Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 21 P 89/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 P 2/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend: Antragstellerin) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung weiterer Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1.918,- EUR.
Die 1931 geborene Antragstellerin ist bei der Antrags- und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) pflegeversichert. Seit Januar 2008 erhält sie Leistungen nach der Pflegestufe III, nachdem der Sozialmedizinische Dienst H. (SMD) einen Zeitaufwand für die Grundpflege von 276 Minuten täglich festgestellt hatte (Gutachten vom 21. Februar 2008). Die Pflegeleistungen werden von einem ambulanten Pflegedienst und dem Prozessbevollmächtigten, dem Sohn der Antragstellerin (im Folgenden: Pflegeperson) sowie teilweise von dessen Lebenspartner erbracht. Außerdem besucht sie die Tagespflegeeinrichtung "A." der P.-Stiftungen. Sie bewohnt allein eine 3-Zimmerwohnung in der vierten Etage eines Mehrfamilienhauses mit Fahrstuhl. Ihre Erkrankungen und Behinderungen bestehen im Wesentlichen in einer Zunahme der Sehstörungen links, Verschlechterungen der Hemiparese links nach Schlaganfall, hypertensive Entgleisung bei arterieller Hypertonie Stadium III nach WHO mit vasculärer Encephalopathie und alten Ischämien, Exsikkose, M. Parkinson mit mittelgradiger Demenz mit Beeinträchtigung von Gedächtnis, Orientierung, Kommunikation und der Alltagsaktivitäten, Ovarialcarcinom (OP und Radiochemotherapie 1984), Stuhl- und Urininkontinenz (Strahlencolitis und –cystitis, Versorgung mit suprapubischem Blasenkatheter).
Am 18. Januar 2011 beantragte die Antragstellerin weitere Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1.918,- EUR monatlich zur Vermeidung einer Härte. Die Antragsgegnerin veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den SMD. Im Gutachten vom 3. Februar 2011 stellten die Pflegefachkräfte T. und R. sowie die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. fest, die 156 cm große und 65 kg schwere Antragstellerin könne unter Aufsicht selbständig aufstehen und mit dem Rollator im Wohnbereich laufen, wobei der Gang schlurfend und kleinschrittig sei. Außerhalb der Wohnung nutze sie einen Rollstuhl. Der Blasenkatheter werde zwei- bis dreimal täglich entleert. Sie sei kreislaufstabil, leide an Unruhezuständen, Angst- und Wahrnehmungsstörungen und einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus. Das Kurzzeitgedächtnis sei stark eingeschränkt, das Langzeitgedächtnis überwiegend erhalten. Sie finde die Toilette nicht, schmiere mit Kot und leide häufig an Durchfällen, so dass mehrfach am Tag Teilwäschen notwendig seien. Unter Anleitung könne sie bei der Körperwäsche mitmachen. Die Toilette benutze sie nach Aufforderung. Sie habe kein Sättigungsgefühl und esse nachts unkontrolliert. Wegen Schluckstörungen sei eine mundgerechte Zubereitung der Nahrung erforderlich. Gangunsicherheit und Orientierungslosigkeit erforderten beim Gehen eine Begleitung. Beim häufigen An- und Auskleiden sei Anleitung und Übernahme erforderlich. Pflegeerschwerende oder -erleichternde Faktoren lägen nicht vor. Es bestehe ein nächtlicher Grundpflegebedarf für die Toilettengänge sowie für das Wechseln von Inkontinenzmaterial, das Anreichen von Flüssigkeiten, die Durchführung von Teilwäschen sowie das teilweise An- und Entkleiden bei Kotschmieren oder Durchfall. Insgesamt betrage der Zeitaufwand für die Grundpflege 254 Minuten täglich. Der Pflegebedarf habe sich nicht wesentlich geändert und übersteige nicht das Maß der Pflegestufe III. Der nach den Härtefallrichtlinien geforderte Pflegeaufwand von sechs Stunden täglich einschließlich regelmäßiger Nachtpflege werde nicht erreicht. Die Pflege könne von einer Pflegeperson verrichtet werden. Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten lehnte die Antragsgegnerin den Antrag mit Bescheid vom 22. Februar 2011 ab.
Dagegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 23. Februar 2011 Widerspruch ein und beantragte am 16. März 2011 beim Sozialgericht Halle, ihr die begehrten Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu gewähren. Diesen Antrag haben das Sozialgericht Halle mit Beschluss vom 12. Mai 2011 abgelehnt und der erkennende Senat mit Beschluss vom 12. Oktober 2011 über die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Auf den Inhalt dieser Beschlüsse wird Bezug genommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2011 hat der Widerspruchsausschuss der Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 22. Februar 2011 zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat dagegen am 29. August 2011 Klage erhoben (Aktenzeichen: S 21 P 75/11).
Nach einem stationären Aufenthalt der Antragstellerin vom 25. August 2011 bis 7. September 2011 in Geriatrischen Zentrum in H. ließ die Antragstellerin am 13. September 2011 ein Gutachten von der unabhängigen Pflegegutachterin G. (Gutachten G.) erstellen. Diese schätzte den Zeitaufwand für die Grundpflege auf 378 Minuten täglich ein und führte hierzu aus: Gegenüber dem Gutachten vom Februar 2011 hätten sich die Zeitwerte erhöht. Die Antragstellerin benötige mehrfach täglich Hilfe im Bereich der Körperpflege, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Verrichtungen. Die zeitlichen Kriterien für das Vorliegen der Pflegestufe III H seien erfüllt. Der nächtliche Hilfebedarf habe sich wegen rezidivierender Diarrhoe erhöht und erfordere oft den Einsatz von zwei Pflegepersonen. Es bestehe ein außergewöhnlicher und intensiver Pflegebedarf, wobei Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft zu beachten seien.
