen. Sie sei erst nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft geboren worden.
Gegen den am 27. Mai 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 9. Juni 2011 Berufung beim SG eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt, sie müsse zweimal im Monat mit der Bimmelbahn nach Saarbrücken fahren und dies seit fast 30 Jahren. Die Rechtsstreite, um die es dort gehe, seien bekannt. Sie werde wegen dieser Rechtsstreitigkeiten parteipolitisch verfolgt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Mai 2011 sowie den Bescheid vom 4. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "1. Klasse" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend, nachdem die Klägerin nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis für das Merkzeichen "1. Klasse" gehöre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 2 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid hat das SG zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis für das Merkzeichen "1. Klasse" gehört. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten erweisen sich daher als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Den in der mündlichen Verhandlung gegen die Vorsitzende nach Urteilsverkündung gestellten Befangenheitsantrag weist der Senat als unzulässig nach § 60 SGG zurück, da die Instanz beendet ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. zum SGG, 8. Aufl. 2008, § 60 Rdnr. 10b).
Nach § 69 Abs. 1 des am 01.07.2002 in Kraft getretenen Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), das dem bis dahin geltenden § 4 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) entspricht, stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Hierzu gehört auch der Nachteilsausgleich 1. Klasse.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) vom 2. Dezember 2006, die auf der Verordnungsermächtigung des § 70 SGB IX beruht, ist im Ausweis auf der Rückseite folgendes Merkzeichen einzutragen:
1. Klasse, wenn der schwerbehinderte Mensch die im Verkehr mit eisenbahntariflich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse erfüllt.
Der Nachteilsausgleich kommt nach den Ziffer 2.2 der Tarifbestimmungen der Deutschen Bahn AG für Schwerkriegsbeschädigte und Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes mit einem GdB von mindestens 70 in Betracht, wenn sich bei Anlegung eines strengen Maßstabes feststellen lässt, dass der auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhende körperliche Zustand bei Eisenbahnfahrten die Unterbringung in der 1. Wagenklasse erfordert (vgl. hierzu Goebel in jurisPK SGB IX, § 69 SGB IX Rdnr. 47; BSG Urteil vom 28.03.1984, BSGE 56, 238 ff.). Bei schwerkriegsbeschädigten Empfängern der drei höchsten Pflegezulagestufen sowie bei Kriegsblinden, kriegsbeschädigten Ohnhändern und kriegsbeschädigten Querschnittsgelähmten wird das Vorliegen der Voraussetzungen unterstellt.
Dass die Klägerin unter Beachtung der Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, hat der Beklagte und ihm folgend das SG ausführlich begründet dargelegt. Dem ist nichts hinzuzufügen, weswegen der Senat auf die Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt, denen er sich nach eigener Würdigung anschließt.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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