Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 4 R 841/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 917/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2010 geändert. Der Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus.
Der im Oktober 1953 geborene Kläger, der zuletzt im Februar 2008 als Glas- und Gebäudereiniger beschäftigt war, beantragte im Dezember 2007 wegen orthopädischer Leiden, eines Magen-Darm-Leidens und einer Depression Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog verschiedene ärztliche Unterlagen bei und holte die Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. D vom 24. April 2008 und des Facharztes für Chirurgie und Sozialmedizin P vom 21. Mai 2008 ein.
Mit Bescheid vom 05. August 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger nach einem am 18. April 2008 eingetretenen Leistungsfall Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. November 2008 bis 31. Mai 2009.
Auf den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem geltend gemacht wurde, die Rente hätte unbefristet, mindestens jedoch zunächst für die Dauer von drei Jahren gewährt werden müssen, wobei nicht einmal die im Gutachten des Arztes Pangenommene Zeitdauer von 12 Monaten eines aufgehobenen Leistungsvermögens berücksichtigt worden sei, erteilte die Beklagte den Bescheid vom 27. Oktober 2008, mit dem sie Rente wegen voller Erwerbsminderung nunmehr bis zum 30. November 2009 bewilligte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2008 zurück: Eine Verlängerung der zeitlich befristeten Rente bis November 2009 sei unabhängig von einem operativen Eingriff sinnvoll. Nach heutigem Kenntnisstand sei eine Besserung jedoch auch unter konservativen Maßnahmen möglich bzw. zu erwarten.
Dagegen erhob der Kläger am 23. Dezember 2008 beim Sozialgericht Berlin Klage (S 17 R 7796/08), mit der vorgetragen wurde, dass mit einer Wiederherstellung der vollen Erwerbsfähigkeit nicht mehr zu rechnen sei. Mit den bestehenden Leiden, einer Cervikobrachialgie mit Bandscheibenschäden mit Übergang zum Prolaps, Lumboischialgien mit Bandscheibenprolaps, einer Großzehengelenksarthrose, einer Refluxkrankheit der Speiseröhre, einer Neurose, einer Schuppenflechte, einer Teillähmung des Nervus peroneus und einem Impingementsyndrom bzw. einer Bursitis der Schulter rechts, sei er dauerhaft erwerbsunfähig.
Während des Klageverfahrens bewilligte die Beklagte auf Antrag des Klägers vom Mai 2009 nach Beiziehung verschiedener ärztlicher Unterlagen und Einholung des Gutachtens des Facharztes für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. H vom 16. Oktober 2009 mit Bescheid vom 20. Oktober 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter bis zum 30. November 2012. Es wurde darauf hingewiesen, dass dieser Bescheid nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens werde.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger unter Hinweis auf das laufende Klageverfahren wegen der Befristung Widerspruch ein.
In der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2010 wies die Vorsitzende des Sozialgerichts darauf hin, dass der Bescheid vom 20. Oktober 2009 nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden sein dürfte, da er den Bescheid vom 05. August 2008 in der Fassung des Bescheides vom 27. Oktober 2008 weder abändern noch ersetzen dürfte. Sie wies des Weiteren darauf hin, dass auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit unwahrscheinlich sei.
Daraufhin erklärte der Kläger, dass er die Klage zurücknehme.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2009 zurück: Da dieser Bescheid nicht Gegenstand des bereits durch Klagerücknahme beendeten Klageverfahrens geworden sei, sei nunmehr über ihn zu entscheiden. Nach dem Gutachten des Dr. H vom 16. Oktober 2009 sei davon auszugehen, dass das Leistungsvermögen unter Optimierung der medikamentösen Therapie sowie Mitbehandlung des seelischen Leidens innerhalb von drei Jahren gebessert werden könne, so dass kein Anspruch auf eine Dauerrente bestehe.
Dagegen hat der Kläger am 15. Februar 2010 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Er hat seine im Widerspruchsverfahren vorgetragene Begründung wiederholt. Außerdem hat er darauf hingewiesen, dass das degenerative Wirbelsäulensyndrom, die Gelenksarthrosen und die Psoriasis zwar behandelbar, jedoch nicht heilbar seien. Er hat verschiedene ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Mit Urteil vom 11. Juni 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere des Gutachtens des Dr. H, sei nicht unwahrscheinlich, dass die beim Kläger bestehende Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17. September 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 06. Oktober 2010 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er hat weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2010 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass die am 15. Januar 2010 erklärte Klagerücknahme einer inhaltlichen Überprüfung entgegenstehen könnte.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Gerichtsakte des Sozialgerichts Berlin (S 17 R 7796/08) und der Verwaltungsakte der Beklagten (), die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage, soweit sie auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 gerichtet ist, im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Diese Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage unzulässig, denn mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 2009 wird nicht (erneut) eine Rente auf unbestimmte Dauer abgelehnt. Eine solche Regelung enthält lediglich der Bescheid vom 05. August 2008, der jedoch durch die am 15. Januar 2010 erfolgte Klagerücknahme bestandskräftig ist.
