Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 24 U 344/03
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 49/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Juli 2007 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung ihres Bescheides vom 23. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2003 verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. Februar 2000 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 vom Hundert zu gewähren. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.
Der am XXXXX 1970 geborene Kläger gelangte 1997 aus einem Dorf in M. nach D., nachdem er zuvor in der T. seine in D. geborene Ehefrau, eine T. mit D. Staatsangehörigkeit, geheiratet hatte, zu der er dann nachzog. Diese arbeitete in G. als radiologisch-technische Assistentin. Da der Kläger, der in der T. in der Landwirtschaft und in einem familieneigenen Transportunternehmen tätig gewesen war, in G. keine Arbeit fand, zogen die Eheleute nach H. um. Hier besuchte der Kläger zunächst einen Deutschkurs und nahm nach wenigen Monaten eine Aushilfstätigkeit in einer Bäckerei auf. Am XXXXX 1999 kam das erste Kind der Eheleute, ein Sohn, zur Welt. Die Arbeit in der Bäckerei musste der Kläger – eigenen Angaben zufolge – am 28. Februar 1999 wegen einer Leistenhernie, die schweres Tragen verbot, aufgeben. Am 9. Juni 1999 fand er im Rahmen eines bis 30. September 1999 befristeten Vertrages und dann erneut ab 22. Oktober 1999 und befristet bis 31. Mai 2000 Arbeit bei der Bahnreinigung in H ...
Am 25. Februar 2000 begann der Kläger seine Arbeitsschicht um 08.30 Uhr. Seine Aufgabe bestand darin, Personenzüge, die zwischen zwei Rampen mit geringer Geschwindigkeit bewegt wurden, äußerlich mit einer Schlauchbürste zu reinigen. Gegen 11.00 Uhr stürzte er rückwärts von der etwa 1 m hohen Rampe in das Gleisbett, in dem zu diesem Zeitpunkt kein Zug stand. Er stützte sich hierbei mit der linken Hand ab, schlug aber gleichwohl mit dem Kopf linksseitig frontal auf das Gleis. Er wurde mit dem Rettungstransportwagen in das Krankenhaus S. gebracht. Im Durchgangs¬arztbericht des Krankenhauses vom 28. Februar 2000 heißt es unter "Befund":
Bei der Aufnahmeuntersuchung klagte der Patient über Schmerzen im linken Handgelenk und Mittelhandbereich sowie Nackenschmerzen und diskreter Schwindel. Schwellung im Mittelhandbereich sowie Stauchungsschmerz des Daumens und der Tabatiere. Schwellung und Druckschmerz linkes Handgelenk ohne Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk. Keine peripheren Defizite. HWS: Kein Druck- oder Klopfschmerz, cerciothorakaler [? cervicothorakaler] Übergang, Anteflexion schmerzhaft, Drehung endgradig schmerzhaft, axialer Stauchungsschmerz, keine peripher-neurologischen Defizite, keine Schluckstörung. Pupillen/-reaktion beidseits regelrecht. BWS/LWS: Mäßiger Klopfschmerz i. thorakolumbalen Übergang sowie i.d. kranialen Hälfte der LWS, äußerl. unauffällig.
Unter "Diagnosen" wird ausgeführt:
HWS Distorsion ° II, Prellung/Distorsion li. Handgelenk, Prellung/Distorsion thorakolumbaler Übergang.
Der Kläger wurde noch am selben Tag mit einem Schanz-Kragen und einem Voltaren-Salbenverband am linken Handgelenk sowie einer Tetanus-Simultan-Impfung nach Hause entlassen. Voltaren und Musaril wurden mitgegeben. Am 28. Februar 2000 wurde der vorgesehene Verbandwechsel im Krankenhaus S. durchgeführt.
Ebenfalls am 28. Februar 2000 begab sich der Kläger in die Behandlung des Chirurgen Dr. S1, der im Nachschaubericht vom 1. März 2000 ausführte, der Patient habe unter Anamnese mit der Ehefrau bei Verständigungsschwierigkeiten angegeben, dass es zur Entleerung einer gelblichen Flüssigkeit gekommen sei. Weiterhin bestünden Schwindel und Konzentrationsstörungen sowie ein Schwellzustand mit Hautschürfmarke auf der linken Stirnseite. Von Seiten der Wirbelsäule und des linken Handgelenks fänden sich keine gravierenden Unfallfolgen. Eine von Dr. S1 wegen des Verdachts auf Liquorhoe noch am selben Tag veranlasste Kernspintomografie des Kopfs ergab einen regelrechten Befund des Hirnschädels. Es fand sich kein Nachweis von posttraumatischen Läsionen, es fanden sich keine Kontusionsherde und kein Hämatom. Ebenfalls auf Veranlassung von Dr. S1 stellte sich der Verunfallte am 14. März 2000 bei dem Psychiater Dr. K. vor, bei dem er vom Nacken ausgehende Schmerzen, vor allem bei starken Kopfbewegungen, sowie Kopfschmerz klagte. Dieser fand einen diffusen Druckschmerz oberhalb der linken Orbita, die Hirnnervenfunktionen waren intakt, keine Pyramidenbahnzeichen, die Muskeleigenreflexe waren seitengleich auslösbar, die Koordinationsprüfungen regelrecht, Steh- und Gehversuche sicher. Es wurde eine diffuse Kraftminderung der linken Hand angegeben, die aber bei einzelner Prüfung nicht reproduzierbar gewesen sei (der Patient habe später eine Tasche in der linken Hand getragen). Psychisch sei er wegen fehlender Sprachkenntnisse nur eingeschränkt beurteilbar gewesen, aber freundlich, geordnet, ausreichend orientiert, nicht "wesentlich" depressiv verstimmt und ohne Hinweise auf "wesentliche" hirnorganische Einbußen. Ein cerebraler Prozess könne ausgeschlossen werden. Ein am 17. März 2000 durchgeführtes Elektroencephalogramm (EEG) erbrachte einen Normbefund.
Im Nachschaubericht vom 10. April 2000 nach Vorstellung am 5. April 2000 berichtete Dr. S1, dass es unter Analgetika, Schonung und physikomechanischer Auflockerung der Halsmuskulatur zu keiner Änderung der wellenförmigen Kopfschmerzen gekommen sei. Die Ehefrau berichte, dass es zu einer psychischen Reizbarkeit und psychischen Veränderung gekommen sei.
Ebenfalls auf Veranlassung von Dr. S1 stellte sich der Kläger am 13. April 2000 im Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus H. vor, wo er von Dr. H1 und Dr. G1 am 13. April 2000 untersucht wurde. Im Bericht vom 17. April 2000 heißt es:
die Anamneseerhebung ist erheblich erschwert, da der Verunfallte nur wenige Worte Deutsch spricht und seine Frau übersetzen muss. Diese berichtet, dass ihr Mann beim Reinigen eines Zuges aus ca. 2 m von einer Bühne auf den Kopf gestürzt sei. Die Stirn war angeschwollen, ihr Mann war wohl bewusstlos. Er kann sich erst wieder an den Moment erinnern, als der Notarzt ihn in die Beine gekniffen habe. Ihm sei übel gewesen, habe aber nicht erbrochen. Seit dem Unfall habe er vom Nacken bis in die Stirn ausstrahlende Kopfschmerzen in seitengleicher Ausprägung wie ein "Druck- oder Spannungsgefühl", welches "wellenartig" bei körperlicher Bewegung zunehme. Bei Bewegung des Kopfes wird über ein Schwindelgefühl über einige Sekunden bis Minuten berichtet, ein Lift- oder Drehschwindel wird jedoch verneint. An der linken Hand habe er bei Belastung Schmerzen, die Hand "höre" nicht auf ihn. Seit dem Unfall nehme er fünf bis sechs Novalgin-Tabletten täglich. Seine Frau berichtete, sie habe teilweise die Schmerztabletten versteckt, damit er nicht mehr nehme.
Die Ehefrau berichtete ebenfalls, daß sich ihr Mann seit dem Unfall im Wesen verändert habe, er sei sehr reizbar, schon bei Kleinigkeiten "flippt er aus". Ebenfalls habe sein Gedächtnis nachgelassen. Vor dem Unfall konnte er noch etwas mehr Deutsch, wenn er jetzt versuche Deutsch zu sprechen, kann er es jetzt nicht mehr richtig und sei dann ärgerlich. Auch habe er schon seine eigene Telefonnummer vergessen.
Der neurologische Befund war regelrecht, das durchgeführte EEG und die duplexsonographische Untersuchung der extracraniellen hirnversorgenden Gefäße waren im Normbereich. Die Untersucher vertraten die Auffassung, dass der Verletzte zumindest eine commotio cerebri erlitten hatte. Inwieweit die geschilderte erhöhte Reizbarkeit und die Konzentrations- und Gedächtnisstörung als Begleitsymptomatik der Kopfschmerzen aufzufassen sind oder auf ein über eine commotio cerebri hinausgehendes Schädel-Hirn-Trauma mit leichtem hirnorganischen Psychosyndrom hindeuten, könne unter den gegebenen Umständen bei erheblicher Sprachbarriere und ohne Kenntnis der unfallnah erhobenen ärztlichen Befunde nicht festgestellt werden. In dem MRT vom 29. Februar 2000 fänden sich allerdings keine Anhaltspunkte für ein substantielles Schädel-Hirn-Trauma. Auch neurologische Ausfallerscheinungen hätten sich bei der heutigen Vorstellung nicht objektivieren lassen, das Hirnstromkurvenbild sei unauffällig. Abschließend sei eine stationäre Aufnahme in der neurologischen Abteilung des Krankenhauses angeraten worden, die der Kläger jedoch abgelehnt habe. Die Einleitung physiotherapeutischer Maßnahmen werde empfohlen.
Im Nachschaubericht vom 23. Mai 2000 berichtete Dr. S1:
Zwischenzeitlich wurde der Versuch unternommen, eine psychotherapeutische Behandlung einzuleiten. Da jedoch eine erhebliche soziokulturelle Fremdheit mit Verständigungsproblemen besteht, konnte zeitnah kein T. Psychotherapeut gefunden werden. Anhand der Exploration der Ehefrau hat der Patient einen neuen Arbeitsplatz im T. Umfeld gefunden, so daß die AU mit dem 31.05.00 zunächst mit einer MdE von 20% beendet werden konnte.
Auf Anraten von Dr. S1 nahm der Kläger ab 1. Juni 2000 eine Aushilfstätigkeit mit wenigen Wochenstunden im Restaurant "S2" auf, welches von seinem Bruder betrieben wird.
Im Nachschaubericht vom 29. Juni 2000 heißt es:
Unverändert besteht bei dem Patienten nach wie vor eine deutliche Wesensänderung mit erheblichen Einschränkungen der Alltagsbelastbarkeit und chronischem Kopfschmerzsyndrom. Zusätzlich wurde eine Behandlung bei dem T. Psychologen Dr. E. aufgenommen. Befunde liegen uns jedoch nicht vor. Eine Begutachtung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zur Frage der Dauer-MdE halte ich für erforderlich.
In einem Attest vom 10. Juli 2000 für die Krankenkasse, welches an die Beklagte weitergeleitet wurde, führte Dr. S1 aus, bei dem Patienten bestehe der Zustand nach einem Polytrauma. Im weiteren Verlauf sei es zu einer Persönlichkeitsveränderung mit schweren psychosomatischen Störungen gekommen. Aufgrund der geringen Sprachkenntnisse und soziokulturellen Fremdheit sei eine sofizielle [?] Psychotherapie nicht möglich. Es werde ein Heimataufenthalt empfohlen, da hiervon eine Entlastung zu erwarten sei.
Der Psychiater Dr. E. berichtete gegenüber der Beklagten am 19. Juli 2000 telefonisch, der Verletzte habe sich auf Veranlassung von Dr. S1 einmalig bei ihm vorgestellt und sei von ihm beraten sowie aufgeklärt worden. Er habe eine Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades) erlitten. Hierauf seien die Beschwerden (Reizbarkeit und Kopfschmerzen) zurückzuführen. Diese Beschwerden seien normal und dauerten 6 Wochen bis zu einem Jahr an. Sie seien nicht behandlungsbedürftig und bedingten keine Arbeitsunfähigkeit. Problematisch sei aber der regelmäßige Schmerzmittelkonsum.
Im Nachschaubericht vom 5. September 2000 berichtete Dr. S1 über die Untersuchung vom selben Tage:
Entsprechend unserer Stellungnahme vom 23.05.00 und 29.06.00 halte ich an meiner bisherigen Auffassung fest, daß unfallabhängige AU bis 31.05.00 bestand. Zweifelsfrei besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen der neurologischen Abteilung des KH B2 vom 17.04.00 und den Ausführungen des Psychiaters Dr. E ... Es entspricht zwar nicht meinem Fachgebiet, aber aus genauer Kenntnis der Familiensituation, Exploration und Schilderung der Ehefrau und des den Patienten beschäftigenden Bruders besteht seit dem Unfall eine deutliche Wesensänderung. Ich halte insofern eine abschließende Begutachtung auf neuropsychiatrischem Fachgebiet zur Frage der MdE für erforderlich.
Daraufhin ließ die Beklagte den Verletzten durch den Chefarzt der neurologischen Abteilung des Krankenhauses S., Prof. Dr. V., untersuchen. In dem von ihm und dem Assistenzarzt Dr. G2 unter dem 18. Mai 2001 erstellten schriftlichen Gutachten vertreten beide die Auffassung, dass die zum Untersuchungszeitpunkt vorgefundene depressive Symptomatik mit Somatisierungstendenz als posttraumatische Belastungs¬störung anzusehen und sekundäre Unfallfolge sei. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 20 vom Hundert.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. August 2001 die Gewährung einer Rente ab. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 31. Mai 2000 bestanden. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus in rentenberechtigendem Grade gemindert. Als Unfallfolge würden nur die Stauchung der Halswirbelsäule, Prellungen und Stauchungen am linken Handgelenk und im Bereich der Brustwirbelsäule sowie eine Schädelprellung links frontal verbunden mit einer Gehirnerschütterung anerkannt. Diese Unfallfolgen seien spätestens drei Monate nach dem Unfall folgenlos ausgeheilt. Nicht anerkannt als Unfallfolge weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung werde eine depressive Symptomatik. Diese unfallunabhängige Erkrankung sei für die über den 31. Mai 2000 hinaus bestehenden Beschwerden ursächlich.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, er bekomme ständig Spritzen und nehme Tabletten, um die Kopfschmerzen ertragen zu können. Ständig leide er auch noch unter Schlafstörungen, Schmerzen im Nacken bei Kopfbewegungen und Schwindelgefühlen. Gleichwohl habe er mehrfach auch mit Hilfe des Arbeitsamts versucht, in den Arbeitsprozess zurückzukommen und hierzu verschiedene Arbeitsversuche gemacht. Diese habe er immer wieder abbrechen müssen. Es sei durchaus denkbar, dass relativ zeitnah zum Unfallgeschehen die depressive Verstimmtheit noch nicht so deutlich zutage getreten sei, wie zum Zeitpunkt der Untersuchung bei Prof. Dr. V., da er zunehmend unter dem täglich auftretenden Kopfschmerz gelitten habe.
Daraufhin holte die Beklagte weitere Befundberichte ein. Die Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie Dr. L., C.B. und K. berichteten unter dem 11. April 2002, der Versicherte habe sich erstmals am 14. März 2000, des Weiteren am 17. März und 5. April 2000 und dann erneut am 7. Februar 2002 sowie am 12. Februar 2002 vorgestellt. Neurologisch seien jeweils keine pathologischen Befunde zu erheben gewesen. Die psychische Beurteilung sei wegen fehlender Sprachkenntnisse nur eingeschränkt möglich. Soweit beurteilbar sei er freundlich, geordnet, ausreichend orientiert, nicht wesentlich depressiv verstimmt. Wie auch durch Dr. V. werde das Vorliegen einer Somatisierungstendenz im Zusammenhang mit fehlerhafter Verarbeitung des Unfallereignisses mit einer dysphorischen Symptomatik sowie einer vermehrten Darstellungstendenz möglicherweise mit dem Ziel der Erlangung eines sekundären Krankheitsgewinns angenommen. Wegen der mangelhaften Deutschkenntnisse werde eine konfliktzentrierte Gesprächstherapie nur durch einen T. Arzt oder Psychologen für möglich gehalten. In gleicher Weise äußerten sich die Behandler unter dem 17. Juni 2002. Ergänzend heißt es in diesem Bericht, der Versicherte habe erneut über zwei bis dreimal wöchentlich auftretende starke Kopfschmerzen berichtet. Er benötige dann 60 Tropfen Novamin pro Tag. Die Kopfschmerzen würden im Hinterkopf beginnen und wie Wellen in den Kopf gehen. Die Stimmung sei wechselhaft. Er besuche eine Sprachenschule, aus der er häufiger wegen Kopfschmerzen nach Hause geschickt werden müsse. Hinsichtlich anderer Gutachter, die einen Unfallzusammenhang seiner Beschwerden bestritten hätten, reagiere er äußerst gereizt. Vor dem Unfall sei es ihm gut gegangen. Erst nach dem Unfall habe er die Beschwerden. Abschließend heißt es: Der Patient sei jetzt bewusstseinsklar und voll orientiert, zeige verhaltene Zuwendung. Der Gedankengang sei erneut geordnet erschienen sowie frei von pathologischen Denkinhalten. Es habe der Eindruck einer Beschwerdefixiertheit bestanden, wobei mögliche zugrundeliegende Konversionsmechanismen offensichtlich bewusstseinsfern angesiedelt seien. Es scheine eine Verselbständigung der Schmerzsymptomatik im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Verarbeitung des Unfallereignisses vorzuliegen. Die psychologische Psychotherapeutin U.M. gab im Befundbericht vom 21. Oktober 2002 mit Blick auf die am 17. Juni 2002 begonnene Behandlung an, aus ihrer Sicht sei die beschriebene Symptomatik ausreichend, um die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung zu stellen, deren Auslöser das Unfallereignis vom Februar 2000 darstelle. Zwar hätten in dem durchgeführten strukturierten Interview zur Abklärung der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Markgraf u.a. von den 17 für das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung diagnoserelevanten Symptomen einige nicht klar festgestellt werden können. So habe der Kläger nicht von wiederkehrenden und eindringlichen Erinnerungen an den Unfall, die sich unwillkürlich aufdrängen, nicht von plötzlichem Handeln, als ob das Ereignis wiederkehre, nicht von dem Eindruck einer eingeschränkten Zukunft, nicht von übermäßigen Schreckreaktionen und nicht von physiologischen Reaktionen bei Erinnerung an das Trauma gesprochen. Insbesondere habe nicht geklärt werden können, ob der Versicherte unter sich aufdrängenden Bildern des Ereignisses gelitten habe. Jedoch weise der Proband in den drei Hauptsymptomgruppen, die für die Diagnose ausschlaggebend seien, Symptome auf. Dies sei ausreichend, um die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung zu stellen.
Die Beklagte beauftragte den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L1 mit der ambulanten Untersuchung und schriftlichen Begutachtung des Klägers. Dieser führte in dem zusammen mit der Assistenzärztin Dr. S3 am 3. Februar 2003 erstellten schriftlichen Gutachten aus, der Verletzte berichte, dass er seit dem Unfall unter starken Kopfschmerzen leide. Er habe das Gefühl von Wellen in seinem Kopf, so als ob sich sein Gehirn mit nach vorn oder hinten bewege. Wegen dieser starken Kopfschmerzen könne er nachts nur sehr schlecht schlafen. Das Einschlafen falle ihm schwer und er wache nachts häufiger auf. Im Untersuchungsgespräch habe der Verletzte sehr angespannt und misstrauisch gewirkt. Er berichte, dass er unter starker Unruhe leide. Diese bestehe seit ungefähr einem halben bis einem Jahr. Auch deswegen könne er schlecht schlafen. Weiter berichte er, dass er seit dem Unfall unter Albträumen leide. Er träume davon, dass sein Sohn von etwas herunter falle oder von einem Zug überfahren werde. In den Träumen versuche er, seinem Sohn zu helfen, könne diesen jedoch nicht retten. Durch diese Albträume wache er auf und könne nicht wieder einschlafen. Auch tagsüber leide er unter Ängsten, dass sein Sohn von etwas herunterfallen könnte. Während dieser Schilderung wirke der Untersuchte unruhig und nachdenklich. Er beschreibe ferner, dass er in der letzten Zeit unter heftigen Wutattacken leide. Ohne richtigen Anlass gerate er mit seiner Frau in die Haare oder schmeiße Gegenstände an die Wand. Aus dieser Situation wolle er entfliehen, da er wisse, dass er wieder einen Ausbruch bekommen werde. Er habe Angst, seine Frau zu verlieren. Auch mit fremden Leuten auf der Straße gerate er schnell aneinander. Die Ehefrau berichte, dass ihr Ehemann sich in den letzten Jahren zunehmend verändert habe. Er leide immer häufiger unter Wutausbrüchen und rege sich ohne richtigen Anlass heftigst auf. Sie und die Familie ließen ihn kaum alleine rausgehen, da er auch mit fremden Leuten in heftige Auseinandersetzungen gerate. Sie habe den Eindruck, dass er unter den wellenartigen Kopfschmerzen stark leide. Nachts könne er kaum schlafen. Sie habe versucht, sich von ihm zu trennen, sei aber dann wieder zu ihm zurückgekehrt. Im psychischen Befund fanden die Untersucher den Verletzten bewusstseinsklar und ohne Zeichen einer akuten oder chronischen Intoxikation. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei dahingehend eingeschränkt, dass er wenig Freude und Glück empfinden könne. Er wirke im Antrieb leicht gesteigert und psychomotorisch unruhig. Der formale Gedankengang sei ungestört. Es bestehe bei der ersten Untersuchung der Verdacht auf paranoide Gedankeninhalte. Eigenanamnestisch bestünden leichte Konzentrationsstörungen. Zusammenfassend zeigten die beklagten Beschwerden eine abnorme Erlebnisreaktion mit Fehlverarbeitung des Unfalls. Bei solch einer abnormen Erlebnisreaktion würden Erlebnisse insoweit fehlerhaft verarbeitet, als dass ihnen eine unangemessene Bedeutung gegeben werde. Dies sei hier insoweit der Fall, als der Verletzte der Überzeugung sei, dass der Unfall seine derzeitigen Beschwerden allein verursacht habe. Er glaube, dass seine Kopfschmerzen, Schlafstörungen, die Reizbarkeit und die Wutanfälle allein durch den Unfall verursacht seien, ohne dass es hierfür einen medizinisch begründeten Zusammenhang gebe. Die beklagten Albträume und Ängste stünden zwar inhaltlich im Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Sie seien jedoch nicht so stark, dass sie zu einer Beeinträchtigung der Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit führten. Auch das Gefühl der ungerechten Kündigung werde unbewusst auf den Unfall übertragen mit der Hoffnung auf Wiedergutmachung. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege keine durch den Unfall verursachte Erkrankung vor, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit begründe. Diese Einschätzung stehe im Einklang mit mehreren Vorbefunden. So habe Dr. L2 im Befundbericht vom 17. Juni 2002 von einer Verselbstständigung der Schmerzsymptomatik im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Verarbeitung des Unfallereignisses gesprochen. Auch der Psychiater Dr. E. halte die Beschwerden nicht für behandlungsbedürftig und gehe von Arbeitsfähigkeit aus. Der Einschätzung der Psychologin Frau M3 und derjenigen des Professor Dr. V., dass bei dem Verletzten eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege, könne nicht zugestimmt werden. Es fehle an charakteristischen Merkmalen. Frau M3, die auf Grund der Albträume, der Reizbarkeit, der Wutanfälle und der Schlafstörung eine posttraumatische Belastungsstörung annehme, verkenne dabei, dass ein wesentliches diagnostisches Kriterium für diese Erkrankung ein Trauma sei, welches eine außergewöhnliche Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß darstelle. In der Regel handele es sich hierbei um Opfer von Vergewaltigungen, Kampfhandlungen, Terrorismus oder schwersten Unfällen. Der Verletzte berichte zwar über Albträume, zeige dabei aber keine vegetativen Symptome in Form von übermäßiger Schreckhaftigkeit oder Übererregbarkeit. Es fehle auch ein andauerndes Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit, die zu Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit gegenüber anderen Menschen führten. Der Verletzte sei vielmehr verzweifelt über die zunehmenden Schwierigkeiten und zudem bemüht, durch die Teilnahme an einem Deutschkurs und Anfragen ans Arbeitsamt eine berufliche Tätigkeit zu finden. Reizbarkeit und Ausbrüche seien hier so unspezifisch, dass sie nicht als ein wesentliches diagnostisches Kriterium herangezogen werden sollten. Soweit Professor Dr. V. einen depressiven Zustand mit Somatisierungstendenz diagnostiziere und diesen als posttraumatische Belastungsstörung einordne, könne dem ebenfalls nicht zugestimmt werden. Denn der Verletzte leide gegenwärtig nicht unter einer depressiven Symptomatik. Zusammenfassend zeige der Kläger mit den Albträumen, der Schlaflosigkeit und der Reizbarkeit wenige Symptome, die auch bei einer posttraumatischen Belastungsstörung aufgeführt werden. Hierbei handele es sich aber nicht um die für die Diagnose wesentlichen Kriterien. Zusätzlich seien die Beschwerden relativ gering ausgeprägt. Es liege daher auf psychiatrischem Fachgebiet keine unfallbedingte Erkrankung vor, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit begründe. Nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Verletzte unter einer Psychose leide. Dies müsse weiter untersucht werden. Insoweit könne aber der Unfall als Ursache mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei Überprüfung des Ausgangsbescheides habe sich herausgestellt, dass die Verwaltung zu Recht dem Gutachten des Professor Dr. V. nicht gefolgt sei, denn in diesem Gutachten werde nur unzureichend zwischen den Angaben des Verletzten und den in der Verwaltungsakte enthaltenen Berichten sowie den zum Untersuchungszeitpunkt selbst erhobenen Befunden unterschieden. Auch seien die feststehenden Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Würdigung des Unfallereignisses nicht erfüllt. Es fehle insbesondere an dem zwingend erforderlichen Traumakriterium eines extremen, d. h. lebensbedrohlichen Belastungs¬faktors, auf den der Verletzte unmittelbar mit intensiver Furcht, Hilflosigkeit und Entsetzen hätte reagieren müssen. Nach den in der Verwaltungsakte enthaltenen Behandlungs¬berichten der Psychiater K. und Dr. E. hätten psychiatrische Auffälligkeiten nicht vorgelegen, so dass Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet nicht objektivierbar gewesen seien. Die im Vorverfahren veranlasste neuerliche gutachterliche Untersuchung durch Dr. L1 und Dr. S3 habe ebenfalls ergeben, dass eine unfallbedingte krankhafte Veränderung auf psychiatrischem Fachgebiet nicht vorliege. Eine posttraumatische Belastungsstörung bestehe insbesondere deshalb nicht, weil bereits die Eingangsvoraussetzungen des Traumakriteriums nicht erfüllt seien. Bei der gutachterlichen Untersuchung sei vielmehr der Eindruck entstanden, dass der Kläger an einer unfallunabhängigen Psychose mit einem paranoiden Erleben leide, welcher die wesentliche Bedeutung für die beschriebene Beschwerdesymptomatik zukomme.
Daraufhin hat der Verletzte fristgerecht Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, er leide seit dem Unfall bis heute unter anhaltenden Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Schlaflosigkeit und zunehmender psychischer Reizbarkeit, insbesondere bei Auftreten der wellenförmig verlaufenden Kopfschmerzen. Dieser Zustand dauere an und habe sich bis heute trotz ständiger medizinischer und psychologischer sowie psychotherapeutischer Behandlung nicht geändert. Die Entscheidung der Beklagten leide an einer unzureichenden Ermittlung des medizinischen Sachverhalts. Zur Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung sei von besonderer Bedeutung, dass der Gutachter die Feinheiten der Sprache erkenne und zutreffend umsetze. Dies sei bei der Erstellung des Gutachtens von Dr. L1 nicht der Fall gewesen. Demgegenüber könne seine – des Klägers – Ehefrau die Wesensveränderung nach dem Unfallgeschehen bezeugen. Er sei vor dem Unfall ein ganz anderer Mensch gewesen. Die Ausführungen im Gutachten des Professor Dr. V. und diejenigen in der Stellungnahme der Diplom-Psychologin M3 reichten aus, um eine Kausalität zwischen Unfallgeschehen und der immer noch bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit um mehr als 20 vom Hundert festzustellen. Seit der Begutachtung durch Professor Dr. V. habe sich sein Zustand nicht gebessert, sondern verschlechtert.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. eingeholt, die den Kläger im Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 7. August 2003 behandelt hatte. Dr. W. hat unter dem 26. November 2003 von einem wachen, orientierten Mann ohne paranoide Erlebnisinhalte berichtet. Es hätten sich keine formalen Denkstörungen gefunden, aber eine ausgeprägte depressive Stimmungslage bei psychomotorischer Unruhe. Als Diagnose hat sie eine Belastungsreaktion mit emotionaler Störung in multifaktorieller beruflicher und familiärer Belastungssituation (ICD F 43.0) angegeben. In einem ergänzenden Bericht vom 11. Dezember 2003 ist angegeben worden, der Kläger arbeite seit dem 1. Oktober 2003 als ungelernter Arbeiter in einer Bäckerei. Dort gebe es eine automatische Brötchen-Schneidemaschine, welche Geräusche mache, die an vorbeifahrende Züge erinnere. Aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung sei es in dieser Arbeitssituation zu einer Reaktivierung der erlebten Unfallsituation im Bundesbahnreinigungsbereich gekommen. Der Kläger habe plötzlich Übelkeit, Schwindel und Todesängste erlebt. Von den Kollegen sei er als plötzlich krankhaft verändert mit plötzlicher Gesichtsblässe und Ängstlichkeit wahrgenommen worden. Die Kollegen hätten Angst gehabt, dass ein akuter Herzinfarkt vorliegen könne. Diese psychovegetative Reaktion müsse als "flash-back-Erleben" bei einer posttraumatischen Belastungsstörung, ausgelöst durch das emotionale Erleben bei dem Arbeitsunfall, interpretiert werden. Als ergänzende Diagnose ist nunmehr angegeben worden: Posttraumatische Belastungsstörung (ICD 10 F 43.0).
In einem Befundbericht von Dr. S1 vom 17. Dezember 2003 heißt es, auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet fänden sich keine fortwirkenden Unfallfolgen mehr. Im Vordergrund stünden jedoch die neuropsychiatrischen Befunde, vor allem eine Wesensänderung. Diese habe vorübergehend dazu geführt, dass sich die Ehefrau von dem Kläger getrennt habe und Arbeitsversuche jeweils abgebrochen worden seien. Seit drei Monaten habe der Patient jetzt wieder Arbeit in einer Bäckerei. Hier komme es allerdings zu Angstzuständen, wenn er die Brotschneidemaschine bedienen soll, so dass hierdurch wiederum der Arbeitsplatz gefährdet sei.
Die Diplom-Psychologin M3 hat unter dem 23. Dezember 2003 berichtet, dass der Kläger sich seit Dezember 2002 in ihrer fortlaufenden verhaltenstherapeutischen Behandlung in T. Sprache befinde. Der Verletzte leide an einer Anpassungsstörung und weise Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung auf, ohne jedoch das Vollbild dieser Störung zu zeigen. Der Beginn der Störung liege nach einem Arbeitsunfall während der Tätigkeit als Bahnreiniger (Sturz auf die Gleise). Die Störung manifestierte sich auf der Ebene der Kognition (meine Zukunft mit meinen Beschwerden ist ungewiss, mein Leben entgleitet meiner Kontrolle, wie soll ich es schaffen, meinen Sohn zu schützen, wieso nehmen mich die Menschen nicht ernst, es ist so ungerecht was mir widerfährt), auf der Ebene des Sozialverhaltens und der Motorik (Rückzug von sozialen Kontakten, aggressive Verhaltensweisen gegenüber tatsächlicher oder vermeintlicher Diskriminierung oder gegenüber Angriffen, starke motorische Unruhe), auf der emotionalen Ebene (Niedergeschlagenheit, Gefühl von Verunsicherung, Sinn- und Hoffnungslosigkeit, Entfremdungsgefühle, suizidale Gedanken, Aggressivität gegen Ungerechtigkeit), auf der physiologischen Ebene (Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, chronisch erhöhtes Erregungsniveau, eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit, Reizbarkeit), durch Verhaltensexzesse (Grübeleien über vergangenes Geschehen und zwanghafte Suche nach einer ausgleichenden Gerechtigkeit) und durch Verhaltensdefizite (Ausdauer und Durchhaltevermögen bei der Verfolgung positiver Ziele). Auslöser hierfür sei äußerlich der Arbeitsunfall gewesen. Die innere Auslösesituation sei dadurch gekennzeichnet, dass der Verletzte in der Unfallsituation um sein Leben und gleichzeitig um das Leben seines neugeborenen Sohnes, den er dann vaterlos hätte zurücklassen müssen, gefürchtet habe. Die Erschütterung habe ihn in einer Lebenssituation getroffen, in der er sich nach langer Suche und Orientierung erstmals beruflich erfolgreich gefühlt und gleichzeitig durch die Vaterrolle erstmalig eine größere finanzielle Verantwortung für die Familie getragen habe als seine Frau. Der Verlust des Arbeitsplatzes, an dem er sich kompetent und bestätigt gefühlt habe, und die Leistungseinschränkung, vor allem durch die anhaltende Schlaflosigkeit und häufige Kopfschmerzen, seien auf eine Person getroffen, die zumindest im beruflichen Bereich wenig Selbsteffizienzerfahrungen habe machen können und die sich durch mangelnde Autonomie bislang die Unterstützung durch die Familie habe sichern können. Die innere negative Erwartung bezüglich Selbsteffizienz und Autonomie seien wichtige aufrechterhaltende Faktoren der Symptomatik. Als Diagnosen wurden Anpassungsstörung (ICD 10 F 43.2) und posttraumatische Belastungsstörung nach einem Unfallereignis (ICD 10 F 43.1) bei dependenten und selbstunsicheren Persönlichkeitszügen genannt.
Das Sozialgericht hat den Kläger durch den Arzt der ersten Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums N., Dr. G3, am 2. März 2004 ambulant untersuchen und alsdann schriftlich begutachten lassen. Gegenüber Dr. G3 hat der Kläger angegeben, seit dem Arbeitsunfall unter ständigen starken, wellenartigen Kopfschmerzen zu leiden. Er habe das Gefühl, als ob Wasser in seinem Kopf hin und her schwappen würde. Dieses Gefühl sei unerträglich. Auch könne er seit dem Unfall nicht mehr gut einschlafen, auch nicht durchschlafen. Nachts habe er schlimme Albträume. Er träume, dass er von einer gigantischen Höhe falle oder dass sein Sohn sich in Gefahr befinde. Er sei leicht reizbar und werde leicht aggressiv, könne seine starken Impulse teilweise nicht kontrollieren. Er sei innerlich unruhig und empfinde seit Jahren keine Freude mehr. Auch sei er vergesslich. Er leide unter massiven Konzentrationsstörungen. Die Arbeit in einer Bäckerei habe er vor zwei Tagen aufgeben müssen, weil er unter starken Panikattacken bei der Bedienung einer Brötchenschneidemaschine gelitten habe, deren Geräusche an vorbeifahrende Züge erinnerte. Er leide auch sehr stark darunter, sich trotz einer seit Jahren durchgeführten psychotherapeutischen Behandlung in seiner Muttersprache nicht besser zu fühlen. Er sei deswegen verzweifelt. Er schäme sich, dass er nicht so schnell wie möglich gesund werden könne, und weil in seiner Familie immer wieder darüber geredet werde, dass er vielleicht verrückt geworden sei. Ohne die Hilfe seiner Ehefrau könne er nicht mehr existieren. Er habe kaum Zukunftsperspektiven. Dr. G3 hat ausgeführt, der Patient sei im psychopathologischen Befund am 2. März 2004 wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert gewesen. Auffassungsfähigkeit sowie das Lang- und Kurzzeitgedächtnis seien ungestört gewesen. Der Kontakt zu dem Untersuchten sei leicht herzustellen gewesen. Er sei freundlich zugewandt gewesen, habe dabei etwas ängstlich, psychomotorisch unruhig und angespannt gewirkt. Konzentration und Ausdauer seien im Rahmen der vermehrt nach innen gerichteten Selbstwahrnehmung bei depressiver Kognition beeinträchtigt gewesen, die Grundstimmung deutlich depressiv gedrückt. Der Untersuchte habe affektiv rat- und hilflos, verzweifelt und zum Teil weinerlich gewirkt. In der Grundpersönlichkeit hätten sich vorwiegend narzisstisch-histrionische Züge gezeigt. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei erhalten, der Antrieb gemindert gewesen. Es hätten sich keine formalen Denkstörungen gefunden. Inhaltlich habe eine Fixierung auf das Krankheitserlebnis bestanden bzw. es seien ein vermindertes Selbstwertgefühl und Schuldgefühle deutlich geworden. Hinweise auf ein psychiatrisches Erleben bzw. inhaltliche Denkstörungen hätten sich nicht gefunden. Ebenso wenig solche auf Wahrnehmungsstörungen und Störungen des Ich-Erlebens. Es hätten vegetative Störungen im Sinne von Schlafstörungen, sexuellen Störungen, Tagesschwankungen und Schmerzzuständen bestanden. Latente Suizidalität müsse angenommen werden, akute Suizidalität sei glaubhaft verneint worden. Dr. G3 hat den Kläger dahingehend beurteilt, dass er ihn für schwerwiegend psychiatrisch erkrankt hielt. Es handele sich bei dem Krankheitsbild unter Berücksichtigung der gesamtanamnestischen Daten und des erhobenen psychopathologischen Befundes bei fehlendem Hinweis auf exogene Noxen und organische Faktoren um eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (ICD 10 F 32.11), die sich nach dem Arbeitsunfall am 25. Februar 2000 auf dem Boden einer posttraumatischen Belastungsstörung entwickelt habe. Diese Erkrankung habe in den folgenden Jahren einen chronischen Verlauf genommen, da sie aus psychiatrischer Sicht nicht ausreichend behandelt worden sei. Es fehle an einer entsprechenden psychopharmakologischen Behandlung. Die verhaltenstherapeutische Behandlung in T. Sprache sei zwar sehr effektiv, aber ohne eine medikamentöse Begleitbehandlung nicht ausreichend, um eine deutliche Stabilisierung des Krankheitsbildes zu erreichen. So habe nur eine Verschlimmerung des Krankheitsbildes verhindert werden können. Alleinige Ursache für diese Erkrankung sei der Arbeitsunfall vom 25. Februar 2000. Die MdE sei ab 1. Juni 2000 mit 40 vom 100 einzuschätzen.
Die Beklagte ist dem Gutachten entgegengetreten und hat bestritten, dass das Unfallereignis geeignet gewesen sei, eine posttraumatische Belastungsstörung hervorzurufen, da es sich nicht um eine Situation außergewöhnlicher Belastung oder katastrophenartigen Ausmaßes, die bei fast jedem tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, gehandelt habe. Der Kläger sei zwar sicher psychiatrisch erkrankt, ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen sei jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich. Insoweit bestehe lediglich ein zeitlicher, nicht jedoch ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den nachfolgend aufgetretenen Symptomen. Die Beklagte hat Bezug genommen auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L1 vom 7. Dezember 2005, in welcher dieser ausgeführt hat, dass das Trauma nicht dazu geeignet gewesen sei, eine schwere und anhaltende psychische Erkrankung hervorzurufen. Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung sei die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Ein solches habe hier nicht vorgelegen. Dazu gehöre etwa das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun habe oder die Beobachtung eines entsprechenden Ereignisses. Genannt würden insoweit kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, nach eigener Erfahrung insbesondere aber auch durch Menschen verursachte Katastrophen oder schwere Autounfälle. Eine mit diesen Ausgangsbedingungen vergleichbare Ausgangssituation habe bei dem Unfallgeschehen eindeutig nicht vorgelegen. Auch die nachfolgenden Symptome entsprächen nicht der charakteristischen Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 10. April 2006 hat Dr. L1 ausgeführt, dass das Ergebnis der Unfalluntersuchung durch den Präventionsdienst ergebe, dass die äußeren Umstände die Aussage erlaubten, dass es höchst unwahrscheinlich sei, wenn es unter diesen Umständen medizinisch zu einer posttraumatischen Belastungsstörung gekommen sei. Es seien ihm bisher keine Umstände bekannt, wonach der Kläger zu diesem Zeitpunkt einer besonderen Gefährdung mit dem direkten persönlichen Erleben einer Situation mit einer erheblichen Bedrohung seiner körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt gewesen wäre. Allein die subjektive Vorstellung einer solchen Möglichkeit ohne weitere objektiv bedrohliche Umstände (etwa ein vorbeifahrender Zug) seien nicht dazu geeignet, ursächlich zur Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung beizutragen. Eine objektive Gefährdung sei tatsächlich nicht erkennbar, wenn von den hier bekannten Umständen des Unfallhergangs ausgegangen werde. Allein einem Sturz komme diese Bedeutung nicht zu. Auch sei am Unfallort eine außergewöhnliche psychoreaktive Symptomatik nicht aufgetreten.
Der Kläger hat auf die Ausführungen der Beklagten und des Dr. L1 repliziert und ausgeführt, die Darstellung der Beklagten zum Unfallgeschehen sei falsch. Der Unfall sei nicht nach abgeschlossenen Reinigungsarbeiten an einem Zug und nicht bei Aufräumarbeiten zu einem Zeitpunkt geschehen, als kein Zug mehr im Gleis gewesen sei. Er sei auch nicht beim Zusammenlegen eines Schlauches auf das Waschgleis gestürzt. Der Unfall habe sich nicht, wie die Beklagte glauben machen wolle, am Feierabend, sondern morgens zwischen 10.00 und 11.30 Uhr ereignet. Auf dem Gleis habe auch Zugverkehr geherrscht. Der Unfall sei nämlich bei Vorbereitungsarbeiten für einen ab 12:00 Uhr im Waschgleis erwarteten, stark verschmutzten Zug geschehen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Waschturm, von welchem aus der Zugverkehr habe kontrolliert werden können, nicht besetzt gewesen. Nach dem Sturz habe der Kläger seinen Oberkörper noch einmal etwas aufgerichtet und einen fahrenden Zug gesehen und das Geräusch eines fahrenden Zuges vernommen und habe in T. Sprache etwas Ähnliches gesagt wie "O mein Gott!" oder "Mama, Mama" und sei dann wieder zurück auf Gleis gefallen Dies könne zeugenschaftlich belegt werden. Danach seien aber die Umstände zum Unfallzeitpunkt auch objektiv als gefährlich einzustufen gewesen und seien nicht, wie Dr. L1 glauben machen wolle, der Einbildung und Fantasie des Klägers zuzuordnen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Arbeitskollegen des Klägers, Z.A., welcher zusammen mit dem Kläger am Unfalltage auf der Waschbühne tätig war. Er hat bekundet, dass sie mit Vorbereitungshandlungen beschäftigt gewesen seien, als er ein Geräusch gehört und dann den Kläger auf den Gleisen zwischen den beiden Rampen liegen gesehen habe, und zwar mit dem Kopf auf einer der Schienen. Er sei dann hinunter in die Gleisanlage gestiegen und habe den Kopf des Klägers angehoben. Er sei noch bei Bewusstsein gewesen, habe aber die Augen verdreht und es sei ihm etwas Weißes, Wässriges aus der Nase gelaufen. Nach seiner Erinnerung habe der Kläger dann gesagt: "Mutter, Mutter, der Zug". Dann sei er ohnmächtig geworden. Jetzt habe er selbst auch einen Zug in einer Entfernung von 100-150 m gesehen, sei in Panik geraten, habe den Kopf des Klägers wieder abgelegt und um Hilfe gerufen. Dann seien zwei Personen aus derselben Richtung gekommen, aus der er den Zug habe kommen sehen. Der eine sei der Leiter der Reinigung gewesen. Die andere Person sei diejenige gewesen, die in dem so genannten Waschturm die Einfahrt der Züge in das Waschgleis geregelt habe. Diese hätten sich den Kläger dann kurz angesehen, ihn aber nicht angerührt, sondern den Notarztwagen gerufen. Er selbst sei noch zugegen gewesen, als der Notarztwagen gekommen sei. Von denen sei der Kläger dann aufgenommen worden.
Das Sozialgericht hat weiter Beweis erhoben durch Vernehmung des Bahnbediensteten M2, Technischer Aufsichtsbeamter bei der B1. Dieser hat Angaben zur Steuerung der Züge im Bereich der Waschstraße gemacht.
Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Juli 2007 Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 4. Juli 2007 abgewiesen. Zur Begründung heißt es, die bei dem Kläger nach dem Unfall sich entwickelnde depressive Symptomatik, begleitet von den vorgetragenen anhaltenden Kopfschmerzen, sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen. Die Zeugen hätten in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen den von den Sachverständigen Dr. L1 und Dr. S3 in ihrem Gutachten vom 3. Februar 2003 und in den ergänzenden Stellungnahmen vom 7. Dezember 2006 und 10. April 2006 zu Grunde gelegten Sachverhalt bestätigt. Danach sei das Unfallereignis nicht geeignet gewesen, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine posttraumatische Belastungsstörung zu verursachen. Auch aus den Angaben des Zeugen A. habe sich keine unmittelbar bedrohliche Situation ergeben. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass jener selbst in Panik geraten sein wolle, zumal sich dieses in seinen Handlungen nicht widergespiegelt habe. Bei Zugrundelegung des so festgestellten Geschehens seien die Gutachter Dr. L1 und Dr. S3 zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass das Trauma nicht geeignet gewesen sei, eine schwere oder anhaltende psychische Erkrankung hervorzurufen. Der Kläger habe keine Situation erlebt, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hatte oder habe ein entsprechendes Ereignis beobachtet. Auch seien bei der Untersuchung durch Dr. L1 und Dr. S3 keine Symptome einer psychischen Traumatisierung oder einer nachhaltigen, durch den Unfall ausgelösten akuten Belastungsstörung mit daraus ableitbarer Anpassungsstörung gefunden worden. Eine außergewöhnliche psychoreaktive Symptomatik am Unfallort sei ebenfalls nicht dokumentiert worden. Den Ausführungen des Dr. G3 könne nicht gefolgt werden, weil dieser unzutreffend von einem "schwersten Unfall" ausgehe. Diese Annahme entspreche aber weder dem tatsächlichen Geschehen noch den Anforderungen der diagnostischen Leitlinien der ICD-10. Auf die Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen. Sie ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10. Oktober 2007 zugestellt worden.
Der Kläger hat am 12. November 2007, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Ergänzend trägt er vor, es bleibe festzuhalten, dass sämtliche Ärzte und die Psychologin, die ihn ohne Sprachbarriere untersucht hätten, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung ohne Zweifel gestellt hätten. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Unfallereignis auch objektiv als schwer zu bezeichnen gewesen sei. Er habe nicht gewusst, ob und wann genau der nächste Zug dieses Gleis befahren würde.
Die Beklagte ist dem Berufungsvorbringen entgegengetreten. Es sei zwar nachvollziehbar, dass der Kläger bei dem Unfall einen Schrecken erlitten habe. Die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung entbehre indessen jeglicher Grundlage, da es sich nicht um eine Situation außergewöhnlicher Belastung oder katastrophenartigen Ausmaßes gehandelt habe. Insoweit ergäben sich aus der Berufungsbegründung keine neuen Gesichtspunkte.
Das Berufungsgericht hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M1 beauftragt, den Kläger zu untersuchen und schriftlich zu begutachten. Er gelangt zu dem Ergebnis, dass in Übereinstimmung mit der Beurteilung durch Dr. G3 und die Psychologin M3 von einer Anpassungsstörung mit depressiven und subdepressiven Episoden (ICD-10 F 43.2) und von einer posttraumatischen Belastungsstörung nach einem Unfallereignis (die ICD-10 F 43.1) bei selbstunsicherer, narzisstischer, emotional labiler Persönlichkeit (ICD-10 F 41.1) auszugehen sei. Außerdem bestehe eine Angststörung mit Generalisierungstendenz (ICD-10 F 41.1), ausgelöst durch die posttraumatische Belastungsstörung. Hinsichtlich der Schwere des Unfallereignisses sei darauf hinzuweisen, dass die Schwere des erlebten Traumas bezogen werden müsse auf die Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen. In der Tat handele es sich bei dem Kläger um einen eher asthenischen, sensiblen, weichen, wenig robusten Menschen mit einer starken narzisstischen Kränkungsbereitschaft, der sehr viel sensibler und extremer auf eine Gefahrensituation reagiere, als vielleicht robuste Personen mit einem anderen Persönlichkeitsprofil. Eine Verdeutlichungstendenz sei auch überhaupt nicht zu beobachten gewesen. Ganz im Gegenteil sei der Betroffene psychisch krank und bedürfe der stützenden Therapie einer nicht unbeträchtlichen psychopharmakologischen Medikamentenauswahl. Es spreche auch nicht gegen die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, dass bei dem Probanden wiederkehrende und eindringliche Erinnerungen an den Unfall, die sich unwillkürlich aufdrängten, in der testpsychologischen Untersuchung nicht hätten gesichert werden können. Dafür lägen andere Merkmale in typischer und eindeutiger Form auch objektivierbar vor. Bei der eigenen Untersuchung hätten allerdings auch physiologische Reaktionen, wie Herzrasen, erhöhte Schwitzneigung und starke muskuläre Anspannung bei Erinnerung an das Trauma beobachtet werden können, und zwar in der Art, wie eine Plastikflasche geknebelt und gedreht worden sei. Auch die Tatsache, dass zusätzlich eine Anpassungsstörung zu diagnostizierten sei, spreche nicht gegen eine posttraumatische Belastungsstörung, sondern weise eher auf eine persönlichkeitsbezogene Anlagebereitschaft zu derartigen Reaktionen hin. Die MdE aufgrund der Unfallfolgen werde im psychiatrischen Fachbereich mit 40 vom 100 ab 1. Juni 2000 angenommen.
Die Beklagte ist dem Gutachten des Dr. M1 entgegengetreten. Dieser gehe wie Dr. G3 unzutreffend von einer mittelschweren bis schweren Traumatisierung aus, da er lediglich die dramatisierte Vorfallschilderung des Versicherten seiner gutachtlichen Beurteilung zu Grunde lege. Ein Ereignis, welches einem so genannten A-Kriterium entspreche, nämlich ein Ereignis, das von außergewöhnlicher Bedrohung und katastrophenartigem Ausmaß gewesen sei, habe nicht vorgelegen. Unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen sei die Kammer des Sozialgerichts zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass das Unfallereignis – soweit objektivierbar – nicht als schwer beurteilt werden könne und daher nicht geeignet gewesen sei, eine anhaltende schwere psychische Erkrankung hervorzurufen. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass nach den Ermittlungen zu den Betriebsabläufen am Unfalltag objektiv keine besondere Gefahr für den Kläger bestanden habe. Damit sei das erforderliche Stressorkriterium weder nach dem ICD-10 noch nach dem DSM-IV gegeben. Allein die (spätere) subjektive Vorstellung des Klägers einer möglichen Gefährdung sei nicht maßgeblich und auch nach fachärztlichen, diagnostischen Kriterien nicht geeignet, ursächlich zu einer psychischen Traumatisierung im Sinne eines Arbeitsunfalles beizutragen. Auch sei keine außergewöhnliche psychoreaktive Symptomatik am Unfallort dokumentiert worden. Der Verletzte habe auch selbst angegeben, sich an den Sturz aufgrund einer kurzen Amnesie nicht erinnern zu können und auch nicht daran, ob er auf die Gleise gefallen sei. Der Krankheitsverlauf sei ebenfalls untypisch für eine posttraumatische Belastungsstörung. Insoweit gelte nach den einschlägigen Diagnosemanualen, dass die Symptome regelmäßig innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten nach dem belastenden Ereignis beginnen und selten länger als sechs Monate anhalten. Unfallbedingte psychische Störungen seien direkt nach dem Unfall am stärksten ausgeprägt und bildeten sich anschließend zurück. Bildeten sich die Symptome aber nicht zurück und nähmen diese trotz professioneller Therapien nicht ab oder sogar zu, spräche dies gegen eine traumatische Ursache. Bleibe etwa die Anpassungsstörung bestehen, deute dies regelhaft auf eine besondere Disposition hin, so dass sich die Frage der Wesentlichkeit des Unfallereignisses stelle. Es sei dementsprechend bei länger anhaltenden oder gar bleibenden psychoaktiven Gesundheitsstörungen auf der Basis des anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisstandes eine eingehende Prüfung erforderlich, ob und inwiefern der weitere Verlauf noch wesentlich auf die ursprünglichen Reaktionen zurückzuführen ist. An einer solchen Prüfung fehle es vorliegend.
Auf Anweisung des Berufungsgerichts hat Dr. M1 sein Gutachten ergänzt. Bei dem Unfall sei es sehr wohl zu einem als lebensbedrohlich erlebten Ereignis gekommen. Dies ergebe sich auch aus der Aussage des Zeugen A ...
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. L1 vom 9. Juni 2009 eingereicht. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Proband nicht mit einem Ereignis konfrontiert gewesen sei, das dem subjektiven Erleben nach zum Zeitpunkt des Traumas tatsächlich oder drohend den Tod oder eine ernsthafte Verletzung der eigenen Person beinhaltete. Vielmehr sei nach seiner Schilderung eine lebensgefährliche Situation nur fragmentarisch wahrgenommen worden. Die Reaktion am Unfallort habe weder intensive Furcht, keine Hilflosigkeit oder Entsetzen beinhaltet und Albträume habe er auch erst Wochen danach entwickelt.
Dieser Stellungnahme hat Dr. M1 – vom Berufungsgericht erneut um Äußerung gebeten – widersprochen. Ein traumatisierendes Ereignis liege – belegt durch Aussage des Zeugen – vor. Auch wenn unterstellt werde, dass der Betroffene etwa im Rahmen einer traumabedingten Gehirnerschütterung kurz bewusstlos war, so sei doch ausreichend Zeit gewesen zu realisieren und hierdurch traumatisiert zu werden.
Daraufhin hat das Berufungsgericht den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Er schließt sich den positiven Vorgutachten und insbesondere demjenigen des Dr. M1 an und führt aus, bei der Feststellung des A-Kriteriums könnten nicht nur die objektiven Bedingungen diskutiert werden. Denn die Definition eines Psychotraumas sei nicht nur an Ereigniskriterien gebunden, sondern vor allem auch an das subjektive Erleben der Situation. Hiervon ausgehend habe der Kläger den Sturz als lebensbedrohlich erlebt. Er habe noch wahrgenommen, dass sich ein Zug in der Nähe befand und Todesangst verspürt sowie das Gefühl, die Situation nicht zu überleben und überfahren zu werden. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Zug überhaupt gefahren sei, ob die Gleise Verbindung zu seinen Gleisen hatten oder ähnliches. Denn im Zustand einer akuten Belastungsreaktion, d. h. in einem psychischen Schock, seien wir nicht in der Lage zu differenzieren, ob nur subjektive Gefahr bzw. Lebensbedrohung besteht oder eine objektive. Durch den Schock bedingt seien dann häufig auch Kenntnisse über die Sachlage in diesem Moment nicht präsent und abrufbar. Er stelle die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1) und einer depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradig, mit somatischen Symptomen (die ICD-10 F 33.11) seit dem Unfall vom 25. Februar 2000 vorliegend. Hierfür sei der Unfall wahrscheinlich als alleinige Ursache anzusehen. Das Unfallereignis habe keine bereits vor dem Unfall vorhanden gewesenen, unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen wesentlich verschlimmert. Die festgestellten Gesundheitsstörungen wären wahrscheinlich nicht ohne den Unfall durch ein alltäglich vorkommendes Ereignis zu annähernd derselben Zeit und in annähernd gleichem Ausmaß eingetreten. Seit dem Unfallereignis bestehe durchgehend Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit. Den Grad der Minderung der Erwerbs¬fähigkeit auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens beziffere er seit dem 1. Juni 2000 mit einer MdE von 40 vom 100.
Das Berufungsgericht hat Dr. B. in der mündlichen Verhandlung ergänzend gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Sie ist auch begründet. Denn der Kläger hat – was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist – einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) erlitten, als er am 25. Februar 2000 von der Rampe der Waschstraße stürzte. Dieser Sturz hat aber nicht nur zu den von der Beklagten anerkannten Gesundheitsschäden auf chirurgischem Fachgebiet im Sinne der Vorschrift "geführt". Der Unfall ist vielmehr auch ursächlich für einen weiteren Körperschaden in Gestalt eines Unfalltraumas, welches dann als mittelbare Folge des Unfallgeschehens in Gestalt einer posttraumatischen Belastungsstörung seine Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um 40 vom Hundert minderte und noch auf unabsehbare Zeit um 40 vom Hundert mindert (vgl. § 56 SGB VII).
Nach der das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung beherrschenden Lehre von der wesentlichen Bedingung, die bereits vom Reichsversicherungsamt entwickelt wurde und die das Bundesozialgericht (BSG) für seine Rechtsprechung übernommen hat und in seinen Entscheidungen als Theorie der wesentlich mitwirkenden bzw. rechtlich erheblichen Ursache bezeichnet (vgl. u.a. BSG v. 14.10.1955 – 2 RU 16/54 – BSGE 1, 254, 256; BSG v. 31.08.1956 – 2 RU 129/54 – BSGE 3, 240, 245; BSG v. 30.06.1960 – 2 RU 86/56 – BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO), sind ursächlich (im Rechtssinne) nur diejenigen Bedingungen (im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne), die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Dabei sind die tatsächlichen Grundlagen der Ursachenzusammenhänge im Vollbeweis zu sichern. Das bedeutet, die Umstände des Falles müssen nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sein, insoweit die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Hierfür bedarf es zwar nicht einer absoluten Gewissheit, aber doch immerhin eines der Gewissheit nahekommenden Grades der Wahrscheinlichkeit. Zur Feststellung des kausalen Zusammenhangs reicht indessen nach allgemeiner Auffassung die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (vgl. schon BSG v. 02.02.1978 – 8 RU 66/77 – SozR 2200 § 548 Nr. 38, S. 104 f. = BSGE 45, 285, 287; BSG v. 30.04.1985 – 2 RU 24/84 – SozR 2200 § 548 Nr. 70 = BSGE 58, 76; BSG v. 30.04.1985 – 2 RU 43/84 – SozR 2200 § 555a Nr. 1 = BSGE 58, 80; BSG v. 20.01.1987 – 2 RU 27/86 – SozR 2200 § 548 Nr. 84 = BSGE 61, 127, 129): Während die einzelnen Glieder der Kausalkette (versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung und Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, ohne dass eine völlige Gewissheit zu fordern ist, genügt für den Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Die bloße Möglichkeit genügt allerdings nicht (vgl. BSG v. 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196 m. zahlr. Nachw. aus der Rechtsprechung des BSG). Diese Grundsätze gelten auch für den Beweis durch Sachverständige nach § 118 SGG i.V.m. §§ 402 ff. Zivilprozessordnung.
Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist danach gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, d. h. nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung (vgl. BSG v. 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196) mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden. Dies gilt in gleicher Weise für psychische Reaktionen des Verletzten auf ein Unfallereignis. Da die auf der Grundlage des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes vorzunehmende Prüfung stets den konkreten Versicherten in den Blick zu nehmen hat und nicht von einem fiktiven Durchschnittsmenschen ausgehen darf, schließt auch eine "abnorme seelische Bereitschaft" die Annahme einer psychischen Reaktion als Unfallfolge nicht aus. Sie ist vielmehr als konkurrierende Ursache im Sinne einer Schadensanlage zu würdigen und es ist nach den Grundsätzen für die Beurteilung solcher Anlagen wertend zu entscheiden, ob die besondere psychische Disposition des Versicherten für den festgestellten Gesundheitsschaden eine rechtlich wesentliche Ursache war (vgl. G. Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 Rn. 166).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) geht der Senat von folgendem Sachverhalt aus:
Der Kläger ist am 25. Februar 2000 – nachdem die Reinigung eines Zuges beendet war und die Bediensteten der Bahnreinigung sich auf die Reinigung des nächsten in Kürze erwarteten Zuges vorbereiteten – von der Rampe mit dem Kopf in das Gleis gestürzt und dort benommen liegengeblieben. Sein Kollege ist hinabgestiegen, hat den Kopf angehoben und ihn angesprochen, woraufhin der Kläger mit den Anzeichen beginnender Ohnmacht beim Anblick eines in der Nähe auf dem Gleis befindlichen Zuges einen Schreckensruf ausstieß und dann das Bewusstsein verlor. Beim Anblick des Zuges verließ auch der Kollege in Panik das Gleis, wo der Kläger bis zum Eintreffen des Rettungswagens ohne Bewusstsein liegen blieb. Dieser Sachverhalt steht mit den glaubhaften Bekundungen des Zeugen A. vor dem Sozialgericht fest. Auch die Beklagte ist ihm nicht entgegengetreten. Der Senat legt ihn seiner Entscheidung zugrunde. Zur vollen Gewissheit steht damit auch fest, dass der Kläger eine unmittelbare Panikreaktion gezeigt hat, und zwar in Gestalt des Schreckensausrufs und der nachfolgenden Ohnmacht.
Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ergibt sich alsdann, dass das Erleben dieser Situation den Kläger im Sinne eines Erstschadens als unmittelbarer Unfallfolge psychisch traumatisiert hat. Sowohl Dr. M1 als auch Dr. B. gehen in ihren Gutachten zunächst davon aus, dass dieses Erlebnis vor dem Hintergrund der Persönlichkeitsstruktur des Klägers geeignet war, diesen im Sinne der diagnostischen Leitlinien einer posttraumatischen Belastungsstörung nach ICD-10 F 43.1 in der Gestalt eines A-Kriteriums zu traumatisieren. Dabei kommt es nach mittlerweile allgemeiner Meinung in der medizinischen Wissenschaft nicht darauf an, ob nach objektiven Maßstäben eine außergewöhnliche Belastung vorliegt. Entscheidend ist vielmehr, ob das Ereignis von dem Verunfallten als eine außergewöhnliche Belastung erlebt wird (vgl. nur Tölle, Windgassen, Psychiatrie, 15. Aufl. 2009, der – a.a.O. Seite 59 – anders als noch in den Vorauflagen von der Erlebnisqualität der Belastung spricht). Auf diesen Umstand weisen sowohl Dr. M1 als auch Dr. B. ausdrücklich hin. Dem folgt der Senat, weil diese Sichtweise dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht. Die frühere Auffassung, die das Belastungsereignis (als solches und in seiner objektiven Ausgestaltung) in den Vordergrund stellte, ist überholt. Sie wird auch von Dr. L1 in dem vorliegenden Verfahren mittlerweile nicht mehr vertreten. Auch er spricht in seiner Stellungnahme vom 9. Juni 2009 vielmehr jetzt davon, dass das Ereignis dem subjektiven Erleben nach zum Zeitpunkt des Traumas tatsächlich oder drohend Tod oder ernsthafte Verletzung der eigenen Person beinhaltet haben müsse, verneint dies aber im Ergebnis mit Blick auf die berichtete Amnesie für den vorliegenden Fall. Dass der Kläger aber trotz Amnesie jedenfalls Teile des Geschehens bewusst erlebte, ergibt sich aus dem Zeugnis des A ... Der festgestellte Zustand ließ dem Kläger – so Dr. B. und Dr. M1 übereinstimmend – noch ausreichend Raum, um durch die Situation traumatisiert zu werden, zumal der Verunfallte in dem Zustand unmittelbar nach dem Sturz die ihm bekannten objektiven Umstände nicht mehr abrufen, d.h. die Situation nicht mehr sicher beurteilen und als ungefährlich einstufen konnte. Die allgemeine Lebenserfahrung bestätigt diese Sicht der Dinge. Danach dürfte der Sturz in ein Gleisbett, in dem Zugverkehr herrscht, spätestens bei Ansichtigwerden eines Zuges stets eine nachhaltige Wirkung auf die Psyche des Gestürzten haben, und zwar gleichviel, ob der Zug den Gestürzten hätte tatsächlich gefährden können.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat sich unmittelbar im Anschluss an die Behandlung im Krankenhaus S. bei dem Verletzten auf dem Boden des erlittenen Traumas eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, welche seine Erwerbsfähigkeit nicht unerheblich mindert. Hierfür sprechen nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens mehr Gesichtspunkte, als dagegen sprechen. Zunächst gehen alle im Verfahren tätig gewesenen medizinischen Sachverständigen davon aus, dass der Kläger in der zeitlichen Folge des Unfalls erheblich psychisch erkrankt ist. Einzig Dr. L1 vermag diese Erkrankung nicht dem Unfallereignis kausal zuzuordnen, weil er bereits ein Unfalltrauma verneint. Nachdem der Senat dieser Sicht auf dem Boden des von ihm festgestellten Sachverhalts und mit den hierauf aufbauenden Darlegungen der Sachverständigen Dr. M1 und Dr. B. nicht folgt, lassen sich gewichtige Anhaltspunkte für eine außerhalb des Unfallgeschehens liegende Verursachung nicht mehr feststellen. Gegen eine kausale Verknüpfung zwischen dem bei dem Unfall erlittenen Trauma und dem Krankheitszustand spricht insbesondere nicht der zeitliche Ablauf. Er hält sich – wie Dr. B. bestätigt – im Rahmen der Erkenntnisse, die die medizinische Wissenschaft über posttraumatische Belastungs¬störungen besitzt. Auch sind – wie die Auswertung der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten ergeben hat und es im Tatbestand der vorliegenden Entscheidung dokumentiert ist – Auffälligkeiten im psychiatrischen Bereich, etwa in Gestalt verminderter Alltagsbelastbarkeit und einer Wesensänderung, bereits sehr früh durch Dr. S1 und Dr. H1 beschrieben worden. Allerdings wurden sie seinerzeit noch der Kopfverletzung zugeordnet. Wie Dr. B. im Übrigen dargelegt hat, ist es nicht untypisch, dass sich das Vollbild der Erkrankung erst im Laufe der Zeit herauskristallisiert. Schließlich ergeben weder der sozio-kulturelle Hintergrund des Klägers noch seine spezielle berufliche Situation nach den Ausführungen der durch das Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen, denen der Senat auch insoweit folgt, eine ernstzunehmende Konkurrenzursache für die gesundheitliche Störung. Lediglich begünstigten sie deren Eintreten im Sinne nur unwesentlicher Ursächlichkeit.
Die vorgefundene Störung führte und führt zu einer MdE vom 40 vom Hundert seit dem Ende der Arbeitsunfähigkeit, d.h. ab dem 1. Juni 2000. Hiervon gehen alle gerichtlichen Gutachter übereinstimmend aus. An dieser Einschätzung zu zweifeln besteht für den Senat kein Anlass. Er macht sie sich deshalb zu Eigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.
Der am XXXXX 1970 geborene Kläger gelangte 1997 aus einem Dorf in M. nach D., nachdem er zuvor in der T. seine in D. geborene Ehefrau, eine T. mit D. Staatsangehörigkeit, geheiratet hatte, zu der er dann nachzog. Diese arbeitete in G. als radiologisch-technische Assistentin. Da der Kläger, der in der T. in der Landwirtschaft und in einem familieneigenen Transportunternehmen tätig gewesen war, in G. keine Arbeit fand, zogen die Eheleute nach H. um. Hier besuchte der Kläger zunächst einen Deutschkurs und nahm nach wenigen Monaten eine Aushilfstätigkeit in einer Bäckerei auf. Am XXXXX 1999 kam das erste Kind der Eheleute, ein Sohn, zur Welt. Die Arbeit in der Bäckerei musste der Kläger – eigenen Angaben zufolge – am 28. Februar 1999 wegen einer Leistenhernie, die schweres Tragen verbot, aufgeben. Am 9. Juni 1999 fand er im Rahmen eines bis 30. September 1999 befristeten Vertrages und dann erneut ab 22. Oktober 1999 und befristet bis 31. Mai 2000 Arbeit bei der Bahnreinigung in H ...
Am 25. Februar 2000 begann der Kläger seine Arbeitsschicht um 08.30 Uhr. Seine Aufgabe bestand darin, Personenzüge, die zwischen zwei Rampen mit geringer Geschwindigkeit bewegt wurden, äußerlich mit einer Schlauchbürste zu reinigen. Gegen 11.00 Uhr stürzte er rückwärts von der etwa 1 m hohen Rampe in das Gleisbett, in dem zu diesem Zeitpunkt kein Zug stand. Er stützte sich hierbei mit der linken Hand ab, schlug aber gleichwohl mit dem Kopf linksseitig frontal auf das Gleis. Er wurde mit dem Rettungstransportwagen in das Krankenhaus S. gebracht. Im Durchgangs¬arztbericht des Krankenhauses vom 28. Februar 2000 heißt es unter "Befund":
Bei der Aufnahmeuntersuchung klagte der Patient über Schmerzen im linken Handgelenk und Mittelhandbereich sowie Nackenschmerzen und diskreter Schwindel. Schwellung im Mittelhandbereich sowie Stauchungsschmerz des Daumens und der Tabatiere. Schwellung und Druckschmerz linkes Handgelenk ohne Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk. Keine peripheren Defizite. HWS: Kein Druck- oder Klopfschmerz, cerciothorakaler [? cervicothorakaler] Übergang, Anteflexion schmerzhaft, Drehung endgradig schmerzhaft, axialer Stauchungsschmerz, keine peripher-neurologischen Defizite, keine Schluckstörung. Pupillen/-reaktion beidseits regelrecht. BWS/LWS: Mäßiger Klopfschmerz i. thorakolumbalen Übergang sowie i.d. kranialen Hälfte der LWS, äußerl. unauffällig.
Unter "Diagnosen" wird ausgeführt:
HWS Distorsion ° II, Prellung/Distorsion li. Handgelenk, Prellung/Distorsion thorakolumbaler Übergang.
Der Kläger wurde noch am selben Tag mit einem Schanz-Kragen und einem Voltaren-Salbenverband am linken Handgelenk sowie einer Tetanus-Simultan-Impfung nach Hause entlassen. Voltaren und Musaril wurden mitgegeben. Am 28. Februar 2000 wurde der vorgesehene Verbandwechsel im Krankenhaus S. durchgeführt.
Ebenfalls am 28. Februar 2000 begab sich der Kläger in die Behandlung des Chirurgen Dr. S1, der im Nachschaubericht vom 1. März 2000 ausführte, der Patient habe unter Anamnese mit der Ehefrau bei Verständigungsschwierigkeiten angegeben, dass es zur Entleerung einer gelblichen Flüssigkeit gekommen sei. Weiterhin bestünden Schwindel und Konzentrationsstörungen sowie ein Schwellzustand mit Hautschürfmarke auf der linken Stirnseite. Von Seiten der Wirbelsäule und des linken Handgelenks fänden sich keine gravierenden Unfallfolgen. Eine von Dr. S1 wegen des Verdachts auf Liquorhoe noch am selben Tag veranlasste Kernspintomografie des Kopfs ergab einen regelrechten Befund des Hirnschädels. Es fand sich kein Nachweis von posttraumatischen Läsionen, es fanden sich keine Kontusionsherde und kein Hämatom. Ebenfalls auf Veranlassung von Dr. S1 stellte sich der Verunfallte am 14. März 2000 bei dem Psychiater Dr. K. vor, bei dem er vom Nacken ausgehende Schmerzen, vor allem bei starken Kopfbewegungen, sowie Kopfschmerz klagte. Dieser fand einen diffusen Druckschmerz oberhalb der linken Orbita, die Hirnnervenfunktionen waren intakt, keine Pyramidenbahnzeichen, die Muskeleigenreflexe waren seitengleich auslösbar, die Koordinationsprüfungen regelrecht, Steh- und Gehversuche sicher. Es wurde eine diffuse Kraftminderung der linken Hand angegeben, die aber bei einzelner Prüfung nicht reproduzierbar gewesen sei (der Patient habe später eine Tasche in der linken Hand getragen). Psychisch sei er wegen fehlender Sprachkenntnisse nur eingeschränkt beurteilbar gewesen, aber freundlich, geordnet, ausreichend orientiert, nicht "wesentlich" depressiv verstimmt und ohne Hinweise auf "wesentliche" hirnorganische Einbußen. Ein cerebraler Prozess könne ausgeschlossen werden. Ein am 17. März 2000 durchgeführtes Elektroencephalogramm (EEG) erbrachte einen Normbefund.
Im Nachschaubericht vom 10. April 2000 nach Vorstellung am 5. April 2000 berichtete Dr. S1, dass es unter Analgetika, Schonung und physikomechanischer Auflockerung der Halsmuskulatur zu keiner Änderung der wellenförmigen Kopfschmerzen gekommen sei. Die Ehefrau berichte, dass es zu einer psychischen Reizbarkeit und psychischen Veränderung gekommen sei.
Ebenfalls auf Veranlassung von Dr. S1 stellte sich der Kläger am 13. April 2000 im Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus H. vor, wo er von Dr. H1 und Dr. G1 am 13. April 2000 untersucht wurde. Im Bericht vom 17. April 2000 heißt es:
die Anamneseerhebung ist erheblich erschwert, da der Verunfallte nur wenige Worte Deutsch spricht und seine Frau übersetzen muss. Diese berichtet, dass ihr Mann beim Reinigen eines Zuges aus ca. 2 m von einer Bühne auf den Kopf gestürzt sei. Die Stirn war angeschwollen, ihr Mann war wohl bewusstlos. Er kann sich erst wieder an den Moment erinnern, als der Notarzt ihn in die Beine gekniffen habe. Ihm sei übel gewesen, habe aber nicht erbrochen. Seit dem Unfall habe er vom Nacken bis in die Stirn ausstrahlende Kopfschmerzen in seitengleicher Ausprägung wie ein "Druck- oder Spannungsgefühl", welches "wellenartig" bei körperlicher Bewegung zunehme. Bei Bewegung des Kopfes wird über ein Schwindelgefühl über einige Sekunden bis Minuten berichtet, ein Lift- oder Drehschwindel wird jedoch verneint. An der linken Hand habe er bei Belastung Schmerzen, die Hand "höre" nicht auf ihn. Seit dem Unfall nehme er fünf bis sechs Novalgin-Tabletten täglich. Seine Frau berichtete, sie habe teilweise die Schmerztabletten versteckt, damit er nicht mehr nehme.
Die Ehefrau berichtete ebenfalls, daß sich ihr Mann seit dem Unfall im Wesen verändert habe, er sei sehr reizbar, schon bei Kleinigkeiten "flippt er aus". Ebenfalls habe sein Gedächtnis nachgelassen. Vor dem Unfall konnte er noch etwas mehr Deutsch, wenn er jetzt versuche Deutsch zu sprechen, kann er es jetzt nicht mehr richtig und sei dann ärgerlich. Auch habe er schon seine eigene Telefonnummer vergessen.
Der neurologische Befund war regelrecht, das durchgeführte EEG und die duplexsonographische Untersuchung der extracraniellen hirnversorgenden Gefäße waren im Normbereich. Die Untersucher vertraten die Auffassung, dass der Verletzte zumindest eine commotio cerebri erlitten hatte. Inwieweit die geschilderte erhöhte Reizbarkeit und die Konzentrations- und Gedächtnisstörung als Begleitsymptomatik der Kopfschmerzen aufzufassen sind oder auf ein über eine commotio cerebri hinausgehendes Schädel-Hirn-Trauma mit leichtem hirnorganischen Psychosyndrom hindeuten, könne unter den gegebenen Umständen bei erheblicher Sprachbarriere und ohne Kenntnis der unfallnah erhobenen ärztlichen Befunde nicht festgestellt werden. In dem MRT vom 29. Februar 2000 fänden sich allerdings keine Anhaltspunkte für ein substantielles Schädel-Hirn-Trauma. Auch neurologische Ausfallerscheinungen hätten sich bei der heutigen Vorstellung nicht objektivieren lassen, das Hirnstromkurvenbild sei unauffällig. Abschließend sei eine stationäre Aufnahme in der neurologischen Abteilung des Krankenhauses angeraten worden, die der Kläger jedoch abgelehnt habe. Die Einleitung physiotherapeutischer Maßnahmen werde empfohlen.
Im Nachschaubericht vom 23. Mai 2000 berichtete Dr. S1:
Zwischenzeitlich wurde der Versuch unternommen, eine psychotherapeutische Behandlung einzuleiten. Da jedoch eine erhebliche soziokulturelle Fremdheit mit Verständigungsproblemen besteht, konnte zeitnah kein T. Psychotherapeut gefunden werden. Anhand der Exploration der Ehefrau hat der Patient einen neuen Arbeitsplatz im T. Umfeld gefunden, so daß die AU mit dem 31.05.00 zunächst mit einer MdE von 20% beendet werden konnte.
Auf Anraten von Dr. S1 nahm der Kläger ab 1. Juni 2000 eine Aushilfstätigkeit mit wenigen Wochenstunden im Restaurant "S2" auf, welches von seinem Bruder betrieben wird.
Im Nachschaubericht vom 29. Juni 2000 heißt es:
Unverändert besteht bei dem Patienten nach wie vor eine deutliche Wesensänderung mit erheblichen Einschränkungen der Alltagsbelastbarkeit und chronischem Kopfschmerzsyndrom. Zusätzlich wurde eine Behandlung bei dem T. Psychologen Dr. E. aufgenommen. Befunde liegen uns jedoch nicht vor. Eine Begutachtung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zur Frage der Dauer-MdE halte ich für erforderlich.
In einem Attest vom 10. Juli 2000 für die Krankenkasse, welches an die Beklagte weitergeleitet wurde, führte Dr. S1 aus, bei dem Patienten bestehe der Zustand nach einem Polytrauma. Im weiteren Verlauf sei es zu einer Persönlichkeitsveränderung mit schweren psychosomatischen Störungen gekommen. Aufgrund der geringen Sprachkenntnisse und soziokulturellen Fremdheit sei eine sofizielle [?] Psychotherapie nicht möglich. Es werde ein Heimataufenthalt empfohlen, da hiervon eine Entlastung zu erwarten sei.
Der Psychiater Dr. E. berichtete gegenüber der Beklagten am 19. Juli 2000 telefonisch, der Verletzte habe sich auf Veranlassung von Dr. S1 einmalig bei ihm vorgestellt und sei von ihm beraten sowie aufgeklärt worden. Er habe eine Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades) erlitten. Hierauf seien die Beschwerden (Reizbarkeit und Kopfschmerzen) zurückzuführen. Diese Beschwerden seien normal und dauerten 6 Wochen bis zu einem Jahr an. Sie seien nicht behandlungsbedürftig und bedingten keine Arbeitsunfähigkeit. Problematisch sei aber der regelmäßige Schmerzmittelkonsum.
Im Nachschaubericht vom 5. September 2000 berichtete Dr. S1 über die Untersuchung vom selben Tage:
Entsprechend unserer Stellungnahme vom 23.05.00 und 29.06.00 halte ich an meiner bisherigen Auffassung fest, daß unfallabhängige AU bis 31.05.00 bestand. Zweifelsfrei besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen der neurologischen Abteilung des KH B2 vom 17.04.00 und den Ausführungen des Psychiaters Dr. E ... Es entspricht zwar nicht meinem Fachgebiet, aber aus genauer Kenntnis der Familiensituation, Exploration und Schilderung der Ehefrau und des den Patienten beschäftigenden Bruders besteht seit dem Unfall eine deutliche Wesensänderung. Ich halte insofern eine abschließende Begutachtung auf neuropsychiatrischem Fachgebiet zur Frage der MdE für erforderlich.
Daraufhin ließ die Beklagte den Verletzten durch den Chefarzt der neurologischen Abteilung des Krankenhauses S., Prof. Dr. V., untersuchen. In dem von ihm und dem Assistenzarzt Dr. G2 unter dem 18. Mai 2001 erstellten schriftlichen Gutachten vertreten beide die Auffassung, dass die zum Untersuchungszeitpunkt vorgefundene depressive Symptomatik mit Somatisierungstendenz als posttraumatische Belastungs¬störung anzusehen und sekundäre Unfallfolge sei. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 20 vom Hundert.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. August 2001 die Gewährung einer Rente ab. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 31. Mai 2000 bestanden. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus in rentenberechtigendem Grade gemindert. Als Unfallfolge würden nur die Stauchung der Halswirbelsäule, Prellungen und Stauchungen am linken Handgelenk und im Bereich der Brustwirbelsäule sowie eine Schädelprellung links frontal verbunden mit einer Gehirnerschütterung anerkannt. Diese Unfallfolgen seien spätestens drei Monate nach dem Unfall folgenlos ausgeheilt. Nicht anerkannt als Unfallfolge weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung werde eine depressive Symptomatik. Diese unfallunabhängige Erkrankung sei für die über den 31. Mai 2000 hinaus bestehenden Beschwerden ursächlich.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, er bekomme ständig Spritzen und nehme Tabletten, um die Kopfschmerzen ertragen zu können. Ständig leide er auch noch unter Schlafstörungen, Schmerzen im Nacken bei Kopfbewegungen und Schwindelgefühlen. Gleichwohl habe er mehrfach auch mit Hilfe des Arbeitsamts versucht, in den Arbeitsprozess zurückzukommen und hierzu verschiedene Arbeitsversuche gemacht. Diese habe er immer wieder abbrechen müssen. Es sei durchaus denkbar, dass relativ zeitnah zum Unfallgeschehen die depressive Verstimmtheit noch nicht so deutlich zutage getreten sei, wie zum Zeitpunkt der Untersuchung bei Prof. Dr. V., da er zunehmend unter dem täglich auftretenden Kopfschmerz gelitten habe.
