L 4 KR 4082/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 2792/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4082/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 08. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger von der Beklagten die Erstattung von EUR 46.529,90 für stationäre Behandlungen in der nicht als Vertragskrankenhaus zugelassenen G. Klinik, Fachklinik für Wirbelsäulen- und Gelenkchirurgie in S., vom 17. bis 20. März 2009 sowie vom 10. bis 27. Mai 2009 verlangen kann.

Der am 1936 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er litt seit mehreren Jahren an starken Beschwerden, die sich nach seinem Vorbringen als Kopf- und Nackenschmerzen, Sehprobleme, Ohrenverschluss, Tinnitus, Rückenschmerzen, Schmerzen im Schultergürtel mit Ausstrahlung in die Arme und taube Finger, schwere Beine mit Gangunsicherheit, Gleichgewichtsstörungen, Schwindel, Erschütterungsschmerzen, Koordinationsstörungen sowie Kräfteschwund äußerten. Er ließ sich deshalb nach seinen Angaben in der Vergangenheit von Dr. T. mit Triggerstoßwellen und Dr. B. mit Eigenblut behandeln und in der L.-Klinik, T., der W.-Klinik in R. und von dem Orthopäden Dr. K. untersuchen. Außerdem wurde in der R.-klinik, B. W. eine Chiro- und Schmerztherapie und bei dem Orthopäden Dr. L. Akupunktur und eine Neuraltherapie durchgeführt. Im November 2008 suchte er des Weiteren die Universitätsklinik T. auf. Außerdem führte er mehrere Physiotherapien durch. Schließlich begab er sich in der Zeit vom 17. bis 20. März 2009 in eine stationäre Behandlung in der G. Klinik. Hierbei bestätigte er zur Kenntnisnahme unterschriftlich den "Pflegekostentarif und Unterrichtung des Patienten". Dr. C., G. Klinik, stellte ausweislich des Entlassberichts vom 30. März 2009 die Diagnosen einer ausgeprägten demyelisierenden Polyneuropathie mit Verzögerung der zentralen Überleitung, eine kyphotische Fehlhaltung HWK 5/6 mit Spontanfusion im ventralen Bereich, eine ausgeprägte Osteochondrose HWK 6/7 und eine Myelonkompression auf dem Boden der kyphotischen Fehlstellung und schlug als Therapie eine Spondylodese HWK 4/5, 5/6 und 6/7 mittels anmodelliertem trikortikalen Beckenkammspan in Lordose und Einstellen des Lordosewinkels nach anatomischen Vorausberechnungen vor. Er empfahl aufgrund der Biceps- und Tricepsparese links eine zeitnahe operative Sanierung. Für diese stationäre Behandlung wurde dem Kläger insgesamt ein Betrag in Höhe von EUR 3.195,36 in Rechnung gestellt. Die Operationen wurden anlässlich eines weiteren stationären Aufenthalts des Klägers in der G. Klinik in der Zeit vom 10. bis 27. Mai 2009, nämlich am 13. und 19. Mai 2009, durchgeführt. Hierfür wurde dem Kläger insgesamt ein Betrag in Höhe von EUR 43.334,54 in Rechnung gestellt.

Am 20. April 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Schilderung seiner Beschwerden und der bereits durchgeführten Behandlungen in der Vergangenheit die Kostenübernahme für die Behandlungen in der G. Klinik. Da die Maßnahmen am 04. Mai 2009 beginnen würden, bat er um möglichst umgehenden Bescheid. Mit Bescheid vom 21. April 2009 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Die G. Klinik sei kein Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkassen. Aus diesem Grund sei eine Kostenübernahme nicht möglich. Als Alternative stünden dem Kläger u.a. das Krankenhaus B. C., die BG-Unfallklinik T., ebenfalls jede Universitätsklinik mit Fachabteilung Orthopädie zur Verfügung. Bei diesen Kliniken handele es sich um zugelassene Vertragskrankenhäuser.