Die Berufung ist allerdings insoweit begründet, als auf die Anfechtungsklage der Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 aufzuheben ist. Die Widerspruchsstelle der Beklagten war funktional und sachlich zur erstmaligen Entscheidung über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer nicht zuständig.
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden. Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann nach § 54 Abs. 4 SGG mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsaktes gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
Diese Vorschriften regeln die Anfechtungsklage, die Anfechtungs- und Leistungsklage und die Verpflichtungsklage. Sie knüpfen alle am Erfordernis eines Verwaltungsaktes an. Nach § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Der Bescheid vom 20. Oktober 2009 enthält keine Regelung, mit der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer erneut abgelehnt wird. Eine solche Verfügung wird ausschließlich im Bescheid vom 05. August 2008 getroffen. Diese ist jedoch einer inhaltlichen gerichtlichen Überprüfung nicht mehr zugänglich, denn der Bescheid vom 05. August 2008 ist infolge Klagerücknahme bestandskräftig.
Mit Bescheid vom 05. August 2008 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung nur für die Zeit vom 01. November 2008 bis 31. Mai 2009. Gegen diese Verfügung richtete sich der Widerspruch, mit dem Ziel Rente auf Dauer zu erhalten. Die Beklagte half diesem Begehren teilweise ab, indem sie mit Bescheid vom 27. Oktober 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30. November 2009 bewilligte. Den Widerspruch bezüglich des weitergehenden Anspruches wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2008 zurück.
Während des sich anschließenden Klageverfahrens S 17 R 7796/08 erteilte die Beklagte den im hiesigen Rechtsstreit angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 2009, mit dem sie in (weiterer) teilweiser Anerkennung des vom Kläger erhobenen Anspruches Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30. November 2012 bewilligte. Der geltend gemachte darüber hinausgehende Anspruch auf diese Rente als Rente auf Dauer blieb beim Sozialgericht anhängig, denn auch mit dem letztgenannten Bescheid vom 20. Oktober 2009 wurde diesem klägerischen Begehren nicht nachgekommen.
Angesichts dessen bedeutet die am 15. Januar 2010 erklärte Klagerücknahme die Aufgabe des klägerischen Anspruches auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Die Klagerücknahme bewirkte, dass der Bescheid vom 05. August 2008 hinsichtlich der Ablehnung dieser Rente auf Dauer, soweit diesem Begehren nicht teilweise mit den Bescheiden vom 27. Oktober 2008 und 20. Oktober 2009 (bis 30. November 2012) entsprochen wurde, bestandskräftig wurde. Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (§ 77 SGG). Der Senat ist mithin gehindert, eine dem Bescheid vom 05. August 2008 widersprechende inhaltliche Entscheidung zu treffen, mithin Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer zuzusprechen.
Der Bescheid vom 20. Oktober 2009 enthält keine Regelung zur Rente wegen voller Erwerbsminderung für Zeiträume nach dem 30. November 2012.
Mit diesem Bescheid wurde vielmehr und ausschließlich dem klägerischen Begehren teilweise, nämlich hinsichtlich des Zeitraumes über den 30. November 2009 hinaus bis zum 30. November 2012, entsprochen. Insoweit wurde dieser Bescheid nicht zum Gegenstand des vorangegangen Klageverfahrens. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Eine solche Abänderung liegt zwar bezogen auf den genannten Zeitraum der weiteren Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung vor. Hinsichtlich dieses Zeitraumes, der vom insgesamt geltend gemachten Zeitraum abtrennbar und teilbar ist, wurde dem klägerischen Begehren aber abgeholfen, so dass der Kläger insoweit nicht mehr beschwert war. Es besteht weder ein Bedürfnis noch entspricht es dem Zweck des § 96 Abs. 1 SGG, einerseits über das gesamte Streitverhältnis umfassend zu entscheiden und andererseits den Betroffenen vor Rechtsnachteilen zu schützen, die Rechtsfolge dieser Vorschrift, die Fiktion der Klage gegen einen von dieser Vorschrift erfassten Verwaltungsakt eintreten zu lassen, wenn eine solche Klage mangels Beschwer unzulässig wäre.
