Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 15 U 170/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 127/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Am ... 2005 wandte sich der 1941 geborene Kläger an die Beklagte und begehrte die Anerkennung eines am 7. September 1956 beim Bauern E. M. in B. erlittenen Unfalls, bei dem er ein Auge verloren habe, als Arbeitsunfall. Ergänzend hierzu trug der Kläger unter dem 8. März 2005 vor, das Ereignis sei bei der Montage eines Tores auf dem Bauernhof geschehen. Der Bauer M. habe mit einem Dorn auf die Öse des Torbandes geschlagen, um diese zu weiten. Dabei habe sich ein Metallsplitter gelöst, der dem Kläger ins rechte Auge gedrungen sei. Das Auge sei dabei so schwer verletzt worden, dass es habe entfernt werden müssen.
Die Beklagte zog den Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) des Klägers bei, dessen Einträge ab dem 1. September 1957 (Ausbildung zum Fleischer) beginnen. Demnach lag der beitragspflichtige Bruttoverdienst des Klägers vom 1. September bis zum 31. Dezember 1957 bei 200,00 Mark, vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1958 sowie vom 1. Januar bis 31. Dezember 1958 bei jeweils 925,00 Mark und vom 1. Januar bis zum 31. August 1960 bei 780,00 Mark.
Auf entsprechende Nachfrage der Beklagten gab der Kläger mit Schreiben vom 10. Mai und 11. Juli 2005 an, vor seiner Ausbildung zum Fleischer von Mitte Juli bis zum Unfalltag beim Bauern M. als Aushilfe beschäftigt gewesen zu sein und hierfür monatlich ca. 70,00 DM erhalten zu haben. Er habe alle anfallenden Arbeiten wie etwa Abernten von Getreide, Aufstellen der Garben, Reparaturarbeiten oder Ausmisten der Ställe erledigt. Nachweise seien nicht mehr vorhanden.
Die (damalige) Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt teilte der Beklagten unter dem 11. Mai 2005 mit, der Kläger habe nach ihren Aufzeichnungen erst vom 1. September 1957 an eine Beschäftigung ausgeübt. Vom Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt erhielt die Beklagte mit Schreiben vom 26. Mai 2005 die Auskunft, dass dort keine Unterlagen zum Vorgang vorhanden seien, da die Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei. Eine entsprechende Mitteilung enthielt das Schreiben der Universitätsaugenklinik H. vom 17. Juni 2005.
Mit Bescheid vom 8. August 2005 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung des Ereignisses vom 7. September 1956 als Arbeitsunfall ab, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der seinerzeit einschlägigen und auf Grundlage des Befehls Nr. 28 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung, Oberkommandierender der Gruppe Sowjetischer Besatzungstruppen in Deutschland, erlassenen Verordnung über die Sozialpflichtversicherung vom 28. Januar 1947 (VSV 1947) gestanden habe. Nach § 4 b) VSV 1947 seien nämlich Personen, die eine Gelegenheitsarbeit oder eine Arbeit ausgeführt hätten, welche nicht Hauptquelle ihres Lebensunterhalts gewesen sei, nicht gegen Arbeitsunfälle versichert gewesen. Da der Kläger zum Unfallzeitpunkt gerade seine Schulausbildung beendet gehabt habe, sei davon auszugehen, dass sein Lebensunterhalt trotz des nach seinen Angaben erhaltenen Entgelts überwiegend von seinen Eltern bestritten worden sei. Für diese Bewertung spreche auch, dass offensichtlich keine Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden seien und der Kläger trotz der Schwere der Verletzung von dieser keine Unfallentschädigung erhalten habe. Leistungen seien deshalb nicht zu gewähren.
Hiergegen erhob der Kläger noch im selben Monat Widerspruch und trug vor, der Bauer M. habe den Unfall der damaligen Sozialversicherung gemeldet, von der er (der Kläger) im Frühjahr 1957 eine Unfallentschädigung in Höhe von 1.000,00 Mark bekommen habe. Mit seinem Verdienst habe er zum Lebensunterhalt seiner Mutter und seiner drei Geschwister beigetragen, zumal der Vater seit dem zweiten Weltkrieg als vermisst gelte und es seinerzeit durchaus üblich gewesen sei, nach der Schulausbildung zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte ergänzend aus, die Entschädigung spreche gegen einen Arbeitsunfall, da der Verlust eines Auges mit einer monatlichen Rente ausgeglichen worden sei und der einmalige Ausgleichsbetrag einen Haftpflichtschaden belege.
Am 19. Oktober 2005 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Halle Klage erhoben, um sein Anliegen weiter zu verfolgen. Er hat an seiner Ansicht festgehalten und vertiefend vorgetragen, er habe seine Aushilfstätigkeit von Juli bis Dezember 1956 ausführen sollen. Die regelmäßige Arbeitszeit habe von 7.00 bis 16.00 Uhr gedauert. Zu seinem monatlichen Arbeitsentgelt von 70,00 Mark habe er freie Kost und Naturalien erhalten
Der Kläger hat die Schreiben der I. H. vom 15. November 2005 und der M. D. vom 20. Dezember 2005 vorgelegt. Aus dem Schreiben von Frau H. geht hervor, dass sie die Mutter des Klägers am 7. September 1956 zwecks Genehmigung einer Operation in die Augenklinik nach H. begleitet habe. Frau D. hat angegeben, sie sei damals Beauftragte der Staatlichen Versicherung gewesen. Deshalb habe sie auch mit dem Bauern M. Gespräche über den Unfall des Klägers geführt, der dabei das Augenlicht auf der linken Seite verloren habe. Bauer M. habe ihr berichtet, dass der Kläger von der Krankenkasse eine Abfindung in Höhe von 1.000,00 Mark erhalten habe.
Auf Nachfrage des SG hat Frau D. am 10. Mai 2007 telefonisch angegeben, sie sei 1920 geboren und nicht mehr in der Lage, etwas aufzuschreiben. Sie könne sich nur noch daran erinnern, dass der Bauer M. da gewesen sei.
Der Sohn des Bauern M., der Zeuge K. M., hat unter dem 14. Mai 2007 schriftlich erklärt, dass er sich an die Tätigkeit des Klägers von Juli bis Dezember 1956 (Erntezeit) bei seinem Vater erinnern könne. Eine Befristung sei bis Ende 1956 erfolgt, da in der Landwirtschaft im Winter nicht so viele Arbeiten anfielen. Der Kläger habe auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages an fünf Tagen in der Woche im Rahmen fester Arbeitszeiten alle anfallenden Arbeiten verrichtet und dafür einen Festlohn sowie Naturalien erhalten.
