Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1363/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1463/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.01.2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Verrechnungsbetrag 1.303,42 EUR beträgt.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verrechnung von Beitragsforderungen der beigeladenen L. B. mit monatlichen Rentenzahlungen der Beklagten.
Der 1943 geborene Kläger bezieht auf seinen Rentenantrag vom 09.06.2008 von der Beklagten seit 01.11.2008 Regelaltersrente in Höhe von monatlich 171,97 EUR ab Rentenbeginn (Rentenbescheid der Beklagten vom 15.08.2008).
Mit seinem Widerspruch vom 20.08.2008 gegen den Rentenbescheid vom 15.08.2008 machte der Kläger weitere versicherungsrechtliche Zeiten (Ausbildungszeiten) geltend.
Mit Schreiben vom 28.05.2008 ermächtigte die beigeladene L. B. die Beklagte, den Rentenanspruch des Klägers mit folgenden, bislang nicht verjährten Beitragsforderungen zur gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu verrechnen: • Beitragsforderung vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 gemäß Bescheid vom 11.03.2005, fällig am 15.04.2005 260,26 EUR • Beitragsforderung vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 gemäß Bescheid vom 10.03.2006, fällig am 15.04.2006 261,14 EUR • Beitragsforderung vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 gemäß Bescheid vom 09.03.2007, fällig am 15.04.2007 281,07 EUR • Beitragsforderung vom 01.01.2007 bis 31.12.2007 gemäß Bescheid vom 07.03.2008, fällig am 15.04.2008 291,93 EUR • Bisher angefallene Säumniszuschläge 209,92 EUR • Mahngebühren 16,00 EUR • Kosten der Rechtsverfolgung 35,50 EUR • Gesamtforderung 1.354,92 EUR. Die Bestandskraft der Beitragsforderungsbescheide sei eingetreten.
Die Beklagte führte ein Anhörungsverfahren zu der beabsichtigten Verrechnung von geschuldeten Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung mit dem Anspruch auf laufende Rentenzahlung durch. Mit Schreiben vom 20.10.2008 machte der Kläger einen höheren Rentenanspruch wegen bislang nicht anerkannter Ausbildungszeiten geltend. Außerdem wandte er sich gegen "jegliche Pfändung" seines Rentenanspruchs, der weit unterhalb der Pfändungsfreigrenzen liege. Eine Pfändung, unabhängig von der Höhe, sei somit rechtlich unzulässig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Rentenbescheid vom 15.08.2008, soweit ihm nicht mit Bescheid vom 14.10.2008 abgeholfen worden war, zurückgewiesen.
Die Beigeladene teilte der Beklagten mit Schreiben vom 28.10.2008 mit, der Kläger schulde der L. B. seit mehreren Jahren Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. Er sei u.a. Eigentümer/Bewirtschafter einer 15,4 Hektar großen Waldfläche auf der Gemarkung L., für welche Beiträge zur Unfallversicherung zu erheben seien. Die Beitragsverpflichtung des Klägers ergebe sich aus dem SGB VII. Danach sei er als landwirtschaftlicher Unternehmer versicherungs- und beitragspflichtiges Mitglied im Sinne der §§ 2 Nr. 5a, 150 SGB VII. Sofern der Kläger nicht den Nachweis erbringe, dass bereits Hilfebedürftigkeit vorliege oder durch die beantragte Verrechnung Hilfebedürftigkeit eintreten werde, bitte die Beigeladene um Fortsetzung des Verfahrens und um Verrechnung der festgestellten Leistung wie beantragt.
Mit Bescheid vom 23.01.2009 erklärte die Beklagte dem Kläger gegenüber, gegen seine Rente in Höhe von derzeit 173,42 EUR werde zugunsten der Forderung der L. B. ab 01.04.2009 die Hälfte der Rente in Höhe von derzeit 86,71 EUR verrechnet bzw. aufgerechnet. Der Kläger erhalte ab diesem Zeitpunkt nur noch die Hälfte der Rente von derzeit 86,71 EUR. Sowohl die B. als auch die D. seien Leistungsträger im Sinne von § 12 ff SGB I. Eine Verrechnung der Rente des Klägers mit der Forderung (der Berufsgenossenschaft) sei daher zulässig. Der Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sei vom Kläger im Anhörungsverfahren nicht nachgewiesen worden. Die D. habe weder ihr Ermessen missbraucht noch die gesetzlichen Bestimmungen über die Aufrechnung bzw. Verrechnung fehlerhaft angewandt. Die Aufrechnung bzw. Verrechnung werde nach eingehender Prüfung für angemessen gehalten. Die Einwände des Klägers könnten nicht berücksichtigt werden, weil es sich nicht um eine Pfändung handele, sondern um eine Verrechnung.