Da der Bescheid vom 20. Oktober 2009 eine weitergehende Regelung, insbesondere zu Zeiträumen nach dem 30. November 2012, nicht enthält, kann er auch insoweit nicht nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des vorangegangenen Klageverfahrens geworden sein, noch kann im anhängigen Rechtsstreit dazu inhaltlich entschieden werden. Dabei ist maßgebend zu berücksichtigen, dass der Bescheid vom 20. Oktober 2009 während des Klageverfahrens erging, in dem um Rente auf Dauer gestritten wurde. Es bestand mithin keine Veranlassung, dazu eine erneute ablehnende Regelung zu treffen, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens war. Eine solche Regelung enthält dieser Bescheid tatsächlich auch nicht, denn es wird darauf hingewiesen, dass über Rente nach dem 30. November 2012 nur auf weiteren Antrag entschieden wird. Damit musste für jeden verständigen Beteiligten klar sein, dass im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vom 20. Oktober 2009 über den genannten Zeitraum hinaus keine Entscheidung getroffen werden sollte.
Mangelt es jedoch an einem entsprechenden Verwaltungsakt im Bescheid vom 20. Oktober 2009, ist die dagegen gerichtete Anfechtungsklage unzulässig. Dies führt gleichzeitig zur Unzulässigkeit der Leistungsklage, denn mit dieser Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung nur dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Über einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ist jedoch nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsverfahrens grundsätzlich durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Der Senat ist daher gehindert, zum Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus inhaltlich zu entscheiden.
Auf die Anfechtungsklage ist allerdings der Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 aufzuheben.
Nach § 85 Abs. 2 SGG ist die Widerspruchsstelle lediglich befugt, über einen Widerspruch gegen einen von der Ausgangsbehörde erlassenen Verwaltungsakt zu entscheiden. Sie ist hingegen funktional und sachlich unzuständig, anstelle der Ausgangsbehörde über ein Begehren bzw. einen Sachverhalt erstmals zu entscheiden. Dieser Verfahrensfehler ist nach § 42 Satz 1 SGB X beachtlich und begründet einen Aufhebungsanspruch (BSG, Urteil vom 30. März 2004 – B 4 RA 48/01 R, zitiert nach juris).
Da der Bescheid vom 20. Oktober 2009 keine Regelung über Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer enthält, wurde auf den dagegen eingelegten Widerspruch, der somit mangels Beschwer unzulässig war, mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 eine erstmalige Entscheidung darüber getroffen, denn er regelte, dass kein Anspruch auf eine Dauerrente besteht. Veranlassung, darüber erneut zu entscheiden, bestand für die Beklagte nach der am 15. Januar 2010 erklärten Klagerücknahme nicht, zumal die Beklagte, so ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 10. November 2009, den "Widerspruch" als Prozesserklärung ansah und mitteilte, dass eine gesonderte Entscheidung der Verwaltung nicht ergehen werde. Die zu diesem "Widerspruch" vertretene Ansicht der Beklagten ist zutreffend, als nach den o. g. Ausführungen darin lediglich die prozessuale Erklärung enthalten ist, dass mit dem Bescheid vom 20. Oktober 2009 das Klageverfahren weiterhin nicht erledigt ist. Im Schreiben zu diesem "Widerspruch" wird auf das laufende Klageverfahren selbst ausdrücklich hingewiesen. Soweit die Beklagte ungeachtet dessen gleichwohl zum Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer, der bereits mit Bescheid vom 05. August 2008 infolge Klagerücknahme bestandskräftig abgelehnt worden war, eine inhaltliche Entscheidung hätte treffen wollen, hätte sie dies nicht unter Rückgriff auf den unzulässigen Widerspruch durch ihre Widerspruchsstelle, sondern als Ausgangsbehörde nach § 44 SGB X tun müssen. Da der Widerspruchsstelle die Kompetenz fehlt, erstmalig einen Bescheid nach § 44 SGB X zu erlassen und damit zum Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer zu entscheiden, ist der Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Der Kläger ist zwar mit seinem eigentlichen Begehren nicht erfolgreich gewesen. Die Beklagte hat jedoch mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 einen wesentlichen Anlass zum Verfahren gegeben. Es scheint daher angemessen, dass die Beklagte die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits trägt.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus.
Der im Oktober 1953 geborene Kläger, der zuletzt im Februar 2008 als Glas- und Gebäudereiniger beschäftigt war, beantragte im Dezember 2007 wegen orthopädischer Leiden, eines Magen-Darm-Leidens und einer Depression Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog verschiedene ärztliche Unterlagen bei und holte die Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. D vom 24. April 2008 und des Facharztes für Chirurgie und Sozialmedizin P vom 21. Mai 2008 ein.
Mit Bescheid vom 05. August 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger nach einem am 18. April 2008 eingetretenen Leistungsfall Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. November 2008 bis 31. Mai 2009.
Auf den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem geltend gemacht wurde, die Rente hätte unbefristet, mindestens jedoch zunächst für die Dauer von drei Jahren gewährt werden müssen, wobei nicht einmal die im Gutachten des Arztes Pangenommene Zeitdauer von 12 Monaten eines aufgehobenen Leistungsvermögens berücksichtigt worden sei, erteilte die Beklagte den Bescheid vom 27. Oktober 2008, mit dem sie Rente wegen voller Erwerbsminderung nunmehr bis zum 30. November 2009 bewilligte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2008 zurück: Eine Verlängerung der zeitlich befristeten Rente bis November 2009 sei unabhängig von einem operativen Eingriff sinnvoll. Nach heutigem Kenntnisstand sei eine Besserung jedoch auch unter konservativen Maßnahmen möglich bzw. zu erwarten.
Dagegen erhob der Kläger am 23. Dezember 2008 beim Sozialgericht Berlin Klage (S 17 R 7796/08), mit der vorgetragen wurde, dass mit einer Wiederherstellung der vollen Erwerbsfähigkeit nicht mehr zu rechnen sei. Mit den bestehenden Leiden, einer Cervikobrachialgie mit Bandscheibenschäden mit Übergang zum Prolaps, Lumboischialgien mit Bandscheibenprolaps, einer Großzehengelenksarthrose, einer Refluxkrankheit der Speiseröhre, einer Neurose, einer Schuppenflechte, einer Teillähmung des Nervus peroneus und einem Impingementsyndrom bzw. einer Bursitis der Schulter rechts, sei er dauerhaft erwerbsunfähig.
Während des Klageverfahrens bewilligte die Beklagte auf Antrag des Klägers vom Mai 2009 nach Beiziehung verschiedener ärztlicher Unterlagen und Einholung des Gutachtens des Facharztes für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. H vom 16. Oktober 2009 mit Bescheid vom 20. Oktober 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter bis zum 30. November 2012. Es wurde darauf hingewiesen, dass dieser Bescheid nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens werde.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger unter Hinweis auf das laufende Klageverfahren wegen der Befristung Widerspruch ein.
In der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2010 wies die Vorsitzende des Sozialgerichts darauf hin, dass der Bescheid vom 20. Oktober 2009 nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden sein dürfte, da er den Bescheid vom 05. August 2008 in der Fassung des Bescheides vom 27. Oktober 2008 weder abändern noch ersetzen dürfte. Sie wies des Weiteren darauf hin, dass auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit unwahrscheinlich sei.
Daraufhin erklärte der Kläger, dass er die Klage zurücknehme.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2009 zurück: Da dieser Bescheid nicht Gegenstand des bereits durch Klagerücknahme beendeten Klageverfahrens geworden sei, sei nunmehr über ihn zu entscheiden. Nach dem Gutachten des Dr. H vom 16. Oktober 2009 sei davon auszugehen, dass das Leistungsvermögen unter Optimierung der medikamentösen Therapie sowie Mitbehandlung des seelischen Leidens innerhalb von drei Jahren gebessert werden könne, so dass kein Anspruch auf eine Dauerrente bestehe.
Dagegen hat der Kläger am 15. Februar 2010 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Er hat seine im Widerspruchsverfahren vorgetragene Begründung wiederholt. Außerdem hat er darauf hingewiesen, dass das degenerative Wirbelsäulensyndrom, die Gelenksarthrosen und die Psoriasis zwar behandelbar, jedoch nicht heilbar seien. Er hat verschiedene ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Mit Urteil vom 11. Juni 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere des Gutachtens des Dr. H, sei nicht unwahrscheinlich, dass die beim Kläger bestehende Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17. September 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 06. Oktober 2010 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er hat weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2010 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass die am 15. Januar 2010 erklärte Klagerücknahme einer inhaltlichen Überprüfung entgegenstehen könnte.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Gerichtsakte des Sozialgerichts Berlin (S 17 R 7796/08) und der Verwaltungsakte der Beklagten (), die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage, soweit sie auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 gerichtet ist, im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Diese Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage unzulässig, denn mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 2009 wird nicht (erneut) eine Rente auf unbestimmte Dauer abgelehnt. Eine solche Regelung enthält lediglich der Bescheid vom 05. August 2008, der jedoch durch die am 15. Januar 2010 erfolgte Klagerücknahme bestandskräftig ist.
