Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 25 R 5358/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4342/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.7.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene Nr. 1 bei der Klägerin vom 1.6.2008 bis 30.6.2009 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat.
Die Klägerin ist ein als GmbH verfasstes Unternehmen mit Sitz in St. und Niederlassungen in D. und L ... Sie beschäftigt ca. 100 Mitarbeiter. Unternehmensgegenstand ist das Projektmanagement für Infrastrukturprojekte.
Der 1956 geborene Beigeladene Nr. 1 war vom 1.1.2003 bis 31.5.2008 als Projektmanager und bautechnischer Berater bei der Klägerin am Standort M. angestellt. Dem Beschäftigungsverhältnis lag ein Anstellungsvertrag vom 23.10.2002 zu Grunde. Danach war die Klägerin berechtigt, dem Beigeladenen Nr. 1 Aufgaben entsprechend seinen Fähigkeiten und Kenntnissen zu übertragen und ihn ggf. an einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort einzusetzen (§ 2). Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden; Mehrarbeit war (bei Freizeitausgleich von 3 Arbeitstagen pro Kalenderjahr) mit dem Gehalt abgegolten (§ 3). Die monatliche Vergütung war mit (brutto) 5.024 EUR zzgl. 13. Monatsgehalt vereinbart (§ 4). Außerdem erhielt der Beigeladene Nr. 1 eine variable, leistungsabhängige Vergütung (§ 5). Der Urlaubsanspruch betrug 30 Arbeitstage (§ 7), die Kündigungsfrist (nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit) betrug 6 Wochen (ab dem dritten Beschäftigungsjahr 3 Monate) zum Quartalsende.
Ab 1.6.2008 erbrachte der Beigeladene Nr. 1 (nach Beendigung des Anstellungsvertrags) ingenieurtechnisch-planerische Dienstleistungen für die Klägerin im Bereich Verkehrs- und Versorgungstechnik. Dem lag (nunmehr) ein (als solcher bezeichneter) Vertrag über freie Mitarbeit vom 31.5.2008 zugrunde. Dieser enthielt (u.a.) folgende Regelungen:
§ 1 Präambel
Beide Parteien werden in freiberuflicher Form zusammenarbeiten. Die Klägerin wird den (als freien Mitarbeiter bezeichneten) Beigeladenen Nr. 1 nach Maßgabe ihrer betrieblichen Erfordernisse mit der selbständigen Bearbeitung nachgenannter Leistungen beauftragen. Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwendung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet.
§ 2 Gegenstand des Vertrages
Der freie Mitarbeiter übernimmt ab 1.6.2008 als Projektmanager im Auftrag der Klägerin Tätigkeiten im Bereich Projektmanagement für Infrastrukturprojekte. Aus heutiger Sicht betreut der freie Mitarbeiter folgende Projekte:
- ESTW (Elektronisches Stellwerk) G.-P. - Neugestaltung Bahnhof St. - Einkaufszentrum St.
Der freie Mitarbeiter wird die Aufgaben selbst durchführen. Unteraufträge dürfen nicht vergeben werden.
§ 3 Vergütung
Die Vergütung erfolgt nach Zeitaufwand mit einem Tagessatz von 450 EUR zuzüglich der zur Zeit der Leistungserbringung gültigen Umsatzsteuer. Die Vergütung ist monatlich auf Nachweis abzurechnen. Die Auszahlung erfolgt unbar auf ein von dem freien Mitarbeiter zu benennendes Konto.
§ 4 Zeit und Ort der Leistungserbringung
Soweit sich keine Einschränkungen aus der Notwendigkeit des Auftrags bzw. des Leistungsbildes ergeben, ist der freie Mitarbeiter hinsichtlich der Art der Durchführung der ihm erteilten Aufträge und der Einteilung seiner Arbeitszeit frei. Er unterliegt keinen Weisungen seitens der Klägerin.
Soweit die Durchführung der Tätigkeit bei Bedarf in den Geschäftsräumen der Klägerin erfolgen muss, werden dem freien Mitarbeiter die dafür erforderlichen räumlichen und technischen Mittel zur Verfügung gestellt. Gegenüber den Angestellten der Klägerin hat der freie Mitarbeiter keine Weisungsbefugnis.
Der freie Mitarbeiter wird die Klägerin über seine Tätigkeit, insbesondere über Ergebnisse und Aktionen, regelmäßig unterrichten.
§ 8 Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot
Dem freien Mitarbeiter steht es frei, auch für andere Unternehmen tätig zu sein. Er verpflichtet sich jedoch, sich während der Dauer des Vertragsverhältnisses jeder selbstständigen oder unselbstständigen, direkten oder indirekten Tätigkeit für ein Unternehmen zu enthalten, das mit der Klägerin in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. Er verpflichtet sich, jeden möglichen Interessenkonflikt unverzüglich der Klägerin anzuzeigen.
§ 10 Qualitätssicherung und Speicherung von personenbezogenen Daten
Die Klägerin wendet ein Qualitätsmanagementsystem gemäß DIN EN ISO 9001 zur plan-mäßigen Überwachung von vereinbarten Leistungen mit dem Ziel an, die Quali-tätsanforderungen ihrer Kunden zu erfüllen. Der freie Mitarbeiter wird in dieses System integriert und seine Leistungen eventuell projektbezogen beurteilt ...
Die Klägerin und der Beigeladene Nr. 1 trafen mündliche Vereinbarungen über einzelne Projekte nach Festlegung des abgeschätzten Budgets, wobei die Aufgaben des Beigeladenen Nr. 1 nach den vereinbarten Leistungsbildern festgelegt wurden.
Unter dem 27.6.2008 stellte der Beigeladene Nr. 1 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV). Er gab an, seit 1.6.2008 übe er eine Tätigkeit in Projektsteuerung, Projektmanagement und Projektleitung bei Vorhaben der Verkehrstechnik und Infrastruktur aus. Auftraggeber sei die Klägerin. Von ihr erhalte er mindestens fünf Sechstel seiner Einkünfte. Eigene Arbeitnehmer beschäftige er nicht. Er müsse eine regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeit nicht einhalten und unterliege hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit keinen Weisungen; soweit erforderlich, arbeite er allerdings im Büro der Klägerin in M ... Vertreter oder Hilfskräfte dürfe er ohne Zustimmung der Klägerin einstellen. Er verfüge über eine eigene Betriebsausstattung bzw. eigene Räumlichkeiten (Datenverarbeitung, Büro, Kraftfahrzeug) und kalkuliere bzw. vereinbare die Honorare eigenständig.
Unter dem 12.9.2008 gab der Beigeladene Nr. 1 auf Nachfrage der Beklagten ergänzend an, während des Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin habe er täglich zwischen G.-P. und M. gependelt. Nachdem er sich ein gewisses "Sicherheitspolster" angespart gehabt habe, habe er beschlossen, sich mit einem Büro für Ingenieurdienstleistungen selbstständig zu machen. Als freier Mitarbeiter der Klägerin könne er noch für eine gewisse (Anlauf-)Zeit ein Basiseinkommen erwirtschaften, während er gleichzeitig versuche, sein Ingenieurbüro mit eigenen Projekten zu entwickeln; er wolle schwerpunktmäßig im Bereich regenerativer Energien tätig werden. Er versuche, weitere Auftraggeber zu akquirieren, etwa hinsichtlich der Ausbaumaßnahmen auf der Bahnstrecke M.-G. zur Ski-WM 2011.
Derzeit betreue er im Auftrag der Klägerin das – zum 31.12.2008 auslaufende - Projekt Elektronisches Stellwerk G. als externer Projektleiter bei der D.-Projektbau. Dabei werde die alte Stellwerktechnik auf der Bahnstrecke M.-G. durch moderne elektronische Stellwerke ersetzt. Während seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin habe er die Projektsteuerung dieses Vorhabens bereits in den Jahren 2003-2006 bearbeitet. Nachdem der vormalige Projektleiter bei der D. ProjektBau kurzfristig gekündigt habe, habe er das Projekt zur eigenständigen Bearbeitung von der Klägerin als Subunternehmer übernommen. Die notwendigen Aufgaben (unter anderem Festlegung von Ingenieur-, Bau- und Lieferverträgen, Ausschreibungen und Verhandlungen, Einholen behördlicher Genehmigungen, Koordinations-, Planungs- und Bauablaufbesprechungen, Kontrollen) erledige er selbständig und eigenverantwortlich in eigenständiger zeitlicher Disposition. Er stimme sich, soweit notwendig, unmittelbar mit der D. ProjektBau ab. Die Klägerin sei dabei nicht involviert; mit deren Mitarbeitern arbeite er nicht zusammen. Er sei etwa 2-3 Tage in der Woche in einem von der D. ProjektBau bereitgestellten Büro in M. tätig. Dort fänden auch die Koordinationsbesprechungen statt. Hinzu kämen Ortstermine auf der Baustelle (in der Nähe zu seinem Büro in G.). Die Klägerin sei in die Abwicklung des Projekts nicht involviert.
Außerdem sei er für die Klägerin für ein Projekt zur Erneuerung der Ansteuerung der Straßenbeleuchtung in M. tätig. Die Klägerin habe ihn mit der (zum März 2009 auslaufenden) Qualitätsüberwachung des Ausschreibungsverfahrens für 1.800 Ansteuereinheiten und das zugehörige Leitsystem beauftragt. Die Ausschreibungsplanung erledige ein Beschäftigter der Klägerin, während er die Planung zu überprüfen habe. Vor Erstellung der Ausschreibungsunterlagen werde das Ausschreibungskonzept mit den Mitarbeitern der Klägerin und der Stadt M. abgestimmt. Nach Überprüfung und etwaigen Korrekturanmerkungen gebe er die Unterlagen an die Klägerin zurück. Mit der Durchführung des eigentlichen Ausschreibungsverfahrens sei er nicht befasst. Das Projekt befinde sich derzeit in der Abstimmungsphase; er sei damit etwa 2 Tage im Monat beschäftigt. Abstimmungstermine fänden mit Mitarbeitern der Klägerin in deren Betriebsräumen, ansonsten im Rathaus der Stadt M. statt; Planungsunterlagen nehme er mit nach Hause und prüfe sie dort in eigener Verantwortung.
