Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 VH 5500/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VH 2901/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Entschädigungsleistungen wegen ihres Aufenthaltes in einem dänischen Flüchtlingslager in den Jahren 1945 bis 1948.
Die im Jahr 1939 geborene und in Z. wohnhafte Klägerin hat sich am 28.12.2010 an das Sozialgericht Karlsruhe direkt mit ihrem Antrag gewandt. Sie hat ausgeführt, sie habe nach ihrer Flucht aus Danzig in der Zeit von Ostern 1945 bis Ende 1948 unter menschenverachtenden schrecklichen konzentrationslagerartigen Bedingungen als politische Gefangene in Internierungslagern in Dänemark ihre Kindheit fristen müssen. Sie begehre daher die Zuerkennung des Status als politische Gefangene und die Gewährung einer Entschädigung. Ferner hat sie, da die Einrichtungen während der Bundeswehrzeit gesundheitsschädigend gewesen seien, die Gewährung einer Rente wegen des Todes ihres ehemaligen Ehegatten geltend gemacht.
Der Beklagte hat ausgeführt, eine Nachfrage bei dem für die Bearbeitung von in der Sch. wohnenden Anspruchsstellern zuständigen Landratsamt Konstanz - Außenstelle Radolfzell habe ergeben, dass dort derzeit kein Antrag der Klägerin vorliege und in der Vergangenheit auch nicht gestellt worden sei.
Trotz Hinweises des Sozialgerichts auf die Erforderlichkeit eines vor Erhebung einer Klage einzuleitenden Verwaltungsverfahrens hat sich die Klägerin weder direkt an den Beklagten gewandt noch die Klage zurückgenommen.
Nach vorangegangener Anhörung hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.06.2011 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da es an den vor Klageerhebung durchzuführendem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren fehle. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass vor der Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen sei. Da sie gleichwohl daran festgehalten habe, unmittelbar eine gerichtliche Entscheidung erwirken zu wollen, sei die Klage aus prozessualen Gründen mangels Durchführung des Verwaltungs- und Vorverfahrens als unzulässig abzuweisen gewesen. Dementsprechend seien dem Gericht Ausführungen zur inhaltlichen Seite in der Sache des klägerischen Begehrens mangels einer zulässigen Klage verwehrt.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.07.2011 Berufung beim Sozialgericht eingelegt. Sie hat erneut die Vorkommnisse in den Jahren zwischen 1945 und 1948 geschildert und ausgeführt, sie habe ein Recht auf einen Pflichtverteidiger. Ferner sei zur Sachaufklärung nötigenfalls eine Historiker-Kommission einzuberufen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Juni 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Entschädigungsleistungen wegen ihres Aufenthalts in einem dänischen Flüchtlingslager in den Jahren 1945 bis 1948 sowie eine Rente wegen Todes ihres ehemaligen Ehegatten zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat erneut darauf hingewiesen, dass die Klägerin einen entsprechenden Antrag beim örtlich zuständigen Landratsamt Konstanz - Außenstelle Radolfzell bislang nicht gestellt habe. Ihm sei auch nicht bekannt, ob die Klägerin bislang bei einem anderen Landratsamt oder Versorgungsamt einen Antrag auf Anerkennung von Haftschadensfolgen gestellt habe beziehungsweise ob bereits eine bindende Entscheidung vorliege. Da bislang weder ein Verwaltungs- noch ein Widerspruchsverfahren habe durchgeführt werden können und damit eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung nicht vorhanden sei, sei die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Sozialgerichts und des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 2 SGG zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Zwar war das Sozialgericht Karlsruhe hier örtlich unzuständig. Denn gemäß § 57 Abs. 3 SGG ist, wenn der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland hat, das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat. Da die Klägerin ihren Wohnsitz in der Sch. und der Beklagte seinen Sitz jedenfalls nicht in Karlsruhe hat, war mithin nicht das Sozialgericht Karlsruhe örtlich zuständig gewesen. Aber nach § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Gemäß § 98 Satz 1 SGG gelten für die sachliche und örtliche Zuständigkeit die §§ 17, 17a und 17b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GVG entsprechend. Nach dem Zweck des § 98 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 17a Abs. 5 GVG soll sich das Rechtsmittelgericht nur dann mit der Frage des Rechtsweges sowie der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit befassen, wenn auch die Entscheidung der Vorinstanz ausschließlich darauf beruht. Hat die erste Instanz Rechtsweg oder Zuständigkeit demgegenüber auch nur sinngemäß bejaht, soll der Rechtsstreit von der Rechtswegfrage in allen höheren Instanzen entlastet bleiben. Infolgedessen trifft die Vorinstanz nur dann keine Entscheidung in der Hauptsache im Sinne dieser Bestimmung, wenn sie die Unzulässigkeit der Klage mit dem fehlenden Rechtsweg oder der fehlenden Zuständigkeit begründet. Ist der Rechtsweg oder die Zuständigkeit im bisherigen Verfahren gerügt worden, greift die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Rüge später fallen gelassen wird; ansonsten muss die unterlassene Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG - eventuell auch im höheren Rechtszug - nachgeholt werden (zum Ganzen siehe BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 7/03 R - SozR 4-1720 § 17a Nr. 1). So liegt hier aber der Fall nicht. Denn die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt die fehlende örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts Karlsruhe gerügt. Mithin war das angegriffene Urteil nicht wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit aufzuheben.
