Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 320/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 1049/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Anspruch auf Kostenerstattung bei selbstbeschafften stationären Drogenentwohnungstherapien.
I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Sozial-
gerichts Augsburg vom 11. November 2009 aufgehoben und
die Klage gegen die Bescheide vom 12. und 29. November 2007
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2008
abgewiesen.
II. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Augsburg vom 20. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
I. Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten für die selbstbeschaffte Drogenlangzeittherapie in der Therapieeinrichtung Schloss B., H., im Zeitraum 6. Dezember 2007 bis 5. Juni 2008 (dazu im Einzelnen unter II.) sowie für die ebenfalls selbstbeschaffte Stabilisierungstherapie bei der Einrichtung K. direkt vom 17. Mai bis 17. August 2010 (dazu unter III.) zu erstatten.
Der 1982 geborene Kläger hat von September 1999 bis Februar 2003 eine Ausbildung zum Industriemechaniker (Fa. L.S.) absolviert und erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss daran war er bis 24. Juli 2005 bei der Zeitarbeitsfirma A. versicherungspflichtig beschäftigt, dann arbeitsunfähig bzw. arbeitslos, wobei der Kläger von Juli bis Dezember 2006 über die Arbeitsverwaltung eine halbjährige CNC-Schulung erfolgreich absolvierte. Ab 16. Juni 2008 war der Kläger bei der Firma T. Personaldienst beschäftigt. Seit September 2010 ist er nach eigenen Angaben zunächst im Rahmen von Zeitarbeit, seit August 2011 festangestellt bei der Firma K. als Industriemechaniker tätig.
Der Kläger konsumierte seit seinem 14. Geburtstag Drogen, zunächst Cannabis, 1 1/2 Jahre später XTC, Speed und LSD, ab dem 17. Lebensjahr auch Kokain, ab dem 19. Lebensjahr überwiegend Heroin. Vom 1. März 2005 bis 5. April 2005 befand sich der Kläger zur Entgiftung im Bezirkskrankenhaus A. und anschließend zu einer stationären Entwöhnungsbehandlung wegen Polytoxikomanie in der Fachklinik W ... Ausweislich des Entlassungsberichts vom 27. Mai 2005 bestand beim Kläger keine ausreichende intrinsische Motivation für eine stationäre Langzeittherapie. Bereitschaft zu konsequentem Suchtmittelverzicht habe nicht bestanden bei Bagatellisierung der Suchtproblematik. Die Entwöhnungsbehandlung wurde wegen eines Heroinrückfalls am 12. Mai 2005 aus disziplinarischen Gründen beendet.
Nach weiterem Heroinkonsum fand eine stationäre Entgiftung im Bezirkskrankenhaus A. vom 10. Januar bis 1. Februar 2007 statt, die auf eigenen Wunsch des Klägers beendet wurde. Hier berichtet das Bezirkskrankenhaus von einer Abstinenzunfähigkeit des Klägers und deshalb von einer eher schlechten Prognose. Die nächste Entzugsbehandlung von allen Substanzen erfolgte im Bezirkskrankenhaus A. vom 2. November bis 6. Dezember 2007. Hieran schloss sich die erste streitgegenständliche Entwöhnungsbehandlung des Klägers in der Einrichtung Schloss B. vom 6. Dezember 2007 bis 5. Juni 2008 an. Im Anschluss daran war der Kläger nach eigenen Angaben sechs Monate komplett drogenabstinent. Nach einem Heroinrückfall unter beruflicher Überforderung im Dezember 2008 folgten weitere stationäre bzw. teilstationäre Aufenthalte im Bezirkskrankenhaus A. vom 9. Februar bis 8. März 2009, 25. März bis 1. April 2009 (erneute Entgiftung von Heroin und Benzodiazepinen), 22. Mai bis 7. Juni 2009 (Beigebrauchsentgiftung von Benzodiazepinen). Vom 5. bis 17. Mai 2010 nahm der Kläger im Bezirkskrankenhaus an einer weiteren Entgiftungsmaßnahme teil (Behandlung wegen Polytoxikomanie, Entgiftung; zweimaliger Heroinkonsum während der Entgiftungsmaßnahme), vom 17. Mai bis 17. August 2010 schließlich an der zweiten streitgegenständlichen stationären Stabilisierungstherapie in der Fachklinik K. direkt. Seitdem ist der Kläger nach eigenen Angaben drogenfrei.
II. Der Kläger begehrte mit Antrag vom 2. Oktober 2007, bei der Beklagten eingegangen am 29. Oktober 2007, stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für Abhängigkeitskranke im Anschluss an die stationäre Entgiftung im Bezirkskrankenhaus A., die vom 2. November 2007 bis 6. Dezember 2007 stattfand.
Die Beklagte zog ein Gutachten des Landgerichtsarztes bei dem Landgericht A. Dr. G. vom 21. August 2007, ein Urteil des Amtsgerichts A. (Az. 9 Ds 203 Js 105420/07), mit dem der Kläger wegen Diebstahls (Beschaffungskriminalität) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt wurde, einen Sozialbericht der Drogenhilfe S. e.V. vom 26. Oktober 2007 und einen ärztlichen Befundbericht der praktischen Ärztin S. vom 11. Oktober 2007 bei.
Der Antrag wurde mit angefochtenem Bescheid vom 12. November 2007 abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Erwerbsfähigkeit des Klägers könne durch Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden.
Mit Schreiben vom 14. November 2007 stellte der Kläger einen Antrag auf nochmalige Überprüfung der Kostenzusage. Nach Angaben der behandelnden Ärztin Dr. R. im Bezirkskrankenhaus A. sei der Kläger derzeit und auf absehbare Zeit aufgrund seiner Drogensucht erwerbsunfähig. Er führe sich gut und sei im Laufe der Entgiftung nicht rückfällig geworden. Letzteres sei bei einem Abbruch der Entgiftung jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Eine Drogentherapie sei geeignet, um die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Klägers zu erreichen. Auch nach dem Gutachten von Dr. G. sei eine Therapie erforderlich. Aus dem bisherigen Therapieverhalten des Klägers könne nicht auf eine gänzliche Therapieresistenz geschlossen werden. Sollte der Kläger die Drogentherapie nicht erfolgreich absolvieren, so drohe eine Inhaftierung. Von Seiten der Justiz sei mitgeteilt worden, dass im Falle des Vorliegens der formellen Voraussetzungen, also inklusive Kostenzusage für eine stationäre Therapie, die nach Abschluss der Entgiftung vorgesehene Strafvollstreckung gemäß § 35 Betäubungsmittelgesetz zurückgestellt werden könne. Eine entsprechende Bestätigung der Staatsanwaltschaft A. vom 16. Oktober 2007 wurde vorgelegt.
Der Überprüfungsantrag wurde mit weiterem angefochtenen Bescheid vom 20. Novem-ber 2007 abgelehnt. Eine hinreichende Abstinenzprognose könne nicht erstellt werden. Es bestehe eine überwiegend extrinsische Behandlungsmotivation. Es lägen auch keinerlei neue medizinische Sachverhalte vor.
Mit Schreiben vom 21. November 2007 übermittelte der Bevollmächtigte des Klägers eine Bestätigung der T. Personal-Service GmbH vom 15. November 2007, wonach einer Einstellung des Klägers (Montagetätigkeit bei B. in Ägypten) nach erfolgreich absolvierter Therapie nichts im Wege stehe. Der persönliche Druck auf den Kläger sei aufgrund der immer weiter fortschreitenden Abhängigkeit immer massiver geworden. Er habe die Erfahrung gemacht, dass ihm nur durch eine Therapie weitergeholfen werden könne. Diese Eigenmotivation resultiere aus einem weiteren Schritt des Erwachsenwerdens des Klägers, der Gefahr eines noch "größeren Absturzes" und dem Erfahrungsgewinn in den letzten Wochen. Auch könne nach den Leitlinien zur Rehabilitationsbedürftigkeit der Abhängigkeitserkrankungen der deutschen Rentenversicherung durch gerichtliche Auflagen induzierte Fremdmotivation im Rahmen der Suchtrehabilitation in Eigenmotivation überführt werden. Danach sei auch bei Abhängigkeit von Opiaten von Rehabilitationsbedürftigkeit auszugehen.
Der Kläger machte in einem persönlichen Schreiben geltend, er sei sehr motiviert, die Therapie abzuschließen, habe die Möglichkeit, nach abgeschlossener Therapie einen festen Arbeitsplatz (Firma T.) zu erhalten, sei willig, sein Leben in den Griff zu bekommen. Seine Motivation werde durch die Auflage des Gerichts noch gesteigert. Er habe bei der ersten Therapie den Fehler gemacht, mit einem Bekannten an der Therapie teilzunehmen. Er sei deshalb rückfällig geworden. Diesen Fehler würde er so nie wieder begehen. Eine Bestätigung des Bezirkskrankenhauses A. ohne Datum wurde vorgelegt, wonach beim Kläger eine Polytoxikomanie vorliege, die momentan seine Erwerbsfähigkeit verhindere. Durch eine medizinisch-soziale Rehabilitation könne die Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt werden. Beim Kläger liege eine große Eigenmotivation vor, da er ins Berufsleben zurückkehren möchte. Weitere Bescheinigungen der praktischen Ärztin S. wurden vorgelegt.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2007 legte der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 12. November 2007 und 29. November 2007 ein. Zugleich beantragte er beim Sozialgericht Augsburg (SG) die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten des Antragstellers für einen Drogenlangzeittherapie in der Therapieeinrichtung Schloss B., H., beginnend ab dem 6. Dezember 2007, vollständig zu übernehmen, hilfsweise die Kosten vorzuverauslagen und dem Kläger eine angemessene Rückzahlungsmöglichkeit zu gewähren. Zur Begründung wurde auf die Aussagen der behandelnden Ärztin im Bezirkskrankenhaus A. Dr. R., das Gutachten des Landgerichtsarztes Dr. G. und eine Bestätigung der Drogenhilfe S. vom 22. November 2007 verwiesen. In letzterer ist ausgeführt, beim Kläger habe sich eine große Entwicklung hin zum Erwachsenwerden sowie eine hohe Reflexion in Bezug auf seine Person und seine Sucht gezeigt. Aufgrund seiner Abhängigkeit sei er derzeit nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Für eine Rückkehr ins Arbeitsleben sei eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme erforderlich. Der Kläger zeige sehr hohe Behandlungsbereitschaft und Krankheitseinsicht. Dies werde auch durch den derzeitigen Aufenthalt des Klägers im Bezirkskrankenhaus zur Entgiftung belegt.
Die Beklagte erklärte hierzu, es mangele an einer überwiegend intrinsischen Therapiemotivation. Die Versuche des Klägers, von den Drogen wegzukommen, seien laut Dr. G. etwas halbherzig. Der Kläger sei in zwei Verfahren vor dem Amtsgericht A. jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 bzw. 10 Monaten verurteilt worden, wobei sich in den jeweiligen Urteilen (Az. 8 Ds 301 Js 131514/05 und 9 Ds 203 Js 105420/07) kein Hinweis auf eine Rückstellungsmöglichkeit nach § 35 Betäubungsmittelgesetz finde. Hierüber entscheide die Strafvollstreckungsbehörde. Eine solche Entscheidung liege nicht vor. Auch sei ungeklärt, ob möglicherweise im Verfahren 8 Ds 301 Js 131514/05 ein Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung erfolgen werde, da der Kläger während laufender Bewährung erneut straffällig geworden sei. Bei derart unsicherer strafrechtlicher Situation würden Anträge auf Gewährung einer Entwöhnungsbehandlung abgelehnt, da nicht auszuschließen sei, dass bis zum Antritt der Maßnahme oder auch während laufender Maßnahme § 12 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI greife. Der hauptsächliche Grund für den Kläger, eine Entwöhnungsmaßnahme zu absolvieren, sei einzig und allein die Vermeidung eines Strafantritts. Dies sei vom Bevollmächtigten des Klägers selbst so dargestellt worden. Es sei jedoch nicht Aufgabe der Beklagten, dem Kläger strafrechtliche Vorteile zu verschaffen.
Der Kläger verwies auf die vorliegenden fachkundigen Stellungnahmen von Medizinern und einer Sozialpädagogin, wonach beim Kläger eine überwiegend intrinsische Therapiemotivation vorliege. Dies bestätige auch der Suchtberater H. im Schloss B. mit seinem Schreiben vom 18. Dezember 2007. Danach scheine aufgrund der intrinsischen Motivationslage des Klägers eine Behandelbarkeit gegeben zu sein. Der Kläger wirke glaubhaft in seinem Bemühen, eine grundlegende Veränderung bezüglich seiner bisherigen Drogenvergangenheit beginnen zu wollen. Die Beziehung zu seiner Mutter sei ihm von großer Wichtigkeit, der er viel Unrecht angetan habe. Schwierig sei eine halbwegs sichere Prognose für den Kläger. Durch sein offenes Auftreten und den freundlich angepassten Umgangston auch seinen Mitklienten gegenüber, erlebten sie mit dem Kläger nicht nur ein Klienten mit extrinisischer Motivation, sondern einen Klienten, der bestrebt sei, seine bisherige Drogenabstinenz psychisch zu stabilisieren. Der Prozessbevollmächtigten des Klägers wies ferner darauf hin, dass dessen Mutter die Kosten der Therapie vorstrecken würde und im Voraus monatlich überweise.
Mit Beschluss vom 21. Dezember 2007 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Eine hinreichende Erfolgsaussicht des Antrags auf die begehrte Rehabilitationsmaßnahme sei nicht erkennbar. Eine ausreichende eigene und überzeugende Motivation des Klägers sei nicht glaubhaft gemacht. Es spreche vielmehr vieles dafür, dass es dem Kläger vorrangig darum gehe, die bevorstehende Haft zu vermeiden. Andere Motivationselemente seien nur ansatzweise und allenfalls nachrangig erkennbar. Er habe bereits im Jahr 2005 eine stationäre Entwöhnungstherapie abgebrochen. Seit diesem Zeitpunkt habe er keine gesteigerten Aktivitäten entwickelt, um endgültig von seiner Drogenabhängigkeit loszukommen. Auch eine erste strafrechtliche Verurteilung mit Strafaussetzung zur Bewährung habe nicht zu entsprechenden Bestrebungen geführt. In Folge der zweiten Verurteilung drohe dem Kläger eine Haftstrafe, die er nur durch den Antritt einer Drogenlangzeittherapie vermeiden könne. Bevor dieser Druck nicht gegeben gewesen sei, habe der Kläger keinen ausreichenden Anlass für eine derartige Therapiemaßnahme gesehen. Der zeitliche Ablauf spreche gegen eine ausreichende eigene Motivation. Die Ausführungen der Drogenhilfe S. könnten unter Berücksichtigung der Beurteilung des Landgerichtsarztes Dr. G. nicht überzeugen. Eine Entwicklung zum Erwachsenwerden sowie eine hohe Reflexion in Bezug auf seine Person wurden von Dr. G. nicht gesehen.
Zur Begründung seines Widerspruchs übersandte der Kläger mit Schreiben vom 18. Januar 2008 einen Bescheid der Staatsanwaltschaft A. vom 17. Dezember 2007, wonach die weitere Vollstreckung der gegen den Kläger verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts A. vom 31. März 2006 (Az. 8 Ds 301 Js 131514/05 ) in Verbindung mit dem Widerrufsbeschluss des Amtsgerichts A. vom 11. Juli 2007 (Az. 1 BwR 301 Js 131514/05) mit Zustimmung des Gerichts gemäß § 35 Abs. 1 und 3 Betäubungsmittelgesetz für seine Behandlung in der Therapieeinrichtung Schloss B. ab heute für die Dauer von längstens zwei Jahren zurückgestellt wird. Die nachgewiesene Zeit des Aufenthalts in der staatlich anerkannten Therapieeinrichtung werde auf die Strafe angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt seien. Der Kläger sei seit dem Beginn seiner Entgiftung nicht rückfällig geworden. Er habe eine zweite Chance verdient.
Weiterhin wurde ein Verlaufsbericht der Rehabilitationseinrichtung Schloss B. vom 23. Januar 2008 vorgelegt. Danach sei der Kläger seit Beginn der Behandlung motiviert und zur Zusammenarbeit bereit. Er habe den Eindruck erweckt, durch die Bilanzierung seiner bisherigen Lebenssituation eine bestimmte Handlungsnotwendigkeit zu erkennen und über konkrete Ziele und Wünsche hinsichtlich eines drogenfreien Lebens mit Arbeit und drogenfreiem sozialen Umfeld zu verfügen. Hierfür benötige er nach eigenen Angaben professionelle Hilfe. Drogentestungen seien negativ verlaufen. Er habe den Wunsch geäußert, sich mit seiner Drogensucht auseinander zusetzen, ein geregeltes Leben unter besseren Bedingungen mit geregelter Arbeit und fester Partnerschaft zu führen.
Die Beklagte holte hierzu eine Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes ein. Danach ergäben sich aus dem Bericht der Einrichtung Schloss B. keine Aspekte, die eine hinreichende Motivationslage zur Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung nachvollziehbar machen. Die Auffassung sei nicht entkräftet, dass vor allem die Vermeidung eines Strafantritts der hauptsächliche Grund für den Kläger gewesen sei, eine Entwöhnungsmaßnahme anzutreten.
In einem weiteren Bericht vom 14. März 2008 berichtet der behandelnde Diplom-Psychologe B. von einem hohen Grad der Selbstreflektion des Klägers. Er wirke glaubhaft in der Absicht, eine abstinente Lebensführung gestalten zu wollen. Ihm seien die negativen Auswirkungen seines Drogenkonsums zunehmend bewusst geworden, insbesondere gegenüber seiner Mutter. Er habe eine kritische Lebensbilanz gezogen und wolle sein Leben grundlegend verändern. Er verfüge über klare Zielvorstellungen bei authentischer Therapiemotivation. Trotz bestehender extrinsischer Motivationsfaktoren könne dem Kläger ein hoher Grad an Veränderungsbereitschaft attestiert werden. Der Kläger sei im Rahmen der Vorstellung seiner persönlichen Entwicklung mit einem hohen Maß an Selbstsicherheit aufgetreten, wobei der Grad seiner Selbstreflektion verbesserungswürdig erscheine. Der Kläger sei zuverlässig. Er nehme an den Maßnahmen der Arbeitstherapie regelmäßig mit zufriedenstellenden Arbeitsleistungen teil. In allen therapeutischen Settings sei er aktiv integriert.
In einer Stellungnahme hierzu vom 26. März 2008 führte der ärztliche Dienst der Beklagten aus, im Bericht des Diplom-Psychologen B. würden nun Aspekte aufgezeigt, die einen positiven Rehabilitationsverlauf wahrscheinlich machen. Auch wenn zunächst von einer extrinsischen Motivationslage (Vermeidung eines Strafantritts) auszugehen gewesen sei, habe sich auf der Grundlage dieses Verlaufsberichts eine Änderung der Motivationslage herausgebildet. Es werde die Kostenübernahme des Heilverfahrens zulasten der Rentenversicherung vorgeschlagen.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2008 zurück. Wesentliche und tragende Säule des Erfolgs einer Suchttherapie sei die Therapiemotivation. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei keine tragende Eigenmotivation des Klägers erkennbar bzw. gegeben gewesen. Tragender Grund für den Antrag sei die Vermeidung der bevorstehenden Strafhaft gewesen. Zwar werde die Motivation im Verlaufsbericht der Therapieeinrichtung vom 14. März 2008 vorsichtig positiv beurteilt. Nach Auffassung der Widerspruchsbehörde stünden aber nach wie vor extrinsische Motivationsgründe im Vordergrund (Vermeidung der angedrohten Strafhaft und Tatsache, dass die Mutter des Klägers aus eigenen Mitteln den Therapieaufenthalt ermöglicht habe). Wenn überhaupt habe sich eine Verbesserung der Motivationslage erst im Laufe der Therapiemaßnahme langsam ergeben. Die Voraussetzungen für die Erstattung einer selbstbeschafften Leistung lägen damit nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG unter dem Az. S 3 R 320/08 erhoben. Zur Begründung wurde auf die Einschätzung des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 26. März 2008 verwiesen sowie geltend gemacht, dass der Kläger in der Zeit vom 6. Mai 2008 bis 3. Juni 2008 ein Betriebspraktikum bei der Firma K. P. GmbH abgeleistet habe. Die Leistung des Klägers sei ausweislich der Bestätigung des Arbeitgebers als sehr gut, sein Verhalten als befriedigend bewertet worden. Der Kläger habe am 16. Juni 2008 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der Firma T. Personal Service GmbH als Industriemechaniker begonnen. Er lebe nach wie vor drogenfrei. Die Anforderungen an den Nachweis der erforderlichen Therapiemotivation des Klägers seien von der Beklagten überspannt worden. Drohende Haft könne auch der nötige Eigenmotivationsschub sein, der dem Betroffenen helfe, die Therapie erfolgreich zu absolvieren. Ausreichend sei es, wenn sich die Therapiemotivation im Laufe der Therapie weiterentwickle, da es auf die Leistungsfähigkeit des Klägers nach Abschluss der Therapie ankomme. Die neuen Erkenntnisse hätten noch im Widerspruchsverfahren berücksichtigt werden müssen. Die Widerspruchsstelle entscheide in der Sache neu.
Die Beklagte erklärte, die Einrichtung Schloss B. werde bei entsprechender Indikation von der Beklagten belegt.
Das SG hat Befundberichte der praktischen Ärztin S. sowie des Bezirkskrankenhauses A. beigezogen und gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. D ...
Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 28. April 2009 festgestellt, beim Kläger liege eine Polytoxikomanie (Abhängigkeit von Opiaten, Benzodiazepinen und Cannabis) vor. Aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen des Klägers sei die Erwerbsfähigkeit als Lagerist zum Zeitpunkt November 2007 nicht gemindert gewesen. Es habe der Hinweis darauf bestanden, dass bei fortgesetztem Drogenkonsum und weiterem erhöhtem Drogenkonsum die Erwerbsfähigkeit gefährdet sei. Hinweise auf eine akute Gefährdung in Form von zunehmenden Krankheitstagen und Ausfallzeiten habe zum damaligen Zeitpunkt nicht bestanden. Zum Zeitpunkt 4. April 2008 sei er zu beruflichen und erwerbsmäßigen Leistungen nicht in der Lage gewesen. Es könne niemand gleichzeitig im Krankenhaus sein und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Tätigkeit nachgehen. Zum Zeitpunkt November 2007 sei eine haus- und fachärztliche Behandlung (Anbindung an eine Suchtambulanz bzw. Suchtberatungsstelle) ausreichend gewesen. Über eine derartige Behandlung wäre die Motivationslage des Klägers ausreichend zu prüfen und zu fördern gewesen, so dass später eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme entsprechend erfolgreich hätte verlaufen können. Es habe eine latente Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers bestanden. Durch eine ambulante Therapie wäre die Gefährdung abzuwenden gewesen. Auch eine stationäre Therapie hätte zum damaligen Zeitpunkt bei entsprechender Indikationsstellung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abwenden können. Eine geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers habe im November 2007 nicht bestanden. Damals habe der Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach eine von außen gesteuerte Motivation zum Drogenentzug aufgrund der drohenden Haftstrafe gehabt. Im Rahmen der stationären Therapie habe er gezeigt, dass er auch selbst motiviert zum Entzug gegangen sei. Damit könne zum Zeitpunkt 4. April 2008 angenommen werden, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt eine ausreichende tragfähige Motivation zur dauerhaften Beendigung seines Drogenkonsums hatte. Die nachträgliche Feststellung, dass er nach der Drogenentwöhnungstherapie nach einem halben Jahr wieder rückfällig geworden sei, könne nicht als Hinweis auf eine mangelnde Motivation zum Zeitpunkt April 2008 verstanden werden.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, eine ambulante Drogenentwöhnungstherapie sei nicht erfolgversprechend gewesen, weil er dann einer dauerhaften Kontrolle durch Mitarbeiter der Therapieeinrichtung entzogen gewesen wäre mit entsprechend reduzierten Erfolgsaussichten. Dr. D. habe bestätigt, dass beim Kläger die persönlichen Voraussetzungen für die beantragten Leistungen vorgelegen haben. Der Kläger sei nicht mehr von Opiaten abhängig, jedoch immer noch von Benzodiazepinen und Cannabis. Die Beklagte verwies darauf, es habe keine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit im erheblichen Ausmaß beim Kläger vorgelegen. Auch habe eine vorrangig extrinsische Behandlungsmotivation infolge drohender Inhaftierung bestanden. Das Bezirkskrankenhaus A. übersandte eine Stellungnahme zu den Ausführungen von Dr. D. zum Methadonkonsum des Klägers.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das SG mit Urteil vom 11. November 2009 ohne mündliche Verhandlung die Bescheide der Beklagten vom 12. November 2007, 29. November 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 4. April 2008 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erstattung der Kosten der Langzeittherapie (6. Dezember 2007 bis 5. Juni 2008) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Beklagte habe es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit sei der Erlass des Widerspruchsbescheids am 4. April 2008. Die Bescheide der Beklagten seien fehlerhaft, weil sie die Erbringung der begehrten Leistung auch noch im Widerspruchsverfahren wegen fehlender Motivation abgelehnt hätten. Nach dem Zwischenbericht von Schloss B. hätte sich die zunächst extrinsische Motivationslage in den ersten Wochen der Maßnahme geändert, so dass schließlich ein hoher Grad an Veränderungsbereitschaft und eine letztlich authentische Therapiemotivation bescheinigt worden seien. Dieser Einschätzung hätten sich der Sachverständige der Beklagten und des Gerichts angeschlossen. Die Entscheidung der Beklagten sei daher fehlerhaft, die hierauf beruhenden Verwaltungsakte aufzuheben. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Kostenübernahme könne jedoch nicht ausgesprochen werden. Die Beklagte habe über das "Wie" der zu erbringenden Reha-Leistung eine Ermessensentscheidung zu treffen. Hierbei werde sie zu befinden haben, ob der Anspruch des Klägers auf eine stationäre oder eine ambulante Drogenentwöhnungstherapie zu erfüllen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die stationäre Maßnahme als zumindest gleichwertig in Betracht kam, vom medizinischen Sachverständigen der Beklagten selbst befürwortet wurde und dem Kläger von der Justiz auferlegt worden war. Der Erstattungsanspruch sei auf den Betrag begrenzt, den die Beklagte für eine Sachleistung hätte aufwenden müssen.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt mit der Begründung, Dr. D. spreche nur davon, dass eine akute Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor Antritt der selbstbeschafften Maßnahme nicht bestanden habe, es habe eine latente Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen. Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers werde nicht bestätigt. Auch sei eine Drogenentwöhnungsmaßnahme zulasten des Rentenversicherungsträgers überhaupt nicht erforderlich gewesen, man hätte den Verlauf der ambulanten Behandlung abwarten können. Die Beklagte müsse auch nicht eine Drogenentwöhnungsmaßnahme finanzieren, weil einem Versicherten eine solche Maßnahme in einem Strafverfahren nahe gelegt worden sei. Eine tragfähige Eigenmotivation sei bei Antritt der selbstbeschafften Maßnahme nicht gegeben gewesen. Aus dem Bericht der Einrichtung Schloss B. gehe nur hervor, dass neben den extrinsischen Motivationsfaktoren auch eine intrinsische Motivation beschrieben werde. Auch im April 2008 sei nicht von einer tragfähigen Eigenmotivation des Klägers für eine nachhaltige Abstinenz vom Drogenkonsum und somit von einer positiven Erwerbsprognose auszugehen. Diese Einschätzung werde durch den weiteren Verlauf nicht widerlegt. Der Kläger sei bereits knapp sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme an seinem Geburtstag wieder mit Drogen rückfällig geworden. Dies ergebe sich aus einem Sozialbericht vom 10. August 2009, der zum Antrag auf eine neuerliche Entwöhnungsmaßnahme eingereicht worden sei. Auch habe Dr. D. festgestellt, dass beim Kläger bezogen auf die Sucht ein mittelmäßiges Introspektions- und Reflektionsvermögen bestehe, das lediglich für konfliktarme Lebenssituationen ausreiche und in kritischen Situationen dem Drang nach Entlastung durch Suchtstoffkonsum nicht gewachsen sei. Der Kläger erscheine nach wie vor nur oberflächlich motiviert.
Der Kläger verwies darauf, Dr. D. und die behandelnden Ärzte hätten eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bejaht. Aus Sicht des medizinischen Dienstes der Beklagten habe zum maßgeblichen Zeitpunkt am 4. April 2008 ebenfalls eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bestanden. Ausweislich der Leitlinien der Beklagten bestehe Rehabilitationsbedürftigkeit bei Abhängigkeit von Opiaten. Die Erfolgsaussichten einer stationären Therapie seien deutlich höher. Auch nur eine solche erfülle die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 S. 2 Betäubungsmittelgesetz. Dr. D. habe auch bestätigt, dass der Rückfall nicht als Hinweis auf eine mangelnde Motivation im April 2008 anzusehen sei. Der Kläger habe die erneute Drogenrückfälligkeit durch eine erneute Drogenentwöhnungsmaßnahme überwunden. Die Beklagte weigerte sich auch hier, die Kosten zu übernehmen. Eine weitere Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht A. am 6. Oktober 2009 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten ohne Bewährung sei durch das Berufungsgericht zur Bewährung ausgesetzt worden. Hierbei sei dem Kläger zur Auflage gemacht worden, die Therapie fortzusetzen. Die Bewährungshelferin E. habe bestätigt, dass der Kläger lange vor seiner neuerlichen Straftat im Juni 2009 um eine weitere Therapie bemüht gewesen sei, zu einem Zeitpunkt also, zu dem von einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe oder einem Bewährungswiderruf nicht die Rede sein konnte. Vorgelegt wurde ein Protokoll über die öffentliche Sitzung der 6. Strafkammer des Landgerichts A. am 25. Mai 2010 sowie ein Therapieverlauf von K. direkt vom 9. August 2010 über eine stationäre Stabilisierungstherapie des Klägers beginnend ab 17. Mai 2010, wonach ein positiver Therapieverlauf vorliege. Die Maßnahme endete am 17. August 2010.
Auf Anforderung durch das Gericht hat Dr. D. eine ergänzende Stellungnahme vom 29. November 2010 abgegeben. Hierin führt er aus, dass im November 2007 und in der Folgezeit keine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers in der Tätigkeit als Lagerist vorgelegen habe. Ebenfalls habe keine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen. Bei fortgesetztem Drogenkonsum bestehe in noch stärkerem Ausmaß spekulativ die Möglichkeit, dass dann die Berufs- und Erwerbsfähigkeit gemindert sei. Dies sei mit dem Begriff der latenten Gefährdung gemeint gewesen.
Der Klägerbevollmächtigte hat daraufhin geltend gemacht, der Kläger sei niemals als Lagerist, sondern als Industriemechaniker tätig gewesen. Nach seiner Ausbildung zum Industriemechaniker sei er von Februar 2003 bis Dezember 2005 als Industriemechaniker bei der Firma A. tätig gewesen. Nach anschließenden Zeiten der Arbeitslosigkeit bis 11. Juni 2006 habe er vom Juni 2006 bis Dezember 2006 eine Weiterbildung zum CNC-Fräser absolviert. Anschließend sei er bis Dezember 2007 arbeitslos und dann in der Entwöhnungstherapie gewesen. Von Juni 2008 bis Anfang 2009 sei er bei der Firma M. eingesetzt worden, nach erneuter Therapie (Entlassung am 17. August 2010) über den Arbeitgeber Firma T. bei der Firma K. R ... Ein Schreiben des Bezirkskrankenhauses A. wurde vorgelegt, wonach beim Kläger im November 2007 eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen habe. Übersandt wurde ferner eine Stellungnahme über den bisherigen Bewährungsverlauf durch die Bewährungshelferin E., ein Arbeitsvertrag mit der Firma T. Personal-Service GmbH für den Zeitraum ab 16. Juni 2008 und ein Bericht der psychologischen Psychotherapeutin K. (Behandlung ab Oktober 2010).
Das Gericht hat daraufhin Dr. D. unter Übersendung eines Auszugs aus dem Berufenet der Bundesagentur für Arbeit "Industriemechaniker" um ergänzende Stellungnahme gebeten, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers als Industriemechaniker erheblich gefährdet oder bereits gemindert war. Dr. D. erklärte daraufhin, dass der Kläger sowohl im Beruf des Lageristen als auch des Industriemechanikers als auch für jede leidensgerechte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 und mehr Stunden einsatzfähig gewesen sei. Eine erhebliche Gefährdung des beruflichen und erwerbsmäßigen Leistungsvermögens habe zum damaligen Zeitpunkt (November/Dezember 2007) nicht bestanden. Während des stationären Aufenthaltes habe eine Minderung der beruflichen und erwerbsmäßigen Leistungsfähigkeit durch den stationären Aufenthalt bestanden. Wäre er jedoch zum gleichen Zeitpunkt in ambulanter Hinsicht behandelt worden, wäre sein berufliches und erwerbsmäßigen Leistungsvermögen als nicht eingeschränkt eingestuft worden. Allein Tätigkeiten mit leichter Verfügbarkeit von Suchtstoffen wären dem Kläger nicht zumutbar gewesen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das Gericht ein Gutachten des Psychiaters H., Assistenzarzt am Bezirkskrankenhaus A. , eingeholt. Beim Kläger liege ab dem 18. Lebensjahr Opiatabhängigkeit vor, in Abstinenz nach den Angaben des Klägers ab Mai 2010, ferner Nikotinabhängigkeit seit dem 15. Lebensjahr, Cannabis- und Benzodiazepinabhängigkeit in Abstinenz, Missbrauch von Kokain und Amphetaminen. Der Kläger sei nach seinen glaubhaften Angaben bereits im Jahr 2007 als Industriemechaniker in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert gewesen. Auch in Bezug auf Tätigkeiten als Lagerist oder Helfer sei von einer erheblichen Gefährdung auszugehen. Er sei das ganze Jahr 2007 über arbeitslos gewesen. Fast monatlich habe er einmal über die Dauer von 3 bis 4 Tagen "kalt" entzogen. In dieser Phase der Abhängigkeitserkrankung habe eine ausgeprägte Einengung auf Suchtverhalten bestanden, so dass Motivation und Durchhaltevermögen zur Organisation einer Arbeitsstelle nicht ausreichend vorhanden gewesen seien. Hätte er eine Arbeitsstelle gehabt, so wären mindestens fünfmal 3 Wochenstunden auf Dauer nicht zu erbringen gewesen. Die geminderte Erwerbsfähigkeit sei durch die vom Kläger absolvierte Entwöhnungsbehandlung wesentlich zu bessern gewesen. Diese sei die am besten geeignete Behandlungsform gewesen. Einschränkungen der Einsichtsfähigkeit hätten nicht vorgelegen.
Sowohl der Kläger als auch die Beklagte haben hierzu Stellung genommen.
III. Mit Antrag vom 24. August 2009 begehrte der Kläger erneut die Gewährung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer stationären Entwöhnungsbehandlung. Der Antrag wurde mit weiterem angefochtenem Bescheid vom 6. Oktober 2009 abgelehnt, weil die Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht wesentlich gebessert werden könne. Mit Antrag vom 14. Oktober 2009 begehrte der Kläger die Gewährung einer teilstationären Rehabilitation für Abhängigkeitskranke von der Beklagten. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 20. Oktober 2009 mit derselben Begründung abgelehnt.
Der Kläger erhob Widerspruch mit der Begründung, er sei nicht mehr von Opiaten abhängig. Er habe seine Opiatabhängigkeit bereits eigenmotiviert überwunden. Er müsse nur noch seine Benzodiazepinabhängigkeit überwinden. Es sei auch unzutreffend, dem Kläger stets eine durch drohende Strafverfolgung begründete Motivation zu unterstellen. Die Entscheidung des Amtsgerichts A. , dem Kläger zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten ohne Bewährung wegen des Diebstahls einer geringwertigen Sache zu verurteilen, sei durch das Landgericht A. dahingehend geändert worden, dass die zweimonatige Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Dem Kläger sei zur Auflage gemacht worden, die Therapie fortzusetzen. Dies bedeute eine große Chance für den Kläger und Motivation im besten Sinne. Auch habe die Bewährungshelferin E. bestätigt, dass der Kläger lange vor der neuerlichen Straftat im Juni 2009 um eine weitere Therapie bemüht gewesen sei und damit zu einem Zeitpunkt, als noch keine Freiheitsstrafe/kein Bewährungswiderruf im Raum gestanden seien. Im Strafverfahren seien sich alle am Prozess Beteiligten darüber einig gewesen, dass der Kläger noch einmal eine Chance verdient habe. Die sechs Monate nach erfolgreicher Beendigung der Therapie auf Schloss B. seien die beste Zeit des Klägers seit vielen Jahren gewesen. Wieder diesen nicht allzu lange zurückliegenden Zustand zu erreichen, sei Eigenmotivation genug für den Kläger, die jetzt aktuell durchgeführte Entgiftung und anschließende Therapie durchzuhalten. Nach dem Gutachten von Dr. D. sei eine Drogenentwöhnungstherapie geeignet, die Gefährdung des Klägers abzuwenden. Eine Bestätigung der Drogenhilfe K. direkt wurde vorgelegt, wonach dort von einem positiven Therapieverlauf ausgegangen werde.
Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die Bescheide vom 6. Oktober und 20. Oktober 2009 nach Beiziehung eines Befundberichts der Bezirkskliniken S. und des Bezirkskrankenhauses A. mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2010 zurück. Voraussetzung für die Gewährung einer Entwöhnungsmaßnahme sei, dass die durchgeführte Maßnahme erfolgreich sein werde. Hiervon sei beim Kläger nicht auszugehen. Es bestehe kein Anlass, eine gesteigerte intrinsische Motivation für eine nachhaltige Suchtentwöhnung anzunehmen. Die erneute Entwöhnungsbehandlung erfolge wiederum vor strafrechtlichem Hintergrund.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG unter dem Az. S 3 676/10 erhoben und weiter vorgetragen, er sei erwerbsunfähig aufgrund seiner Drogensucht. Auf die Leitlinien der Beklagten wurde verwiesen, wonach auch durch gerichtliche Auflagen induzierte Fremdmotivation in Eigenmotivation überführt werden könne. Der Kläger habe ausweislich des Entlassungsberichtes der Einrichtung K. direkt seine Therapie erfolgreich absolviert und sei regulär entlassen worden. Der Kläger habe nun eine starke Beziehung zu seiner Lebenspartnerin und beginne eine auf der Therapie aufbauende Psychotherapie. Das Verhalten der Beklagten sei bei der 6. Strafkammer des LG A. auf großes Unverständnis gestoßen. Der Kläger habe nicht mehr den Druck einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer zu vollstreckenden Haftstrafe und sei dennoch seit Monaten clean.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2010 abgewiesen. Keine der zahlreichen Entgiftungsmaßnahmen hätten den Kläger ins Versicherungsleben zurückgeführt. Die Bemühungen des Klägers zu einem drogenfreien Leben zu gelangen, seien nicht erfolgreich gewesen. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte bei einer solchen negativen Ausgangslage eine ebenso negative Prognose stelle.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht unter dem Az. L 13 R 92/11 eingelegt und vorgetragen, er sei mittlerweile seit über 12 Monate clean. Das letzte Drogenscreening vom 7. März 2011 sei negativ gewesen. Der Kläger sei über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt und absolviere eine Psychotherapie. Ab 1. September 2011 erhalte er einen Arbeitsvertrag in Vollzeit. Er finde Halt bei seiner langjährigen Partnerin. Dies stelle eine wesentliche Veränderung zur Vergangenheit dar, die von der Beklagten zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sei. Das Sozialgericht habe einen zu strengen Maßstab angesetzt. Auf die Entscheidung des BSG vom 24. März 1983 (Az. 8 RK 2/82) wurde verwiesen. Danach würden bloße Zweifel am Erfolg bei medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen noch nicht zur negativen Ausübung des Ermessens berechtigen. Der Erfolg sei in vielen, wenn nicht in den meisten Fällen zweifelhaft. Die Vergangenheit des Klägers sei nicht so hoffnungslos gewesen, wie vom SG ausgeführt. Die klagegegenständliche 7. Maßnahme habe Erfolg gehabt, da der Kläger über zehn Monate abstinent sei. Auch im Anschluss an die Therapie in Schloss B. sei der Kläger abstinent gewesen. Eine Stellungnahme der Bewährungshelferin des Klägers T. E. vom 16. März 2011 wurde vorgelegt. Hierin wird berichtet, die Zusammenarbeit des Klägers mit der Bewährungshilfe sei sehr zuverlässig. Der Kläger zeige sich kooperativ und könne Schwächen und Probleme inzwischen offen ansprechen. Seine Chancen, künftig straf- und drogenfrei zu leben, seien sehr günstig. Ferner wurde vorgelegt eine Stellungnahme der Diplom-Psychologin K ... Diese verweist darauf, die spätere Maßnahme in Schloss B. und die dort festgestellte positive prognostische Einschätzung hätten stärker gewichtet werden müssen. Auch eine drohende Haftstrafe sei eine gute Motivation, den Patienten in Behandlung zu bringen.
Mit Beschluss vom 16. Februar 2012 hat das Gericht die Verfahren L 13 1049/09 und L 13 R 92/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. L 13 R 1049/09 fortgeführt.
Der Kläger beantragt,
1. die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. November 2009 zurückzuweisen und
2. die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 6. Oktober 2009 und 20. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2010 zu verpflichten, die Kosten für die vom 17. Mai bis 17. August 2010 durchgeführten Stabilisierungstherapie in der Einrichtung "K. direkt" zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
3. das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. November 2009 aufzuheben und die Klage gegen die Bescheide vom 12. und 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2008 abzuweisen sowie
4. die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 20. Dezember 2010 zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. November 2009 ist begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 12. und 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Verbescheidung seines Antrags auf Erstattung der Kosten für die Entwöhnungstherapie vom 6. Dezember 2007 bis 5. Juni 2008 in der Einrichtung Schloss B. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Beklagte hat zu Recht die Gewährung der beantragten Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt. Damit kann die nach Abschluss der selbstbeschafften Maßnahme auf Kostenerstattung abzielende Klage keinen Erfolg haben. Das dem entgegenstehende Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. November 2009 war daher insoweit aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen (dazu I.).
Die zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 20. Dezember 2010 ist hingegen unbegründet. Ein Kostenerstattungsanspruch besteht auch nicht in Bezug auf die Stabilisierungstherapie in der Einrichtung "K. direkt" vom 17. Mai bis 17. August 2010 (dazu II.). Das Begehren, die Kosten der Entgiftungsbehandlung vom 5. bis 17. Mai 2010 im Bezirkskrankenhaus A. erstattet zu erhalten, wurde vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 14. März 2012 auf Hinweis des Senats nicht mehr weiterverfolgt.
I. Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten für die von ihm selbstbeschaffte stationäre Entwöhnungstherapie in der Einrichtung Schloss B. kommen nur § 15 Abs. 1 S. 3, 4 SGB IX oder eine analoge Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob § 15 Abs. 1 S. 3, 4 SGB IX bei selbstbeschafften Maßnahmen der Rehabilitation im Rahmen der Rentenversicherung Anwendung findet oder ob ein Anspruch des Klägers sich - aufgrund einer Regelungslücke im Bereich des SGB VI - nur auf § 13 Abs. 3 SGB V im Rahmen einer analogen Anwendung stützen lässt. Zweifel an der Anwendbarkeit des § 15 SGB IX bestehen, weil § 16 SGB VI auf die §§ 33-38, 40 SGB IX, aber nicht auf § 15 SGB IX verweist (vgl. zum ganzen BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 36/06; Urteil vom 1. August 2008, B 13 R 33/07 R; Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R).
Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 3 SGB IX sind ebenso wenig erfüllt wie diejenigen des § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX, der eine zu § 13 Abs. 3 SGB V inhaltsgleiche Regelung trifft.
Beschaffen sich Versicherte nach Ablauf einer von ihnen gesetzten angemessenen Frist die erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu Erstattung der Aufwendungen verpflichtet (§ 15 Abs. 1 S. 3 SGB IX). Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX).
Eine Erstattungspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 3 SGB IX scheidet schon deshalb aus, weil der Kläger der Beklagten keine Frist gesetzt und nicht erklärt hat, dass er nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschafft.
Eine Erstattungspflicht folgt auch nicht aus § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX oder § 13 Abs. 3 SGB V analog, da es sich bei der vom Kläger selbst beschafften Entwöhnungsbehandlung nicht um eine erforderliche unaufschiebbare Leistung handelt, die die Beklagte nicht rechtzeitig erbringen konnte, und die Beklagte die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt hat.
Die Beklagte hat die vom Kläger beantragte Entwöhnungsbehandlung in Schloss B. nicht zu Unrecht abgelehnt, da der Kläger hierfür nicht die persönlichen Voraussetzungen erfüllt.
Für Leistungen zur Teilhabe in Form der stationären medizinischen Rehabilitation haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen gem. § 10 Abs. 1 SGB VI erfüllt,
1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer
Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und
2. bei denen voraussichtlich
a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgewendet werden kann
b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann
c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.
Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem SG und dem Senat schon nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass beim Kläger bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 4. April 2008, die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert gewesen ist.
Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn nach ärztlicher Feststellung durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen ist. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit ist jede länger dauernde, nicht unwesentliche Einschränkung der vollen Leistungsfähigkeit. Hierbei ist auf die gesamte berufliche Qualifikation abzustellen, also auf das Berufsbild in voller Breite und nicht lediglich auf die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit in der Ausgestaltung des konkreten Arbeitsplatzes. Dabei sind auch berufliche Tätigkeiten der letzten Jahre mit einzubeziehen, wenn sie nicht allzu lange zurückliegen; vgl. BSG in BSGE 49, 263. Erwerbsfähigkeit ist also die Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen Umfang (KassKomm, SGB VI, § 10 Rdn 6).
Der Senat geht dabei entsprechend den Ausführungen des Klägers davon aus, dass der Kläger nur als Industriemechaniker tätig gewesen ist. Nach den Feststellungen des erfahrenen Gerichtsachverständigen Dr. D. war beim Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung und auch darauf folgend eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Industriemechaniker nicht gegeben. Zur Beurteilung der Anforderungen, die an einen Industriemechaniker gestellt werden, konnte sich der Gerichtsachverständigen dabei auf einen Auszug aus dem berufenet der Bundes-agentur für Arbeit stützen, in dem das Berufsbild des Industriemechanikers beschrieben wird. Mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne einer länger dauernden, nicht unwesentlichen Einschränkung der vollen Leistungsfähigkeit war trotz der Drogensucht des Klägers nicht zu rechnen. Der Kläger war sechs Stunden und mehr täglich in dem Beruf des Industriemechanikers sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs und mehr Stunden einsatzfähig.
Grundlage für diese Beurteilung war die persönliche Untersuchung des Klägers am 27. April 2009. Die Untersuchung erfolgte also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger bereits wieder rückfällig mit Heroin geworden war und mit Methadon substituierte bei einem Zusatzkonsum von Flunitrazepam und Cannabis. Bei der körperlichen Untersuchung des Klägers fanden sich hier keine wesentlichen Auffälligkeiten. Koordination und Gangbild waren ungestört. An Schulter und Wirbelsäule bestanden keine Bewegungseinschränkungen, keine Druck-, Klopf- oder Stauchdolenzen. Radikuläre oder pseudoradikuläre Reizerscheinungen lagen nicht vor, das Zeichen nach Laségue war beidseits negativ. Sensibilität, Motorik und Reflexe waren ohne Auffälligkeiten. Im Rahmen der psychiatrischen Untersuchung zeigte der Kläger bei korrektem äußeren Erscheinungsbild ein situationsadäquates Verhalten. Der Sprachduktus war regelgerecht, der Kläger berichtete im Gesprächskontakt zugewandt und offen. Hinweise auf qualitative oder quantitative Bewusstseinsveränderungen oder Orientierungsverluste ergaben sich nicht. Auffassung und Konzentration waren regelgerecht, die Umstellungsfähigkeit erschien nicht eingeschränkt. Der Kläger konnte sich bei ausreichender Flexibilität an ungewohnte Situationen gut anpassen. Störungen des formalen Denkens und der Wahrnehmung konnte der erfahrene Gerichtssachverständige nicht beobachten. Bei der Prüfung des Gedächtnisses ergab sich ein intaktes Zeiterleben, -wissen und -einschätzung. Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis waren ohne globale Minderung oder Lücken, das Zeitgitter ohne Störung. Lediglich im Rahmen der testpsychologischen Untersuchung zeigte sich passend zum Drogenkonsum eine leichtgradige Störung von Gedächtnis und Aufmerksamkeit. Die Intelligenz lag im Normbereich. Der Kläger wies eine ausgeglichene und adäquate Affektlage auf. Modulations- und Resonanzfähigkeit sowie der Antrieb waren ungestört.
Zwar lag beim Kläger eine dependente Persönlichkeitsstruktur bei Drogenmissbrauch vor, diese bedingte aber keine erhebliche Gefährdung oder gar Minderung der Erwerbsfähigkeit. Der Kläger war trotz seiner Drogensucht auch in der Lage gewesen, eine Ausbildung zum Industriemechaniker sowie eine CNC-Schulung erfolgreich zu absolvieren. Diese Einschätzung von Dr. D. wurde auch durch den Kläger selbst bei dessen Untersuchung bestätigt. Hier hatte der Kläger betont, stets arbeits- und ausbildungsfähig gewesen zu sein.
Die von Dr. D. angesprochene bloße "latente" Gefährdung der Erwerbsfähigkeit in dem Sinne, dass spekulativ bei fortgesetztem Drogenkonsum in noch stärkerem Umfang in der Zukunft die Erwerbsfähigkeit des Klägers gemindert sein könnte, reicht für die Annahme einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nicht aus. Der Umstand, dass Dr. D. den Kläger nach Antritt der Entwöhnungsbehandlung nicht mehr für erwerbsfähig gehalten hat, weil die Absolvierung einer Entwöhnungsbehandlung nicht neben einer Erwerbstätigkeit möglich ist, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Bewertung. Hierin liegt eine Selbstverständlichkeit. Die unbestreitbare Tatsache, dass der Kläger während der von ihm selbst beschafften Entwöhnungsbehandlung keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, bedingt für sich genommen keine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 10 SGB VI. Der Kläger kann nicht die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Leistung zur stationären Rehabilitation allein dadurch herstellen, dass er die Maßnahme sich selbst beschafft.
Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit folgt auch nicht aus den Leitlinien der Beklagten. Abgesehen davon, dass diese für den Senat nicht bindend sind, können diese eine Prüfung des Einzelfalls nicht ersetzen. Eine medizinische Beurteilung im Einzelfall geht allgemeinen Begutachtungsleitlinien vor. Schließlich folgt eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit auch nicht daraus, dass die Beklagte in ihrem Bescheid hiervon ausgegangen ist. Hierbei handelt es sich nur um einen Teil der Begründung des Bescheids, der keine Bindungswirkung zwischen den Beteiligten entfaltet.
Der hiervon abweichenden Einschätzung des Gutachters H. vermag der Senat nicht zu folgen. Der Sachverständige H. hat festgestellt, dass beim Kläger keine Komplikationen durch somatische Begleit- oder Suchtfolgeerkrankungen bestanden haben. Hinweise auf eine psychiatrische Komorbidität, dauerhafte hirnorganische Veränderungen mit entsprechenden kognitiven Defiziten oder schwere Persönlichkeitsstörungen liegen und lagen beim Kläger nach seinen Feststellungen nicht vor. Seine Einschätzung einer vorliegenden Erwerbsminderung des Klägers stützt der Sachverständige H. auf die "glaubhaften Angaben des Klägers" bei seiner Untersuchung. Hierbei vermisst der Senat eine kritische Hinterfragung dieser "glaubhaften Angaben des Klägers". Diese wäre aber erforderlich gewesen, da der Kläger gegenüber Dr. D. betont hatte, in seiner Erwerbsfähigkeit und Ausbildungsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen zu sein. Hier drängt sich dem Senat die Annahme auf, dass der Kläger seine Angaben beim Sachverständigen H. angesichts der aktuellen Prozesssituation, die durch die Bitte des Senats um eine erneute ergänzende Stellungnahme durch Dr. D. und dessen Antwort offen zu Tage getreten war, nachträglich angepasst hat, um das Problem der fehlenden erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bzw. der fehlenden Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beseitigen. Gegenüber Dr. D. hatte der Kläger auch nicht die von dem Sachverständigen H. unterstellte Einschränkung der Motivation und des Durchhaltevermögens behauptet, sondern vielmehr mehrfach betont, dass er immer nicht nur arbeitsfähig, sondern auch leistungsbereit gewesen sei.
Der Senat geht daher weder von einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit und schon gar nicht von einer Erwerbsminderung des Klägers aus.
Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass selbst bei der Annahme einer erheblichen Gefährdung oder sogar Minderung der Erwerbsfähigkeit ein Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung oder zumindest Neuverbescheidung dennoch ausscheidet. Denn bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids war nach Auffassung des Senats nicht anzunehmen, dass die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit oder deren Minderung voraussichtlich durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden können. Zwar dürfen die Anforderungen gerade bei Suchterkrankungen nicht überspannt werden. Bloße Zweifel an der Möglichkeit eines Erfolgs genügen nicht, einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe abzulehnen (BSG, Urteil vom 24. März 1983, Az. 8 RK 2/82). Auf der anderen Seite reicht für diese Prognose die entfernt liegende Möglichkeit eines Erfolges nicht aus. Voraussetzung vielmehr ist, dass der Erfolg der Leistung wahrscheinlich ist. Es muss nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Leiden, der persönlichen Verhältnisse und der Bereitschaft zur Mitwirkung mehr dafür als dagegen sprechen, dass die Leistung zu einer wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit führen kann (KassKomm-Niesel, § 10 SGB VI Rn. 14, m.w.N.).
Die von der Beklagten getroffene Prognoseentscheidung ist nicht zu beanstanden. Sie hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Gegen eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Entwöhnungsbehandlung in Schloss B. sprach auch noch zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung der Beklagten der Umstand, dass die von der Beklagten bewilligte vorherige Entwöhnungsbehandlung nicht zu einem Erfolg im Sinne einer überdauernden Drogenfreiheit des Klägers geführt hatte. Der Erfolg einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation gerade im Bereich der Drogenentwöhnung setzt darüber hinaus voraus, dass der Rehabilitand aus überwiegend intrinsischen Motiven heraus die Rehabilitation in Angriff nimmt. Unterzieht sich jemand nur aufgrund äußerer Umstände einer Entwöhnungsbehandlung, hat aber keine hinreichende eigene Motivation, der Drogensucht auf Dauer zu entsagen, spricht nicht mehr für einen Erfolg der Maßnahme als dagegen. Denn dann besteht eine hohe Rückfallgefahr, sobald die äußeren Druckfaktoren weggefallen sind.
Wie das SG in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2007 (Az. S 5 R 843/07 ER) bereits zutreffend ausgeführt hat, bestanden zu Beginn der Maßnahme durchgreifende Zweifel an einer intrinsischen Motivationslage des Klägers. Im Vordergrund stand vielmehr erkennbar der Wunsch, dem Antritt der Haftstrafe zu entgehen. Der Senat ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass sich hieran im Laufe der selbst beschafften Entwöhnungsbehandlung durchgreifend etwas geändert hat. Von Seiten der die Entwöhnungsbehandlung durchführenden Einrichtung Schloss B. wurde zwar von einem hohen Grad der Selbstreflektion des Klägers berichtet. Er wirke glaubhaft in der Absicht, eine abstinente Lebensführung gestalten zu wollen. Ihm seien die negativen Auswirkungen seines Drogenkonsums zunehmend bewusst geworden, insbesondere gegenüber seiner Mutter. Er habe eine kritische Lebensbilanz gezogen und wolle sein Leben grundlegend verändern. Er verfüge über klare Zielvorstellungen bei authentischer Therapiemotivation. Trotz bestehender extrinsischer Motivationsfaktoren könne dem Kläger ein hoher Grad an Veränderungsbereitschaft attestiert werden. Der Kläger sei im Rahmen der Vorstellung seiner persönlichen Entwicklung mit einem hohen Maß an Selbstsicherheit aufgetreten, wobei der Grad seiner Selbstreflektion verbesserungswürdig erscheine. Der Kläger sei zuverlässig. Er nehme an den Maßnahmen der Arbeitstherapie regelmäßig mit zufriedenstellenden Arbeitsleistungen teil. In allen therapeutischen Settings sei er aktiv integriert.
Diese Ausführungen sind bereits nicht in sich widerspruchsfrei. So wird auf der einen Seite von einem hohen Grad der Selbstreflektion des Klägers berichtet, aber auf der anderen Seite, dass der Grad der Selbstreflektion verbesserungswürdig erscheine. Darüber hinaus nährt gerade auch der Hinweis auf die Mutter des Klägers den Zweifel beim Senat, dass der behauptete Gesinnungswandel aus echter Einsicht erfolgt ist. Denn die Mutter des Klägers hat für diesen die Kosten der Entwöhnungsbehandlung übernommen. Es ist nachvollziehbar, dass dann auch von dieser Seite ein gewisser externer Druck bestand und besteht, die Entwöhnungsbehandlung auch bis zum Ende durchzuführen. Hinzu kommt, dass es dem Kläger im Laufe des Verfahrens bereits zu diesem Zeitpunkt klar geworden sein muss, intrinsische Faktoren in den Vordergrund zu stellen, um sich eine Chance auf Kostenerstattung zu wahren. Dr. D. hat zudem in seinem Gutachten ausgeführt, der Kläger erschiene nach wie vor nur oberflächlich motiviert - am ehesten zum Entzug zur Entlastung und vorübergehenden Versorgung, nicht jedoch zu einer dauerhaften Veränderung seiner Lebensgrundeinstellung, die Voraussetzung sei, um ein von Drogen unabhängiges Leben zu führen. Dazu halte er sich immer noch bei äußerlich anders begründetem Wunsch zu viele "Hintertürchen" offen. Angesichts dieser bei der Untersuchung durch Dr. D. zu Tage getretenen Grundeinstellung des Klägers ist der Senat nicht davon überzeugt, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids eine ausreichende intrinsische Motivation vorgelegen hat. Allein durch die Bekundung einer anderen Motivationslage, die angesichts der damit verknüpften Hoffnung auf Kostenerstattung nachvollziehbar ist, werden die nach wie vor zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bestehenden erheblichen extrinsischen Motivationsfaktoren nicht mit der Folge überlagert, dass von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der Entwöhnungsbehandlung ausgegangen werden könnte.
Die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind damit nicht erfüllt. Hinzu kommt noch, dass gemäß § 12 Abs. 2 S. 1, 2 SGB VI Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von 4 Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlichen Leistungen zur Rehabilitation erbracht werden, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, dass vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind. Solche dringenden gesundheitlichen Gründe für eine erneute vorzeitige Gewährung einer Maßnahme der stationären Rehabilitation in Form einer Entwöhnungsbehandlung lassen sich nach Auffassung des Senats weder dem Gutachten von Dr. D. noch dem Gutachten des Sachverständigen H. entnehmen.
Die Beklagte hat damit den Antrag auf Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung in der Einrichtung Schloss B. nicht zu Unrecht abgelehnt.
Schließlich liegt nach alledem erst recht keine erforderliche unaufschiebbare Leistung vor, die die Beklagte nicht rechtzeitig erbringen konnte. Damit sind die Voraussetzungen des § 13 Abs. 5 SGB V analog bzw. § 15 Abs. 3 S. 3, 4 SGB IX nicht erfüllt. Ein Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung besteht nicht.
II. Dem Kläger steht auch kein Kostenerstattungsanspruch in Bezug auf die von 17. Mai bis 17. August 2010 durchgeführte Stabilisierungstherapie in der Einrichtung "K. direkt" zu. Insoweit verweist der Senat zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend weist er auf folgendes hin:
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bestand angesichts der zahlreichen erfolglos gebliebenen Entgiftungs- und Entwöhnungsmaßnahmen keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Durchführung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen. Gerade auch angesichts der wiederum langfristig erfolglos gebliebenen Entwöhnungsmaßnahme in der Einrichtung Schloss B. und der daran anschließenden, erneut von Rückfällen gekennzeichneten Therapiemaßnahmen bestand für die Beklagte keinerlei Anlass mehr, den erneut vorgetragenen und bisher nicht tragfähigen Beteuerungen des Klägers Folge zu leisten, dass nunmehr ein durchgreifender Gesinnungswandel stattgefunden habe. Der bloße Hinweis auf eine - schon länger bestehende - Partnerschaft oder die geplante Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung reicht hierfür angesichts der Vorgeschichte nicht aus. Hieran vermag auch die Stellungnahme der Diplom-Psychologin K. nichts zu ändern. Diese setzt sich nicht einmal ansatzweise mit den von Dr. D. getroffenen Feststellungen auseinander. Ihre Behauptung, die spätere Maßnahme und die Einschätzung der Einrichtung Schloss B. hätten stärker gewichtet werden müssen, zumal der Entlassungsbericht die Motivation des Klägers ("klare Zielvorstellungen bei authentischer Therapiemotivation, hoher Grad der Veränderungsbereitschaft trotz extrinsischer Motivationsfaktoren") ausdrücklich erwähne, veranlasst den Senat aus den oben dargelegten Gründen nicht zu einer anderen Beurteilung. Gerade der Umstand, dass auch die zweite Entwöhnungsbehandlung erneut erfolglos geblieben ist, gab der Beklagten keinerlei Anlass mehr, der nicht näher ausgeführten authentischen Therapiemotivation eine größere Bedeutung zuzumessen als den auch von der Einrichtung Schloss B. erwähnten extrinsischen Motivationsfaktoren, die hier auf der Hand liegen (Vermeidung einer Inhaftierung, Kostenerstattung für die selbstbeschaffte Maßnahme der stationären Entwöhnung).
Schließlich spielt auch der von der Diplom-Psychologin K. hervorgehobene Aspekt keine Rolle, dass der Kläger nunmehr seit der Behandlung in der Einrichtung K. direkt drogenfrei lebt. Für die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten getroffenen Prognoseentscheidung spielt die spätere Entwicklung keine Rolle. Ebenso wenig wie bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Antrags auf Gewährung einer stationären Entwöhnungsbehandlung in der Einrichtung Schloss B. zulasten des Klägers herangezogen werden darf, dass dieser bereits ein halbes Jahr nach Abschluss der Maßnahme wieder rückfällig geworden war, kann hier zu Gunsten des Klägers ins Feld geführt werden, dass es nach Abschluss der Maßnahme nicht mehr zu einem Rückfall gekommen ist. Ob die negative Prognoseentscheidung der Beklagten vertretbar war, ist nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen und nicht mit dem heutigen Wissen über die weitere Entwicklung des Klägers. Nach dem Gesagten sind die Prognoseentscheidungen der Beklagten jedoch nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 Sozialgerichtsgesetz und berücksichtigt den Umstand, dass der Kläger mit seinen Begehren nicht erfolgreich war.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.
gerichts Augsburg vom 11. November 2009 aufgehoben und
die Klage gegen die Bescheide vom 12. und 29. November 2007
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2008
abgewiesen.
II. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Augsburg vom 20. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
I. Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten für die selbstbeschaffte Drogenlangzeittherapie in der Therapieeinrichtung Schloss B., H., im Zeitraum 6. Dezember 2007 bis 5. Juni 2008 (dazu im Einzelnen unter II.) sowie für die ebenfalls selbstbeschaffte Stabilisierungstherapie bei der Einrichtung K. direkt vom 17. Mai bis 17. August 2010 (dazu unter III.) zu erstatten.
Der 1982 geborene Kläger hat von September 1999 bis Februar 2003 eine Ausbildung zum Industriemechaniker (Fa. L.S.) absolviert und erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss daran war er bis 24. Juli 2005 bei der Zeitarbeitsfirma A. versicherungspflichtig beschäftigt, dann arbeitsunfähig bzw. arbeitslos, wobei der Kläger von Juli bis Dezember 2006 über die Arbeitsverwaltung eine halbjährige CNC-Schulung erfolgreich absolvierte. Ab 16. Juni 2008 war der Kläger bei der Firma T. Personaldienst beschäftigt. Seit September 2010 ist er nach eigenen Angaben zunächst im Rahmen von Zeitarbeit, seit August 2011 festangestellt bei der Firma K. als Industriemechaniker tätig.
Der Kläger konsumierte seit seinem 14. Geburtstag Drogen, zunächst Cannabis, 1 1/2 Jahre später XTC, Speed und LSD, ab dem 17. Lebensjahr auch Kokain, ab dem 19. Lebensjahr überwiegend Heroin. Vom 1. März 2005 bis 5. April 2005 befand sich der Kläger zur Entgiftung im Bezirkskrankenhaus A. und anschließend zu einer stationären Entwöhnungsbehandlung wegen Polytoxikomanie in der Fachklinik W ... Ausweislich des Entlassungsberichts vom 27. Mai 2005 bestand beim Kläger keine ausreichende intrinsische Motivation für eine stationäre Langzeittherapie. Bereitschaft zu konsequentem Suchtmittelverzicht habe nicht bestanden bei Bagatellisierung der Suchtproblematik. Die Entwöhnungsbehandlung wurde wegen eines Heroinrückfalls am 12. Mai 2005 aus disziplinarischen Gründen beendet.
Nach weiterem Heroinkonsum fand eine stationäre Entgiftung im Bezirkskrankenhaus A. vom 10. Januar bis 1. Februar 2007 statt, die auf eigenen Wunsch des Klägers beendet wurde. Hier berichtet das Bezirkskrankenhaus von einer Abstinenzunfähigkeit des Klägers und deshalb von einer eher schlechten Prognose. Die nächste Entzugsbehandlung von allen Substanzen erfolgte im Bezirkskrankenhaus A. vom 2. November bis 6. Dezember 2007. Hieran schloss sich die erste streitgegenständliche Entwöhnungsbehandlung des Klägers in der Einrichtung Schloss B. vom 6. Dezember 2007 bis 5. Juni 2008 an. Im Anschluss daran war der Kläger nach eigenen Angaben sechs Monate komplett drogenabstinent. Nach einem Heroinrückfall unter beruflicher Überforderung im Dezember 2008 folgten weitere stationäre bzw. teilstationäre Aufenthalte im Bezirkskrankenhaus A. vom 9. Februar bis 8. März 2009, 25. März bis 1. April 2009 (erneute Entgiftung von Heroin und Benzodiazepinen), 22. Mai bis 7. Juni 2009 (Beigebrauchsentgiftung von Benzodiazepinen). Vom 5. bis 17. Mai 2010 nahm der Kläger im Bezirkskrankenhaus an einer weiteren Entgiftungsmaßnahme teil (Behandlung wegen Polytoxikomanie, Entgiftung; zweimaliger Heroinkonsum während der Entgiftungsmaßnahme), vom 17. Mai bis 17. August 2010 schließlich an der zweiten streitgegenständlichen stationären Stabilisierungstherapie in der Fachklinik K. direkt. Seitdem ist der Kläger nach eigenen Angaben drogenfrei.
II. Der Kläger begehrte mit Antrag vom 2. Oktober 2007, bei der Beklagten eingegangen am 29. Oktober 2007, stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für Abhängigkeitskranke im Anschluss an die stationäre Entgiftung im Bezirkskrankenhaus A., die vom 2. November 2007 bis 6. Dezember 2007 stattfand.
Die Beklagte zog ein Gutachten des Landgerichtsarztes bei dem Landgericht A. Dr. G. vom 21. August 2007, ein Urteil des Amtsgerichts A. (Az. 9 Ds 203 Js 105420/07), mit dem der Kläger wegen Diebstahls (Beschaffungskriminalität) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt wurde, einen Sozialbericht der Drogenhilfe S. e.V. vom 26. Oktober 2007 und einen ärztlichen Befundbericht der praktischen Ärztin S. vom 11. Oktober 2007 bei.
Der Antrag wurde mit angefochtenem Bescheid vom 12. November 2007 abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Erwerbsfähigkeit des Klägers könne durch Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden.
Mit Schreiben vom 14. November 2007 stellte der Kläger einen Antrag auf nochmalige Überprüfung der Kostenzusage. Nach Angaben der behandelnden Ärztin Dr. R. im Bezirkskrankenhaus A. sei der Kläger derzeit und auf absehbare Zeit aufgrund seiner Drogensucht erwerbsunfähig. Er führe sich gut und sei im Laufe der Entgiftung nicht rückfällig geworden. Letzteres sei bei einem Abbruch der Entgiftung jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Eine Drogentherapie sei geeignet, um die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Klägers zu erreichen. Auch nach dem Gutachten von Dr. G. sei eine Therapie erforderlich. Aus dem bisherigen Therapieverhalten des Klägers könne nicht auf eine gänzliche Therapieresistenz geschlossen werden. Sollte der Kläger die Drogentherapie nicht erfolgreich absolvieren, so drohe eine Inhaftierung. Von Seiten der Justiz sei mitgeteilt worden, dass im Falle des Vorliegens der formellen Voraussetzungen, also inklusive Kostenzusage für eine stationäre Therapie, die nach Abschluss der Entgiftung vorgesehene Strafvollstreckung gemäß § 35 Betäubungsmittelgesetz zurückgestellt werden könne. Eine entsprechende Bestätigung der Staatsanwaltschaft A. vom 16. Oktober 2007 wurde vorgelegt.
Der Überprüfungsantrag wurde mit weiterem angefochtenen Bescheid vom 20. Novem-ber 2007 abgelehnt. Eine hinreichende Abstinenzprognose könne nicht erstellt werden. Es bestehe eine überwiegend extrinsische Behandlungsmotivation. Es lägen auch keinerlei neue medizinische Sachverhalte vor.
Mit Schreiben vom 21. November 2007 übermittelte der Bevollmächtigte des Klägers eine Bestätigung der T. Personal-Service GmbH vom 15. November 2007, wonach einer Einstellung des Klägers (Montagetätigkeit bei B. in Ägypten) nach erfolgreich absolvierter Therapie nichts im Wege stehe. Der persönliche Druck auf den Kläger sei aufgrund der immer weiter fortschreitenden Abhängigkeit immer massiver geworden. Er habe die Erfahrung gemacht, dass ihm nur durch eine Therapie weitergeholfen werden könne. Diese Eigenmotivation resultiere aus einem weiteren Schritt des Erwachsenwerdens des Klägers, der Gefahr eines noch "größeren Absturzes" und dem Erfahrungsgewinn in den letzten Wochen. Auch könne nach den Leitlinien zur Rehabilitationsbedürftigkeit der Abhängigkeitserkrankungen der deutschen Rentenversicherung durch gerichtliche Auflagen induzierte Fremdmotivation im Rahmen der Suchtrehabilitation in Eigenmotivation überführt werden. Danach sei auch bei Abhängigkeit von Opiaten von Rehabilitationsbedürftigkeit auszugehen.
Der Kläger machte in einem persönlichen Schreiben geltend, er sei sehr motiviert, die Therapie abzuschließen, habe die Möglichkeit, nach abgeschlossener Therapie einen festen Arbeitsplatz (Firma T.) zu erhalten, sei willig, sein Leben in den Griff zu bekommen. Seine Motivation werde durch die Auflage des Gerichts noch gesteigert. Er habe bei der ersten Therapie den Fehler gemacht, mit einem Bekannten an der Therapie teilzunehmen. Er sei deshalb rückfällig geworden. Diesen Fehler würde er so nie wieder begehen. Eine Bestätigung des Bezirkskrankenhauses A. ohne Datum wurde vorgelegt, wonach beim Kläger eine Polytoxikomanie vorliege, die momentan seine Erwerbsfähigkeit verhindere. Durch eine medizinisch-soziale Rehabilitation könne die Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt werden. Beim Kläger liege eine große Eigenmotivation vor, da er ins Berufsleben zurückkehren möchte. Weitere Bescheinigungen der praktischen Ärztin S. wurden vorgelegt.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2007 legte der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 12. November 2007 und 29. November 2007 ein. Zugleich beantragte er beim Sozialgericht Augsburg (SG) die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten des Antragstellers für einen Drogenlangzeittherapie in der Therapieeinrichtung Schloss B., H., beginnend ab dem 6. Dezember 2007, vollständig zu übernehmen, hilfsweise die Kosten vorzuverauslagen und dem Kläger eine angemessene Rückzahlungsmöglichkeit zu gewähren. Zur Begründung wurde auf die Aussagen der behandelnden Ärztin im Bezirkskrankenhaus A. Dr. R., das Gutachten des Landgerichtsarztes Dr. G. und eine Bestätigung der Drogenhilfe S. vom 22. November 2007 verwiesen. In letzterer ist ausgeführt, beim Kläger habe sich eine große Entwicklung hin zum Erwachsenwerden sowie eine hohe Reflexion in Bezug auf seine Person und seine Sucht gezeigt. Aufgrund seiner Abhängigkeit sei er derzeit nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Für eine Rückkehr ins Arbeitsleben sei eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme erforderlich. Der Kläger zeige sehr hohe Behandlungsbereitschaft und Krankheitseinsicht. Dies werde auch durch den derzeitigen Aufenthalt des Klägers im Bezirkskrankenhaus zur Entgiftung belegt.
Die Beklagte erklärte hierzu, es mangele an einer überwiegend intrinsischen Therapiemotivation. Die Versuche des Klägers, von den Drogen wegzukommen, seien laut Dr. G. etwas halbherzig. Der Kläger sei in zwei Verfahren vor dem Amtsgericht A. jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 bzw. 10 Monaten verurteilt worden, wobei sich in den jeweiligen Urteilen (Az. 8 Ds 301 Js 131514/05 und 9 Ds 203 Js 105420/07) kein Hinweis auf eine Rückstellungsmöglichkeit nach § 35 Betäubungsmittelgesetz finde. Hierüber entscheide die Strafvollstreckungsbehörde. Eine solche Entscheidung liege nicht vor. Auch sei ungeklärt, ob möglicherweise im Verfahren 8 Ds 301 Js 131514/05 ein Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung erfolgen werde, da der Kläger während laufender Bewährung erneut straffällig geworden sei. Bei derart unsicherer strafrechtlicher Situation würden Anträge auf Gewährung einer Entwöhnungsbehandlung abgelehnt, da nicht auszuschließen sei, dass bis zum Antritt der Maßnahme oder auch während laufender Maßnahme § 12 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI greife. Der hauptsächliche Grund für den Kläger, eine Entwöhnungsmaßnahme zu absolvieren, sei einzig und allein die Vermeidung eines Strafantritts. Dies sei vom Bevollmächtigten des Klägers selbst so dargestellt worden. Es sei jedoch nicht Aufgabe der Beklagten, dem Kläger strafrechtliche Vorteile zu verschaffen.
Der Kläger verwies auf die vorliegenden fachkundigen Stellungnahmen von Medizinern und einer Sozialpädagogin, wonach beim Kläger eine überwiegend intrinsische Therapiemotivation vorliege. Dies bestätige auch der Suchtberater H. im Schloss B. mit seinem Schreiben vom 18. Dezember 2007. Danach scheine aufgrund der intrinsischen Motivationslage des Klägers eine Behandelbarkeit gegeben zu sein. Der Kläger wirke glaubhaft in seinem Bemühen, eine grundlegende Veränderung bezüglich seiner bisherigen Drogenvergangenheit beginnen zu wollen. Die Beziehung zu seiner Mutter sei ihm von großer Wichtigkeit, der er viel Unrecht angetan habe. Schwierig sei eine halbwegs sichere Prognose für den Kläger. Durch sein offenes Auftreten und den freundlich angepassten Umgangston auch seinen Mitklienten gegenüber, erlebten sie mit dem Kläger nicht nur ein Klienten mit extrinisischer Motivation, sondern einen Klienten, der bestrebt sei, seine bisherige Drogenabstinenz psychisch zu stabilisieren. Der Prozessbevollmächtigten des Klägers wies ferner darauf hin, dass dessen Mutter die Kosten der Therapie vorstrecken würde und im Voraus monatlich überweise.
Mit Beschluss vom 21. Dezember 2007 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Eine hinreichende Erfolgsaussicht des Antrags auf die begehrte Rehabilitationsmaßnahme sei nicht erkennbar. Eine ausreichende eigene und überzeugende Motivation des Klägers sei nicht glaubhaft gemacht. Es spreche vielmehr vieles dafür, dass es dem Kläger vorrangig darum gehe, die bevorstehende Haft zu vermeiden. Andere Motivationselemente seien nur ansatzweise und allenfalls nachrangig erkennbar. Er habe bereits im Jahr 2005 eine stationäre Entwöhnungstherapie abgebrochen. Seit diesem Zeitpunkt habe er keine gesteigerten Aktivitäten entwickelt, um endgültig von seiner Drogenabhängigkeit loszukommen. Auch eine erste strafrechtliche Verurteilung mit Strafaussetzung zur Bewährung habe nicht zu entsprechenden Bestrebungen geführt. In Folge der zweiten Verurteilung drohe dem Kläger eine Haftstrafe, die er nur durch den Antritt einer Drogenlangzeittherapie vermeiden könne. Bevor dieser Druck nicht gegeben gewesen sei, habe der Kläger keinen ausreichenden Anlass für eine derartige Therapiemaßnahme gesehen. Der zeitliche Ablauf spreche gegen eine ausreichende eigene Motivation. Die Ausführungen der Drogenhilfe S. könnten unter Berücksichtigung der Beurteilung des Landgerichtsarztes Dr. G. nicht überzeugen. Eine Entwicklung zum Erwachsenwerden sowie eine hohe Reflexion in Bezug auf seine Person wurden von Dr. G. nicht gesehen.
Zur Begründung seines Widerspruchs übersandte der Kläger mit Schreiben vom 18. Januar 2008 einen Bescheid der Staatsanwaltschaft A. vom 17. Dezember 2007, wonach die weitere Vollstreckung der gegen den Kläger verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts A. vom 31. März 2006 (Az. 8 Ds 301 Js 131514/05 ) in Verbindung mit dem Widerrufsbeschluss des Amtsgerichts A. vom 11. Juli 2007 (Az. 1 BwR 301 Js 131514/05) mit Zustimmung des Gerichts gemäß § 35 Abs. 1 und 3 Betäubungsmittelgesetz für seine Behandlung in der Therapieeinrichtung Schloss B. ab heute für die Dauer von längstens zwei Jahren zurückgestellt wird. Die nachgewiesene Zeit des Aufenthalts in der staatlich anerkannten Therapieeinrichtung werde auf die Strafe angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt seien. Der Kläger sei seit dem Beginn seiner Entgiftung nicht rückfällig geworden. Er habe eine zweite Chance verdient.
Weiterhin wurde ein Verlaufsbericht der Rehabilitationseinrichtung Schloss B. vom 23. Januar 2008 vorgelegt. Danach sei der Kläger seit Beginn der Behandlung motiviert und zur Zusammenarbeit bereit. Er habe den Eindruck erweckt, durch die Bilanzierung seiner bisherigen Lebenssituation eine bestimmte Handlungsnotwendigkeit zu erkennen und über konkrete Ziele und Wünsche hinsichtlich eines drogenfreien Lebens mit Arbeit und drogenfreiem sozialen Umfeld zu verfügen. Hierfür benötige er nach eigenen Angaben professionelle Hilfe. Drogentestungen seien negativ verlaufen. Er habe den Wunsch geäußert, sich mit seiner Drogensucht auseinander zusetzen, ein geregeltes Leben unter besseren Bedingungen mit geregelter Arbeit und fester Partnerschaft zu führen.
Die Beklagte holte hierzu eine Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes ein. Danach ergäben sich aus dem Bericht der Einrichtung Schloss B. keine Aspekte, die eine hinreichende Motivationslage zur Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung nachvollziehbar machen. Die Auffassung sei nicht entkräftet, dass vor allem die Vermeidung eines Strafantritts der hauptsächliche Grund für den Kläger gewesen sei, eine Entwöhnungsmaßnahme anzutreten.
In einem weiteren Bericht vom 14. März 2008 berichtet der behandelnde Diplom-Psychologe B. von einem hohen Grad der Selbstreflektion des Klägers. Er wirke glaubhaft in der Absicht, eine abstinente Lebensführung gestalten zu wollen. Ihm seien die negativen Auswirkungen seines Drogenkonsums zunehmend bewusst geworden, insbesondere gegenüber seiner Mutter. Er habe eine kritische Lebensbilanz gezogen und wolle sein Leben grundlegend verändern. Er verfüge über klare Zielvorstellungen bei authentischer Therapiemotivation. Trotz bestehender extrinsischer Motivationsfaktoren könne dem Kläger ein hoher Grad an Veränderungsbereitschaft attestiert werden. Der Kläger sei im Rahmen der Vorstellung seiner persönlichen Entwicklung mit einem hohen Maß an Selbstsicherheit aufgetreten, wobei der Grad seiner Selbstreflektion verbesserungswürdig erscheine. Der Kläger sei zuverlässig. Er nehme an den Maßnahmen der Arbeitstherapie regelmäßig mit zufriedenstellenden Arbeitsleistungen teil. In allen therapeutischen Settings sei er aktiv integriert.
In einer Stellungnahme hierzu vom 26. März 2008 führte der ärztliche Dienst der Beklagten aus, im Bericht des Diplom-Psychologen B. würden nun Aspekte aufgezeigt, die einen positiven Rehabilitationsverlauf wahrscheinlich machen. Auch wenn zunächst von einer extrinsischen Motivationslage (Vermeidung eines Strafantritts) auszugehen gewesen sei, habe sich auf der Grundlage dieses Verlaufsberichts eine Änderung der Motivationslage herausgebildet. Es werde die Kostenübernahme des Heilverfahrens zulasten der Rentenversicherung vorgeschlagen.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2008 zurück. Wesentliche und tragende Säule des Erfolgs einer Suchttherapie sei die Therapiemotivation. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei keine tragende Eigenmotivation des Klägers erkennbar bzw. gegeben gewesen. Tragender Grund für den Antrag sei die Vermeidung der bevorstehenden Strafhaft gewesen. Zwar werde die Motivation im Verlaufsbericht der Therapieeinrichtung vom 14. März 2008 vorsichtig positiv beurteilt. Nach Auffassung der Widerspruchsbehörde stünden aber nach wie vor extrinsische Motivationsgründe im Vordergrund (Vermeidung der angedrohten Strafhaft und Tatsache, dass die Mutter des Klägers aus eigenen Mitteln den Therapieaufenthalt ermöglicht habe). Wenn überhaupt habe sich eine Verbesserung der Motivationslage erst im Laufe der Therapiemaßnahme langsam ergeben. Die Voraussetzungen für die Erstattung einer selbstbeschafften Leistung lägen damit nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG unter dem Az. S 3 R 320/08 erhoben. Zur Begründung wurde auf die Einschätzung des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 26. März 2008 verwiesen sowie geltend gemacht, dass der Kläger in der Zeit vom 6. Mai 2008 bis 3. Juni 2008 ein Betriebspraktikum bei der Firma K. P. GmbH abgeleistet habe. Die Leistung des Klägers sei ausweislich der Bestätigung des Arbeitgebers als sehr gut, sein Verhalten als befriedigend bewertet worden. Der Kläger habe am 16. Juni 2008 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der Firma T. Personal Service GmbH als Industriemechaniker begonnen. Er lebe nach wie vor drogenfrei. Die Anforderungen an den Nachweis der erforderlichen Therapiemotivation des Klägers seien von der Beklagten überspannt worden. Drohende Haft könne auch der nötige Eigenmotivationsschub sein, der dem Betroffenen helfe, die Therapie erfolgreich zu absolvieren. Ausreichend sei es, wenn sich die Therapiemotivation im Laufe der Therapie weiterentwickle, da es auf die Leistungsfähigkeit des Klägers nach Abschluss der Therapie ankomme. Die neuen Erkenntnisse hätten noch im Widerspruchsverfahren berücksichtigt werden müssen. Die Widerspruchsstelle entscheide in der Sache neu.
Die Beklagte erklärte, die Einrichtung Schloss B. werde bei entsprechender Indikation von der Beklagten belegt.
Das SG hat Befundberichte der praktischen Ärztin S. sowie des Bezirkskrankenhauses A. beigezogen und gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. D ...
Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 28. April 2009 festgestellt, beim Kläger liege eine Polytoxikomanie (Abhängigkeit von Opiaten, Benzodiazepinen und Cannabis) vor. Aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen des Klägers sei die Erwerbsfähigkeit als Lagerist zum Zeitpunkt November 2007 nicht gemindert gewesen. Es habe der Hinweis darauf bestanden, dass bei fortgesetztem Drogenkonsum und weiterem erhöhtem Drogenkonsum die Erwerbsfähigkeit gefährdet sei. Hinweise auf eine akute Gefährdung in Form von zunehmenden Krankheitstagen und Ausfallzeiten habe zum damaligen Zeitpunkt nicht bestanden. Zum Zeitpunkt 4. April 2008 sei er zu beruflichen und erwerbsmäßigen Leistungen nicht in der Lage gewesen. Es könne niemand gleichzeitig im Krankenhaus sein und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Tätigkeit nachgehen. Zum Zeitpunkt November 2007 sei eine haus- und fachärztliche Behandlung (Anbindung an eine Suchtambulanz bzw. Suchtberatungsstelle) ausreichend gewesen. Über eine derartige Behandlung wäre die Motivationslage des Klägers ausreichend zu prüfen und zu fördern gewesen, so dass später eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme entsprechend erfolgreich hätte verlaufen können. Es habe eine latente Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers bestanden. Durch eine ambulante Therapie wäre die Gefährdung abzuwenden gewesen. Auch eine stationäre Therapie hätte zum damaligen Zeitpunkt bei entsprechender Indikationsstellung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abwenden können. Eine geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers habe im November 2007 nicht bestanden. Damals habe der Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach eine von außen gesteuerte Motivation zum Drogenentzug aufgrund der drohenden Haftstrafe gehabt. Im Rahmen der stationären Therapie habe er gezeigt, dass er auch selbst motiviert zum Entzug gegangen sei. Damit könne zum Zeitpunkt 4. April 2008 angenommen werden, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt eine ausreichende tragfähige Motivation zur dauerhaften Beendigung seines Drogenkonsums hatte. Die nachträgliche Feststellung, dass er nach der Drogenentwöhnungstherapie nach einem halben Jahr wieder rückfällig geworden sei, könne nicht als Hinweis auf eine mangelnde Motivation zum Zeitpunkt April 2008 verstanden werden.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, eine ambulante Drogenentwöhnungstherapie sei nicht erfolgversprechend gewesen, weil er dann einer dauerhaften Kontrolle durch Mitarbeiter der Therapieeinrichtung entzogen gewesen wäre mit entsprechend reduzierten Erfolgsaussichten. Dr. D. habe bestätigt, dass beim Kläger die persönlichen Voraussetzungen für die beantragten Leistungen vorgelegen haben. Der Kläger sei nicht mehr von Opiaten abhängig, jedoch immer noch von Benzodiazepinen und Cannabis. Die Beklagte verwies darauf, es habe keine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit im erheblichen Ausmaß beim Kläger vorgelegen. Auch habe eine vorrangig extrinsische Behandlungsmotivation infolge drohender Inhaftierung bestanden. Das Bezirkskrankenhaus A. übersandte eine Stellungnahme zu den Ausführungen von Dr. D. zum Methadonkonsum des Klägers.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das SG mit Urteil vom 11. November 2009 ohne mündliche Verhandlung die Bescheide der Beklagten vom 12. November 2007, 29. November 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 4. April 2008 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erstattung der Kosten der Langzeittherapie (6. Dezember 2007 bis 5. Juni 2008) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Beklagte habe es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit sei der Erlass des Widerspruchsbescheids am 4. April 2008. Die Bescheide der Beklagten seien fehlerhaft, weil sie die Erbringung der begehrten Leistung auch noch im Widerspruchsverfahren wegen fehlender Motivation abgelehnt hätten. Nach dem Zwischenbericht von Schloss B. hätte sich die zunächst extrinsische Motivationslage in den ersten Wochen der Maßnahme geändert, so dass schließlich ein hoher Grad an Veränderungsbereitschaft und eine letztlich authentische Therapiemotivation bescheinigt worden seien. Dieser Einschätzung hätten sich der Sachverständige der Beklagten und des Gerichts angeschlossen. Die Entscheidung der Beklagten sei daher fehlerhaft, die hierauf beruhenden Verwaltungsakte aufzuheben. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Kostenübernahme könne jedoch nicht ausgesprochen werden. Die Beklagte habe über das "Wie" der zu erbringenden Reha-Leistung eine Ermessensentscheidung zu treffen. Hierbei werde sie zu befinden haben, ob der Anspruch des Klägers auf eine stationäre oder eine ambulante Drogenentwöhnungstherapie zu erfüllen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die stationäre Maßnahme als zumindest gleichwertig in Betracht kam, vom medizinischen Sachverständigen der Beklagten selbst befürwortet wurde und dem Kläger von der Justiz auferlegt worden war. Der Erstattungsanspruch sei auf den Betrag begrenzt, den die Beklagte für eine Sachleistung hätte aufwenden müssen.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt mit der Begründung, Dr. D. spreche nur davon, dass eine akute Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor Antritt der selbstbeschafften Maßnahme nicht bestanden habe, es habe eine latente Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen. Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers werde nicht bestätigt. Auch sei eine Drogenentwöhnungsmaßnahme zulasten des Rentenversicherungsträgers überhaupt nicht erforderlich gewesen, man hätte den Verlauf der ambulanten Behandlung abwarten können. Die Beklagte müsse auch nicht eine Drogenentwöhnungsmaßnahme finanzieren, weil einem Versicherten eine solche Maßnahme in einem Strafverfahren nahe gelegt worden sei. Eine tragfähige Eigenmotivation sei bei Antritt der selbstbeschafften Maßnahme nicht gegeben gewesen. Aus dem Bericht der Einrichtung Schloss B. gehe nur hervor, dass neben den extrinsischen Motivationsfaktoren auch eine intrinsische Motivation beschrieben werde. Auch im April 2008 sei nicht von einer tragfähigen Eigenmotivation des Klägers für eine nachhaltige Abstinenz vom Drogenkonsum und somit von einer positiven Erwerbsprognose auszugehen. Diese Einschätzung werde durch den weiteren Verlauf nicht widerlegt. Der Kläger sei bereits knapp sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme an seinem Geburtstag wieder mit Drogen rückfällig geworden. Dies ergebe sich aus einem Sozialbericht vom 10. August 2009, der zum Antrag auf eine neuerliche Entwöhnungsmaßnahme eingereicht worden sei. Auch habe Dr. D. festgestellt, dass beim Kläger bezogen auf die Sucht ein mittelmäßiges Introspektions- und Reflektionsvermögen bestehe, das lediglich für konfliktarme Lebenssituationen ausreiche und in kritischen Situationen dem Drang nach Entlastung durch Suchtstoffkonsum nicht gewachsen sei. Der Kläger erscheine nach wie vor nur oberflächlich motiviert.
Der Kläger verwies darauf, Dr. D. und die behandelnden Ärzte hätten eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bejaht. Aus Sicht des medizinischen Dienstes der Beklagten habe zum maßgeblichen Zeitpunkt am 4. April 2008 ebenfalls eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bestanden. Ausweislich der Leitlinien der Beklagten bestehe Rehabilitationsbedürftigkeit bei Abhängigkeit von Opiaten. Die Erfolgsaussichten einer stationären Therapie seien deutlich höher. Auch nur eine solche erfülle die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 S. 2 Betäubungsmittelgesetz. Dr. D. habe auch bestätigt, dass der Rückfall nicht als Hinweis auf eine mangelnde Motivation im April 2008 anzusehen sei. Der Kläger habe die erneute Drogenrückfälligkeit durch eine erneute Drogenentwöhnungsmaßnahme überwunden. Die Beklagte weigerte sich auch hier, die Kosten zu übernehmen. Eine weitere Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht A. am 6. Oktober 2009 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten ohne Bewährung sei durch das Berufungsgericht zur Bewährung ausgesetzt worden. Hierbei sei dem Kläger zur Auflage gemacht worden, die Therapie fortzusetzen. Die Bewährungshelferin E. habe bestätigt, dass der Kläger lange vor seiner neuerlichen Straftat im Juni 2009 um eine weitere Therapie bemüht gewesen sei, zu einem Zeitpunkt also, zu dem von einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe oder einem Bewährungswiderruf nicht die Rede sein konnte. Vorgelegt wurde ein Protokoll über die öffentliche Sitzung der 6. Strafkammer des Landgerichts A. am 25. Mai 2010 sowie ein Therapieverlauf von K. direkt vom 9. August 2010 über eine stationäre Stabilisierungstherapie des Klägers beginnend ab 17. Mai 2010, wonach ein positiver Therapieverlauf vorliege. Die Maßnahme endete am 17. August 2010.
Auf Anforderung durch das Gericht hat Dr. D. eine ergänzende Stellungnahme vom 29. November 2010 abgegeben. Hierin führt er aus, dass im November 2007 und in der Folgezeit keine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers in der Tätigkeit als Lagerist vorgelegen habe. Ebenfalls habe keine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen. Bei fortgesetztem Drogenkonsum bestehe in noch stärkerem Ausmaß spekulativ die Möglichkeit, dass dann die Berufs- und Erwerbsfähigkeit gemindert sei. Dies sei mit dem Begriff der latenten Gefährdung gemeint gewesen.
Der Klägerbevollmächtigte hat daraufhin geltend gemacht, der Kläger sei niemals als Lagerist, sondern als Industriemechaniker tätig gewesen. Nach seiner Ausbildung zum Industriemechaniker sei er von Februar 2003 bis Dezember 2005 als Industriemechaniker bei der Firma A. tätig gewesen. Nach anschließenden Zeiten der Arbeitslosigkeit bis 11. Juni 2006 habe er vom Juni 2006 bis Dezember 2006 eine Weiterbildung zum CNC-Fräser absolviert. Anschließend sei er bis Dezember 2007 arbeitslos und dann in der Entwöhnungstherapie gewesen. Von Juni 2008 bis Anfang 2009 sei er bei der Firma M. eingesetzt worden, nach erneuter Therapie (Entlassung am 17. August 2010) über den Arbeitgeber Firma T. bei der Firma K. R ... Ein Schreiben des Bezirkskrankenhauses A. wurde vorgelegt, wonach beim Kläger im November 2007 eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen habe. Übersandt wurde ferner eine Stellungnahme über den bisherigen Bewährungsverlauf durch die Bewährungshelferin E., ein Arbeitsvertrag mit der Firma T. Personal-Service GmbH für den Zeitraum ab 16. Juni 2008 und ein Bericht der psychologischen Psychotherapeutin K. (Behandlung ab Oktober 2010).
Das Gericht hat daraufhin Dr. D. unter Übersendung eines Auszugs aus dem Berufenet der Bundesagentur für Arbeit "Industriemechaniker" um ergänzende Stellungnahme gebeten, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers als Industriemechaniker erheblich gefährdet oder bereits gemindert war. Dr. D. erklärte daraufhin, dass der Kläger sowohl im Beruf des Lageristen als auch des Industriemechanikers als auch für jede leidensgerechte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 und mehr Stunden einsatzfähig gewesen sei. Eine erhebliche Gefährdung des beruflichen und erwerbsmäßigen Leistungsvermögens habe zum damaligen Zeitpunkt (November/Dezember 2007) nicht bestanden. Während des stationären Aufenthaltes habe eine Minderung der beruflichen und erwerbsmäßigen Leistungsfähigkeit durch den stationären Aufenthalt bestanden. Wäre er jedoch zum gleichen Zeitpunkt in ambulanter Hinsicht behandelt worden, wäre sein berufliches und erwerbsmäßigen Leistungsvermögen als nicht eingeschränkt eingestuft worden. Allein Tätigkeiten mit leichter Verfügbarkeit von Suchtstoffen wären dem Kläger nicht zumutbar gewesen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das Gericht ein Gutachten des Psychiaters H., Assistenzarzt am Bezirkskrankenhaus A. , eingeholt. Beim Kläger liege ab dem 18. Lebensjahr Opiatabhängigkeit vor, in Abstinenz nach den Angaben des Klägers ab Mai 2010, ferner Nikotinabhängigkeit seit dem 15. Lebensjahr, Cannabis- und Benzodiazepinabhängigkeit in Abstinenz, Missbrauch von Kokain und Amphetaminen. Der Kläger sei nach seinen glaubhaften Angaben bereits im Jahr 2007 als Industriemechaniker in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert gewesen. Auch in Bezug auf Tätigkeiten als Lagerist oder Helfer sei von einer erheblichen Gefährdung auszugehen. Er sei das ganze Jahr 2007 über arbeitslos gewesen. Fast monatlich habe er einmal über die Dauer von 3 bis 4 Tagen "kalt" entzogen. In dieser Phase der Abhängigkeitserkrankung habe eine ausgeprägte Einengung auf Suchtverhalten bestanden, so dass Motivation und Durchhaltevermögen zur Organisation einer Arbeitsstelle nicht ausreichend vorhanden gewesen seien. Hätte er eine Arbeitsstelle gehabt, so wären mindestens fünfmal 3 Wochenstunden auf Dauer nicht zu erbringen gewesen. Die geminderte Erwerbsfähigkeit sei durch die vom Kläger absolvierte Entwöhnungsbehandlung wesentlich zu bessern gewesen. Diese sei die am besten geeignete Behandlungsform gewesen. Einschränkungen der Einsichtsfähigkeit hätten nicht vorgelegen.
Sowohl der Kläger als auch die Beklagte haben hierzu Stellung genommen.
III. Mit Antrag vom 24. August 2009 begehrte der Kläger erneut die Gewährung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer stationären Entwöhnungsbehandlung. Der Antrag wurde mit weiterem angefochtenem Bescheid vom 6. Oktober 2009 abgelehnt, weil die Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht wesentlich gebessert werden könne. Mit Antrag vom 14. Oktober 2009 begehrte der Kläger die Gewährung einer teilstationären Rehabilitation für Abhängigkeitskranke von der Beklagten. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 20. Oktober 2009 mit derselben Begründung abgelehnt.
Der Kläger erhob Widerspruch mit der Begründung, er sei nicht mehr von Opiaten abhängig. Er habe seine Opiatabhängigkeit bereits eigenmotiviert überwunden. Er müsse nur noch seine Benzodiazepinabhängigkeit überwinden. Es sei auch unzutreffend, dem Kläger stets eine durch drohende Strafverfolgung begründete Motivation zu unterstellen. Die Entscheidung des Amtsgerichts A. , dem Kläger zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten ohne Bewährung wegen des Diebstahls einer geringwertigen Sache zu verurteilen, sei durch das Landgericht A. dahingehend geändert worden, dass die zweimonatige Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Dem Kläger sei zur Auflage gemacht worden, die Therapie fortzusetzen. Dies bedeute eine große Chance für den Kläger und Motivation im besten Sinne. Auch habe die Bewährungshelferin E. bestätigt, dass der Kläger lange vor der neuerlichen Straftat im Juni 2009 um eine weitere Therapie bemüht gewesen sei und damit zu einem Zeitpunkt, als noch keine Freiheitsstrafe/kein Bewährungswiderruf im Raum gestanden seien. Im Strafverfahren seien sich alle am Prozess Beteiligten darüber einig gewesen, dass der Kläger noch einmal eine Chance verdient habe. Die sechs Monate nach erfolgreicher Beendigung der Therapie auf Schloss B. seien die beste Zeit des Klägers seit vielen Jahren gewesen. Wieder diesen nicht allzu lange zurückliegenden Zustand zu erreichen, sei Eigenmotivation genug für den Kläger, die jetzt aktuell durchgeführte Entgiftung und anschließende Therapie durchzuhalten. Nach dem Gutachten von Dr. D. sei eine Drogenentwöhnungstherapie geeignet, die Gefährdung des Klägers abzuwenden. Eine Bestätigung der Drogenhilfe K. direkt wurde vorgelegt, wonach dort von einem positiven Therapieverlauf ausgegangen werde.
Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die Bescheide vom 6. Oktober und 20. Oktober 2009 nach Beiziehung eines Befundberichts der Bezirkskliniken S. und des Bezirkskrankenhauses A. mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2010 zurück. Voraussetzung für die Gewährung einer Entwöhnungsmaßnahme sei, dass die durchgeführte Maßnahme erfolgreich sein werde. Hiervon sei beim Kläger nicht auszugehen. Es bestehe kein Anlass, eine gesteigerte intrinsische Motivation für eine nachhaltige Suchtentwöhnung anzunehmen. Die erneute Entwöhnungsbehandlung erfolge wiederum vor strafrechtlichem Hintergrund.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG unter dem Az. S 3 676/10 erhoben und weiter vorgetragen, er sei erwerbsunfähig aufgrund seiner Drogensucht. Auf die Leitlinien der Beklagten wurde verwiesen, wonach auch durch gerichtliche Auflagen induzierte Fremdmotivation in Eigenmotivation überführt werden könne. Der Kläger habe ausweislich des Entlassungsberichtes der Einrichtung K. direkt seine Therapie erfolgreich absolviert und sei regulär entlassen worden. Der Kläger habe nun eine starke Beziehung zu seiner Lebenspartnerin und beginne eine auf der Therapie aufbauende Psychotherapie. Das Verhalten der Beklagten sei bei der 6. Strafkammer des LG A. auf großes Unverständnis gestoßen. Der Kläger habe nicht mehr den Druck einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer zu vollstreckenden Haftstrafe und sei dennoch seit Monaten clean.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2010 abgewiesen. Keine der zahlreichen Entgiftungsmaßnahmen hätten den Kläger ins Versicherungsleben zurückgeführt. Die Bemühungen des Klägers zu einem drogenfreien Leben zu gelangen, seien nicht erfolgreich gewesen. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte bei einer solchen negativen Ausgangslage eine ebenso negative Prognose stelle.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht unter dem Az. L 13 R 92/11 eingelegt und vorgetragen, er sei mittlerweile seit über 12 Monate clean. Das letzte Drogenscreening vom 7. März 2011 sei negativ gewesen. Der Kläger sei über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt und absolviere eine Psychotherapie. Ab 1. September 2011 erhalte er einen Arbeitsvertrag in Vollzeit. Er finde Halt bei seiner langjährigen Partnerin. Dies stelle eine wesentliche Veränderung zur Vergangenheit dar, die von der Beklagten zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sei. Das Sozialgericht habe einen zu strengen Maßstab angesetzt. Auf die Entscheidung des BSG vom 24. März 1983 (Az. 8 RK 2/82) wurde verwiesen. Danach würden bloße Zweifel am Erfolg bei medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen noch nicht zur negativen Ausübung des Ermessens berechtigen. Der Erfolg sei in vielen, wenn nicht in den meisten Fällen zweifelhaft. Die Vergangenheit des Klägers sei nicht so hoffnungslos gewesen, wie vom SG ausgeführt. Die klagegegenständliche 7. Maßnahme habe Erfolg gehabt, da der Kläger über zehn Monate abstinent sei. Auch im Anschluss an die Therapie in Schloss B. sei der Kläger abstinent gewesen. Eine Stellungnahme der Bewährungshelferin des Klägers T. E. vom 16. März 2011 wurde vorgelegt. Hierin wird berichtet, die Zusammenarbeit des Klägers mit der Bewährungshilfe sei sehr zuverlässig. Der Kläger zeige sich kooperativ und könne Schwächen und Probleme inzwischen offen ansprechen. Seine Chancen, künftig straf- und drogenfrei zu leben, seien sehr günstig. Ferner wurde vorgelegt eine Stellungnahme der Diplom-Psychologin K ... Diese verweist darauf, die spätere Maßnahme in Schloss B. und die dort festgestellte positive prognostische Einschätzung hätten stärker gewichtet werden müssen. Auch eine drohende Haftstrafe sei eine gute Motivation, den Patienten in Behandlung zu bringen.
Mit Beschluss vom 16. Februar 2012 hat das Gericht die Verfahren L 13 1049/09 und L 13 R 92/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. L 13 R 1049/09 fortgeführt.
Der Kläger beantragt,
1. die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. November 2009 zurückzuweisen und
2. die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 6. Oktober 2009 und 20. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2010 zu verpflichten, die Kosten für die vom 17. Mai bis 17. August 2010 durchgeführten Stabilisierungstherapie in der Einrichtung "K. direkt" zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
3. das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. November 2009 aufzuheben und die Klage gegen die Bescheide vom 12. und 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2008 abzuweisen sowie
4. die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 20. Dezember 2010 zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. November 2009 ist begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 12. und 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Verbescheidung seines Antrags auf Erstattung der Kosten für die Entwöhnungstherapie vom 6. Dezember 2007 bis 5. Juni 2008 in der Einrichtung Schloss B. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Beklagte hat zu Recht die Gewährung der beantragten Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt. Damit kann die nach Abschluss der selbstbeschafften Maßnahme auf Kostenerstattung abzielende Klage keinen Erfolg haben. Das dem entgegenstehende Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. November 2009 war daher insoweit aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen (dazu I.).
Die zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 20. Dezember 2010 ist hingegen unbegründet. Ein Kostenerstattungsanspruch besteht auch nicht in Bezug auf die Stabilisierungstherapie in der Einrichtung "K. direkt" vom 17. Mai bis 17. August 2010 (dazu II.). Das Begehren, die Kosten der Entgiftungsbehandlung vom 5. bis 17. Mai 2010 im Bezirkskrankenhaus A. erstattet zu erhalten, wurde vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 14. März 2012 auf Hinweis des Senats nicht mehr weiterverfolgt.
I. Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten für die von ihm selbstbeschaffte stationäre Entwöhnungstherapie in der Einrichtung Schloss B. kommen nur § 15 Abs. 1 S. 3, 4 SGB IX oder eine analoge Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob § 15 Abs. 1 S. 3, 4 SGB IX bei selbstbeschafften Maßnahmen der Rehabilitation im Rahmen der Rentenversicherung Anwendung findet oder ob ein Anspruch des Klägers sich - aufgrund einer Regelungslücke im Bereich des SGB VI - nur auf § 13 Abs. 3 SGB V im Rahmen einer analogen Anwendung stützen lässt. Zweifel an der Anwendbarkeit des § 15 SGB IX bestehen, weil § 16 SGB VI auf die §§ 33-38, 40 SGB IX, aber nicht auf § 15 SGB IX verweist (vgl. zum ganzen BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 36/06; Urteil vom 1. August 2008, B 13 R 33/07 R; Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R).
Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 3 SGB IX sind ebenso wenig erfüllt wie diejenigen des § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX, der eine zu § 13 Abs. 3 SGB V inhaltsgleiche Regelung trifft.
Beschaffen sich Versicherte nach Ablauf einer von ihnen gesetzten angemessenen Frist die erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu Erstattung der Aufwendungen verpflichtet (§ 15 Abs. 1 S. 3 SGB IX). Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX).
Eine Erstattungspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 3 SGB IX scheidet schon deshalb aus, weil der Kläger der Beklagten keine Frist gesetzt und nicht erklärt hat, dass er nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschafft.
Eine Erstattungspflicht folgt auch nicht aus § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX oder § 13 Abs. 3 SGB V analog, da es sich bei der vom Kläger selbst beschafften Entwöhnungsbehandlung nicht um eine erforderliche unaufschiebbare Leistung handelt, die die Beklagte nicht rechtzeitig erbringen konnte, und die Beklagte die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt hat.
Die Beklagte hat die vom Kläger beantragte Entwöhnungsbehandlung in Schloss B. nicht zu Unrecht abgelehnt, da der Kläger hierfür nicht die persönlichen Voraussetzungen erfüllt.
Für Leistungen zur Teilhabe in Form der stationären medizinischen Rehabilitation haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen gem. § 10 Abs. 1 SGB VI erfüllt,
1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer
Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und
2. bei denen voraussichtlich
a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgewendet werden kann
b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann
c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.
Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem SG und dem Senat schon nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass beim Kläger bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 4. April 2008, die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert gewesen ist.
Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn nach ärztlicher Feststellung durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen ist. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit ist jede länger dauernde, nicht unwesentliche Einschränkung der vollen Leistungsfähigkeit. Hierbei ist auf die gesamte berufliche Qualifikation abzustellen, also auf das Berufsbild in voller Breite und nicht lediglich auf die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit in der Ausgestaltung des konkreten Arbeitsplatzes. Dabei sind auch berufliche Tätigkeiten der letzten Jahre mit einzubeziehen, wenn sie nicht allzu lange zurückliegen; vgl. BSG in BSGE 49, 263. Erwerbsfähigkeit ist also die Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen Umfang (KassKomm, SGB VI, § 10 Rdn 6).
Der Senat geht dabei entsprechend den Ausführungen des Klägers davon aus, dass der Kläger nur als Industriemechaniker tätig gewesen ist. Nach den Feststellungen des erfahrenen Gerichtsachverständigen Dr. D. war beim Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung und auch darauf folgend eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Industriemechaniker nicht gegeben. Zur Beurteilung der Anforderungen, die an einen Industriemechaniker gestellt werden, konnte sich der Gerichtsachverständigen dabei auf einen Auszug aus dem berufenet der Bundes-agentur für Arbeit stützen, in dem das Berufsbild des Industriemechanikers beschrieben wird. Mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne einer länger dauernden, nicht unwesentlichen Einschränkung der vollen Leistungsfähigkeit war trotz der Drogensucht des Klägers nicht zu rechnen. Der Kläger war sechs Stunden und mehr täglich in dem Beruf des Industriemechanikers sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs und mehr Stunden einsatzfähig.
Grundlage für diese Beurteilung war die persönliche Untersuchung des Klägers am 27. April 2009. Die Untersuchung erfolgte also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger bereits wieder rückfällig mit Heroin geworden war und mit Methadon substituierte bei einem Zusatzkonsum von Flunitrazepam und Cannabis. Bei der körperlichen Untersuchung des Klägers fanden sich hier keine wesentlichen Auffälligkeiten. Koordination und Gangbild waren ungestört. An Schulter und Wirbelsäule bestanden keine Bewegungseinschränkungen, keine Druck-, Klopf- oder Stauchdolenzen. Radikuläre oder pseudoradikuläre Reizerscheinungen lagen nicht vor, das Zeichen nach Laségue war beidseits negativ. Sensibilität, Motorik und Reflexe waren ohne Auffälligkeiten. Im Rahmen der psychiatrischen Untersuchung zeigte der Kläger bei korrektem äußeren Erscheinungsbild ein situationsadäquates Verhalten. Der Sprachduktus war regelgerecht, der Kläger berichtete im Gesprächskontakt zugewandt und offen. Hinweise auf qualitative oder quantitative Bewusstseinsveränderungen oder Orientierungsverluste ergaben sich nicht. Auffassung und Konzentration waren regelgerecht, die Umstellungsfähigkeit erschien nicht eingeschränkt. Der Kläger konnte sich bei ausreichender Flexibilität an ungewohnte Situationen gut anpassen. Störungen des formalen Denkens und der Wahrnehmung konnte der erfahrene Gerichtssachverständige nicht beobachten. Bei der Prüfung des Gedächtnisses ergab sich ein intaktes Zeiterleben, -wissen und -einschätzung. Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis waren ohne globale Minderung oder Lücken, das Zeitgitter ohne Störung. Lediglich im Rahmen der testpsychologischen Untersuchung zeigte sich passend zum Drogenkonsum eine leichtgradige Störung von Gedächtnis und Aufmerksamkeit. Die Intelligenz lag im Normbereich. Der Kläger wies eine ausgeglichene und adäquate Affektlage auf. Modulations- und Resonanzfähigkeit sowie der Antrieb waren ungestört.
Zwar lag beim Kläger eine dependente Persönlichkeitsstruktur bei Drogenmissbrauch vor, diese bedingte aber keine erhebliche Gefährdung oder gar Minderung der Erwerbsfähigkeit. Der Kläger war trotz seiner Drogensucht auch in der Lage gewesen, eine Ausbildung zum Industriemechaniker sowie eine CNC-Schulung erfolgreich zu absolvieren. Diese Einschätzung von Dr. D. wurde auch durch den Kläger selbst bei dessen Untersuchung bestätigt. Hier hatte der Kläger betont, stets arbeits- und ausbildungsfähig gewesen zu sein.
Die von Dr. D. angesprochene bloße "latente" Gefährdung der Erwerbsfähigkeit in dem Sinne, dass spekulativ bei fortgesetztem Drogenkonsum in noch stärkerem Umfang in der Zukunft die Erwerbsfähigkeit des Klägers gemindert sein könnte, reicht für die Annahme einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nicht aus. Der Umstand, dass Dr. D. den Kläger nach Antritt der Entwöhnungsbehandlung nicht mehr für erwerbsfähig gehalten hat, weil die Absolvierung einer Entwöhnungsbehandlung nicht neben einer Erwerbstätigkeit möglich ist, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Bewertung. Hierin liegt eine Selbstverständlichkeit. Die unbestreitbare Tatsache, dass der Kläger während der von ihm selbst beschafften Entwöhnungsbehandlung keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, bedingt für sich genommen keine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 10 SGB VI. Der Kläger kann nicht die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Leistung zur stationären Rehabilitation allein dadurch herstellen, dass er die Maßnahme sich selbst beschafft.
Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit folgt auch nicht aus den Leitlinien der Beklagten. Abgesehen davon, dass diese für den Senat nicht bindend sind, können diese eine Prüfung des Einzelfalls nicht ersetzen. Eine medizinische Beurteilung im Einzelfall geht allgemeinen Begutachtungsleitlinien vor. Schließlich folgt eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit auch nicht daraus, dass die Beklagte in ihrem Bescheid hiervon ausgegangen ist. Hierbei handelt es sich nur um einen Teil der Begründung des Bescheids, der keine Bindungswirkung zwischen den Beteiligten entfaltet.
Der hiervon abweichenden Einschätzung des Gutachters H. vermag der Senat nicht zu folgen. Der Sachverständige H. hat festgestellt, dass beim Kläger keine Komplikationen durch somatische Begleit- oder Suchtfolgeerkrankungen bestanden haben. Hinweise auf eine psychiatrische Komorbidität, dauerhafte hirnorganische Veränderungen mit entsprechenden kognitiven Defiziten oder schwere Persönlichkeitsstörungen liegen und lagen beim Kläger nach seinen Feststellungen nicht vor. Seine Einschätzung einer vorliegenden Erwerbsminderung des Klägers stützt der Sachverständige H. auf die "glaubhaften Angaben des Klägers" bei seiner Untersuchung. Hierbei vermisst der Senat eine kritische Hinterfragung dieser "glaubhaften Angaben des Klägers". Diese wäre aber erforderlich gewesen, da der Kläger gegenüber Dr. D. betont hatte, in seiner Erwerbsfähigkeit und Ausbildungsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen zu sein. Hier drängt sich dem Senat die Annahme auf, dass der Kläger seine Angaben beim Sachverständigen H. angesichts der aktuellen Prozesssituation, die durch die Bitte des Senats um eine erneute ergänzende Stellungnahme durch Dr. D. und dessen Antwort offen zu Tage getreten war, nachträglich angepasst hat, um das Problem der fehlenden erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bzw. der fehlenden Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beseitigen. Gegenüber Dr. D. hatte der Kläger auch nicht die von dem Sachverständigen H. unterstellte Einschränkung der Motivation und des Durchhaltevermögens behauptet, sondern vielmehr mehrfach betont, dass er immer nicht nur arbeitsfähig, sondern auch leistungsbereit gewesen sei.
Der Senat geht daher weder von einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit und schon gar nicht von einer Erwerbsminderung des Klägers aus.
Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass selbst bei der Annahme einer erheblichen Gefährdung oder sogar Minderung der Erwerbsfähigkeit ein Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung oder zumindest Neuverbescheidung dennoch ausscheidet. Denn bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids war nach Auffassung des Senats nicht anzunehmen, dass die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit oder deren Minderung voraussichtlich durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden können. Zwar dürfen die Anforderungen gerade bei Suchterkrankungen nicht überspannt werden. Bloße Zweifel an der Möglichkeit eines Erfolgs genügen nicht, einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe abzulehnen (BSG, Urteil vom 24. März 1983, Az. 8 RK 2/82). Auf der anderen Seite reicht für diese Prognose die entfernt liegende Möglichkeit eines Erfolges nicht aus. Voraussetzung vielmehr ist, dass der Erfolg der Leistung wahrscheinlich ist. Es muss nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Leiden, der persönlichen Verhältnisse und der Bereitschaft zur Mitwirkung mehr dafür als dagegen sprechen, dass die Leistung zu einer wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit führen kann (KassKomm-Niesel, § 10 SGB VI Rn. 14, m.w.N.).
Die von der Beklagten getroffene Prognoseentscheidung ist nicht zu beanstanden. Sie hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Gegen eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Entwöhnungsbehandlung in Schloss B. sprach auch noch zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung der Beklagten der Umstand, dass die von der Beklagten bewilligte vorherige Entwöhnungsbehandlung nicht zu einem Erfolg im Sinne einer überdauernden Drogenfreiheit des Klägers geführt hatte. Der Erfolg einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation gerade im Bereich der Drogenentwöhnung setzt darüber hinaus voraus, dass der Rehabilitand aus überwiegend intrinsischen Motiven heraus die Rehabilitation in Angriff nimmt. Unterzieht sich jemand nur aufgrund äußerer Umstände einer Entwöhnungsbehandlung, hat aber keine hinreichende eigene Motivation, der Drogensucht auf Dauer zu entsagen, spricht nicht mehr für einen Erfolg der Maßnahme als dagegen. Denn dann besteht eine hohe Rückfallgefahr, sobald die äußeren Druckfaktoren weggefallen sind.
Wie das SG in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2007 (Az. S 5 R 843/07 ER) bereits zutreffend ausgeführt hat, bestanden zu Beginn der Maßnahme durchgreifende Zweifel an einer intrinsischen Motivationslage des Klägers. Im Vordergrund stand vielmehr erkennbar der Wunsch, dem Antritt der Haftstrafe zu entgehen. Der Senat ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass sich hieran im Laufe der selbst beschafften Entwöhnungsbehandlung durchgreifend etwas geändert hat. Von Seiten der die Entwöhnungsbehandlung durchführenden Einrichtung Schloss B. wurde zwar von einem hohen Grad der Selbstreflektion des Klägers berichtet. Er wirke glaubhaft in der Absicht, eine abstinente Lebensführung gestalten zu wollen. Ihm seien die negativen Auswirkungen seines Drogenkonsums zunehmend bewusst geworden, insbesondere gegenüber seiner Mutter. Er habe eine kritische Lebensbilanz gezogen und wolle sein Leben grundlegend verändern. Er verfüge über klare Zielvorstellungen bei authentischer Therapiemotivation. Trotz bestehender extrinsischer Motivationsfaktoren könne dem Kläger ein hoher Grad an Veränderungsbereitschaft attestiert werden. Der Kläger sei im Rahmen der Vorstellung seiner persönlichen Entwicklung mit einem hohen Maß an Selbstsicherheit aufgetreten, wobei der Grad seiner Selbstreflektion verbesserungswürdig erscheine. Der Kläger sei zuverlässig. Er nehme an den Maßnahmen der Arbeitstherapie regelmäßig mit zufriedenstellenden Arbeitsleistungen teil. In allen therapeutischen Settings sei er aktiv integriert.
Diese Ausführungen sind bereits nicht in sich widerspruchsfrei. So wird auf der einen Seite von einem hohen Grad der Selbstreflektion des Klägers berichtet, aber auf der anderen Seite, dass der Grad der Selbstreflektion verbesserungswürdig erscheine. Darüber hinaus nährt gerade auch der Hinweis auf die Mutter des Klägers den Zweifel beim Senat, dass der behauptete Gesinnungswandel aus echter Einsicht erfolgt ist. Denn die Mutter des Klägers hat für diesen die Kosten der Entwöhnungsbehandlung übernommen. Es ist nachvollziehbar, dass dann auch von dieser Seite ein gewisser externer Druck bestand und besteht, die Entwöhnungsbehandlung auch bis zum Ende durchzuführen. Hinzu kommt, dass es dem Kläger im Laufe des Verfahrens bereits zu diesem Zeitpunkt klar geworden sein muss, intrinsische Faktoren in den Vordergrund zu stellen, um sich eine Chance auf Kostenerstattung zu wahren. Dr. D. hat zudem in seinem Gutachten ausgeführt, der Kläger erschiene nach wie vor nur oberflächlich motiviert - am ehesten zum Entzug zur Entlastung und vorübergehenden Versorgung, nicht jedoch zu einer dauerhaften Veränderung seiner Lebensgrundeinstellung, die Voraussetzung sei, um ein von Drogen unabhängiges Leben zu führen. Dazu halte er sich immer noch bei äußerlich anders begründetem Wunsch zu viele "Hintertürchen" offen. Angesichts dieser bei der Untersuchung durch Dr. D. zu Tage getretenen Grundeinstellung des Klägers ist der Senat nicht davon überzeugt, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids eine ausreichende intrinsische Motivation vorgelegen hat. Allein durch die Bekundung einer anderen Motivationslage, die angesichts der damit verknüpften Hoffnung auf Kostenerstattung nachvollziehbar ist, werden die nach wie vor zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bestehenden erheblichen extrinsischen Motivationsfaktoren nicht mit der Folge überlagert, dass von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der Entwöhnungsbehandlung ausgegangen werden könnte.
Die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind damit nicht erfüllt. Hinzu kommt noch, dass gemäß § 12 Abs. 2 S. 1, 2 SGB VI Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von 4 Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlichen Leistungen zur Rehabilitation erbracht werden, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, dass vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind. Solche dringenden gesundheitlichen Gründe für eine erneute vorzeitige Gewährung einer Maßnahme der stationären Rehabilitation in Form einer Entwöhnungsbehandlung lassen sich nach Auffassung des Senats weder dem Gutachten von Dr. D. noch dem Gutachten des Sachverständigen H. entnehmen.
Die Beklagte hat damit den Antrag auf Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung in der Einrichtung Schloss B. nicht zu Unrecht abgelehnt.
Schließlich liegt nach alledem erst recht keine erforderliche unaufschiebbare Leistung vor, die die Beklagte nicht rechtzeitig erbringen konnte. Damit sind die Voraussetzungen des § 13 Abs. 5 SGB V analog bzw. § 15 Abs. 3 S. 3, 4 SGB IX nicht erfüllt. Ein Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung besteht nicht.
II. Dem Kläger steht auch kein Kostenerstattungsanspruch in Bezug auf die von 17. Mai bis 17. August 2010 durchgeführte Stabilisierungstherapie in der Einrichtung "K. direkt" zu. Insoweit verweist der Senat zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend weist er auf folgendes hin:
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bestand angesichts der zahlreichen erfolglos gebliebenen Entgiftungs- und Entwöhnungsmaßnahmen keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Durchführung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen. Gerade auch angesichts der wiederum langfristig erfolglos gebliebenen Entwöhnungsmaßnahme in der Einrichtung Schloss B. und der daran anschließenden, erneut von Rückfällen gekennzeichneten Therapiemaßnahmen bestand für die Beklagte keinerlei Anlass mehr, den erneut vorgetragenen und bisher nicht tragfähigen Beteuerungen des Klägers Folge zu leisten, dass nunmehr ein durchgreifender Gesinnungswandel stattgefunden habe. Der bloße Hinweis auf eine - schon länger bestehende - Partnerschaft oder die geplante Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung reicht hierfür angesichts der Vorgeschichte nicht aus. Hieran vermag auch die Stellungnahme der Diplom-Psychologin K. nichts zu ändern. Diese setzt sich nicht einmal ansatzweise mit den von Dr. D. getroffenen Feststellungen auseinander. Ihre Behauptung, die spätere Maßnahme und die Einschätzung der Einrichtung Schloss B. hätten stärker gewichtet werden müssen, zumal der Entlassungsbericht die Motivation des Klägers ("klare Zielvorstellungen bei authentischer Therapiemotivation, hoher Grad der Veränderungsbereitschaft trotz extrinsischer Motivationsfaktoren") ausdrücklich erwähne, veranlasst den Senat aus den oben dargelegten Gründen nicht zu einer anderen Beurteilung. Gerade der Umstand, dass auch die zweite Entwöhnungsbehandlung erneut erfolglos geblieben ist, gab der Beklagten keinerlei Anlass mehr, der nicht näher ausgeführten authentischen Therapiemotivation eine größere Bedeutung zuzumessen als den auch von der Einrichtung Schloss B. erwähnten extrinsischen Motivationsfaktoren, die hier auf der Hand liegen (Vermeidung einer Inhaftierung, Kostenerstattung für die selbstbeschaffte Maßnahme der stationären Entwöhnung).
Schließlich spielt auch der von der Diplom-Psychologin K. hervorgehobene Aspekt keine Rolle, dass der Kläger nunmehr seit der Behandlung in der Einrichtung K. direkt drogenfrei lebt. Für die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten getroffenen Prognoseentscheidung spielt die spätere Entwicklung keine Rolle. Ebenso wenig wie bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Antrags auf Gewährung einer stationären Entwöhnungsbehandlung in der Einrichtung Schloss B. zulasten des Klägers herangezogen werden darf, dass dieser bereits ein halbes Jahr nach Abschluss der Maßnahme wieder rückfällig geworden war, kann hier zu Gunsten des Klägers ins Feld geführt werden, dass es nach Abschluss der Maßnahme nicht mehr zu einem Rückfall gekommen ist. Ob die negative Prognoseentscheidung der Beklagten vertretbar war, ist nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen und nicht mit dem heutigen Wissen über die weitere Entwicklung des Klägers. Nach dem Gesagten sind die Prognoseentscheidungen der Beklagten jedoch nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 Sozialgerichtsgesetz und berücksichtigt den Umstand, dass der Kläger mit seinen Begehren nicht erfolgreich war.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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