Hiergegen legte der Kläger am 05. Mai 2009 Widerspruch ein. Er reichte den bereits erwähnten Entlassbericht des Dr. C. vom 30. März 2009 und die Kostenvoranschläge der Gemeinschaftspraxis Dr. C./Prof. Dr. Ca. jeweils vom 25. März 2009 über eine Spondylodese HWK 4/5 und 5/6 in Höhe von EUR 23.494,57 und eine Spondylodese HWK 6/7 in Höhe von EUR 11.448,15 ein und machte geltend, dass sich seine Beschwerden so ausgeweitet hätten, dass er seinen Tagesablauf nicht mehr alleine bewältigen könne. Die Fachabteilung Orthopädie der Universitätsklinik T., bei der er sich vorgestellt habe, hätte seine Probleme trotz Vorlage von Aufnahmen nicht erkannt und ihm nur eine Schmerztherapie empfohlen. Die Neurochirurgie der Universitätsklinik T. habe nicht einmal eine erforderliche Kontrastmitteluntersuchung durchgeführt und habe einen Eingriff abgelehnt, da sie sich nicht kompetent gefühlt habe. Man habe ihm Physiotherapie verordnet, die er wegen Verschlimmerung vorzeitig habe abbrechen müssen. Auch die Neurochirurgen in der W.-Klinik und Dr. M. von der L.-Klinik T. hätten sich mit dem Eingriff überfordert gefühlt. Es sei ihm nicht zuzumuten, dass er in Baden-Württemberg alle Kliniken und Krankenhäuser kontaktiere, bis er einen Spezialisten finde, der sich die erforderliche Operation zutraue. Er habe einige Möglichkeiten erfolglos ausgeschöpft und sich mit dem Therapievorschlag HWK 4/5, 5/6 und 6/7 auf Empfehlung der Universitätsklinik an die G. Klinik gewandt. Er bitte zu berücksichtigen, dass bei nicht fachgerechter Behandlung in einem Krankenhaus der Beklagten nur weitere Kosten entstünden. Bei Wahl eines zur Vertragsbehandlung zugelassenen Krankenhauses entstünden der Beklagten ebenfalls Kosten. Wenn die Beklagte schon nicht die Gesamtkosten übernehmen könne, so sei es doch ihre Pflicht, einen entsprechenden Teilbetrag zu begleichen. In diesem Fall würde seine Zusatzversicherung Leistungen übernehmen. Die Beklagte ließ sich hierauf beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) beraten. Gutachterin Dr. H.-M. führte in ihrer sozialmedizinischen Fallberatung vom 29. Mai 2009 aus, dass man bei der vorliegenden Diagnose sicherlich eine Spondylodese operativ durchführen könne. Eine Operationsindikation werde in der Regel aber erst dann gestellt, wenn alle konservativen Therapiemöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft seien. Ob dies beim Kläger der Fall sei, könne allein aufgrund des Myelographiebefundes der G. Klinik nicht beurteilt werden. Sollte - in Zusammenschau aller Befunde, des bisherigen Verlaufs und der Beschwerden - eine Operation medizinisch notwendig sein, könne diese in einer Vertragsklinik durchgeführt werden, z.B. in einer orthopädischen Universitätsklinik, wohnortnah in einer orthopädischen Klinik im Klinikum S. oder in der Orthopädischen Klinik M ... Die G. Klinik sei für Wirbelsäulenoperationen ebenfalls ausgerüstet. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück. Die G. Klinik sei kein Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkassen. Aus diesem Grund sei eine Kostenübernahme nicht möglich. Zur Behandlung des Krankheitsbildes des Klägers stünden auch Vertragseinrichtungen zur Verfügung, die eine medizinische Versorgung hätten sicherstellen können. Sofern aus medizinischer Sicht ein sofortiger Eingriff unumgänglich gewesen wäre, hätte dieser auch in den Vertragseinrichtungen wie z.B. dem Klinikum Stuttgart oder auch in der Orthopädischen Klinik M. realisiert werden können. Der Kläger habe sich auch ohne ihre, der Beklagten, Zustimmung abzuwarten, in die stationäre Krankenhausbehandlung begeben und erst danach eine Kostenerstattung beantragt. Er habe ihr, der Beklagten, durch sein Handeln damit die Möglichkeit genommen, ihn auf eventuell noch zur Verfügung stehende Behandlungsmöglichkeiten hinzuweisen. Das Bundessozialgericht (BSG) vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass der Entscheidung der Krankenkasse nicht dadurch vorgegriffen werden dürfe, dass die angestrebte Behandlung außerhalb des gesetzlichen Systems durchgeführt und die Prüfung in das Verfahren der Kostenerstattung verlagert werde. Dies diene zugleich dem Schutz des Versicherten, es entlaste ihn von dem Risiko, dass er bei einer nicht auf dem Sachleistungsweg beschafften Leistung die Kosten selbst zu tragen habe, wenn ein kostenerstattungspflichtiger Ausnahmetatbestand nicht vorliege. Im Übrigen bilde auch für den Fall, dass eine besonders moderne technische Ausstattung oder auch der international herausragende Ruf des Arztes eine überdurchschnittliche Qualität aufweise, eine solche Spitzenmedizin dennoch nicht den Maßstab für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankenkassen schuldeten den Versicherten und ihren Familienangehörigen eine bedarfsgerechte und gleichmäßige Versorgung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standards der medizinischen Wissenschaft und Technik; sie hätten die Leistungen zu gewähren, die zur Heilung und Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend seien. Auf eine optimale, über den beschriebenen gesetzlichen Standard hinausgehende Versorgung bestehe dagegen grundsätzlich kein Anspruch.

Dagegen erhob der Kläger am 26. August 2009 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens wies er ergänzend darauf hin, dass durch die Ablehnung der Kostenübernahme der Beklagten gegen das Recht der gesetzlichen Grundversorgung im Gesundheitswesen verstoßen werde. Die Erbringung von Leistungen nur in zugelassenen Krankenhäusern sei daher unerheblich. Entscheidend sei, dass der Patient wie auch im Ausland bei stationärer Krankenhausbehandlung die gesetzliche Grundversorgung erhalte, die die Krankenversicherungen nach ihren Richtlinien zu vergüten hätten. Wie sich aus dem (vorgelegten) Bericht des Dr. J., Facharzt für Orthopädie, R.-klinik B. W., vom 24. Oktober 2005 über seinen stationären Aufenthalt vom 06. bis 20. Oktober 2005 ergebe, habe die dortige Behandlung keinen durchschlagenden Erfolg gebracht. Der Besuch der W.-Klinik in R. habe mit der Ablehnung eines chirurgischen Eingriffs geendet. In der Zwischenzeit hätten die Ärzte durch Anwendungen (Krankengymnastik, Fango, Massage, Manuelle Therapie, Stoßwellentherapie, Akupunktur, Strecktherapien und Injektionsbehandlungen) versucht, seinen Beschwerden beizukommen. Am 10. September 2008 habe er Dr. K. aufgesucht. Nach Durchsicht seiner, des Klägers, Unterlagen sei ihm zwingend zu einer Operation geraten worden. Dr. K. habe ihn in die Universitätsklinik T. zu Dr. N. überwiesen. Dieser Arztbesuch am 07. Oktober 2008 sei für ihn sehr frustrierend gewesen, da Dr. N. ihn nicht einmal untersucht habe. Dr. N. habe gemeint, dass er nichts Gravierendes feststellen könne und habe Schmerztherapie verordnet. Danach habe er versucht, Hilfe in der L.-Klinik zu bekommen. Dr. M. habe am 14. Oktober 2008 eine Operation für unumgänglich gehalten und ihn in die Neurochirurgie der Universitätsklinik T. überwiesen. Über die Auskunft von Prof. Dr. Mo. (hierzu im Folgenden) sei er schockiert. Ihm, dem Kläger, sei von Beginn an klar gewesen, dass nur eine Operation helfen könne, nachdem er viele vergebliche Therapien und Arztbesuche hinter sich gehabt habe. Es möge sein, dass die Universitätsklinik T. Operationen an der Halswirbelsäule durchführe, aber in seinem speziellen Fall sei Prof. Dr. Mo. das Risiko wohl viel zu groß gewesen. Er habe eine Operation strikt abgelehnt und gesagt, er mache sie auf keinen Fall, wenn er, der Kläger, dies wolle, müsse er sich an eine Privatklinik wenden. Prof. Dr. Mo. habe mit keinem Wort über mögliche Operationsmethoden und Operationsindikationen gesprochen, habe ihm gegenüber keine Diagnose gestellt und ihm weder eine Operation noch einen Termin für die Aufnahme in die Klinik angeboten. Dass er ihm Physiotherapie aufgedrängt habe, zeige, dass er, Prof. Dr. Mo., zu einer Operation trotz seiner Schmerzen nicht bereit gewesen sei. Der von ihm geschilderte Ablauf könne von seiner Ehefrau, die ihn bei allen ärztlichen Untersuchungen begleitet habe, bezeugt werden, ihre Zeugenaussage vom 28. März 2010 füge er bei. Wenn ihm Prof. Dr. Mo. tatsächlich eine Operation vorgeschlagen hätte, wäre er nach seiner Odyssee sofort bereit gewesen, diese anzunehmen. Er legte den Arztbrief des Dr. K. vom 10. September 2008 vor. Auf Nachfrage des SG teilte er mit, dass er seinen behandelnden Orthopäden Dr. L. darüber informiert habe, dass er sich mit dem Gedanken einer Operation trage.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Empfehlung einer zeitnahen operativen Sanierung im Entlassbericht der G. Klinik vom 30. März 2009 belege keine Eilbedürftigkeit im Sinne einer Notfallsituation. Es habe somit für den Kläger kein Hindernis bestanden, sich - wie im Bescheid vom 21. April 2009 angeregt - in geeigneten Vertragskliniken vorzustellen. Auch der um Beurteilung gebetene MDK habe in seinem Gutachten vom 29. Mai 2009 für den Fall einer Operationsindikation auf zur Verfügung stehende Vertragskliniken verwiesen. Die Unfallchirurgie im Klinikum Stuttgart habe auf telefonische Anfrage bestätigt, dass die beiden in der G. Klinik durchgeführten Operationen auch bei ihr durchführbar seien, zumal der dort tätige Prof. Dr. Kn. ein Spezialist für derartige Operationen sei. Aufgrund dieser dem Kläger zumutbaren Alternative bestehe keine Rechtfertigung für das Verlassen des Sachleistungssystems und somit kein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Ebenso könne keine Kostenbeteiligung in Höhe der Kosten, wie sie bei einer Behandlung in einer Vertragseinrichtung entstanden wären, erfolgen. Derartige Kompensationsentscheidungen seien der gesetzlichen Krankenversicherung fremd. Die soziale Krankenversicherung beruhe auf dem Gedanken des Solidarausgleichs innerhalb der Versichertengemeinschaft. Sie kenne nicht das Prinzip des Finanzausgleichs zwischen Versichertenvermögen und Kassenvermögen mit dem Effekt, dass - angeblich - ersparte Aufwendungen der Kasse dem Versicherten gutzubringen seien (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 10. November 1977 - 3 RK 68/76 - SozR 2200 § 185 Nr. 2).