Hiergegen erhob der Kläger am 27.01.2009 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die Forderungen aus einer so genannten Zwangsmitgliedschaft seien unter Rechtsbruch der Grundrechte laut Grundgesetz erhoben worden und könnten nicht anerkannt werden. Daher sei eine Pfändung oder Aufrechnung unzulässig. Des Weiteren verweise § 52 SGB I auf die Verrechnung, soweit diese zulässig sei nach § 51 SGB I. § 51 Abs. 1 SGB I verweise auf § 54 Abs. 2, 4 SGB I (Pfändbarkeit von Ansprüchen). Selbst wenn die Forderungen der L. B. berechtigt wären, sei eine Verrechnung, Aufrechnung bzw. Pfändung unzulässig, zumal die Pfändungsfreigrenze bei Weitem unterschritten wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Daraufhin hat der Kläger am 20.04.2009 (eingegangen per Fax bei der Beklagten) Klage zum Sozialgericht erhoben. Zur Begründung führt er aus, die gegen ihn erhobenen Forderungen der L. B. folgten aus einer Zwangsmitgliedschaft/Zwangsabgabe. Dies allein sei schon zumindest seit 2002 unzulässig (laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG in der Rechtssache Az.: 2 BvL 54/06). Er habe zu keiner Zeit einen Antrag auf Mitgliedschaft in der L. B. gestellt, zumal er beruflich seit 1967 eine zweite Berufsausbildung begonnen habe. Somit seien alle bisher erhobenen Beiträge seit dem Tod seines Vaters im Jahre 1945 bzw. seiner Mutter im Jahre 1971 zu Unrecht berechnet worden. Die L. B. habe in vergangenen Jahren eine Pfändung der Ausgleichszulage Wald rechtswidrig durchgeführt. Die Rückzahlung zumindest dieser Beträge sei mit Schreiben vom 24.04.2009 gefordert worden. Außerdem liege die monatliche Rentenzahlung von 173,42 EUR weit unter der gesetzlich festgelegten Grundsicherung, der Pfändungsfreigrenze und des Existenzminimums. Die Pfändung/Verrechnungsforderung habe keine rechtsgültige gesetzliche Grundlage nach deutschem Recht; keinerlei Beschäftigte im Privatbesitz Wald bedeute keinerlei Zahlungspflicht. Im Übrigen sei die Nutzung der Waldfläche seit dem Jahrhundertsturm Wiebke im Jahr 1990 und dem Sturm Lothar im Jahr 1999 durch die auf die Hälfte oder teilweise weniger gesunkenen Holzpreise faktisch ohne Bedeutung. Mit aus diesem Grund seien Ausgleichszahlungen der Landesregierung bewilligt worden. Zwangsabgaben ohne vorherige Rechtsaufklärung über Sinn und Zweck einer Beitragszahlung seien unzulässig und nichtig. Die L. B. habe ihm zu keinem Zeitpunkt diese Rechtsaufklärung erteilt. Insoweit seien alle bisherigen Forderungen der Berufsgenossenschaft als Betrug und Täuschung im Rechtsverkehr zu sehen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die beigeladene L. B. hat ausgeführt, für den Kläger bestehe seit 1983 eine Zugehörigkeit zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Seit diesem Zeitpunkt würden unverändert 15,40 Hektar Wald bewirtschaftet. Außerdem würden nach den dortigen Unterlagen mindestens seit 2001 gemeinsame Anträge bei der Landwirtschaftsbehörde gestellt und entsprechende Fördermittel ausgezahlt werden. Die Beitragsbescheide für die Geschäftsjahre 2004 und 2007 seien bindend geworden, da kein Widerspruch erhoben worden sei. Lediglich der Beitragsbescheid für das Geschäftsjahr 2008 sei mit Widerspruch angefochten worden, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2009 als unbegründet zurückgewiesen worden sei. Im Übrigen stehe die Zwangsmitgliedschaft (zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung) nach der neuesten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht.
Mit Urteil vom 28.01.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat dem Vorbringen des Klägers die Anträge 1. den Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 aufzuheben, 2. festzustellen, dass keinerlei Zahlungspflicht gegenüber der Beigeladenen besteht, 3. die Rückzahlbarkeit der Ausgleichs-Zahlungen gegenüber der Beigeladenen wegen fehlender Erträge festzustellen, 4. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine monatliche Rente in Höhe der Grundsicherungsleistungen zu gewähren entnommen und im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Verfahren könnten zum einen nicht in zulässiger Weise bindende Bescheide der Beigeladenen angefochten werden. Da gem. § 78 Abs. 1 S. 1 SGG vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) nachzuprüfen seien und auch die in § 78 Abs. 1 S. 2 SGG von diesem Grundsatz normierten Ausnahmen hier nicht vorlägen, fehle insoweit bereits eine Prozessvoraussetzung. Zum anderen sei die Beiladung gem. § 75 Abs. 2 SGG erfolgt, weil die durchgeführte Verrechnung, gegen die sich der Kläger mit der Anfechtungsklage wende, eine Forderung der Beigeladenen betreffe. Auch wenn die Beigeladene hierdurch im vorliegenden Klageverfahren Beteiligte dieses Verfahrens geworden sei, so bedeute dies nicht, dass der Kläger nunmehr Streitfragen, die originär zwischen ihm und der Beigeladenen bestünden, einer gerichtlichen Überprüfung und Entscheidung zuführen könne. Der Kläger habe vielmehr auch soweit er sich gegen Entscheidungen der Beigeladenen wende oder ihr gegenüber Ansprüche geltend mache, die hierfür erforderlichen Prozessvoraussetzungen (z.B. Durchführung eines Widerspruchsverfahrens) zu beachten. Insbesondere liege hier kein Fall der Klagehäufung gem. § 56 SGG vor, da dies voraussetze, dass sich mehrere Klagebegehren gegen denselben Beklagten richteten. Die Klage sei auch insoweit unzulässig, als der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung eines höheren monatlichen Rentenzahlbetrags, nämlich in Höhe der Grundsicherungsleistungen, begehre. Der Rentenbescheid der Beklagten vom 15.08.2008 über die Gewährung einer Regelaltersrente, abgeändert durch den Bescheid vom 14.10.2008 und in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2008, sei bindend geworden. Die vom Kläger am 20.04.2009 erhobene Klage richte sich nicht gegen den Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008, sondern ausdrücklich gegen den Bescheid über die Durchführung einer Verrechnung vom 23.01.2009. Erstmalig mit Schreiben vom 10.12.2009 habe der Kläger die Aufstockung der laufenden Rentenzahlung auf Höhe der monatlichen Grundsicherungsleistungen beantragt. Die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet soweit sie den Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 betreffe. Nach § 52 Sozialgesetzbuch I (SGB I) könne der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig sei. Gem. § 51 Abs. 1 SGB I könne der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar seien. Nach Abs. 2 der Vorschrift in der hier anwendbaren seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung könne der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweise, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch werde. Die Verrechnung stehe somit der Aufrechnung gleich. Bei ihr werde lediglich auf die bei der Aufrechnung erforderliche Gegenseitigkeit der beiden Forderungen verzichtet. Im Gegensatz zur Aufrechnung bestehe bei der Verrechnung keine Identität von Gläubiger und Schuldner. Der Ermächtigte sei zwar auch in diesem Falle Schuldner der Forderung des Leistungsberechtigten, Gläubiger der Forderung, mit der verrechnet werde, sei jedoch der ermächtigende Leistungsträger. Abgesehen vom Erfordernis der Gegenseitigkeit setze eine wirksame Verrechnung in der Sache den Tatbestand der Aufrechnung voraus und eine Ermächtigung für den ermächtigten Leistungsträger, die Verrechnung vorzunehmen. Letztere müsse hinreichend substantiiert sein, also Art und Umfang der Forderung so genau bezeichnen, dass der ermächtigte Leistungsträger als Empfänger dieser Willenserklärung ohne Weiteres eine substantiierte Verrechnungserklärung abgeben könne. Ferner sei anzugeben, dass diese Forderung bestands- oder rechtskräftig festgestellt worden sei (vgl. Urteil des BSG vom 24.07.2003, B 4 RA 60/02 R, Juris). Die Beigeladene habe die Beklagte wirksam zur Verrechnung ermächtigt. Sie habe mit ihrem Verrechnungsersuchen vom 28.05.2008 den Rechtsgrund (Beitragsforderung zur gesetzlichen Unfallversicherung) und Höhe ihrer Forderung mit insgesamt 1.354,92 EUR angegeben. Ferner habe sie die Bestandskraft der Bescheide, welche der Beitragsforderung zugrunde lägen, mitgeteilt. Diese Angaben stünden in Übereinstimmung mit dem Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beigeladenen. Hiernach sei gegen die Bescheide vom 11.03.2005, 10.03.2006, 09.03.2007 und 07.03.2008 bezüglich der Beitragsforderungen für den Gesamtzeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2007 vom Kläger kein Widerspruch eingelegt worden. Diese Bescheide seien daher bindend geworden. Der Kläger habe zwar den Beitragsbescheid vom 18.03.2009 mit dem Widerspruch angefochten und hierüber sei durch Widerspruchsbescheid vom 01.10.2009 entschieden. worden. Die Beiträge für das Jahr 2008 seien jedoch nicht vom Verrechnungsersuchen der Beigeladenen umfasst worden. Nach § 52 SGB I i.V.m. 51 Abs. 2 SGB I könne die Beklagte die Beitragsforderungen der Beigeladenen mit den Ansprüchen des Klägers auf Altersrente grundsätzlich bis zur Hälfte verrechnen, wenn der Kläger nicht nachweise, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch werde. Der Einwand des Klägers, eine Verrechnung hätte nicht durchgeführt werden dürfen, da seine Ansprüche auf die Rentenzahlungen nicht pfändbar seien, könne nicht durchgreifen. In den Fällen des § 51 Abs. 2 SGB I, d.h. u.a. bei geschuldeten Beitragsansprüchen entfalle die Pflicht zur Beachtung der Pfändungsfreigrenzen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I. Die Regelung diene dem Schutz der finanziellen Interessen der Versichertengemeinschaft. Bei Beitrags- und Erstattungsansprüchen solle der Berechtigte nicht einerseits die volle Leistung verlangen und andererseits den Leistungsträger bei dessen Gegenansprüchen auf den Pfändungsschutz verweisen können. Die Aufrechnung werde nur insoweit begrenzt, als sie grundsätzlich nur bis zur Hälfte der zustehenden laufenden Hauptforderung und auch dann nur bis zu der Höhe möglich sei, dass keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII bzw. II eintrete. Nunmehr obliege es (nach Neufassung des § 51 Abs. 2 SGB I zum 01.01.2005) ausdrücklich dem Leistungsberechtigten selbst, den Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII bzw. SGB II nachzuweisen, während die entsprechende Prüfung nach dem zuvor geltenden Recht dem Leistungsträger oblegen habe (vgl. Pflüger in jurisPK-SGB I, Stand 24.03.2009, § 51, Rdnr. 67 und 68). Der Kläger habe, obwohl er bereits im Anhörungsschreiben der Beklagten vom 26.09.2008 im Bescheid vom 23.01.2009 sowie im Widerspruchsbescheid vom 19.03.2009 darauf hingewiesen worden sei, dass eine Verrechnung ausgeschlossen sei, wenn der Leistungsberechtigte nachweise, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des SGB II werde, den Eintritt der Hilfebedürftigkeit in diesem Sinne nicht nachgewiesen. Die Beklagte habe die Verrechnung auch durch Verwaltungsakt erklären dürfen (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 02.07.2009, L 10 R 2467/08, Juris). Schließlich erweise sich der mit der Klage angefochtene Bescheid vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 auch nicht als ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe das ihr eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten (§ 39 Abs. 1 S. 1 SGB I, § 54 Abs. 2 S. 2 SGG). Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens bestehe ein Anspruch (§ 39 Abs. 1 S. 2 SGB I). Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der eine Ermessensentscheidung zum Inhalt habe, müsse nach § 35 Abs. 1 S. 3 SGB III auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei Ausübung ihres Ermessens ausgegangen sei. Die mit der Klage angefochtenen Bescheide ließen erkennen, dass die Beklagte eine Ermessensentscheidung getroffen habe. Zwar sei die Begründung hierfür knapp gehalten: "Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat weder Ihr Ermessen missbraucht noch die gesetzlichen Bestimmungen über die Aufrechnung bzw. Verrechnung fehlerhaft angewandt. Die Aufrechnung bzw. Verrechnung wird nach eingehender Prüfung für angemessen gehalten. Ihre Einwände gegen die Aufrechnung bzw. Verrechnung können nicht berücksichtigt werden, weil es sich nicht um eine Pfändung handelt, sondern um eine Verrechnung." Dennoch gehe das Gericht von einer ausreichenden Ermessensabwägung und -entscheidung aus. Der Kläger habe nämlich keine Umstände vorgetragen, welche hätten geeignet sein können, von einer Verrechnung ganz oder teilweise abzusehen. Als derartige Umstände könnten zum Beispiel besondere Aufwendungen des Klägers für seinen Lebensunterhalt, beispielsweise durch Erkrankung, Unterhaltsverpflichtungen, besondere Belastungen durch Erkrankungen gelten. Der Einwand des Klägers, die Beklagte beachte bei ihrer Verrechnung nicht die gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen, erstrecke sich demgegenüber auf eine - nicht zutreffende - rechtliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts. Nachdem vom Kläger keine beachtlichen Gesichtspunkte vorgetragen worden seien, obwohl er auch insoweit bereits durch das Anhörungsschreiben vom 26.09.2008 Gelegenheit erhalten habe, alle Umstände zu schildern, welche für die Auf-/Verrechnung bedeutsam sein könnten, habe die Beklagte mit Bescheid vom 23.01.2009 zutreffend die Verrechnung in Höhe der Hälfte der laufenden Rente des Klägers erklärt. Im Übrigen habe die Beklagte im Verrechnungsbescheid vom 23.01.2009 den Kläger darauf hingewiesen, bei Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse könne auf Antrag oder von Amts wegen der Aufrechnungsbetrag bzw. Verrechnungsbetrag neu festgestellt werden.