Schließlich sei er (bis Ende 2009) mit der Pflege der Projektbuchhaltung und Prüfung der Planrechnungen des Projekts Umbau des Einkaufszentrums St., M., befasst. Seine Aufgabe bestehe darin, die Rechnungen der Architekten und Planer zu prüfen und freizugeben. Dafür wende er etwa einen halben bis einen Tag in der Woche auf. Er stimme sich mit dem zuständigen Mitarbeiter der Klägerin ab und arbeite auch im Übrigen mit deren Angestellten zusammen. Die Rechnungen prüfe er im eigenen Büro, zumal er auf das Projektbuchhaltungsprogramm bzw. die Daten der Klägerin über das Internet zugreifen könne; ggf. könne er auch an einem der Studentenarbeitsplätze in der Büromultizone der Klägerin arbeiten.
Die Aufteilung seiner Arbeitszeit richte sich nach den Anforderungen bzw. Terminen des jeweiligen Projekts. Absprachen mit der Klägerin würden hierüber nicht getroffen. Notwendig sei nur, dass sich der Zeitaufwand innerhalb der vereinbarten Budgets bewege. In seinem Büro in G.-P. verfüge er über einen PC, einen Laptop, Drucker, Scanner, Telefonanlage, Mobiltelefon, Digital Kamera sowie Software; außerdem habe er eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Die Geräte habe er bereits während seiner Angestelltentätigkeit bei der Klägerin angeschafft. Die technischen und fachlichen Aufgabenstellungen der genannten Projekte unterschieden sich nicht grundlegend von seinen Aufgaben als Angestellter der Klägerin; das gelte nicht für das Projekt Elektronisches Stellwerk G., bei dem er nicht nur beratend tätig sei, sondern auch Entscheidungsfunktion in eigener Verantwortung übernehme. Anders als in der Beschäftigung bei der Klägerin könne er seine Arbeit frei einteilen und auch den Arbeitsort frei wählen; er müsse nicht im Büro der Klägerin anwesend sein. Außerdem sei ihm als Angestellter die Tätigkeit teilweise kurzfristig zugewiesen worden. Arbeiten habe er nicht ablehnen können. Nunmehr müssten die Projekte mit ihm abgestimmt werden und er dürfe Aufträge ablehnen.
Der Beigeladene Nr. 1 legte (im Verwaltungsverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren) Rechnungen über seine Tätigkeit vor (Juni 2008: 11.929,37 EUR; Juli 2008: 12.601,80 EUR; August 2008: 10.624,69 EUR; Oktober 2008: 12.697,16 EUR; November 2008: 13.001,32 EUR; Dezember 2008: 6.564,87 EUR; Januar 2009: 8.462,36 EUR; Februar 2009: 6.010,32 EUR; März 2009: 9.607,57 EUR; April 2009: 5.370,70 EUR; Mai 2009: 3.148,12 EUR; Juni 2009: 1.802,33 EUR). Außerdem legte er Nachweise über (gesondert abzurechnende) Fahrt- und Telefonkosten vor.
Mit Schreiben vom 24.10.2008 hörte die Beklagte den Beigeladenen Nr. 1 an. Man gehe vom Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (ab 1.6.2008) aus.
Mit (an die Klägerin und den Beigeladenen Nr. 1 gerichtetem) Bescheid vom 21.11.2008 stellte die Beklagte das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen Nr. 1 seit 1.6.2008 fest. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene Nr. 1 werde im Namen und auf Rechnung der Klägerin tätig und erbringe seine Arbeitsleistung überwiegend in Räumen der D. ProjektBau bzw. bei Bedarf in den Räumen der Klägerin, die ihm auch technische Hilfsmittel unentgeltlich zur Verfügung stelle. Die Arbeitsergebnisse stünden unmittelbar der Klägerin zur Verfügung. Weder der Beigeladene Nr. 1 noch die Auftraggeber der Klägerin hätten hierauf Anspruch. Der Beigeladene Nr. 1 sei in das Qualitätsmanagement der Klägerin zur Überwachung der Leistung integriert. Er unterliege damit der Kontrolle der Klägerin, was ebenfalls die Eingliederung des Beigeladenen Nr. 1 in deren Arbeitsorganisation indiziere. Ein eigenes Unternehmerrisiko trage der Beigeladene Nr. 1 nicht. Schließlich arbeite er mit den Mitarbeitern der Auftraggeber der Klägerin zusammen. Insgesamt überwögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte.
Die Klägerin legte Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, der Beigeladene Nr. 1 sei bis 31.12.2008 als Projektleiter für den Ersatz der alten Stellwerkstechnik auf der Bahnstrecke M.-G.-P. verantwortlich gewesen. In die Abwicklung dieses Projekts sei sie nicht involviert gewesen. Außerdem habe er die von ihr zu erstellenden Ausschreibungsunterlagen für die Erneuerung der Ansteuerung der Straßenbeleuchtung in M. überprüfen müssen. Schließlich sei er mit der Pflege der Projektbuchhaltung und der Prüfung der Planerrechnungen für das Projekt Umbau Einkaufszentrum St. beauftragt gewesen. Bei allen Projekten habe er weitgehende Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume gehabt. In der Zeiteinteilung sei er völlig frei gewesen und er habe die Arbeitszeit auf die genannten Projekte bzw. weitere Aufgaben selbstständig aufgeteilt. Den Arbeitsort habe man nicht festgelegt. Regelmäßig arbeite der Beigeladene Nr. 1 daher in seinen eigenen Büroräumen in G.-P ... In ihrem Betrieb verfüge er nicht über einen Arbeitsplatz. Nur gelegentlich halte er sich zu Abstimmungen in ihren Geschäftsräumen auf. Seine Dienste rechne der Beigeladene Nr. 1 nach Tagessätzen ab und stelle ihr zum Monatsende Rechnungen aus. Sein Einkommen werde als Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit versteuert. Der Beigeladene Nr. 1 unterhalte ein professionell ausgestattetes Büro (PC und Laptop mit Software, Laserdrucker, Scanner) und besitze ein geschäftlich genutztes Kfz, ein Mobiltelefon und ein Faxgerät. Weisungen sei er nicht unterworfen, in ihre Arbeitsorganisation nicht eingegliedert und nicht in ihrem Namen tätig gewesen. Die Einbindung in ein betriebliches Qualitätsmanagement-System ermögliche nur die Qualitätserfassung der Leistungen und die Darstellung der Qualität gegenüber den Kunden. Der Beigeladene Nr. 1 trage insoweit ein Unternehmerrisiko als er Einnahmen nur durch den Einsatz seiner Arbeitskraft erzielen könne. Bei Krankheit oder Urlaub erhalte er kein Arbeitsentgelt. Damit sprächen nahezu alle Indizien für eine selbstständige Erwerbstätigkeit; dies hätten die Beteiligten auch so gewollt.
Die einzelnen Projekte würden mit dem Beigeladenen Nr. 1 jeweils auf der Grundlage des Vertrages über dessen freie Mitarbeit mündlich vereinbart. Das gelte für den Inhalt des Projekts, für etwaige Budgetobergrenzen und Terminvorgaben. Derzeit baue der Beigeladene Nr. 1 sein eigenes Ingenieurbüro auf; er nutze einen erheblichen Teil seiner Zeit für die Akquisition von Aufträgen. Der Beigeladene Nr. 1 habe an dem Projekt Elektronisches Stellwerk G. bereits als ihr Angestellter mitgearbeitet und sei nach dem Wechsel in die Selbstständigkeit als externer Projektleiter (Subunternehmer) beauftragt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7.7.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dem Beigeladenen Nr. 1 seien hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes nur scheinbar Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, da die Einsatzorte bei der Annahme eines Auftrages bereits feststünden. Die Arbeitszeit orientiere sich an dem vorgegebenen Zeitplan und an den üblichen Arbeitszeiten. Die Eingliederung des Beigeladenen Nr. 1 in einen fremden Betrieb folge aus der Übertragung einer konkreten Funktion zur Erfüllung einer vom Auftraggeber übernommenen Verpflichtung. Da der Beigeladene Nr. 1 die zwischen der Klägerin und ihren Kunden getroffenen Vereinbarungen zu berücksichtigen habe, sei er funktionsgerecht dienend in die Betriebsabläufe der Klägerin integriert. Dass die Aufgaben teilweise auswärts erfüllt würden, ändere daran nichts. Der Beigeladene Nr. 1 nutze im Wesentlichen die Büroausstattung der Klägerin und deren Kunden; eigene Arbeitsmittel (PC u.a.) habe er bereits zuvor angeschafft. Ein Unternehmerrisiko trage der Beigeladene Nr. 1 nicht. Außerdem werde er nach festen Tagessätzen vergütet.
Am 7.8.2009 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Sie bekräftigte ihr bisheriges Vorbringen und trug ergänzend vor, während seiner freiberuflichen Tätigkeit sei der Beigeladene Nr. 1 in Kontakt zu den Gemeindewerken G.-P. getreten. Diese hätten ihm 2009 ein Beschäftigungsverhältnis als Abteilungsleiter Projektmanagement Technik mit Schwerpunkt regenerative Energieerzeugung angeboten. Da der Beigeladene Nr. 1 schon immer in diesem Bereich habe arbeiten wollen, habe er sein Ingenieurbüro geschlossen und die Beschäftigung bei den Gemeindewerken zum 1.7.2009 aufgenommen. Zuvor habe er ab Anfang 2009 auch Gutachten für ein Sachverständigenbüro angefertigt (Beurteilung eines Schadens an der Kältemaschine der zoologischen Staatssammlung M., Bewertung der Schadensbehebung an einer Hochdruckgasleitung der Stadtwerke M., Bewertung und Beseitigung von Brandschutzmängeln bei einem Einkaufszentrum in K.). Während der streitigen Zeit habe der Beigeladene Nr. 1 einem Weisungsrecht nicht unterlegen. Lediglich vereinzelt seien Tätigkeiten in ihren Geschäftsräumen abzustimmen gewesen. Zeitliche Vorgaben habe sie dem Beigeladenen Nr. 1 nicht gemacht. In ihre Arbeitsorganisation sei er nicht eingegliedert gewesen; ihre Büromittel habe er nicht genutzt und ein eigenes Unternehmerrisiko getragen.