Die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts erweist sich inhaltlich als zutreffend. Denn die beim Sozialgericht erhobene Klage ist bereits unzulässig, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat.
Dies ergibt sich aus §§ 54 und 78 SGG.
Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden (§ 54 Abs. 4 SGG). Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte (§ 54 Abs. 5 SGG).
Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG). Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will (§ 78 Abs. 1 Satz 2 SGG). Für die Verpflichtungsklage gilt § 78 Abs. 1 SGG entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist (§ 78 Abs. 3 SGG).
Über die Gewährung von Sozialleistungen, zu denen die von der Klägerin begehrten Entschädigungs- und Rentenleistungen gehören, ist vor Klageerhebung in einem Verwaltungsverfahren zu befinden, das mit einem Verwaltungsakt abschließt, gegen den die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig ist (BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 28/04 R; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, vor § 51 Rz. 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 78 Rz. 2; Hk-SGG/Castendiek, § 54 Rz. 28; Hk-SGG/Binder, § 78 Rz. 4). Ein solcher Verwaltungsakt ist vorliegend bezüglich der von der Klägerin begehrten Leistungen - wie der Beklagte nochmals bestätigt hat - nicht ergangen.
Die Voraussetzungen für eine echte Leistungsklage sind nicht gegeben. Weder stehen vorliegend die Klägerin und der Beklagte in einem Gleichordnungsverhältnis noch ist das Begehren der Klägerin auf ein schlichtes hoheitliches Handeln gerichtet (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O. § 54, Rz. 41 bis 42a; Hk-SGG/Castendiek, § 54 Rz. 133 bis 136). Im Übrigen würde es bereits an dem auch für eine Leistungsklage erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Denn vor Erhebung einer Klage hätte sich die Klägerin zunächst an den Beklagten wenden müssen, was aber vorliegend nicht geschehen ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Entschädigungsleistungen wegen ihres Aufenthaltes in einem dänischen Flüchtlingslager in den Jahren 1945 bis 1948.
Die im Jahr 1939 geborene und in Z. wohnhafte Klägerin hat sich am 28.12.2010 an das Sozialgericht Karlsruhe direkt mit ihrem Antrag gewandt. Sie hat ausgeführt, sie habe nach ihrer Flucht aus Danzig in der Zeit von Ostern 1945 bis Ende 1948 unter menschenverachtenden schrecklichen konzentrationslagerartigen Bedingungen als politische Gefangene in Internierungslagern in Dänemark ihre Kindheit fristen müssen. Sie begehre daher die Zuerkennung des Status als politische Gefangene und die Gewährung einer Entschädigung. Ferner hat sie, da die Einrichtungen während der Bundeswehrzeit gesundheitsschädigend gewesen seien, die Gewährung einer Rente wegen des Todes ihres ehemaligen Ehegatten geltend gemacht.
Der Beklagte hat ausgeführt, eine Nachfrage bei dem für die Bearbeitung von in der Sch. wohnenden Anspruchsstellern zuständigen Landratsamt Konstanz - Außenstelle Radolfzell habe ergeben, dass dort derzeit kein Antrag der Klägerin vorliege und in der Vergangenheit auch nicht gestellt worden sei.
Trotz Hinweises des Sozialgerichts auf die Erforderlichkeit eines vor Erhebung einer Klage einzuleitenden Verwaltungsverfahrens hat sich die Klägerin weder direkt an den Beklagten gewandt noch die Klage zurückgenommen.