Die Berufung ist allerdings insoweit begründet, als auf die Anfechtungsklage der Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 aufzuheben ist. Die Widerspruchsstelle der Beklagten war funktional und sachlich zur erstmaligen Entscheidung über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer nicht zuständig.
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden. Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann nach § 54 Abs. 4 SGG mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsaktes gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
Diese Vorschriften regeln die Anfechtungsklage, die Anfechtungs- und Leistungsklage und die Verpflichtungsklage. Sie knüpfen alle am Erfordernis eines Verwaltungsaktes an. Nach § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Der Bescheid vom 20. Oktober 2009 enthält keine Regelung, mit der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer erneut abgelehnt wird. Eine solche Verfügung wird ausschließlich im Bescheid vom 05. August 2008 getroffen. Diese ist jedoch einer inhaltlichen gerichtlichen Überprüfung nicht mehr zugänglich, denn der Bescheid vom 05. August 2008 ist infolge Klagerücknahme bestandskräftig.
Mit Bescheid vom 05. August 2008 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung nur für die Zeit vom 01. November 2008 bis 31. Mai 2009. Gegen diese Verfügung richtete sich der Widerspruch, mit dem Ziel Rente auf Dauer zu erhalten. Die Beklagte half diesem Begehren teilweise ab, indem sie mit Bescheid vom 27. Oktober 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30. November 2009 bewilligte. Den Widerspruch bezüglich des weitergehenden Anspruches wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2008 zurück.
Während des sich anschließenden Klageverfahrens S 17 R 7796/08 erteilte die Beklagte den im hiesigen Rechtsstreit angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 2009, mit dem sie in (weiterer) teilweiser Anerkennung des vom Kläger erhobenen Anspruches Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30. November 2012 bewilligte. Der geltend gemachte darüber hinausgehende Anspruch auf diese Rente als Rente auf Dauer blieb beim Sozialgericht anhängig, denn auch mit dem letztgenannten Bescheid vom 20. Oktober 2009 wurde diesem klägerischen Begehren nicht nachgekommen.
Angesichts dessen bedeutet die am 15. Januar 2010 erklärte Klagerücknahme die Aufgabe des klägerischen Anspruches auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Die Klagerücknahme bewirkte, dass der Bescheid vom 05. August 2008 hinsichtlich der Ablehnung dieser Rente auf Dauer, soweit diesem Begehren nicht teilweise mit den Bescheiden vom 27. Oktober 2008 und 20. Oktober 2009 (bis 30. November 2012) entsprochen wurde, bestandskräftig wurde. Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (§ 77 SGG). Der Senat ist mithin gehindert, eine dem Bescheid vom 05. August 2008 widersprechende inhaltliche Entscheidung zu treffen, mithin Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer zuzusprechen.
Der Bescheid vom 20. Oktober 2009 enthält keine Regelung zur Rente wegen voller Erwerbsminderung für Zeiträume nach dem 30. November 2012.
Mit diesem Bescheid wurde vielmehr und ausschließlich dem klägerischen Begehren teilweise, nämlich hinsichtlich des Zeitraumes über den 30. November 2009 hinaus bis zum 30. November 2012, entsprochen. Insoweit wurde dieser Bescheid nicht zum Gegenstand des vorangegangen Klageverfahrens. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Eine solche Abänderung liegt zwar bezogen auf den genannten Zeitraum der weiteren Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung vor. Hinsichtlich dieses Zeitraumes, der vom insgesamt geltend gemachten Zeitraum abtrennbar und teilbar ist, wurde dem klägerischen Begehren aber abgeholfen, so dass der Kläger insoweit nicht mehr beschwert war. Es besteht weder ein Bedürfnis noch entspricht es dem Zweck des § 96 Abs. 1 SGG, einerseits über das gesamte Streitverhältnis umfassend zu entscheiden und andererseits den Betroffenen vor Rechtsnachteilen zu schützen, die Rechtsfolge dieser Vorschrift, die Fiktion der Klage gegen einen von dieser Vorschrift erfassten Verwaltungsakt eintreten zu lassen, wenn eine solche Klage mangels Beschwer unzulässig wäre.