Unter dem 15.7.2010 erließ die Beklagte einen (Ergänzungs-)Bescheid. Sie stellte (nach weiteren Ermittlungen) Versicherungspflicht bzw. Beitragspflicht des Beigeladenen Nr. 1 zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung in der für die Klägerin ausgeübten Beschäftigung als Projektmanager für folgende Zeiten fest:
1.6.2008 bis 30.11.2008, 1.12.2008 bis 19.12.2008, 7.1.2009 bis 27.1.2009, 2.2.2009 bis 12.2.2009, 23.2.2009 bis 24.2.2009, 28.2.2009, 2.3.2009 bis 3.3.2009, 5.3.2009, 9.3.2009, 12.3.2009, 16.3.2009, 18.3.2009 bis 30.3.2009, 1.4.2009, 6.4.2009, 8.4.2009, 14.4.2009 bis 15.4.2009, 20.04.2009, 23.4.2009, 27.4.2009, 30.4.2009, 5.5.2009, 12.5.2009, 14.5.2009, 20.5.2009, 28.5.2009, 8.6.2009, 23.6.2009, 25.6.2009.
Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung habe wegen Überschreitung der maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht bestanden.
Am 28.7.2011 führte das Sozialgericht eine mündliche Verhandlung durch. Der Beigeladene Nr. 1 gab an, die Anfang 2009 ausgeführten Gutachtensaufträge habe er von dem mit ihm befreundeten Inhaber eines Ingenieurbüros erhalten. Er habe sich sodann auf ein Zeitungsinserat bei den Gemeindewerken G.-P. beworben, allerdings freiberuflich tätig werden wollen; dies hätten die Gemeindewerke jedoch abgelehnt. Ab 1.5.2009 sei er zunächst halbtags und ab 1.7.2009 in Vollzeit bei den Gemeindewerken beschäftigt. Hinsichtlich des Projekts Elektronisches Stellwerk G. sei er ab 1.6.2008 als Projektleiter tätig gewesen. Er habe die Mitarbeiter der Klägerin angeleitet. Insoweit handele es sich nicht um die Fortsetzung der Tätigkeit, die er schon als Beschäftigter der Klägerin bei diesem Projekt verrichtet habe. Die D. ProjektBau hätte ihn gerne direkt beauftragt. Wegen des kurzfristigen Bedarfs und der zu langen Dauer eines weiteren Vergabeverfahrens sei er über die Klägerin beauftragt worden. Den Tagessatz von 450 EUR habe er für einen Achtstundentag kalkuliert. Zuvor habe er jedoch eher 14-15 Uhr Stunden täglich gearbeitet. Für den Fall der rechtzeitigen Inbetriebnahme sei (mündlich) eine (zusätzliche) Erfolgsprämie von 4.500 EUR vereinbart worden. Er habe seinerzeit mit dem Statusantrag auch einen Antrag auf freiwillige Rentenversicherung gestellt. Zu den genannten Projekten seien weitere hinzugekommen, die er mit der Klägerin vereinbart habe (u.a. Projekt Mobilitätsdrehscheibe A.g; Resttätigkeit Umbau Bf. St. - Vergütung 100 EUR/Monat -; Projekt Autobahn A 9 ).
Mit Urteil vom 28.7.2011 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 21.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.7.2009 bzw. des Ergänzungsbescheids vom 15.7.2010 auf und stellte fest, dass der Beigeladene Nr. 1 in der für die Klägerin verrichteten Tätigkeit als Projektingenieur vom 1.6.2008 bis 30.6.2009 nicht versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung war.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, der Beigeladene Nr. 1 habe während der streitigen Zeit (1.6.2008 bis 30.6.2009) ein unternehmerisches Risiko getragen; er habe mit der Eröffnung eines eigenen Ingenieurbüros Investitionen getätigt, nämlich einen Büroraum vorgehalten und Hard- und Software gekauft, sowie eine (Berufs-)Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Er habe für mehrere Auftraggeber tätig werden dürfen und seit Februar 2009 Gutachten für ein Ingenieurbüro erstellt; dadurch habe er seinen Gewinn steigern können. Hinsichtlich der Vergütung seiner Tätigkeit sei – neben einem Erfolgshonorar von 4.500 EUR bei rechtzeitiger Projektfertigstellung - ein (auf Basis eines Achtstundentags kalkulierter) Tagessatz von 450 EUR vereinbart worden. Auch das spreche für eine selbständige Erwerbstätigkeit, da die Klägerin ggf. notwendige Mehrarbeit nicht gesondert vergütet habe. Der Beigeladene Nr. 1 sei als Unternehmer am Markt aufgetreten; er habe insoweit Kundenakquise betrieben, als er in engem Kontakt zu potentiellen Auftraggebern gestanden habe (Regionalnetze S., D. AG, B. Z. AG, B. O. GmbH, B. E., M. R. AG und E. AG, Stadtwerke G.-P.). Einem Weisungsrecht der Klägerin habe er nicht unterlegen, seine Arbeit in zeitlicher, örtlicher und inhaltlicher Hinsicht (nach Maßgabe der Vorgaben der Auftraggeber der Klägerin) vielmehr selbst organisiert. Anwesenheitspflichten im Unternehmen der Klägerin hätten nicht bestanden. Er habe Aufträge auch ablehnen können und etwa das Projekt Umbau Bahnhof St. nicht übernommen, um mehr Akquise betreiben zu können. In den Betrieb der Klägerin sei der Beigeladene Nr. 1 nicht eingegliedert gewesen. Die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte (wie die vorherige Arbeit in einem Anstellungsverhältnis bei der Klägerin) träten demgegenüber in den Hintergrund. Ob der Beigeladene Nr. 1 gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) als Selbständiger mit einem Auftraggeber rentenversicherungspflichtig gewesen sei, sei nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 13.4.2011, - L 9 KR 294/08 -).
Auf das ihr am 12.9.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6.10.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die streitige Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 habe sich zeitlich unmittelbar an die zuvor bis zum 31.5.2008 bei der Klägerin ausgeübte Beschäftigung angeschlossen. Der Beigeladene Nr. 1 habe teilweise Projekte weitergeführt, die er bereits als festangestellter Mitarbeiter der Klägerin betreut habe. An den technischen und fachlichen Aufgabenstellungen habe sich nichts Grundlegendes geändert. Der Beigeladene Nr. 1 sei sowohl im Vertrag über die freie Mitarbeit wie im Anstellungsvertrag als Projektmanager bezeichnet worden. Außerdem habe er die Arbeitsleistung auch nach Beendigung des Anstellungsvertrags (weiterhin) persönlich erbringen müssen. Das zeige, dass man das bisherige Beschäftigungsverhältnis fortgesetzt habe. Das Ingenieurbüro des Beigeladenen Nr. 1 habe auch nur für die Dauer des streitigen Auftragsverhältnisses vom 1.6.2008 bis 30.6.2009 existiert. Die vom Sozialgericht für ein Unternehmerrisiko angeführten Investitionen (PKW, PC, Drucker, Faxgerät, Scanner) fänden sich regelmäßig in modernen Privathaushalten. Aufwendungen für die Anmietung von Büroräumen seien nicht angefallen, da sich das Büro im Haus des Beigeladenen Nr. 1 befunden habe. Der Beigeladene Nr. 1 habe keine an einen bestimmten Erfolg gekoppelte Vergütung nach Zeitaufwand erhalten, sondern die in Rechnung gestellte Arbeitszeit nachweisen müssen. Fahrtkosten, Parkgebühren und Telefonkosten habe die Klägerin gesondert erstattet. Den Tagessatz von 450,- EUR hätte die Klägerin auch zahlen müssen, wenn das jeweilige Projekt nicht rechtzeitig fertiggestellt worden wäre; Überstunden seien daher mit abgegolten gewesen. Der Beigeladene Nr. 1 habe auch als Angestellter der Klägerin bei den Kunden vor Ort gearbeitet. Außerdem sei es in der Arbeitswelt auch bei traditionell abhängigen Beschäftigungsverhältnissen üblich, auf die Anwesenheit des Arbeitnehmers am Betriebssitz des Arbeitgebers zu verzichten (Telearbeit) bzw. diese auf ein notwendiges Maß zu beschränken, wie hier hinsichtlich der Teambesprechungen oder der Ergebnispräsentationen. Der Beigeladene Nr. 1 sei schließlich in das Qualitätskontrollsystem der Klägerin eingegliedert gewesen und habe bei Entscheidungen, die über einen festgelegten Handlungsrahmen hinausgegangen seien, Rücksprache halten und teilweise auch mit Beschäftigten der Klägerin zusammenarbeiten müssen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.7.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Beigeladene Nr. 1 habe Startkapital angespart und sodann zum 1.6.2008 sein eigenes Ingenieurbüro eröffnet. Während der notwendigen Anlaufzeit habe er sich auf ihre Aufträge stützen können, freilich das langfristige Ziel verfolgt, künftig im Bereich regenerativer Energien tätig zu werden, was nicht zu ihrem Geschäftsfeld gehöre. Der Beigeladene Nr. 1 habe ein eigenes Unternehmerrisiko getragen, eine eigene Betriebsstätte in einem abgetrennten Raum seines Wohnhauses eingerichtet und seine Dienste am Markt angeboten. Die Vergütung auf Tagesbasis sei für freie Mitarbeiter verbreitet. Das Erfolgshonorar habe nicht Überstunden vergüten, sondern Anreize für fristgerechte Leistungserbringung setzen sollen. Reisekosten seien nicht in jedem Fall erstattet worden; dies habe vor Vergabe des jeweiligen Projekts gesondert vereinbart werden müssen. Weisungen habe sie dem Beigeladenen Nr. 1 nicht erteilt. Dieser habe seine Arbeit frei gestalten können und sei in ihren Betrieb nicht eingegliedert gewesen. Ab 1.6.2008 habe der Beigeladene Nr. 1 ihre Betriebsräume nur noch in Einzelfällen aufgesucht, während er vorher dort habe arbeiten müssen; von der Möglichkeit der Heimarbeit habe sie seinerzeit nicht Gebrauch gemacht. Das Ingenieurbüro des Beigeladenen Nr. 1 sei nicht nur für die in Rede stehenden (drei) Projekte gegründet worden. Der Beigeladene Nr. 1 habe seine Selbständigkeit erst (wieder) beendet, als er eine konkrete berufliche Karrierechance (in einem Beschäftigungsverhältnis) erhalten habe. Das sei nicht vorhersehbar gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2008 bzw. der Widerspruchsbescheid vom 7.7.2009 sowie gem. § 96 Abs. 1 SGG der während des Klageverfahrens ergangene (Ergänzungs-)Bescheid vom 15.7.2010 (näher dazu Senatsurteil vom 8.6.2011, - L 5 R 4078/10 -).
II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind formell und materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene Nr. 1 in der ab 1.6.2008 (bis 30.6.2009) bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Projektmanager der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Das Urteil des Sozialgerichts kann deshalb keinen Bestand behalten. Es ist auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage ist abzuweisen.