Das SG hörte Prof. Dr. Mo., Oberarzt und Ärztlicher Leiter der Neurochirurgischen Poliklinik der Universitätsklinik T., und Dr. L. als sachverständige Zeugen. Prof. Dr. Mo. teilte unter dem 03. Februar 2010 unter Beifügung seines Arztbriefes vom 27. November 2008 mit, dass sich bei der klinischen Untersuchung des Klägers keine sicheren Paresen oder sensiblen Defizite gezeigt hätten. In der zusätzlich vorgelegten bildgebenden Diagnostik (Kernspintomographie der Halswirbelsäule) habe sich ein Diskusprolaps/Osteochondrose im Segment HWK 6/7 dargestellt. Sie hätten mit dem Kläger ausführlich die Möglichkeiten einer operativen Maßnahme besprochen und ihm dargelegt, dass hier eine relative Indikation bestehe, d.h., dass die Operation auch zum damaligen Zeitpunkt bereits hätte durchgeführt werden können. Die Universitätsklinik seien in jeder Form in der Lage, sämtliche Operationen an der Halswirbelsäule inklusive sämtlicher Stabilisationsoperationen durchzuführen. Die Hinweise des Klägers, dass sie einen Eingriff abgelehnt hätten, weil sie sich nicht kompetent gefühlt hätten, und er müsse, um einen derartigen Eingriff durchführen lassen zu können, eine Privatklinik aufsuchen, entsprächen nicht der Wahrheit. Zum Zeitpunkt der Untersuchung habe der Kläger noch keine Operation gewünscht, er habe sich zunächst noch bedenken wollen. Es sei zusätzlich mit ihm vereinbart worden, dass er sich, sollte er sich zur Operation entscheiden, jederzeit mit ihnen, den Ärzten, telefonisch in Verbindung setzen könne, um einen entsprechenden Aufnahmetermin zu vereinbaren. Dr. L. gab an (Auskunft vom 17. Juli 2010), er habe den Kläger im Bereich der Halswirbelsäule zuletzt am 05. Februar 2009 mit paravertebralen Infiltrationen behandelt. Im weiteren Verlauf habe er den Kläger dann erst wieder am 18. Januar 2010 gesehen. Über die Frage einer Operation sei mit ihm nicht gesprochen worden. Er fügte den Bericht über die Kernspintomographie des cervicalen Spinalkanals des Radiologen Dr. A. vom 29. August 2008, den bekannten Arztbrief des Prof. Dr. Mo. und die OP-Berichte der G. Klinik vom 15. und 21. Mai 2009 bei.

