L 13 R 269/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4349/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 269/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. November 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1965 geborene Kläger durchlief, nachdem er zuvor den Hauptschulabschluss erworben hatte, in der Zeit vom 10. August 1981 bis 31. August 1982 eine Ausbildung zum Gipser und Stuckateur; er konnte diese jedoch nicht erfolgreich abschließen. In der Folge arbeitete der Kläger zunächst in seinem Ausbildungsbetrieb als Hilfsarbeiter, später in der Zeit vom 18. April 1988 bis 22. Januar 1993 als Gießereiarbeiter im Schichtbetrieb und im Anschluss als LKW-Fahrer (15. Juli bis 14. Oktober 1993). Ab 9. Mai 1994 war der Kläger dann als Arbeiter in der Gärtnerei eines städtischen Bauhofs beschäftigt, bis er ab 1. Januar 2005 arbeitsunfähig wurde. Nachdem er in der Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 30. November 2006 Arbeitslosengeld I bezogen hatte, ging der Kläger ab 10. Juli 2008 wieder einer Teilzeitbeschäftigung als Kurierfahrer nach.

Am 17. Januar 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Bei Antragstellung gab er an, er halte sich "seit Jahren" wegen eines Bandscheibenleidens, Arthrosen in beiden Knien und Beschwerden im rechten Sprunggelenk für erwerbsgemindert. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts ließ die Beklagte den Kläger von dem Orthopäden und Chirotherapeuten Dr. F. begutachten. Dieser führte in seinem Gutachten vom 28. Februar 2007 aus, der Kläger leide unter einer rezidivierenden Lumboischialgie mit degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und einem Zustand nach Bandscheibenvorfall L4/5, unter einer initialen Gonarthrose rechts sowie unter einem Zustand nach BWK-6 und BWK-8-Kompressionsfraktur nach einem 1986 erlittenen Motoradunfall mit leichter Wirbelsäulenfehlstatik. Dr. F. hielt den Kläger trotz dieser Diagnosen noch für fähig, leichte körperliche Tätigkeiten in Wechselhaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. In ihrer abschließenden sozialmedizinischen Beurteilung vom 26. März 2007 kam die Sozialmedizinerin Dr. P. zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten noch eine vollschichtige Erwerbsfähigkeit. Gestützt auf diese Beurteilung lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 13. April 2007 ab. Den seitens des Klägers gegen diesen Bescheid am 19. April 2007 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2007 zurück.

Mit der am 10. August 2007 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Entgegen der Einschätzung der Beklagten sei er nicht mehr in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Jedenfalls bestehe Anlass, den Sachverhalt in medizinischer Hinsicht weiter aufzuklären. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage sozialmedizinischer Stellungnahmen von Fachärztin für Chirugie Dr. L. vom 21. Mai 2008 (Bl. 48/49 der Klageakte des SG) und Arzt für Chirurgie Dr. Schl. (Bl. 69/70 der Klageakte des SG) entgegengetreten. Das SG hat die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. G. und Dr. E. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. hat unter Bezugnahme auf seinen an Dr. E. gerichteten Arztbrief vom 17. Dezember 2007 die Auffassung vertreten, der Kläger könne nicht mehr als drei bis sechsstündig arbeiten (Aussage vom 25. Februar 2008). Dr. E. selbst hat in seiner Aussage vom 26. März 2008 ausgeführt, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen noch höchstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. In der Folge hat das SG den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. H. zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger beauftragt. In seinem Gutachten vom 25. November 2008 hat Prof. Dr. H. in körperlicher Hinsicht eine chronische therapieresistente Lumbago mit klinisch und elektroneurophysiologisch nachweisbarer Schädigung (L5)S1 rechts diagnostizert. Mental-psychisch bestehe eine Rechenstörung als Teilleistungsstörung (Entwicklungsstörung des Rechnens von Jugend an). Der Kläger sei in der Lage, überwiegend leichte und vorübergehend auch mittelschwere Arbeiten drei bis sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit Urteil vom 4. November 2010 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2007 verurteilt, dem Kläger eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 22. Januar 2007 ab 1. Februar 2007 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, die Kammer halte das Leistungsvermögen des Klägers in Übereinstimmung mit Prof. Dr. H. für quantitativ gemindert. Diese Einschränkung bestehe seit Rentenantragstellung; eine Besserung sei unwahrscheinlich. Da der Kläger einen Teilzeitarbeitsplatz innehabe, stehe ihm nur eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu, diese in Anbetracht der negativen Prognose allerdings auf Dauer.

Gegen das ihr am 10. November 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Januar 2011 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sowohl die behandelnden Ärzte als auch Prof. Dr. H. hätten dem Kläger noch ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen attestiert. Damit seien nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente nicht erfüllt.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. November 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.

Der Senat hat den (damaligen) Oberarzt der Abteilung Orthopädie-Traumatologie des Klinikums K. Dr. von S. und den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin M. mit der Erstattung medizinischer Sachverständigengutachten beauftragt. Dr. von S. hat in seinem Gutachten vom 26. Juni 2011 eine unter leichter Keilwirbelbildung knöchern konsolidierte BWK-8-Kompressionsfraktur ohne wesentliche Fehlstellung mit degenerativen Veränderungen der mittleren BWS und leichter Rundrückenbildung, ein degeneratives LWS-Syndrom mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung rechts und vorhandener Spondylarthrose der unteren LWS ohne radikuläre Reiz- oder Kompressionssymptomatik oder radiologischen Nachweis einer lumbalen Instabilität, eine beginnende Varusgonarthrose rechts und eine leichte Exostosenbildung an beiden Füßen dorsal diagnostiziert. Trotz dieser Erkrankungen sei der Kläger unverändert in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung seiner Gesundheit leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über sechs Stunden und länger an fünf Tagen in der Woche auszuüben. In diagnostischer Hinsicht hat der Sachverständige M. chronisch lumbale Rückenschmerzen mit rezidivierender belastungsabhängiger ischialgieformer Ausstrahlung rechts bei Zustand nach lumbaler Bandscheibenoperation L4/5 am 12. April 2005 ohne klinische oder elektrophysiologische Hinweise auf eine Nervenwurzelkompression und einen Alkoholmissbrauch ohne sicheren Hinweis auf eine Alkoholabhängigkeit mit Hinweisen auf eine beginnende alkoholtoxische Polyneuropathie beschrieben. Krankheiten oder psychische Störungen, die einer achtstündigen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wege stehen würden, bestünden nicht (Gutachten vom 9. November 2011).

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (24 170665 F 019), die Klageakte des SG (S 12 R 4349/07) und die Berufungsakte des Senats (L 13 R 269/11) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist auch begründet, das SG hat der auf die Gewährung einer (Dauer-) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beschränkten Klage zu Unrecht stattgegeben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs - und Leistungsklage ist insoweit der Bescheid vom 13. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2007, mit dem die Beklagte den Rentenantrag des Klägers vom 17. Januar 2007 - auch im Hinblick auf die (nur noch begehrte) Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung abgelehnt hat. Dieser Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der auch im vorliegenden Fall anwendbaren Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB V) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).

Der Kläger ist noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Er ist damit nicht erwerbsgemindert und hat deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger erst am 17. Juni 1965 und damit nach dem 1. Januar 1961 geboren ist.

Entgegen den Feststellungen des SG lag und liegt beim Kläger eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß nicht vor. Die Leistungsfähigkeit des Klägers wird vorrangig durch Leiden des orthopädischen Fachgebiets und die aus diesen Erkrankungen resultierenden Schmerzen beeinträchtigt. Dass diese Leiden eine zeitliche Einschränkung des täglichen Arbeitsvermögens - jedenfalls auf ein unterhalb der maßgelblichen Grenze von arbeitstäglich sechs Stunden liegendes Maß - nicht zu rechtfertigen vermögen, haben bereits Dr. F. in seinem im Verlauf des Verwaltungsverfahrens erstatteten Gutachten vom 28. Februar 2007 sowie Dr. P. in ihrer zusammenfassenden sozialmedizinischen Beurteilung vom 26. März 2007 zutreffend aus den von ihnen erhobenen Befunden geschlussfolgert. Das Ergebnis der vom SG im Verlauf des erstinstanzlichen Klageverfahrens durchgeführten Beweisaufnahme stellt die Richtigkeit dieser Einschätzung, anders als vom SG angenommen, nicht in Frage. Weder die schriftlich als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte Dr. G. und Dr. E. (Aussagen vom 25. Februar 2008 bzw. 26. März 2008) noch der von Amts wegen mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens über den Kläger beauftragte Sachverständige Prof. Dr. H. (Gutachten vom 25. November 2008) haben dem Kläger die Fähigkeit abgesprochen, täglich sechs Stunden zu arbeiten. Alle drei haben vielmehr übereinstimmend gerade ein bis zu sechsstündiges Leistungsvermögen festgestellt. Jedenfalls mit dem Vorliegen der vom Senat in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten von Dr. von S. und Nervenarzt M. (Gutachten vom 26. Juni 2011 bzw. 9. November 2011) steht fest, dass das Leistungsvermögen des Klägers nicht auf einen arbeitstäglichen Umfang von unter sechs Stunden abgesunken ist. Beide Sachverständigen konnten keine Befunde erheben die eine weitergehende quantitative Leistungseinschränkung begründen könnten. Nachdem auch seitens des Klägers keine substantiierten Einwände gegen die sozialmedizinischen Beurteilungen der vom Senat ernannten Sachverständigen erhoben wurden und für das Leistungsvermögen relevante Erkrankungen auf anderen medizinischen Fachgebieten nicht vorliegen, bestand auch keine Veranlassung, weitere medizinische Ermittlungen in die Wege zu leiten.

Letztlich ist auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, liegen beim Kläger nicht vor. In qualitativer Hinsicht muss dieser, wie Dr. von S. und Nervenarzt M. in ihren Gutachten vom 26. Juni 2011 bzw. 9. November 2011 ausgeführt haben, schwere und ständig mittelschwere Arbeiten, Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten in ständig vornübergebeugter Stellung, in gebückter Haltung oder in Bodennähe, Arbeiten mit wechselnder Umgebungstemperatur oder in nasskalter Umgebung sowie – wegen des Alkoholmissbrauchs – Tätigkeiten, die mit dem Ausschank offener Alkoholika verbunden sind, vermeiden. Die beim Kläger vorliegenden Einschränkungen können zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben, im Berufungsverfahren obsiegt hat und die Rechtsverfolgung des Klägers insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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