Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 104/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 423/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.12.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1955 geborene Klägerin ist in R. aufgewachsen. Sie war dort bis zu ihrem Umzug nach Deutschland im April 1990 als Hilfsarbeiterin in Fabriken beschäftigt. In Deutschland war sie u.a. als Versandarbeiterin, Raumpflegerin und zuletzt als Pflegehelferin beschäftigt. Seit Juni 2008 ist die Klägerin arbeitsunfähig krank, seit dem 19.06.2009 ist sie arbeitslos gemeldet.
Die Klägerin war in der Zeit vom 13.02.2007 bis zum 27.03.2007 in der Rehaklinik K. und vom 21.05.2008 bis zum 11.06.2008 in der Fachklinik E. in H. am S./F. zur medizinischen Rehabilitation. Sie wurde jeweils als leistungsfähig für sechs und mehr Stunden für mittelschwere bzw. leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen. Nach dem Entlassungsbericht der Fachklinik E. wurde eine Tätigkeit in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Altenpflegerin nur noch im Umfang von unter drei Stunden als zumutbar angesehen.
In der Zeit vom 05.05. bis 16.06.2009 führte die Klägerin eine weitere Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der L., Bad D. durch. Im Entlassungsbericht wurden eine mittelgradige Depression, eine somatoforme Schmerzstörung und eine somatoforme autonome Funktionsstörung des unteren Verdauungssystems, Obstipation und Cervicobrachialgie bei BSV C6/7 und C7/Th1 diagnostiziert. Es bestünden erhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen und seelischen Belastbarkeit. Die qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit seien so ausgeprägt, dass sich daraus eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter drei Stunden ergebe.
Die Klägerin wurde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens bzgl. weiterer Rehabilitationsleistungen auf Veranlassung der D. R. B.-W. von dem Nervenarzt Dr. H. begutachtet. Unter dem 20.07.2009 stellte dieser vorrangig eine Dysthymia fest sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, somatoforme autonome Störungen des unteren Gastrointestinaltraktes und als Nebenbefund degenerative Veränderungen der HWS ohne Funktionseinschränkungen. Die Kriterien einer leichten oder gar mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung seien nicht erfüllt. Die geklagten Beschwerden ließen sich organisch nicht zuordnen. Die Gesamtheit der bestehenden Gesundheitsstörungen würde keine zeitliche Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt rechtfertigen. Leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin mit einigen qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig verrichten.
Am 06.08.2009 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Rentenantrag.
Mit Bescheid vom 24.09.2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da die Klägerin weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.01.2010 zurück.
Am 18.01.2010 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Konstanz. Sie ließ zur Begründung ausführen, sie sehe sich wegen ihren komplexen psychiatrisch/somatoformen Störungen nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Das Sozialgericht hörte die behandelnde Nervenärztin Dr. H.-M. als sachverständige Zeugin an. In ihrer Stellungnahme vom 25.03.2010 gab diese an, dass sie bei der Klägerin mittlerweile von einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgehe, die in eine andauernde Persönlichkeitsveränderung übergegangen sei. Die Klägerin sei nach der Rehamaßnahme in der L. erstmals dazu in der Lage gewesen, systematisch und verständlich über ihre sexuellen und körperlichen Misshandlungen und Vergewaltigungen in R. zu berichten. Die Begutachtung durch Dr. H. habe sie angstvoll erlebt. Sie sei den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr gewachsen.
Das Sozialgericht holte daraufhin von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten bei Dr. W., N.-U., ein. In seinem Gutachten vom 17.06.2010 führte Dr. W. aus, die Klägerin mache nach eigenen Angaben den Haushalt, sie kümmere sich im Garten um die Blumen und gehe zweimal wöchentlich zum Nordic-Walking. Bei der Klägerin bestehe eine chronifizierte depressive Verstimmung in Form einer Dysthymie. Eine mittelgradige Depression sei nicht nachweisbar gewesen. Zusätzlich bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Insgesamt würden sicherlich daraus Beeinträchtigungen der psychischen Belastbarkeit resultieren. Es sei jedoch kein Grund erkennbar gewesen, warum die zu jeder Zeit attente, aufmerksame und lebhafte Klägerin nicht in der Lage sein solle, zumindest leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr werktäglich zu verrichten, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine suffiziente Schmerztherapie oder antidepressive Medikation nicht stattfinde und die Therapiemöglichkeiten damit bei weitem noch nicht ausgereizt seien. Tätigkeiten unter Zeitdruck, Tätigkeiten im Schichtbetrieb und dauerhaft mittelschwere Tätigkeiten seien der Klägerin nicht zumutbar.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das Sozialgericht ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten bei Dr. H., L., ein. In seinem Gutachten vom 28.09.2010 stellte der Gutachter vor allem chronifizierte multisymptomatische Angst und Depression vom Borderline-Ausmaß bei vordiagnostizierter Dysthymie, anhaltender somatoformer Schmerzstörung und somatoformer autonomer Funktionsstörung des unteren Verdauungstraktes fest. Insbesondere aufgrund der Ängste und Zwangsgedanken sei ungeachtet der ausgeprägten Depressivität die geistige und psychische Belastbarkeit der Klägerin aufgehoben. Leichte Tätigkeiten seien drei bis maximal sechs Stunden möglich. Weitere Gutachten müssten nicht eingeholt werden.
Die Beklagte hat eine sozialmedizinische Stellungnahme der Nervenärztin Dr. Sch. vom ärztlichen Dienst der Beklagten vorgelegt. Diese führte am 20.10.2010 aus, der Gutachter Dr. H. habe keine Konsistenzprüfungen durchgeführt und keine Brücken zwischen subjektiven Erlebnisweisen und objektivierbaren Befunden aufgezeigt. Zudem werde keine nachvollziehbare Diagnose nach ICD-10 gestellt.
Die Klägerin legte ein Attest der Allgemeinmedizinerin Dr. F. vom 24.11.2010 vor, wonach sich ihre psychische Situation deutlich verschlechtert habe. Dr. F. hielt eine Arbeitsfähigkeit von mehr als drei Stunden pro Woche für ausgeschlossen.
Mit Urteil vom 14.12.2010 wies das Sozialgericht Konstanz die Klage ab.
Die Beklagte habe zu Recht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Das Sozialgericht schloss sich dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. W. an. Der Gutachter sei dem Gericht als erfahren bekannt. Er habe den Krankheitsverlauf gewürdigt, ein ausführliches Anamnesegespräch geführt und sei den Beschwerden der Klägerin in einer sorgfältigen Untersuchung nachgegangen. Dabei habe sich der Sachverständige ein verlässliches Bild von der Erlebnisweise und den psychischen Abläufen, insbesondere dem Denken und Fühlen der Klägerin verschaffen können. Es bestehe kein Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und der Richtigkeit der daraus gefolgerten Leistungsbeurteilung zu zweifeln. Diese stimme auch mit dem Verwaltungsgutachten vom Nervenarzt Dr. H., das im Wege des Urkundenbeweises verwertet werde, überein. Soweit hingegen im nervenärztlichen Gutachten von Dr. H., aber auch von der L. und den behandelnden Ärzten Dr. H.-M. und Dr. F. von einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen bei der Klägerin ausgegangen werde, könne dem nicht gefolgt werden. Mit den vorliegenden Krankheiten bzw. Funktionsbeeinträchtigungen lasse sich eine quantitative Leistungsminderung nicht begründen. Die sozialmedizinische Beurteilung des beruflichen Restleistungsvermögens bei psychischen Störungen (z.B. depressiven Verstimmungen) richte sich im Wesentlichen nach dem Ausmaß von Funktions- bzw. Aktivitätsstörungen und einer möglicherweise eingeschränkten Teilhabe an den verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.08.2006, Az. L 3 R 2518/04 m.w.N. - nicht veröffentlicht). Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit sei von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (LSG Baden- Württemberg, a.a.O.). Unter Berücksichtigung des von Dr. W. erhobenen Tagesablaufs u.a. mit Haushaltsverrichtungen, Gartenarbeiten und gelegentlichem Nordic-Walking hätten solche gravierende Einschränkungen bei der Klägerin jedoch gerade nicht festgestellt werden können. Eine ausführliche Erhebung und Beschreibung des Tagesablaufs lasse das Gutachten von Dr. H. hingegen vermissen. Ebenfalls fehle diesem eine substantiierte inhaltliche Auseinandersetzung mit den konträren nervenärztlichen Gutachten von Dr. W. und Dr. H ... Hinzu komme, dass Dr. H. keine nachvollziehbaren Diagnosen nach ICD-10 gestellt habe und selbst widersprüchlich einmal von einer aufgehobenen Belastbarkeit bei der Klägerin und wenig später von einer noch (maximal) sechsstündigen Belastbarkeit spreche (vgl. Bl. 68 der Gerichtsakte). Die Klägerin könne noch sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein, soweit die angeführten funktionellen Einschränkungen berücksichtigt würden. Berufsschutz für ihre Tätigkeit als Pflegehelferin bestehe nicht. Das zuletzt vorgelegte Attest von Dr. F. habe keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gegeben. Es lägen mehrere aktuelle nervenärztliche Gutachten vor. Eine seither eingetretene gravierende Verschlechterung sei nicht näher dargelegt und von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht behauptet worden. Die Klägerin befinde sich weiter nur in größeren Abständen in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung. Eine aktuelle stationäre nervenärztliche Behandlung sei bislang nicht durchgeführt worden. Es werde der Klägerin anheimgestellt, ggf. bei weiterer Verschlechterung ihres Zustandes und erfolgloser stationärer Behandlung erneut Rentenantrag zu stellen.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 03.01.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.01.2011 Berufung eingelegt. Sie lässt zur Begründung vortragen, das Gutachten von Dr. H. sei nicht verwertbar, weil es zum einen auf einer nur 22minütigen und damit viel zu kurzen Untersuchung beruht habe und sich Dr. H. zudem nicht mit den drei vorangegangenen Reha-Maßnahmen, insbesondere mit der Leistungsbewertung der L. auseinandergesetzt habe. Auch das Gutachten von Dr. W. sei mängelbehaftet und könne deshalb nicht verwertet werden. Er gehe von einem falschen Alter der Klägerin aus (45 anstelle von 55 Jahren) und habe die von der Klägerin beschriebenen Gefühlsstörungen in Armen und Beinen nicht der Zervikobrachialgie zugeordnet, sondern gehe zu Unrecht von fehlenden radikulären Ausfällen aus. Seine Einschätzung, die Klägerin könne weiterhin als Pflegehelferin arbeiten, verkenne, dass sie aufgrund ihrer anhaltenden Schmerzen infolge der Zervikobrachialgie und der Lumboischialgie sowie ihrer nur eingeschränkten psychischen Belastbarkeit nicht mehr mit zu pflegenden Personen umgehen könne. Der von ihr benannte Gutachter Dr. H. habe sich hingegen intensiv um die psychiatrische und biographische Anamnese gekümmert. Die dortigen Angaben der Klägerin ließen traumatische Erlebnisse erkennen, die für die heutige Erwerbsminderung maßgeblich seien. Dies bestätige auch die behandelnde Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. H.-M ... Auch die anhaltende somatoforme Schmerzstörung, die somatoforme Funktionsstörung des unteren Verdauungstraktes, die der Klägerin tagtäglich erheblich Probleme bereite, seien Folgen der traumatischen Erlebnisse. Die Entlassungsberichte der drei Reha-Aufenthalte in den Jahren 2007, 2008 und 2009 ließen erkennen, dass sich ihr Gesundheitszustand kontinuierlich verschlechtert habe. In der L. sei die Klägerin sechs Wochen lang beobachtet worden. Die dortige Bewertung des Leistungsvermögens sei daher sicher näher an der Realität als die von Dr. H. nach nur 22minütiger Untersuchung. An ihrem letzten Arbeitsplatz sei sie ausgenutzt worden. Auch durch die Erkrankung ihrer Tochter, die an Schizophrenie/Psychose leide, sei sie stark belastet. Sie sei nicht einmal dazu in der Lage, einen Zwei-Personen-Haushalt zu führen. Sie sei unkonzentriert und strukturlos. Selbst beim Klingeln des Telefons reagiere sie gestresst und explodiere und schreie. Sie gehe auch nicht mehr unter Menschen und habe Angst vor Hunden. An eine Gesundung sei nicht zu denken, vielmehr sei sie voll erwerbsgemindert.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.12.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 24.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.01.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.08.2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und führt aus, das Gutachten von Dr. W. werde zu Unrecht wegen der fehlerhaften Altersangabe der Klägerin in Zweifel gezogen. Dabei handele es sich um einen unbeachtlichen Schreibfehler. Dr. W. habe das korrekte Geburtsdatum der Klägerin auf allen Blättern des Gutachtens vermerkt und auch in der Anamnese zur Biographie korrekte Daten und Lebensumstände erhoben (Schulbesuch ab 1962, Geburt eines Kindes im Jahr 1975).
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. von Amts wegen mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 05.05.2011 diagnostiziert Dr. H. auf psychiatrischem Fachgebiet eine Somatisierungsstörung (ICD 10 F. 45.0), eine somatoforme autonome Funktionsstörung des unteren Gastroentestinaltrakts (ICD 10 F 45.32) und eine leichte depressive Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD 10 F 32.01). Anhaltspunkte für das Vorliegen einer eigenständigen Angsterkrankung hätten sich ebenso wenig ergeben wie eine auf eine posttraumatische Belastungsstörung beziehbare Symptomatik. Auf neurologischem Fachgebiet hätten sich die berichteten Sensibilitätsstörungen im Rahmen der körperlich-neurologischen Untersuchung nicht als überdauernd erwiesen. Paresen oder Muskelatrophien hätten sich nicht gezeigt. Auffällig sei gewesen, dass sich die Klägerin als deutlich psychisch kränker und auch als deutliche depressiver geschildert habe, als dies im Rahmen der Untersuchung selbst fassbar gewesen sei. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr und fünf Tage in der Woche ausüben; dabei sei aufgrund der vorliegenden psychischen Erkrankungen eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck zu vermeiden. Dies gelte gleichermaßen für besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie für eine besonders hohe Verantwortung und eine besonders hohe geistige Beanspruchung. Tätigkeiten mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung oder mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden geistigen Beanspruchung könne die Klägerin aufgrund der bei ihr vorliegenden Erkrankungen nicht verrichten. Von der Einschätzung der L. in Bad D. weiche er insoweit ab, als eine mittelgradige Depression zum Untersuchungszeitpunkt nicht vorlag, sondern eine leichtgradige depressive Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode. Ferner gehe er vom Vorliegen einer Somatisierungsstörung und nicht von einer somatoformen Schmerzstörung aus. Ein untervollschichtiges Leistungsvermögen lasse sich auf dem Boden der jetzt erhobenen Befunde jedoch ungeachtet möglicher differentialdiagnostischer Erwägungen nicht begründen. Es habe sich im Rahmen der Untersuchung auch keine Störung des Durchhaltevermögens gezeigt. Zur Abweichung vom Gutachten des Dr. H. vom 28.09.2010 führt Dr. H. aus, ein Vergleich werde insoweit erschwert, als Dr. H. keine korrekte Verschlüsselung gemäß des Psychiatrischen Klassifikationssystems ICD 10 treffe, wie es im Rahmen einer entsprechenden Begutachtung gängiger Standard sei. Der psychische Befund erscheine im Hinblick auf die relevanten Kategorien wenig strukturiert und nicht präzise. Die von ihm konstatierte untervollschichtige Leistungsfähigkeit lasse sich auf dem Boden des jetzt erhobenen Befundes nicht nachvollziehen. Insbesondere seien die beschriebenen Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen nicht nachvollziehbar. Dr. H. habe nicht schlüssig begründet, warum leichte Tätigkeiten drei bis maximal sechs Stunden, jedoch nicht sechs Stunden und mehr, täglich möglich sein sollten. Dr. Sch. habe in ihrer Stellungnahme vom 20.10.2010 zu Recht Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. H. erhoben. Er schließe sich dieser Kritik an.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat ferner das psychotherapeutisch-psychosomatische Fachgutachten von Dr. Sch. erhoben. Dieser gibt in seinem Gutachten vom 22.09.2011 an, bei der Klägerin liege eine mittelgradige depressive Symptomatik (ICD 10 F32.1) vor sowie eine somatoforme Schmerzstörung (ICD 10 F45.4) auf dem Boden einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10 F62.0). Auf der körperlichen Seite bestehe zudem eine chronische Obstipation (ICD 10 K59.0) sowie eine Zervikobrachialgie bei BSV C6/7 und C7/Th 1 (ICD 10 M50.1). Weiterhin bestünden somatoforme autonome Funktionsstörungen des unteren Verdauungsbereichs. Die den Diagnosen zugrunde liegenden Befunde seien hinsichtlich der Depression eine deutliche Antriebsstörung bei eingeschränkter emotionaler Schwingungsfähigkeit in Verbindung mit kognitiven Störungen. Die wechselnden Schmerzen sowohl im Wirbelsäulenbereich, als auch vorwiegend im Unterbauchbereich bedingten extrem lange Rituale hinsichtlich z. B. des Stuhlgangs. Aufgrund der gesamten Symptome sei die Klägerin weitgehend auf sich selbst zurückgezogen und habe keinerlei soziale Kontakte mehr. Die Klägerin sei durch ihre chronifizierte Gesamtsymptomatik während des Tagesablaufs vielfach mit sich und ihrem Körper beschäftigt, so dass sie nur noch in kleinen Anteilen die Erfordernisse des alltäglichen Lebens in ihrem Haus erfüllen könne. Mit Unterstützung ihres Ehemannes gelinge dann doch eine einigermaßen zufrieden stellende Erledigung der häuslichen Tätigkeiten. Eine berufliche Leistungsfähigkeit sei bei der Klägerin derzeit, sicher auf längere Zeit und auch schon seit längerem nicht mehr gegeben. Das Restleistungsvermögen sei auf unter drei Stunden gesunken, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Altenpflegehelferin könne die Klägerin nicht mehr verrichten. Aufgrund der in der Biographie der Klägerin wirksam gewesenen Traumatisierungen sei es schon früh zu krankhaften Störungen bei der Klägerin gekommen, die diese wohl jahrelang noch habe überspielen können. Im Rahmen einer sich zuspitzenden beruflichen Situation sei es zu einer endgültigen Dekompensation gekommen. Die ärztlichen und psychotherapeutischen ambulanten wie stationären Maßnahmen hätten bei der Klägerin keine nachhaltige Besserung mehr erzielen können. Dies werde sehr nachvollziehbar und ausführlich in dem Entlassungsbericht der L. vom 24.06.2009 dargestellt und begründet. Der Zustand der Klägerin habe sich seit dieser Zeit nicht gebessert. Die Abweichungen von den Vorgutachtern, insbesondere von Dr. H. und Dr. W. sowie der sozialmedizinisch beurteilenden Kollegen Dr. Sch. und Dr. G. beruhten auf der anderen Gewichtung der psychodynamischen, intrapsychischen und psychosomatischen Entwicklungen der Klägerin. Seine Leistungseinschätzung der Klägerin gleiche sich eher den Urteilen der Rehabilitationsmediziner, zuletzt den Aussagen im Entlassungsbericht der L. sowie dem Gutachter H. an. Die psychosomatische Sichtweise unterscheide sich grundsätzlich sehr von psychiatrischen und neurologischen Erklärungsmodellen von Krankheit und Leiden.
Dr. Sch. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten nahm am 10.10.2011 erneut Stellung und setzte sich mit dem Gutachten von Dr. Sch. auseinander. Dessen Gutachten vom 22.09.2011 erfülle die Qualitätsanforderungen, die an ein psychiatrisches sozialmedizinisches Gutachten gestellt werden müssten, nicht. Er habe bei der Beantwortung der Beweisfragen die Behauptungen und Darstellungen der Klägerin übernommen, ohne diese anhand objektivierbarer Umstände zu überprüfen und einer Konsistenzprüfung zu unterziehen. An zur Objektivierung dienenden überprüfbaren Tatsachen sei dem Gutachten aber zu entnehmen, dass die Klägerin sehr offen und zugewandt gewirkt habe und eine gewisse Verdeutlichungstendenz ihrer Gesamtsymptomatik und ihrer Lebenssituation zu verzeichnen gewesen sei. Wenngleich sie Störungen hinsichtlich der Konzentration, der Merkfähigkeit und des Gedächtnisses schildere, habe sie im Rapport sehr klar ihre ganze Lebens- und Leidensgeschichte schildern können. Trotz ihrer klagsamen, mitleiderheischenden Darstellung ihres Tagesablaufes bereite sie offenbar zweimal am Tag für ihren Mann Essen zu und gehe spät nachmittags mit ihm in den Garten. Wie der Gutachter in Kenntnis dieser objektivierbaren Umstände zu der Aussage komme, die Klägerin habe zweifellos die geschilderten Schmerzen, auch wenn die organischen Befunde die Schmerzsymptomatik nicht ausreichend erklären könnten, bleibe unklar. Schmerzen seien bekanntlich durch Konsistenzprüfung zumindest plausibel zu machen, was dem Gutachter offenbar trotz aller Empathie mit der Klägerin nicht gelungen sei, hätte er es doch sonst ausgeführt. Dies passe zu den Aussagen im Vorgutachten von Dr. H. vom 05.05.2011, der festgestellt habe, dass sich die Klägerin als deutlich psychisch kränker und auch als deutlich depressiver geschildert habe, als dies im Rahmen der Untersuchung selbst fassbar gewesen sei. Dr. H. leite korrekterweise psychiatrisch zutreffende Diagnosen ab, korreliere diese mit dem aktuellen psychopathologischen Befund, werte dies, indem er eine schwere depressive Episode ausschließe, und leite daraus die anzunehmenden Leistungseinschränkungen ab, die zu dem Ergebnis geführt hätten, dass die Klägerin qualitative, jedoch keine quantitativen Leistungseinschränkungen habe.
Dr. Sch. hat hierzu ergänzend Stellung genommen und am 20.12.2011 ausgeführt, Dr. Sch. weise zurecht auf gewisse Diskrepanzen in seinem Gutachten hin, berücksichtige in ihrer Stellungnahme jedoch nicht, dass bei somatoformen Schmerzstörungen Schmerzen von den Kranken durchaus als solche empfunden würden und auch leistungseinschränkend sein könnten, ohne dass entsprechende Organschädigungen nachgewiesen werden müssten. Er habe sehr wohl die Tendenz zu Aggravation, die aber im Rahmen eines Rentenantrages nachvollziehbar sei, gewürdigt. Die Einschränkungen der Klägerin seien jedoch in der Weise gegeben, wie sie in seinem Gutachten dargestellt worden seien. Er wies die Kritik an seinem Gutachten mit dem erneuten Hinweis darauf zurück, dass psychiatrische Kollegen den Ausführungen eines psychotherapeutisch-psychoanalytisch ausgebildeten Gutachters in der Regel nicht folgen könnten, da sie eine andere Sichtweise von Entstehung von Krankheiten und Symptomen im Sinne der Beschwerdewahrnehmung bei Betroffenen hätten. Die Klägerin ließ hierzu abschließend ausführen, die neurologisch-psychiatrische Sichtweise sei sehr verengt. Bei der sozialmedizinischen Begutachtung zur Frage der Leistungsfähigkeit eines Versicherten orientiere sich der Gutachter fast ausschließlich an der Feststellung von Leistungseinbußen, weniger an der Suche nach leistungsbezogenen Ressourcen. Dabei müsse das verfügbare Leistungsvermögen aber festgestellt werden in Zusammenhang mit der komplexen Wechselwirkung zwischen psychosozialen und somatischen Faktoren. Die psychosomatische Begutachtung müsse das Gesamt an somatischen, psychischen und sozialen Variablen in ihren Wechselwirkungen und in ihren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit bewerten. Die psychiatrische und psychosomatische Diagnose im Sinne der ICD-10 weise keine oder nur eine eingeschränkte Aussagekraft für die Leistungsbeurteilung auf. Eine auf neurologisch-psychiatrisches Fachgebiet begrenzte Leistungsbeurteilung sei nicht mehr zeitgemäß.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 14.03.2011 und vom 22.03.2011auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht, auch nicht Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen auszuführen:
Auf der Grundlage des im Berufungsverfahren eingeholten nervenfachärztlichen Gutachtens von Dr. H. ist der Senat - wie bereits zuvor das Sozialgericht - zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von sechs und mehr Stunden arbeitstäglich zumutbar verrichten kann. Der Annahme eines aufgehobenen Leistungsvermögens des Gutachters Dr. Sch. vermag sich der Senat hingegen nicht anzuschließen.
Die maßgeblichen Leiden der Klägerin bestehen auf psychiatrischem Fachgebiet. Dr. H. hat auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde die folgenden Erkrankungen bei der Klägerin diagnostiziert: eine Somatisierungsstörung (ICD 10 F. 45.0), eine somatoforme autonome Funktionsstörung des unteren Gastroentestinaltrakts (ICD 10 F 45.32) und eine leichte depressive Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD 10 F 32.01). Neurologische Erkrankungen konnte er ebenso wenig feststellen wie eine somatoforme Schmerzstörung, deren Vorliegen er mit der Begründung ausschloss, dass die Klägerin multiple Beschwerden geschildert habe, zu denen neben Schmerzen auch andere Beschwerden gehört hätten. Die Klägerin hatte in der Exploration unter anderem von Schwindel, Gefühlsstörungen, Kraftlosigkeit, Ohrjucken berichtet. Dr. H. gelangte vor dem Hintergrund dieser Angaben deshalb für den Senat nachvollziehbar zur Diagnose einer Somatisierungsstörung anstelle einer somatoformen Schmerzstörung. Die Abweichung in der Diagnosestellung zu den Gutachten von Dr. H. und Dr. W. hat Dr. H. damit plausibel erklärt. Letztlich weicht er - ungeachtet seiner differenten Diagnose von diesen Gutachten hinsichtlich der Leistungseinschätzung nicht ab, sondern bestätigt die von diesen Vorgutachtern bereits geäußerte Einschätzung, dass der Klägerin noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar seien, sofern qualitative Ausschlüsse, mit denen den psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin Rechnung getragen werde, eingehalten werden.
Die Abgrenzung der von ihm angenommenen leichten depressiven Episode an der Grenze zur mittelschweren Episode von einer mittelschweren depressiven Episode begründet Dr. H. damit, dass es bei der Klägerin bei einer leicht gedrückten Stimmungslage, einer leicht reduzierten affektiven Schwingungsfähigkeit und einer leichten Antriebsreduzierung auch themenabhängig zu einer deutlichen Auflockerung mit Lachen und Lächeln gekommen sei. Dies hält der Senat ebenfalls für überzeugend. Die Einschätzung der behandelnden Ärzte in der L., die bei der Klägerin eine mittelgradige Depression angenommen hatten, hat sich damit bei der Begutachtung durch Dr. H. ebenso wenig bestätigt wie bei den vorangegangenen Begutachtungen durch Dr. H. und Dr. W ... Beide hatten bei der Klägerin lediglich eine depressive Verstimmung vom Grad einer Dysthymia festgestellt. Besondere Bedeutung kommt nach Auffassung des Senats dabei der Untersuchung durch Dr. H. zu, der nur fünf Wochen nach der Rehabilitationsmaßnahme in der L. aufgrund der von ihm erhobenen Befunde die Diagnose der L. nicht bestätigen konnte. Entgegen der von der Klägerin im Berufungsverfahren geäußerten Kritik am Gutachten von Dr. H. setzt dieser sich ausdrücklich mit dem Entlassungsbericht der L. auseinander und hält eine kritische Diskussion für notwendig. So bestätigt er ausdrücklich, die Klägerin bei seiner Untersuchung nicht tiefergehend depressiv herab gestimmt erlebt zu haben, und weist darauf hin, dass sich die Stimmungslage zum Ende des Aufenthalts in der L. auch gebessert habe. Auch hinsichtlich der Schmerzerkrankung hat Dr. H. bereits nachvollziehbar beanstandet, dass die Klägerin sich keiner nachhaltigen Schmerztherapie unterzogen habe und auch eine Medikamenteneinnahme abgelehnt habe mit der pauschalen Begründung, alles nicht vertragen zu haben. Dr. H. hat vor dem Hintergrund dieser Feststellungen einen nachhaltigen Leidensdruck der Klägerin bezweifelt, was der Senat für ohne Weiteres nachvollziehbar hält. Wenn die Klägerin die Dauer der Untersuchung durch Dr. H. beanstandet, so kann sie damit nicht die Wertigkeit des Gutachtens in Frage stellen. Denn Dr. H. hat in seinem Gutachten die von ihm erhobenen Befunde sowie die Angaben der Klägerin auf mehreren Seiten ausführlich dargestellt. Substantiierte Einwendungen an die inhaltliche Richtigkeit der Darstellung hat die Klägerin nicht vorgetragen, so dass es auf die Frage, in welchem zeitlichen Rahmen Dr. H. die Untersuchungsergebnisse erhoben hat, nicht ankommt.
Soweit die Klägerin auch hinsichtlich der Begutachtung durch Dr. W. Einwendungen erhoben hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Bei der inkorrekten Altersangabe (45 statt 55 Jahre) handelt es sich, worauf bereits von Seiten der Beklagten hingewiesen wurde, um ein reines Schreibversehen. Es ist auch nicht erkennbar, dass Dr. W. an irgendeiner Stelle seines Gutachtens von einem entsprechend jüngeren Alter der Klägerin ausgegangen ist und daraus Rückschlüsse für seine Beurteilung insbesondere des Leistungsvermögens der Klägerin gezogen hat. Darauf gerichtete Einwendungen hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht. Wenn sie beanstandet, Dr. W. habe keine radikulären Ausfallerscheinungen festgestellt, obwohl sie erhebliche Gefühlsstörungen in den Gliedmaßen beklagt habe, so ist dem entgegen zu halten, dass sich weder im Gutachten von Dr. H. noch von Dr. H. entsprechende neurologische Ausfälle bestätigt haben. Wenn die Klägerin die Einschätzung von Dr. W. beanstandet, dass ihr aus neurologisch-psychiatrischer Sicht noch die Tätigkeit als Pflegehelferin zumutbar sei, die Dr. W. im Zusammenhang mit der Frage der Umstellungsfähigkeit geäußert hat, so kommt es darauf für die Einschätzung des Restleistungsvermögens nicht entscheidend an, da eine Tätigkeit als Pflegehelferin nicht mehr zu den der Klägerin aufgrund der orthopädischen Beschwerden allein noch zumutbaren leichten körperlichen Tätigkeiten zählt und bereits von daher ausgeschlossen ist.
Hinsichtlich des erstinstanzlich in Auftrag gegebenen neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. H. kann dahin stehen, dass die angegebenen Diagnosen zum einen nicht nach ICD-10 klassifiziert sind, wie Dr. H. im Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit den von ihm erhobenen Diagnosen beanstandet hat, und zum anderen nicht einheitlich benannt werden (schwere multisymptomatische neurotische Depression von Borderline-Ausmaß, S. 65 SG-Akte, vorrangig somatisierte Dysthymie/neurotische Depression bei vordiagnostizierter posttraumatischer Belastungsstörung, S. 66 SG-Akte, Chronifizierte multisymptomatische Angst und Depression vom Borderline-Ausmaß bei vordiagnostizierter Dysthymie, S. 68 SG-Akte). Denn letztlich beschreibt Dr. H. ein Restleistungsvermögen von drei bis maximal sechs Stunden für leichte Tätigkeiten bei qualitativen Leistungseinschränkungen. Nach dieser Einschätzung ist die Klägerin jedenfalls auch dazu in der Lage, sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, so dass sie nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert ist. Denn erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestsens sechs Stunden erwerbstätig sein kann. Diese Belastungsgrenze hat die Klägerin auch nach der Einschätzung von Dr. H. erreicht.
Soweit Dr. Sch. in seinem auf Antrag der Klägerin eingeholten psychotherapeutisch-psychosomatischen Gutachten vom 22.09.2011 zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen gelangt, kann die Klägerin ihr Rentenbegehren darauf nicht mit Erfolg stützen. Denn die Ausführungen des Gutachters überzeugen den Senat nicht. Der Gutachter beschreibt die Klägerin als sehr offen und zugewandt und erkennt eine Verdeutlichungstendenz ihrer Gesamtsymptomatik und ihrer Lebenssituation. Der Gutachter betont, dass sie trotz selbst geschilderter Störungen hinsichtlich der Konzentration, der Merkfähigkeit und des Gedächtnisses durchaus in der Lage gewesen sei, sehr klar ihre ganze Lebens- und Leidensgeschichte zu schildern. Diese gibt er im Folgenden unter der biographischen Anamnese, des Schilderung des Tagesablaufs und der Arbeits- und Berufsanamnese ausführlich wieder. Hinsichtlich der wiederholt von der Klägerin geschilderten Schmerzen, beginnend mit Schmerzen des Bewegungsapparates seit drei bis vier Jahren, Schmerzen seit der Geburt ihrer Kinder, häufige Bauchschmerzen, seit langem bestehender Schmerzen im Zusammenhang mit in früheren Partnerschaften erlittenen Vergewaltigungen, teilt der Gutachter diese Bedenken aber nicht. Vielmehr gelangt er in der zusammenfassenden Bewertung der erhobenen Befunde zu dem Ergebnis, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer körperlichen Situation durch die Schmerzen schwer beeinträchtigt sei, dass sie die geschilderten Schmerzen zweifellos habe, auch wenn die organischen Befunde die Schmerzsymptomatik nicht ausreichend erklären könnten. Diese Schilderungen lassen aber jegliche Objektivierung der Beschwerdeschilderung der Klägerin vermissen. Der Senat schließt sich insoweit in vollem Umfang der von Dr. Sch. in ihrer Stellungnahme vom 10.10.2011 geäußerten Kritik an der Begutachtung durch Dr. Sch. an. Dr. Sch. weist auf die Erforderlichkeit einer Konsistenzprüfung bei der Schilderung subjektiver Symptome hin, da die Beschwerdeschilderung allein als Nachweis für psychische Störungen nicht ausreiche. Sie weist ferner darauf hin, dass Aufgabe eines Gutachters die kritische Zusammenschau verschiedener Informationsquellen ist, von denen die subjektive Beschwerdeschilderung lediglich eine darstellt. Daneben sind etwa auch die Verhaltensbeobachtung, die Fremdanamnese und die Aktenauswertung von Bedeutung. Zu Recht beanstandet Dr. Sch., dass das Gutachten von Dr. Sch. diesen Anforderungen nicht genügt. Denn er übernimmt die Schilderung der Klägerin in seiner Zusammenfassung, ohne sie kritisch zu hinterfragen oder sie anhand der Feststellungen der Vorgutachter zu verifizieren, und stützt darauf seinen Diagnose und seine Leistungsbewertung. Eine Auseinandersetzung mit den Vorgutachten erfolgt in der Weise, dass der Gutachter in einer zusammenfassenden Stellungnahme zu den Befunden nach Aktenlage sein Erstaunen darüber äußert, wie unterschiedliche ärztliche Kollegen zu so verschiedenen Einschätzungen der Klägerin gekommen seien. Als Erklärung dafür zieht er selbst die Vermutung in Betracht, dass die Klägerin aufgrund ihrer Grundpersönlichkeit ihre Innenwelten in einem eher ungeschützten Raum im Rahmen der Begutachtungssituation nicht nachvollziehbar darstellen könne. Den Umstand, dass die Klägerin in der eigenen Begutachtung durch Dr. Sch. ihre Beschwerden umfassend und klar zu schildern in der Lage war, setzt er dazu nicht ins Verhältnis. Einer Auseinandersetzung mit den Feststellungen der Vorgutachter und insbesondere deren abweichender Leistungseinschätzung beschränkt sich darauf, dass Dr. Sch. auf die andere Gewichtung der psychodynamischen, intrapsychischen und psychosomatischen Entwicklung der Klägerin abstellt, wobei eine Abgrenzung insbesondere zum Gutachten von Dr. H. fehlt. Dr. Sch. weist allgemein darauf hin, dass sich die psychosomatische Sichtweise grundsätzlich sehr von psychiatrischen und neurologischen Erklärungsmodellen von Krankheiten und Leiden unterscheide. Dieser Hinweis, den Dr. Sch. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.12.2011 wiederholt und auf den auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seiner abschließenden Stellungnahme vom 14.03.2012 nochmals abgestellt hat, ist nicht dazu geeignet, die Mängel des Gutachtens von Dr. Sch. auszugleichen. Diese liegen bereits in der fehlenden Objektivierung der geschilderten Beschwerden und nicht im psychosomatischen Ansatz der medizinischen Beurteilung. Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist ohne Weiteres zuzustimmen in der Annahme, dass sich der Gutachter bei der sozialmedizinischen Bestimmung der Leistungsfähigkeit ausschließlich an der Feststellung der Leistungseinbußen zu orientieren habe und dass das verfügbare Leistungsvermögen festzustellen sei in Zusammenhang mit der Wechselwirkung zwischen psychosozialen und somatischen Faktoren. Gerade dieser Bewertungsvorgang kann aber nur auf der Grundlage eines objektivierten Beschwerdebildes erfolgen, die das Gutachten von Dr. Sch. aber vermissen lässt.
Letztlich hat Dr. Sch. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.12.2011 sogar Diskrepanzen in seinem Gutachten und eine Aggravationstendenz der Klägerin eingeräumt. Auch wenn Dr. Sch. diese im Rahmen eines Rentenverfahrens für nachvollziehbar hält, entbindet ihn dies nicht von der Verpflichtung, aufgrund einer solchen Verhaltensbeobachtung eine intensive Konsistenzprüfung der Angaben der Klägerin zu machen. Dem ist er in seinem Gutachten aber nicht nachgekommen.
Letztlich spricht auch die bereits von Dr. H. herausgestellte und auch von Dr. W. beanstandete mangelnde Ausschöpfung therapeutischer Behandlungen sowohl des depressiven Krankheitsbildes als auch der geklagten Schmerzen gegen einen erheblichen Leidensdruck. Die Klägerin hat weder bei Dr. H. noch bei Dr. Sch. die Inanspruchnahme gezielter Behandlungsmaßnahmen angegeben, so dass der von Dr. H. und von Dr. W. erhobene Einwand nach wie vor von Bedeutung bleibt und der Klägerin entgegen zu halten ist.
Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1955 geborene Klägerin ist in R. aufgewachsen. Sie war dort bis zu ihrem Umzug nach Deutschland im April 1990 als Hilfsarbeiterin in Fabriken beschäftigt. In Deutschland war sie u.a. als Versandarbeiterin, Raumpflegerin und zuletzt als Pflegehelferin beschäftigt. Seit Juni 2008 ist die Klägerin arbeitsunfähig krank, seit dem 19.06.2009 ist sie arbeitslos gemeldet.
Die Klägerin war in der Zeit vom 13.02.2007 bis zum 27.03.2007 in der Rehaklinik K. und vom 21.05.2008 bis zum 11.06.2008 in der Fachklinik E. in H. am S./F. zur medizinischen Rehabilitation. Sie wurde jeweils als leistungsfähig für sechs und mehr Stunden für mittelschwere bzw. leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen. Nach dem Entlassungsbericht der Fachklinik E. wurde eine Tätigkeit in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Altenpflegerin nur noch im Umfang von unter drei Stunden als zumutbar angesehen.
In der Zeit vom 05.05. bis 16.06.2009 führte die Klägerin eine weitere Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der L., Bad D. durch. Im Entlassungsbericht wurden eine mittelgradige Depression, eine somatoforme Schmerzstörung und eine somatoforme autonome Funktionsstörung des unteren Verdauungssystems, Obstipation und Cervicobrachialgie bei BSV C6/7 und C7/Th1 diagnostiziert. Es bestünden erhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen und seelischen Belastbarkeit. Die qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit seien so ausgeprägt, dass sich daraus eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter drei Stunden ergebe.
Die Klägerin wurde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens bzgl. weiterer Rehabilitationsleistungen auf Veranlassung der D. R. B.-W. von dem Nervenarzt Dr. H. begutachtet. Unter dem 20.07.2009 stellte dieser vorrangig eine Dysthymia fest sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, somatoforme autonome Störungen des unteren Gastrointestinaltraktes und als Nebenbefund degenerative Veränderungen der HWS ohne Funktionseinschränkungen. Die Kriterien einer leichten oder gar mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung seien nicht erfüllt. Die geklagten Beschwerden ließen sich organisch nicht zuordnen. Die Gesamtheit der bestehenden Gesundheitsstörungen würde keine zeitliche Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt rechtfertigen. Leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin mit einigen qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig verrichten.
Am 06.08.2009 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Rentenantrag.
Mit Bescheid vom 24.09.2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da die Klägerin weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.01.2010 zurück.
Am 18.01.2010 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Konstanz. Sie ließ zur Begründung ausführen, sie sehe sich wegen ihren komplexen psychiatrisch/somatoformen Störungen nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Das Sozialgericht hörte die behandelnde Nervenärztin Dr. H.-M. als sachverständige Zeugin an. In ihrer Stellungnahme vom 25.03.2010 gab diese an, dass sie bei der Klägerin mittlerweile von einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgehe, die in eine andauernde Persönlichkeitsveränderung übergegangen sei. Die Klägerin sei nach der Rehamaßnahme in der L. erstmals dazu in der Lage gewesen, systematisch und verständlich über ihre sexuellen und körperlichen Misshandlungen und Vergewaltigungen in R. zu berichten. Die Begutachtung durch Dr. H. habe sie angstvoll erlebt. Sie sei den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr gewachsen.
Das Sozialgericht holte daraufhin von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten bei Dr. W., N.-U., ein. In seinem Gutachten vom 17.06.2010 führte Dr. W. aus, die Klägerin mache nach eigenen Angaben den Haushalt, sie kümmere sich im Garten um die Blumen und gehe zweimal wöchentlich zum Nordic-Walking. Bei der Klägerin bestehe eine chronifizierte depressive Verstimmung in Form einer Dysthymie. Eine mittelgradige Depression sei nicht nachweisbar gewesen. Zusätzlich bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Insgesamt würden sicherlich daraus Beeinträchtigungen der psychischen Belastbarkeit resultieren. Es sei jedoch kein Grund erkennbar gewesen, warum die zu jeder Zeit attente, aufmerksame und lebhafte Klägerin nicht in der Lage sein solle, zumindest leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr werktäglich zu verrichten, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine suffiziente Schmerztherapie oder antidepressive Medikation nicht stattfinde und die Therapiemöglichkeiten damit bei weitem noch nicht ausgereizt seien. Tätigkeiten unter Zeitdruck, Tätigkeiten im Schichtbetrieb und dauerhaft mittelschwere Tätigkeiten seien der Klägerin nicht zumutbar.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das Sozialgericht ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten bei Dr. H., L., ein. In seinem Gutachten vom 28.09.2010 stellte der Gutachter vor allem chronifizierte multisymptomatische Angst und Depression vom Borderline-Ausmaß bei vordiagnostizierter Dysthymie, anhaltender somatoformer Schmerzstörung und somatoformer autonomer Funktionsstörung des unteren Verdauungstraktes fest. Insbesondere aufgrund der Ängste und Zwangsgedanken sei ungeachtet der ausgeprägten Depressivität die geistige und psychische Belastbarkeit der Klägerin aufgehoben. Leichte Tätigkeiten seien drei bis maximal sechs Stunden möglich. Weitere Gutachten müssten nicht eingeholt werden.
Die Beklagte hat eine sozialmedizinische Stellungnahme der Nervenärztin Dr. Sch. vom ärztlichen Dienst der Beklagten vorgelegt. Diese führte am 20.10.2010 aus, der Gutachter Dr. H. habe keine Konsistenzprüfungen durchgeführt und keine Brücken zwischen subjektiven Erlebnisweisen und objektivierbaren Befunden aufgezeigt. Zudem werde keine nachvollziehbare Diagnose nach ICD-10 gestellt.
Die Klägerin legte ein Attest der Allgemeinmedizinerin Dr. F. vom 24.11.2010 vor, wonach sich ihre psychische Situation deutlich verschlechtert habe. Dr. F. hielt eine Arbeitsfähigkeit von mehr als drei Stunden pro Woche für ausgeschlossen.
Mit Urteil vom 14.12.2010 wies das Sozialgericht Konstanz die Klage ab.
Die Beklagte habe zu Recht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Das Sozialgericht schloss sich dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. W. an. Der Gutachter sei dem Gericht als erfahren bekannt. Er habe den Krankheitsverlauf gewürdigt, ein ausführliches Anamnesegespräch geführt und sei den Beschwerden der Klägerin in einer sorgfältigen Untersuchung nachgegangen. Dabei habe sich der Sachverständige ein verlässliches Bild von der Erlebnisweise und den psychischen Abläufen, insbesondere dem Denken und Fühlen der Klägerin verschaffen können. Es bestehe kein Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und der Richtigkeit der daraus gefolgerten Leistungsbeurteilung zu zweifeln. Diese stimme auch mit dem Verwaltungsgutachten vom Nervenarzt Dr. H., das im Wege des Urkundenbeweises verwertet werde, überein. Soweit hingegen im nervenärztlichen Gutachten von Dr. H., aber auch von der L. und den behandelnden Ärzten Dr. H.-M. und Dr. F. von einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen bei der Klägerin ausgegangen werde, könne dem nicht gefolgt werden. Mit den vorliegenden Krankheiten bzw. Funktionsbeeinträchtigungen lasse sich eine quantitative Leistungsminderung nicht begründen. Die sozialmedizinische Beurteilung des beruflichen Restleistungsvermögens bei psychischen Störungen (z.B. depressiven Verstimmungen) richte sich im Wesentlichen nach dem Ausmaß von Funktions- bzw. Aktivitätsstörungen und einer möglicherweise eingeschränkten Teilhabe an den verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.08.2006, Az. L 3 R 2518/04 m.w.N. - nicht veröffentlicht). Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit sei von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (LSG Baden- Württemberg, a.a.O.). Unter Berücksichtigung des von Dr. W. erhobenen Tagesablaufs u.a. mit Haushaltsverrichtungen, Gartenarbeiten und gelegentlichem Nordic-Walking hätten solche gravierende Einschränkungen bei der Klägerin jedoch gerade nicht festgestellt werden können. Eine ausführliche Erhebung und Beschreibung des Tagesablaufs lasse das Gutachten von Dr. H. hingegen vermissen. Ebenfalls fehle diesem eine substantiierte inhaltliche Auseinandersetzung mit den konträren nervenärztlichen Gutachten von Dr. W. und Dr. H ... Hinzu komme, dass Dr. H. keine nachvollziehbaren Diagnosen nach ICD-10 gestellt habe und selbst widersprüchlich einmal von einer aufgehobenen Belastbarkeit bei der Klägerin und wenig später von einer noch (maximal) sechsstündigen Belastbarkeit spreche (vgl. Bl. 68 der Gerichtsakte). Die Klägerin könne noch sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein, soweit die angeführten funktionellen Einschränkungen berücksichtigt würden. Berufsschutz für ihre Tätigkeit als Pflegehelferin bestehe nicht. Das zuletzt vorgelegte Attest von Dr. F. habe keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gegeben. Es lägen mehrere aktuelle nervenärztliche Gutachten vor. Eine seither eingetretene gravierende Verschlechterung sei nicht näher dargelegt und von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht behauptet worden. Die Klägerin befinde sich weiter nur in größeren Abständen in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung. Eine aktuelle stationäre nervenärztliche Behandlung sei bislang nicht durchgeführt worden. Es werde der Klägerin anheimgestellt, ggf. bei weiterer Verschlechterung ihres Zustandes und erfolgloser stationärer Behandlung erneut Rentenantrag zu stellen.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 03.01.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.01.2011 Berufung eingelegt. Sie lässt zur Begründung vortragen, das Gutachten von Dr. H. sei nicht verwertbar, weil es zum einen auf einer nur 22minütigen und damit viel zu kurzen Untersuchung beruht habe und sich Dr. H. zudem nicht mit den drei vorangegangenen Reha-Maßnahmen, insbesondere mit der Leistungsbewertung der L. auseinandergesetzt habe. Auch das Gutachten von Dr. W. sei mängelbehaftet und könne deshalb nicht verwertet werden. Er gehe von einem falschen Alter der Klägerin aus (45 anstelle von 55 Jahren) und habe die von der Klägerin beschriebenen Gefühlsstörungen in Armen und Beinen nicht der Zervikobrachialgie zugeordnet, sondern gehe zu Unrecht von fehlenden radikulären Ausfällen aus. Seine Einschätzung, die Klägerin könne weiterhin als Pflegehelferin arbeiten, verkenne, dass sie aufgrund ihrer anhaltenden Schmerzen infolge der Zervikobrachialgie und der Lumboischialgie sowie ihrer nur eingeschränkten psychischen Belastbarkeit nicht mehr mit zu pflegenden Personen umgehen könne. Der von ihr benannte Gutachter Dr. H. habe sich hingegen intensiv um die psychiatrische und biographische Anamnese gekümmert. Die dortigen Angaben der Klägerin ließen traumatische Erlebnisse erkennen, die für die heutige Erwerbsminderung maßgeblich seien. Dies bestätige auch die behandelnde Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. H.-M ... Auch die anhaltende somatoforme Schmerzstörung, die somatoforme Funktionsstörung des unteren Verdauungstraktes, die der Klägerin tagtäglich erheblich Probleme bereite, seien Folgen der traumatischen Erlebnisse. Die Entlassungsberichte der drei Reha-Aufenthalte in den Jahren 2007, 2008 und 2009 ließen erkennen, dass sich ihr Gesundheitszustand kontinuierlich verschlechtert habe. In der L. sei die Klägerin sechs Wochen lang beobachtet worden. Die dortige Bewertung des Leistungsvermögens sei daher sicher näher an der Realität als die von Dr. H. nach nur 22minütiger Untersuchung. An ihrem letzten Arbeitsplatz sei sie ausgenutzt worden. Auch durch die Erkrankung ihrer Tochter, die an Schizophrenie/Psychose leide, sei sie stark belastet. Sie sei nicht einmal dazu in der Lage, einen Zwei-Personen-Haushalt zu führen. Sie sei unkonzentriert und strukturlos. Selbst beim Klingeln des Telefons reagiere sie gestresst und explodiere und schreie. Sie gehe auch nicht mehr unter Menschen und habe Angst vor Hunden. An eine Gesundung sei nicht zu denken, vielmehr sei sie voll erwerbsgemindert.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.12.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 24.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.01.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.08.2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und führt aus, das Gutachten von Dr. W. werde zu Unrecht wegen der fehlerhaften Altersangabe der Klägerin in Zweifel gezogen. Dabei handele es sich um einen unbeachtlichen Schreibfehler. Dr. W. habe das korrekte Geburtsdatum der Klägerin auf allen Blättern des Gutachtens vermerkt und auch in der Anamnese zur Biographie korrekte Daten und Lebensumstände erhoben (Schulbesuch ab 1962, Geburt eines Kindes im Jahr 1975).
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. von Amts wegen mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 05.05.2011 diagnostiziert Dr. H. auf psychiatrischem Fachgebiet eine Somatisierungsstörung (ICD 10 F. 45.0), eine somatoforme autonome Funktionsstörung des unteren Gastroentestinaltrakts (ICD 10 F 45.32) und eine leichte depressive Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD 10 F 32.01). Anhaltspunkte für das Vorliegen einer eigenständigen Angsterkrankung hätten sich ebenso wenig ergeben wie eine auf eine posttraumatische Belastungsstörung beziehbare Symptomatik. Auf neurologischem Fachgebiet hätten sich die berichteten Sensibilitätsstörungen im Rahmen der körperlich-neurologischen Untersuchung nicht als überdauernd erwiesen. Paresen oder Muskelatrophien hätten sich nicht gezeigt. Auffällig sei gewesen, dass sich die Klägerin als deutlich psychisch kränker und auch als deutliche depressiver geschildert habe, als dies im Rahmen der Untersuchung selbst fassbar gewesen sei. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr und fünf Tage in der Woche ausüben; dabei sei aufgrund der vorliegenden psychischen Erkrankungen eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck zu vermeiden. Dies gelte gleichermaßen für besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie für eine besonders hohe Verantwortung und eine besonders hohe geistige Beanspruchung. Tätigkeiten mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung oder mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden geistigen Beanspruchung könne die Klägerin aufgrund der bei ihr vorliegenden Erkrankungen nicht verrichten. Von der Einschätzung der L. in Bad D. weiche er insoweit ab, als eine mittelgradige Depression zum Untersuchungszeitpunkt nicht vorlag, sondern eine leichtgradige depressive Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode. Ferner gehe er vom Vorliegen einer Somatisierungsstörung und nicht von einer somatoformen Schmerzstörung aus. Ein untervollschichtiges Leistungsvermögen lasse sich auf dem Boden der jetzt erhobenen Befunde jedoch ungeachtet möglicher differentialdiagnostischer Erwägungen nicht begründen. Es habe sich im Rahmen der Untersuchung auch keine Störung des Durchhaltevermögens gezeigt. Zur Abweichung vom Gutachten des Dr. H. vom 28.09.2010 führt Dr. H. aus, ein Vergleich werde insoweit erschwert, als Dr. H. keine korrekte Verschlüsselung gemäß des Psychiatrischen Klassifikationssystems ICD 10 treffe, wie es im Rahmen einer entsprechenden Begutachtung gängiger Standard sei. Der psychische Befund erscheine im Hinblick auf die relevanten Kategorien wenig strukturiert und nicht präzise. Die von ihm konstatierte untervollschichtige Leistungsfähigkeit lasse sich auf dem Boden des jetzt erhobenen Befundes nicht nachvollziehen. Insbesondere seien die beschriebenen Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen nicht nachvollziehbar. Dr. H. habe nicht schlüssig begründet, warum leichte Tätigkeiten drei bis maximal sechs Stunden, jedoch nicht sechs Stunden und mehr, täglich möglich sein sollten. Dr. Sch. habe in ihrer Stellungnahme vom 20.10.2010 zu Recht Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. H. erhoben. Er schließe sich dieser Kritik an.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat ferner das psychotherapeutisch-psychosomatische Fachgutachten von Dr. Sch. erhoben. Dieser gibt in seinem Gutachten vom 22.09.2011 an, bei der Klägerin liege eine mittelgradige depressive Symptomatik (ICD 10 F32.1) vor sowie eine somatoforme Schmerzstörung (ICD 10 F45.4) auf dem Boden einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10 F62.0). Auf der körperlichen Seite bestehe zudem eine chronische Obstipation (ICD 10 K59.0) sowie eine Zervikobrachialgie bei BSV C6/7 und C7/Th 1 (ICD 10 M50.1). Weiterhin bestünden somatoforme autonome Funktionsstörungen des unteren Verdauungsbereichs. Die den Diagnosen zugrunde liegenden Befunde seien hinsichtlich der Depression eine deutliche Antriebsstörung bei eingeschränkter emotionaler Schwingungsfähigkeit in Verbindung mit kognitiven Störungen. Die wechselnden Schmerzen sowohl im Wirbelsäulenbereich, als auch vorwiegend im Unterbauchbereich bedingten extrem lange Rituale hinsichtlich z. B. des Stuhlgangs. Aufgrund der gesamten Symptome sei die Klägerin weitgehend auf sich selbst zurückgezogen und habe keinerlei soziale Kontakte mehr. Die Klägerin sei durch ihre chronifizierte Gesamtsymptomatik während des Tagesablaufs vielfach mit sich und ihrem Körper beschäftigt, so dass sie nur noch in kleinen Anteilen die Erfordernisse des alltäglichen Lebens in ihrem Haus erfüllen könne. Mit Unterstützung ihres Ehemannes gelinge dann doch eine einigermaßen zufrieden stellende Erledigung der häuslichen Tätigkeiten. Eine berufliche Leistungsfähigkeit sei bei der Klägerin derzeit, sicher auf längere Zeit und auch schon seit längerem nicht mehr gegeben. Das Restleistungsvermögen sei auf unter drei Stunden gesunken, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Altenpflegehelferin könne die Klägerin nicht mehr verrichten. Aufgrund der in der Biographie der Klägerin wirksam gewesenen Traumatisierungen sei es schon früh zu krankhaften Störungen bei der Klägerin gekommen, die diese wohl jahrelang noch habe überspielen können. Im Rahmen einer sich zuspitzenden beruflichen Situation sei es zu einer endgültigen Dekompensation gekommen. Die ärztlichen und psychotherapeutischen ambulanten wie stationären Maßnahmen hätten bei der Klägerin keine nachhaltige Besserung mehr erzielen können. Dies werde sehr nachvollziehbar und ausführlich in dem Entlassungsbericht der L. vom 24.06.2009 dargestellt und begründet. Der Zustand der Klägerin habe sich seit dieser Zeit nicht gebessert. Die Abweichungen von den Vorgutachtern, insbesondere von Dr. H. und Dr. W. sowie der sozialmedizinisch beurteilenden Kollegen Dr. Sch. und Dr. G. beruhten auf der anderen Gewichtung der psychodynamischen, intrapsychischen und psychosomatischen Entwicklungen der Klägerin. Seine Leistungseinschätzung der Klägerin gleiche sich eher den Urteilen der Rehabilitationsmediziner, zuletzt den Aussagen im Entlassungsbericht der L. sowie dem Gutachter H. an. Die psychosomatische Sichtweise unterscheide sich grundsätzlich sehr von psychiatrischen und neurologischen Erklärungsmodellen von Krankheit und Leiden.
Dr. Sch. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten nahm am 10.10.2011 erneut Stellung und setzte sich mit dem Gutachten von Dr. Sch. auseinander. Dessen Gutachten vom 22.09.2011 erfülle die Qualitätsanforderungen, die an ein psychiatrisches sozialmedizinisches Gutachten gestellt werden müssten, nicht. Er habe bei der Beantwortung der Beweisfragen die Behauptungen und Darstellungen der Klägerin übernommen, ohne diese anhand objektivierbarer Umstände zu überprüfen und einer Konsistenzprüfung zu unterziehen. An zur Objektivierung dienenden überprüfbaren Tatsachen sei dem Gutachten aber zu entnehmen, dass die Klägerin sehr offen und zugewandt gewirkt habe und eine gewisse Verdeutlichungstendenz ihrer Gesamtsymptomatik und ihrer Lebenssituation zu verzeichnen gewesen sei. Wenngleich sie Störungen hinsichtlich der Konzentration, der Merkfähigkeit und des Gedächtnisses schildere, habe sie im Rapport sehr klar ihre ganze Lebens- und Leidensgeschichte schildern können. Trotz ihrer klagsamen, mitleiderheischenden Darstellung ihres Tagesablaufes bereite sie offenbar zweimal am Tag für ihren Mann Essen zu und gehe spät nachmittags mit ihm in den Garten. Wie der Gutachter in Kenntnis dieser objektivierbaren Umstände zu der Aussage komme, die Klägerin habe zweifellos die geschilderten Schmerzen, auch wenn die organischen Befunde die Schmerzsymptomatik nicht ausreichend erklären könnten, bleibe unklar. Schmerzen seien bekanntlich durch Konsistenzprüfung zumindest plausibel zu machen, was dem Gutachter offenbar trotz aller Empathie mit der Klägerin nicht gelungen sei, hätte er es doch sonst ausgeführt. Dies passe zu den Aussagen im Vorgutachten von Dr. H. vom 05.05.2011, der festgestellt habe, dass sich die Klägerin als deutlich psychisch kränker und auch als deutlich depressiver geschildert habe, als dies im Rahmen der Untersuchung selbst fassbar gewesen sei. Dr. H. leite korrekterweise psychiatrisch zutreffende Diagnosen ab, korreliere diese mit dem aktuellen psychopathologischen Befund, werte dies, indem er eine schwere depressive Episode ausschließe, und leite daraus die anzunehmenden Leistungseinschränkungen ab, die zu dem Ergebnis geführt hätten, dass die Klägerin qualitative, jedoch keine quantitativen Leistungseinschränkungen habe.
Dr. Sch. hat hierzu ergänzend Stellung genommen und am 20.12.2011 ausgeführt, Dr. Sch. weise zurecht auf gewisse Diskrepanzen in seinem Gutachten hin, berücksichtige in ihrer Stellungnahme jedoch nicht, dass bei somatoformen Schmerzstörungen Schmerzen von den Kranken durchaus als solche empfunden würden und auch leistungseinschränkend sein könnten, ohne dass entsprechende Organschädigungen nachgewiesen werden müssten. Er habe sehr wohl die Tendenz zu Aggravation, die aber im Rahmen eines Rentenantrages nachvollziehbar sei, gewürdigt. Die Einschränkungen der Klägerin seien jedoch in der Weise gegeben, wie sie in seinem Gutachten dargestellt worden seien. Er wies die Kritik an seinem Gutachten mit dem erneuten Hinweis darauf zurück, dass psychiatrische Kollegen den Ausführungen eines psychotherapeutisch-psychoanalytisch ausgebildeten Gutachters in der Regel nicht folgen könnten, da sie eine andere Sichtweise von Entstehung von Krankheiten und Symptomen im Sinne der Beschwerdewahrnehmung bei Betroffenen hätten. Die Klägerin ließ hierzu abschließend ausführen, die neurologisch-psychiatrische Sichtweise sei sehr verengt. Bei der sozialmedizinischen Begutachtung zur Frage der Leistungsfähigkeit eines Versicherten orientiere sich der Gutachter fast ausschließlich an der Feststellung von Leistungseinbußen, weniger an der Suche nach leistungsbezogenen Ressourcen. Dabei müsse das verfügbare Leistungsvermögen aber festgestellt werden in Zusammenhang mit der komplexen Wechselwirkung zwischen psychosozialen und somatischen Faktoren. Die psychosomatische Begutachtung müsse das Gesamt an somatischen, psychischen und sozialen Variablen in ihren Wechselwirkungen und in ihren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit bewerten. Die psychiatrische und psychosomatische Diagnose im Sinne der ICD-10 weise keine oder nur eine eingeschränkte Aussagekraft für die Leistungsbeurteilung auf. Eine auf neurologisch-psychiatrisches Fachgebiet begrenzte Leistungsbeurteilung sei nicht mehr zeitgemäß.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 14.03.2011 und vom 22.03.2011auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht, auch nicht Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen auszuführen:
Auf der Grundlage des im Berufungsverfahren eingeholten nervenfachärztlichen Gutachtens von Dr. H. ist der Senat - wie bereits zuvor das Sozialgericht - zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von sechs und mehr Stunden arbeitstäglich zumutbar verrichten kann. Der Annahme eines aufgehobenen Leistungsvermögens des Gutachters Dr. Sch. vermag sich der Senat hingegen nicht anzuschließen.
Die maßgeblichen Leiden der Klägerin bestehen auf psychiatrischem Fachgebiet. Dr. H. hat auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde die folgenden Erkrankungen bei der Klägerin diagnostiziert: eine Somatisierungsstörung (ICD 10 F. 45.0), eine somatoforme autonome Funktionsstörung des unteren Gastroentestinaltrakts (ICD 10 F 45.32) und eine leichte depressive Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD 10 F 32.01). Neurologische Erkrankungen konnte er ebenso wenig feststellen wie eine somatoforme Schmerzstörung, deren Vorliegen er mit der Begründung ausschloss, dass die Klägerin multiple Beschwerden geschildert habe, zu denen neben Schmerzen auch andere Beschwerden gehört hätten. Die Klägerin hatte in der Exploration unter anderem von Schwindel, Gefühlsstörungen, Kraftlosigkeit, Ohrjucken berichtet. Dr. H. gelangte vor dem Hintergrund dieser Angaben deshalb für den Senat nachvollziehbar zur Diagnose einer Somatisierungsstörung anstelle einer somatoformen Schmerzstörung. Die Abweichung in der Diagnosestellung zu den Gutachten von Dr. H. und Dr. W. hat Dr. H. damit plausibel erklärt. Letztlich weicht er - ungeachtet seiner differenten Diagnose von diesen Gutachten hinsichtlich der Leistungseinschätzung nicht ab, sondern bestätigt die von diesen Vorgutachtern bereits geäußerte Einschätzung, dass der Klägerin noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar seien, sofern qualitative Ausschlüsse, mit denen den psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin Rechnung getragen werde, eingehalten werden.
Die Abgrenzung der von ihm angenommenen leichten depressiven Episode an der Grenze zur mittelschweren Episode von einer mittelschweren depressiven Episode begründet Dr. H. damit, dass es bei der Klägerin bei einer leicht gedrückten Stimmungslage, einer leicht reduzierten affektiven Schwingungsfähigkeit und einer leichten Antriebsreduzierung auch themenabhängig zu einer deutlichen Auflockerung mit Lachen und Lächeln gekommen sei. Dies hält der Senat ebenfalls für überzeugend. Die Einschätzung der behandelnden Ärzte in der L., die bei der Klägerin eine mittelgradige Depression angenommen hatten, hat sich damit bei der Begutachtung durch Dr. H. ebenso wenig bestätigt wie bei den vorangegangenen Begutachtungen durch Dr. H. und Dr. W ... Beide hatten bei der Klägerin lediglich eine depressive Verstimmung vom Grad einer Dysthymia festgestellt. Besondere Bedeutung kommt nach Auffassung des Senats dabei der Untersuchung durch Dr. H. zu, der nur fünf Wochen nach der Rehabilitationsmaßnahme in der L. aufgrund der von ihm erhobenen Befunde die Diagnose der L. nicht bestätigen konnte. Entgegen der von der Klägerin im Berufungsverfahren geäußerten Kritik am Gutachten von Dr. H. setzt dieser sich ausdrücklich mit dem Entlassungsbericht der L. auseinander und hält eine kritische Diskussion für notwendig. So bestätigt er ausdrücklich, die Klägerin bei seiner Untersuchung nicht tiefergehend depressiv herab gestimmt erlebt zu haben, und weist darauf hin, dass sich die Stimmungslage zum Ende des Aufenthalts in der L. auch gebessert habe. Auch hinsichtlich der Schmerzerkrankung hat Dr. H. bereits nachvollziehbar beanstandet, dass die Klägerin sich keiner nachhaltigen Schmerztherapie unterzogen habe und auch eine Medikamenteneinnahme abgelehnt habe mit der pauschalen Begründung, alles nicht vertragen zu haben. Dr. H. hat vor dem Hintergrund dieser Feststellungen einen nachhaltigen Leidensdruck der Klägerin bezweifelt, was der Senat für ohne Weiteres nachvollziehbar hält. Wenn die Klägerin die Dauer der Untersuchung durch Dr. H. beanstandet, so kann sie damit nicht die Wertigkeit des Gutachtens in Frage stellen. Denn Dr. H. hat in seinem Gutachten die von ihm erhobenen Befunde sowie die Angaben der Klägerin auf mehreren Seiten ausführlich dargestellt. Substantiierte Einwendungen an die inhaltliche Richtigkeit der Darstellung hat die Klägerin nicht vorgetragen, so dass es auf die Frage, in welchem zeitlichen Rahmen Dr. H. die Untersuchungsergebnisse erhoben hat, nicht ankommt.
Soweit die Klägerin auch hinsichtlich der Begutachtung durch Dr. W. Einwendungen erhoben hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Bei der inkorrekten Altersangabe (45 statt 55 Jahre) handelt es sich, worauf bereits von Seiten der Beklagten hingewiesen wurde, um ein reines Schreibversehen. Es ist auch nicht erkennbar, dass Dr. W. an irgendeiner Stelle seines Gutachtens von einem entsprechend jüngeren Alter der Klägerin ausgegangen ist und daraus Rückschlüsse für seine Beurteilung insbesondere des Leistungsvermögens der Klägerin gezogen hat. Darauf gerichtete Einwendungen hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht. Wenn sie beanstandet, Dr. W. habe keine radikulären Ausfallerscheinungen festgestellt, obwohl sie erhebliche Gefühlsstörungen in den Gliedmaßen beklagt habe, so ist dem entgegen zu halten, dass sich weder im Gutachten von Dr. H. noch von Dr. H. entsprechende neurologische Ausfälle bestätigt haben. Wenn die Klägerin die Einschätzung von Dr. W. beanstandet, dass ihr aus neurologisch-psychiatrischer Sicht noch die Tätigkeit als Pflegehelferin zumutbar sei, die Dr. W. im Zusammenhang mit der Frage der Umstellungsfähigkeit geäußert hat, so kommt es darauf für die Einschätzung des Restleistungsvermögens nicht entscheidend an, da eine Tätigkeit als Pflegehelferin nicht mehr zu den der Klägerin aufgrund der orthopädischen Beschwerden allein noch zumutbaren leichten körperlichen Tätigkeiten zählt und bereits von daher ausgeschlossen ist.
Hinsichtlich des erstinstanzlich in Auftrag gegebenen neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. H. kann dahin stehen, dass die angegebenen Diagnosen zum einen nicht nach ICD-10 klassifiziert sind, wie Dr. H. im Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit den von ihm erhobenen Diagnosen beanstandet hat, und zum anderen nicht einheitlich benannt werden (schwere multisymptomatische neurotische Depression von Borderline-Ausmaß, S. 65 SG-Akte, vorrangig somatisierte Dysthymie/neurotische Depression bei vordiagnostizierter posttraumatischer Belastungsstörung, S. 66 SG-Akte, Chronifizierte multisymptomatische Angst und Depression vom Borderline-Ausmaß bei vordiagnostizierter Dysthymie, S. 68 SG-Akte). Denn letztlich beschreibt Dr. H. ein Restleistungsvermögen von drei bis maximal sechs Stunden für leichte Tätigkeiten bei qualitativen Leistungseinschränkungen. Nach dieser Einschätzung ist die Klägerin jedenfalls auch dazu in der Lage, sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, so dass sie nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert ist. Denn erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestsens sechs Stunden erwerbstätig sein kann. Diese Belastungsgrenze hat die Klägerin auch nach der Einschätzung von Dr. H. erreicht.
Soweit Dr. Sch. in seinem auf Antrag der Klägerin eingeholten psychotherapeutisch-psychosomatischen Gutachten vom 22.09.2011 zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen gelangt, kann die Klägerin ihr Rentenbegehren darauf nicht mit Erfolg stützen. Denn die Ausführungen des Gutachters überzeugen den Senat nicht. Der Gutachter beschreibt die Klägerin als sehr offen und zugewandt und erkennt eine Verdeutlichungstendenz ihrer Gesamtsymptomatik und ihrer Lebenssituation. Der Gutachter betont, dass sie trotz selbst geschilderter Störungen hinsichtlich der Konzentration, der Merkfähigkeit und des Gedächtnisses durchaus in der Lage gewesen sei, sehr klar ihre ganze Lebens- und Leidensgeschichte zu schildern. Diese gibt er im Folgenden unter der biographischen Anamnese, des Schilderung des Tagesablaufs und der Arbeits- und Berufsanamnese ausführlich wieder. Hinsichtlich der wiederholt von der Klägerin geschilderten Schmerzen, beginnend mit Schmerzen des Bewegungsapparates seit drei bis vier Jahren, Schmerzen seit der Geburt ihrer Kinder, häufige Bauchschmerzen, seit langem bestehender Schmerzen im Zusammenhang mit in früheren Partnerschaften erlittenen Vergewaltigungen, teilt der Gutachter diese Bedenken aber nicht. Vielmehr gelangt er in der zusammenfassenden Bewertung der erhobenen Befunde zu dem Ergebnis, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer körperlichen Situation durch die Schmerzen schwer beeinträchtigt sei, dass sie die geschilderten Schmerzen zweifellos habe, auch wenn die organischen Befunde die Schmerzsymptomatik nicht ausreichend erklären könnten. Diese Schilderungen lassen aber jegliche Objektivierung der Beschwerdeschilderung der Klägerin vermissen. Der Senat schließt sich insoweit in vollem Umfang der von Dr. Sch. in ihrer Stellungnahme vom 10.10.2011 geäußerten Kritik an der Begutachtung durch Dr. Sch. an. Dr. Sch. weist auf die Erforderlichkeit einer Konsistenzprüfung bei der Schilderung subjektiver Symptome hin, da die Beschwerdeschilderung allein als Nachweis für psychische Störungen nicht ausreiche. Sie weist ferner darauf hin, dass Aufgabe eines Gutachters die kritische Zusammenschau verschiedener Informationsquellen ist, von denen die subjektive Beschwerdeschilderung lediglich eine darstellt. Daneben sind etwa auch die Verhaltensbeobachtung, die Fremdanamnese und die Aktenauswertung von Bedeutung. Zu Recht beanstandet Dr. Sch., dass das Gutachten von Dr. Sch. diesen Anforderungen nicht genügt. Denn er übernimmt die Schilderung der Klägerin in seiner Zusammenfassung, ohne sie kritisch zu hinterfragen oder sie anhand der Feststellungen der Vorgutachter zu verifizieren, und stützt darauf seinen Diagnose und seine Leistungsbewertung. Eine Auseinandersetzung mit den Vorgutachten erfolgt in der Weise, dass der Gutachter in einer zusammenfassenden Stellungnahme zu den Befunden nach Aktenlage sein Erstaunen darüber äußert, wie unterschiedliche ärztliche Kollegen zu so verschiedenen Einschätzungen der Klägerin gekommen seien. Als Erklärung dafür zieht er selbst die Vermutung in Betracht, dass die Klägerin aufgrund ihrer Grundpersönlichkeit ihre Innenwelten in einem eher ungeschützten Raum im Rahmen der Begutachtungssituation nicht nachvollziehbar darstellen könne. Den Umstand, dass die Klägerin in der eigenen Begutachtung durch Dr. Sch. ihre Beschwerden umfassend und klar zu schildern in der Lage war, setzt er dazu nicht ins Verhältnis. Einer Auseinandersetzung mit den Feststellungen der Vorgutachter und insbesondere deren abweichender Leistungseinschätzung beschränkt sich darauf, dass Dr. Sch. auf die andere Gewichtung der psychodynamischen, intrapsychischen und psychosomatischen Entwicklung der Klägerin abstellt, wobei eine Abgrenzung insbesondere zum Gutachten von Dr. H. fehlt. Dr. Sch. weist allgemein darauf hin, dass sich die psychosomatische Sichtweise grundsätzlich sehr von psychiatrischen und neurologischen Erklärungsmodellen von Krankheiten und Leiden unterscheide. Dieser Hinweis, den Dr. Sch. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.12.2011 wiederholt und auf den auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seiner abschließenden Stellungnahme vom 14.03.2012 nochmals abgestellt hat, ist nicht dazu geeignet, die Mängel des Gutachtens von Dr. Sch. auszugleichen. Diese liegen bereits in der fehlenden Objektivierung der geschilderten Beschwerden und nicht im psychosomatischen Ansatz der medizinischen Beurteilung. Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist ohne Weiteres zuzustimmen in der Annahme, dass sich der Gutachter bei der sozialmedizinischen Bestimmung der Leistungsfähigkeit ausschließlich an der Feststellung der Leistungseinbußen zu orientieren habe und dass das verfügbare Leistungsvermögen festzustellen sei in Zusammenhang mit der Wechselwirkung zwischen psychosozialen und somatischen Faktoren. Gerade dieser Bewertungsvorgang kann aber nur auf der Grundlage eines objektivierten Beschwerdebildes erfolgen, die das Gutachten von Dr. Sch. aber vermissen lässt.
Letztlich hat Dr. Sch. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.12.2011 sogar Diskrepanzen in seinem Gutachten und eine Aggravationstendenz der Klägerin eingeräumt. Auch wenn Dr. Sch. diese im Rahmen eines Rentenverfahrens für nachvollziehbar hält, entbindet ihn dies nicht von der Verpflichtung, aufgrund einer solchen Verhaltensbeobachtung eine intensive Konsistenzprüfung der Angaben der Klägerin zu machen. Dem ist er in seinem Gutachten aber nicht nachgekommen.
Letztlich spricht auch die bereits von Dr. H. herausgestellte und auch von Dr. W. beanstandete mangelnde Ausschöpfung therapeutischer Behandlungen sowohl des depressiven Krankheitsbildes als auch der geklagten Schmerzen gegen einen erheblichen Leidensdruck. Die Klägerin hat weder bei Dr. H. noch bei Dr. Sch. die Inanspruchnahme gezielter Behandlungsmaßnahmen angegeben, so dass der von Dr. H. und von Dr. W. erhobene Einwand nach wie vor von Bedeutung bleibt und der Klägerin entgegen zu halten ist.
Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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