Die Schwester des Klägers, die Zeugin M. K., hat mit Schreiben vom 21. Mai 2007 ausgeführt, sie selbst habe nicht beim Bauern M. gearbeitet. Ihr Bruder habe bei diesem von Juli bis Dezember 1956 zwecks Überbrückung bis zum Beginn seiner Lehre an fünf Tagen in der Woche von 7.00 bis 16.00 Uhr alle Hilfsarbeiten verrichtet. Es habe einen Arbeitsvertrag gegeben.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 7. November 2008 hat dieses den Kläger ergänzend befragt und die Zeugen M. und K. vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 7. November 2008 (Bl. 77 bis 83 der Gerichtsakten) Bezug genommen. Der Kläger hat u.a. erklärt, seine Mutter sei Umsiedlerin gewesen und sei mit ihren vier Kindern auf seine Hilfe angewiesen gewesen. Seine Familie und die Familie M. hätten damals in einem Komplex gewohnt. Der Neubauer M., der selbst Umsiedler gewesen sei, sei ebenfalls arm gewesen, habe nichts gehabt und habe alles abgeben müssen. Ursprünglich habe er eine Lehre zum Buchbinder machen sollen, woraus wegen seines Zeugnisses jedoch nichts geworden sei. Der Bauer M. habe während seiner Tätigkeit bei ihm keine weiteren Beschäftigten gehabt. Seine tägliche Arbeitszeit habe von kurz vor 8.00 bis 17.00 Uhr gedauert. Nach dem Unfallgeschehen sei er etwa einen Monat krank gewesen und habe dann wieder beim Bauern M. gearbeitet. Im Dezember 1956 sei die Tätigkeit dann abgeschlossen gewesen. Bis zum Lehrbeginn am 1. September 1957 habe er seit Februar oder März 1957 meist zwei- bis dreimal wöchentlich beim Fleischermeister Hildebrandt geholfen.
Der Zeuge M. hat u.a. bekundet, sein Vater, der besonders viel Wert auf eine Haftpflichtversicherung zur Abdeckung von Schäden gelegt habe, habe während der Saison vom Frühjahr bis weit in den Herbst hinein immer mehrere Frauen beschäftigt, die im Winter zu Hause gewesen seien. Ob diese Arbeitskräfte sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen seien, wisse er nicht. Welchen Lohn der Kläger erhalten habe, könne er nicht sagen. Allerdings müsse es sich um einen Stundenlohn gehandelt haben, denn auch für die Frauen habe sein Vater ein Stundenbuch geführt, in dem genau aufgezeichnet worden sei, zu welchen Zeiten diese tätig gewesen seien.
Die Zeugin K. hat u.a. angegeben, der Kläger habe anders als sie und ihre Schwester eine Ausbildung machen können, da er jünger gewesen sei. Ob es sich bei der Tätigkeit ihres Bruders beim Bauern M. um ein richtiges Arbeitsverhältnis gehandelt habe, könne sie nicht genau sagen. In den 1950er Jahren habe sich jeder, wenn es eben ging, so ein bisschen dazu verdient. Auch die Bauern seien froh gewesen, wenn sie jemanden zum Helfen gehabt hätten. Sie habe 1956 in einer Porzellanfabrik gearbeitet. Da ihre Mutter nichts gehabt habe, habe auch ihre jüngere Schwester arbeiten gehen müssen.
Mit Urteil vom 7. November 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Das Ereignis vom 7. September 1956 sei kein Arbeitsunfall, da die Aushilfstätigkeit des Klägers beim Bauern M. schon nach dem damals geltenden Recht der DDR nicht unter dem Schutz der Unfallversicherung gestanden habe. Maßgeblich sei insoweit die Vorschrift des § 4 b) VSV 1947, die kurzfristig ausgeübte und nur vorübergehenden materiellen Zwecken dienende Tätigkeiten erfasst habe. Hierunter fielen insbesondere auch saisonale Tätigkeiten in der Landwirtschaft, wie sie der Kläger beim Bauern M. verrichtet habe. Nach seinen eigenen Aussagen und den Darlegungen der Zeugen habe es sich von vornherein um typische Erntehelfertätigkeiten im Sinne einer befristeten Gelegenheitsarbeit gehandelt. Überdies sei die vom Kläger beim Bauern M. geleistete Arbeit auch nicht als Hauptquelle seines Lebensunterhalts anzusehen. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt 15 Jahre alt gewesen und habe als Minderjähriger bei seiner Mutter gelebt. Diese sowie seine beiden älteren Schwestern hätten offensichtlich den Lebensunterhalt der Familie gesichert. Ansonsten sei nicht nachzuvollziehen, dass der Kläger eine Lehre habe absolvieren können, bei der er monatlich weniger als beim Bauern M. zuzüglich der Naturalien verdient habe. Gegen eine versicherte Tätigkeit spreche schließlich, dass die Einträge im SV-Ausweis erst zum 1. September 1957 beginnen würden und in der DDR trotz Vorsprache des Bauern M. bei Frau D. als damaliger Versicherungsbeauftragten keine Anerkennung als Arbeitsunfall erfolgt sei.
Gegen das ihm am 26. November 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Dezember 2008 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Er rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung bzw. –auslegung durch das SG. Nach allgemein anerkannter Definition sei eine Gelegenheitsarbeit eine solche, bei der der Arbeitgeber den Arbeitnehmer je nach Arbeitsanfall beanspruche, wobei Zeitpunkt und Dauer der einzelnen Arbeitseinsätze jeweils vom Arbeitgeber bestimmt würden. Jedenfalls könne als Gelegenheitsarbeit kein Zeitraum über zwei Monate angesehen werden. Da er ein halbes Jahr auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages bei festem Einkommen und regelmäßiger Arbeitszeit beschäftigt gewesen sei, läge keine Gelegenheitsarbeit vor. Außerdem habe das SG verkannt, dass er nicht lediglich Erntehilfe geleistet, sondern sämtliche auf dem Bauernhof anfallenden Tätigkeiten ausgeführt habe. Das vom Bauern M. geleistete Entgelt zuzüglich der Naturalien habe nicht nur als Hauptquelle seines Lebensunterhalts gedient, sondern sei auch zur Versorgung der gesamten Familie notwendig gewesen. Dass keine Teilrente gezahlt worden sei, spreche ebenfalls nicht gegen eine versicherte Tätigkeit. Denn als Ursache hierfür könne z.B. eine unzutreffende Antragstellung in Betracht kommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2005 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 7. September 1956 mit der Folge des Verlustes seines rechten Auges ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Ansicht und verteidigt das Urteil des SG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 8. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2005 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zutreffend die Anerkennung eines Ereignisses vom 7. September 1956 als Arbeitsunfall abgelehnt hat.
Da der vom Kläger geltend gemachte Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sein soll, sind hier gemäß § 215 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden. Weil der Beklagten der streitige Unfall nicht bis spätestens zum 31. Dezember 1993 bekannt geworden ist (siehe hierzu § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO in der bis zum 31. Dezember 1996 gültigen Fassung), setzt der vom Kläger verfolgten Anspruch voraus, dass sowohl nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht als auch nach der RVO die Merkmale eines Arbeitsunfalls erfüllt sind (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], siehe nur Urteil vom 4. Dezember 2001 – B 2 U 35/00 R – SozR 3-8440 Nr. 50 Nr. 1 oder Urteil vom 18. August 2004 – B 8 KN 1/03 U R – SozR 4-5670 Anl. 1 Nr. 2402 Nr. 1; vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, BT-Drucks. 12/405, S. 116).
Ob das angeschuldigte Geschehen nach der RVO als Arbeitsunfall anzuerkennen wäre, kann offen bleiben. Denn jedenfalls sind die zum Unfallzeitpunkt nach dem Recht der DDR zu erfüllenden Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls nicht gegeben.
Maßgeblich abzustellen ist insoweit auf die VSV 1947 (Arbeit und Sozialfürsorge 1947, S. 92; GBl. Provinz Sachsen 1947 Teil I, S. 25; auch abgedruckt in: Rentenversicherung in Deutschland vor der Rentenreform 1992, herausgegeben von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, B. 1993, S. 1014; Weser, Versicherungs- und Beitragsrecht in der Sozialversicherung der DDR, B. 1979, S. 304), die erst durch § 81 Abs. 3 der Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 21. Dezember 1961 (SVO 1961 – GBl. II, 533) für nicht mehr anwendbar erklärt wurde.
Gemäß den zu den §§ 39 bis 47 VSV 1947 getroffenen Regelungen der nach § 81 Abs. 3 SVO 1961 ebenfalls bis zum 31. Dezember 1961 anwendbaren Ersten Durchführungsbestimmung vom 9. April 1947 zum Befehl Nr. 28 (1. DV VSV 1947 – Arbeit und Sozialfürsorge 1947, S. 195; auch abgedruckt bei Petri: Leistungsgewährung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten in den neuen Bundesländern, B. 1993, S. 137) sind (Arbeits-)Unfälle im Sinne der VSV 1947 u.a. solche, die ein Versicherter bei einer Beschäftigung auf Grund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses erleidet (Abs. 1 und Abs. 5 a). Welche Personen versichert waren, bemisst sich im vorliegenden Zusammenhang nach § 3 a) VSV 1947, wonach dies auf alle in unselbständiger Arbeit stehenden ständig und unständig Beschäftigten sowie Arbeiter und Angestellte in der Landwirtschaft unter der Voraussetzung einer entgeltlichen Tätigkeit auf Grund eines Arbeitsvertrages oder eines Lehrvertrages (siehe § 5 a) VSV 1947) zutrifft. Dagegen lag nach § 4 b) VSV 1947 bei Personen, die eine Gelegenheitsarbeit oder eine Arbeit ausführten, die nicht als Hauptquelle für ihren Lebensunterhalt anzusehen ist, keine versicherte Tätigkeit vor.
Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist demnach neben einem durch ein bestimmtes Unfallereignis erlittenen (Gesundheits-)Schaden (siehe § 41 VSV 1947) erforderlich, dass das Ereignis im Rahmen einer versicherten Beschäftigung geschehen ist. Dabei müssen ebenso wie das Unfallereignis und der hierdurch bedingte Gesundheits(erst)schaden auch die die versicherte Tätigkeit begründenden tatsächlichen Umstände mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Sinne des so genannten Vollbeweises nachgewiesen sein. Dieser Beweisgrad ist erfüllt, wenn kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt, wenn also kein vernünftiges Zweifelsgefühl mehr besteht (siehe etwa BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84; Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Ausgehend von diesen Grundlagen unterstellt der Senat zugunsten des Klägers, dass sich das Unfallereignis entsprechend seiner Schilderung abgespielt hat. Er geht überdies davon aus, dass sich der Kläger dadurch im Bereich des rechten Auges eine Verletzung zuzog, die in der Folge zum Verlust dieses Auges geführt hat, wenngleich auch hierfür keinerlei objektive Belege (mehr) vorhanden sind. Nach der Gesamtwürdigung aller vorliegenden Umstände ist der Senat jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger zum Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses eine versicherte Tätigkeit im Sinne von § 3 a) in Verbindung mit § 5 a) VSV 1947 ausgeübt hat.
Selbst wenn nämlich entsprechend dem Vortrag des Klägers ein Arbeitsvertrag über mehr als drei Tage zugrunde gelegt wird, obschon die Zeugin K. im Rahmen ihrer Aussage am 7. November 2008 ihre fehlende Kenntnis vom Bestehen eines "richtigen" Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht hat, lässt sich daraus nicht mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit auf eine versicherte Tätigkeit im Sinne der genannten Normen rückschließen. Vielmehr verbleibt dann zumindest ebenso gut Raum für die Anwendung von § 4 b) VSV 1947, wobei die Annahme einer Gelegenheitsarbeit ausscheidet, wie der Kläger im Ergebnis zutreffend anführt. Denn nach Abs. 1 der zu § 4 b) VSV 1947 erlassenen Regelung der 1. DV VSV 1947 (a.a.O.) ist eine Gelegenheitsarbeit im Sinne der VSV 1947 eine vorübergehende Beschäftigung von weniger als drei Tagen.