1.) Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte (D. R. B. - C.-Stelle) war zu deren Erlass (sachlich) zuständig; sie hat sie zu Recht im Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV erlassen. Die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich – nach Erlass des (Ergänzungs-)Bescheids vom 15.7.2010 - nicht auf eine (unzulässige) Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses (auch dazu näher Senatsurteil vom 8.6.2011, - L 5 R 4078/10 -). Die Beklagte hat Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung ab 1.6.2008 (bis 30.6.2009) nicht durchgehend, sondern nur für bestimmte Zeiträume bzw. Tage festgestellt. Diese zeitliche Beschränkung ist nicht angegriffen und deshalb vom Senat auch nicht zu überprüfen.
2.) Die Beklagte hat in der Sache zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene Nr. 1 ab 1.6.2008 (bis 30.6.2009) eine Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ausgeübt hat und deswegen (für die im Ergänzungsbescheid vom 15.7.2010 genannten Zeiträume) Beitragspflicht zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung bestand.
a.) Gemäß § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI setzt die Versicherungspflicht (Beitragspflicht) zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04 -). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).
b.) Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Beigeladene Nr. 1 ab 1.6.2008 (bis 30.6.2009) bei der Klägerin als Projektmanager ausgeübt hat, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit einzustufen.
Der Beigeladene Nr. 1 hat ein Unternehmerrisiko nicht getragen. Eigene Betriebsmittel oder eigenes (Wagnis-)Kapital in nennenswertem Umfang hat er nicht eingesetzt. Er hat sich ein Büro bzw. Arbeitszimmer in seinem Wohnhaus eingerichtet und dieses im Wesentlichen mit PC, Laptop, Drucker, Scanner, Faxgerät einschließlich Bürosoftware und Telefon ausgestattet. Hierüber verfügen viele Privathaushalte und viele Arbeitnehmer, die Arbeiten für ihre Arbeitgeber an einem häuslichen Arbeitsplatz oder in Telearbeit erledigen. Der Kläger hat die genannten Geräte auch (privat) noch während des Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin angeschafft. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist für abhängig Beschäftigte, die in entsprechend verantwortlicher Position tätig und deswegen Haftungsrisiken ausgesetzt sind, nicht ungewöhnlich. Eine selbständige Erwerbstätigkeit ist damit nicht zu begründen. Das gilt gleichermaßen für die Nutzung des privaten PKW zu Fahrten zur jeweiligen Arbeitsstätte. Sein – zu Unrecht als selbständiger Betrieb eingestuftes - Ingenieurbüro hat der Beigeladene Nr. 1 schließlich nur für die Zeit der (von den Beteiligten so genannten) freien Mitarbeit bei der Klägerin (vom 1.6.2008 bis 30.6.2009) unterhalten und nach Antritt einer abhängigen Beschäftigung bei den Gemeindewerken G.-P. zum 1.7.2009 ohne Weiteres eingestellt. Mag diese Entwicklung zum Beginn der in Rede stehenden Tätigkeit auch nicht absehbar gewesen sein, so wird doch deutlich, dass ein ins Gewicht fallendes unternehmerisches Substrat zu keiner Zeit vorgelegen hat.
Der Beigeladene Nr. 1 ist auch nach der im Anschluss an das Anstellungsverhältnis vereinbarten freien Mitarbeit in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Der Vertrag über freie Mitarbeit vom 31.5.2008 hat seinen sozialversicherungsrechtlichen Status nicht verändert. Dieser unterliegt nicht der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Ob eine Beschäftigung (nichtselbständige Arbeit) vorliegt oder nicht, richtet sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV; diese Vorschrift ist nicht abdingbar. Das gilt auch für die gesetzlichen Arbeitnehmerrechte, wie Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auf das (weitere) Vorliegen eines schriftlichen Arbeitsvertrags kommt es daher nicht an. Der Arbeitnehmer wird nicht dadurch zum Unternehmer, dass ihm die wirtschaftlichen Risiken seines Arbeitseinsatzes überbürdet oder Arbeitnehmerrechte vorenthalten werden. Der Ausfall von Arbeitsentgelt im Krankheitsfall (nach der gesetzlichen Entgeltfortzahlung) ist Teil des Arbeitsplatzrisikos des Beschäftigten, nicht jedoch Ausdruck eines Unternehmerrisikos.
Den genannten Vertrag vom 31.5.2008 hat der Beigeladene Nr. 1 mit der Klägerin als seiner bisherigen Arbeitgeberin geschlossen. In zeitlicher Hinsicht schließt er sich unmittelbar an das Anstellungsverhältnis des Beigeladenen Nr. 1 an, das man zum 1.6.2008 offenbar beenden wollte. In sachlicher Hinsicht betrifft er Tätigkeiten des Projektmanagements, die der Beigeladene Nr. 1 für die Klägerin in wesentlich gleicher Weise zuvor als Angestellter erbracht hatte. Die technischen und fachlichen Aufgabenstellungen haben sich nach eigenen Angaben des Beigeladenen Nr. 1 nicht grundlegend geändert und der Beigeladene Nr. 1 blieb auch in das Qualitätsmanagement der Klägerin einbezogen; eigene (unternehmerische) Qualitätssicherung seiner Leistung hat er nicht betrieben. Nach § 2 des Vertrags vom 31.5.2008 sollte der Beigeladene Nr. 1 für die Klägerin ab 1.6.2008 im Projektmanagement für Infrastrukturprojekte arbeiten, wobei es sich im Kern um Vorhaben gehandelt hat, bei denen er bis 31.5.2008 als Angestellter der Klägerin ebenfalls im Projektmanagement tätig gewesen war. So hatte der Beigeladene Nr. 1 das in § 2 des Vertrags genannte Projekt Elektronisches Stellwerk G.-P. bereits in den Jahren 2003 bis 2006 bearbeitet; dass er nunmehr (als freier Mitarbeiter) auch Entscheidungen in eigener Verantwortung treffen sollte, ändert daran nichts, zumal diese Kompetenz der Sache nach auch leitenden Angestellten oder entsprechend fachlich qualifizierten Beschäftigten zusteht. Der zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen Angestelltentätigkeit und Tätigkeit als (angeblicher) freier Mitarbeiter spricht ebenfalls dafür, dass ungeachtet des Versuchs einer (Um-)Qualifizierung des Beigeladenen Nr. 1 zum freien Mitarbeiter in Wahrheit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis fortgeführt worden ist.
Dem Beigeladene Nr. 1 sind bei der Erfüllung seiner Aufgaben unzweifelhaft erhebliche Freiheiten eingeräumt worden. So ist er an feste Arbeitszeiten oder Arbeitsorte nicht gebunden gewesen und hat seine Tätigkeit frei gestalten dürfen, dabei freilich die aus den Anforderungen des jeweiligen Projekts folgenden Vorgaben beachten müssen. Freiräume dieser Art sind aber kennzeichnend für den Status leitender Angestellter oder besonders qualifizierter Mitarbeiter, denen die Betreuung (das Management) eines bestimmten Projekts übertragen ist. Der Arbeitgeber erwartet von diesen Beschäftigten, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (vgl. BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -) frei von Einzelweisungen erfüllen und selbständig arbeiten (können). Dass der Kläger dafür über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen muss, versteht sich von selbst und ist für seinen sozialversicherungsrechtlichen Status ohne Belang.
Für das (weitere) Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses über den 31.5.2008 hinaus spricht auch, dass der Beigeladene Nr. 1 seine Arbeitsleistung in der Betreuung der Infrastrukturprojekte der Klägerin (im Innenverhältnis zu dieser) zur Verfügung gestellt hat, während (im Außenverhältnis zu Kunden) nur Vertragsbeziehungen der Klägerin zu deren Auftraggebern (Projektträgern) bestanden haben. Das entspricht der Tätigkeit eines Beschäftigten, der seine Arbeitskraft für den Arbeitgeber einsetzt, damit dieser die Aufträge der Kunden erfüllen kann. Vertragsbeziehungen des Beigeladenen Nr. 1 zu anderen Auftraggebern als der Klägerin haben ersichtlich keine wesentliche Rolle gespielt. Insoweit hat er lediglich einige Gutachten für den mit ihm befreundeten Inhaber eines Ingenieurbüros angefertigt. Das trägt eher den Charakter einer gelegentlichen Nebentätigkeit (neben einem Arbeitsverhältnis) und stellt ein ins Gewicht fallendes Auftreten als Unternehmer am Markt nicht dar. Eine relevante Marktteilnahme durch Werbung für die eigene Unternehmerleistung ist auch mit dem Vorbringen, Kontakte mit potenziellen Auftraggebern geknüpft zu haben, nicht dargetan.
Die Vergütungsmodalitäten, die für die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 festgelegt worden sind, geben dessen Tätigkeit ebenfalls nicht das Gepräge unternehmerischen Handelns. Den vereinbarten Tagessatz (450 EUR) hat man offenbar auf der Grundlage eines achtstündigen Arbeitstags kalkuliert, was sich an die Verhältnisse abhängig Beschäftigter anlehnt. Ob damit Mehrarbeit abgegolten worden ist oder nicht, ist nicht von wesentlicher Bedeutung. Das gilt auch für die Rechnungsstellung durch den Beigeladenen Nr. 1, die nur formale Äußerlichkeiten der Entgeltzahlung betrifft und für die materielle Einstufung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend ist. Ebenso wenig kommt es für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung maßgeblich auf die steuerliche Behandlung der Einkünfte oder die Abführung von Umsatzsteuer an. Die jedenfalls teilweise Erstattung von Spesen (wie Fahrt- oder auch Telefonkosten) ist eher bei Arbeitnehmern üblich, während Unternehmer Aufwendungen dieser Art als Kosten ihrer Leistung in die Kalkulation ihrer Preise einstellen. Erfolgsprämien besagen für den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen Nr. 1 ebenfalls wenig, da Zuwendungen dieser Art auch Beschäftigten als Anreiz zur Steigerung der Arbeitsleistung gezahlt werden.
Insgesamt ergibt sich für den Senat das Gesamtbild einer abhängigen und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 auch über den 31.5.2008 hinaus bis zum 30.6.2009.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 2 bis 4 aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben. Der Beigeladene Nr. 1 ist Versicherter (§ 183 SGG); ihm können Kosten gem. § 197a Abs. 2 Satz 2 SGG daher (ohnehin) nicht auferlegt werden. Die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten kommt nicht in Betracht.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. In Statussachen ist regelmäßig der Auffangstreitwert (5.000 EUR) anzusetzen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene Nr. 1 bei der Klägerin vom 1.6.2008 bis 30.6.2009 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat.