Da der Bescheid vom 20. Oktober 2009 eine weitergehende Regelung, insbesondere zu Zeiträumen nach dem 30. November 2012, nicht enthält, kann er auch insoweit nicht nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des vorangegangenen Klageverfahrens geworden sein, noch kann im anhängigen Rechtsstreit dazu inhaltlich entschieden werden. Dabei ist maßgebend zu berücksichtigen, dass der Bescheid vom 20. Oktober 2009 während des Klageverfahrens erging, in dem um Rente auf Dauer gestritten wurde. Es bestand mithin keine Veranlassung, dazu eine erneute ablehnende Regelung zu treffen, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens war. Eine solche Regelung enthält dieser Bescheid tatsächlich auch nicht, denn es wird darauf hingewiesen, dass über Rente nach dem 30. November 2012 nur auf weiteren Antrag entschieden wird. Damit musste für jeden verständigen Beteiligten klar sein, dass im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vom 20. Oktober 2009 über den genannten Zeitraum hinaus keine Entscheidung getroffen werden sollte.
Mangelt es jedoch an einem entsprechenden Verwaltungsakt im Bescheid vom 20. Oktober 2009, ist die dagegen gerichtete Anfechtungsklage unzulässig. Dies führt gleichzeitig zur Unzulässigkeit der Leistungsklage, denn mit dieser Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung nur dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Über einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ist jedoch nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsverfahrens grundsätzlich durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Der Senat ist daher gehindert, zum Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus inhaltlich zu entscheiden.
Auf die Anfechtungsklage ist allerdings der Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 aufzuheben.
Nach § 85 Abs. 2 SGG ist die Widerspruchsstelle lediglich befugt, über einen Widerspruch gegen einen von der Ausgangsbehörde erlassenen Verwaltungsakt zu entscheiden. Sie ist hingegen funktional und sachlich unzuständig, anstelle der Ausgangsbehörde über ein Begehren bzw. einen Sachverhalt erstmals zu entscheiden. Dieser Verfahrensfehler ist nach § 42 Satz 1 SGB X beachtlich und begründet einen Aufhebungsanspruch (BSG, Urteil vom 30. März 2004 – B 4 RA 48/01 R, zitiert nach juris).
Da der Bescheid vom 20. Oktober 2009 keine Regelung über Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer enthält, wurde auf den dagegen eingelegten Widerspruch, der somit mangels Beschwer unzulässig war, mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 eine erstmalige Entscheidung darüber getroffen, denn er regelte, dass kein Anspruch auf eine Dauerrente besteht. Veranlassung, darüber erneut zu entscheiden, bestand für die Beklagte nach der am 15. Januar 2010 erklärten Klagerücknahme nicht, zumal die Beklagte, so ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 10. November 2009, den "Widerspruch" als Prozesserklärung ansah und mitteilte, dass eine gesonderte Entscheidung der Verwaltung nicht ergehen werde. Die zu diesem "Widerspruch" vertretene Ansicht der Beklagten ist zutreffend, als nach den o. g. Ausführungen darin lediglich die prozessuale Erklärung enthalten ist, dass mit dem Bescheid vom 20. Oktober 2009 das Klageverfahren weiterhin nicht erledigt ist. Im Schreiben zu diesem "Widerspruch" wird auf das laufende Klageverfahren selbst ausdrücklich hingewiesen. Soweit die Beklagte ungeachtet dessen gleichwohl zum Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer, der bereits mit Bescheid vom 05. August 2008 infolge Klagerücknahme bestandskräftig abgelehnt worden war, eine inhaltliche Entscheidung hätte treffen wollen, hätte sie dies nicht unter Rückgriff auf den unzulässigen Widerspruch durch ihre Widerspruchsstelle, sondern als Ausgangsbehörde nach § 44 SGB X tun müssen. Da der Widerspruchsstelle die Kompetenz fehlt, erstmalig einen Bescheid nach § 44 SGB X zu erlassen und damit zum Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. November 2012 hinaus auf Dauer zu entscheiden, ist der Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Der Kläger ist zwar mit seinem eigentlichen Begehren nicht erfolgreich gewesen. Die Beklagte hat jedoch mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 einen wesentlichen Anlass zum Verfahren gegeben. Es scheint daher angemessen, dass die Beklagte die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits trägt.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
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