Gegen dieses ihm am 05.02.2010 zugestellte Urteil hat sich der Kläger mit Schreiben vom 18.02.2010 an das SG, das als Berufung behandelt wurde, gewandt. Im Wesentlichen macht er geltend, dass weder das ihm zugesandte Urteil noch die Niederschrift unterzeichnet seien, weshalb er die Entscheidung für nichtig hält.
Gegen die Beitragsfestsetzung der Beigeladenen für das Jahr 2009 hatte der Kläger Widerspruch eingelegt, der von der Beigeladenen zurückgewiesen wurde. Die Klage wurde mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 09.12.2010 abgewiesen. Die Berufung gegen diese Entscheidung wurde mit Urteil des 3. Senats vom 08.06.2011 (L 3 U 485/11) als unzulässig verworfen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.01.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 aufzuheben, festzustellen, dass keinerlei Zahlungspflicht gegenüber der Beigeladenen besteht, die Nichtrückzahlbarkeit der Ausgleichs-Zahlungen an die Beigeladene wegen fehlender Erträge festzustellen, die Beklagte zu verurteilen, ihm eine monatliche Rente in Höhe der gesetzlichen Grundsicherungsleistungen zu gewähren.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung am 14.03.2012 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass es sich bei Mahngebühren und Kosten nicht um gemäß § 51 Abs. 2 SGB I privilegiert aufrechenbaren Forderungen handele. Diese gehörten nicht zu den in der Legaldefinition des § 28e Abs. 4 SGB IV erfassten Beitragsansprüchen. Es bestand Einigkeit darüber, dass diese anders als im Falle der Vollstreckung bei der Verrechnung auch nicht als notwendige Nebenkosten anfielen, sondern durch diese vermeidbar seien. Auf die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.10.2010 - L 8 R 605/10 B, sowie die dortigen Literaturnachweise und auf die diese zitierende Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.10.2011 - L 3 R 74/08 - wurde hingewiesen.
Der Vertreter der Beigeladenen hat daraufhin erklärt, dass er das Verrechnungsersuchen um die Positionen für die Mahngebühren (16,- EUR) und Kosten der Rechtsverfolgung (35,50 EUR) reduziert. Der Vertreter der Beklagten hat erklärt, dass der Bescheid vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 dahingehend abgeändert wird, dass eine Verrechnung mit Mahngebühren von 16,- EUR und Kosten der Rechtsverfolgung von 35,50,- EUR nicht stattfindet.
Die Beklagte und die Beigeladene halten die angegriffene Entscheidung im Übrigen für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist auch statthaft. Sie wendet sich u.a. gegen die Abweisung der gegen die Verrechnung in Höhe von 1.354,92 EUR gerichteten Klage.
Die Berufung hat nur in dem sich aus der dem Teilanerkenntnis der Beklagten und der Beigeladenen entsprechenden Maßgabe ergebenden Umfang ohne Sachprüfung Erfolg. Die Maßgabe beruht auf den auch im sozialgerichtlichen Verfahren über § 202 SGG anwendbaren § 307 Satz 1 Zivilprozessordnung (BSG, Urteil vom 10.05.2007 - B 10 EG 2/06 R -; Beschluss vom 11.05.2011 - B 5 R 34/11 B -, Urteil vom 12.07.1988 - 4/11a RA 16/87 - m.w.N. jeweils veröffentlicht in Juris). Wird das Anerkenntnis – wie im vorliegenden Fall – vom Prozessgegner nicht angenommen, weil er in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten ist, so ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen unter Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses über den anerkannten Anspruch durch Anerkenntnisurteil zu entscheiden. Eines ausdrücklichen Antrags auf Erlass eines Anerkenntnisurteiles (§ 307 Abs. 1 ZPO) bedurfte es im vorliegenden Fall nicht. Der im Berufungsverfahren weiterverfolgte Klageantrag ist – wenn dies auch nicht ausdrücklich gesagt ist – auch dahin zu verstehen, dass bei Abgabe eines Anerkenntnisses des Anspruchs durch die Beklagte durch Anerkenntnisurteil entschieden werden soll (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 5 RKn 18/76-, veröffentlicht in Juris).
Im Übrigen ist die Berufung jedoch unbegründet. Die Klage ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, soweit sie sich gegen die Beigeladene richtete und soweit sie von der Beklagten die Gewährung einer Rente in Höhe der Grundsicherungsleistungen begehrt, bereits mangels der erforderlichen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren unzulässig. Die richtige Klageart ist insoweit die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bezogen auf die Festsetzungsbescheide sowie zusätzlich kombiniert mit der Leistungsklage, soweit die Erstattung von Ausgleichs-Zahlungen begehrt wurde. Diese Klagearten sind jedoch vor Erlass einer Verwaltungsentscheidung (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 54 Rn. 39b; BayLSG, Beschluss vom 14.03.2011 - L 16 AS 862/10 -, veröffentlicht in Juris) und Durchführung des Widerspruchsverfahrens unzulässig. Spätestens der angegriffenen Entscheidung des SG konnte der Kläger entnehmen, dass er zunächst entsprechende Anträge bei der Beigeladenen und der Beklagten stellen muss. Dennoch wurde das Verwaltungs- und Vorverfahren nicht nachgeholt, so dass es bei der Unzulässigkeit der Klage bleibt.
Im Übrigen ist die Klage, soweit der Kläger die Verrechnung angreift, unbegründet. Der Senat verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung und sieht von einer eigenen Begründung ab. Zu ergänzen ist lediglich, dass der Große Senat des Bundessozialgerichts die bis dahin streitige Frage, ob eine Verrechnung, wie hier, durch Verwaltungsakt vorgenommen werden darf, mit Beschluss vom 31.08.2011 (- GS 2/10 -, veröffentlicht in Juris) dahingehend entschieden hat, dass der Leistungsträger die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten ausgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln darf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verrechnung von Beitragsforderungen der beigeladenen L. B. mit monatlichen Rentenzahlungen der Beklagten.
Der 1943 geborene Kläger bezieht auf seinen Rentenantrag vom 09.06.2008 von der Beklagten seit 01.11.2008 Regelaltersrente in Höhe von monatlich 171,97 EUR ab Rentenbeginn (Rentenbescheid der Beklagten vom 15.08.2008).
Mit seinem Widerspruch vom 20.08.2008 gegen den Rentenbescheid vom 15.08.2008 machte der Kläger weitere versicherungsrechtliche Zeiten (Ausbildungszeiten) geltend.
Mit Schreiben vom 28.05.2008 ermächtigte die beigeladene L. B. die Beklagte, den Rentenanspruch des Klägers mit folgenden, bislang nicht verjährten Beitragsforderungen zur gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu verrechnen: • Beitragsforderung vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 gemäß Bescheid vom 11.03.2005, fällig am 15.04.2005 260,26 EUR • Beitragsforderung vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 gemäß Bescheid vom 10.03.2006, fällig am 15.04.2006 261,14 EUR • Beitragsforderung vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 gemäß Bescheid vom 09.03.2007, fällig am 15.04.2007 281,07 EUR • Beitragsforderung vom 01.01.2007 bis 31.12.2007 gemäß Bescheid vom 07.03.2008, fällig am 15.04.2008 291,93 EUR • Bisher angefallene Säumniszuschläge 209,92 EUR • Mahngebühren 16,00 EUR • Kosten der Rechtsverfolgung 35,50 EUR • Gesamtforderung 1.354,92 EUR. Die Bestandskraft der Beitragsforderungsbescheide sei eingetreten.
Die Beklagte führte ein Anhörungsverfahren zu der beabsichtigten Verrechnung von geschuldeten Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung mit dem Anspruch auf laufende Rentenzahlung durch. Mit Schreiben vom 20.10.2008 machte der Kläger einen höheren Rentenanspruch wegen bislang nicht anerkannter Ausbildungszeiten geltend. Außerdem wandte er sich gegen "jegliche Pfändung" seines Rentenanspruchs, der weit unterhalb der Pfändungsfreigrenzen liege. Eine Pfändung, unabhängig von der Höhe, sei somit rechtlich unzulässig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Rentenbescheid vom 15.08.2008, soweit ihm nicht mit Bescheid vom 14.10.2008 abgeholfen worden war, zurückgewiesen.
Die Beigeladene teilte der Beklagten mit Schreiben vom 28.10.2008 mit, der Kläger schulde der L. B. seit mehreren Jahren Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. Er sei u.a. Eigentümer/Bewirtschafter einer 15,4 Hektar großen Waldfläche auf der Gemarkung L., für welche Beiträge zur Unfallversicherung zu erheben seien. Die Beitragsverpflichtung des Klägers ergebe sich aus dem SGB VII. Danach sei er als landwirtschaftlicher Unternehmer versicherungs- und beitragspflichtiges Mitglied im Sinne der §§ 2 Nr. 5a, 150 SGB VII. Sofern der Kläger nicht den Nachweis erbringe, dass bereits Hilfebedürftigkeit vorliege oder durch die beantragte Verrechnung Hilfebedürftigkeit eintreten werde, bitte die Beigeladene um Fortsetzung des Verfahrens und um Verrechnung der festgestellten Leistung wie beantragt.
Mit Bescheid vom 23.01.2009 erklärte die Beklagte dem Kläger gegenüber, gegen seine Rente in Höhe von derzeit 173,42 EUR werde zugunsten der Forderung der L. B. ab 01.04.2009 die Hälfte der Rente in Höhe von derzeit 86,71 EUR verrechnet bzw. aufgerechnet. Der Kläger erhalte ab diesem Zeitpunkt nur noch die Hälfte der Rente von derzeit 86,71 EUR. Sowohl die B. als auch die D. seien Leistungsträger im Sinne von § 12 ff SGB I. Eine Verrechnung der Rente des Klägers mit der Forderung (der Berufsgenossenschaft) sei daher zulässig. Der Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sei vom Kläger im Anhörungsverfahren nicht nachgewiesen worden. Die D. habe weder ihr Ermessen missbraucht noch die gesetzlichen Bestimmungen über die Aufrechnung bzw. Verrechnung fehlerhaft angewandt. Die Aufrechnung bzw. Verrechnung werde nach eingehender Prüfung für angemessen gehalten. Die Einwände des Klägers könnten nicht berücksichtigt werden, weil es sich nicht um eine Pfändung handele, sondern um eine Verrechnung.
Hiergegen erhob der Kläger am 27.01.2009 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die Forderungen aus einer so genannten Zwangsmitgliedschaft seien unter Rechtsbruch der Grundrechte laut Grundgesetz erhoben worden und könnten nicht anerkannt werden. Daher sei eine Pfändung oder Aufrechnung unzulässig. Des Weiteren verweise § 52 SGB I auf die Verrechnung, soweit diese zulässig sei nach § 51 SGB I. § 51 Abs. 1 SGB I verweise auf § 54 Abs. 2, 4 SGB I (Pfändbarkeit von Ansprüchen). Selbst wenn die Forderungen der L. B. berechtigt wären, sei eine Verrechnung, Aufrechnung bzw. Pfändung unzulässig, zumal die Pfändungsfreigrenze bei Weitem unterschritten wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Daraufhin hat der Kläger am 20.04.2009 (eingegangen per Fax bei der Beklagten) Klage zum Sozialgericht erhoben. Zur Begründung führt er aus, die gegen ihn erhobenen Forderungen der L. B. folgten aus einer Zwangsmitgliedschaft/Zwangsabgabe. Dies allein sei schon zumindest seit 2002 unzulässig (laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG in der Rechtssache Az.: 2 BvL 54/06). Er habe zu keiner Zeit einen Antrag auf Mitgliedschaft in der L. B. gestellt, zumal er beruflich seit 1967 eine zweite Berufsausbildung begonnen habe. Somit seien alle bisher erhobenen Beiträge seit dem Tod seines Vaters im Jahre 1945 bzw. seiner Mutter im Jahre 1971 zu Unrecht berechnet worden. Die L. B. habe in vergangenen Jahren eine Pfändung der Ausgleichszulage Wald rechtswidrig durchgeführt. Die Rückzahlung zumindest dieser Beträge sei mit Schreiben vom 24.04.2009 gefordert worden. Außerdem liege die monatliche Rentenzahlung von 173,42 EUR weit unter der gesetzlich festgelegten Grundsicherung, der Pfändungsfreigrenze und des Existenzminimums. Die Pfändung/Verrechnungsforderung habe keine rechtsgültige gesetzliche Grundlage nach deutschem Recht; keinerlei Beschäftigte im Privatbesitz Wald bedeute keinerlei Zahlungspflicht. Im Übrigen sei die Nutzung der Waldfläche seit dem Jahrhundertsturm Wiebke im Jahr 1990 und dem Sturm Lothar im Jahr 1999 durch die auf die Hälfte oder teilweise weniger gesunkenen Holzpreise faktisch ohne Bedeutung. Mit aus diesem Grund seien Ausgleichszahlungen der Landesregierung bewilligt worden. Zwangsabgaben ohne vorherige Rechtsaufklärung über Sinn und Zweck einer Beitragszahlung seien unzulässig und nichtig. Die L. B. habe ihm zu keinem Zeitpunkt diese Rechtsaufklärung erteilt. Insoweit seien alle bisherigen Forderungen der Berufsgenossenschaft als Betrug und Täuschung im Rechtsverkehr zu sehen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die beigeladene L. B. hat ausgeführt, für den Kläger bestehe seit 1983 eine Zugehörigkeit zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Seit diesem Zeitpunkt würden unverändert 15,40 Hektar Wald bewirtschaftet. Außerdem würden nach den dortigen Unterlagen mindestens seit 2001 gemeinsame Anträge bei der Landwirtschaftsbehörde gestellt und entsprechende Fördermittel ausgezahlt werden. Die Beitragsbescheide für die Geschäftsjahre 2004 und 2007 seien bindend geworden, da kein Widerspruch erhoben worden sei. Lediglich der Beitragsbescheid für das Geschäftsjahr 2008 sei mit Widerspruch angefochten worden, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2009 als unbegründet zurückgewiesen worden sei. Im Übrigen stehe die Zwangsmitgliedschaft (zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung) nach der neuesten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht.
Mit Urteil vom 28.01.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat dem Vorbringen des Klägers die Anträge 1. den Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 aufzuheben, 2. festzustellen, dass keinerlei Zahlungspflicht gegenüber der Beigeladenen besteht, 3. die Rückzahlbarkeit der Ausgleichs-Zahlungen gegenüber der Beigeladenen wegen fehlender Erträge festzustellen, 4. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine monatliche Rente in Höhe der Grundsicherungsleistungen zu gewähren entnommen und im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Verfahren könnten zum einen nicht in zulässiger Weise bindende Bescheide der Beigeladenen angefochten werden. Da gem. § 78 Abs. 1 S. 1 SGG vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) nachzuprüfen seien und auch die in § 78 Abs. 1 S. 2 SGG von diesem Grundsatz normierten Ausnahmen hier nicht vorlägen, fehle insoweit bereits eine Prozessvoraussetzung. Zum anderen sei die Beiladung gem. § 75 Abs. 2 SGG erfolgt, weil die durchgeführte Verrechnung, gegen die sich der Kläger mit der Anfechtungsklage wende, eine Forderung der Beigeladenen betreffe. Auch wenn die Beigeladene hierdurch im vorliegenden Klageverfahren Beteiligte dieses Verfahrens geworden sei, so bedeute dies nicht, dass der Kläger nunmehr Streitfragen, die originär zwischen ihm und der Beigeladenen bestünden, einer gerichtlichen Überprüfung und Entscheidung zuführen könne. Der Kläger habe vielmehr auch soweit er sich gegen Entscheidungen der Beigeladenen wende oder ihr gegenüber Ansprüche geltend mache, die hierfür erforderlichen Prozessvoraussetzungen (z.B. Durchführung eines Widerspruchsverfahrens) zu beachten. Insbesondere liege hier kein Fall der Klagehäufung gem. § 56 SGG vor, da dies voraussetze, dass sich mehrere Klagebegehren gegen denselben Beklagten richteten. Die Klage sei auch insoweit unzulässig, als der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung eines höheren monatlichen Rentenzahlbetrags, nämlich in Höhe der Grundsicherungsleistungen, begehre. Der Rentenbescheid der Beklagten vom 15.08.2008 über die Gewährung einer Regelaltersrente, abgeändert durch den Bescheid vom 14.10.2008 und in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2008, sei bindend geworden. Die vom Kläger am 20.04.2009 erhobene Klage richte sich nicht gegen den Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008, sondern ausdrücklich gegen den Bescheid über die Durchführung einer Verrechnung vom 23.01.2009. Erstmalig mit Schreiben vom 10.12.2009 habe der Kläger die Aufstockung der laufenden Rentenzahlung auf Höhe der monatlichen Grundsicherungsleistungen beantragt. Die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet soweit sie den Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 betreffe. Nach § 52 Sozialgesetzbuch I (SGB I) könne der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig sei. Gem. § 51 Abs. 1 SGB I könne der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar seien. Nach Abs. 2 der Vorschrift in der hier anwendbaren seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung könne der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweise, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch werde. Die Verrechnung stehe somit der Aufrechnung gleich. Bei ihr werde lediglich auf die bei der Aufrechnung erforderliche Gegenseitigkeit der beiden Forderungen verzichtet. Im Gegensatz zur Aufrechnung bestehe bei der Verrechnung keine Identität von Gläubiger und Schuldner. Der Ermächtigte sei zwar auch in diesem Falle Schuldner der Forderung des Leistungsberechtigten, Gläubiger der Forderung, mit der verrechnet werde, sei jedoch der ermächtigende Leistungsträger. Abgesehen vom Erfordernis der Gegenseitigkeit setze eine wirksame Verrechnung in der Sache den Tatbestand der Aufrechnung voraus und eine Ermächtigung für den ermächtigten Leistungsträger, die Verrechnung vorzunehmen. Letztere müsse hinreichend substantiiert sein, also Art und Umfang der Forderung so genau bezeichnen, dass der ermächtigte Leistungsträger als Empfänger dieser Willenserklärung ohne Weiteres eine substantiierte Verrechnungserklärung abgeben könne. Ferner sei anzugeben, dass diese Forderung bestands- oder rechtskräftig festgestellt worden sei (vgl. Urteil des BSG vom 24.07.2003, B 4 RA 60/02 R, Juris). Die Beigeladene habe die Beklagte wirksam zur Verrechnung ermächtigt. Sie habe mit ihrem Verrechnungsersuchen vom 28.05.2008 den Rechtsgrund (Beitragsforderung zur gesetzlichen Unfallversicherung) und Höhe ihrer Forderung mit insgesamt 1.354,92 EUR angegeben. Ferner habe sie die Bestandskraft der Bescheide, welche der Beitragsforderung zugrunde lägen, mitgeteilt. Diese Angaben stünden in Übereinstimmung mit dem Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beigeladenen. Hiernach sei gegen die Bescheide vom 11.03.2005, 10.03.2006, 09.03.2007 und 07.03.2008 bezüglich der Beitragsforderungen für den Gesamtzeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2007 vom Kläger kein Widerspruch eingelegt worden. Diese Bescheide seien daher bindend geworden. Der Kläger habe zwar den Beitragsbescheid vom 18.03.2009 mit dem Widerspruch angefochten und hierüber sei durch Widerspruchsbescheid vom 01.10.2009 entschieden. worden. Die Beiträge für das Jahr 2008 seien jedoch nicht vom Verrechnungsersuchen der Beigeladenen umfasst worden. Nach § 52 SGB I i.V.m. 51 Abs. 2 SGB I könne die Beklagte die Beitragsforderungen der Beigeladenen mit den Ansprüchen des Klägers auf Altersrente grundsätzlich bis zur Hälfte verrechnen, wenn der Kläger nicht nachweise, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch werde. Der Einwand des Klägers, eine Verrechnung hätte nicht durchgeführt werden dürfen, da seine Ansprüche auf die Rentenzahlungen nicht pfändbar seien, könne nicht durchgreifen. In den Fällen des § 51 Abs. 2 SGB I, d.h. u.a. bei geschuldeten Beitragsansprüchen entfalle die Pflicht zur Beachtung der Pfändungsfreigrenzen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I. Die Regelung diene dem Schutz der finanziellen Interessen der Versichertengemeinschaft. Bei Beitrags- und Erstattungsansprüchen solle der Berechtigte nicht einerseits die volle Leistung verlangen und andererseits den Leistungsträger bei dessen Gegenansprüchen auf den Pfändungsschutz verweisen können. Die Aufrechnung werde nur insoweit begrenzt, als sie grundsätzlich nur bis zur Hälfte der zustehenden laufenden Hauptforderung und auch dann nur bis zu der Höhe möglich sei, dass keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII bzw. II eintrete. Nunmehr obliege es (nach Neufassung des § 51 Abs. 2 SGB I zum 01.01.2005) ausdrücklich dem Leistungsberechtigten selbst, den Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII bzw. SGB II nachzuweisen, während die entsprechende Prüfung nach dem zuvor geltenden Recht dem Leistungsträger oblegen habe (vgl. Pflüger in jurisPK-SGB I, Stand 24.03.2009, § 51, Rdnr. 67 und 68). Der Kläger habe, obwohl er bereits im Anhörungsschreiben der Beklagten vom 26.09.2008 im Bescheid vom 23.01.2009 sowie im Widerspruchsbescheid vom 19.03.2009 darauf hingewiesen worden sei, dass eine Verrechnung ausgeschlossen sei, wenn der Leistungsberechtigte nachweise, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des SGB II werde, den Eintritt der Hilfebedürftigkeit in diesem Sinne nicht nachgewiesen. Die Beklagte habe die Verrechnung auch durch Verwaltungsakt erklären dürfen (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 02.07.2009, L 10 R 2467/08, Juris). Schließlich erweise sich der mit der Klage angefochtene Bescheid vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 auch nicht als ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe das ihr eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten (§ 39 Abs. 1 S. 1 SGB I, § 54 Abs. 2 S. 2 SGG). Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens bestehe ein Anspruch (§ 39 Abs. 1 S. 2 SGB I). Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der eine Ermessensentscheidung zum Inhalt habe, müsse nach § 35 Abs. 1 S. 3 SGB III auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei Ausübung ihres Ermessens ausgegangen sei. Die mit der Klage angefochtenen Bescheide ließen erkennen, dass die Beklagte eine Ermessensentscheidung getroffen habe. Zwar sei die Begründung hierfür knapp gehalten: "Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat weder Ihr Ermessen missbraucht noch die gesetzlichen Bestimmungen über die Aufrechnung bzw. Verrechnung fehlerhaft angewandt. Die Aufrechnung bzw. Verrechnung wird nach eingehender Prüfung für angemessen gehalten. Ihre Einwände gegen die Aufrechnung bzw. Verrechnung können nicht berücksichtigt werden, weil es sich nicht um eine Pfändung handelt, sondern um eine Verrechnung." Dennoch gehe das Gericht von einer ausreichenden Ermessensabwägung und -entscheidung aus. Der Kläger habe nämlich keine Umstände vorgetragen, welche hätten geeignet sein können, von einer Verrechnung ganz oder teilweise abzusehen. Als derartige Umstände könnten zum Beispiel besondere Aufwendungen des Klägers für seinen Lebensunterhalt, beispielsweise durch Erkrankung, Unterhaltsverpflichtungen, besondere Belastungen durch Erkrankungen gelten. Der Einwand des Klägers, die Beklagte beachte bei ihrer Verrechnung nicht die gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen, erstrecke sich demgegenüber auf eine - nicht zutreffende - rechtliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts. Nachdem vom Kläger keine beachtlichen Gesichtspunkte vorgetragen worden seien, obwohl er auch insoweit bereits durch das Anhörungsschreiben vom 26.09.2008 Gelegenheit erhalten habe, alle Umstände zu schildern, welche für die Auf-/Verrechnung bedeutsam sein könnten, habe die Beklagte mit Bescheid vom 23.01.2009 zutreffend die Verrechnung in Höhe der Hälfte der laufenden Rente des Klägers erklärt. Im Übrigen habe die Beklagte im Verrechnungsbescheid vom 23.01.2009 den Kläger darauf hingewiesen, bei Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse könne auf Antrag oder von Amts wegen der Aufrechnungsbetrag bzw. Verrechnungsbetrag neu festgestellt werden.
