Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 3906/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 108/11 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten des Vorverfahrens. Sie bezog von der ARGE F. Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende. Mit Bescheid vom 16.12.2009 forderte diese Leistungen zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 15.01.2010 Widerspruch. Gleichwohl mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 17.01.2010 die Zahlung durch die Klägerin an und setzte eine Mahngebühr von 1,15 EUR fest. Hiergegen erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, am 01.02.2010 Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte, die Mahngebühr sei zu Unrecht festgesetzt worden, weil dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukomme. Mit Schreiben vom 22.03.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, das Forderungskonto sei inzwischen ruhend gestellt, die Mahngebühr sei storniert worden. Sie gehe davon aus, dass sich der Widerspruch erledigt habe.
Mit Schreiben vom 12.04.2010 machte der Bevollmächtigte der Klägerin bei der Beklagten für die Vertretung im Widerspruchsverfahren Gebühren und Auslagen in Höhe von 57,12 EUR geltend. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.04.2010 ab mit der Begründung, einer Erstattung stehe bereits entgegen, dass ein Widerspruch gegen die Mahnung vom 17.01.2010 nicht zulässig gewesen sei, da es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Darüber hinaus sei auch die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nicht notwendig gewesen, weil das Verfahren keine besonderen Schwierigkeiten aufgewiesen habe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2010, auf den Bezug genommen wird, zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.07.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. vorgetragen, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten sei notwendig im Sinne des § 63 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gewesen. Denn der Verwaltungsakt sei nicht mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen gewesen. Auch sei die Frage der zutreffenden Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Mahngebühren keine einfache Rechtsfrage.
Mit Urteil vom 07.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, unabhängig von der Frage, ob die Festsetzung einer Mahngebühr einen Verwaltungsakt darstelle, fehle es jedenfalls an der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Abzustellen sei auf die Sicht eines verständigen Beteiligten - ex ante - im Zeitpunkt der Beauftragung, wobei persönliche Sach- und Rechtskunde berücksichtigt werden könne. Maßgeblich sei der Standpunkt einer vernünftigen Person ohne spezifische Rechtskenntnisse in der gegebenen Konstellation. Die Notwendigkeit sei zu bejahen, wenn das Widerspruchsverfahren rechtlich oder tatsächlich nicht einfach sei oder auch bei einfachen Fällen der Widerspruchsführer ohne den Bevollmächtigten hilflos wäre. Trotz des existenzsichernden Charakters einer begehrten Leistung könne die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts entfallen, wenn es zumutbar sei, der Behörde zeitnah Gelegenheit zur Abhilfe zu geben, etwa bei einfachen Sachfragen. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien sei die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten nicht notwendig gewesen. Ein verständiger Dritter, der sich einer Mahngebühr in Höhe von 1,15 EUR ausgesetzt sehe, werde zunächst durch Nachfragen bei der die Mahngebühr festsetzenden Behörde oder bei der Behörde, deren Forderungen eingetrieben werden sollten, versuchen, die Mahngebühr zu beseitigen. Eine Person, die die Kosten ihres Rechtsanwalts selbst tragen müsse, werde in der Regel zu vermeiden versuchen, für einen Betrag von 1,15 EUR die Kosten für einen Rechtsanwalt zu verursachen, die diesen Betrag um ein Vielfaches überstiegen. Die Sachlage sei auch nicht derart komplex, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts allein deshalb notwendig gewesen sei. Zwar sei es zutreffend, dass die Rechtsfrage, ob die Festsetzung einer Mahngebühr einen Verwaltungsakt darstelle, bisher höchstrichterlich nicht geklärt sei. Auch sei die Zuständigkeit der Beklagten für die Eintreibung von Forderungen der ARGE F. und die Festsetzung von Mahngebühren bisher noch nicht geklärt. Dies ändere jedoch nichts daran, dass es der Klägerin im vorliegenden Fall möglich und zumutbar sei, ohne Zuhilfenahme ihres Rechtsanwalts durch den einfachen Hinweis an die Beklagte und/oder die ARGE F., dass sie die eingezogene Forderung bestreite und gegen den betreffenden Bescheid Widerspruch eingelegt habe, die Erhebung und Einziehung der Mahngebühr zu verhindern. Insofern sei die Rechtslage auch nicht schwierig, denn es sei inzwischen in der Rechtsprechung und auch bei der ARGE F. geklärt, dass einem Widerspruch gegen einen Erstattungsbescheid aufschiebende Wirkung zukomme und eine Einziehung einer solchen Erstattungsforderung einschließlich der Festsetzung von Mahngebühren bei Einlegung eines Widerspruchs nicht rechtmäßig sei.