Die Klägerin ist ein als GmbH verfasstes Unternehmen mit Sitz in St. und Niederlassungen in D. und L ... Sie beschäftigt ca. 100 Mitarbeiter. Unternehmensgegenstand ist das Projektmanagement für Infrastrukturprojekte.
Der 1956 geborene Beigeladene Nr. 1 war vom 1.1.2003 bis 31.5.2008 als Projektmanager und bautechnischer Berater bei der Klägerin am Standort M. angestellt. Dem Beschäftigungsverhältnis lag ein Anstellungsvertrag vom 23.10.2002 zu Grunde. Danach war die Klägerin berechtigt, dem Beigeladenen Nr. 1 Aufgaben entsprechend seinen Fähigkeiten und Kenntnissen zu übertragen und ihn ggf. an einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort einzusetzen (§ 2). Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden; Mehrarbeit war (bei Freizeitausgleich von 3 Arbeitstagen pro Kalenderjahr) mit dem Gehalt abgegolten (§ 3). Die monatliche Vergütung war mit (brutto) 5.024 EUR zzgl. 13. Monatsgehalt vereinbart (§ 4). Außerdem erhielt der Beigeladene Nr. 1 eine variable, leistungsabhängige Vergütung (§ 5). Der Urlaubsanspruch betrug 30 Arbeitstage (§ 7), die Kündigungsfrist (nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit) betrug 6 Wochen (ab dem dritten Beschäftigungsjahr 3 Monate) zum Quartalsende.
Ab 1.6.2008 erbrachte der Beigeladene Nr. 1 (nach Beendigung des Anstellungsvertrags) ingenieurtechnisch-planerische Dienstleistungen für die Klägerin im Bereich Verkehrs- und Versorgungstechnik. Dem lag (nunmehr) ein (als solcher bezeichneter) Vertrag über freie Mitarbeit vom 31.5.2008 zugrunde. Dieser enthielt (u.a.) folgende Regelungen:
§ 1 Präambel
Beide Parteien werden in freiberuflicher Form zusammenarbeiten. Die Klägerin wird den (als freien Mitarbeiter bezeichneten) Beigeladenen Nr. 1 nach Maßgabe ihrer betrieblichen Erfordernisse mit der selbständigen Bearbeitung nachgenannter Leistungen beauftragen. Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwendung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet.
§ 2 Gegenstand des Vertrages
Der freie Mitarbeiter übernimmt ab 1.6.2008 als Projektmanager im Auftrag der Klägerin Tätigkeiten im Bereich Projektmanagement für Infrastrukturprojekte. Aus heutiger Sicht betreut der freie Mitarbeiter folgende Projekte:
- ESTW (Elektronisches Stellwerk) G.-P. - Neugestaltung Bahnhof St. - Einkaufszentrum St.
Der freie Mitarbeiter wird die Aufgaben selbst durchführen. Unteraufträge dürfen nicht vergeben werden.
§ 3 Vergütung
Die Vergütung erfolgt nach Zeitaufwand mit einem Tagessatz von 450 EUR zuzüglich der zur Zeit der Leistungserbringung gültigen Umsatzsteuer. Die Vergütung ist monatlich auf Nachweis abzurechnen. Die Auszahlung erfolgt unbar auf ein von dem freien Mitarbeiter zu benennendes Konto.
§ 4 Zeit und Ort der Leistungserbringung
Soweit sich keine Einschränkungen aus der Notwendigkeit des Auftrags bzw. des Leistungsbildes ergeben, ist der freie Mitarbeiter hinsichtlich der Art der Durchführung der ihm erteilten Aufträge und der Einteilung seiner Arbeitszeit frei. Er unterliegt keinen Weisungen seitens der Klägerin.
Soweit die Durchführung der Tätigkeit bei Bedarf in den Geschäftsräumen der Klägerin erfolgen muss, werden dem freien Mitarbeiter die dafür erforderlichen räumlichen und technischen Mittel zur Verfügung gestellt. Gegenüber den Angestellten der Klägerin hat der freie Mitarbeiter keine Weisungsbefugnis.
Der freie Mitarbeiter wird die Klägerin über seine Tätigkeit, insbesondere über Ergebnisse und Aktionen, regelmäßig unterrichten.
§ 8 Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot
Dem freien Mitarbeiter steht es frei, auch für andere Unternehmen tätig zu sein. Er verpflichtet sich jedoch, sich während der Dauer des Vertragsverhältnisses jeder selbstständigen oder unselbstständigen, direkten oder indirekten Tätigkeit für ein Unternehmen zu enthalten, das mit der Klägerin in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. Er verpflichtet sich, jeden möglichen Interessenkonflikt unverzüglich der Klägerin anzuzeigen.
§ 10 Qualitätssicherung und Speicherung von personenbezogenen Daten
Die Klägerin wendet ein Qualitätsmanagementsystem gemäß DIN EN ISO 9001 zur plan-mäßigen Überwachung von vereinbarten Leistungen mit dem Ziel an, die Quali-tätsanforderungen ihrer Kunden zu erfüllen. Der freie Mitarbeiter wird in dieses System integriert und seine Leistungen eventuell projektbezogen beurteilt ...
Die Klägerin und der Beigeladene Nr. 1 trafen mündliche Vereinbarungen über einzelne Projekte nach Festlegung des abgeschätzten Budgets, wobei die Aufgaben des Beigeladenen Nr. 1 nach den vereinbarten Leistungsbildern festgelegt wurden.
Unter dem 27.6.2008 stellte der Beigeladene Nr. 1 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV). Er gab an, seit 1.6.2008 übe er eine Tätigkeit in Projektsteuerung, Projektmanagement und Projektleitung bei Vorhaben der Verkehrstechnik und Infrastruktur aus. Auftraggeber sei die Klägerin. Von ihr erhalte er mindestens fünf Sechstel seiner Einkünfte. Eigene Arbeitnehmer beschäftige er nicht. Er müsse eine regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeit nicht einhalten und unterliege hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit keinen Weisungen; soweit erforderlich, arbeite er allerdings im Büro der Klägerin in M ... Vertreter oder Hilfskräfte dürfe er ohne Zustimmung der Klägerin einstellen. Er verfüge über eine eigene Betriebsausstattung bzw. eigene Räumlichkeiten (Datenverarbeitung, Büro, Kraftfahrzeug) und kalkuliere bzw. vereinbare die Honorare eigenständig.
Unter dem 12.9.2008 gab der Beigeladene Nr. 1 auf Nachfrage der Beklagten ergänzend an, während des Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin habe er täglich zwischen G.-P. und M. gependelt. Nachdem er sich ein gewisses "Sicherheitspolster" angespart gehabt habe, habe er beschlossen, sich mit einem Büro für Ingenieurdienstleistungen selbstständig zu machen. Als freier Mitarbeiter der Klägerin könne er noch für eine gewisse (Anlauf-)Zeit ein Basiseinkommen erwirtschaften, während er gleichzeitig versuche, sein Ingenieurbüro mit eigenen Projekten zu entwickeln; er wolle schwerpunktmäßig im Bereich regenerativer Energien tätig werden. Er versuche, weitere Auftraggeber zu akquirieren, etwa hinsichtlich der Ausbaumaßnahmen auf der Bahnstrecke M.-G. zur Ski-WM 2011.
Derzeit betreue er im Auftrag der Klägerin das – zum 31.12.2008 auslaufende - Projekt Elektronisches Stellwerk G. als externer Projektleiter bei der D.-Projektbau. Dabei werde die alte Stellwerktechnik auf der Bahnstrecke M.-G. durch moderne elektronische Stellwerke ersetzt. Während seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin habe er die Projektsteuerung dieses Vorhabens bereits in den Jahren 2003-2006 bearbeitet. Nachdem der vormalige Projektleiter bei der D. ProjektBau kurzfristig gekündigt habe, habe er das Projekt zur eigenständigen Bearbeitung von der Klägerin als Subunternehmer übernommen. Die notwendigen Aufgaben (unter anderem Festlegung von Ingenieur-, Bau- und Lieferverträgen, Ausschreibungen und Verhandlungen, Einholen behördlicher Genehmigungen, Koordinations-, Planungs- und Bauablaufbesprechungen, Kontrollen) erledige er selbständig und eigenverantwortlich in eigenständiger zeitlicher Disposition. Er stimme sich, soweit notwendig, unmittelbar mit der D. ProjektBau ab. Die Klägerin sei dabei nicht involviert; mit deren Mitarbeitern arbeite er nicht zusammen. Er sei etwa 2-3 Tage in der Woche in einem von der D. ProjektBau bereitgestellten Büro in M. tätig. Dort fänden auch die Koordinationsbesprechungen statt. Hinzu kämen Ortstermine auf der Baustelle (in der Nähe zu seinem Büro in G.). Die Klägerin sei in die Abwicklung des Projekts nicht involviert.
Außerdem sei er für die Klägerin für ein Projekt zur Erneuerung der Ansteuerung der Straßenbeleuchtung in M. tätig. Die Klägerin habe ihn mit der (zum März 2009 auslaufenden) Qualitätsüberwachung des Ausschreibungsverfahrens für 1.800 Ansteuereinheiten und das zugehörige Leitsystem beauftragt. Die Ausschreibungsplanung erledige ein Beschäftigter der Klägerin, während er die Planung zu überprüfen habe. Vor Erstellung der Ausschreibungsunterlagen werde das Ausschreibungskonzept mit den Mitarbeitern der Klägerin und der Stadt M. abgestimmt. Nach Überprüfung und etwaigen Korrekturanmerkungen gebe er die Unterlagen an die Klägerin zurück. Mit der Durchführung des eigentlichen Ausschreibungsverfahrens sei er nicht befasst. Das Projekt befinde sich derzeit in der Abstimmungsphase; er sei damit etwa 2 Tage im Monat beschäftigt. Abstimmungstermine fänden mit Mitarbeitern der Klägerin in deren Betriebsräumen, ansonsten im Rathaus der Stadt M. statt; Planungsunterlagen nehme er mit nach Hause und prüfe sie dort in eigener Verantwortung.
Schließlich sei er (bis Ende 2009) mit der Pflege der Projektbuchhaltung und Prüfung der Planrechnungen des Projekts Umbau des Einkaufszentrums St., M., befasst. Seine Aufgabe bestehe darin, die Rechnungen der Architekten und Planer zu prüfen und freizugeben. Dafür wende er etwa einen halben bis einen Tag in der Woche auf. Er stimme sich mit dem zuständigen Mitarbeiter der Klägerin ab und arbeite auch im Übrigen mit deren Angestellten zusammen. Die Rechnungen prüfe er im eigenen Büro, zumal er auf das Projektbuchhaltungsprogramm bzw. die Daten der Klägerin über das Internet zugreifen könne; ggf. könne er auch an einem der Studentenarbeitsplätze in der Büromultizone der Klägerin arbeiten.
Die Aufteilung seiner Arbeitszeit richte sich nach den Anforderungen bzw. Terminen des jeweiligen Projekts. Absprachen mit der Klägerin würden hierüber nicht getroffen. Notwendig sei nur, dass sich der Zeitaufwand innerhalb der vereinbarten Budgets bewege. In seinem Büro in G.-P. verfüge er über einen PC, einen Laptop, Drucker, Scanner, Telefonanlage, Mobiltelefon, Digital Kamera sowie Software; außerdem habe er eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Die Geräte habe er bereits während seiner Angestelltentätigkeit bei der Klägerin angeschafft. Die technischen und fachlichen Aufgabenstellungen der genannten Projekte unterschieden sich nicht grundlegend von seinen Aufgaben als Angestellter der Klägerin; das gelte nicht für das Projekt Elektronisches Stellwerk G., bei dem er nicht nur beratend tätig sei, sondern auch Entscheidungsfunktion in eigener Verantwortung übernehme. Anders als in der Beschäftigung bei der Klägerin könne er seine Arbeit frei einteilen und auch den Arbeitsort frei wählen; er müsse nicht im Büro der Klägerin anwesend sein. Außerdem sei ihm als Angestellter die Tätigkeit teilweise kurzfristig zugewiesen worden. Arbeiten habe er nicht ablehnen können. Nunmehr müssten die Projekte mit ihm abgestimmt werden und er dürfe Aufträge ablehnen.
Der Beigeladene Nr. 1 legte (im Verwaltungsverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren) Rechnungen über seine Tätigkeit vor (Juni 2008: 11.929,37 EUR; Juli 2008: 12.601,80 EUR; August 2008: 10.624,69 EUR; Oktober 2008: 12.697,16 EUR; November 2008: 13.001,32 EUR; Dezember 2008: 6.564,87 EUR; Januar 2009: 8.462,36 EUR; Februar 2009: 6.010,32 EUR; März 2009: 9.607,57 EUR; April 2009: 5.370,70 EUR; Mai 2009: 3.148,12 EUR; Juni 2009: 1.802,33 EUR). Außerdem legte er Nachweise über (gesondert abzurechnende) Fahrt- und Telefonkosten vor.
Mit Schreiben vom 24.10.2008 hörte die Beklagte den Beigeladenen Nr. 1 an. Man gehe vom Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (ab 1.6.2008) aus.
Mit (an die Klägerin und den Beigeladenen Nr. 1 gerichtetem) Bescheid vom 21.11.2008 stellte die Beklagte das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen Nr. 1 seit 1.6.2008 fest. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene Nr. 1 werde im Namen und auf Rechnung der Klägerin tätig und erbringe seine Arbeitsleistung überwiegend in Räumen der D. ProjektBau bzw. bei Bedarf in den Räumen der Klägerin, die ihm auch technische Hilfsmittel unentgeltlich zur Verfügung stelle. Die Arbeitsergebnisse stünden unmittelbar der Klägerin zur Verfügung. Weder der Beigeladene Nr. 1 noch die Auftraggeber der Klägerin hätten hierauf Anspruch. Der Beigeladene Nr. 1 sei in das Qualitätsmanagement der Klägerin zur Überwachung der Leistung integriert. Er unterliege damit der Kontrolle der Klägerin, was ebenfalls die Eingliederung des Beigeladenen Nr. 1 in deren Arbeitsorganisation indiziere. Ein eigenes Unternehmerrisiko trage der Beigeladene Nr. 1 nicht. Schließlich arbeite er mit den Mitarbeitern der Auftraggeber der Klägerin zusammen. Insgesamt überwögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte.
Die Klägerin legte Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, der Beigeladene Nr. 1 sei bis 31.12.2008 als Projektleiter für den Ersatz der alten Stellwerkstechnik auf der Bahnstrecke M.-G.-P. verantwortlich gewesen. In die Abwicklung dieses Projekts sei sie nicht involviert gewesen. Außerdem habe er die von ihr zu erstellenden Ausschreibungsunterlagen für die Erneuerung der Ansteuerung der Straßenbeleuchtung in M. überprüfen müssen. Schließlich sei er mit der Pflege der Projektbuchhaltung und der Prüfung der Planerrechnungen für das Projekt Umbau Einkaufszentrum St. beauftragt gewesen. Bei allen Projekten habe er weitgehende Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume gehabt. In der Zeiteinteilung sei er völlig frei gewesen und er habe die Arbeitszeit auf die genannten Projekte bzw. weitere Aufgaben selbstständig aufgeteilt. Den Arbeitsort habe man nicht festgelegt. Regelmäßig arbeite der Beigeladene Nr. 1 daher in seinen eigenen Büroräumen in G.-P ... In ihrem Betrieb verfüge er nicht über einen Arbeitsplatz. Nur gelegentlich halte er sich zu Abstimmungen in ihren Geschäftsräumen auf. Seine Dienste rechne der Beigeladene Nr. 1 nach Tagessätzen ab und stelle ihr zum Monatsende Rechnungen aus. Sein Einkommen werde als Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit versteuert. Der Beigeladene Nr. 1 unterhalte ein professionell ausgestattetes Büro (PC und Laptop mit Software, Laserdrucker, Scanner) und besitze ein geschäftlich genutztes Kfz, ein Mobiltelefon und ein Faxgerät. Weisungen sei er nicht unterworfen, in ihre Arbeitsorganisation nicht eingegliedert und nicht in ihrem Namen tätig gewesen. Die Einbindung in ein betriebliches Qualitätsmanagement-System ermögliche nur die Qualitätserfassung der Leistungen und die Darstellung der Qualität gegenüber den Kunden. Der Beigeladene Nr. 1 trage insoweit ein Unternehmerrisiko als er Einnahmen nur durch den Einsatz seiner Arbeitskraft erzielen könne. Bei Krankheit oder Urlaub erhalte er kein Arbeitsentgelt. Damit sprächen nahezu alle Indizien für eine selbstständige Erwerbstätigkeit; dies hätten die Beteiligten auch so gewollt.
Die einzelnen Projekte würden mit dem Beigeladenen Nr. 1 jeweils auf der Grundlage des Vertrages über dessen freie Mitarbeit mündlich vereinbart. Das gelte für den Inhalt des Projekts, für etwaige Budgetobergrenzen und Terminvorgaben. Derzeit baue der Beigeladene Nr. 1 sein eigenes Ingenieurbüro auf; er nutze einen erheblichen Teil seiner Zeit für die Akquisition von Aufträgen. Der Beigeladene Nr. 1 habe an dem Projekt Elektronisches Stellwerk G. bereits als ihr Angestellter mitgearbeitet und sei nach dem Wechsel in die Selbstständigkeit als externer Projektleiter (Subunternehmer) beauftragt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7.7.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dem Beigeladenen Nr. 1 seien hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes nur scheinbar Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, da die Einsatzorte bei der Annahme eines Auftrages bereits feststünden. Die Arbeitszeit orientiere sich an dem vorgegebenen Zeitplan und an den üblichen Arbeitszeiten. Die Eingliederung des Beigeladenen Nr. 1 in einen fremden Betrieb folge aus der Übertragung einer konkreten Funktion zur Erfüllung einer vom Auftraggeber übernommenen Verpflichtung. Da der Beigeladene Nr. 1 die zwischen der Klägerin und ihren Kunden getroffenen Vereinbarungen zu berücksichtigen habe, sei er funktionsgerecht dienend in die Betriebsabläufe der Klägerin integriert. Dass die Aufgaben teilweise auswärts erfüllt würden, ändere daran nichts. Der Beigeladene Nr. 1 nutze im Wesentlichen die Büroausstattung der Klägerin und deren Kunden; eigene Arbeitsmittel (PC u.a.) habe er bereits zuvor angeschafft. Ein Unternehmerrisiko trage der Beigeladene Nr. 1 nicht. Außerdem werde er nach festen Tagessätzen vergütet.
Am 7.8.2009 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Sie bekräftigte ihr bisheriges Vorbringen und trug ergänzend vor, während seiner freiberuflichen Tätigkeit sei der Beigeladene Nr. 1 in Kontakt zu den Gemeindewerken G.-P. getreten. Diese hätten ihm 2009 ein Beschäftigungsverhältnis als Abteilungsleiter Projektmanagement Technik mit Schwerpunkt regenerative Energieerzeugung angeboten. Da der Beigeladene Nr. 1 schon immer in diesem Bereich habe arbeiten wollen, habe er sein Ingenieurbüro geschlossen und die Beschäftigung bei den Gemeindewerken zum 1.7.2009 aufgenommen. Zuvor habe er ab Anfang 2009 auch Gutachten für ein Sachverständigenbüro angefertigt (Beurteilung eines Schadens an der Kältemaschine der zoologischen Staatssammlung M., Bewertung der Schadensbehebung an einer Hochdruckgasleitung der Stadtwerke M., Bewertung und Beseitigung von Brandschutzmängeln bei einem Einkaufszentrum in K.). Während der streitigen Zeit habe der Beigeladene Nr. 1 einem Weisungsrecht nicht unterlegen. Lediglich vereinzelt seien Tätigkeiten in ihren Geschäftsräumen abzustimmen gewesen. Zeitliche Vorgaben habe sie dem Beigeladenen Nr. 1 nicht gemacht. In ihre Arbeitsorganisation sei er nicht eingegliedert gewesen; ihre Büromittel habe er nicht genutzt und ein eigenes Unternehmerrisiko getragen.
Unter dem 15.7.2010 erließ die Beklagte einen (Ergänzungs-)Bescheid. Sie stellte (nach weiteren Ermittlungen) Versicherungspflicht bzw. Beitragspflicht des Beigeladenen Nr. 1 zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung in der für die Klägerin ausgeübten Beschäftigung als Projektmanager für folgende Zeiten fest:
1.6.2008 bis 30.11.2008, 1.12.2008 bis 19.12.2008, 7.1.2009 bis 27.1.2009, 2.2.2009 bis 12.2.2009, 23.2.2009 bis 24.2.2009, 28.2.2009, 2.3.2009 bis 3.3.2009, 5.3.2009, 9.3.2009, 12.3.2009, 16.3.2009, 18.3.2009 bis 30.3.2009, 1.4.2009, 6.4.2009, 8.4.2009, 14.4.2009 bis 15.4.2009, 20.04.2009, 23.4.2009, 27.4.2009, 30.4.2009, 5.5.2009, 12.5.2009, 14.5.2009, 20.5.2009, 28.5.2009, 8.6.2009, 23.6.2009, 25.6.2009.
Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung habe wegen Überschreitung der maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht bestanden.
Am 28.7.2011 führte das Sozialgericht eine mündliche Verhandlung durch. Der Beigeladene Nr. 1 gab an, die Anfang 2009 ausgeführten Gutachtensaufträge habe er von dem mit ihm befreundeten Inhaber eines Ingenieurbüros erhalten. Er habe sich sodann auf ein Zeitungsinserat bei den Gemeindewerken G.-P. beworben, allerdings freiberuflich tätig werden wollen; dies hätten die Gemeindewerke jedoch abgelehnt. Ab 1.5.2009 sei er zunächst halbtags und ab 1.7.2009 in Vollzeit bei den Gemeindewerken beschäftigt. Hinsichtlich des Projekts Elektronisches Stellwerk G. sei er ab 1.6.2008 als Projektleiter tätig gewesen. Er habe die Mitarbeiter der Klägerin angeleitet. Insoweit handele es sich nicht um die Fortsetzung der Tätigkeit, die er schon als Beschäftigter der Klägerin bei diesem Projekt verrichtet habe. Die D. ProjektBau hätte ihn gerne direkt beauftragt. Wegen des kurzfristigen Bedarfs und der zu langen Dauer eines weiteren Vergabeverfahrens sei er über die Klägerin beauftragt worden. Den Tagessatz von 450 EUR habe er für einen Achtstundentag kalkuliert. Zuvor habe er jedoch eher 14-15 Uhr Stunden täglich gearbeitet. Für den Fall der rechtzeitigen Inbetriebnahme sei (mündlich) eine (zusätzliche) Erfolgsprämie von 4.500 EUR vereinbart worden. Er habe seinerzeit mit dem Statusantrag auch einen Antrag auf freiwillige Rentenversicherung gestellt. Zu den genannten Projekten seien weitere hinzugekommen, die er mit der Klägerin vereinbart habe (u.a. Projekt Mobilitätsdrehscheibe A.g; Resttätigkeit Umbau Bf. St. - Vergütung 100 EUR/Monat -; Projekt Autobahn A 9 ).
Mit Urteil vom 28.7.2011 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 21.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.7.2009 bzw. des Ergänzungsbescheids vom 15.7.2010 auf und stellte fest, dass der Beigeladene Nr. 1 in der für die Klägerin verrichteten Tätigkeit als Projektingenieur vom 1.6.2008 bis 30.6.2009 nicht versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung war.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, der Beigeladene Nr. 1 habe während der streitigen Zeit (1.6.2008 bis 30.6.2009) ein unternehmerisches Risiko getragen; er habe mit der Eröffnung eines eigenen Ingenieurbüros Investitionen getätigt, nämlich einen Büroraum vorgehalten und Hard- und Software gekauft, sowie eine (Berufs-)Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Er habe für mehrere Auftraggeber tätig werden dürfen und seit Februar 2009 Gutachten für ein Ingenieurbüro erstellt; dadurch habe er seinen Gewinn steigern können. Hinsichtlich der Vergütung seiner Tätigkeit sei – neben einem Erfolgshonorar von 4.500 EUR bei rechtzeitiger Projektfertigstellung - ein (auf Basis eines Achtstundentags kalkulierter) Tagessatz von 450 EUR vereinbart worden. Auch das spreche für eine selbständige Erwerbstätigkeit, da die Klägerin ggf. notwendige Mehrarbeit nicht gesondert vergütet habe. Der Beigeladene Nr. 1 sei als Unternehmer am Markt aufgetreten; er habe insoweit Kundenakquise betrieben, als er in engem Kontakt zu potentiellen Auftraggebern gestanden habe (Regionalnetze S., D. AG, B. Z. AG, B. O. GmbH, B. E., M. R. AG und E. AG, Stadtwerke G.-P.). Einem Weisungsrecht der Klägerin habe er nicht unterlegen, seine Arbeit in zeitlicher, örtlicher und inhaltlicher Hinsicht (nach Maßgabe der Vorgaben der Auftraggeber der Klägerin) vielmehr selbst organisiert. Anwesenheitspflichten im Unternehmen der Klägerin hätten nicht bestanden. Er habe Aufträge auch ablehnen können und etwa das Projekt Umbau Bahnhof St. nicht übernommen, um mehr Akquise betreiben zu können. In den Betrieb der Klägerin sei der Beigeladene Nr. 1 nicht eingegliedert gewesen. Die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte (wie die vorherige Arbeit in einem Anstellungsverhältnis bei der Klägerin) träten demgegenüber in den Hintergrund. Ob der Beigeladene Nr. 1 gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) als Selbständiger mit einem Auftraggeber rentenversicherungspflichtig gewesen sei, sei nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 13.4.2011, - L 9 KR 294/08 -).
Auf das ihr am 12.9.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6.10.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die streitige Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 habe sich zeitlich unmittelbar an die zuvor bis zum 31.5.2008 bei der Klägerin ausgeübte Beschäftigung angeschlossen. Der Beigeladene Nr. 1 habe teilweise Projekte weitergeführt, die er bereits als festangestellter Mitarbeiter der Klägerin betreut habe. An den technischen und fachlichen Aufgabenstellungen habe sich nichts Grundlegendes geändert. Der Beigeladene Nr. 1 sei sowohl im Vertrag über die freie Mitarbeit wie im Anstellungsvertrag als Projektmanager bezeichnet worden. Außerdem habe er die Arbeitsleistung auch nach Beendigung des Anstellungsvertrags (weiterhin) persönlich erbringen müssen. Das zeige, dass man das bisherige Beschäftigungsverhältnis fortgesetzt habe. Das Ingenieurbüro des Beigeladenen Nr. 1 habe auch nur für die Dauer des streitigen Auftragsverhältnisses vom 1.6.2008 bis 30.6.2009 existiert. Die vom Sozialgericht für ein Unternehmerrisiko angeführten Investitionen (PKW, PC, Drucker, Faxgerät, Scanner) fänden sich regelmäßig in modernen Privathaushalten. Aufwendungen für die Anmietung von Büroräumen seien nicht angefallen, da sich das Büro im Haus des Beigeladenen Nr. 1 befunden habe. Der Beigeladene Nr. 1 habe keine an einen bestimmten Erfolg gekoppelte Vergütung nach Zeitaufwand erhalten, sondern die in Rechnung gestellte Arbeitszeit nachweisen müssen. Fahrtkosten, Parkgebühren und Telefonkosten habe die Klägerin gesondert erstattet. Den Tagessatz von 450,- EUR hätte die Klägerin auch zahlen müssen, wenn das jeweilige Projekt nicht rechtzeitig fertiggestellt worden wäre; Überstunden seien daher mit abgegolten gewesen. Der Beigeladene Nr. 1 habe auch als Angestellter der Klägerin bei den Kunden vor Ort gearbeitet. Außerdem sei es in der Arbeitswelt auch bei traditionell abhängigen Beschäftigungsverhältnissen üblich, auf die Anwesenheit des Arbeitnehmers am Betriebssitz des Arbeitgebers zu verzichten (Telearbeit) bzw. diese auf ein notwendiges Maß zu beschränken, wie hier hinsichtlich der Teambesprechungen oder der Ergebnispräsentationen. Der Beigeladene Nr. 1 sei schließlich in das Qualitätskontrollsystem der Klägerin eingegliedert gewesen und habe bei Entscheidungen, die über einen festgelegten Handlungsrahmen hinausgegangen seien, Rücksprache halten und teilweise auch mit Beschäftigten der Klägerin zusammenarbeiten müssen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.7.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Beigeladene Nr. 1 habe Startkapital angespart und sodann zum 1.6.2008 sein eigenes Ingenieurbüro eröffnet. Während der notwendigen Anlaufzeit habe er sich auf ihre Aufträge stützen können, freilich das langfristige Ziel verfolgt, künftig im Bereich regenerativer Energien tätig zu werden, was nicht zu ihrem Geschäftsfeld gehöre. Der Beigeladene Nr. 1 habe ein eigenes Unternehmerrisiko getragen, eine eigene Betriebsstätte in einem abgetrennten Raum seines Wohnhauses eingerichtet und seine Dienste am Markt angeboten. Die Vergütung auf Tagesbasis sei für freie Mitarbeiter verbreitet. Das Erfolgshonorar habe nicht Überstunden vergüten, sondern Anreize für fristgerechte Leistungserbringung setzen sollen. Reisekosten seien nicht in jedem Fall erstattet worden; dies habe vor Vergabe des jeweiligen Projekts gesondert vereinbart werden müssen. Weisungen habe sie dem Beigeladenen Nr. 1 nicht erteilt. Dieser habe seine Arbeit frei gestalten können und sei in ihren Betrieb nicht eingegliedert gewesen. Ab 1.6.2008 habe der Beigeladene Nr. 1 ihre Betriebsräume nur noch in Einzelfällen aufgesucht, während er vorher dort habe arbeiten müssen; von der Möglichkeit der Heimarbeit habe sie seinerzeit nicht Gebrauch gemacht. Das Ingenieurbüro des Beigeladenen Nr. 1 sei nicht nur für die in Rede stehenden (drei) Projekte gegründet worden. Der Beigeladene Nr. 1 habe seine Selbständigkeit erst (wieder) beendet, als er eine konkrete berufliche Karrierechance (in einem Beschäftigungsverhältnis) erhalten habe. Das sei nicht vorhersehbar gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2008 bzw. der Widerspruchsbescheid vom 7.7.2009 sowie gem. § 96 Abs. 1 SGG der während des Klageverfahrens ergangene (Ergänzungs-)Bescheid vom 15.7.2010 (näher dazu Senatsurteil vom 8.6.2011, - L 5 R 4078/10 -).
II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind formell und materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene Nr. 1 in der ab 1.6.2008 (bis 30.6.2009) bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Projektmanager der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Das Urteil des Sozialgerichts kann deshalb keinen Bestand behalten. Es ist auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage ist abzuweisen.