Nach vorangegangener Anhörung hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.06.2011 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da es an den vor Klageerhebung durchzuführendem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren fehle. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass vor der Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen sei. Da sie gleichwohl daran festgehalten habe, unmittelbar eine gerichtliche Entscheidung erwirken zu wollen, sei die Klage aus prozessualen Gründen mangels Durchführung des Verwaltungs- und Vorverfahrens als unzulässig abzuweisen gewesen. Dementsprechend seien dem Gericht Ausführungen zur inhaltlichen Seite in der Sache des klägerischen Begehrens mangels einer zulässigen Klage verwehrt.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.07.2011 Berufung beim Sozialgericht eingelegt. Sie hat erneut die Vorkommnisse in den Jahren zwischen 1945 und 1948 geschildert und ausgeführt, sie habe ein Recht auf einen Pflichtverteidiger. Ferner sei zur Sachaufklärung nötigenfalls eine Historiker-Kommission einzuberufen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Juni 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Entschädigungsleistungen wegen ihres Aufenthalts in einem dänischen Flüchtlingslager in den Jahren 1945 bis 1948 sowie eine Rente wegen Todes ihres ehemaligen Ehegatten zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat erneut darauf hingewiesen, dass die Klägerin einen entsprechenden Antrag beim örtlich zuständigen Landratsamt Konstanz - Außenstelle Radolfzell bislang nicht gestellt habe. Ihm sei auch nicht bekannt, ob die Klägerin bislang bei einem anderen Landratsamt oder Versorgungsamt einen Antrag auf Anerkennung von Haftschadensfolgen gestellt habe beziehungsweise ob bereits eine bindende Entscheidung vorliege. Da bislang weder ein Verwaltungs- noch ein Widerspruchsverfahren habe durchgeführt werden können und damit eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung nicht vorhanden sei, sei die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Sozialgerichts und des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 2 SGG zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Zwar war das Sozialgericht Karlsruhe hier örtlich unzuständig. Denn gemäß § 57 Abs. 3 SGG ist, wenn der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland hat, das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat. Da die Klägerin ihren Wohnsitz in der Sch. und der Beklagte seinen Sitz jedenfalls nicht in Karlsruhe hat, war mithin nicht das Sozialgericht Karlsruhe örtlich zuständig gewesen. Aber nach § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Gemäß § 98 Satz 1 SGG gelten für die sachliche und örtliche Zuständigkeit die §§ 17, 17a und 17b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GVG entsprechend. Nach dem Zweck des § 98 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 17a Abs. 5 GVG soll sich das Rechtsmittelgericht nur dann mit der Frage des Rechtsweges sowie der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit befassen, wenn auch die Entscheidung der Vorinstanz ausschließlich darauf beruht. Hat die erste Instanz Rechtsweg oder Zuständigkeit demgegenüber auch nur sinngemäß bejaht, soll der Rechtsstreit von der Rechtswegfrage in allen höheren Instanzen entlastet bleiben. Infolgedessen trifft die Vorinstanz nur dann keine Entscheidung in der Hauptsache im Sinne dieser Bestimmung, wenn sie die Unzulässigkeit der Klage mit dem fehlenden Rechtsweg oder der fehlenden Zuständigkeit begründet. Ist der Rechtsweg oder die Zuständigkeit im bisherigen Verfahren gerügt worden, greift die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Rüge später fallen gelassen wird; ansonsten muss die unterlassene Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG - eventuell auch im höheren Rechtszug - nachgeholt werden (zum Ganzen siehe BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 7/03 R - SozR 4-1720 § 17a Nr. 1). So liegt hier aber der Fall nicht. Denn die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt die fehlende örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts Karlsruhe gerügt. Mithin war das angegriffene Urteil nicht wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit aufzuheben.
Die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts erweist sich inhaltlich als zutreffend. Denn die beim Sozialgericht erhobene Klage ist bereits unzulässig, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat.
Dies ergibt sich aus §§ 54 und 78 SGG.
Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden (§ 54 Abs. 4 SGG). Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte (§ 54 Abs. 5 SGG).
Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG). Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will (§ 78 Abs. 1 Satz 2 SGG). Für die Verpflichtungsklage gilt § 78 Abs. 1 SGG entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist (§ 78 Abs. 3 SGG).
Über die Gewährung von Sozialleistungen, zu denen die von der Klägerin begehrten Entschädigungs- und Rentenleistungen gehören, ist vor Klageerhebung in einem Verwaltungsverfahren zu befinden, das mit einem Verwaltungsakt abschließt, gegen den die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig ist (BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 28/04 R; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, vor § 51 Rz. 15; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 78 Rz. 2; Hk-SGG/Castendiek, § 54 Rz. 28; Hk-SGG/Binder, § 78 Rz. 4). Ein solcher Verwaltungsakt ist vorliegend bezüglich der von der Klägerin begehrten Leistungen - wie der Beklagte nochmals bestätigt hat - nicht ergangen.
Die Voraussetzungen für eine echte Leistungsklage sind nicht gegeben. Weder stehen vorliegend die Klägerin und der Beklagte in einem Gleichordnungsverhältnis noch ist das Begehren der Klägerin auf ein schlichtes hoheitliches Handeln gerichtet (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O. § 54, Rz. 41 bis 42a; Hk-SGG/Castendiek, § 54 Rz. 133 bis 136). Im Übrigen würde es bereits an dem auch für eine Leistungsklage erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Denn vor Erhebung einer Klage hätte sich die Klägerin zunächst an den Beklagten wenden müssen, was aber vorliegend nicht geschehen ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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