Mit Schreiben vom 13. September 2011 beantragte die Antragstellerin erneut Sachleistungen auf der Grundlage von § 36 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI - Härtefallregelung). Die Antragsgegnerin veranlasste erneut eine Begutachtung des SMD durch die Pflegefachkräfte T. und R., die in einem Gutachten vom 19. Oktober 2011 einen Grundpflegebedarf der Antragstellerin von 256 Minuten täglich und damit Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe III ohne Anerkennung eines Härtefalls feststellten. Ein nächtlicher Grundpflegebedarf bestehe nicht. Auch sei kein Einsatz von mehr als einer Pflegeperson erforderlich.
Mit Bescheid vom 3. November 2011 lehnte die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf dieses Gutachten eine Höherstufung wiederum ab, da sich der Gesundheitszustand der Antragstellerin nicht in einem Maße geändert habe, wie es für die Einstufung in eine höhere Pflegestufe erforderlich sei.
Am 4. November 2011 hat die Antragstellerin abermals beim Sozialgericht Halle einstweiligen Rechtsschutz zur Erlangung von Pflegesachleistungen auf der Grundlage von § 36 Abs. 4 SGB XI beantragt. Sie hat sich dabei insbesondere auf das Gutachten G. bezogen und vorgetragen, der individuelle Versorgungsplan nach § 7 a SGB XI solle zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und die unabhängige Pflegegutachterin G. als Zeugin gehört werden. Die vom Sozialgericht bereits veranlasste Begutachtung durch die Gutachterin W. hat sie wegen Besorgnis von Befangenheit abgelehnt. Das Sozialgericht hat das Ablehnungsgesuch gegen die Pflegesachverständige W. mit Beschluss vom 29. November 2011 zurückgewiesen; die vorgesehene Begutachtung wurde nicht durchgeführt.
Das Sozialgericht hat um eine Erklärung der Antragstellerin zur Entbindung der Ärzte und Therapeuten von der Schweigepflicht gebeten sowie um die Mitteilung der Adresse des Pflegedienstes und der Tagespflegeeinrichtung, da beabsichtigt sei, diese zu befragen und weitere medizinischen Unterlagen einzuholen.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, ihm seien keine Gründe bekannt, weshalb eine Begutachtung in der Häuslichkeit der Antragstellerin nicht erfolgen könne. Er werde aber insbesondere auch wegen des Befangenheitsantrages gegen die gerichtlich bestellte Gutachterin keine pauschale Befreiung von der Schweigepflicht erteilen. Er sei ausdrücklich angewiesen, die Erteilung von Auskünften durch die Tagespflegeeinrichtung und den häuslichen Pflegedienst an die bestellte Gutachterin zu untersagen und die Antragstellerin bestehe bei Befragungen auf seiner Anwesenheit. Auf Unterlagen des Krankenhausaufenthaltes und Epikrisen zum stationären Aufenthalt habe die Antragsgegnerin bereits in der Begutachtung Bezug genommen, so dass diese dort vorliegen müssten. Hinsichtlich des stationären Aufenthaltes im Diakoniewerk H. hat sie die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Weitere Entbindungen werde sie nach entsprechender Unterrichtung bzw. Terminierung prüfen.
Mit Hinweis vom 13. Dezember 2011 an die Antragstellerin hat das Sozialgericht die Notwendigkeit der erbetenen Unterlagen unterstrichen und ausgeführt, auch für die häusliche Begutachtung seien Auskünfte und Unterlagen der Pflegeeinrichtungen und Ärzte notwendig. Es hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass ohne eine entsprechende Schweigepflichtsentbindungserklärung zu Lasten der Antragstellerin davon auszugehen sei, dass ein Anspruch auf die begehrten Leistungen nicht bestehe. Ferner bat das Gericht die Antragstellerin darzulegen, aus welchem Grund Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt werden.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat sich am 27. Dezember 2011 erneut auf das Gutachten G. bezogen und ausgeführt, zur notwendigen nächtlichen Pflege könnten weder die Tageseinrichtung noch der ambulante Pflegedienst Angaben machen, da diese Pflege von ihm und seinem Lebenspartner erbracht werde. Er versichere, dass der tatsächliche Pflegebedarf den Anforderungen der Härtefallregelung entspreche und verstehe nicht, weshalb das Sozialgericht Ermittlungen wie in einem Hauptsachverfahren durchführen wolle. Unverständlich sei, aus welchem Grund der seit 2005 ununterbrochen bestehende nächtliche Grundpflegebedarf nun entfallen sein sollte. Eine vorläufige Regelung sei notwendig, da die begehrten Pflegesachleistungen im Nachhinein nicht mehr erbracht werden könnten. Die Antragstellerin verfüge über eine Altersrente in Höhe von 410,13 EUR und über eine Witwenrente in Höhe von 813,04 EUR, mithin über Gesamteinkünfte von monatlich 1.223,17 EUR. Befundberichte des Hausarztes und des behandelnden Neurologen von Dezember 2011 waren beigefügt.
Mit Beschluss vom 27. Januar 2012 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt, da nach dem derzeitig bekannten Sachstand bei der Antragstellerin auch ab September 2011 die Voraussetzungen nach den Härtefall-Richtlinien nicht vorlägen. Der SMD habe den Hilfebedarf der Antragstellerin im Wesentlichen zutreffend eingeschätzt. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Hilfebedarf der Antragstellerin durch die Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes im August und September 2011 deutlich zugenommen habe. Der im Gutachten G. angegebene zeitliche Aufwand für die Grundpflege sei teilweise nicht nachvollziehbar.
Gegen den ihr am 2. Februar 2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 14. Februar 2012 Beschwerde erhoben und unter anderem auf der Feststellung eines nächtlichen Grundpflegebedarfs bestanden. Sie hat erneut auf die Feststellungen im Gutachten G. Bezug genommen. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass ihr seit Januar 2011 Sachleistungen auf Grund der Härtefallregelung im Wert von insgesamt 2.368,00 EUR vorenthalten worden seien, die nicht rückwirkend erbracht werden könnten. Entgegen der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts habe das Sozialgericht Halle die Angaben der zwei Pflegepersonen und der Pflegegutachterin G. nicht berücksichtigt. Alle vorliegenden Gutachten kämen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Eine Entscheidung über die schriftliche Ablehnung der Gutachterin W. habe der Prozessbevollmächtigte bis heute nicht erhalten. Die Antragstellerin besuche fünfmal wöchentlich die Tagespflege. Der SMD habe daher jedenfalls sowohl für das Aufsuchen und Verlassen der Wohnung, als auch für Hilfeleistungen, die eine zweite Pflegeperson erforderten, nicht den zutreffenden Hilfebedarf festgestellt.
Der Senat hat die Antragstellerin aufgefordert, eine umfassende Schweigepflichtentbindungserklärung bezüglich aller sie behandelnden, betreuenden und pflegenden Personen zu unterzeichnen, da beabsichtigt sei, von dort Pflegeplanungen und weitere Pflegeunterlagen anzufordern und ggf. weitere Fragen an diese Personen und Einrichtungen zu stellen. Dies hat die Antragstellerin ausdrücklich abgelehnt.
Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2012 aufzuheben und die Antragsgegnerin durch eine einstweilige Anordnung vorläufig, längstens bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache, zu verpflichten, ihr zur Vermeidung von Härten weitere Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1.918,- EUR monatlich wegen eines außergewöhnlich hohen Pflegeaufwandes zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat nach Überprüfung durch den SMD eine korrigierte Pflegebedarfstabelle zum Bescheid vom 3. November 2011 übersandt, in der bei zeitlich unverändertem Hilfebedarf ein nächtlicher Grundpflegebedarf berücksichtigt ist. Im Übrigen bezieht sie sich auf den Beschluss des Sozialgerichts.
Die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verweisen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet, denn das Sozialgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 der genannten Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG).
Hier kommt, da es um die Regelung eines vorläufigen Rechtszustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Eine solche Regelungsanordnung kann vom Gericht erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht (§ 920 Zivilprozessordnung [ZPO] i. V. m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG), dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und dass der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche, in § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG näher gekennzeichnete Nachteile erleidet (Anordnungsgrund). Der Anordnungsanspruch bezieht sich auf das materielle Recht des Antragsstellers. Eine einstweilige Anordnung kann nicht ergehen, wenn die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, weil dann ein im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens schützenswertes Recht des Antragstellers nicht vorhanden ist. Der Anordnungsgrund setzt voraus, dass dem Antragsteller bei Abwägung seiner Interessen gegen die Interessen des Antragsgegners nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht beziehungslos nebeneinander. Vielmehr verringern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, wenn die Klage offensichtlich zulässig und begründet ist. Bei offenem Ausgang der Hauptsache ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erlässt und sich später im Hauptsacheverfahren der geltend gemachte Anspruch des Antragstellers herausstellt und auf der anderen Seite die Folgen, die entstehen, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erlässt, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht (vgl. zum Ganzen Keller in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., 2008, § 86 b Rd.-Nr. 29 ff. m. w. N.).
Die in tatsächlicher (Glaubhaftmachung) wie in rechtlicher Hinsicht (summarische Prüfung) herabgesetzten Anforderungen für die Annahme eines Anordnungsanspruchs korrespondieren dabei mit dem Gewicht der glaubhaft zu machenden wesentlichen Nachteile. Drohen im Einzelfall ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Denn dabei sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (st. Rspr., vgl. BVerfG vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – BVerfGE 5, 237).
In Anwendung dieser Grundsätze stehen der Antragstellerin die im Wege des einstweiligen Rechtschutzes begehrten Leistungen nicht zu.
Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 SGB XI können die Pflegekassen in besonders gelagerten Einzelfällen zur Vermeidung von Härten Pflegebedürftigen der Pflegestufe III weitere Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1918,- EUR monatlich gewähren, wenn ein außergewöhnlich hoher Pflegeaufwand vorliegt, der das übliche Maß der Pflegestufe III weit übersteigt, beispielsweise wenn im Endstadium von Krebserkrankungen regelmäßig mehrfach, auch in der Nacht Hilfe geleistet werden muss. Diese Ausnahmeregelung darf für nicht mehr als drei Prozent aller versicherten Pflegebedürftigen der Pflegestufe III, die häuslich gepflegt werden, Anwendung finden (§ 36 Abs. 4 Satz 2 SGB XI). Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen überwacht die Einhaltung dieses Höchstsatzes und hat erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen zur Einhaltung zu ergreifen (§ 36 Abs. 4 Satz 3 SGB XI). Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 SGB XI erlässt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen Richtlinien zur Anwendung der Härtefallregelungen des § 36 Abs. 4 SGB XI.
Nach den hierzu erlassenen Härtefall-Richtlinien (HRi) vom 10. Juli 1995 in der Fassung des Beschlusses vom 28. Oktober 2005 liegt ein außergewöhnlich hoher Pflegeaufwand vor, wenn die täglich durchzuführenden Pflegemaßnahmen das übliche Maß der Grundversorgung im Sinne von Ziffer 4.1.3 (Pflegestufe III) der Pflegebedürftigkeits-Richtlinien quantitativ oder qualitativ weit übersteigen. Schwerstpflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegestufe III liegt nach den Pflegebedürftigkeits-Richtlinien vor, wenn der Hilfebedarf so groß ist, dass der konkrete Hilfebedarf jederzeit gegeben ist und Tag und Nacht anfällt (Rund um die Uhr). Das Maß dieses Pflegeaufwandes wird quantitativ oder qualitativ weit überschritten, wenn entweder Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens sechs Stunden täglich, davon mindestens dreimal in der Nacht, erforderlich ist oder wenn die Grundpflege für den Pflegebedürftigen auch des Nachts nur von mehreren Pflegekräften gemeinsam (zeitgleich) erbracht werden kann. Das zeitliche Erbringen der Grundpflege des Nachts durch mehrere Pflegekräfte erfordert, dass wenigstens bei einer Verrichtung tagsüber und des Nachts neben einer professionellen Pflegekraft mindestens eine weitere Pflegeperson, die nicht bei einem Pflegedienst beschäftigt sein muss (z. B. Angehörige), tätig werden muss. Zusätzlich muss ständige Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich sein. Ein solch außergewöhnlich hoher bzw. intensiver Pflegeaufwand kann nach den Härtefall-Richtlinien u. a. insbesondere bei Krebserkrankungen im Endstadium oder bei schwerer Ausprägung der Demenz vorliegen.
An der Rechtmäßigkeit der Härtefall-Richtlinien hat der Senat keinen Zweifel. Diese sind nach § 17 Abs. 1 Satz 3 SGB XI vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen erlassen und in der geänderten Fassung vom 28. Oktober 2005 vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigt worden. Das BSG hat diese Gesetzeskonkretisierung bislang als angemessen erachtet (vgl. BSG, Urt. v. 30. Oktober 2001 – Az.: B 3 P 2/01 R - = SozR 3/3300 § 36 Nr. 3). Soweit das BSG ausgeführt hat, die Härtefall-Richtlinien in der Fassung vom 3. Juli 1996 würden der gesetzlichen Vorgabe nicht gerecht, die Quoten von drei Prozent im häuslichen Bereich und fünf Prozent im stationären Bereich auszuschöpfen, ist mit Beschluss vom 28. Oktober 2005 eine Überarbeitung erfolgt.
Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen liegen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft vor, denn nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen sind die Erfolgsaussichten der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren derzeit eher gering und es drohen ohne die Gewährung der Härtefallleistungen keine schweren und unzumutbaren Beeinträchtigungen.
Der Gesetzgeber hat durch § 36 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB XI, wonach die Ausnahmeregelung für nicht mehr als drei Prozent aller versicherten Pflegebedürftigen der Pflegestufe III, die häuslich gepflegt werden, Anwendung finden darf, deutlich gemacht, dass nur in besonderen Ausnahmefällen von einem solchen Härtefall ausgegangen werden darf. Ein solcher liegt nicht bereits dann vor, wenn die nach § 36 Abs. 3 SGB XI bis zum einem Gesamtwert von 1.550,00 Euro gewährten Pflegeeinsätze der Pflegestufe III zur Sicherstellung einer angemessenen Pflege nicht ausreichen und weitere Pflegeinsätze oder Pflegeleistungen durch Angehörige erforderlich sind. Die Pflegeversicherung ist konzeptionell nicht als Vollversicherung angelegt. Pflegebedürftige, die mit den Leistungen der Pflegeversicherung ihren Pflegebedarf nicht vollständig decken können, haben diesen mit eigenen Mitteln abzudecken oder können hierfür unter weiteren Voraussetzungen Leistungen des Sozialhilfeträgers in Anspruch nehmen. Insoweit hat der Gesetzgeber an dieser Stelle die Versicherten bewusst auf ihre Eigenverantwortung bzw. auf sozialhilferechtliche Vorschriften verwiesen. Dies wird an entsprechenden Regelungen im Sozialhilferecht zur Hilfe zur Pflege deutlich (vgl. hierzu §§ 61 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe [SGB XII]). Daher kann es sich nicht um eine schwere und unzumutbare Beeinträchtigung handeln, wenn Versicherte in diesem Bereich bis zu einer Hauptsacheentscheidung auf eine Vorleistung mit ihrem eigenen Einkommen und Vermögen bzw. bei entsprechender Bedürftigkeit auf die Leistungen der Sozialhilfe verwiesen werden.
Aus diesen Gründen kann der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Erbringung solcher Härtefallleistungen nur in Betracht kommen, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offensichtlich oder jedenfalls ganz überwiegend wahrscheinlich sind. Das Sozialgericht hat bereits mit überzeugenden Argumenten dargelegt, aus welchen Gründen Zweifel am Ergebnis des Gutachtens G. bestehen. Hierauf wird ausdrücklich Bezug genommen. Die weiteren von der Antragstellerin vorgelegten medizinischen Unterlagen konnten diese Zweifel nicht entkräften. Der Epikrise des Diakoniekrankenhauses H. vom 7. September 2011 ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt des Krankenhausaufenthaltes den Transfer zwar verlangsamt, aber noch selbständig bewältigen konnte und sie auch im ADL-Bereich (Aktivitäten des täglichen Lebens, wozu insbesondere auch die Grundpflegebereiche gehören) eine gewisse Selbständigkeit erreichen konnte. Aus diesen Feststellungen sind keine Hinweise auf einen außergewöhnlich hohen Pflegebedarf abzuleiten. Solche ergeben sich auch nicht aus dem ausführlichen Gutachten des SMD vom 19. Oktober 2011. Der Senat hält deshalb die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren nach derzeitigem Ermittlungsstand für nur gering.
Da der Antragstellerin ohne die Härtefallleistung keine unzumutbare Beeinträchtigung droht, sind im einstweiligen Rechtschutzverfahren auch keine weitergehenden Ermittlungen geboten. Andernfalls wäre jedes Verfahren auf Erteilung oder Erhöhung einer Pflegestufe im einstweiligen Rechtschutz vollständig aufzuklären, was aber dem Zweck eines Eilverfahrens nicht gerecht werden kann. Die Frage, ob und inwieweit die Antragstellerin an der Sachaufklärung hätte weiter mitwirken müssen, kann daher dahin stehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend: Antragstellerin) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung weiterer Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1.918,- EUR.
Die 1931 geborene Antragstellerin ist bei der Antrags- und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) pflegeversichert. Seit Januar 2008 erhält sie Leistungen nach der Pflegestufe III, nachdem der Sozialmedizinische Dienst H. (SMD) einen Zeitaufwand für die Grundpflege von 276 Minuten täglich festgestellt hatte (Gutachten vom 21. Februar 2008). Die Pflegeleistungen werden von einem ambulanten Pflegedienst und dem Prozessbevollmächtigten, dem Sohn der Antragstellerin (im Folgenden: Pflegeperson) sowie teilweise von dessen Lebenspartner erbracht. Außerdem besucht sie die Tagespflegeeinrichtung "A." der P.-Stiftungen. Sie bewohnt allein eine 3-Zimmerwohnung in der vierten Etage eines Mehrfamilienhauses mit Fahrstuhl. Ihre Erkrankungen und Behinderungen bestehen im Wesentlichen in einer Zunahme der Sehstörungen links, Verschlechterungen der Hemiparese links nach Schlaganfall, hypertensive Entgleisung bei arterieller Hypertonie Stadium III nach WHO mit vasculärer Encephalopathie und alten Ischämien, Exsikkose, M. Parkinson mit mittelgradiger Demenz mit Beeinträchtigung von Gedächtnis, Orientierung, Kommunikation und der Alltagsaktivitäten, Ovarialcarcinom (OP und Radiochemotherapie 1984), Stuhl- und Urininkontinenz (Strahlencolitis und –cystitis, Versorgung mit suprapubischem Blasenkatheter).
Am 18. Januar 2011 beantragte die Antragstellerin weitere Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1.918,- EUR monatlich zur Vermeidung einer Härte. Die Antragsgegnerin veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den SMD. Im Gutachten vom 3. Februar 2011 stellten die Pflegefachkräfte T. und R. sowie die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. fest, die 156 cm große und 65 kg schwere Antragstellerin könne unter Aufsicht selbständig aufstehen und mit dem Rollator im Wohnbereich laufen, wobei der Gang schlurfend und kleinschrittig sei. Außerhalb der Wohnung nutze sie einen Rollstuhl. Der Blasenkatheter werde zwei- bis dreimal täglich entleert. Sie sei kreislaufstabil, leide an Unruhezuständen, Angst- und Wahrnehmungsstörungen und einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus. Das Kurzzeitgedächtnis sei stark eingeschränkt, das Langzeitgedächtnis überwiegend erhalten. Sie finde die Toilette nicht, schmiere mit Kot und leide häufig an Durchfällen, so dass mehrfach am Tag Teilwäschen notwendig seien. Unter Anleitung könne sie bei der Körperwäsche mitmachen. Die Toilette benutze sie nach Aufforderung. Sie habe kein Sättigungsgefühl und esse nachts unkontrolliert. Wegen Schluckstörungen sei eine mundgerechte Zubereitung der Nahrung erforderlich. Gangunsicherheit und Orientierungslosigkeit erforderten beim Gehen eine Begleitung. Beim häufigen An- und Auskleiden sei Anleitung und Übernahme erforderlich. Pflegeerschwerende oder -erleichternde Faktoren lägen nicht vor. Es bestehe ein nächtlicher Grundpflegebedarf für die Toilettengänge sowie für das Wechseln von Inkontinenzmaterial, das Anreichen von Flüssigkeiten, die Durchführung von Teilwäschen sowie das teilweise An- und Entkleiden bei Kotschmieren oder Durchfall. Insgesamt betrage der Zeitaufwand für die Grundpflege 254 Minuten täglich. Der Pflegebedarf habe sich nicht wesentlich geändert und übersteige nicht das Maß der Pflegestufe III. Der nach den Härtefallrichtlinien geforderte Pflegeaufwand von sechs Stunden täglich einschließlich regelmäßiger Nachtpflege werde nicht erreicht. Die Pflege könne von einer Pflegeperson verrichtet werden. Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten lehnte die Antragsgegnerin den Antrag mit Bescheid vom 22. Februar 2011 ab.
Dagegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 23. Februar 2011 Widerspruch ein und beantragte am 16. März 2011 beim Sozialgericht Halle, ihr die begehrten Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu gewähren. Diesen Antrag haben das Sozialgericht Halle mit Beschluss vom 12. Mai 2011 abgelehnt und der erkennende Senat mit Beschluss vom 12. Oktober 2011 über die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Auf den Inhalt dieser Beschlüsse wird Bezug genommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2011 hat der Widerspruchsausschuss der Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 22. Februar 2011 zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat dagegen am 29. August 2011 Klage erhoben (Aktenzeichen: S 21 P 75/11).
Nach einem stationären Aufenthalt der Antragstellerin vom 25. August 2011 bis 7. September 2011 in Geriatrischen Zentrum in H. ließ die Antragstellerin am 13. September 2011 ein Gutachten von der unabhängigen Pflegegutachterin G. (Gutachten G.) erstellen. Diese schätzte den Zeitaufwand für die Grundpflege auf 378 Minuten täglich ein und führte hierzu aus: Gegenüber dem Gutachten vom Februar 2011 hätten sich die Zeitwerte erhöht. Die Antragstellerin benötige mehrfach täglich Hilfe im Bereich der Körperpflege, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Verrichtungen. Die zeitlichen Kriterien für das Vorliegen der Pflegestufe III H seien erfüllt. Der nächtliche Hilfebedarf habe sich wegen rezidivierender Diarrhoe erhöht und erfordere oft den Einsatz von zwei Pflegepersonen. Es bestehe ein außergewöhnlicher und intensiver Pflegebedarf, wobei Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft zu beachten seien.
Mit Schreiben vom 13. September 2011 beantragte die Antragstellerin erneut Sachleistungen auf der Grundlage von § 36 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI - Härtefallregelung). Die Antragsgegnerin veranlasste erneut eine Begutachtung des SMD durch die Pflegefachkräfte T. und R., die in einem Gutachten vom 19. Oktober 2011 einen Grundpflegebedarf der Antragstellerin von 256 Minuten täglich und damit Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe III ohne Anerkennung eines Härtefalls feststellten. Ein nächtlicher Grundpflegebedarf bestehe nicht. Auch sei kein Einsatz von mehr als einer Pflegeperson erforderlich.
Mit Bescheid vom 3. November 2011 lehnte die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf dieses Gutachten eine Höherstufung wiederum ab, da sich der Gesundheitszustand der Antragstellerin nicht in einem Maße geändert habe, wie es für die Einstufung in eine höhere Pflegestufe erforderlich sei.
Am 4. November 2011 hat die Antragstellerin abermals beim Sozialgericht Halle einstweiligen Rechtsschutz zur Erlangung von Pflegesachleistungen auf der Grundlage von § 36 Abs. 4 SGB XI beantragt. Sie hat sich dabei insbesondere auf das Gutachten G. bezogen und vorgetragen, der individuelle Versorgungsplan nach § 7 a SGB XI solle zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und die unabhängige Pflegegutachterin G. als Zeugin gehört werden. Die vom Sozialgericht bereits veranlasste Begutachtung durch die Gutachterin W. hat sie wegen Besorgnis von Befangenheit abgelehnt. Das Sozialgericht hat das Ablehnungsgesuch gegen die Pflegesachverständige W. mit Beschluss vom 29. November 2011 zurückgewiesen; die vorgesehene Begutachtung wurde nicht durchgeführt.
Das Sozialgericht hat um eine Erklärung der Antragstellerin zur Entbindung der Ärzte und Therapeuten von der Schweigepflicht gebeten sowie um die Mitteilung der Adresse des Pflegedienstes und der Tagespflegeeinrichtung, da beabsichtigt sei, diese zu befragen und weitere medizinischen Unterlagen einzuholen.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, ihm seien keine Gründe bekannt, weshalb eine Begutachtung in der Häuslichkeit der Antragstellerin nicht erfolgen könne. Er werde aber insbesondere auch wegen des Befangenheitsantrages gegen die gerichtlich bestellte Gutachterin keine pauschale Befreiung von der Schweigepflicht erteilen. Er sei ausdrücklich angewiesen, die Erteilung von Auskünften durch die Tagespflegeeinrichtung und den häuslichen Pflegedienst an die bestellte Gutachterin zu untersagen und die Antragstellerin bestehe bei Befragungen auf seiner Anwesenheit. Auf Unterlagen des Krankenhausaufenthaltes und Epikrisen zum stationären Aufenthalt habe die Antragsgegnerin bereits in der Begutachtung Bezug genommen, so dass diese dort vorliegen müssten. Hinsichtlich des stationären Aufenthaltes im Diakoniewerk H. hat sie die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Weitere Entbindungen werde sie nach entsprechender Unterrichtung bzw. Terminierung prüfen.
Mit Hinweis vom 13. Dezember 2011 an die Antragstellerin hat das Sozialgericht die Notwendigkeit der erbetenen Unterlagen unterstrichen und ausgeführt, auch für die häusliche Begutachtung seien Auskünfte und Unterlagen der Pflegeeinrichtungen und Ärzte notwendig. Es hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass ohne eine entsprechende Schweigepflichtsentbindungserklärung zu Lasten der Antragstellerin davon auszugehen sei, dass ein Anspruch auf die begehrten Leistungen nicht bestehe. Ferner bat das Gericht die Antragstellerin darzulegen, aus welchem Grund Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt werden.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat sich am 27. Dezember 2011 erneut auf das Gutachten G. bezogen und ausgeführt, zur notwendigen nächtlichen Pflege könnten weder die Tageseinrichtung noch der ambulante Pflegedienst Angaben machen, da diese Pflege von ihm und seinem Lebenspartner erbracht werde. Er versichere, dass der tatsächliche Pflegebedarf den Anforderungen der Härtefallregelung entspreche und verstehe nicht, weshalb das Sozialgericht Ermittlungen wie in einem Hauptsachverfahren durchführen wolle. Unverständlich sei, aus welchem Grund der seit 2005 ununterbrochen bestehende nächtliche Grundpflegebedarf nun entfallen sein sollte. Eine vorläufige Regelung sei notwendig, da die begehrten Pflegesachleistungen im Nachhinein nicht mehr erbracht werden könnten. Die Antragstellerin verfüge über eine Altersrente in Höhe von 410,13 EUR und über eine Witwenrente in Höhe von 813,04 EUR, mithin über Gesamteinkünfte von monatlich 1.223,17 EUR. Befundberichte des Hausarztes und des behandelnden Neurologen von Dezember 2011 waren beigefügt.
Mit Beschluss vom 27. Januar 2012 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt, da nach dem derzeitig bekannten Sachstand bei der Antragstellerin auch ab September 2011 die Voraussetzungen nach den Härtefall-Richtlinien nicht vorlägen. Der SMD habe den Hilfebedarf der Antragstellerin im Wesentlichen zutreffend eingeschätzt. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Hilfebedarf der Antragstellerin durch die Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes im August und September 2011 deutlich zugenommen habe. Der im Gutachten G. angegebene zeitliche Aufwand für die Grundpflege sei teilweise nicht nachvollziehbar.
Gegen den ihr am 2. Februar 2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 14. Februar 2012 Beschwerde erhoben und unter anderem auf der Feststellung eines nächtlichen Grundpflegebedarfs bestanden. Sie hat erneut auf die Feststellungen im Gutachten G. Bezug genommen. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass ihr seit Januar 2011 Sachleistungen auf Grund der Härtefallregelung im Wert von insgesamt 2.368,00 EUR vorenthalten worden seien, die nicht rückwirkend erbracht werden könnten. Entgegen der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts habe das Sozialgericht Halle die Angaben der zwei Pflegepersonen und der Pflegegutachterin G. nicht berücksichtigt. Alle vorliegenden Gutachten kämen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Eine Entscheidung über die schriftliche Ablehnung der Gutachterin W. habe der Prozessbevollmächtigte bis heute nicht erhalten. Die Antragstellerin besuche fünfmal wöchentlich die Tagespflege. Der SMD habe daher jedenfalls sowohl für das Aufsuchen und Verlassen der Wohnung, als auch für Hilfeleistungen, die eine zweite Pflegeperson erforderten, nicht den zutreffenden Hilfebedarf festgestellt.
Der Senat hat die Antragstellerin aufgefordert, eine umfassende Schweigepflichtentbindungserklärung bezüglich aller sie behandelnden, betreuenden und pflegenden Personen zu unterzeichnen, da beabsichtigt sei, von dort Pflegeplanungen und weitere Pflegeunterlagen anzufordern und ggf. weitere Fragen an diese Personen und Einrichtungen zu stellen. Dies hat die Antragstellerin ausdrücklich abgelehnt.
Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2012 aufzuheben und die Antragsgegnerin durch eine einstweilige Anordnung vorläufig, längstens bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache, zu verpflichten, ihr zur Vermeidung von Härten weitere Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1.918,- EUR monatlich wegen eines außergewöhnlich hohen Pflegeaufwandes zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat nach Überprüfung durch den SMD eine korrigierte Pflegebedarfstabelle zum Bescheid vom 3. November 2011 übersandt, in der bei zeitlich unverändertem Hilfebedarf ein nächtlicher Grundpflegebedarf berücksichtigt ist. Im Übrigen bezieht sie sich auf den Beschluss des Sozialgerichts.
Die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verweisen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet, denn das Sozialgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 der genannten Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG).
Hier kommt, da es um die Regelung eines vorläufigen Rechtszustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Eine solche Regelungsanordnung kann vom Gericht erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht (§ 920 Zivilprozessordnung [ZPO] i. V. m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG), dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und dass der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche, in § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG näher gekennzeichnete Nachteile erleidet (Anordnungsgrund). Der Anordnungsanspruch bezieht sich auf das materielle Recht des Antragsstellers. Eine einstweilige Anordnung kann nicht ergehen, wenn die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, weil dann ein im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens schützenswertes Recht des Antragstellers nicht vorhanden ist. Der Anordnungsgrund setzt voraus, dass dem Antragsteller bei Abwägung seiner Interessen gegen die Interessen des Antragsgegners nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht beziehungslos nebeneinander. Vielmehr verringern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, wenn die Klage offensichtlich zulässig und begründet ist. Bei offenem Ausgang der Hauptsache ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erlässt und sich später im Hauptsacheverfahren der geltend gemachte Anspruch des Antragstellers herausstellt und auf der anderen Seite die Folgen, die entstehen, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erlässt, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht (vgl. zum Ganzen Keller in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., 2008, § 86 b Rd.-Nr. 29 ff. m. w. N.).
Die in tatsächlicher (Glaubhaftmachung) wie in rechtlicher Hinsicht (summarische Prüfung) herabgesetzten Anforderungen für die Annahme eines Anordnungsanspruchs korrespondieren dabei mit dem Gewicht der glaubhaft zu machenden wesentlichen Nachteile. Drohen im Einzelfall ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Denn dabei sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (st. Rspr., vgl. BVerfG vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – BVerfGE 5, 237).
In Anwendung dieser Grundsätze stehen der Antragstellerin die im Wege des einstweiligen Rechtschutzes begehrten Leistungen nicht zu.
Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 SGB XI können die Pflegekassen in besonders gelagerten Einzelfällen zur Vermeidung von Härten Pflegebedürftigen der Pflegestufe III weitere Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1918,- EUR monatlich gewähren, wenn ein außergewöhnlich hoher Pflegeaufwand vorliegt, der das übliche Maß der Pflegestufe III weit übersteigt, beispielsweise wenn im Endstadium von Krebserkrankungen regelmäßig mehrfach, auch in der Nacht Hilfe geleistet werden muss. Diese Ausnahmeregelung darf für nicht mehr als drei Prozent aller versicherten Pflegebedürftigen der Pflegestufe III, die häuslich gepflegt werden, Anwendung finden (§ 36 Abs. 4 Satz 2 SGB XI). Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen überwacht die Einhaltung dieses Höchstsatzes und hat erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen zur Einhaltung zu ergreifen (§ 36 Abs. 4 Satz 3 SGB XI). Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 SGB XI erlässt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen Richtlinien zur Anwendung der Härtefallregelungen des § 36 Abs. 4 SGB XI.
Nach den hierzu erlassenen Härtefall-Richtlinien (HRi) vom 10. Juli 1995 in der Fassung des Beschlusses vom 28. Oktober 2005 liegt ein außergewöhnlich hoher Pflegeaufwand vor, wenn die täglich durchzuführenden Pflegemaßnahmen das übliche Maß der Grundversorgung im Sinne von Ziffer 4.1.3 (Pflegestufe III) der Pflegebedürftigkeits-Richtlinien quantitativ oder qualitativ weit übersteigen. Schwerstpflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegestufe III liegt nach den Pflegebedürftigkeits-Richtlinien vor, wenn der Hilfebedarf so groß ist, dass der konkrete Hilfebedarf jederzeit gegeben ist und Tag und Nacht anfällt (Rund um die Uhr). Das Maß dieses Pflegeaufwandes wird quantitativ oder qualitativ weit überschritten, wenn entweder Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens sechs Stunden täglich, davon mindestens dreimal in der Nacht, erforderlich ist oder wenn die Grundpflege für den Pflegebedürftigen auch des Nachts nur von mehreren Pflegekräften gemeinsam (zeitgleich) erbracht werden kann. Das zeitliche Erbringen der Grundpflege des Nachts durch mehrere Pflegekräfte erfordert, dass wenigstens bei einer Verrichtung tagsüber und des Nachts neben einer professionellen Pflegekraft mindestens eine weitere Pflegeperson, die nicht bei einem Pflegedienst beschäftigt sein muss (z. B. Angehörige), tätig werden muss. Zusätzlich muss ständige Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich sein. Ein solch außergewöhnlich hoher bzw. intensiver Pflegeaufwand kann nach den Härtefall-Richtlinien u. a. insbesondere bei Krebserkrankungen im Endstadium oder bei schwerer Ausprägung der Demenz vorliegen.
An der Rechtmäßigkeit der Härtefall-Richtlinien hat der Senat keinen Zweifel. Diese sind nach § 17 Abs. 1 Satz 3 SGB XI vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen erlassen und in der geänderten Fassung vom 28. Oktober 2005 vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigt worden. Das BSG hat diese Gesetzeskonkretisierung bislang als angemessen erachtet (vgl. BSG, Urt. v. 30. Oktober 2001 – Az.: B 3 P 2/01 R - = SozR 3/3300 § 36 Nr. 3). Soweit das BSG ausgeführt hat, die Härtefall-Richtlinien in der Fassung vom 3. Juli 1996 würden der gesetzlichen Vorgabe nicht gerecht, die Quoten von drei Prozent im häuslichen Bereich und fünf Prozent im stationären Bereich auszuschöpfen, ist mit Beschluss vom 28. Oktober 2005 eine Überarbeitung erfolgt.
Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen liegen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft vor, denn nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen sind die Erfolgsaussichten der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren derzeit eher gering und es drohen ohne die Gewährung der Härtefallleistungen keine schweren und unzumutbaren Beeinträchtigungen.
Der Gesetzgeber hat durch § 36 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB XI, wonach die Ausnahmeregelung für nicht mehr als drei Prozent aller versicherten Pflegebedürftigen der Pflegestufe III, die häuslich gepflegt werden, Anwendung finden darf, deutlich gemacht, dass nur in besonderen Ausnahmefällen von einem solchen Härtefall ausgegangen werden darf. Ein solcher liegt nicht bereits dann vor, wenn die nach § 36 Abs. 3 SGB XI bis zum einem Gesamtwert von 1.550,00 Euro gewährten Pflegeeinsätze der Pflegestufe III zur Sicherstellung einer angemessenen Pflege nicht ausreichen und weitere Pflegeinsätze oder Pflegeleistungen durch Angehörige erforderlich sind. Die Pflegeversicherung ist konzeptionell nicht als Vollversicherung angelegt. Pflegebedürftige, die mit den Leistungen der Pflegeversicherung ihren Pflegebedarf nicht vollständig decken können, haben diesen mit eigenen Mitteln abzudecken oder können hierfür unter weiteren Voraussetzungen Leistungen des Sozialhilfeträgers in Anspruch nehmen. Insoweit hat der Gesetzgeber an dieser Stelle die Versicherten bewusst auf ihre Eigenverantwortung bzw. auf sozialhilferechtliche Vorschriften verwiesen. Dies wird an entsprechenden Regelungen im Sozialhilferecht zur Hilfe zur Pflege deutlich (vgl. hierzu §§ 61 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe [SGB XII]). Daher kann es sich nicht um eine schwere und unzumutbare Beeinträchtigung handeln, wenn Versicherte in diesem Bereich bis zu einer Hauptsacheentscheidung auf eine Vorleistung mit ihrem eigenen Einkommen und Vermögen bzw. bei entsprechender Bedürftigkeit auf die Leistungen der Sozialhilfe verwiesen werden.
Aus diesen Gründen kann der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Erbringung solcher Härtefallleistungen nur in Betracht kommen, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offensichtlich oder jedenfalls ganz überwiegend wahrscheinlich sind. Das Sozialgericht hat bereits mit überzeugenden Argumenten dargelegt, aus welchen Gründen Zweifel am Ergebnis des Gutachtens G. bestehen. Hierauf wird ausdrücklich Bezug genommen. Die weiteren von der Antragstellerin vorgelegten medizinischen Unterlagen konnten diese Zweifel nicht entkräften. Der Epikrise des Diakoniekrankenhauses H. vom 7. September 2011 ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt des Krankenhausaufenthaltes den Transfer zwar verlangsamt, aber noch selbständig bewältigen konnte und sie auch im ADL-Bereich (Aktivitäten des täglichen Lebens, wozu insbesondere auch die Grundpflegebereiche gehören) eine gewisse Selbständigkeit erreichen konnte. Aus diesen Feststellungen sind keine Hinweise auf einen außergewöhnlich hohen Pflegebedarf abzuleiten. Solche ergeben sich auch nicht aus dem ausführlichen Gutachten des SMD vom 19. Oktober 2011. Der Senat hält deshalb die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren nach derzeitigem Ermittlungsstand für nur gering.
Da der Antragstellerin ohne die Härtefallleistung keine unzumutbare Beeinträchtigung droht, sind im einstweiligen Rechtschutzverfahren auch keine weitergehenden Ermittlungen geboten. Andernfalls wäre jedes Verfahren auf Erteilung oder Erhöhung einer Pflegestufe im einstweiligen Rechtschutz vollständig aufzuklären, was aber dem Zweck eines Eilverfahrens nicht gerecht werden kann. Die Frage, ob und inwieweit die Antragstellerin an der Sachaufklärung hätte weiter mitwirken müssen, kann daher dahin stehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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