1.) Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte (D. R. B. - C.-Stelle) war zu deren Erlass (sachlich) zuständig; sie hat sie zu Recht im Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV erlassen. Die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich – nach Erlass des (Ergänzungs-)Bescheids vom 15.7.2010 - nicht auf eine (unzulässige) Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses (auch dazu näher Senatsurteil vom 8.6.2011, - L 5 R 4078/10 -). Die Beklagte hat Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung ab 1.6.2008 (bis 30.6.2009) nicht durchgehend, sondern nur für bestimmte Zeiträume bzw. Tage festgestellt. Diese zeitliche Beschränkung ist nicht angegriffen und deshalb vom Senat auch nicht zu überprüfen.
2.) Die Beklagte hat in der Sache zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene Nr. 1 ab 1.6.2008 (bis 30.6.2009) eine Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ausgeübt hat und deswegen (für die im Ergänzungsbescheid vom 15.7.2010 genannten Zeiträume) Beitragspflicht zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung bestand.
a.) Gemäß § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI setzt die Versicherungspflicht (Beitragspflicht) zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04 -). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).
b.) Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Beigeladene Nr. 1 ab 1.6.2008 (bis 30.6.2009) bei der Klägerin als Projektmanager ausgeübt hat, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit einzustufen.
Der Beigeladene Nr. 1 hat ein Unternehmerrisiko nicht getragen. Eigene Betriebsmittel oder eigenes (Wagnis-)Kapital in nennenswertem Umfang hat er nicht eingesetzt. Er hat sich ein Büro bzw. Arbeitszimmer in seinem Wohnhaus eingerichtet und dieses im Wesentlichen mit PC, Laptop, Drucker, Scanner, Faxgerät einschließlich Bürosoftware und Telefon ausgestattet. Hierüber verfügen viele Privathaushalte und viele Arbeitnehmer, die Arbeiten für ihre Arbeitgeber an einem häuslichen Arbeitsplatz oder in Telearbeit erledigen. Der Kläger hat die genannten Geräte auch (privat) noch während des Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin angeschafft. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist für abhängig Beschäftigte, die in entsprechend verantwortlicher Position tätig und deswegen Haftungsrisiken ausgesetzt sind, nicht ungewöhnlich. Eine selbständige Erwerbstätigkeit ist damit nicht zu begründen. Das gilt gleichermaßen für die Nutzung des privaten PKW zu Fahrten zur jeweiligen Arbeitsstätte. Sein – zu Unrecht als selbständiger Betrieb eingestuftes - Ingenieurbüro hat der Beigeladene Nr. 1 schließlich nur für die Zeit der (von den Beteiligten so genannten) freien Mitarbeit bei der Klägerin (vom 1.6.2008 bis 30.6.2009) unterhalten und nach Antritt einer abhängigen Beschäftigung bei den Gemeindewerken G.-P. zum 1.7.2009 ohne Weiteres eingestellt. Mag diese Entwicklung zum Beginn der in Rede stehenden Tätigkeit auch nicht absehbar gewesen sein, so wird doch deutlich, dass ein ins Gewicht fallendes unternehmerisches Substrat zu keiner Zeit vorgelegen hat.
Der Beigeladene Nr. 1 ist auch nach der im Anschluss an das Anstellungsverhältnis vereinbarten freien Mitarbeit in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Der Vertrag über freie Mitarbeit vom 31.5.2008 hat seinen sozialversicherungsrechtlichen Status nicht verändert. Dieser unterliegt nicht der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Ob eine Beschäftigung (nichtselbständige Arbeit) vorliegt oder nicht, richtet sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV; diese Vorschrift ist nicht abdingbar. Das gilt auch für die gesetzlichen Arbeitnehmerrechte, wie Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auf das (weitere) Vorliegen eines schriftlichen Arbeitsvertrags kommt es daher nicht an. Der Arbeitnehmer wird nicht dadurch zum Unternehmer, dass ihm die wirtschaftlichen Risiken seines Arbeitseinsatzes überbürdet oder Arbeitnehmerrechte vorenthalten werden. Der Ausfall von Arbeitsentgelt im Krankheitsfall (nach der gesetzlichen Entgeltfortzahlung) ist Teil des Arbeitsplatzrisikos des Beschäftigten, nicht jedoch Ausdruck eines Unternehmerrisikos.
Den genannten Vertrag vom 31.5.2008 hat der Beigeladene Nr. 1 mit der Klägerin als seiner bisherigen Arbeitgeberin geschlossen. In zeitlicher Hinsicht schließt er sich unmittelbar an das Anstellungsverhältnis des Beigeladenen Nr. 1 an, das man zum 1.6.2008 offenbar beenden wollte. In sachlicher Hinsicht betrifft er Tätigkeiten des Projektmanagements, die der Beigeladene Nr. 1 für die Klägerin in wesentlich gleicher Weise zuvor als Angestellter erbracht hatte. Die technischen und fachlichen Aufgabenstellungen haben sich nach eigenen Angaben des Beigeladenen Nr. 1 nicht grundlegend geändert und der Beigeladene Nr. 1 blieb auch in das Qualitätsmanagement der Klägerin einbezogen; eigene (unternehmerische) Qualitätssicherung seiner Leistung hat er nicht betrieben. Nach § 2 des Vertrags vom 31.5.2008 sollte der Beigeladene Nr. 1 für die Klägerin ab 1.6.2008 im Projektmanagement für Infrastrukturprojekte arbeiten, wobei es sich im Kern um Vorhaben gehandelt hat, bei denen er bis 31.5.2008 als Angestellter der Klägerin ebenfalls im Projektmanagement tätig gewesen war. So hatte der Beigeladene Nr. 1 das in § 2 des Vertrags genannte Projekt Elektronisches Stellwerk G.-P. bereits in den Jahren 2003 bis 2006 bearbeitet; dass er nunmehr (als freier Mitarbeiter) auch Entscheidungen in eigener Verantwortung treffen sollte, ändert daran nichts, zumal diese Kompetenz der Sache nach auch leitenden Angestellten oder entsprechend fachlich qualifizierten Beschäftigten zusteht. Der zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen Angestelltentätigkeit und Tätigkeit als (angeblicher) freier Mitarbeiter spricht ebenfalls dafür, dass ungeachtet des Versuchs einer (Um-)Qualifizierung des Beigeladenen Nr. 1 zum freien Mitarbeiter in Wahrheit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis fortgeführt worden ist.
Dem Beigeladene Nr. 1 sind bei der Erfüllung seiner Aufgaben unzweifelhaft erhebliche Freiheiten eingeräumt worden. So ist er an feste Arbeitszeiten oder Arbeitsorte nicht gebunden gewesen und hat seine Tätigkeit frei gestalten dürfen, dabei freilich die aus den Anforderungen des jeweiligen Projekts folgenden Vorgaben beachten müssen. Freiräume dieser Art sind aber kennzeichnend für den Status leitender Angestellter oder besonders qualifizierter Mitarbeiter, denen die Betreuung (das Management) eines bestimmten Projekts übertragen ist. Der Arbeitgeber erwartet von diesen Beschäftigten, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (vgl. BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -) frei von Einzelweisungen erfüllen und selbständig arbeiten (können). Dass der Kläger dafür über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen muss, versteht sich von selbst und ist für seinen sozialversicherungsrechtlichen Status ohne Belang.
Für das (weitere) Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses über den 31.5.2008 hinaus spricht auch, dass der Beigeladene Nr. 1 seine Arbeitsleistung in der Betreuung der Infrastrukturprojekte der Klägerin (im Innenverhältnis zu dieser) zur Verfügung gestellt hat, während (im Außenverhältnis zu Kunden) nur Vertragsbeziehungen der Klägerin zu deren Auftraggebern (Projektträgern) bestanden haben. Das entspricht der Tätigkeit eines Beschäftigten, der seine Arbeitskraft für den Arbeitgeber einsetzt, damit dieser die Aufträge der Kunden erfüllen kann. Vertragsbeziehungen des Beigeladenen Nr. 1 zu anderen Auftraggebern als der Klägerin haben ersichtlich keine wesentliche Rolle gespielt. Insoweit hat er lediglich einige Gutachten für den mit ihm befreundeten Inhaber eines Ingenieurbüros angefertigt. Das trägt eher den Charakter einer gelegentlichen Nebentätigkeit (neben einem Arbeitsverhältnis) und stellt ein ins Gewicht fallendes Auftreten als Unternehmer am Markt nicht dar. Eine relevante Marktteilnahme durch Werbung für die eigene Unternehmerleistung ist auch mit dem Vorbringen, Kontakte mit potenziellen Auftraggebern geknüpft zu haben, nicht dargetan.
Die Vergütungsmodalitäten, die für die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 festgelegt worden sind, geben dessen Tätigkeit ebenfalls nicht das Gepräge unternehmerischen Handelns. Den vereinbarten Tagessatz (450 EUR) hat man offenbar auf der Grundlage eines achtstündigen Arbeitstags kalkuliert, was sich an die Verhältnisse abhängig Beschäftigter anlehnt. Ob damit Mehrarbeit abgegolten worden ist oder nicht, ist nicht von wesentlicher Bedeutung. Das gilt auch für die Rechnungsstellung durch den Beigeladenen Nr. 1, die nur formale Äußerlichkeiten der Entgeltzahlung betrifft und für die materielle Einstufung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend ist. Ebenso wenig kommt es für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung maßgeblich auf die steuerliche Behandlung der Einkünfte oder die Abführung von Umsatzsteuer an. Die jedenfalls teilweise Erstattung von Spesen (wie Fahrt- oder auch Telefonkosten) ist eher bei Arbeitnehmern üblich, während Unternehmer Aufwendungen dieser Art als Kosten ihrer Leistung in die Kalkulation ihrer Preise einstellen. Erfolgsprämien besagen für den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen Nr. 1 ebenfalls wenig, da Zuwendungen dieser Art auch Beschäftigten als Anreiz zur Steigerung der Arbeitsleistung gezahlt werden.
Insgesamt ergibt sich für den Senat das Gesamtbild einer abhängigen und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 auch über den 31.5.2008 hinaus bis zum 30.6.2009.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 2 bis 4 aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben. Der Beigeladene Nr. 1 ist Versicherter (§ 183 SGG); ihm können Kosten gem. § 197a Abs. 2 Satz 2 SGG daher (ohnehin) nicht auferlegt werden. Die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten kommt nicht in Betracht.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. In Statussachen ist regelmäßig der Auffangstreitwert (5.000 EUR) anzusetzen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved