Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 12 EG 21/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 EG 16/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 EG 4/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. September 2008 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig. Streitig ist dabei insbesondere die Begrenzung des Bezugs von Elterngeld auf höchstens 12 Monate für ein Elternteil. Weiter streiten die Beteiligten über die Höhe des der Klägerin zu gewährenden Elterngeldes.
Die Klägerin und ihr Ehemann, Herr B. A., sind Eltern des 2007 geborenen zweiten Kindes C.; das erste Kind D. ist 2005 geboren. Sie stellten am 28. Juni 2007 Antrag auf Elterngeld und legten für die Klägerin einen Bezugszeitraum vom 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes fest. Ergänzend führte die Klägerin aus, sie beantrage Gewährung von Elterngeld für den vollen Bezugszeitraum von 14 Monaten. Sie sehe eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darin, dass der Gesetzgeber lediglich für alleinerziehende Elternteile und gemeinsam erziehende Elternteile, die beide Elternzeit in Anspruch nähmen, einen Bezugszeitraum von 14 Monaten vorgesehen habe. Weiter machte die Klägerin geltend, sie begehre den monatlichen Höchstbetrag von 1.800,00 EUR. Es handele sich bei dem Elterngeld um eine steuerfinanzierte Leistung, weshalb der Gesetzgeber unter Beachtung von Art. 6 GG gehalten gewesen sei, für jedes Kind gleiche Leistungen zu erbringen. Insofern sei es lediglich gerechtfertigt gewesen, nach der Kinderzahl, nicht aber nach der Höhe des vorherigen Einkommens zu unterscheiden. Im Übrigen entschied sich die Klägerin für den halben Monatsbetrag bei doppelter Laufzeit.
Durch Bescheid vom 10. Juli 2007 bewilligte der Beklagte antragsgemäß Elterngeld für die Zeit vom 10. Juni 2007 bis 9. Juni 2008 in Höhe von monatlich jeweils 375,00 EUR, wobei antragsgemäß eine Halbierung der Auszahlung mit einem Betrag von monatlich 187,50 EUR bis zum 9. Juni 2009 geregelt wurde. Zur Höhe führte der Beklagte aus, das Elterngeld betrage monatlich mindestens 300,00 EUR, wobei dies auch gelte, wenn in dem maßgeblichen Zwölf-Monats-Zeitraum vor der Geburt kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt worden sei. Dies treffe auf die Klägerin nach ihren Angaben im Rahmen der Antragstellung zu. Weiter erfülle die Klägerin die Voraussetzungen für den Geschwisterbonus in Höhe von 75,00 EUR pro Lebensmonat.
Die Klägerin erhob Widerspruch am 18. Juli 2007 und führte aus, als nicht berufstätige erziehende Ehefrau und Mutter zweier kleiner Kinder sehe sie in den Regelungen des Bundeselterngeldgesetzes einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG und eine Verletzung des in Art. 6 GG geregelten Schutzes von Ehe und Familie. Sie begehrte unter Wiederholung der im Rahmen der Antragstellung gegebenen Begründung erneut Elterngeld für 14 Monate und wandte sich nochmals gegen die einkommensabhängige Höhe des Elterngeldes.
Durch Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG liege nicht vor. Die Regelung des 14 monatigen Bezugszeitraumes für Alleinerziehende trage den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung, wonach nicht mehr von einem grundsätzlichen Zusammenleben und -wirtschaften beider Elternteile mit ihren Kindern ausgegangen werden könne. Darüber hinaus seien regelmäßig die wirtschaftlichen Probleme Alleinerziehender noch immer größer als die von Familien mit beiden Elternteilen. Insofern sei eine differenzierte Behandlung von Elternteilen in einer Gemeinschaft und Alleinerziehenden durch den Gesetzgeber begründet. Zur Höhe des Elterngeldes sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine steuerfinanzierte Leistung handele, die einem besonderen Gestaltungsrecht des Gesetzgebers unterliege. Dementsprechend sei nicht zu beanstanden, dass die individuelle Höhe des Erwerbseinkommens des leistungsbeziehenden Elternteiles maßgeblich für die Höhe des Elterngeldes sei. Zweck des BEEG sei, Eltern in der Frühphase der Elternschaft zu unterstützen und dazu beizutragen, dass sie in diesem Zeitraum selbst für ihre Kinder sorgen könnten und ihre wirtschaftliche Existenz gesichert werde. Weitere Absicht des Gesetzgebers sei gewesen, grundsätzlich die eigene Betreuungsleistung und Erziehung der Eltern anzuerkennen. So hätten Elternteile, die nicht voll erwerbstätig seien, Anspruch auf das Mindestelterngeld in Höhe von 300,00 EUR, auch wenn vor der Geburt keine Erwerbstätigkeit bestanden habe. Insgesamt liege keine verfassungswidrige Benachteiligung vor.
Mit der am 6. November 2007 erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter und trug vor, die in § 4 Abs. 3 BEEG geregelte Begrenzung des Bezugszeitraumes auf 12 Monate für ein Elternteil verletze sie in ihrem Grundrecht aus Art. 6 GG. Insofern könnten Eltern selbst entscheiden, wer den Hauptanteil an der Erziehung übernehme. Eine Rechtfertigung für den Eingriff in dieses Recht aufgrund der Regelungen des BEEG sei nicht ersichtlich und diese Regelungen führten zu einer Benachteiligung von Eltern, von denen nur ein Elternteil erwerbstätig sei. Insoweit sei auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gegeben. Die vorliegende Ungleichbehandlung könne nur dadurch beseitigt werden, dass § 4 BEEG verfassungskonform in der Weise ausgelegt werde, dass ihr ein Anspruch auf 14 Monate Elterngeld zugestanden werde. Auch im Hinblick auf die vom Gesetzgeber geregelte Höhe des Elterngeldes sei ein Verstoß gegen Art. 3 GG und Art. 6 GG gegeben. Insofern sei es nicht gerechtfertigt, dass im Hinblick auf die einkommensabhängige Berechnung des Elterngeldes Besserverdienende gegenüber Geringverdienern oder gegenüber Eltern ohne Einkommen bevorzugt würden. Zur Vermeidung eines Verfassungsverstoßes müsse ihr Elterngeld in Höhe des Höchstbetrages von 1.800,00 EUR zugesprochen werden.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 23. September 2008 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe zutreffend Elterngeld in Höhe von 375,00 EUR monatlich für 12 Monate gewährt. Dieser Betrag ergebe sich als Anspruch aus § 2 Abs. 5 und Abs. 4 BEEG sowie § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG für verheiratete Personen, die nur für sich Elterngeld beantragten, vor der Geburt des Kindes kein Erwerbseinkommen erzielt hätten und mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, zusammen in einem Haushalt lebten. Die Anwendung dieser Vorschriften führe auch nicht zu einem Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes aus Art. 3 GG. Insofern sei die Situation der Klägerin nicht vergleichbar mit den Fallgestaltungen, bei denen der Gesetzgeber eine Anspruchsberechtigung für 14 Monate vorgesehen habe. So seien alleinerziehende Elternteile in der Regel mehr belastet und in den allermeisten Fällen finanziell schlechter gestellt. Ebenso sei die Situation der Klägerin nicht vergleichbar mit der Aufteilung der Bezugszeit von Elterngeld auf zwei Elternteile mit der Folge, dass ein Elternteil maximal 12 Monate und der andere Elternteil für die restlichen beiden Monate Elterngeld beziehen könne. Das erklärte Ziel der Leistung Elterngeld sei unter anderem, dass Eltern nach der Geburt eines Kindes schneller und möglichst beide wieder ins Erwerbsleben zurückkehrten. Dieses angesichts der ungünstigen demographischen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland volkswirtschaftlich erwünschte Verhalten werde durch die genannte Regelung effektiv gefördert. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Staat im Rahmen steuerfinanzierter Familienleistungen zur Verfolgung seiner gesamtgesellschaftlichen Ziele gestaltend eingreifen und erwünschtes Verhalten besonders honorieren könne, soweit nur unerwünschtes Verhalten nicht gänzlich ohne Familienförderung bliebe. Insgesamt habe der Gesetzgeber eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung geregelt. Dies gelte gleichermaßen, soweit der Gesetzgeber ein Mindestelterngeld in Höhe von 300,00 EUR monatlich und eine Höchstgrenze von 1800,00 EUR monatlich geregelt habe. Insofern sei Ziel gewesen, einen Anreiz zur Elternschaft auch für diejenigen Personen zu schaffen, die sich bisher mit Erwerbseinkommen unterhalten hätten. Soweit der Gesetzgeber das Elterngeld als Entgeltersatzleistung unter gleichzeitiger Einführung eines einkommensunabhängigen Mindestbetrages und einer Ersatzhöchstleistung konzipiert habe, stelle dies keine grundlose Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Sachverhalten dar.
Gegen dieses der Klägerin am 19. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. Dezember 2008 vor dem Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und trägt insbesondere vor, der Gesetzgeber habe ungerechtfertigt in die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte freie Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft eingegriffen, indem er einen maximalen Bezugszeitraum von 12 Monaten Elterngeld geregelt habe. Im Hinblick auf die Höhe des Elterngeldes sei daran festzuhalten, dass sie gegenüber denjenigen, die vor der Geburt in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis gestanden hätten, benachteiligt werde. Vielmehr sei es Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, jede Geburt gleichermaßen zu würdigen und dementsprechend grundsätzlich alle Eltern gleichzubehandeln. Insofern hätte der Gesetzgeber eine Differenzierung nach der Zahl der Kinder vornehmen können, jedoch nicht nach dem Einkommen der Eltern.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. September 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2007 zu verurteilen, ihr Elterngeld für den 1. bis 14. Lebensmonat des Kindes C. in Höhe von monatlich 1.800,00 EUR abzüglich der für den 1. bis 12. Lebensmonat monatlich gezahlten 375,00 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht durch Urteil vom 23. September 2008 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 10. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2007, mit dem ein über das zuerkannte Mindestelterngeld in Höhe von 300,00 EUR (zzgl. Geschwisterbonus in Höhe von 75,00 EUR) für 12 Lebensmonate hinausgehender Anspruch der Klägerin auf Elterngeld auch für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes sowie auf höheres Elterngeld für den gesamten Zeitraum von 1.800,00 EUR monatlich abgelehnt worden ist, ist nicht zu beanstanden.
Die Klägerin erfüllt zunächst alle Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG für den Bezug von Elterngeld während des Bezugszeitraumes vom 10. Juni 2007 bis 9. Juni 2008 im Hinblick auf das am 10. Juni 2007 geborene Kind C., was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Soweit die Klägerin demgegenüber Elterngeld für zwei weitere Lebensmonate des Kindes begehrt, vermochte sich der Senat der von ihr vertretenen Rechtsauffassung nicht anzuschließen.
Nach § 4 Abs. 2 S. 2 u. 3 BEEG haben Eltern insgesamt Anspruch auf 12 Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Ein Elternteil kann höchstens für 12 Monate Elterngeld beziehen (§ 4 Abs. 3 S. 1 BEEG). Eine Ausnahme hiervon hat der Gesetzgeber in § 4 Abs. 3 S. 3 BEEG geregelt, wonach ein Elternteil für 14 Monate Elterngeld beziehen kann, wenn eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und mit der Betreuung durch den anderen Elternteil eine Gefährdung des Kindeswohls i.S. von § 1666 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verbunden wäre oder die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich ist, insbesondere weil er wegen einer schweren Krankheit oder Schwerbehinderung sein Kind nicht betreuen kann. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung treffen auf die Klägerin nicht zu, was ebenfalls zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Die Anwendung der genannten Vorschriften führt zu einer Begrenzung des Anspruchs der Klägerin auf 12 Monate. Dem hat der Beklagte Rechnung getragen und mit dem angefochtenen Bescheid das beantragte Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes C., mithin für die Zeit vom 10. Juni 2007 bis 9. Juni 2008 bewilligt. Soweit die Klägerin eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG sowie eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend geltend macht, dass ihr für zwei weitere Monate Elterngeld zugestanden werden müsse, vermochte der Senat dem nicht beizutreten. Nach den Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache - BT-Drucks. - 16/1889 S. 15) ging der Gesetzgeber bei dem vierzehnmonatigen Maximalzeitraum von einer zwölfmonatigen Kernzeit und zwei zusätzlichen Partnermonaten aus, die als Bonus für einen aktiven Beitrag des anderen Elternteils zur Kindererziehung gewährt werden. Er verfolgte das Ziel, für Männer die Chancen zu verbessern, aktive Väter zu sein, und Frauen die Rückkehr in das Berufsleben zu erleichtern. Zugleich wurde deutlich gemacht, dass das Gesetz keine Aufgabenverteilung in den Familien festlegen, sondern unterschiedliche Präferenzen für Beruf und Familie im Sinne eines Beitrags für die Gleichstellung der Geschlechter unterstützen wolle. Dementsprechend ist weiter in der Begründung zum Gesetzentwurf ausdrücklich ausgeführt (BT-Drucks. 16/1889 S. 16 u. 23), dass ein Elternteil das Elterngeld grundsätzlich nur bis zu 12 Monate erhalten könne und zwei weitere Monate (Partnermonate) dem anderen Elternteil vorbehalten seien. Hierdurch werde zum einen eine Anreizwirkung erreicht, sich bis zum Ablauf des auf 12 Monate begrenzten Bezugszeitraums um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur eigenständigen Sicherung der Lebensgrundlage zu bemühen. Zum anderen werde eine partnerschaftliche Teilung von Erwerbs- und Familienarbeit erleichtert.
Auch das weitere Begehren der Klägerin, für den gesamten Zeitraum des Bezugs von Elterngeld den monatlichen Höchstbetrag von 1.800,00 EUR von dem Beklagten zu erhalten, ist nicht begründet. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300,00 EUR gezahlt (§ 2 Abs. 5 S. 1 BEEG). Lebt die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder mit drei oder mehr Kindern, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt, so wird das zustehende Elterngeld um 10 %, mindestens um 75,00 EUR erhöht (sog. Geschwisterbonus gemäß § 2 Abs. 4 S. 1 BEEG).
Davon ausgehend hat der Beklagte hier in zutreffender Anwendung der genannten Vorschriften Elterngeld in Höhe des Sockelbetrages von 300,00 EUR angesetzt, weil die Klägerin im maßgeblichen 12-monatigen Bemessungszeitraum vom Juni 2006 bis Mai 2007 kein Erwerbseinkommen erzielt hat. Weiter hat der Beklagte zutreffend angesichts des am 24. Mai 2005 geborenen ersten Kindes der Klägerin, D., den Geschwisterbonus in Höhe von 75,00 EUR gewährt.
Zur Höhe des Elterngeldes ist in der Begründung des Gesetzesentwurfs ausgeführt (BT-Drucks. 16/1889, S. 15), dass die Orientierung des Elterngeldes am individuellen Einkommen es Paaren erleichtern will, in einem überschaubaren Zeitraum auf das höhere Einkommen zu verzichten. Eltern, die ihr Kind in einem Maße selbst betreuen, das über das hinausgeht, was bei voller Erwerbstätigkeit möglich ist, sollen ein Elterngeld in Höhe von mindestens 300,00 EUR erhalten. Weiter enthält die Entwurfsbegründung (BT-Drucks. 16/1889, S. 19) den Hinweis darauf, dass Eltern die Möglichkeit eröffnet werden soll, ihre Erwerbstätigkeit zu unterbrechen oder einzuschränken, um sich vorrangig der Betreuung ihres neugeborenen Kindes zu widmen. Mit einem Elterngeld in Höhe von 67 % des vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten Nettoentgeltes solle die Lebensgrundlage der Familie in dieser Frühphase der Elternschaft abgesichert werden.
Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass die Regelungen der §§ 2 und 4 des BEEG sich besonders für Mehrkinderfamilien nachteilig auswirken (können) und deshalb im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie auf das aus Artikel 6 Abs. 1 GG folgende Fördergebot problematisch erscheinen. Auch das ebenfalls in Artikel 6 Abs. 1 GG enthaltene Neutralitätsgebot könnte verletzt sein, da der Gesetzgeber mit diesen Normen seine Präferenz für eine eng begrenzte Erwerbsabstinenz und somit für das Leitbild der erwerbsorientierten Erziehung offen erklärt und stringent umgesetzt hat.
Dabei ist allerdings nicht zu übersehen, dass die vom Gesetzgeber genannten Zwecke nahezu wortgleich auch den ausdrücklichen Wünschen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie entsprechen, wie sich dem gemeinsamen Strategiepapier des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und des Instituts der deutschen Wirtschaft, BH., vom November 2004 "Bevölkerungsorientierte Familienpolitik - ein Wachstumsfaktor" entnehmen lässt (S. 17): "Durch die Einführung eines einkommensabhängigen Elterngeldes für maximal 12 Monate werden die Anreize erhöht, früher in den Job zurückzukehren.Aus wirtschaftlicher sowie bevölkerungsorientierter Sicht ist es daher wünschenswert, dass Mütter ein Jahr nach der Geburt eines Kindes in den Job zurückkehren." Darüber hinaus entspricht die Mobilisierung der Erwerbsreserve "Hausfrau" auch den erklärten Interessen der Kapitalmarktakteure, die wegen der im Zuge der demographischen Entwicklung einhergehenden Verknappung des Produktionsfaktors Arbeit die Befürchtung sinkender Kapitalrenditen hegen (vgl. z.B. Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, GDV Volkswirtschaft, Themen und Analysen, Nummer 1, Altersvorsorge und demographischer Wandel: Kein Vorteil für das Kapitaldeckungsverfahren?, Berlin 2003, S. 6). Da Art. 6 Abs. 1 GG sich als Freiheitsrecht aber gegen jegliche Instrumentalisierung der Familie wendet (dazu z.B. Baer, Susanne, Demografischer Wandel und Generationengerechtigkeit, VVDStRL 68 (2009), S. 290 (323f.)), ist die Frage, ob das Elterngeld, welches erklärtermaßen die Anreizwirkung zur frühzeitigen Erwerbsrückkehr verfolgt, damit vereinbar ist, offenkundig berechtigt.
Diese Frage stellt sich umso mehr, als zu bezweifeln ist, dass der Gesetzgeber bei seinen Überlegungen die Realitäten der frühkindlichen Fremdbetreuung berücksichtigt hat, welche soweit ersichtlich - nach einhelliger Expertenansicht hinsichtlich der entscheidenden Qualitätsdimensionen der Struktur-, Orientierungs-, Prozess- und Organisationsqualität zumeist weit von den Standards entfernt sind, welche mit Rücksicht auf das Kindeswohl zu verlangen sind; die Ergebnisse einer vergleichenden Untersuchung der OECD-Standards zeigten vielmehr, dass die deutschen Richtlinien unter denen des europäischen Durchschnitts lägen und deutlich schlechter seien, als die von weltweiten Expertengruppen für eine gute Qualität geforderten notwendigen Mindeststandards z.B. bezüglich Personalschlüssel, Gruppengröße oder Ausbildungsstand der Erzieherinnen. Neuere Untersuchungen zeigten, dass zwar die Anforderungen an die Kindertageseinrichtungen im Zuge der Einführung von Bildungsplänen immens gestiegen seien, dass aber die Ressourcen, die in Kindertageseinrichtungen für die Umsetzung der Bildungspläne und für eine qualitativ hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern zur Verfügung stünden, zurückgingen. Hier klafften - gerade auch im Zusammenhang mit dem Ausbau der Plätze für Kinder unter drei Jahren - Anspruch und Wirklichkeit immer mehr auseinander. Nur bei bester Qualität der außerfamiliären Betreuung sei eine Ganztagesbetreuung selbst bei einem Schulkind vertretbar - es müsse noch genügend Zeit und Kraft für die Eltern-Kind-Beziehung bleiben (sowohl von dem berufstätigen Elternteil als auch vom Kind aus gesehen). Die Familie stelle die wichtigste Ressource für die kindliche Entwicklung dar (so die Leiterin des Staatsinstituts für Frühpädagogik/München Fabienne Becker-Stoll, FAmRZ 2010, S. 77 ff (80); vgl. statt vieler auch Bensel, J., Haug-Schnabel, G., Datenvergleich zu Qualitätsrichtlinien in Krippen (OECD & Deutschland), Recherche der Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen (FVM)/Kandern, im Auftrag des Universitäts-Klinikums Hamburg-Eppendorf, Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters (April 2007); zum Meinungsstand und kritisch zu den vielfältigen und weitreichenden Versäumnissen der Familienpolitik auch Lenze, Anne, Der Staat als Kindeswohlgefährder, Betrifft Justiz 2010, S. 348ff.; ferner BT-Drucks. 17/714 v. 15. Februar 2010; BT Drucks. 17/6967 v. 9. September 2011).
In Literatur und Rechtsprechung sind die Regelungen der §§ 2 und 4 BEEG - selbst ohne dass auf diese vorstehenden Befunde und die zugleich mit ihnen angesprochenen Aspekte der Kindeswohlgefährdung und des staatlichen Wächteramts eingegangen wird - denn verfassungsrechtlich auch heftig umstritten. So sah das LSG Niedersachsen-Bremen in seinem Vorlagebeschluss vom 13. April 2011 (L 2 EG 20/10) eine Missachtung der dem Staat durch Art 6 Abs 1 und 2 GG auferlegten Verpflichtung, die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren, da er (bezogen auf den Regelfall) einen Anspruch auf Elterngeld für den 13. und 14. Bezugsmonat von einer spezifischen Ausgestaltung der innerfamiliären Aufgabenverteilung im Sinne der Inanspruchnahme sog Partner- bzw. Partnerinnenmonate abhängig mache (mit Anm. von Dau, Dirk, jurisPR-SozR 19/2011 Anm. 3 ; vgl. zur Literatur weiter Müller-Terpitz, JZ 2006, 991ff.; Brosius-Gersdorf, NJW 2007, 177 ff.; dies. VSSR 2008, 299 ff.; Seiler, NVwZ 2007, 129 ff.; Felix, RdJB 2007, 165, 172 ff.; Quambusch, ZfSH/SGB 2007, 529; Jung, SGb 2007, 449, 451; Salaw-Hanslmaier, ZRP 2008, 140 ff.; Weilert, DVBl 2010, 164). In einem ausführlichen Rechtsgutachten hat auch Thorsten Kingreen (Zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 2 und 4 Bundeselterngeldgesetz, Rechtsgutachten im Auftrag der Ökologisch-Demokratischen Partei, Dezember 2010, (http://www.ödp.de/fileadmin/userupload/ bundesverband/programm/programme/RechtsgutachtenElterngeldklage.pdf) mit guten Gründen die Auffassung vertreten, dass die Vorschriften der §§ 2 und 4 BEEG einen Eingriff in die von Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1, 2 GG geschützte Sphäre beinhalteten. Sie stünden für das Leitbild einer erwerbsarbeitsorientierten Erziehung, in der die familiäre Betreuung und Erziehung eines Kindes als vorübergehende Störung einer im Dienste gesamtwirtschaftlicher Interessen stehenden Erwerbstätigkeit erscheine. Zwar sei dieses Leitbild nicht unmittelbarer Regelungsgegenstand. Eingriffe seien aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch mittelbar wirkende, subkutane Regelungen, die geeignet seien, die Grundrechtsträger insbesondere durch finanzielle Anreizeffekte zu einer bestimmten Aufgabenverteilung in der Partnerschaft zu bewegen. Partner, die den durch die §§ 2 und 4 BEEG aufgestellten idealen Ablaufplan zwischen Familien- und Berufsplanung nicht verfolgten, erlitten erhebliche finanzielle Einbußen, insbesondere Mehrkindfamilien und junge Eltern. Die Erwerbsarbeitsorientierung des Elterngeldes unterstreiche insbesondere der Vergleich mit den Vorgängerbestimmungen im Bundeserziehungsgeldgesetz, die sich noch am Bedarf von Kind und Eltern, nicht aber am vorangegangenen Erwerbserfolg ausgerichtet hätten. Der Gesetzgeber dürfe auch im Lebensbereich Ehe und Familie "Partei ergreifen", müsse sich dafür aber rechtfertigen. Insoweit komme es darauf an, ob die Ungleichbehandlung und der Freiheitseingriff dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten, d. h. es müsse ein legitimes Ziel verfolgt werden und die Beeinträchtigungen müssten geeignet, erforderlich und angemessen sein. Der Gesetzgeber unterliege insoweit einem Begründungsverbot dahingehend, dass die Inanspruchnahme nicht intrinsisch bewertet werden dürfe. Die Ziele des Gesetzes ergäben sich in unterschiedlicher Deutlichkeit und Konsistenz aus der Gesetzesbegründung. Das Ziel, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beizutragen, sei als solches ebenso legitim wie die Funktion des Elterngeldes als Entgeltersatz. Zur Steigerung der Geburtenzahl könne es hingegen nicht beitragen, habe es nicht beigetragen und solle es offenbar auch nicht beitragen. Wie es Paare beeinflussen solle, früher Kinder zu bekommen, bleibe unklar, weil das Gesetz mit der Anknüpfung an das Erwerbseinkommen just einen gegenläufigen Anreiz setze. Die §§ 2 und 4 BEEG seien lediglich geeignet, das durch die Betreuung und Erziehung entgangene Erwerbseinkommen zum Teil zu kompensieren. Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf trage es hingegen nicht bei, weil es gerade in dem Zeitraum gewährt werde, in dem sich dieses Problem nicht stelle. Einen Beitrag zur Verhinderung des durch Kinder bedingten beruflichen "Karriereknicks", der in vielen Fällen der eigentliche Grund für den Verzicht auf Kinder sei, vermöge es ohnehin nicht zu leisten. Im Hinblick auf das einzige verbliebene Ziel, den Entgeltersatz für die Betreuung und Erziehung des Kindes, seien die §§ 2 und 4 BEEG zwar erforderlich, aber nicht angemessen. Insoweit spielten die durch das einfache Sozialrecht geprägten Sachgesetzlichkeiten eine entscheidende Rolle. Eine der insoweit wesentlichen, auch in der Kompetenzordnung des Grundgesetzes zum Ausdruck kommenden Unterscheidungen sei die Differenzierung zwischen beitrags- und steuerfinanzierten Sozialleistungen. Das überwiegend beitragsfinanzierte Sozialversicherungsrecht kenne zwar mit dem Elterngeld vergleichbare Entgeltersatzleistungen, deren Höhe von dem Erwerbseinkommen abhänge, das vor Eintritt des Versicherungsfalles bezogen wurde. Diese Ungleichbehandlung sei aber durch das Versicherungsprinzip nicht nur gerechtfertigt, sondern angezeigt, weil auch die Höhe der Beiträge bis zu einer Beitragsbemessungsgrenze proportional zum Erwerbseinkommen steige. Steuerfinanzierte Sozialleistungen bedürften, weil von der Gesamtgesellschaft finanziert, einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Grundlage sei insoweit das Sozialstaatsprinzip: Es berechtige und verpflichte den Staat zur Unterstützung im Falle der Bedürftigkeit (Fürsorge) und zur Tragung von Lasten, die Einzelnen aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden sind (Entschädigung). Das Sozialstaatsprinzip rechtfertige aber keine Entgeltersatzleistung, die ohne jegliche Vorleistung seitens der berechtigten Personen mit einem vor der Geburt des Kindes höheren Einkommen besser stelle als solche mit einem niedrigen oder gar keinem Einkommen, obwohl gerade dieser Personenkreis tendenziell bedürftiger sei. Das Elterngeld sei als einzige nicht-kausale steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung ein Fremdkörper im deutschen Sozialrecht. Es transportiere das einseitige Leitbild einer erwerbsarbeitsorientierten Erziehung und sei damit ebenso verfassungswidrig wie es die vielen vom nicht minder einseitigen Leitbild der Hausfrauenehe geprägten Rechtsvorschriften gewesen seien (so Kingreen in seinem Resumee, aaO, S. 64 ff.).
Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat diese Bedenken indes nicht aufgegriffen und dem Gesetzgeber den Versuch zugestanden, mit diesen Regelungen die traditionelle, Frauen von eigener Erwerbstätigkeit abhaltende Rollenverteilung aufzubrechen, um so dem Auftrag des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG entsprechend die Gleichberechtigung von Frauen und Männern tatsächlich durchzusetzen und bestehende Nachteile zu beseitigen. So wurde im Beschluss vom 19. August 2011, 1 BvL 15/11) der Normenkontrollantrag des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, das die Regelung des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG für verfassungswidrig hielt, weil sie ungerechtfertigt in die durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG geschützte Freiheit der Ehegatten und Eltern zur eigenverantwortlichen Ausgestaltung der innerfamiliären Aufgabenverteilung eingreife, indem sie die Gewährung des Elterngeldes zumindest für zwei Monate von einer bestimmten familiären Arbeitsverteilung abhängig mache, als unzulässig behandelt. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat hierzu unter Hinweis auf den gesetzgeberischen Einschätzungs- und Prognosespielraum ausgeführt, die Regelung zu den "Partnermonaten" ziele darauf ab, die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zu fördern und dadurch die einseitige Zuweisung der Betreuungsarbeit an die Frauen mit den nachteiligen Folgen auf dem Arbeitsmarkt aufzubrechen. Insoweit sei der Gesetzgeber auch verpflichtet, einer tradierten Rollenverteilung zu begegnen, nach der das Kind einseitig und dauerhaft dem "Zuständigkeitsbereich" der Mutter zugeordnet werde. Weiter sei zu berücksichtigen, dass ein vom Gesetzgeber gewähltes Mittel im verfassungsrechtlichen Sinn bereits dann geeignet sei, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden könne, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genüge. Im Ergebnis kann den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts entnommen werden, dass sich nach seiner Auffassung die geregelte Aufteilung der "Partnermonate" innerhalb des gesetzgeberischen Einschätzungs- und Prognosespielraums bewegt, Art. 6 Abs. 1 und 2 GG (Ehe und Familie bzw. Pflege und Erziehung der Kinder) "allenfalls am Rande" berührt werde und eine Verletzung von Artikel 3 Abs. 2 GG (Gleichberechtigung von Frauen und Männern) sei nicht ersichtlich.
Mit dem Nichtannahmebeschluss vom 20. April 2011 (1 BvR 1811/08) ist sodann entschieden worden, dass die für die Gewährung von Elterngeld maßgebliche Stichtagsregelung des § 27 Abs. 1 BEEG nicht zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG führe. In dem weiteren Nichtannahmebeschluss vom 6. Juni 2011 (1 BvR 2712/09) hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt, dass die Berücksichtigung von Elternzeit für zuvor geborene Kinder (die über die Bezugszeit von Elterngeld hinausgeht) bei der Berechnung des Elterngeldes für ein später geborenes Kind verfassungsrechtlich weder im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 GG noch Art. 6 Abs. 1 GG zu beanstanden ist. Letztlich hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 19. August 2011 (a.a.O.) - wie ausgeführt - die Regelung des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG zu den sog. Partnermonaten verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Diese Rechtsprechung hat die zuständige Kammer des Ersten Senats beim BVerfG nach Verkündung des vorliegenden Urteils während dessen Abfassung in zwei weiteren Beschlüssen fortgesetzt (v. 24. November 2011, 1 BVR 1457/11 und v. 9. November 2011, 1 BvR 1853/11). Der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie sei allenfalls am Rande in seiner abwehrrechtlichen Dimension betroffen. Zwar garantiere Art. 6 Abs. 1 und 2 GG die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb habe der Staat die Ehe- und die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß könnten Ehepaare nach eigenen Vorstellungen zwischen einer Doppelverdiener- und einer Einverdienerehe wählen und dürften Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden solle (vgl. BVerfGE 99, 216 (231)). Solche Entscheidungen seien grundsätzlich durch entsprechende Ausgestaltung des Elterngelds oder ähnlicher Leistungen mittelbar beeinflussbar. Die hier allein zu überprüfende Bemessung des zwölfmonatigen Elterngelds nach dem bisherigen Erwerbseinkommen beeinflusse diese Entscheidungen jedoch allenfalls am Rande. Insbesondere habe die Regelung des § 2 Abs. 1 BEEG keine intensive Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Einverdienerehen. Vielmehr schaffe nach der Geburt eines Kindes gerade die Einkommensersatzfunktion des Elterngelds einen tatsächlichen Anreiz, die Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes vorübergehend zu unterbrechen.
Unter Berücksichtigung all dieser Entscheidungen und des darin hervorgehobenen gesetzgeberischen Spielraumes im Rahmen von steuerfinanzierten Leistungen ist demnach die Ausgestaltung des Elterngeldes als Entgeltersatzleistung orientiert am vorherigen Einkommen nach Auffassung der 2. Kammer des Ersten Senats weder gestützt auf Art. 3 Abs. 2 GG noch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG zu beanstanden und durfte der Gesetzgeber das Ziel, eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zu fördern, auch in der Weise verfolgen, dass er die Höhe des Elterngeldes einkommensabhängig geregelt hat, um zu erreichen, dass auch der besserverdienende oder alleinverdienende Elternteil sich an der Erziehungsarbeit beteiligt.
Zwar ließe sich gegen diese Rechtsprechung der 2. Kammer einwenden, dass sie mit früheren Senatsentscheidungen kaum vereinbar scheint, in denen dem Gesetzgeber untersagt wurde, eine bestimmte Gestaltung des Familienlebens unmittelbar oder mittelbar zu erzwingen (vgl. insbesondere BVerfGE 6, 55 (81 f.)) oder in denen ausdrücklich die Gleichwertigkeit von Familien- und Erwerbsarbeit betont wird (so insbesondere der Leitsatz in BVerfGE 105, 1; vgl. auch BVerfGE 103, 242-271 zur Beitragsäquivalenz von Kindererziehung und Geldbeiträgen zur Gesetzlichen Pflegeversicherung), jedoch wurzelt diese Rechtsprechung und/oder wurzeln ihre Sachverhalte größtenteils in Zeiten vor dem Inkrafttreten von Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG, der mit Wirkung vom 15. November 1994 eingeführt wurde. Angesichts der vorgetragenen Zweifel an der Geeignetheit der Regelungen zur Erreichung einzelner Gesetzeszwecke (dazu z.B. Kingreen, aaO, S. 34 ff.) erscheint es auch unbefriedigend, dass die 2. Kammer die Absichten des Gesetzgebers und seine dazu aufgestellten Prognosen unhinterfragt akzeptiert, ohne den Inhalt des zur Prüfung stehenden Gesetzes und die für seine Gestaltung maßgebend gewordenen Erwägungen des Gesetzgebers im Einzelnen zu analysieren (vgl. dazu Kluth, Beweiserhebung und Beweiswürdigung durch das Bundesverfassungsgericht, NJW 1999, 3513), jedoch gingen den Kammerentscheidungen jeweils instanzgerichtliche Entscheidungen der zur Sachaufklärung berufenen Sozialgerichtsbarkeit voraus (vgl. dazu BVerfGE 17, 135 (138); 18, 186 (192)).
Angesichts der mehrfachen einschlägigen und klaren Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sieht sich der Senat nach allem also gehindert, eine hiervon abweichende Auffassung entscheidungserheblich zu vertreten.
Im Ergebnis steht der Klägerin kein über 375,00 EUR monatlich hinausgehender Anspruch auf Elterngeld zu.
Die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig. Streitig ist dabei insbesondere die Begrenzung des Bezugs von Elterngeld auf höchstens 12 Monate für ein Elternteil. Weiter streiten die Beteiligten über die Höhe des der Klägerin zu gewährenden Elterngeldes.
Die Klägerin und ihr Ehemann, Herr B. A., sind Eltern des 2007 geborenen zweiten Kindes C.; das erste Kind D. ist 2005 geboren. Sie stellten am 28. Juni 2007 Antrag auf Elterngeld und legten für die Klägerin einen Bezugszeitraum vom 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes fest. Ergänzend führte die Klägerin aus, sie beantrage Gewährung von Elterngeld für den vollen Bezugszeitraum von 14 Monaten. Sie sehe eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darin, dass der Gesetzgeber lediglich für alleinerziehende Elternteile und gemeinsam erziehende Elternteile, die beide Elternzeit in Anspruch nähmen, einen Bezugszeitraum von 14 Monaten vorgesehen habe. Weiter machte die Klägerin geltend, sie begehre den monatlichen Höchstbetrag von 1.800,00 EUR. Es handele sich bei dem Elterngeld um eine steuerfinanzierte Leistung, weshalb der Gesetzgeber unter Beachtung von Art. 6 GG gehalten gewesen sei, für jedes Kind gleiche Leistungen zu erbringen. Insofern sei es lediglich gerechtfertigt gewesen, nach der Kinderzahl, nicht aber nach der Höhe des vorherigen Einkommens zu unterscheiden. Im Übrigen entschied sich die Klägerin für den halben Monatsbetrag bei doppelter Laufzeit.
Durch Bescheid vom 10. Juli 2007 bewilligte der Beklagte antragsgemäß Elterngeld für die Zeit vom 10. Juni 2007 bis 9. Juni 2008 in Höhe von monatlich jeweils 375,00 EUR, wobei antragsgemäß eine Halbierung der Auszahlung mit einem Betrag von monatlich 187,50 EUR bis zum 9. Juni 2009 geregelt wurde. Zur Höhe führte der Beklagte aus, das Elterngeld betrage monatlich mindestens 300,00 EUR, wobei dies auch gelte, wenn in dem maßgeblichen Zwölf-Monats-Zeitraum vor der Geburt kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt worden sei. Dies treffe auf die Klägerin nach ihren Angaben im Rahmen der Antragstellung zu. Weiter erfülle die Klägerin die Voraussetzungen für den Geschwisterbonus in Höhe von 75,00 EUR pro Lebensmonat.
Die Klägerin erhob Widerspruch am 18. Juli 2007 und führte aus, als nicht berufstätige erziehende Ehefrau und Mutter zweier kleiner Kinder sehe sie in den Regelungen des Bundeselterngeldgesetzes einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG und eine Verletzung des in Art. 6 GG geregelten Schutzes von Ehe und Familie. Sie begehrte unter Wiederholung der im Rahmen der Antragstellung gegebenen Begründung erneut Elterngeld für 14 Monate und wandte sich nochmals gegen die einkommensabhängige Höhe des Elterngeldes.
Durch Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG liege nicht vor. Die Regelung des 14 monatigen Bezugszeitraumes für Alleinerziehende trage den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung, wonach nicht mehr von einem grundsätzlichen Zusammenleben und -wirtschaften beider Elternteile mit ihren Kindern ausgegangen werden könne. Darüber hinaus seien regelmäßig die wirtschaftlichen Probleme Alleinerziehender noch immer größer als die von Familien mit beiden Elternteilen. Insofern sei eine differenzierte Behandlung von Elternteilen in einer Gemeinschaft und Alleinerziehenden durch den Gesetzgeber begründet. Zur Höhe des Elterngeldes sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine steuerfinanzierte Leistung handele, die einem besonderen Gestaltungsrecht des Gesetzgebers unterliege. Dementsprechend sei nicht zu beanstanden, dass die individuelle Höhe des Erwerbseinkommens des leistungsbeziehenden Elternteiles maßgeblich für die Höhe des Elterngeldes sei. Zweck des BEEG sei, Eltern in der Frühphase der Elternschaft zu unterstützen und dazu beizutragen, dass sie in diesem Zeitraum selbst für ihre Kinder sorgen könnten und ihre wirtschaftliche Existenz gesichert werde. Weitere Absicht des Gesetzgebers sei gewesen, grundsätzlich die eigene Betreuungsleistung und Erziehung der Eltern anzuerkennen. So hätten Elternteile, die nicht voll erwerbstätig seien, Anspruch auf das Mindestelterngeld in Höhe von 300,00 EUR, auch wenn vor der Geburt keine Erwerbstätigkeit bestanden habe. Insgesamt liege keine verfassungswidrige Benachteiligung vor.
Mit der am 6. November 2007 erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter und trug vor, die in § 4 Abs. 3 BEEG geregelte Begrenzung des Bezugszeitraumes auf 12 Monate für ein Elternteil verletze sie in ihrem Grundrecht aus Art. 6 GG. Insofern könnten Eltern selbst entscheiden, wer den Hauptanteil an der Erziehung übernehme. Eine Rechtfertigung für den Eingriff in dieses Recht aufgrund der Regelungen des BEEG sei nicht ersichtlich und diese Regelungen führten zu einer Benachteiligung von Eltern, von denen nur ein Elternteil erwerbstätig sei. Insoweit sei auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gegeben. Die vorliegende Ungleichbehandlung könne nur dadurch beseitigt werden, dass § 4 BEEG verfassungskonform in der Weise ausgelegt werde, dass ihr ein Anspruch auf 14 Monate Elterngeld zugestanden werde. Auch im Hinblick auf die vom Gesetzgeber geregelte Höhe des Elterngeldes sei ein Verstoß gegen Art. 3 GG und Art. 6 GG gegeben. Insofern sei es nicht gerechtfertigt, dass im Hinblick auf die einkommensabhängige Berechnung des Elterngeldes Besserverdienende gegenüber Geringverdienern oder gegenüber Eltern ohne Einkommen bevorzugt würden. Zur Vermeidung eines Verfassungsverstoßes müsse ihr Elterngeld in Höhe des Höchstbetrages von 1.800,00 EUR zugesprochen werden.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 23. September 2008 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe zutreffend Elterngeld in Höhe von 375,00 EUR monatlich für 12 Monate gewährt. Dieser Betrag ergebe sich als Anspruch aus § 2 Abs. 5 und Abs. 4 BEEG sowie § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG für verheiratete Personen, die nur für sich Elterngeld beantragten, vor der Geburt des Kindes kein Erwerbseinkommen erzielt hätten und mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, zusammen in einem Haushalt lebten. Die Anwendung dieser Vorschriften führe auch nicht zu einem Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes aus Art. 3 GG. Insofern sei die Situation der Klägerin nicht vergleichbar mit den Fallgestaltungen, bei denen der Gesetzgeber eine Anspruchsberechtigung für 14 Monate vorgesehen habe. So seien alleinerziehende Elternteile in der Regel mehr belastet und in den allermeisten Fällen finanziell schlechter gestellt. Ebenso sei die Situation der Klägerin nicht vergleichbar mit der Aufteilung der Bezugszeit von Elterngeld auf zwei Elternteile mit der Folge, dass ein Elternteil maximal 12 Monate und der andere Elternteil für die restlichen beiden Monate Elterngeld beziehen könne. Das erklärte Ziel der Leistung Elterngeld sei unter anderem, dass Eltern nach der Geburt eines Kindes schneller und möglichst beide wieder ins Erwerbsleben zurückkehrten. Dieses angesichts der ungünstigen demographischen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland volkswirtschaftlich erwünschte Verhalten werde durch die genannte Regelung effektiv gefördert. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Staat im Rahmen steuerfinanzierter Familienleistungen zur Verfolgung seiner gesamtgesellschaftlichen Ziele gestaltend eingreifen und erwünschtes Verhalten besonders honorieren könne, soweit nur unerwünschtes Verhalten nicht gänzlich ohne Familienförderung bliebe. Insgesamt habe der Gesetzgeber eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung geregelt. Dies gelte gleichermaßen, soweit der Gesetzgeber ein Mindestelterngeld in Höhe von 300,00 EUR monatlich und eine Höchstgrenze von 1800,00 EUR monatlich geregelt habe. Insofern sei Ziel gewesen, einen Anreiz zur Elternschaft auch für diejenigen Personen zu schaffen, die sich bisher mit Erwerbseinkommen unterhalten hätten. Soweit der Gesetzgeber das Elterngeld als Entgeltersatzleistung unter gleichzeitiger Einführung eines einkommensunabhängigen Mindestbetrages und einer Ersatzhöchstleistung konzipiert habe, stelle dies keine grundlose Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Sachverhalten dar.
Gegen dieses der Klägerin am 19. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. Dezember 2008 vor dem Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und trägt insbesondere vor, der Gesetzgeber habe ungerechtfertigt in die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte freie Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft eingegriffen, indem er einen maximalen Bezugszeitraum von 12 Monaten Elterngeld geregelt habe. Im Hinblick auf die Höhe des Elterngeldes sei daran festzuhalten, dass sie gegenüber denjenigen, die vor der Geburt in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis gestanden hätten, benachteiligt werde. Vielmehr sei es Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, jede Geburt gleichermaßen zu würdigen und dementsprechend grundsätzlich alle Eltern gleichzubehandeln. Insofern hätte der Gesetzgeber eine Differenzierung nach der Zahl der Kinder vornehmen können, jedoch nicht nach dem Einkommen der Eltern.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. September 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2007 zu verurteilen, ihr Elterngeld für den 1. bis 14. Lebensmonat des Kindes C. in Höhe von monatlich 1.800,00 EUR abzüglich der für den 1. bis 12. Lebensmonat monatlich gezahlten 375,00 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht durch Urteil vom 23. September 2008 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 10. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2007, mit dem ein über das zuerkannte Mindestelterngeld in Höhe von 300,00 EUR (zzgl. Geschwisterbonus in Höhe von 75,00 EUR) für 12 Lebensmonate hinausgehender Anspruch der Klägerin auf Elterngeld auch für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes sowie auf höheres Elterngeld für den gesamten Zeitraum von 1.800,00 EUR monatlich abgelehnt worden ist, ist nicht zu beanstanden.
Die Klägerin erfüllt zunächst alle Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG für den Bezug von Elterngeld während des Bezugszeitraumes vom 10. Juni 2007 bis 9. Juni 2008 im Hinblick auf das am 10. Juni 2007 geborene Kind C., was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Soweit die Klägerin demgegenüber Elterngeld für zwei weitere Lebensmonate des Kindes begehrt, vermochte sich der Senat der von ihr vertretenen Rechtsauffassung nicht anzuschließen.
Nach § 4 Abs. 2 S. 2 u. 3 BEEG haben Eltern insgesamt Anspruch auf 12 Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Ein Elternteil kann höchstens für 12 Monate Elterngeld beziehen (§ 4 Abs. 3 S. 1 BEEG). Eine Ausnahme hiervon hat der Gesetzgeber in § 4 Abs. 3 S. 3 BEEG geregelt, wonach ein Elternteil für 14 Monate Elterngeld beziehen kann, wenn eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und mit der Betreuung durch den anderen Elternteil eine Gefährdung des Kindeswohls i.S. von § 1666 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verbunden wäre oder die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich ist, insbesondere weil er wegen einer schweren Krankheit oder Schwerbehinderung sein Kind nicht betreuen kann. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung treffen auf die Klägerin nicht zu, was ebenfalls zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Die Anwendung der genannten Vorschriften führt zu einer Begrenzung des Anspruchs der Klägerin auf 12 Monate. Dem hat der Beklagte Rechnung getragen und mit dem angefochtenen Bescheid das beantragte Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes C., mithin für die Zeit vom 10. Juni 2007 bis 9. Juni 2008 bewilligt. Soweit die Klägerin eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG sowie eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend geltend macht, dass ihr für zwei weitere Monate Elterngeld zugestanden werden müsse, vermochte der Senat dem nicht beizutreten. Nach den Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache - BT-Drucks. - 16/1889 S. 15) ging der Gesetzgeber bei dem vierzehnmonatigen Maximalzeitraum von einer zwölfmonatigen Kernzeit und zwei zusätzlichen Partnermonaten aus, die als Bonus für einen aktiven Beitrag des anderen Elternteils zur Kindererziehung gewährt werden. Er verfolgte das Ziel, für Männer die Chancen zu verbessern, aktive Väter zu sein, und Frauen die Rückkehr in das Berufsleben zu erleichtern. Zugleich wurde deutlich gemacht, dass das Gesetz keine Aufgabenverteilung in den Familien festlegen, sondern unterschiedliche Präferenzen für Beruf und Familie im Sinne eines Beitrags für die Gleichstellung der Geschlechter unterstützen wolle. Dementsprechend ist weiter in der Begründung zum Gesetzentwurf ausdrücklich ausgeführt (BT-Drucks. 16/1889 S. 16 u. 23), dass ein Elternteil das Elterngeld grundsätzlich nur bis zu 12 Monate erhalten könne und zwei weitere Monate (Partnermonate) dem anderen Elternteil vorbehalten seien. Hierdurch werde zum einen eine Anreizwirkung erreicht, sich bis zum Ablauf des auf 12 Monate begrenzten Bezugszeitraums um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur eigenständigen Sicherung der Lebensgrundlage zu bemühen. Zum anderen werde eine partnerschaftliche Teilung von Erwerbs- und Familienarbeit erleichtert.
Auch das weitere Begehren der Klägerin, für den gesamten Zeitraum des Bezugs von Elterngeld den monatlichen Höchstbetrag von 1.800,00 EUR von dem Beklagten zu erhalten, ist nicht begründet. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300,00 EUR gezahlt (§ 2 Abs. 5 S. 1 BEEG). Lebt die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder mit drei oder mehr Kindern, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt, so wird das zustehende Elterngeld um 10 %, mindestens um 75,00 EUR erhöht (sog. Geschwisterbonus gemäß § 2 Abs. 4 S. 1 BEEG).
Davon ausgehend hat der Beklagte hier in zutreffender Anwendung der genannten Vorschriften Elterngeld in Höhe des Sockelbetrages von 300,00 EUR angesetzt, weil die Klägerin im maßgeblichen 12-monatigen Bemessungszeitraum vom Juni 2006 bis Mai 2007 kein Erwerbseinkommen erzielt hat. Weiter hat der Beklagte zutreffend angesichts des am 24. Mai 2005 geborenen ersten Kindes der Klägerin, D., den Geschwisterbonus in Höhe von 75,00 EUR gewährt.
Zur Höhe des Elterngeldes ist in der Begründung des Gesetzesentwurfs ausgeführt (BT-Drucks. 16/1889, S. 15), dass die Orientierung des Elterngeldes am individuellen Einkommen es Paaren erleichtern will, in einem überschaubaren Zeitraum auf das höhere Einkommen zu verzichten. Eltern, die ihr Kind in einem Maße selbst betreuen, das über das hinausgeht, was bei voller Erwerbstätigkeit möglich ist, sollen ein Elterngeld in Höhe von mindestens 300,00 EUR erhalten. Weiter enthält die Entwurfsbegründung (BT-Drucks. 16/1889, S. 19) den Hinweis darauf, dass Eltern die Möglichkeit eröffnet werden soll, ihre Erwerbstätigkeit zu unterbrechen oder einzuschränken, um sich vorrangig der Betreuung ihres neugeborenen Kindes zu widmen. Mit einem Elterngeld in Höhe von 67 % des vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten Nettoentgeltes solle die Lebensgrundlage der Familie in dieser Frühphase der Elternschaft abgesichert werden.
Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass die Regelungen der §§ 2 und 4 des BEEG sich besonders für Mehrkinderfamilien nachteilig auswirken (können) und deshalb im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie auf das aus Artikel 6 Abs. 1 GG folgende Fördergebot problematisch erscheinen. Auch das ebenfalls in Artikel 6 Abs. 1 GG enthaltene Neutralitätsgebot könnte verletzt sein, da der Gesetzgeber mit diesen Normen seine Präferenz für eine eng begrenzte Erwerbsabstinenz und somit für das Leitbild der erwerbsorientierten Erziehung offen erklärt und stringent umgesetzt hat.
Dabei ist allerdings nicht zu übersehen, dass die vom Gesetzgeber genannten Zwecke nahezu wortgleich auch den ausdrücklichen Wünschen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie entsprechen, wie sich dem gemeinsamen Strategiepapier des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und des Instituts der deutschen Wirtschaft, BH., vom November 2004 "Bevölkerungsorientierte Familienpolitik - ein Wachstumsfaktor" entnehmen lässt (S. 17): "Durch die Einführung eines einkommensabhängigen Elterngeldes für maximal 12 Monate werden die Anreize erhöht, früher in den Job zurückzukehren.Aus wirtschaftlicher sowie bevölkerungsorientierter Sicht ist es daher wünschenswert, dass Mütter ein Jahr nach der Geburt eines Kindes in den Job zurückkehren." Darüber hinaus entspricht die Mobilisierung der Erwerbsreserve "Hausfrau" auch den erklärten Interessen der Kapitalmarktakteure, die wegen der im Zuge der demographischen Entwicklung einhergehenden Verknappung des Produktionsfaktors Arbeit die Befürchtung sinkender Kapitalrenditen hegen (vgl. z.B. Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, GDV Volkswirtschaft, Themen und Analysen, Nummer 1, Altersvorsorge und demographischer Wandel: Kein Vorteil für das Kapitaldeckungsverfahren?, Berlin 2003, S. 6). Da Art. 6 Abs. 1 GG sich als Freiheitsrecht aber gegen jegliche Instrumentalisierung der Familie wendet (dazu z.B. Baer, Susanne, Demografischer Wandel und Generationengerechtigkeit, VVDStRL 68 (2009), S. 290 (323f.)), ist die Frage, ob das Elterngeld, welches erklärtermaßen die Anreizwirkung zur frühzeitigen Erwerbsrückkehr verfolgt, damit vereinbar ist, offenkundig berechtigt.
Diese Frage stellt sich umso mehr, als zu bezweifeln ist, dass der Gesetzgeber bei seinen Überlegungen die Realitäten der frühkindlichen Fremdbetreuung berücksichtigt hat, welche soweit ersichtlich - nach einhelliger Expertenansicht hinsichtlich der entscheidenden Qualitätsdimensionen der Struktur-, Orientierungs-, Prozess- und Organisationsqualität zumeist weit von den Standards entfernt sind, welche mit Rücksicht auf das Kindeswohl zu verlangen sind; die Ergebnisse einer vergleichenden Untersuchung der OECD-Standards zeigten vielmehr, dass die deutschen Richtlinien unter denen des europäischen Durchschnitts lägen und deutlich schlechter seien, als die von weltweiten Expertengruppen für eine gute Qualität geforderten notwendigen Mindeststandards z.B. bezüglich Personalschlüssel, Gruppengröße oder Ausbildungsstand der Erzieherinnen. Neuere Untersuchungen zeigten, dass zwar die Anforderungen an die Kindertageseinrichtungen im Zuge der Einführung von Bildungsplänen immens gestiegen seien, dass aber die Ressourcen, die in Kindertageseinrichtungen für die Umsetzung der Bildungspläne und für eine qualitativ hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern zur Verfügung stünden, zurückgingen. Hier klafften - gerade auch im Zusammenhang mit dem Ausbau der Plätze für Kinder unter drei Jahren - Anspruch und Wirklichkeit immer mehr auseinander. Nur bei bester Qualität der außerfamiliären Betreuung sei eine Ganztagesbetreuung selbst bei einem Schulkind vertretbar - es müsse noch genügend Zeit und Kraft für die Eltern-Kind-Beziehung bleiben (sowohl von dem berufstätigen Elternteil als auch vom Kind aus gesehen). Die Familie stelle die wichtigste Ressource für die kindliche Entwicklung dar (so die Leiterin des Staatsinstituts für Frühpädagogik/München Fabienne Becker-Stoll, FAmRZ 2010, S. 77 ff (80); vgl. statt vieler auch Bensel, J., Haug-Schnabel, G., Datenvergleich zu Qualitätsrichtlinien in Krippen (OECD & Deutschland), Recherche der Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen (FVM)/Kandern, im Auftrag des Universitäts-Klinikums Hamburg-Eppendorf, Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters (April 2007); zum Meinungsstand und kritisch zu den vielfältigen und weitreichenden Versäumnissen der Familienpolitik auch Lenze, Anne, Der Staat als Kindeswohlgefährder, Betrifft Justiz 2010, S. 348ff.; ferner BT-Drucks. 17/714 v. 15. Februar 2010; BT Drucks. 17/6967 v. 9. September 2011).
In Literatur und Rechtsprechung sind die Regelungen der §§ 2 und 4 BEEG - selbst ohne dass auf diese vorstehenden Befunde und die zugleich mit ihnen angesprochenen Aspekte der Kindeswohlgefährdung und des staatlichen Wächteramts eingegangen wird - denn verfassungsrechtlich auch heftig umstritten. So sah das LSG Niedersachsen-Bremen in seinem Vorlagebeschluss vom 13. April 2011 (L 2 EG 20/10) eine Missachtung der dem Staat durch Art 6 Abs 1 und 2 GG auferlegten Verpflichtung, die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren, da er (bezogen auf den Regelfall) einen Anspruch auf Elterngeld für den 13. und 14. Bezugsmonat von einer spezifischen Ausgestaltung der innerfamiliären Aufgabenverteilung im Sinne der Inanspruchnahme sog Partner- bzw. Partnerinnenmonate abhängig mache (mit Anm. von Dau, Dirk, jurisPR-SozR 19/2011 Anm. 3 ; vgl. zur Literatur weiter Müller-Terpitz, JZ 2006, 991ff.; Brosius-Gersdorf, NJW 2007, 177 ff.; dies. VSSR 2008, 299 ff.; Seiler, NVwZ 2007, 129 ff.; Felix, RdJB 2007, 165, 172 ff.; Quambusch, ZfSH/SGB 2007, 529; Jung, SGb 2007, 449, 451; Salaw-Hanslmaier, ZRP 2008, 140 ff.; Weilert, DVBl 2010, 164). In einem ausführlichen Rechtsgutachten hat auch Thorsten Kingreen (Zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 2 und 4 Bundeselterngeldgesetz, Rechtsgutachten im Auftrag der Ökologisch-Demokratischen Partei, Dezember 2010, (http://www.ödp.de/fileadmin/userupload/ bundesverband/programm/programme/RechtsgutachtenElterngeldklage.pdf) mit guten Gründen die Auffassung vertreten, dass die Vorschriften der §§ 2 und 4 BEEG einen Eingriff in die von Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1, 2 GG geschützte Sphäre beinhalteten. Sie stünden für das Leitbild einer erwerbsarbeitsorientierten Erziehung, in der die familiäre Betreuung und Erziehung eines Kindes als vorübergehende Störung einer im Dienste gesamtwirtschaftlicher Interessen stehenden Erwerbstätigkeit erscheine. Zwar sei dieses Leitbild nicht unmittelbarer Regelungsgegenstand. Eingriffe seien aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch mittelbar wirkende, subkutane Regelungen, die geeignet seien, die Grundrechtsträger insbesondere durch finanzielle Anreizeffekte zu einer bestimmten Aufgabenverteilung in der Partnerschaft zu bewegen. Partner, die den durch die §§ 2 und 4 BEEG aufgestellten idealen Ablaufplan zwischen Familien- und Berufsplanung nicht verfolgten, erlitten erhebliche finanzielle Einbußen, insbesondere Mehrkindfamilien und junge Eltern. Die Erwerbsarbeitsorientierung des Elterngeldes unterstreiche insbesondere der Vergleich mit den Vorgängerbestimmungen im Bundeserziehungsgeldgesetz, die sich noch am Bedarf von Kind und Eltern, nicht aber am vorangegangenen Erwerbserfolg ausgerichtet hätten. Der Gesetzgeber dürfe auch im Lebensbereich Ehe und Familie "Partei ergreifen", müsse sich dafür aber rechtfertigen. Insoweit komme es darauf an, ob die Ungleichbehandlung und der Freiheitseingriff dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten, d. h. es müsse ein legitimes Ziel verfolgt werden und die Beeinträchtigungen müssten geeignet, erforderlich und angemessen sein. Der Gesetzgeber unterliege insoweit einem Begründungsverbot dahingehend, dass die Inanspruchnahme nicht intrinsisch bewertet werden dürfe. Die Ziele des Gesetzes ergäben sich in unterschiedlicher Deutlichkeit und Konsistenz aus der Gesetzesbegründung. Das Ziel, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beizutragen, sei als solches ebenso legitim wie die Funktion des Elterngeldes als Entgeltersatz. Zur Steigerung der Geburtenzahl könne es hingegen nicht beitragen, habe es nicht beigetragen und solle es offenbar auch nicht beitragen. Wie es Paare beeinflussen solle, früher Kinder zu bekommen, bleibe unklar, weil das Gesetz mit der Anknüpfung an das Erwerbseinkommen just einen gegenläufigen Anreiz setze. Die §§ 2 und 4 BEEG seien lediglich geeignet, das durch die Betreuung und Erziehung entgangene Erwerbseinkommen zum Teil zu kompensieren. Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf trage es hingegen nicht bei, weil es gerade in dem Zeitraum gewährt werde, in dem sich dieses Problem nicht stelle. Einen Beitrag zur Verhinderung des durch Kinder bedingten beruflichen "Karriereknicks", der in vielen Fällen der eigentliche Grund für den Verzicht auf Kinder sei, vermöge es ohnehin nicht zu leisten. Im Hinblick auf das einzige verbliebene Ziel, den Entgeltersatz für die Betreuung und Erziehung des Kindes, seien die §§ 2 und 4 BEEG zwar erforderlich, aber nicht angemessen. Insoweit spielten die durch das einfache Sozialrecht geprägten Sachgesetzlichkeiten eine entscheidende Rolle. Eine der insoweit wesentlichen, auch in der Kompetenzordnung des Grundgesetzes zum Ausdruck kommenden Unterscheidungen sei die Differenzierung zwischen beitrags- und steuerfinanzierten Sozialleistungen. Das überwiegend beitragsfinanzierte Sozialversicherungsrecht kenne zwar mit dem Elterngeld vergleichbare Entgeltersatzleistungen, deren Höhe von dem Erwerbseinkommen abhänge, das vor Eintritt des Versicherungsfalles bezogen wurde. Diese Ungleichbehandlung sei aber durch das Versicherungsprinzip nicht nur gerechtfertigt, sondern angezeigt, weil auch die Höhe der Beiträge bis zu einer Beitragsbemessungsgrenze proportional zum Erwerbseinkommen steige. Steuerfinanzierte Sozialleistungen bedürften, weil von der Gesamtgesellschaft finanziert, einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Grundlage sei insoweit das Sozialstaatsprinzip: Es berechtige und verpflichte den Staat zur Unterstützung im Falle der Bedürftigkeit (Fürsorge) und zur Tragung von Lasten, die Einzelnen aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden sind (Entschädigung). Das Sozialstaatsprinzip rechtfertige aber keine Entgeltersatzleistung, die ohne jegliche Vorleistung seitens der berechtigten Personen mit einem vor der Geburt des Kindes höheren Einkommen besser stelle als solche mit einem niedrigen oder gar keinem Einkommen, obwohl gerade dieser Personenkreis tendenziell bedürftiger sei. Das Elterngeld sei als einzige nicht-kausale steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung ein Fremdkörper im deutschen Sozialrecht. Es transportiere das einseitige Leitbild einer erwerbsarbeitsorientierten Erziehung und sei damit ebenso verfassungswidrig wie es die vielen vom nicht minder einseitigen Leitbild der Hausfrauenehe geprägten Rechtsvorschriften gewesen seien (so Kingreen in seinem Resumee, aaO, S. 64 ff.).
Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat diese Bedenken indes nicht aufgegriffen und dem Gesetzgeber den Versuch zugestanden, mit diesen Regelungen die traditionelle, Frauen von eigener Erwerbstätigkeit abhaltende Rollenverteilung aufzubrechen, um so dem Auftrag des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG entsprechend die Gleichberechtigung von Frauen und Männern tatsächlich durchzusetzen und bestehende Nachteile zu beseitigen. So wurde im Beschluss vom 19. August 2011, 1 BvL 15/11) der Normenkontrollantrag des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, das die Regelung des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG für verfassungswidrig hielt, weil sie ungerechtfertigt in die durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG geschützte Freiheit der Ehegatten und Eltern zur eigenverantwortlichen Ausgestaltung der innerfamiliären Aufgabenverteilung eingreife, indem sie die Gewährung des Elterngeldes zumindest für zwei Monate von einer bestimmten familiären Arbeitsverteilung abhängig mache, als unzulässig behandelt. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat hierzu unter Hinweis auf den gesetzgeberischen Einschätzungs- und Prognosespielraum ausgeführt, die Regelung zu den "Partnermonaten" ziele darauf ab, die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zu fördern und dadurch die einseitige Zuweisung der Betreuungsarbeit an die Frauen mit den nachteiligen Folgen auf dem Arbeitsmarkt aufzubrechen. Insoweit sei der Gesetzgeber auch verpflichtet, einer tradierten Rollenverteilung zu begegnen, nach der das Kind einseitig und dauerhaft dem "Zuständigkeitsbereich" der Mutter zugeordnet werde. Weiter sei zu berücksichtigen, dass ein vom Gesetzgeber gewähltes Mittel im verfassungsrechtlichen Sinn bereits dann geeignet sei, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden könne, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genüge. Im Ergebnis kann den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts entnommen werden, dass sich nach seiner Auffassung die geregelte Aufteilung der "Partnermonate" innerhalb des gesetzgeberischen Einschätzungs- und Prognosespielraums bewegt, Art. 6 Abs. 1 und 2 GG (Ehe und Familie bzw. Pflege und Erziehung der Kinder) "allenfalls am Rande" berührt werde und eine Verletzung von Artikel 3 Abs. 2 GG (Gleichberechtigung von Frauen und Männern) sei nicht ersichtlich.
Mit dem Nichtannahmebeschluss vom 20. April 2011 (1 BvR 1811/08) ist sodann entschieden worden, dass die für die Gewährung von Elterngeld maßgebliche Stichtagsregelung des § 27 Abs. 1 BEEG nicht zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG führe. In dem weiteren Nichtannahmebeschluss vom 6. Juni 2011 (1 BvR 2712/09) hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt, dass die Berücksichtigung von Elternzeit für zuvor geborene Kinder (die über die Bezugszeit von Elterngeld hinausgeht) bei der Berechnung des Elterngeldes für ein später geborenes Kind verfassungsrechtlich weder im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 GG noch Art. 6 Abs. 1 GG zu beanstanden ist. Letztlich hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 19. August 2011 (a.a.O.) - wie ausgeführt - die Regelung des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG zu den sog. Partnermonaten verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Diese Rechtsprechung hat die zuständige Kammer des Ersten Senats beim BVerfG nach Verkündung des vorliegenden Urteils während dessen Abfassung in zwei weiteren Beschlüssen fortgesetzt (v. 24. November 2011, 1 BVR 1457/11 und v. 9. November 2011, 1 BvR 1853/11). Der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie sei allenfalls am Rande in seiner abwehrrechtlichen Dimension betroffen. Zwar garantiere Art. 6 Abs. 1 und 2 GG die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb habe der Staat die Ehe- und die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß könnten Ehepaare nach eigenen Vorstellungen zwischen einer Doppelverdiener- und einer Einverdienerehe wählen und dürften Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden solle (vgl. BVerfGE 99, 216 (231)). Solche Entscheidungen seien grundsätzlich durch entsprechende Ausgestaltung des Elterngelds oder ähnlicher Leistungen mittelbar beeinflussbar. Die hier allein zu überprüfende Bemessung des zwölfmonatigen Elterngelds nach dem bisherigen Erwerbseinkommen beeinflusse diese Entscheidungen jedoch allenfalls am Rande. Insbesondere habe die Regelung des § 2 Abs. 1 BEEG keine intensive Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Einverdienerehen. Vielmehr schaffe nach der Geburt eines Kindes gerade die Einkommensersatzfunktion des Elterngelds einen tatsächlichen Anreiz, die Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines Kindes vorübergehend zu unterbrechen.
Unter Berücksichtigung all dieser Entscheidungen und des darin hervorgehobenen gesetzgeberischen Spielraumes im Rahmen von steuerfinanzierten Leistungen ist demnach die Ausgestaltung des Elterngeldes als Entgeltersatzleistung orientiert am vorherigen Einkommen nach Auffassung der 2. Kammer des Ersten Senats weder gestützt auf Art. 3 Abs. 2 GG noch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG zu beanstanden und durfte der Gesetzgeber das Ziel, eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zu fördern, auch in der Weise verfolgen, dass er die Höhe des Elterngeldes einkommensabhängig geregelt hat, um zu erreichen, dass auch der besserverdienende oder alleinverdienende Elternteil sich an der Erziehungsarbeit beteiligt.
Zwar ließe sich gegen diese Rechtsprechung der 2. Kammer einwenden, dass sie mit früheren Senatsentscheidungen kaum vereinbar scheint, in denen dem Gesetzgeber untersagt wurde, eine bestimmte Gestaltung des Familienlebens unmittelbar oder mittelbar zu erzwingen (vgl. insbesondere BVerfGE 6, 55 (81 f.)) oder in denen ausdrücklich die Gleichwertigkeit von Familien- und Erwerbsarbeit betont wird (so insbesondere der Leitsatz in BVerfGE 105, 1; vgl. auch BVerfGE 103, 242-271 zur Beitragsäquivalenz von Kindererziehung und Geldbeiträgen zur Gesetzlichen Pflegeversicherung), jedoch wurzelt diese Rechtsprechung und/oder wurzeln ihre Sachverhalte größtenteils in Zeiten vor dem Inkrafttreten von Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG, der mit Wirkung vom 15. November 1994 eingeführt wurde. Angesichts der vorgetragenen Zweifel an der Geeignetheit der Regelungen zur Erreichung einzelner Gesetzeszwecke (dazu z.B. Kingreen, aaO, S. 34 ff.) erscheint es auch unbefriedigend, dass die 2. Kammer die Absichten des Gesetzgebers und seine dazu aufgestellten Prognosen unhinterfragt akzeptiert, ohne den Inhalt des zur Prüfung stehenden Gesetzes und die für seine Gestaltung maßgebend gewordenen Erwägungen des Gesetzgebers im Einzelnen zu analysieren (vgl. dazu Kluth, Beweiserhebung und Beweiswürdigung durch das Bundesverfassungsgericht, NJW 1999, 3513), jedoch gingen den Kammerentscheidungen jeweils instanzgerichtliche Entscheidungen der zur Sachaufklärung berufenen Sozialgerichtsbarkeit voraus (vgl. dazu BVerfGE 17, 135 (138); 18, 186 (192)).
Angesichts der mehrfachen einschlägigen und klaren Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sieht sich der Senat nach allem also gehindert, eine hiervon abweichende Auffassung entscheidungserheblich zu vertreten.
Im Ergebnis steht der Klägerin kein über 375,00 EUR monatlich hinausgehender Anspruch auf Elterngeld zu.
Die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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