Vom Eingreifen eines Versicherungsschutzes ist der Senat jedoch deshalb nicht überzeugt, weil nicht gesichert ist, dass die vom Kläger ausgeführte Arbeit als Hauptquelle seines Lebensunterhalts anzusehen war. Bereits die Höhe des von ihm behaupteten Verdienstes steht nicht fest. Denn Angaben zur Vergütungshöhe haben die Zeugen weder in ihren schriftlichen Erklärungen oder bei ihren mündlichen Aussagen vor dem SG gemacht noch ist sie sonst zu belegen. Vielmehr hat der Zeuge M. am 7. November 2008 ausdrücklich bekundet, dass er nicht weiß, welchen Lohn der Kläger erhielt. Auch die vier Jahre ältere Schwester des Klägers, die Zeugin K., hat keine Verdiensthöhe angeben können. Darüber hinaus hat sie an diesem Tag erklärt, dass sie selbst sowie ihre jüngere Schwester arbeiten gehen mussten, um ihre Mutter – und damit auch den Kläger – zu unterstützen. Dies ist angesichts des Alters des Klägers im Unfallzeitpunkt auch plausibel. Dagegen leuchtet die vom Kläger benannte Verdiensthöhe auch vor dem Hintergrund nicht ein, dass der Bauer M. nach der eigenen Aussage des Klägers selbst Umsiedler war, der arm gewesen ist und nichts hatte. Wie er dann trotzdem in der Lage gewesen sein soll, dem Kläger ein Entgelt zu zahlen, mit dem dieser hauptsächlich seinen Lebensunterhalt bestritt, ist nicht nachvollziehbar und hat auch der Kläger nicht erklären können. Da die Verdiensthöhe damit letztlich ungewiss ist, lassen sich auch keine Aussagen dazu treffen, ob die vom Kläger beim Bauern M. verrichtete Tätigkeit tatsächlich als Hauptquelle seines Lebensunterhalts diente.
Ein erhebliches Indiz für eine versicherungsfreie Aushilfstätigkeit, die nicht Hauptquelle des Lebensunterhalts des Klägers war, ist schließlich die tatsächliche Regulierung des Ereignisses. Dem Kläger ist als Ausgleich seines Körperschadens anstatt einer monatlichen Rente eine Einmalzahlung gewährt worden. Dagegen wurden die Folgen eines im Rahmen einer versicherten Tätigkeit erlittenen Unfalls vom Träger der Sozialversicherung nach den §§ 42 bis 44 VSV 1947 ab einem Verlust der Arbeitsfähigkeit (später: Grad des Körperschadens) um 20 vom Hundert in Form von Invalidenrenten entschädigt. Durch die Verordnung zur Übertragung der Sozialversicherung für Bauern, Handwerker, selbständig Erwerbstätige und Unternehmer sowie freiberuflich Tätige auf die Deutsche Versicherungsanstalt vom 2. März 1956 (GBl. I, S. 257) war mit Wirkung vom 1. Januar 1956 an die Trennung zwischen der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten und der Sozialversicherung bei der Deutschen Versicherungsanstalt erfolgt, die durch die Verordnung vom 6. November 1952 (GBl. I, S 1185) zwecks Durchführung der Sach- und Personenversicherungen errichtet worden war und die seit dem 1. Januar 1969 "Staatliche Versicherung der DDR" hieß (siehe Verordnung vom 19. November 1968, GBl. II, S. 941). Die dem Kläger im Frühjahr 1957 gezahlten 1.000,00 Mark lassen sich zwanglos nur mit einer von der Deutschen Versicherungsanstalt getragenen Personenversicherung vereinbaren, zumal der Zeuge M. ausdrücklich bekundet hat, dass sein Vater besonders viel Wert auf eine Haftpflichtversicherung zur Abdeckung von – derartigen – Schäden gelegt hatte. Diese Einordnung wird zudem durch die Angaben von Frau D. gestützt. Sie hat unter dem 20. Dezember 2005 nicht nur erklärt, dass sie damals Beauftragte der Staatlichen Versicherung gewesen ist. Vielmehr hat sie ebenso mitgeteilt, mit dem Bauern M. Gespräche über den Unfall des Klägers geführt zu haben, der ihr auch über die dem Kläger gezahlte Abfindung berichtet hatte. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass das Unfallgeschehen der Deutschen Versicherungsanstalt – gegebenenfalls über Frau D. – vom Bauern M. gemeldet worden ist, wovon auch der Kläger im Rahmen seines Widerspruchs ausgegangen ist. Demgegenüber wäre der Kläger als versicherter Arbeiter kein Selbständiger gewesen, der mit der Deutschen Versicherungsanstalt als Sozialversicherungsträger hätte in Kontakt kommen können.
Dagegen drängt sich gerade nicht die Annahme auf, eine Entschädigung in Form einer Teilrente sei lediglich aus Versehen unterblieben. Hiergegen spricht insbesondere, dass der Unfall vom (einheitlichen) Träger der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten zu keinem Zeitpunkt von Amts wegen als Arbeitsunfall behandelt worden ist, obgleich neben der Primärversorgung laut den Einträgen im SV-Ausweis im Zeitraum von 1959 bis 1974 nahezu jährlich jeweils weitere Behandlungen stattgefunden haben (Kunstauge). Ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt, ließe sich die Nichtgewährung einer monatlichen Teilrente auch nicht an einer Unterschreitung des in § 44 VSV 1947 vorausgesetzten Schädigungsgrades festmachen. Denn der Verlust eines Auges wurde in der DDR – ebenso wie derzeit (siehe nur Schönberger/ Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Absch ... 6.4.2, S. 293) – mit einem Grad über 20 vom Hundert bewertet (vgl. nur Leitfaden zur Auswertung der ärztlichen Gutachten durch die Sozialversicherung und der Beschwerdekommission für Sozialversicherung des FDGB, 1983; Kürzinger/Kollmorgen/Müldner, Grundlagen der ärztlichen Begutachtung, B. 1987). Ist es trotzdem zu keiner Teilrente gekommen, lässt dies in erster Linie auf eine bewusste Entscheidung schließen; nämlich darauf, dass keine Rentenzahlung erfolgte, weil anstatt eines versicherten Arbeitsunfalls ein Unfall im Rahmen einer nicht versicherten Tätigkeit vorlag, aus der nicht hauptsächlich der Lebensunterhalt des Klägers bestritten wurde.
Da nach alledem eine im Unfallzeitpunkt versicherte Tätigkeit des Klägers nach dem damals anzuwendenden Recht der DDR nicht voll nachzuweisen ist, konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Am ... 2005 wandte sich der 1941 geborene Kläger an die Beklagte und begehrte die Anerkennung eines am 7. September 1956 beim Bauern E. M. in B. erlittenen Unfalls, bei dem er ein Auge verloren habe, als Arbeitsunfall. Ergänzend hierzu trug der Kläger unter dem 8. März 2005 vor, das Ereignis sei bei der Montage eines Tores auf dem Bauernhof geschehen. Der Bauer M. habe mit einem Dorn auf die Öse des Torbandes geschlagen, um diese zu weiten. Dabei habe sich ein Metallsplitter gelöst, der dem Kläger ins rechte Auge gedrungen sei. Das Auge sei dabei so schwer verletzt worden, dass es habe entfernt werden müssen.
Die Beklagte zog den Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) des Klägers bei, dessen Einträge ab dem 1. September 1957 (Ausbildung zum Fleischer) beginnen. Demnach lag der beitragspflichtige Bruttoverdienst des Klägers vom 1. September bis zum 31. Dezember 1957 bei 200,00 Mark, vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1958 sowie vom 1. Januar bis 31. Dezember 1958 bei jeweils 925,00 Mark und vom 1. Januar bis zum 31. August 1960 bei 780,00 Mark.
Auf entsprechende Nachfrage der Beklagten gab der Kläger mit Schreiben vom 10. Mai und 11. Juli 2005 an, vor seiner Ausbildung zum Fleischer von Mitte Juli bis zum Unfalltag beim Bauern M. als Aushilfe beschäftigt gewesen zu sein und hierfür monatlich ca. 70,00 DM erhalten zu haben. Er habe alle anfallenden Arbeiten wie etwa Abernten von Getreide, Aufstellen der Garben, Reparaturarbeiten oder Ausmisten der Ställe erledigt. Nachweise seien nicht mehr vorhanden.
Die (damalige) Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt teilte der Beklagten unter dem 11. Mai 2005 mit, der Kläger habe nach ihren Aufzeichnungen erst vom 1. September 1957 an eine Beschäftigung ausgeübt. Vom Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt erhielt die Beklagte mit Schreiben vom 26. Mai 2005 die Auskunft, dass dort keine Unterlagen zum Vorgang vorhanden seien, da die Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei. Eine entsprechende Mitteilung enthielt das Schreiben der Universitätsaugenklinik H. vom 17. Juni 2005.
Mit Bescheid vom 8. August 2005 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung des Ereignisses vom 7. September 1956 als Arbeitsunfall ab, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der seinerzeit einschlägigen und auf Grundlage des Befehls Nr. 28 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung, Oberkommandierender der Gruppe Sowjetischer Besatzungstruppen in Deutschland, erlassenen Verordnung über die Sozialpflichtversicherung vom 28. Januar 1947 (VSV 1947) gestanden habe. Nach § 4 b) VSV 1947 seien nämlich Personen, die eine Gelegenheitsarbeit oder eine Arbeit ausgeführt hätten, welche nicht Hauptquelle ihres Lebensunterhalts gewesen sei, nicht gegen Arbeitsunfälle versichert gewesen. Da der Kläger zum Unfallzeitpunkt gerade seine Schulausbildung beendet gehabt habe, sei davon auszugehen, dass sein Lebensunterhalt trotz des nach seinen Angaben erhaltenen Entgelts überwiegend von seinen Eltern bestritten worden sei. Für diese Bewertung spreche auch, dass offensichtlich keine Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden seien und der Kläger trotz der Schwere der Verletzung von dieser keine Unfallentschädigung erhalten habe. Leistungen seien deshalb nicht zu gewähren.
Hiergegen erhob der Kläger noch im selben Monat Widerspruch und trug vor, der Bauer M. habe den Unfall der damaligen Sozialversicherung gemeldet, von der er (der Kläger) im Frühjahr 1957 eine Unfallentschädigung in Höhe von 1.000,00 Mark bekommen habe. Mit seinem Verdienst habe er zum Lebensunterhalt seiner Mutter und seiner drei Geschwister beigetragen, zumal der Vater seit dem zweiten Weltkrieg als vermisst gelte und es seinerzeit durchaus üblich gewesen sei, nach der Schulausbildung zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte ergänzend aus, die Entschädigung spreche gegen einen Arbeitsunfall, da der Verlust eines Auges mit einer monatlichen Rente ausgeglichen worden sei und der einmalige Ausgleichsbetrag einen Haftpflichtschaden belege.
Am 19. Oktober 2005 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Halle Klage erhoben, um sein Anliegen weiter zu verfolgen. Er hat an seiner Ansicht festgehalten und vertiefend vorgetragen, er habe seine Aushilfstätigkeit von Juli bis Dezember 1956 ausführen sollen. Die regelmäßige Arbeitszeit habe von 7.00 bis 16.00 Uhr gedauert. Zu seinem monatlichen Arbeitsentgelt von 70,00 Mark habe er freie Kost und Naturalien erhalten
Der Kläger hat die Schreiben der I. H. vom 15. November 2005 und der M. D. vom 20. Dezember 2005 vorgelegt. Aus dem Schreiben von Frau H. geht hervor, dass sie die Mutter des Klägers am 7. September 1956 zwecks Genehmigung einer Operation in die Augenklinik nach H. begleitet habe. Frau D. hat angegeben, sie sei damals Beauftragte der Staatlichen Versicherung gewesen. Deshalb habe sie auch mit dem Bauern M. Gespräche über den Unfall des Klägers geführt, der dabei das Augenlicht auf der linken Seite verloren habe. Bauer M. habe ihr berichtet, dass der Kläger von der Krankenkasse eine Abfindung in Höhe von 1.000,00 Mark erhalten habe.
Auf Nachfrage des SG hat Frau D. am 10. Mai 2007 telefonisch angegeben, sie sei 1920 geboren und nicht mehr in der Lage, etwas aufzuschreiben. Sie könne sich nur noch daran erinnern, dass der Bauer M. da gewesen sei.
Der Sohn des Bauern M., der Zeuge K. M., hat unter dem 14. Mai 2007 schriftlich erklärt, dass er sich an die Tätigkeit des Klägers von Juli bis Dezember 1956 (Erntezeit) bei seinem Vater erinnern könne. Eine Befristung sei bis Ende 1956 erfolgt, da in der Landwirtschaft im Winter nicht so viele Arbeiten anfielen. Der Kläger habe auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages an fünf Tagen in der Woche im Rahmen fester Arbeitszeiten alle anfallenden Arbeiten verrichtet und dafür einen Festlohn sowie Naturalien erhalten.
Die Schwester des Klägers, die Zeugin M. K., hat mit Schreiben vom 21. Mai 2007 ausgeführt, sie selbst habe nicht beim Bauern M. gearbeitet. Ihr Bruder habe bei diesem von Juli bis Dezember 1956 zwecks Überbrückung bis zum Beginn seiner Lehre an fünf Tagen in der Woche von 7.00 bis 16.00 Uhr alle Hilfsarbeiten verrichtet. Es habe einen Arbeitsvertrag gegeben.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 7. November 2008 hat dieses den Kläger ergänzend befragt und die Zeugen M. und K. vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 7. November 2008 (Bl. 77 bis 83 der Gerichtsakten) Bezug genommen. Der Kläger hat u.a. erklärt, seine Mutter sei Umsiedlerin gewesen und sei mit ihren vier Kindern auf seine Hilfe angewiesen gewesen. Seine Familie und die Familie M. hätten damals in einem Komplex gewohnt. Der Neubauer M., der selbst Umsiedler gewesen sei, sei ebenfalls arm gewesen, habe nichts gehabt und habe alles abgeben müssen. Ursprünglich habe er eine Lehre zum Buchbinder machen sollen, woraus wegen seines Zeugnisses jedoch nichts geworden sei. Der Bauer M. habe während seiner Tätigkeit bei ihm keine weiteren Beschäftigten gehabt. Seine tägliche Arbeitszeit habe von kurz vor 8.00 bis 17.00 Uhr gedauert. Nach dem Unfallgeschehen sei er etwa einen Monat krank gewesen und habe dann wieder beim Bauern M. gearbeitet. Im Dezember 1956 sei die Tätigkeit dann abgeschlossen gewesen. Bis zum Lehrbeginn am 1. September 1957 habe er seit Februar oder März 1957 meist zwei- bis dreimal wöchentlich beim Fleischermeister Hildebrandt geholfen.
Der Zeuge M. hat u.a. bekundet, sein Vater, der besonders viel Wert auf eine Haftpflichtversicherung zur Abdeckung von Schäden gelegt habe, habe während der Saison vom Frühjahr bis weit in den Herbst hinein immer mehrere Frauen beschäftigt, die im Winter zu Hause gewesen seien. Ob diese Arbeitskräfte sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen seien, wisse er nicht. Welchen Lohn der Kläger erhalten habe, könne er nicht sagen. Allerdings müsse es sich um einen Stundenlohn gehandelt haben, denn auch für die Frauen habe sein Vater ein Stundenbuch geführt, in dem genau aufgezeichnet worden sei, zu welchen Zeiten diese tätig gewesen seien.
Die Zeugin K. hat u.a. angegeben, der Kläger habe anders als sie und ihre Schwester eine Ausbildung machen können, da er jünger gewesen sei. Ob es sich bei der Tätigkeit ihres Bruders beim Bauern M. um ein richtiges Arbeitsverhältnis gehandelt habe, könne sie nicht genau sagen. In den 1950er Jahren habe sich jeder, wenn es eben ging, so ein bisschen dazu verdient. Auch die Bauern seien froh gewesen, wenn sie jemanden zum Helfen gehabt hätten. Sie habe 1956 in einer Porzellanfabrik gearbeitet. Da ihre Mutter nichts gehabt habe, habe auch ihre jüngere Schwester arbeiten gehen müssen.
Mit Urteil vom 7. November 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Das Ereignis vom 7. September 1956 sei kein Arbeitsunfall, da die Aushilfstätigkeit des Klägers beim Bauern M. schon nach dem damals geltenden Recht der DDR nicht unter dem Schutz der Unfallversicherung gestanden habe. Maßgeblich sei insoweit die Vorschrift des § 4 b) VSV 1947, die kurzfristig ausgeübte und nur vorübergehenden materiellen Zwecken dienende Tätigkeiten erfasst habe. Hierunter fielen insbesondere auch saisonale Tätigkeiten in der Landwirtschaft, wie sie der Kläger beim Bauern M. verrichtet habe. Nach seinen eigenen Aussagen und den Darlegungen der Zeugen habe es sich von vornherein um typische Erntehelfertätigkeiten im Sinne einer befristeten Gelegenheitsarbeit gehandelt. Überdies sei die vom Kläger beim Bauern M. geleistete Arbeit auch nicht als Hauptquelle seines Lebensunterhalts anzusehen. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt 15 Jahre alt gewesen und habe als Minderjähriger bei seiner Mutter gelebt. Diese sowie seine beiden älteren Schwestern hätten offensichtlich den Lebensunterhalt der Familie gesichert. Ansonsten sei nicht nachzuvollziehen, dass der Kläger eine Lehre habe absolvieren können, bei der er monatlich weniger als beim Bauern M. zuzüglich der Naturalien verdient habe. Gegen eine versicherte Tätigkeit spreche schließlich, dass die Einträge im SV-Ausweis erst zum 1. September 1957 beginnen würden und in der DDR trotz Vorsprache des Bauern M. bei Frau D. als damaliger Versicherungsbeauftragten keine Anerkennung als Arbeitsunfall erfolgt sei.
Gegen das ihm am 26. November 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Dezember 2008 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Er rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung bzw. –auslegung durch das SG. Nach allgemein anerkannter Definition sei eine Gelegenheitsarbeit eine solche, bei der der Arbeitgeber den Arbeitnehmer je nach Arbeitsanfall beanspruche, wobei Zeitpunkt und Dauer der einzelnen Arbeitseinsätze jeweils vom Arbeitgeber bestimmt würden. Jedenfalls könne als Gelegenheitsarbeit kein Zeitraum über zwei Monate angesehen werden. Da er ein halbes Jahr auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages bei festem Einkommen und regelmäßiger Arbeitszeit beschäftigt gewesen sei, läge keine Gelegenheitsarbeit vor. Außerdem habe das SG verkannt, dass er nicht lediglich Erntehilfe geleistet, sondern sämtliche auf dem Bauernhof anfallenden Tätigkeiten ausgeführt habe. Das vom Bauern M. geleistete Entgelt zuzüglich der Naturalien habe nicht nur als Hauptquelle seines Lebensunterhalts gedient, sondern sei auch zur Versorgung der gesamten Familie notwendig gewesen. Dass keine Teilrente gezahlt worden sei, spreche ebenfalls nicht gegen eine versicherte Tätigkeit. Denn als Ursache hierfür könne z.B. eine unzutreffende Antragstellung in Betracht kommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. November 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2005 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 7. September 1956 mit der Folge des Verlustes seines rechten Auges ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Ansicht und verteidigt das Urteil des SG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 8. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2005 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zutreffend die Anerkennung eines Ereignisses vom 7. September 1956 als Arbeitsunfall abgelehnt hat.
Da der vom Kläger geltend gemachte Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sein soll, sind hier gemäß § 215 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden. Weil der Beklagten der streitige Unfall nicht bis spätestens zum 31. Dezember 1993 bekannt geworden ist (siehe hierzu § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO in der bis zum 31. Dezember 1996 gültigen Fassung), setzt der vom Kläger verfolgten Anspruch voraus, dass sowohl nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht als auch nach der RVO die Merkmale eines Arbeitsunfalls erfüllt sind (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], siehe nur Urteil vom 4. Dezember 2001 – B 2 U 35/00 R – SozR 3-8440 Nr. 50 Nr. 1 oder Urteil vom 18. August 2004 – B 8 KN 1/03 U R – SozR 4-5670 Anl. 1 Nr. 2402 Nr. 1; vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, BT-Drucks. 12/405, S. 116).
Ob das angeschuldigte Geschehen nach der RVO als Arbeitsunfall anzuerkennen wäre, kann offen bleiben. Denn jedenfalls sind die zum Unfallzeitpunkt nach dem Recht der DDR zu erfüllenden Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls nicht gegeben.
Maßgeblich abzustellen ist insoweit auf die VSV 1947 (Arbeit und Sozialfürsorge 1947, S. 92; GBl. Provinz Sachsen 1947 Teil I, S. 25; auch abgedruckt in: Rentenversicherung in Deutschland vor der Rentenreform 1992, herausgegeben von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, B. 1993, S. 1014; Weser, Versicherungs- und Beitragsrecht in der Sozialversicherung der DDR, B. 1979, S. 304), die erst durch § 81 Abs. 3 der Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 21. Dezember 1961 (SVO 1961 – GBl. II, 533) für nicht mehr anwendbar erklärt wurde.
Gemäß den zu den §§ 39 bis 47 VSV 1947 getroffenen Regelungen der nach § 81 Abs. 3 SVO 1961 ebenfalls bis zum 31. Dezember 1961 anwendbaren Ersten Durchführungsbestimmung vom 9. April 1947 zum Befehl Nr. 28 (1. DV VSV 1947 – Arbeit und Sozialfürsorge 1947, S. 195; auch abgedruckt bei Petri: Leistungsgewährung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten in den neuen Bundesländern, B. 1993, S. 137) sind (Arbeits-)Unfälle im Sinne der VSV 1947 u.a. solche, die ein Versicherter bei einer Beschäftigung auf Grund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses erleidet (Abs. 1 und Abs. 5 a). Welche Personen versichert waren, bemisst sich im vorliegenden Zusammenhang nach § 3 a) VSV 1947, wonach dies auf alle in unselbständiger Arbeit stehenden ständig und unständig Beschäftigten sowie Arbeiter und Angestellte in der Landwirtschaft unter der Voraussetzung einer entgeltlichen Tätigkeit auf Grund eines Arbeitsvertrages oder eines Lehrvertrages (siehe § 5 a) VSV 1947) zutrifft. Dagegen lag nach § 4 b) VSV 1947 bei Personen, die eine Gelegenheitsarbeit oder eine Arbeit ausführten, die nicht als Hauptquelle für ihren Lebensunterhalt anzusehen ist, keine versicherte Tätigkeit vor.
Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist demnach neben einem durch ein bestimmtes Unfallereignis erlittenen (Gesundheits-)Schaden (siehe § 41 VSV 1947) erforderlich, dass das Ereignis im Rahmen einer versicherten Beschäftigung geschehen ist. Dabei müssen ebenso wie das Unfallereignis und der hierdurch bedingte Gesundheits(erst)schaden auch die die versicherte Tätigkeit begründenden tatsächlichen Umstände mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Sinne des so genannten Vollbeweises nachgewiesen sein. Dieser Beweisgrad ist erfüllt, wenn kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt, wenn also kein vernünftiges Zweifelsgefühl mehr besteht (siehe etwa BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84; Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Ausgehend von diesen Grundlagen unterstellt der Senat zugunsten des Klägers, dass sich das Unfallereignis entsprechend seiner Schilderung abgespielt hat. Er geht überdies davon aus, dass sich der Kläger dadurch im Bereich des rechten Auges eine Verletzung zuzog, die in der Folge zum Verlust dieses Auges geführt hat, wenngleich auch hierfür keinerlei objektive Belege (mehr) vorhanden sind. Nach der Gesamtwürdigung aller vorliegenden Umstände ist der Senat jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger zum Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses eine versicherte Tätigkeit im Sinne von § 3 a) in Verbindung mit § 5 a) VSV 1947 ausgeübt hat.
Selbst wenn nämlich entsprechend dem Vortrag des Klägers ein Arbeitsvertrag über mehr als drei Tage zugrunde gelegt wird, obschon die Zeugin K. im Rahmen ihrer Aussage am 7. November 2008 ihre fehlende Kenntnis vom Bestehen eines "richtigen" Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht hat, lässt sich daraus nicht mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Wahrscheinlichkeit auf eine versicherte Tätigkeit im Sinne der genannten Normen rückschließen. Vielmehr verbleibt dann zumindest ebenso gut Raum für die Anwendung von § 4 b) VSV 1947, wobei die Annahme einer Gelegenheitsarbeit ausscheidet, wie der Kläger im Ergebnis zutreffend anführt. Denn nach Abs. 1 der zu § 4 b) VSV 1947 erlassenen Regelung der 1. DV VSV 1947 (a.a.O.) ist eine Gelegenheitsarbeit im Sinne der VSV 1947 eine vorübergehende Beschäftigung von weniger als drei Tagen.
Vom Eingreifen eines Versicherungsschutzes ist der Senat jedoch deshalb nicht überzeugt, weil nicht gesichert ist, dass die vom Kläger ausgeführte Arbeit als Hauptquelle seines Lebensunterhalts anzusehen war. Bereits die Höhe des von ihm behaupteten Verdienstes steht nicht fest. Denn Angaben zur Vergütungshöhe haben die Zeugen weder in ihren schriftlichen Erklärungen oder bei ihren mündlichen Aussagen vor dem SG gemacht noch ist sie sonst zu belegen. Vielmehr hat der Zeuge M. am 7. November 2008 ausdrücklich bekundet, dass er nicht weiß, welchen Lohn der Kläger erhielt. Auch die vier Jahre ältere Schwester des Klägers, die Zeugin K., hat keine Verdiensthöhe angeben können. Darüber hinaus hat sie an diesem Tag erklärt, dass sie selbst sowie ihre jüngere Schwester arbeiten gehen mussten, um ihre Mutter – und damit auch den Kläger – zu unterstützen. Dies ist angesichts des Alters des Klägers im Unfallzeitpunkt auch plausibel. Dagegen leuchtet die vom Kläger benannte Verdiensthöhe auch vor dem Hintergrund nicht ein, dass der Bauer M. nach der eigenen Aussage des Klägers selbst Umsiedler war, der arm gewesen ist und nichts hatte. Wie er dann trotzdem in der Lage gewesen sein soll, dem Kläger ein Entgelt zu zahlen, mit dem dieser hauptsächlich seinen Lebensunterhalt bestritt, ist nicht nachvollziehbar und hat auch der Kläger nicht erklären können. Da die Verdiensthöhe damit letztlich ungewiss ist, lassen sich auch keine Aussagen dazu treffen, ob die vom Kläger beim Bauern M. verrichtete Tätigkeit tatsächlich als Hauptquelle seines Lebensunterhalts diente.
Ein erhebliches Indiz für eine versicherungsfreie Aushilfstätigkeit, die nicht Hauptquelle des Lebensunterhalts des Klägers war, ist schließlich die tatsächliche Regulierung des Ereignisses. Dem Kläger ist als Ausgleich seines Körperschadens anstatt einer monatlichen Rente eine Einmalzahlung gewährt worden. Dagegen wurden die Folgen eines im Rahmen einer versicherten Tätigkeit erlittenen Unfalls vom Träger der Sozialversicherung nach den §§ 42 bis 44 VSV 1947 ab einem Verlust der Arbeitsfähigkeit (später: Grad des Körperschadens) um 20 vom Hundert in Form von Invalidenrenten entschädigt. Durch die Verordnung zur Übertragung der Sozialversicherung für Bauern, Handwerker, selbständig Erwerbstätige und Unternehmer sowie freiberuflich Tätige auf die Deutsche Versicherungsanstalt vom 2. März 1956 (GBl. I, S. 257) war mit Wirkung vom 1. Januar 1956 an die Trennung zwischen der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten und der Sozialversicherung bei der Deutschen Versicherungsanstalt erfolgt, die durch die Verordnung vom 6. November 1952 (GBl. I, S 1185) zwecks Durchführung der Sach- und Personenversicherungen errichtet worden war und die seit dem 1. Januar 1969 "Staatliche Versicherung der DDR" hieß (siehe Verordnung vom 19. November 1968, GBl. II, S. 941). Die dem Kläger im Frühjahr 1957 gezahlten 1.000,00 Mark lassen sich zwanglos nur mit einer von der Deutschen Versicherungsanstalt getragenen Personenversicherung vereinbaren, zumal der Zeuge M. ausdrücklich bekundet hat, dass sein Vater besonders viel Wert auf eine Haftpflichtversicherung zur Abdeckung von – derartigen – Schäden gelegt hatte. Diese Einordnung wird zudem durch die Angaben von Frau D. gestützt. Sie hat unter dem 20. Dezember 2005 nicht nur erklärt, dass sie damals Beauftragte der Staatlichen Versicherung gewesen ist. Vielmehr hat sie ebenso mitgeteilt, mit dem Bauern M. Gespräche über den Unfall des Klägers geführt zu haben, der ihr auch über die dem Kläger gezahlte Abfindung berichtet hatte. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass das Unfallgeschehen der Deutschen Versicherungsanstalt – gegebenenfalls über Frau D. – vom Bauern M. gemeldet worden ist, wovon auch der Kläger im Rahmen seines Widerspruchs ausgegangen ist. Demgegenüber wäre der Kläger als versicherter Arbeiter kein Selbständiger gewesen, der mit der Deutschen Versicherungsanstalt als Sozialversicherungsträger hätte in Kontakt kommen können.
Dagegen drängt sich gerade nicht die Annahme auf, eine Entschädigung in Form einer Teilrente sei lediglich aus Versehen unterblieben. Hiergegen spricht insbesondere, dass der Unfall vom (einheitlichen) Träger der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten zu keinem Zeitpunkt von Amts wegen als Arbeitsunfall behandelt worden ist, obgleich neben der Primärversorgung laut den Einträgen im SV-Ausweis im Zeitraum von 1959 bis 1974 nahezu jährlich jeweils weitere Behandlungen stattgefunden haben (Kunstauge). Ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt, ließe sich die Nichtgewährung einer monatlichen Teilrente auch nicht an einer Unterschreitung des in § 44 VSV 1947 vorausgesetzten Schädigungsgrades festmachen. Denn der Verlust eines Auges wurde in der DDR – ebenso wie derzeit (siehe nur Schönberger/ Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Absch ... 6.4.2, S. 293) – mit einem Grad über 20 vom Hundert bewertet (vgl. nur Leitfaden zur Auswertung der ärztlichen Gutachten durch die Sozialversicherung und der Beschwerdekommission für Sozialversicherung des FDGB, 1983; Kürzinger/Kollmorgen/Müldner, Grundlagen der ärztlichen Begutachtung, B. 1987). Ist es trotzdem zu keiner Teilrente gekommen, lässt dies in erster Linie auf eine bewusste Entscheidung schließen; nämlich darauf, dass keine Rentenzahlung erfolgte, weil anstatt eines versicherten Arbeitsunfalls ein Unfall im Rahmen einer nicht versicherten Tätigkeit vorlag, aus der nicht hauptsächlich der Lebensunterhalt des Klägers bestritten wurde.
Da nach alledem eine im Unfallzeitpunkt versicherte Tätigkeit des Klägers nach dem damals anzuwendenden Recht der DDR nicht voll nachzuweisen ist, konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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