Mit Urteil vom 08. Juni 2011 wies das SG die Klage ab. Der Kläger könne keine Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für die Behandlung in der G. Klinik beanspruchen. Die erste Alternative des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V liege nicht vor. Unaufschiebbare Leistungen, die die Krankenkassen nicht rechtzeitig hätten erbringen können, lägen vor allem in den Notfällen im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor. Ein solcher Notfall oder eine ähnlich zu bewertende dringliche Bedarfslage, die im konkreten Fall durch einen Vertragsarzt bzw. ein zugelassenes Krankenhaus nicht abgedeckt werden könne, sei hier nicht gegeben. Dies ergebe sich schon aus dem zeitlichen Ablauf mit schon seit Längerem bestehenden Beschwerden, Konsultation verschiedener Ärzte und Krankenhäuser, Durchführung verschiedener Untersuchungen, zuletzt weiteren Untersuchungen in der G. Klinik, und Vereinbarung eines Operationstermins dort. Soweit der Kläger geltend mache, im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung habe die medizinisch erforderliche Leistung überhaupt nicht erbracht werden können - es habe also ein Systemversagen, eine Systemstörung oder Versorgungslücke bestanden - treffe dieses Vorbringen nicht zu. Die Voraussetzungen der zweiten Alternative des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V seien ebenfalls nicht gegeben. Einem Anspruch auf dieser Grundlage stehe schon entgegen, dass die Ablehnung der beantragten Operation durch die Beklagte nicht kausal für die dem Kläger entstandenen Kosten gewesen sei. Zwischen der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten müsse ein Ursachenzusammenhang bestehen. Als der Kläger sich erstmals mit Schreiben vom 09. April 2009 an die Beklagte herangetreten sei, habe er nach eigenen Angaben bereits einen viertägigen Aufenthalt in der G. Klinik hinter sich gehabt und sei entschlossen gewesen, die operative Behandlung in dieser Klinik durchführen zu lassen; er habe angegeben "die Maßnahmen werden am 04. Mai beginnen". Eine Kostenerstattung könne ferner nicht verlangt werden, weil der Kläger die streitige Krankenhausbehandlung nicht als Sachleistung habe beanspruchen können. Dies ergebe sich daraus, dass die G. Klinik kein zugelassenes Krankenhaus sei; insoweit werde auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen. Der Kläger könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, eine Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus hätte ebenfalls Geld gekostet, das die Beklagte durch die Behandlung in der G. Klinik erspart habe, weshalb sie, die Beklagte, ihm zumindest einen Teil der Kosten für die Behandlung zu erstatten habe. Die rechtliche Beschränkung auf das Sachleistungsprinzip und auf die zugelassenen Leistungserbringer könne nicht ohne Weiteres durch einen Anspruch auf teilweise Kostenerstattung durchbrochen werden (Hinweis auf BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 - B 1 KR 30/04 R - in juris). Schließlich lasse sich nicht feststellen, dass die Universitätsklinik T. die Durchführung einer beim Kläger notwendigen Operation abgelehnt hätte, jedenfalls nicht wegen einer angeblich fehlenden medizinischen Kompetenz, und den Kläger stattdessen auf eine Privatklinik verwiesen hätte. Prof. Dr. Mo. habe dem in seiner Zeugenaussage ausdrücklich widersprochen. Die Darstellung des Klägers und auch seiner Ehefrau reiche für die Feststellung des von ihm behaupteten Sachverhalts nicht aus, zumal seine Darstellung, die Universitätsklinik T. habe sich nicht für genügend kompetent gehalten, im Bezug auf eine große Universitätsklinik jeder Erfahrung widerspreche. Möglicherweise sei es hier, was freilich nicht geklärt werden könne, vor dem Hintergrund einer unterschiedlichen Beurteilung der Operationsnotwendigkeit zu Missverständnissen gekommen. Im Übrigen wäre der Kläger auch bei einer Ablehnung der Operation durch eine Universitätsklinik gehalten gewesen, sich zunächst an die Krankenkasse zu wenden, bevor er sich in eine Privatklinik begeben habe.

Gegen das ihm am 20. August 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. September 2011 Berufung eingelegt. Er hat noch einmal darauf hingewiesen, dass er sich vor dem Eingriff in der G. Klinik in fünf verschiedenen Kliniken vorgestellt habe. Am Ende seiner Odyssee habe er sich in der Universitätsklinik T. vorgestellt, wo ihm angedeutet worden sei, sich an einer Privatklinik behandeln zu lassen. Da sich sein Gesundheitszustand dermaßen verschlechtert habe und er sich nur noch gestützt auf Begleitpersonen habe fortbewegen können, sei die Operation unaufschiebbar gewesen. Im Warteraum der G. Klinik habe er von anderen Patienten erfahren, dass deren gesetzlichen Kassen zumindest Teilkosten ihrer Operationen übernommen hätten. Er sei deshalb davon ausgegangen, dass dies sicherlich auch bei seiner Operation der Fall sein würde. Bei jeder anderen von der Krankenkasse zugelassenen Klinik wären ja ebenfalls Behandlungskosten entstanden. Ergänzend hat er auf Anforderung die ihm von der G. Klinik bzw. den ihn dort im Zusammenhang mit dem stationären Aufenthalt behandelnden Ärzten gestellten Rechnungen sowie den "Pflegekostentarif und Unterrichtung des Patienten" vom 17. März 2009 vorgelegt und vorgetragen, die ihm von der Neurochirurgie in T. verordnete Physiotherapie habe er im Dezember 2008 durchgeführt. Von Beginn an habe festgestanden, dass ein positives Ergebnis von dieser Physiotherapie nicht zu erwarten sei, da er derartige Behandlungen schon mehrfach mit der Folge einer Verschlimmerung seiner Probleme durchgeführt habe. Da ihm von der Neurochirurgie zur Behandlung in der Privatklinik geraten worden sei, habe er keine Notwendigkeit gesehen, sich dort nochmals vorzustellen. Er habe zur Neurochirurgie kein Vertrauen mehr gehabt.

Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 08. Juni 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2009 zu verurteilen, an ihn EUR 46.529,90 zu zahlen, hilfsweise einen Teilbetrag zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Verweis auf ihren bisherigen Vortrag hat die Beklagte ergänzend vorgetragen, dass die Aussage des Klägers, während der Vorstellung in der Universitätsklinik T. sei angedeutet worden, er solle sich an einer Privatklinik operieren lassen, dem Arztbrief des Prof. Dr. Mo. vom 27. November 2008 nicht zu entnehmen sei. Danach sei eine "relative" Operationsindikation gesehen worden. Im Übrigen wäre auch nach dem Bescheid vom 21. April 2009 noch eine Zweitmeinung bei einem anderen zur Vertragsbehandlung zugelassenen Krankenhaus möglich gewesen. Es bestehe auch kein anteiliger Kostenerstattungsanspruch in Höhe etwaiger ersparter Aufwendungen ihrerseits. Das Argument, dass durch die Inanspruchnahme einer nicht zur Vertragsbehandlung zugelassenen Klinik Kosten erspart worden seien, treffe ohnehin nicht zu. Vielmehr entstünden ihr, der Beklagten, im Falle einer Kostenerstattung tatsächliche Mehrkosten. Hintergrund dessen sei, dass nach der geltenden Rechtslage mit allen Vertragskrankenhäusern Budgets vereinbart würden, die letztlich den Kostenrahmen für die Behandlung aller in einem Krankenhaus behandelten Versicherten darstellten. Die Budgets setzten eine bestimmte Fallzahl und somit eine Auslastung des Krankenhauses voraus. Würden die Fallzahlen nicht erreicht, z.B. durch Inanspruchnahme von Privatkliniken, könne das zur Vertragsbehandlung zugelassene Krankenhaus die kalkulierten Erlöse (Budget) nicht erzielen. In diesen Fällen hätten die Vertragskrankenhäuser einen Anspruch auf den sogenannten Mindererlösausgleich, sodass eine - ausgelagerte - Leistung gegebenenfalls zweifach honoriert werden müsse.

Mit Schreiben vom 09. Januar und 19. März 2012 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte und die Gerichtsakte in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.

II.

Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zur beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 21. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, Kosten für stationäre Behandlungen in der Privatklinik (für die Zeit vom 17. bis 20. März 2009 EUR 3.195,36 und für die Zeit vom 10. bis 27. Mai 2009 EUR 43.334,54, insgesamt EUR 46.529,90), zu erstatten. Auch eine teilweise Erstattung kommt nicht in Betracht.

1. Der Kläger hat nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt. Als Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch kommt § 13 Abs. 2 SGB V deshalb nicht in Betracht.

2. Als Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch kommt damit nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind einem Versicherten von der Krankenkasse Kosten für eine selbst beschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war.

a) Es fehlt hier schon an der Voraussetzung, dass dem Kläger dadurch Kosten entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V).

Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach ständiger Rechtsprechung aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. § 13 Abs. 3 SGB V soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 15. April 1997 - 1 BK 31/96 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 15; Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 8; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12). Dieses Verfahren ist entgegen früherer Andeutung (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 1993 - 1 RK 37/92 - SozR 3-2500 § 34 Nr. 2) auch zu fordern in Fällen, in denen von vornherein feststand, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung verweigert werden würde und sich der Versicherte dadurch gezwungen gesehen hat, die Leistung selbst zu beschaffen (vgl. eingehend BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12). Nur bei einer Vorabprüfung können die Krankenkassen ihre - Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden - Beratungsaufgaben erfüllen, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen und ggf. aufzeigen, welche Leistungen an Stelle der begehrten in Betracht kommen. Dem kann nicht der Einwand der "Förmelei" entgegengehalten werden, weil der Wortlaut des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V unmissverständlich einen Ursachenzusammenhang zwischen rechtswidriger Ablehnung und Kostenlast verlangt (vgl. BSG, Urteile vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - aaO und 02. November 2007 - B 1 KR 14/07 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 15)

Der Kläger hat seinen Antrag auf Kostenerstattung erst am 20. April 2009 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die stationäre Behandlung vom 17. bis 20. März 2009 bereits stattgefunden. Die insoweit geltend gemachte Kostenerstattung betrifft damit einen Zeitraum, der bereits bei Antragstellung vollständig in der Vergangenheit lag. In der Zeit vor und während dieser Behandlung hatte er keinerlei Kontakt mit der Beklagten aufgenommen, um sie über die in der G. Klinik durchgeführte Behandlung zu unterrichten. Dadurch hat er der Beklagten die Möglichkeit genommen, die Notwendigkeit und Übernahmefähigkeit der Behandlung in der G. Klinik sowie die von Dr. C. gestellte Diagnose zu überprüfen und gegebenenfalls andere Behandlungsmethoden und eine andere Klinik vorzuschlagen. Der Kläger hat sich folglich eine Leistung besorgt, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. Ebenso verhält es sich auch mit Blick auf die in der Zeit vom 10. bis 27. Mai 2009 stattgefundene stationäre Behandlung und die während dieses stationären Aufenthalts am 13. und 19 Mai 2009 durchgeführten Operationen. Denn der Kläger war zu dieser Behandlung zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Beklagten am 20. April 2009 bereits entschlossen, wie aus dem Antragsschreiben hervorgeht, indem er darauf hingewiesen hatte, dass die Maßnahmen am 04. Mai beginnen würden. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht deshalb, weil der stationäre Aufenthalt des Klägers in der G. Klinik nicht am 04. sondern am 10. Mai 2009 begann. Denn hierbei handelte es sich um die "Maßnahme", die der Kläger im Auge hatte, sie hatte sich nur um sechs Tage nach hinten verschoben. Dies wird auch daraus deutlich, dass der Kläger im Antrag auf - später übersandte - Kostenvoranschläge der G. Klinik über die notwendigen Operationskosten hinwies. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 21. April 2009 war deshalb auch für den stationären Aufenthalt vom 10. bis 27. Mai 2009 nicht ursächlich für die anlässlich dieses stationären Aufenthalts entstandenen Kosten. Offenkundig war. Ein weiterer Beleg dafür, dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Beklagten auf die Behandlung in der G. Klinik festgelegt war, ist, dass sich der Kläger auch nach dem ablehnenden Bescheid vom 21. April 2009 ersichtlich nicht an Vertragskrankenhäuser, die ihm im Bescheid vom 21. April 2009 genannt wurden, gewandt hat. Dem Kläger war auch ausweislich des von ihm am 17. März 2009 unterzeichneten Pflegekostentarif der G. Klinik vor Augen geführt worden, dass die stationären Behandlungen in der Privatklinik nicht auf Versicherungskarte erfolgen würden.

b) Die stationären Aufenthalte in der G. Klinik im März und Mai 2009 waren auch nicht unaufschiebbar im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 SGB V.

Eine Leistung ist unaufschiebbar, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht. Die medizinische Dringlichkeit ist indessen nicht allein ausschlaggebend. Denn neben der Unaufschiebbarkeit wird vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden (BSG, Urteil vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr. 22; Urteil vom 02. November 2007 - B 1 KR 14/07 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 15). Grund hierfür ist wiederum, dass nur bei einer Vorabprüfung die Krankenkassen ihre Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden Beratungsaufgaben erfüllen können, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen und gegebenenfalls aufzeigen, welche Leistungen an Stelle der begehrten in Betracht kommen.

Eine solche medizinische Unaufschiebbarkeit oder Dringlichkeit hat weder im Hinblick auf den stationären Aufenthalt in der G. Klinik vom 17. bis 20. März 2009 noch im Hinblick auf den stationären Aufenthalt vom 10. bis 27. Mai 2009 (mit Operationen am 13. und 19. Mai 2009) vorgelegen. Die stationären Aufenthalte mussten nicht derart kurzfristig erbracht werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger schon seit mehreren Jahren an Beschwerden von Seiten der Halswirbelsäule litt. Die vorangegangenen Behandlungen ergeben das Gesamtbild einer insgesamt ernst zu nehmenden, nicht jedoch keinerlei zeitlichen Aufschub duldenden Erkrankung des Klägers. Auch empfahl Dr. C. nach dem Entlassbericht vom 30. März 2009 nur eine zeitnahe, nicht eine sofortige, operative Sanierung. Dass die stationären Aufenthalte jeweils nicht unaufschiebbar waren, wird nicht zuletzt auch daraus deutlich, dass sich der Kläger jeweils zur Behandlung in die G. Klinik von seinem Wohnort in T. aus begeben hat.

c) Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V scheitert außerdem an einem dem Umstand, dass der Kläger keinen Sachleistungsanspruch auf die stationären Behandlungen in der G. Klinik hatte.

Nach ständiger Rechtsprechung reicht der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung (hier stationäre Behandlungen in der G. Klinik) zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. BSG, Urteile vom 24. September 1996- 1 RK 33/95 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 11; vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12; vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12).

Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Nr. 5 der Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung (notwendige) Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus im Sinn von § 108 SGB V. Außer Hochschulkliniken (Nr. 1) und Plankrankenhäusern (Nr. 2) gehören hierzu (Nr. 3) Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben. Die G. Klinik ist weder im Krankenhausplan aufgenommen noch unterhält sie einen Versorgungsvertrag. Die Beschränkung der zugelassenen Leistungserbringer kann nur für Notfälle (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 09. Oktober 2001 - B 1 KR 6/01 R- SozR 3-2500 § 13 Nr. 25) und im Fall von Systemstörungen durchbrochen werden

Ein Notfall liegt nur dann vor, wenn ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden muss und ein zugelassenes Krankenhaus nicht aufgesucht werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 24/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 9 und 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R = SozR 4-2500 § 13 Nr. 12). Behandlungsbedürftigkeit mit der Erforderlichkeit baldiger Entscheidung bedingt noch keine Behandlungsdringlichkeit in diesem Sinne. Eine derart dringende Eilbedürftigkeit lag beim Kläger zu keiner Zeit vor. Auch insoweit ist relevant, dass die Operation nicht sofort durchgeführt wurde und auch Dr. C. nur eine zeitnahe operative Sanierung, jedoch nicht eine sofortige Operation empfahl.

Abgesehen davon hätte die G. Klinik, wenn ein Notfall vorgelegen hätte, unmittelbar mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen müssen und dem Kläger selbst keine Rechnungen über durchgeführte Notfallbehandlungen stellen dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 9/05 R - m.w.N.; Beschluss vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 114/06 B ; beide veröffentlicht in Juris). Außerdem wäre bei Vorliegen eines Notfalls allein die Notfallbehandlung als solche - also bis zur umgehenden Verlegung des Patienten zu einem zugelassenen Leistungserbringer - zulässig gewesen (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 - B 1 KR 5/08 R - SozR 4-2500 § 109 Nr.6).

Auch eine Systemstörung in dem Sinne, dass kein zugelassenes Krankenhaus zur Verfügung stand, das zur Behandlung und Operation der beim Kläger diagnostizierten Erkrankungen in der Lage gewesen wäre, lag nicht vor. Die operative Behandlung des Klägers wäre auch in einem zugelassenen Krankenhaus möglich gewesen. Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, weshalb hierauf verwiesen wird, besteht kein begründeter Zweifel daran, dass die beim Kläger durchgeführte Operation einer Spondylodese mehrerer Halswirbelkörper in größeren orthopädischen bzw. neurochirurgischen Krankenhäusern durchgeführt werden kann. Dies geht auch aus der sachverständigen Zeugenauskunft von Prof. Dr. Mo. vom 03. Februar 2010 hervor, der bestätigt hat, dass solche Operationen in der Universitätsklinik T. stattfinden. Auch Dr. H.-M., MDK, hat dies in ihrer sozialmedizinischen Fallberatung vom 29. Mai 2009 bejaht. Die Beklagte hat dem Kläger im Bescheid vom 21. April 2009 zwei Krankenhäuser konkret genannt und im Übrigen auf jede Universitätsklinik mit Fachabteilung Orthopädie verwiesen. Etwas anderes lässt sich auch nicht darauf stützen, weil der Kläger nach seinem Vortrag mit der Behandlung in der Universitätsklinik T. bei Prof. Dr. Mo. nicht einverstanden gewesen ist, denn in diesem Falle wären die weiteren von der Beklagten genannten zugelassenen Krankenhäuser in Betracht gekommen. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht deshalb, weil Prof. Dr. Mo. nach dem Vortrag des Klägers die Durchführung der Operation bei ihm, dem Kläger, abgelehnt habe. Abgesehen davon, dass Prof. Dr. Mo. dem in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 03. Februar 2010 ausdrücklich widersprochen hat, scheitert ein Systemversagen auch in diesem unterstellten - Fall daran, weil - wie ausgeführt - andere Krankenhäuser die Operation hätten durchführen können.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine teilweise Übernahme der Kosten. Insbesondere steht ihm auch kein Anspruch auf die Kosten zu, die in einem zugelassenen Krankenhaus für die stationären Behandlungen angefallen wären. Das BSG hat für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Grundsätze des Leistungserbringerrechts einem auf dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung gestützten Anspruch gegen den Kostenträger entgegenstehen, wenn Leistungen an Versicherte erbracht werden, zu denen der Leistungserbringer nach diesen Grundsätzen nicht berechtigt ist (z.B. zum Leistungsrecht: Urteil vom 28. März 2000 - B 1 KR 21/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr. 21; zum Vertragsarztrecht: Urteil vom 08. September 2004 - B 6 KA 14/03 R - SozR 4-2500 § 39 Nr. 3). Ihre Steuerungsaufgabe könnten die Regelungen über die Zulassung zur Leistungserbringung nicht erfüllen, wenn das Privatkrankenhaus die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht und zum Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion, zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen Regelungen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Dies wird dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt oder dem Vertragskrankenhaus als sonstigem Leistungserbringer für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden sind.

Ein Kostenerstattungsanspruch besteht insoweit schließlich auch nicht deshalb, weil die Krankenkasse dadurch, dass der Kläger Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart hat. Abgesehen davon, dass dies nach den Ausführungen der Beklagten, wonach aufgrund eines möglichen Mindererlösausgleichs der Vertragskrankenhäuser die Krankenkassen bei Inanspruchnahme von Leistungen in Krankenhäusern außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zumindest teilweise nichts ersparen dürften, würde dies auch dazu führen, dass die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden könnte (BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 - B 1 KR 30/04 B -, veröffentlicht in juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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