Daraufhin holte die Beklagte weitere Befundberichte ein. Die Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie Dr. L., C.B. und K. berichteten unter dem 11. April 2002, der Versicherte habe sich erstmals am 14. März 2000, des Weiteren am 17. März und 5. April 2000 und dann erneut am 7. Februar 2002 sowie am 12. Februar 2002 vorgestellt. Neurologisch seien jeweils keine pathologischen Befunde zu erheben gewesen. Die psychische Beurteilung sei wegen fehlender Sprachkenntnisse nur eingeschränkt möglich. Soweit beurteilbar sei er freundlich, geordnet, ausreichend orientiert, nicht wesentlich depressiv verstimmt. Wie auch durch Dr. V. werde das Vorliegen einer Somatisierungstendenz im Zusammenhang mit fehlerhafter Verarbeitung des Unfallereignisses mit einer dysphorischen Symptomatik sowie einer vermehrten Darstellungstendenz möglicherweise mit dem Ziel der Erlangung eines sekundären Krankheitsgewinns angenommen. Wegen der mangelhaften Deutschkenntnisse werde eine konfliktzentrierte Gesprächstherapie nur durch einen T. Arzt oder Psychologen für möglich gehalten. In gleicher Weise äußerten sich die Behandler unter dem 17. Juni 2002. Ergänzend heißt es in diesem Bericht, der Versicherte habe erneut über zwei bis dreimal wöchentlich auftretende starke Kopfschmerzen berichtet. Er benötige dann 60 Tropfen Novamin pro Tag. Die Kopfschmerzen würden im Hinterkopf beginnen und wie Wellen in den Kopf gehen. Die Stimmung sei wechselhaft. Er besuche eine Sprachenschule, aus der er häufiger wegen Kopfschmerzen nach Hause geschickt werden müsse. Hinsichtlich anderer Gutachter, die einen Unfallzusammenhang seiner Beschwerden bestritten hätten, reagiere er äußerst gereizt. Vor dem Unfall sei es ihm gut gegangen. Erst nach dem Unfall habe er die Beschwerden. Abschließend heißt es: Der Patient sei jetzt bewusstseinsklar und voll orientiert, zeige verhaltene Zuwendung. Der Gedankengang sei erneut geordnet erschienen sowie frei von pathologischen Denkinhalten. Es habe der Eindruck einer Beschwerdefixiertheit bestanden, wobei mögliche zugrundeliegende Konversionsmechanismen offensichtlich bewusstseinsfern angesiedelt seien. Es scheine eine Verselbständigung der Schmerzsymptomatik im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Verarbeitung des Unfallereignisses vorzuliegen. Die psychologische Psychotherapeutin U.M. gab im Befundbericht vom 21. Oktober 2002 mit Blick auf die am 17. Juni 2002 begonnene Behandlung an, aus ihrer Sicht sei die beschriebene Symptomatik ausreichend, um die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung zu stellen, deren Auslöser das Unfallereignis vom Februar 2000 darstelle. Zwar hätten in dem durchgeführten strukturierten Interview zur Abklärung der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Markgraf u.a. von den 17 für das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung diagnoserelevanten Symptomen einige nicht klar festgestellt werden können. So habe der Kläger nicht von wiederkehrenden und eindringlichen Erinnerungen an den Unfall, die sich unwillkürlich aufdrängen, nicht von plötzlichem Handeln, als ob das Ereignis wiederkehre, nicht von dem Eindruck einer eingeschränkten Zukunft, nicht von übermäßigen Schreckreaktionen und nicht von physiologischen Reaktionen bei Erinnerung an das Trauma gesprochen. Insbesondere habe nicht geklärt werden können, ob der Versicherte unter sich aufdrängenden Bildern des Ereignisses gelitten habe. Jedoch weise der Proband in den drei Hauptsymptomgruppen, die für die Diagnose ausschlaggebend seien, Symptome auf. Dies sei ausreichend, um die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung zu stellen.
Die Beklagte beauftragte den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L1 mit der ambulanten Untersuchung und schriftlichen Begutachtung des Klägers. Dieser führte in dem zusammen mit der Assistenzärztin Dr. S3 am 3. Februar 2003 erstellten schriftlichen Gutachten aus, der Verletzte berichte, dass er seit dem Unfall unter starken Kopfschmerzen leide. Er habe das Gefühl von Wellen in seinem Kopf, so als ob sich sein Gehirn mit nach vorn oder hinten bewege. Wegen dieser starken Kopfschmerzen könne er nachts nur sehr schlecht schlafen. Das Einschlafen falle ihm schwer und er wache nachts häufiger auf. Im Untersuchungsgespräch habe der Verletzte sehr angespannt und misstrauisch gewirkt. Er berichte, dass er unter starker Unruhe leide. Diese bestehe seit ungefähr einem halben bis einem Jahr. Auch deswegen könne er schlecht schlafen. Weiter berichte er, dass er seit dem Unfall unter Albträumen leide. Er träume davon, dass sein Sohn von etwas herunter falle oder von einem Zug überfahren werde. In den Träumen versuche er, seinem Sohn zu helfen, könne diesen jedoch nicht retten. Durch diese Albträume wache er auf und könne nicht wieder einschlafen. Auch tagsüber leide er unter Ängsten, dass sein Sohn von etwas herunterfallen könnte. Während dieser Schilderung wirke der Untersuchte unruhig und nachdenklich. Er beschreibe ferner, dass er in der letzten Zeit unter heftigen Wutattacken leide. Ohne richtigen Anlass gerate er mit seiner Frau in die Haare oder schmeiße Gegenstände an die Wand. Aus dieser Situation wolle er entfliehen, da er wisse, dass er wieder einen Ausbruch bekommen werde. Er habe Angst, seine Frau zu verlieren. Auch mit fremden Leuten auf der Straße gerate er schnell aneinander. Die Ehefrau berichte, dass ihr Ehemann sich in den letzten Jahren zunehmend verändert habe. Er leide immer häufiger unter Wutausbrüchen und rege sich ohne richtigen Anlass heftigst auf. Sie und die Familie ließen ihn kaum alleine rausgehen, da er auch mit fremden Leuten in heftige Auseinandersetzungen gerate. Sie habe den Eindruck, dass er unter den wellenartigen Kopfschmerzen stark leide. Nachts könne er kaum schlafen. Sie habe versucht, sich von ihm zu trennen, sei aber dann wieder zu ihm zurückgekehrt. Im psychischen Befund fanden die Untersucher den Verletzten bewusstseinsklar und ohne Zeichen einer akuten oder chronischen Intoxikation. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei dahingehend eingeschränkt, dass er wenig Freude und Glück empfinden könne. Er wirke im Antrieb leicht gesteigert und psychomotorisch unruhig. Der formale Gedankengang sei ungestört. Es bestehe bei der ersten Untersuchung der Verdacht auf paranoide Gedankeninhalte. Eigenanamnestisch bestünden leichte Konzentrationsstörungen. Zusammenfassend zeigten die beklagten Beschwerden eine abnorme Erlebnisreaktion mit Fehlverarbeitung des Unfalls. Bei solch einer abnormen Erlebnisreaktion würden Erlebnisse insoweit fehlerhaft verarbeitet, als dass ihnen eine unangemessene Bedeutung gegeben werde. Dies sei hier insoweit der Fall, als der Verletzte der Überzeugung sei, dass der Unfall seine derzeitigen Beschwerden allein verursacht habe. Er glaube, dass seine Kopfschmerzen, Schlafstörungen, die Reizbarkeit und die Wutanfälle allein durch den Unfall verursacht seien, ohne dass es hierfür einen medizinisch begründeten Zusammenhang gebe. Die beklagten Albträume und Ängste stünden zwar inhaltlich im Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Sie seien jedoch nicht so stark, dass sie zu einer Beeinträchtigung der Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit führten. Auch das Gefühl der ungerechten Kündigung werde unbewusst auf den Unfall übertragen mit der Hoffnung auf Wiedergutmachung. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege keine durch den Unfall verursachte Erkrankung vor, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit begründe. Diese Einschätzung stehe im Einklang mit mehreren Vorbefunden. So habe Dr. L2 im Befundbericht vom 17. Juni 2002 von einer Verselbstständigung der Schmerzsymptomatik im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Verarbeitung des Unfallereignisses gesprochen. Auch der Psychiater Dr. E. halte die Beschwerden nicht für behandlungsbedürftig und gehe von Arbeitsfähigkeit aus. Der Einschätzung der Psychologin Frau M3 und derjenigen des Professor Dr. V., dass bei dem Verletzten eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege, könne nicht zugestimmt werden. Es fehle an charakteristischen Merkmalen. Frau M3, die auf Grund der Albträume, der Reizbarkeit, der Wutanfälle und der Schlafstörung eine posttraumatische Belastungsstörung annehme, verkenne dabei, dass ein wesentliches diagnostisches Kriterium für diese Erkrankung ein Trauma sei, welches eine außergewöhnliche Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß darstelle. In der Regel handele es sich hierbei um Opfer von Vergewaltigungen, Kampfhandlungen, Terrorismus oder schwersten Unfällen. Der Verletzte berichte zwar über Albträume, zeige dabei aber keine vegetativen Symptome in Form von übermäßiger Schreckhaftigkeit oder Übererregbarkeit. Es fehle auch ein andauerndes Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit, die zu Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit gegenüber anderen Menschen führten. Der Verletzte sei vielmehr verzweifelt über die zunehmenden Schwierigkeiten und zudem bemüht, durch die Teilnahme an einem Deutschkurs und Anfragen ans Arbeitsamt eine berufliche Tätigkeit zu finden. Reizbarkeit und Ausbrüche seien hier so unspezifisch, dass sie nicht als ein wesentliches diagnostisches Kriterium herangezogen werden sollten. Soweit Professor Dr. V. einen depressiven Zustand mit Somatisierungstendenz diagnostiziere und diesen als posttraumatische Belastungsstörung einordne, könne dem ebenfalls nicht zugestimmt werden. Denn der Verletzte leide gegenwärtig nicht unter einer depressiven Symptomatik. Zusammenfassend zeige der Kläger mit den Albträumen, der Schlaflosigkeit und der Reizbarkeit wenige Symptome, die auch bei einer posttraumatischen Belastungsstörung aufgeführt werden. Hierbei handele es sich aber nicht um die für die Diagnose wesentlichen Kriterien. Zusätzlich seien die Beschwerden relativ gering ausgeprägt. Es liege daher auf psychiatrischem Fachgebiet keine unfallbedingte Erkrankung vor, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit begründe. Nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Verletzte unter einer Psychose leide. Dies müsse weiter untersucht werden. Insoweit könne aber der Unfall als Ursache mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei Überprüfung des Ausgangsbescheides habe sich herausgestellt, dass die Verwaltung zu Recht dem Gutachten des Professor Dr. V. nicht gefolgt sei, denn in diesem Gutachten werde nur unzureichend zwischen den Angaben des Verletzten und den in der Verwaltungsakte enthaltenen Berichten sowie den zum Untersuchungszeitpunkt selbst erhobenen Befunden unterschieden. Auch seien die feststehenden Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Würdigung des Unfallereignisses nicht erfüllt. Es fehle insbesondere an dem zwingend erforderlichen Traumakriterium eines extremen, d. h. lebensbedrohlichen Belastungs¬faktors, auf den der Verletzte unmittelbar mit intensiver Furcht, Hilflosigkeit und Entsetzen hätte reagieren müssen. Nach den in der Verwaltungsakte enthaltenen Behandlungs¬berichten der Psychiater K. und Dr. E. hätten psychiatrische Auffälligkeiten nicht vorgelegen, so dass Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet nicht objektivierbar gewesen seien. Die im Vorverfahren veranlasste neuerliche gutachterliche Untersuchung durch Dr. L1 und Dr. S3 habe ebenfalls ergeben, dass eine unfallbedingte krankhafte Veränderung auf psychiatrischem Fachgebiet nicht vorliege. Eine posttraumatische Belastungsstörung bestehe insbesondere deshalb nicht, weil bereits die Eingangsvoraussetzungen des Traumakriteriums nicht erfüllt seien. Bei der gutachterlichen Untersuchung sei vielmehr der Eindruck entstanden, dass der Kläger an einer unfallunabhängigen Psychose mit einem paranoiden Erleben leide, welcher die wesentliche Bedeutung für die beschriebene Beschwerdesymptomatik zukomme.
Daraufhin hat der Verletzte fristgerecht Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, er leide seit dem Unfall bis heute unter anhaltenden Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Schlaflosigkeit und zunehmender psychischer Reizbarkeit, insbesondere bei Auftreten der wellenförmig verlaufenden Kopfschmerzen. Dieser Zustand dauere an und habe sich bis heute trotz ständiger medizinischer und psychologischer sowie psychotherapeutischer Behandlung nicht geändert. Die Entscheidung der Beklagten leide an einer unzureichenden Ermittlung des medizinischen Sachverhalts. Zur Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung sei von besonderer Bedeutung, dass der Gutachter die Feinheiten der Sprache erkenne und zutreffend umsetze. Dies sei bei der Erstellung des Gutachtens von Dr. L1 nicht der Fall gewesen. Demgegenüber könne seine – des Klägers – Ehefrau die Wesensveränderung nach dem Unfallgeschehen bezeugen. Er sei vor dem Unfall ein ganz anderer Mensch gewesen. Die Ausführungen im Gutachten des Professor Dr. V. und diejenigen in der Stellungnahme der Diplom-Psychologin M3 reichten aus, um eine Kausalität zwischen Unfallgeschehen und der immer noch bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit um mehr als 20 vom Hundert festzustellen. Seit der Begutachtung durch Professor Dr. V. habe sich sein Zustand nicht gebessert, sondern verschlechtert.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. eingeholt, die den Kläger im Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 7. August 2003 behandelt hatte. Dr. W. hat unter dem 26. November 2003 von einem wachen, orientierten Mann ohne paranoide Erlebnisinhalte berichtet. Es hätten sich keine formalen Denkstörungen gefunden, aber eine ausgeprägte depressive Stimmungslage bei psychomotorischer Unruhe. Als Diagnose hat sie eine Belastungsreaktion mit emotionaler Störung in multifaktorieller beruflicher und familiärer Belastungssituation (ICD F 43.0) angegeben. In einem ergänzenden Bericht vom 11. Dezember 2003 ist angegeben worden, der Kläger arbeite seit dem 1. Oktober 2003 als ungelernter Arbeiter in einer Bäckerei. Dort gebe es eine automatische Brötchen-Schneidemaschine, welche Geräusche mache, die an vorbeifahrende Züge erinnere. Aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung sei es in dieser Arbeitssituation zu einer Reaktivierung der erlebten Unfallsituation im Bundesbahnreinigungsbereich gekommen. Der Kläger habe plötzlich Übelkeit, Schwindel und Todesängste erlebt. Von den Kollegen sei er als plötzlich krankhaft verändert mit plötzlicher Gesichtsblässe und Ängstlichkeit wahrgenommen worden. Die Kollegen hätten Angst gehabt, dass ein akuter Herzinfarkt vorliegen könne. Diese psychovegetative Reaktion müsse als "flash-back-Erleben" bei einer posttraumatischen Belastungsstörung, ausgelöst durch das emotionale Erleben bei dem Arbeitsunfall, interpretiert werden. Als ergänzende Diagnose ist nunmehr angegeben worden: Posttraumatische Belastungsstörung (ICD 10 F 43.0).
In einem Befundbericht von Dr. S1 vom 17. Dezember 2003 heißt es, auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet fänden sich keine fortwirkenden Unfallfolgen mehr. Im Vordergrund stünden jedoch die neuropsychiatrischen Befunde, vor allem eine Wesensänderung. Diese habe vorübergehend dazu geführt, dass sich die Ehefrau von dem Kläger getrennt habe und Arbeitsversuche jeweils abgebrochen worden seien. Seit drei Monaten habe der Patient jetzt wieder Arbeit in einer Bäckerei. Hier komme es allerdings zu Angstzuständen, wenn er die Brotschneidemaschine bedienen soll, so dass hierdurch wiederum der Arbeitsplatz gefährdet sei.
Die Diplom-Psychologin M3 hat unter dem 23. Dezember 2003 berichtet, dass der Kläger sich seit Dezember 2002 in ihrer fortlaufenden verhaltenstherapeutischen Behandlung in T. Sprache befinde. Der Verletzte leide an einer Anpassungsstörung und weise Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung auf, ohne jedoch das Vollbild dieser Störung zu zeigen. Der Beginn der Störung liege nach einem Arbeitsunfall während der Tätigkeit als Bahnreiniger (Sturz auf die Gleise). Die Störung manifestierte sich auf der Ebene der Kognition (meine Zukunft mit meinen Beschwerden ist ungewiss, mein Leben entgleitet meiner Kontrolle, wie soll ich es schaffen, meinen Sohn zu schützen, wieso nehmen mich die Menschen nicht ernst, es ist so ungerecht was mir widerfährt), auf der Ebene des Sozialverhaltens und der Motorik (Rückzug von sozialen Kontakten, aggressive Verhaltensweisen gegenüber tatsächlicher oder vermeintlicher Diskriminierung oder gegenüber Angriffen, starke motorische Unruhe), auf der emotionalen Ebene (Niedergeschlagenheit, Gefühl von Verunsicherung, Sinn- und Hoffnungslosigkeit, Entfremdungsgefühle, suizidale Gedanken, Aggressivität gegen Ungerechtigkeit), auf der physiologischen Ebene (Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, chronisch erhöhtes Erregungsniveau, eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit, Reizbarkeit), durch Verhaltensexzesse (Grübeleien über vergangenes Geschehen und zwanghafte Suche nach einer ausgleichenden Gerechtigkeit) und durch Verhaltensdefizite (Ausdauer und Durchhaltevermögen bei der Verfolgung positiver Ziele). Auslöser hierfür sei äußerlich der Arbeitsunfall gewesen. Die innere Auslösesituation sei dadurch gekennzeichnet, dass der Verletzte in der Unfallsituation um sein Leben und gleichzeitig um das Leben seines neugeborenen Sohnes, den er dann vaterlos hätte zurücklassen müssen, gefürchtet habe. Die Erschütterung habe ihn in einer Lebenssituation getroffen, in der er sich nach langer Suche und Orientierung erstmals beruflich erfolgreich gefühlt und gleichzeitig durch die Vaterrolle erstmalig eine größere finanzielle Verantwortung für die Familie getragen habe als seine Frau. Der Verlust des Arbeitsplatzes, an dem er sich kompetent und bestätigt gefühlt habe, und die Leistungseinschränkung, vor allem durch die anhaltende Schlaflosigkeit und häufige Kopfschmerzen, seien auf eine Person getroffen, die zumindest im beruflichen Bereich wenig Selbsteffizienzerfahrungen habe machen können und die sich durch mangelnde Autonomie bislang die Unterstützung durch die Familie habe sichern können. Die innere negative Erwartung bezüglich Selbsteffizienz und Autonomie seien wichtige aufrechterhaltende Faktoren der Symptomatik. Als Diagnosen wurden Anpassungsstörung (ICD 10 F 43.2) und posttraumatische Belastungsstörung nach einem Unfallereignis (ICD 10 F 43.1) bei dependenten und selbstunsicheren Persönlichkeitszügen genannt.
Das Sozialgericht hat den Kläger durch den Arzt der ersten Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums N., Dr. G3, am 2. März 2004 ambulant untersuchen und alsdann schriftlich begutachten lassen. Gegenüber Dr. G3 hat der Kläger angegeben, seit dem Arbeitsunfall unter ständigen starken, wellenartigen Kopfschmerzen zu leiden. Er habe das Gefühl, als ob Wasser in seinem Kopf hin und her schwappen würde. Dieses Gefühl sei unerträglich. Auch könne er seit dem Unfall nicht mehr gut einschlafen, auch nicht durchschlafen. Nachts habe er schlimme Albträume. Er träume, dass er von einer gigantischen Höhe falle oder dass sein Sohn sich in Gefahr befinde. Er sei leicht reizbar und werde leicht aggressiv, könne seine starken Impulse teilweise nicht kontrollieren. Er sei innerlich unruhig und empfinde seit Jahren keine Freude mehr. Auch sei er vergesslich. Er leide unter massiven Konzentrationsstörungen. Die Arbeit in einer Bäckerei habe er vor zwei Tagen aufgeben müssen, weil er unter starken Panikattacken bei der Bedienung einer Brötchenschneidemaschine gelitten habe, deren Geräusche an vorbeifahrende Züge erinnerte. Er leide auch sehr stark darunter, sich trotz einer seit Jahren durchgeführten psychotherapeutischen Behandlung in seiner Muttersprache nicht besser zu fühlen. Er sei deswegen verzweifelt. Er schäme sich, dass er nicht so schnell wie möglich gesund werden könne, und weil in seiner Familie immer wieder darüber geredet werde, dass er vielleicht verrückt geworden sei. Ohne die Hilfe seiner Ehefrau könne er nicht mehr existieren. Er habe kaum Zukunftsperspektiven. Dr. G3 hat ausgeführt, der Patient sei im psychopathologischen Befund am 2. März 2004 wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert gewesen. Auffassungsfähigkeit sowie das Lang- und Kurzzeitgedächtnis seien ungestört gewesen. Der Kontakt zu dem Untersuchten sei leicht herzustellen gewesen. Er sei freundlich zugewandt gewesen, habe dabei etwas ängstlich, psychomotorisch unruhig und angespannt gewirkt. Konzentration und Ausdauer seien im Rahmen der vermehrt nach innen gerichteten Selbstwahrnehmung bei depressiver Kognition beeinträchtigt gewesen, die Grundstimmung deutlich depressiv gedrückt. Der Untersuchte habe affektiv rat- und hilflos, verzweifelt und zum Teil weinerlich gewirkt. In der Grundpersönlichkeit hätten sich vorwiegend narzisstisch-histrionische Züge gezeigt. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei erhalten, der Antrieb gemindert gewesen. Es hätten sich keine formalen Denkstörungen gefunden. Inhaltlich habe eine Fixierung auf das Krankheitserlebnis bestanden bzw. es seien ein vermindertes Selbstwertgefühl und Schuldgefühle deutlich geworden. Hinweise auf ein psychiatrisches Erleben bzw. inhaltliche Denkstörungen hätten sich nicht gefunden. Ebenso wenig solche auf Wahrnehmungsstörungen und Störungen des Ich-Erlebens. Es hätten vegetative Störungen im Sinne von Schlafstörungen, sexuellen Störungen, Tagesschwankungen und Schmerzzuständen bestanden. Latente Suizidalität müsse angenommen werden, akute Suizidalität sei glaubhaft verneint worden. Dr. G3 hat den Kläger dahingehend beurteilt, dass er ihn für schwerwiegend psychiatrisch erkrankt hielt. Es handele sich bei dem Krankheitsbild unter Berücksichtigung der gesamtanamnestischen Daten und des erhobenen psychopathologischen Befundes bei fehlendem Hinweis auf exogene Noxen und organische Faktoren um eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (ICD 10 F 32.11), die sich nach dem Arbeitsunfall am 25. Februar 2000 auf dem Boden einer posttraumatischen Belastungsstörung entwickelt habe. Diese Erkrankung habe in den folgenden Jahren einen chronischen Verlauf genommen, da sie aus psychiatrischer Sicht nicht ausreichend behandelt worden sei. Es fehle an einer entsprechenden psychopharmakologischen Behandlung. Die verhaltenstherapeutische Behandlung in T. Sprache sei zwar sehr effektiv, aber ohne eine medikamentöse Begleitbehandlung nicht ausreichend, um eine deutliche Stabilisierung des Krankheitsbildes zu erreichen. So habe nur eine Verschlimmerung des Krankheitsbildes verhindert werden können. Alleinige Ursache für diese Erkrankung sei der Arbeitsunfall vom 25. Februar 2000. Die MdE sei ab 1. Juni 2000 mit 40 vom 100 einzuschätzen.
Die Beklagte ist dem Gutachten entgegengetreten und hat bestritten, dass das Unfallereignis geeignet gewesen sei, eine posttraumatische Belastungsstörung hervorzurufen, da es sich nicht um eine Situation außergewöhnlicher Belastung oder katastrophenartigen Ausmaßes, die bei fast jedem tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, gehandelt habe. Der Kläger sei zwar sicher psychiatrisch erkrankt, ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen sei jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich. Insoweit bestehe lediglich ein zeitlicher, nicht jedoch ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den nachfolgend aufgetretenen Symptomen. Die Beklagte hat Bezug genommen auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L1 vom 7. Dezember 2005, in welcher dieser ausgeführt hat, dass das Trauma nicht dazu geeignet gewesen sei, eine schwere und anhaltende psychische Erkrankung hervorzurufen. Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung sei die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Ein solches habe hier nicht vorgelegen. Dazu gehöre etwa das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun habe oder die Beobachtung eines entsprechenden Ereignisses. Genannt würden insoweit kriegerische Auseinandersetzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, nach eigener Erfahrung insbesondere aber auch durch Menschen verursachte Katastrophen oder schwere Autounfälle. Eine mit diesen Ausgangsbedingungen vergleichbare Ausgangssituation habe bei dem Unfallgeschehen eindeutig nicht vorgelegen. Auch die nachfolgenden Symptome entsprächen nicht der charakteristischen Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 10. April 2006 hat Dr. L1 ausgeführt, dass das Ergebnis der Unfalluntersuchung durch den Präventionsdienst ergebe, dass die äußeren Umstände die Aussage erlaubten, dass es höchst unwahrscheinlich sei, wenn es unter diesen Umständen medizinisch zu einer posttraumatischen Belastungsstörung gekommen sei. Es seien ihm bisher keine Umstände bekannt, wonach der Kläger zu diesem Zeitpunkt einer besonderen Gefährdung mit dem direkten persönlichen Erleben einer Situation mit einer erheblichen Bedrohung seiner körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt gewesen wäre. Allein die subjektive Vorstellung einer solchen Möglichkeit ohne weitere objektiv bedrohliche Umstände (etwa ein vorbeifahrender Zug) seien nicht dazu geeignet, ursächlich zur Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung beizutragen. Eine objektive Gefährdung sei tatsächlich nicht erkennbar, wenn von den hier bekannten Umständen des Unfallhergangs ausgegangen werde. Allein einem Sturz komme diese Bedeutung nicht zu. Auch sei am Unfallort eine außergewöhnliche psychoreaktive Symptomatik nicht aufgetreten.
Der Kläger hat auf die Ausführungen der Beklagten und des Dr. L1 repliziert und ausgeführt, die Darstellung der Beklagten zum Unfallgeschehen sei falsch. Der Unfall sei nicht nach abgeschlossenen Reinigungsarbeiten an einem Zug und nicht bei Aufräumarbeiten zu einem Zeitpunkt geschehen, als kein Zug mehr im Gleis gewesen sei. Er sei auch nicht beim Zusammenlegen eines Schlauches auf das Waschgleis gestürzt. Der Unfall habe sich nicht, wie die Beklagte glauben machen wolle, am Feierabend, sondern morgens zwischen 10.00 und 11.30 Uhr ereignet. Auf dem Gleis habe auch Zugverkehr geherrscht. Der Unfall sei nämlich bei Vorbereitungsarbeiten für einen ab 12:00 Uhr im Waschgleis erwarteten, stark verschmutzten Zug geschehen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Waschturm, von welchem aus der Zugverkehr habe kontrolliert werden können, nicht besetzt gewesen. Nach dem Sturz habe der Kläger seinen Oberkörper noch einmal etwas aufgerichtet und einen fahrenden Zug gesehen und das Geräusch eines fahrenden Zuges vernommen und habe in T. Sprache etwas Ähnliches gesagt wie "O mein Gott!" oder "Mama, Mama" und sei dann wieder zurück auf Gleis gefallen Dies könne zeugenschaftlich belegt werden. Danach seien aber die Umstände zum Unfallzeitpunkt auch objektiv als gefährlich einzustufen gewesen und seien nicht, wie Dr. L1 glauben machen wolle, der Einbildung und Fantasie des Klägers zuzuordnen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Arbeitskollegen des Klägers, Z.A., welcher zusammen mit dem Kläger am Unfalltage auf der Waschbühne tätig war. Er hat bekundet, dass sie mit Vorbereitungshandlungen beschäftigt gewesen seien, als er ein Geräusch gehört und dann den Kläger auf den Gleisen zwischen den beiden Rampen liegen gesehen habe, und zwar mit dem Kopf auf einer der Schienen. Er sei dann hinunter in die Gleisanlage gestiegen und habe den Kopf des Klägers angehoben. Er sei noch bei Bewusstsein gewesen, habe aber die Augen verdreht und es sei ihm etwas Weißes, Wässriges aus der Nase gelaufen. Nach seiner Erinnerung habe der Kläger dann gesagt: "Mutter, Mutter, der Zug". Dann sei er ohnmächtig geworden. Jetzt habe er selbst auch einen Zug in einer Entfernung von 100-150 m gesehen, sei in Panik geraten, habe den Kopf des Klägers wieder abgelegt und um Hilfe gerufen. Dann seien zwei Personen aus derselben Richtung gekommen, aus der er den Zug habe kommen sehen. Der eine sei der Leiter der Reinigung gewesen. Die andere Person sei diejenige gewesen, die in dem so genannten Waschturm die Einfahrt der Züge in das Waschgleis geregelt habe. Diese hätten sich den Kläger dann kurz angesehen, ihn aber nicht angerührt, sondern den Notarztwagen gerufen. Er selbst sei noch zugegen gewesen, als der Notarztwagen gekommen sei. Von denen sei der Kläger dann aufgenommen worden.
Das Sozialgericht hat weiter Beweis erhoben durch Vernehmung des Bahnbediensteten M2, Technischer Aufsichtsbeamter bei der B1. Dieser hat Angaben zur Steuerung der Züge im Bereich der Waschstraße gemacht.
Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Juli 2007 Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 4. Juli 2007 abgewiesen. Zur Begründung heißt es, die bei dem Kläger nach dem Unfall sich entwickelnde depressive Symptomatik, begleitet von den vorgetragenen anhaltenden Kopfschmerzen, sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen. Die Zeugen hätten in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen den von den Sachverständigen Dr. L1 und Dr. S3 in ihrem Gutachten vom 3. Februar 2003 und in den ergänzenden Stellungnahmen vom 7. Dezember 2006 und 10. April 2006 zu Grunde gelegten Sachverhalt bestätigt. Danach sei das Unfallereignis nicht geeignet gewesen, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine posttraumatische Belastungsstörung zu verursachen. Auch aus den Angaben des Zeugen A. habe sich keine unmittelbar bedrohliche Situation ergeben. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass jener selbst in Panik geraten sein wolle, zumal sich dieses in seinen Handlungen nicht widergespiegelt habe. Bei Zugrundelegung des so festgestellten Geschehens seien die Gutachter Dr. L1 und Dr. S3 zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass das Trauma nicht geeignet gewesen sei, eine schwere oder anhaltende psychische Erkrankung hervorzurufen. Der Kläger habe keine Situation erlebt, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hatte oder habe ein entsprechendes Ereignis beobachtet. Auch seien bei der Untersuchung durch Dr. L1 und Dr. S3 keine Symptome einer psychischen Traumatisierung oder einer nachhaltigen, durch den Unfall ausgelösten akuten Belastungsstörung mit daraus ableitbarer Anpassungsstörung gefunden worden. Eine außergewöhnliche psychoreaktive Symptomatik am Unfallort sei ebenfalls nicht dokumentiert worden. Den Ausführungen des Dr. G3 könne nicht gefolgt werden, weil dieser unzutreffend von einem "schwersten Unfall" ausgehe. Diese Annahme entspreche aber weder dem tatsächlichen Geschehen noch den Anforderungen der diagnostischen Leitlinien der ICD-10. Auf die Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen. Sie ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10. Oktober 2007 zugestellt worden.
Der Kläger hat am 12. November 2007, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Ergänzend trägt er vor, es bleibe festzuhalten, dass sämtliche Ärzte und die Psychologin, die ihn ohne Sprachbarriere untersucht hätten, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung ohne Zweifel gestellt hätten. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Unfallereignis auch objektiv als schwer zu bezeichnen gewesen sei. Er habe nicht gewusst, ob und wann genau der nächste Zug dieses Gleis befahren würde.
Die Beklagte ist dem Berufungsvorbringen entgegengetreten. Es sei zwar nachvollziehbar, dass der Kläger bei dem Unfall einen Schrecken erlitten habe. Die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung entbehre indessen jeglicher Grundlage, da es sich nicht um eine Situation außergewöhnlicher Belastung oder katastrophenartigen Ausmaßes gehandelt habe. Insoweit ergäben sich aus der Berufungsbegründung keine neuen Gesichtspunkte.
Das Berufungsgericht hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M1 beauftragt, den Kläger zu untersuchen und schriftlich zu begutachten. Er gelangt zu dem Ergebnis, dass in Übereinstimmung mit der Beurteilung durch Dr. G3 und die Psychologin M3 von einer Anpassungsstörung mit depressiven und subdepressiven Episoden (ICD-10 F 43.2) und von einer posttraumatischen Belastungsstörung nach einem Unfallereignis (die ICD-10 F 43.1) bei selbstunsicherer, narzisstischer, emotional labiler Persönlichkeit (ICD-10 F 41.1) auszugehen sei. Außerdem bestehe eine Angststörung mit Generalisierungstendenz (ICD-10 F 41.1), ausgelöst durch die posttraumatische Belastungsstörung. Hinsichtlich der Schwere des Unfallereignisses sei darauf hinzuweisen, dass die Schwere des erlebten Traumas bezogen werden müsse auf die Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen. In der Tat handele es sich bei dem Kläger um einen eher asthenischen, sensiblen, weichen, wenig robusten Menschen mit einer starken narzisstischen Kränkungsbereitschaft, der sehr viel sensibler und extremer auf eine Gefahrensituation reagiere, als vielleicht robuste Personen mit einem anderen Persönlichkeitsprofil. Eine Verdeutlichungstendenz sei auch überhaupt nicht zu beobachten gewesen. Ganz im Gegenteil sei der Betroffene psychisch krank und bedürfe der stützenden Therapie einer nicht unbeträchtlichen psychopharmakologischen Medikamentenauswahl. Es spreche auch nicht gegen die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung, dass bei dem Probanden wiederkehrende und eindringliche Erinnerungen an den Unfall, die sich unwillkürlich aufdrängten, in der testpsychologischen Untersuchung nicht hätten gesichert werden können. Dafür lägen andere Merkmale in typischer und eindeutiger Form auch objektivierbar vor. Bei der eigenen Untersuchung hätten allerdings auch physiologische Reaktionen, wie Herzrasen, erhöhte Schwitzneigung und starke muskuläre Anspannung bei Erinnerung an das Trauma beobachtet werden können, und zwar in der Art, wie eine Plastikflasche geknebelt und gedreht worden sei. Auch die Tatsache, dass zusätzlich eine Anpassungsstörung zu diagnostizierten sei, spreche nicht gegen eine posttraumatische Belastungsstörung, sondern weise eher auf eine persönlichkeitsbezogene Anlagebereitschaft zu derartigen Reaktionen hin. Die MdE aufgrund der Unfallfolgen werde im psychiatrischen Fachbereich mit 40 vom 100 ab 1. Juni 2000 angenommen.
Die Beklagte ist dem Gutachten des Dr. M1 entgegengetreten. Dieser gehe wie Dr. G3 unzutreffend von einer mittelschweren bis schweren Traumatisierung aus, da er lediglich die dramatisierte Vorfallschilderung des Versicherten seiner gutachtlichen Beurteilung zu Grunde lege. Ein Ereignis, welches einem so genannten A-Kriterium entspreche, nämlich ein Ereignis, das von außergewöhnlicher Bedrohung und katastrophenartigem Ausmaß gewesen sei, habe nicht vorgelegen. Unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen sei die Kammer des Sozialgerichts zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass das Unfallereignis – soweit objektivierbar – nicht als schwer beurteilt werden könne und daher nicht geeignet gewesen sei, eine anhaltende schwere psychische Erkrankung hervorzurufen. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass nach den Ermittlungen zu den Betriebsabläufen am Unfalltag objektiv keine besondere Gefahr für den Kläger bestanden habe. Damit sei das erforderliche Stressorkriterium weder nach dem ICD-10 noch nach dem DSM-IV gegeben. Allein die (spätere) subjektive Vorstellung des Klägers einer möglichen Gefährdung sei nicht maßgeblich und auch nach fachärztlichen, diagnostischen Kriterien nicht geeignet, ursächlich zu einer psychischen Traumatisierung im Sinne eines Arbeitsunfalles beizutragen. Auch sei keine außergewöhnliche psychoreaktive Symptomatik am Unfallort dokumentiert worden. Der Verletzte habe auch selbst angegeben, sich an den Sturz aufgrund einer kurzen Amnesie nicht erinnern zu können und auch nicht daran, ob er auf die Gleise gefallen sei. Der Krankheitsverlauf sei ebenfalls untypisch für eine posttraumatische Belastungsstörung. Insoweit gelte nach den einschlägigen Diagnosemanualen, dass die Symptome regelmäßig innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten nach dem belastenden Ereignis beginnen und selten länger als sechs Monate anhalten. Unfallbedingte psychische Störungen seien direkt nach dem Unfall am stärksten ausgeprägt und bildeten sich anschließend zurück. Bildeten sich die Symptome aber nicht zurück und nähmen diese trotz professioneller Therapien nicht ab oder sogar zu, spräche dies gegen eine traumatische Ursache. Bleibe etwa die Anpassungsstörung bestehen, deute dies regelhaft auf eine besondere Disposition hin, so dass sich die Frage der Wesentlichkeit des Unfallereignisses stelle. Es sei dementsprechend bei länger anhaltenden oder gar bleibenden psychoaktiven Gesundheitsstörungen auf der Basis des anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisstandes eine eingehende Prüfung erforderlich, ob und inwiefern der weitere Verlauf noch wesentlich auf die ursprünglichen Reaktionen zurückzuführen ist. An einer solchen Prüfung fehle es vorliegend.
Auf Anweisung des Berufungsgerichts hat Dr. M1 sein Gutachten ergänzt. Bei dem Unfall sei es sehr wohl zu einem als lebensbedrohlich erlebten Ereignis gekommen. Dies ergebe sich auch aus der Aussage des Zeugen A ...
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. L1 vom 9. Juni 2009 eingereicht. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Proband nicht mit einem Ereignis konfrontiert gewesen sei, das dem subjektiven Erleben nach zum Zeitpunkt des Traumas tatsächlich oder drohend den Tod oder eine ernsthafte Verletzung der eigenen Person beinhaltete. Vielmehr sei nach seiner Schilderung eine lebensgefährliche Situation nur fragmentarisch wahrgenommen worden. Die Reaktion am Unfallort habe weder intensive Furcht, keine Hilflosigkeit oder Entsetzen beinhaltet und Albträume habe er auch erst Wochen danach entwickelt.
Dieser Stellungnahme hat Dr. M1 – vom Berufungsgericht erneut um Äußerung gebeten – widersprochen. Ein traumatisierendes Ereignis liege – belegt durch Aussage des Zeugen – vor. Auch wenn unterstellt werde, dass der Betroffene etwa im Rahmen einer traumabedingten Gehirnerschütterung kurz bewusstlos war, so sei doch ausreichend Zeit gewesen zu realisieren und hierdurch traumatisiert zu werden.
Daraufhin hat das Berufungsgericht den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Er schließt sich den positiven Vorgutachten und insbesondere demjenigen des Dr. M1 an und führt aus, bei der Feststellung des A-Kriteriums könnten nicht nur die objektiven Bedingungen diskutiert werden. Denn die Definition eines Psychotraumas sei nicht nur an Ereigniskriterien gebunden, sondern vor allem auch an das subjektive Erleben der Situation. Hiervon ausgehend habe der Kläger den Sturz als lebensbedrohlich erlebt. Er habe noch wahrgenommen, dass sich ein Zug in der Nähe befand und Todesangst verspürt sowie das Gefühl, die Situation nicht zu überleben und überfahren zu werden. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Zug überhaupt gefahren sei, ob die Gleise Verbindung zu seinen Gleisen hatten oder ähnliches. Denn im Zustand einer akuten Belastungsreaktion, d. h. in einem psychischen Schock, seien wir nicht in der Lage zu differenzieren, ob nur subjektive Gefahr bzw. Lebensbedrohung besteht oder eine objektive. Durch den Schock bedingt seien dann häufig auch Kenntnisse über die Sachlage in diesem Moment nicht präsent und abrufbar. Er stelle die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1) und einer depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradig, mit somatischen Symptomen (die ICD-10 F 33.11) seit dem Unfall vom 25. Februar 2000 vorliegend. Hierfür sei der Unfall wahrscheinlich als alleinige Ursache anzusehen. Das Unfallereignis habe keine bereits vor dem Unfall vorhanden gewesenen, unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen wesentlich verschlimmert. Die festgestellten Gesundheitsstörungen wären wahrscheinlich nicht ohne den Unfall durch ein alltäglich vorkommendes Ereignis zu annähernd derselben Zeit und in annähernd gleichem Ausmaß eingetreten. Seit dem Unfallereignis bestehe durchgehend Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit. Den Grad der Minderung der Erwerbs¬fähigkeit auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens beziffere er seit dem 1. Juni 2000 mit einer MdE von 40 vom 100.
Das Berufungsgericht hat Dr. B. in der mündlichen Verhandlung ergänzend gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Sie ist auch begründet. Denn der Kläger hat – was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist – einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) erlitten, als er am 25. Februar 2000 von der Rampe der Waschstraße stürzte. Dieser Sturz hat aber nicht nur zu den von der Beklagten anerkannten Gesundheitsschäden auf chirurgischem Fachgebiet im Sinne der Vorschrift "geführt". Der Unfall ist vielmehr auch ursächlich für einen weiteren Körperschaden in Gestalt eines Unfalltraumas, welches dann als mittelbare Folge des Unfallgeschehens in Gestalt einer posttraumatischen Belastungsstörung seine Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um 40 vom Hundert minderte und noch auf unabsehbare Zeit um 40 vom Hundert mindert (vgl. § 56 SGB VII).
Nach der das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung beherrschenden Lehre von der wesentlichen Bedingung, die bereits vom Reichsversicherungsamt entwickelt wurde und die das Bundesozialgericht (BSG) für seine Rechtsprechung übernommen hat und in seinen Entscheidungen als Theorie der wesentlich mitwirkenden bzw. rechtlich erheblichen Ursache bezeichnet (vgl. u.a. BSG v. 14.10.1955 – 2 RU 16/54 – BSGE 1, 254, 256; BSG v. 31.08.1956 – 2 RU 129/54 – BSGE 3, 240, 245; BSG v. 30.06.1960 – 2 RU 86/56 – BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO), sind ursächlich (im Rechtssinne) nur diejenigen Bedingungen (im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne), die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Dabei sind die tatsächlichen Grundlagen der Ursachenzusammenhänge im Vollbeweis zu sichern. Das bedeutet, die Umstände des Falles müssen nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sein, insoweit die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Hierfür bedarf es zwar nicht einer absoluten Gewissheit, aber doch immerhin eines der Gewissheit nahekommenden Grades der Wahrscheinlichkeit. Zur Feststellung des kausalen Zusammenhangs reicht indessen nach allgemeiner Auffassung die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (vgl. schon BSG v. 02.02.1978 – 8 RU 66/77 – SozR 2200 § 548 Nr. 38, S. 104 f. = BSGE 45, 285, 287; BSG v. 30.04.1985 – 2 RU 24/84 – SozR 2200 § 548 Nr. 70 = BSGE 58, 76; BSG v. 30.04.1985 – 2 RU 43/84 – SozR 2200 § 555a Nr. 1 = BSGE 58, 80; BSG v. 20.01.1987 – 2 RU 27/86 – SozR 2200 § 548 Nr. 84 = BSGE 61, 127, 129): Während die einzelnen Glieder der Kausalkette (versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung und Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, ohne dass eine völlige Gewissheit zu fordern ist, genügt für den Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Die bloße Möglichkeit genügt allerdings nicht (vgl. BSG v. 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196 m. zahlr. Nachw. aus der Rechtsprechung des BSG). Diese Grundsätze gelten auch für den Beweis durch Sachverständige nach § 118 SGG i.V.m. §§ 402 ff. Zivilprozessordnung.
Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist danach gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, d. h. nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung (vgl. BSG v. 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196) mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden. Dies gilt in gleicher Weise für psychische Reaktionen des Verletzten auf ein Unfallereignis. Da die auf der Grundlage des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes vorzunehmende Prüfung stets den konkreten Versicherten in den Blick zu nehmen hat und nicht von einem fiktiven Durchschnittsmenschen ausgehen darf, schließt auch eine "abnorme seelische Bereitschaft" die Annahme einer psychischen Reaktion als Unfallfolge nicht aus. Sie ist vielmehr als konkurrierende Ursache im Sinne einer Schadensanlage zu würdigen und es ist nach den Grundsätzen für die Beurteilung solcher Anlagen wertend zu entscheiden, ob die besondere psychische Disposition des Versicherten für den festgestellten Gesundheitsschaden eine rechtlich wesentliche Ursache war (vgl. G. Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 Rn. 166).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) geht der Senat von folgendem Sachverhalt aus:
Der Kläger ist am 25. Februar 2000 – nachdem die Reinigung eines Zuges beendet war und die Bediensteten der Bahnreinigung sich auf die Reinigung des nächsten in Kürze erwarteten Zuges vorbereiteten – von der Rampe mit dem Kopf in das Gleis gestürzt und dort benommen liegengeblieben. Sein Kollege ist hinabgestiegen, hat den Kopf angehoben und ihn angesprochen, woraufhin der Kläger mit den Anzeichen beginnender Ohnmacht beim Anblick eines in der Nähe auf dem Gleis befindlichen Zuges einen Schreckensruf ausstieß und dann das Bewusstsein verlor. Beim Anblick des Zuges verließ auch der Kollege in Panik das Gleis, wo der Kläger bis zum Eintreffen des Rettungswagens ohne Bewusstsein liegen blieb. Dieser Sachverhalt steht mit den glaubhaften Bekundungen des Zeugen A. vor dem Sozialgericht fest. Auch die Beklagte ist ihm nicht entgegengetreten. Der Senat legt ihn seiner Entscheidung zugrunde. Zur vollen Gewissheit steht damit auch fest, dass der Kläger eine unmittelbare Panikreaktion gezeigt hat, und zwar in Gestalt des Schreckensausrufs und der nachfolgenden Ohnmacht.
Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ergibt sich alsdann, dass das Erleben dieser Situation den Kläger im Sinne eines Erstschadens als unmittelbarer Unfallfolge psychisch traumatisiert hat. Sowohl Dr. M1 als auch Dr. B. gehen in ihren Gutachten zunächst davon aus, dass dieses Erlebnis vor dem Hintergrund der Persönlichkeitsstruktur des Klägers geeignet war, diesen im Sinne der diagnostischen Leitlinien einer posttraumatischen Belastungsstörung nach ICD-10 F 43.1 in der Gestalt eines A-Kriteriums zu traumatisieren. Dabei kommt es nach mittlerweile allgemeiner Meinung in der medizinischen Wissenschaft nicht darauf an, ob nach objektiven Maßstäben eine außergewöhnliche Belastung vorliegt. Entscheidend ist vielmehr, ob das Ereignis von dem Verunfallten als eine außergewöhnliche Belastung erlebt wird (vgl. nur Tölle, Windgassen, Psychiatrie, 15. Aufl. 2009, der – a.a.O. Seite 59 – anders als noch in den Vorauflagen von der Erlebnisqualität der Belastung spricht). Auf diesen Umstand weisen sowohl Dr. M1 als auch Dr. B. ausdrücklich hin. Dem folgt der Senat, weil diese Sichtweise dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht. Die frühere Auffassung, die das Belastungsereignis (als solches und in seiner objektiven Ausgestaltung) in den Vordergrund stellte, ist überholt. Sie wird auch von Dr. L1 in dem vorliegenden Verfahren mittlerweile nicht mehr vertreten. Auch er spricht in seiner Stellungnahme vom 9. Juni 2009 vielmehr jetzt davon, dass das Ereignis dem subjektiven Erleben nach zum Zeitpunkt des Traumas tatsächlich oder drohend Tod oder ernsthafte Verletzung der eigenen Person beinhaltet haben müsse, verneint dies aber im Ergebnis mit Blick auf die berichtete Amnesie für den vorliegenden Fall. Dass der Kläger aber trotz Amnesie jedenfalls Teile des Geschehens bewusst erlebte, ergibt sich aus dem Zeugnis des A ... Der festgestellte Zustand ließ dem Kläger – so Dr. B. und Dr. M1 übereinstimmend – noch ausreichend Raum, um durch die Situation traumatisiert zu werden, zumal der Verunfallte in dem Zustand unmittelbar nach dem Sturz die ihm bekannten objektiven Umstände nicht mehr abrufen, d.h. die Situation nicht mehr sicher beurteilen und als ungefährlich einstufen konnte. Die allgemeine Lebenserfahrung bestätigt diese Sicht der Dinge. Danach dürfte der Sturz in ein Gleisbett, in dem Zugverkehr herrscht, spätestens bei Ansichtigwerden eines Zuges stets eine nachhaltige Wirkung auf die Psyche des Gestürzten haben, und zwar gleichviel, ob der Zug den Gestürzten hätte tatsächlich gefährden können.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat sich unmittelbar im Anschluss an die Behandlung im Krankenhaus S. bei dem Verletzten auf dem Boden des erlittenen Traumas eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, welche seine Erwerbsfähigkeit nicht unerheblich mindert. Hierfür sprechen nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens mehr Gesichtspunkte, als dagegen sprechen. Zunächst gehen alle im Verfahren tätig gewesenen medizinischen Sachverständigen davon aus, dass der Kläger in der zeitlichen Folge des Unfalls erheblich psychisch erkrankt ist. Einzig Dr. L1 vermag diese Erkrankung nicht dem Unfallereignis kausal zuzuordnen, weil er bereits ein Unfalltrauma verneint. Nachdem der Senat dieser Sicht auf dem Boden des von ihm festgestellten Sachverhalts und mit den hierauf aufbauenden Darlegungen der Sachverständigen Dr. M1 und Dr. B. nicht folgt, lassen sich gewichtige Anhaltspunkte für eine außerhalb des Unfallgeschehens liegende Verursachung nicht mehr feststellen. Gegen eine kausale Verknüpfung zwischen dem bei dem Unfall erlittenen Trauma und dem Krankheitszustand spricht insbesondere nicht der zeitliche Ablauf. Er hält sich – wie Dr. B. bestätigt – im Rahmen der Erkenntnisse, die die medizinische Wissenschaft über posttraumatische Belastungs¬störungen besitzt. Auch sind – wie die Auswertung der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten ergeben hat und es im Tatbestand der vorliegenden Entscheidung dokumentiert ist – Auffälligkeiten im psychiatrischen Bereich, etwa in Gestalt verminderter Alltagsbelastbarkeit und einer Wesensänderung, bereits sehr früh durch Dr. S1 und Dr. H1 beschrieben worden. Allerdings wurden sie seinerzeit noch der Kopfverletzung zugeordnet. Wie Dr. B. im Übrigen dargelegt hat, ist es nicht untypisch, dass sich das Vollbild der Erkrankung erst im Laufe der Zeit herauskristallisiert. Schließlich ergeben weder der sozio-kulturelle Hintergrund des Klägers noch seine spezielle berufliche Situation nach den Ausführungen der durch das Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen, denen der Senat auch insoweit folgt, eine ernstzunehmende Konkurrenzursache für die gesundheitliche Störung. Lediglich begünstigten sie deren Eintreten im Sinne nur unwesentlicher Ursächlichkeit.
Die vorgefundene Störung führte und führt zu einer MdE vom 40 vom Hundert seit dem Ende der Arbeitsunfähigkeit, d.h. ab dem 1. Juni 2000. Hiervon gehen alle gerichtlichen Gutachter übereinstimmend aus. An dieser Einschätzung zu zweifeln besteht für den Senat kein Anlass. Er macht sie sich deshalb zu Eigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
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