Gegen dieses ihm am 05.02.2010 zugestellte Urteil hat sich der Kläger mit Schreiben vom 18.02.2010 an das SG, das als Berufung behandelt wurde, gewandt. Im Wesentlichen macht er geltend, dass weder das ihm zugesandte Urteil noch die Niederschrift unterzeichnet seien, weshalb er die Entscheidung für nichtig hält.
Gegen die Beitragsfestsetzung der Beigeladenen für das Jahr 2009 hatte der Kläger Widerspruch eingelegt, der von der Beigeladenen zurückgewiesen wurde. Die Klage wurde mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 09.12.2010 abgewiesen. Die Berufung gegen diese Entscheidung wurde mit Urteil des 3. Senats vom 08.06.2011 (L 3 U 485/11) als unzulässig verworfen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.01.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 aufzuheben, festzustellen, dass keinerlei Zahlungspflicht gegenüber der Beigeladenen besteht, die Nichtrückzahlbarkeit der Ausgleichs-Zahlungen an die Beigeladene wegen fehlender Erträge festzustellen, die Beklagte zu verurteilen, ihm eine monatliche Rente in Höhe der gesetzlichen Grundsicherungsleistungen zu gewähren.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung am 14.03.2012 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass es sich bei Mahngebühren und Kosten nicht um gemäß § 51 Abs. 2 SGB I privilegiert aufrechenbaren Forderungen handele. Diese gehörten nicht zu den in der Legaldefinition des § 28e Abs. 4 SGB IV erfassten Beitragsansprüchen. Es bestand Einigkeit darüber, dass diese anders als im Falle der Vollstreckung bei der Verrechnung auch nicht als notwendige Nebenkosten anfielen, sondern durch diese vermeidbar seien. Auf die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.10.2010 - L 8 R 605/10 B, sowie die dortigen Literaturnachweise und auf die diese zitierende Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.10.2011 - L 3 R 74/08 - wurde hingewiesen.
Der Vertreter der Beigeladenen hat daraufhin erklärt, dass er das Verrechnungsersuchen um die Positionen für die Mahngebühren (16,- EUR) und Kosten der Rechtsverfolgung (35,50 EUR) reduziert. Der Vertreter der Beklagten hat erklärt, dass der Bescheid vom 23.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.03.2009 dahingehend abgeändert wird, dass eine Verrechnung mit Mahngebühren von 16,- EUR und Kosten der Rechtsverfolgung von 35,50,- EUR nicht stattfindet.
Die Beklagte und die Beigeladene halten die angegriffene Entscheidung im Übrigen für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist auch statthaft. Sie wendet sich u.a. gegen die Abweisung der gegen die Verrechnung in Höhe von 1.354,92 EUR gerichteten Klage.
Die Berufung hat nur in dem sich aus der dem Teilanerkenntnis der Beklagten und der Beigeladenen entsprechenden Maßgabe ergebenden Umfang ohne Sachprüfung Erfolg. Die Maßgabe beruht auf den auch im sozialgerichtlichen Verfahren über § 202 SGG anwendbaren § 307 Satz 1 Zivilprozessordnung (BSG, Urteil vom 10.05.2007 - B 10 EG 2/06 R -; Beschluss vom 11.05.2011 - B 5 R 34/11 B -, Urteil vom 12.07.1988 - 4/11a RA 16/87 - m.w.N. jeweils veröffentlicht in Juris). Wird das Anerkenntnis – wie im vorliegenden Fall – vom Prozessgegner nicht angenommen, weil er in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten ist, so ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen unter Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses über den anerkannten Anspruch durch Anerkenntnisurteil zu entscheiden. Eines ausdrücklichen Antrags auf Erlass eines Anerkenntnisurteiles (§ 307 Abs. 1 ZPO) bedurfte es im vorliegenden Fall nicht. Der im Berufungsverfahren weiterverfolgte Klageantrag ist – wenn dies auch nicht ausdrücklich gesagt ist – auch dahin zu verstehen, dass bei Abgabe eines Anerkenntnisses des Anspruchs durch die Beklagte durch Anerkenntnisurteil entschieden werden soll (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 5 RKn 18/76-, veröffentlicht in Juris).
Im Übrigen ist die Berufung jedoch unbegründet. Die Klage ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, soweit sie sich gegen die Beigeladene richtete und soweit sie von der Beklagten die Gewährung einer Rente in Höhe der Grundsicherungsleistungen begehrt, bereits mangels der erforderlichen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren unzulässig. Die richtige Klageart ist insoweit die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bezogen auf die Festsetzungsbescheide sowie zusätzlich kombiniert mit der Leistungsklage, soweit die Erstattung von Ausgleichs-Zahlungen begehrt wurde. Diese Klagearten sind jedoch vor Erlass einer Verwaltungsentscheidung (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 54 Rn. 39b; BayLSG, Beschluss vom 14.03.2011 - L 16 AS 862/10 -, veröffentlicht in Juris) und Durchführung des Widerspruchsverfahrens unzulässig. Spätestens der angegriffenen Entscheidung des SG konnte der Kläger entnehmen, dass er zunächst entsprechende Anträge bei der Beigeladenen und der Beklagten stellen muss. Dennoch wurde das Verwaltungs- und Vorverfahren nicht nachgeholt, so dass es bei der Unzulässigkeit der Klage bleibt.
Im Übrigen ist die Klage, soweit der Kläger die Verrechnung angreift, unbegründet. Der Senat verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung und sieht von einer eigenen Begründung ab. Zu ergänzen ist lediglich, dass der Große Senat des Bundessozialgerichts die bis dahin streitige Frage, ob eine Verrechnung, wie hier, durch Verwaltungsakt vorgenommen werden darf, mit Beschluss vom 31.08.2011 (- GS 2/10 -, veröffentlicht in Juris) dahingehend entschieden hat, dass der Leistungsträger die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten ausgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln darf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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