Gegen das am 10.12.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.01.2011 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Berufung sei zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Grundsätzliche Bedeutung komme der Frage zu, ob es sich bei der Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt handle. Hierüber sei beim Bundessozialgericht unter dem Az: B 14 AS 54/10 R ein Rechtsstreit anhängig. Die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten könne erst dann erörtert werden, wenn zuvor sichergestellt sei, dass § 63 SGB X die einschlägige Rechtsgrundlage sei. Auch seien an die Rechtsschutzmöglichkeiten bzw. die sich daraus ergebende Informationspflicht des Beklagten höhere Anforderungen (§ 36 SGB X) zu stellen, wenn es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X handele.
Dem ist die Beklagte unter Hinweis auf Entscheidungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 28.06.2010 - L 12 AS 569/10 NZB, Beschluss vom 21.09.2010 - L 2 AS 683/10 NZB) entgegengetreten.
II.
Die gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere auch statthaft. Sie ist jedoch nicht begründet. da die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gem. § 144 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geldleistung betrifft, insgesamt 750,00 EUR nicht übersteigt. Dieser Wert wird hier nicht erreicht. Streitig sind lediglich die Gebühren und Auslagen für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 57,12 EUR. Die Berufung betrifft auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die Berufung auch nicht zugelassen.
Auf die somit nach § 145 SGG von der Klägerin zutreffend erhobene Nichtzu-lassungsbeschwerde ist die Berufung nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Be-deutung hat (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Landes-sozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Ver-fahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
Von einer grundsätzlichen Bedeutung ist auszugehen, wenn die Klärung einer Rechtsfrage für die Einheit oder Fortbildung des Rechts notwendig ist. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die sich nach der gegenwärtigen Gesetzeslage oder dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres beantworten lässt und deshalb einer verallgemeinerungsfähigen Antwort im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung bedarf (Hk-SGG/Lüdtke, § 160 Rn. 8).
Der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob es sich bei der Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X handelt, kommt zwar grundsätzliche Bedeutung zu. Sie ist jedoch für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich. Denn wenn die Festsetzung von Mahngebühren nicht als Verwaltungsakt einzustufen ist kommen schon von vorneherein keine erstattungsfähigen Kosten des Vorverfahrens in Betracht, da bereits kein Vorverfahren durchzuführen ist.
Sofern die Festsetzung von Mahngebühren als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist kommt die Erstattung der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren nur in Betracht, wenn die Zuziehung des Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB II). Ist dies, wie vom SG erfolgt, zu verneinen, kann die Frage der rechtlichen Qualifizierung der Mahngebühren dahingestellt bleiben.
Eine grundsätzliche Bedeutung kommt auch nicht der Frage zu, ob beim Widerspruch gegen Verwaltungsakte, denen keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt ist, die Zuziehung eines Bevollmächtigten grundsätzlich als notwendig anzusehen ist.
In der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte ist geklärt, dass für die Entscheidung, die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren für notwendig zu erklären, maßgeblich ist, ob der Kläger es für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden - sog. ex-ante-Sicht - (BSG Urteil vom 29.09.1999 - B 6 KA 30/99 B - in juris). Es ist auf die Sicht eines verständigen Beteiligten abzustellen, wobei persönliche Sach- und Rechtskunde berücksichtigt werden dürfen; entscheidend sind die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Antragstellers (Roos in: von Wulffen, SGB X, § 63 RdNr. 26 m.w.N.). Entscheiden ist, ob aus der Sicht eines vernünftigen Bürgers die Beauftragung eines Rechtsanwaltes unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage nahe liegend war. Damit hängt die Frage, in welchen Fällen die Zuziehung eines Rechtsbeistands notwendig ist, letztlich stets von den Umständen des Einzelfalles ab (Diering in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl. 2010, § 63 Rn. 24). Damit ist die Frage der Notwendigkeit der Beiordnung eines Bevollmächtigten keine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage.
Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte liegt nicht vor. Eine solche setzt die Aufstellung eines Rechtsatzes voraus, der von einem von den genannten Gerichten aufgestellten objektiv abweicht. Dies ist hier nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht.
Ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann, ist weder dargetan noch erkennbar.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten des Vorverfahrens. Sie bezog von der ARGE F. Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende. Mit Bescheid vom 16.12.2009 forderte diese Leistungen zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 15.01.2010 Widerspruch. Gleichwohl mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 17.01.2010 die Zahlung durch die Klägerin an und setzte eine Mahngebühr von 1,15 EUR fest. Hiergegen erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, am 01.02.2010 Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte, die Mahngebühr sei zu Unrecht festgesetzt worden, weil dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukomme. Mit Schreiben vom 22.03.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, das Forderungskonto sei inzwischen ruhend gestellt, die Mahngebühr sei storniert worden. Sie gehe davon aus, dass sich der Widerspruch erledigt habe.
Mit Schreiben vom 12.04.2010 machte der Bevollmächtigte der Klägerin bei der Beklagten für die Vertretung im Widerspruchsverfahren Gebühren und Auslagen in Höhe von 57,12 EUR geltend. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.04.2010 ab mit der Begründung, einer Erstattung stehe bereits entgegen, dass ein Widerspruch gegen die Mahnung vom 17.01.2010 nicht zulässig gewesen sei, da es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Darüber hinaus sei auch die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nicht notwendig gewesen, weil das Verfahren keine besonderen Schwierigkeiten aufgewiesen habe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2010, auf den Bezug genommen wird, zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.07.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. vorgetragen, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten sei notwendig im Sinne des § 63 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gewesen. Denn der Verwaltungsakt sei nicht mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen gewesen. Auch sei die Frage der zutreffenden Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Mahngebühren keine einfache Rechtsfrage.
Mit Urteil vom 07.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, unabhängig von der Frage, ob die Festsetzung einer Mahngebühr einen Verwaltungsakt darstelle, fehle es jedenfalls an der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Abzustellen sei auf die Sicht eines verständigen Beteiligten - ex ante - im Zeitpunkt der Beauftragung, wobei persönliche Sach- und Rechtskunde berücksichtigt werden könne. Maßgeblich sei der Standpunkt einer vernünftigen Person ohne spezifische Rechtskenntnisse in der gegebenen Konstellation. Die Notwendigkeit sei zu bejahen, wenn das Widerspruchsverfahren rechtlich oder tatsächlich nicht einfach sei oder auch bei einfachen Fällen der Widerspruchsführer ohne den Bevollmächtigten hilflos wäre. Trotz des existenzsichernden Charakters einer begehrten Leistung könne die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts entfallen, wenn es zumutbar sei, der Behörde zeitnah Gelegenheit zur Abhilfe zu geben, etwa bei einfachen Sachfragen. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien sei die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten nicht notwendig gewesen. Ein verständiger Dritter, der sich einer Mahngebühr in Höhe von 1,15 EUR ausgesetzt sehe, werde zunächst durch Nachfragen bei der die Mahngebühr festsetzenden Behörde oder bei der Behörde, deren Forderungen eingetrieben werden sollten, versuchen, die Mahngebühr zu beseitigen. Eine Person, die die Kosten ihres Rechtsanwalts selbst tragen müsse, werde in der Regel zu vermeiden versuchen, für einen Betrag von 1,15 EUR die Kosten für einen Rechtsanwalt zu verursachen, die diesen Betrag um ein Vielfaches überstiegen. Die Sachlage sei auch nicht derart komplex, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts allein deshalb notwendig gewesen sei. Zwar sei es zutreffend, dass die Rechtsfrage, ob die Festsetzung einer Mahngebühr einen Verwaltungsakt darstelle, bisher höchstrichterlich nicht geklärt sei. Auch sei die Zuständigkeit der Beklagten für die Eintreibung von Forderungen der ARGE F. und die Festsetzung von Mahngebühren bisher noch nicht geklärt. Dies ändere jedoch nichts daran, dass es der Klägerin im vorliegenden Fall möglich und zumutbar sei, ohne Zuhilfenahme ihres Rechtsanwalts durch den einfachen Hinweis an die Beklagte und/oder die ARGE F., dass sie die eingezogene Forderung bestreite und gegen den betreffenden Bescheid Widerspruch eingelegt habe, die Erhebung und Einziehung der Mahngebühr zu verhindern. Insofern sei die Rechtslage auch nicht schwierig, denn es sei inzwischen in der Rechtsprechung und auch bei der ARGE F. geklärt, dass einem Widerspruch gegen einen Erstattungsbescheid aufschiebende Wirkung zukomme und eine Einziehung einer solchen Erstattungsforderung einschließlich der Festsetzung von Mahngebühren bei Einlegung eines Widerspruchs nicht rechtmäßig sei.
Gegen das am 10.12.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.01.2011 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Berufung sei zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Grundsätzliche Bedeutung komme der Frage zu, ob es sich bei der Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt handle. Hierüber sei beim Bundessozialgericht unter dem Az: B 14 AS 54/10 R ein Rechtsstreit anhängig. Die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten könne erst dann erörtert werden, wenn zuvor sichergestellt sei, dass § 63 SGB X die einschlägige Rechtsgrundlage sei. Auch seien an die Rechtsschutzmöglichkeiten bzw. die sich daraus ergebende Informationspflicht des Beklagten höhere Anforderungen (§ 36 SGB X) zu stellen, wenn es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X handele.
Dem ist die Beklagte unter Hinweis auf Entscheidungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 28.06.2010 - L 12 AS 569/10 NZB, Beschluss vom 21.09.2010 - L 2 AS 683/10 NZB) entgegengetreten.
II.
Die gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere auch statthaft. Sie ist jedoch nicht begründet. da die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gem. § 144 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geldleistung betrifft, insgesamt 750,00 EUR nicht übersteigt. Dieser Wert wird hier nicht erreicht. Streitig sind lediglich die Gebühren und Auslagen für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 57,12 EUR. Die Berufung betrifft auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die Berufung auch nicht zugelassen.
Auf die somit nach § 145 SGG von der Klägerin zutreffend erhobene Nichtzu-lassungsbeschwerde ist die Berufung nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Be-deutung hat (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Landes-sozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Ver-fahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
Von einer grundsätzlichen Bedeutung ist auszugehen, wenn die Klärung einer Rechtsfrage für die Einheit oder Fortbildung des Rechts notwendig ist. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die sich nach der gegenwärtigen Gesetzeslage oder dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres beantworten lässt und deshalb einer verallgemeinerungsfähigen Antwort im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung bedarf (Hk-SGG/Lüdtke, § 160 Rn. 8).
Der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob es sich bei der Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X handelt, kommt zwar grundsätzliche Bedeutung zu. Sie ist jedoch für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich. Denn wenn die Festsetzung von Mahngebühren nicht als Verwaltungsakt einzustufen ist kommen schon von vorneherein keine erstattungsfähigen Kosten des Vorverfahrens in Betracht, da bereits kein Vorverfahren durchzuführen ist.
Sofern die Festsetzung von Mahngebühren als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist kommt die Erstattung der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren nur in Betracht, wenn die Zuziehung des Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB II). Ist dies, wie vom SG erfolgt, zu verneinen, kann die Frage der rechtlichen Qualifizierung der Mahngebühren dahingestellt bleiben.
Eine grundsätzliche Bedeutung kommt auch nicht der Frage zu, ob beim Widerspruch gegen Verwaltungsakte, denen keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt ist, die Zuziehung eines Bevollmächtigten grundsätzlich als notwendig anzusehen ist.
In der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte ist geklärt, dass für die Entscheidung, die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren für notwendig zu erklären, maßgeblich ist, ob der Kläger es für erforderlich halten durfte, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden - sog. ex-ante-Sicht - (BSG Urteil vom 29.09.1999 - B 6 KA 30/99 B - in juris). Es ist auf die Sicht eines verständigen Beteiligten abzustellen, wobei persönliche Sach- und Rechtskunde berücksichtigt werden dürfen; entscheidend sind die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Antragstellers (Roos in: von Wulffen, SGB X, § 63 RdNr. 26 m.w.N.). Entscheiden ist, ob aus der Sicht eines vernünftigen Bürgers die Beauftragung eines Rechtsanwaltes unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage nahe liegend war. Damit hängt die Frage, in welchen Fällen die Zuziehung eines Rechtsbeistands notwendig ist, letztlich stets von den Umständen des Einzelfalles ab (Diering in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl. 2010, § 63 Rn. 24). Damit ist die Frage der Notwendigkeit der Beiordnung eines Bevollmächtigten keine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage.
Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte liegt nicht vor. Eine solche setzt die Aufstellung eines Rechtsatzes voraus, der von einem von den genannten Gerichten aufgestellten objektiv abweicht. Dies ist hier nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht.
Ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann, ist weder dargetan noch erkennbar.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved