Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 2328/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2922/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Umzugskosten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
Die 1962 geborene Klägerin zog im Oktober 2007 mit ihrem 1995 geborenen Sohn von Freiburg nach Gottenheim im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Für die Kosten des Umzugs erhielt sie einen Zuschuss der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Freiburg in Höhe von 1.696,94 EUR (Bescheid vom 13.02.2008, Bl. 253 VwA JobC Freiburg). Für die dortige Wohnung mit einer Wohnfläche von 104 m², welche die Klägerin zum 24.09.2007 angemietet hatte, betrug die Miete ab dem 01.10.2007 monatlich 475,- EUR (Kaltmiete i.H.v. 335,- EUR sowie Nebenkosten i.H.v. 140,- EUR). Von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der ARGE Breisgau-Hochschwarzwald, bezogen die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Als Kosten der Unterkunft und Heizung wurden zunächst nur 437,27 EUR als angemessene Kosten anerkannt. Ab dem 01.11.2007 erkannte die Beklagte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 446,44 EUR an.
In der Mietbescheinigung vom 10.04.2008 (Bl. 246 a Verwaltungsakte) teilte der Vermieter mit, die Klägerin habe bisher lediglich in den Monaten November und Dezember 2007 die vollständige Miete bezahlt, für Oktober 2007 sei keine Zahlung erfolgt, für die Zeit ab 01.01.2008 lediglich Zahlungen mit Mietminderungen. Die Wohnung sei zum 31.03.2008 gekündigt worden, es sei Räumungsklage erhoben.
Mit Schreiben vom 27.05.2008 (Bl. 253) teilte die Beklagte der Klägerin mit, die nach dem SGB II leistungsrechtlich angemessene Kaltmiete im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald liege bei maximal 5,11 EUR/m², für einen Zwei-Personen-Haushalt somit bei maximal 306,60 EUR (60 m² zu 5,11 EUR) zuzüglich der auf diese Wohnfläche entfallenden angemessenen Nebenkosten.
Am 08.09.2008 sprach die Klägerin bei der Beklagten vor und teilte mit, sie verziehe zum 15.10.2008 nach Freiburg, für diesen Umzug beantrage sie Umzugskosten. Hierzu legte sie einen am 05.09.2008 unterzeichneten Mietvertrag über eine Wohnung in der Merzhauser Straße 72, Freiburg, mit einer Wohnfläche von 78,62 m², einer Grundmiete von 545,- EUR sowie Nebenkosten von 210,- EUR (Bruttowarmmiete insgesamt monatlich 755,- EUR) vor.
Am 17.09.2008 legte die Klägerin drei Angebote von Umzugsfirmen über einen Umzug von Gottenheim nach Freiburg vor (1.313,76 EUR, 1.344,- EUR bzw. 1.439,90 EUR).
Mit Bescheid vom 22.09.2008 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Umzugskosten ab mit der Begründung, der Umzug könne zwar als notwendig angesehen werden, da die Wohnung in Gottenheim wegen Eigenbedarf gekündigt worden sei. Die neue Unterkunft sei jedoch aus leistungsrechtlicher Sicht nicht angemessen. Nach Auskunft der ARGE Freiburg liege die angemessene Kaltmiete bei einem Zwei-Personen-Haushalt bei maximal 352,20 EUR. Die tatsächliche Kaltmiete von 545,- EUR sei deshalb aus leistungsrechtlicher Sicht unangemessen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 06.10.2008 Widerspruch mit der Begründung, die Umzugskosten seien unabhängig von der Angemessenheit der Kosten der neuen Wohnung auch dann zu übernehmen, wenn der Umzug notwendig sei. Dies sei bei einer Eigenkündigung wie vorliegend gegeben.
Mit Widerspruchbescheid vom 02.10.2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 14.10.2008 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 17 AS 5107/08 geführt wurde. Im Klageverfahren hat die Klägerin eine Rechnung über Umzugskosten in Höhe von 1.805,70 EUR vorgelegt. Die Klägerin hat weiter vorgetragen, es seien Umzugskosten in Höhe von insgesamt 1.598, 97 EUR entstanden.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.06.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der konkrete Umzug der Klägerin in die Wohnung Merzhauser Straße 72 in 79100 Freiburg sei nicht notwendig im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II gewesen. Eine Notwendigkeit im Sinne dieser Vorschrift liege nur dann vor, wenn neben der Notwendigkeit des Auszuges aus der bisherigen Wohnung auch der Einzug in die neue Wohnung notwendig sei. Dies setze voraus, dass die neue Wohnung keine unangemessenen Kosten verursache. Ließe man dies außer Betracht, müsste der zuständige Grundsicherungsträger sonst Umzüge in Wohnungen finanzieren, bei denen die unangemessenen Mietkosten in der Folgezeit nur teilweise übernommen werden könnten, was regelmäßig in absehbarer Zeit zu einem weiteren Umzug führe. Denn es würden aller Voraussicht nach Mietschulden entstehen, welche den Vermieter zu einer Kündigung berechtigten. Die Kaltmiete der Klägerin von 545,- EUR pro Monat für die neue Wohnung sei unangemessen. Selbst wenn im Bereich der Stadt Freiburg kein schlüssiges Konzept für die Ermittlung der angemessenen Mietkosten vorliege, könne die Übernahme der tatsächlichen Kosten nicht unbegrenzt erfolgen. Vielmehr gebe es eine Angemessenheitsgrenze nach oben, die sich aus den Tabellenwerten zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw. nunmehr § 12 WoGG ergebe. Ausgehend vom Höchstbetrag der Tabelle zu § 12 WoGG als Nettokaltmiete sowie unter Hinzurechnung eines "Sicherheitszuschlages" in Höhe von 10 % ergebe sich vorliegend ein Höchstbetrag von 514,80 EUR im Monat. Damit übersteige die Kaltmiete der Kläger von 545,- EUR pro Monat auch diesen günstigstenfalls für eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Freiburg als angemessen anzunehmenden Betrag.
Gegen den am 14.06.2011 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 13.07.2011 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie tragen vor, die Stadt Freiburg verfüge nicht über ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten, das den Anforderungen des BSG genüge. Die von der damaligen Arbeitsgemeinschaft Freiburg Stadt zugrunde gelegte Angemessenheitsgrenze sei vom BSG verworfen worden. Sie hätten damit nicht wissen können, in welcher Höhe Unterkunftskosten in Freiburg angemessen seien. Bis heute sei diese Frage ungeklärt. Die von ihnen angemietete Wohnung sei im unteren Preissegment angesiedelt, da in Freiburg bei kleinen Wohnungen der Quadratmeterpreis bei 10 EUR liege. Jedenfalls hätten sie eine mögliche Unangemessenheit nicht erkennen können, denn dazu hätte es eines Hinweises von Seiten des Jobcenters Freiburg Stadt bedurft, welcher der Rechtsprechung entsprochen hätte. Ein solcher sei nicht erfolgt.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09. Juni 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Oktober 2008 zu verurteilen, ihnen Umzugskosten in Höhe von 1.113,67 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er trägt vor, selbst wenn die Berufungskläger keine Kenntnis von der tatsächlichen Angemessenheitsgrenze gehabt hätten, führe dies nicht dazu, dass die von ihnen angemietete Wohnung mit einer Kaltmiete von 545,- EUR als angemessen zu betrachten sei, da diese Kaltmiete nicht mehr dem unteren Preissegment für einen Zwei-Personen-Haushalt entspreche.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig. Berufungs-ausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 22.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.12.2008, mit dem der Beklagte die Übernahme von Kosten des Umzugs der Kläger von Gottenheim in die Merzhauser Straße 72, Freiburg, abgelehnt hat. Das SG hat die hiergegen erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen.
Nach § 22 Abs. 3 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung (bzw. ab 01.01.2011 gem. § 22 Abs. 6 SGB II) können Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.
Der Anspruch der Kläger scheitert zwar nicht bereits daran, dass eine Zusicherung des kommunalen Trägers vor Beauftragung des Umzugsunternehmens durch die Klägerin nicht vorlag. Ausreichend ist bereits, dass - wie hier - der Antrag auf Gewährung von Umzugskosten vor der Durchführung des Umzugs gestellt worden ist und der Leistungsträger dadurch die Möglichkeit hatte, vorab zu entscheiden.
Einem Anspruch der Kläger steht jedoch entgegen, dass der konkrete Umzug nicht vom Beklagten "veranlasst" wurde oder aus "anderen Gründen notwendig" war. Denn zusicherungsfähig ist ein Umzug grundsätzlich nur dann, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft oder zur Eingliederung in Arbeit geboten ist (BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R - juris Rn.15).
Notwendig ist ein bestimmter Umzug nicht schon dann, wenn der Auszug aus der bisherigen Unterkunft erforderlich ist, sondern erst dann, wenn der Einzug in eine kostenangemessene Unterkunft erfolgt (Berlit in LPK-SGB II, § 22 4. Aufl. Rn. 107; 5. Aufl. Rn. 158 m.w.N.). Die weitere Regelübernahmevoraussetzung, dass ohne die Zusicherung zur Übernahme der Transaktionskosten eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann, passt von vornherein nicht auf Umzugskosten (Berlit, a.a.O., Rn. 159).
Deshalb ist es für eine Kostenübernahme nicht bereits ausreichend, dass den Klägern wegen Eigenbedarfs des Vermieters gekündigt worden ist. Voraussetzung ist vielmehr darüber hinaus, dass auch der Einzug in die konkrete Wohnung notwendig ist. Dies setzt u.a. voraus, dass die neue Wohnung keine unangemessenen Kosten verursacht, da sonst die Mietkosten nur teilweise übernommen werden können, was in absehbarer Zeit zu einem neuen Umzug führen würde. Auch nach der Rechtsprechung des BSG ist grundsätzlich nur ein Umzug innerhalb des "räumlichen Vergleichsraums" im Sinne der Rechtsprechung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zusicherungsfähig (BSG, Urteil v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09R- juris Rn.16).
Die Kosten der neuen Wohnung der Kläger in Freiburg waren nicht angemessen. Selbst wenn die Stadt Freiburg über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung angemessener Mieten für Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) verfügt hätte (vgl. BSG, Urteil v. 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R - juris), hat die Kaltmiete der von der Klägerin für sich und den Kläger angemieteten Wohnung die Angemessenheitsgrenze überschritten. Das Fehlen eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers zur Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises kann im Ergebnis zwar dazu führen, dass der tatsächliche Quadratmeterpreis zu Grunde zu legen ist. Allerdings sind auch in diesem Fall die Unterkunftskosten nicht völlig unbegrenzt zu übernehmen, sondern nur bis zur Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte nach § 8 WoGG a.F. bzw. nunmehr § 12 WoGG (BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 73/08 R - juris). Nach § 12 WoGG beträgt die Miete bei zwei zu berücksichtigenden Haushaltsmitgliedern in der für die Stadt Freiburg maßgeblichen Mietenstufe V monatlich 468,- EUR. Auch unter Berücksichtigung eines "Sicherheitszuschlages" in Höhe von 10 % (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 22.03.2012 - B 4 AS 139/11 R) wird der dann maßgebliche Höchstbetrag von 514,80 EUR von der tatsächlichen Nettokaltmiete der Kläger, die monatlich 545,00 EUR und nicht - wie in der Berufungsbegründung vorgetragen - 454,00 EUR beträgt, deutlich überschritten. Dies steht einem Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten entgegen.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die von der vormaligen ARGE Freiburg den Klägern genannte Mietobergrenze für eine Kaltmiete von 352,20 EUR für einen Zwei-Personen-Haushalt nicht zutreffend war. Maßgeblich bleibt vielmehr, dass den Klägern vor dem Umzug mitgeteilt worden war, die neue Wohnung sei nicht kostenangemessen, deshalb würden die Kosten der Unterkunft nicht in vollem Umfang übernommen. Den Klägern war damit bewusst, dass sie durch die Anmietung der neuen Wohnung ein Kostenrisiko - auch bezüglich der Umzugskosten - eingehen.
Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Umzugskosten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
Die 1962 geborene Klägerin zog im Oktober 2007 mit ihrem 1995 geborenen Sohn von Freiburg nach Gottenheim im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Für die Kosten des Umzugs erhielt sie einen Zuschuss der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Freiburg in Höhe von 1.696,94 EUR (Bescheid vom 13.02.2008, Bl. 253 VwA JobC Freiburg). Für die dortige Wohnung mit einer Wohnfläche von 104 m², welche die Klägerin zum 24.09.2007 angemietet hatte, betrug die Miete ab dem 01.10.2007 monatlich 475,- EUR (Kaltmiete i.H.v. 335,- EUR sowie Nebenkosten i.H.v. 140,- EUR). Von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der ARGE Breisgau-Hochschwarzwald, bezogen die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Als Kosten der Unterkunft und Heizung wurden zunächst nur 437,27 EUR als angemessene Kosten anerkannt. Ab dem 01.11.2007 erkannte die Beklagte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 446,44 EUR an.
In der Mietbescheinigung vom 10.04.2008 (Bl. 246 a Verwaltungsakte) teilte der Vermieter mit, die Klägerin habe bisher lediglich in den Monaten November und Dezember 2007 die vollständige Miete bezahlt, für Oktober 2007 sei keine Zahlung erfolgt, für die Zeit ab 01.01.2008 lediglich Zahlungen mit Mietminderungen. Die Wohnung sei zum 31.03.2008 gekündigt worden, es sei Räumungsklage erhoben.
Mit Schreiben vom 27.05.2008 (Bl. 253) teilte die Beklagte der Klägerin mit, die nach dem SGB II leistungsrechtlich angemessene Kaltmiete im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald liege bei maximal 5,11 EUR/m², für einen Zwei-Personen-Haushalt somit bei maximal 306,60 EUR (60 m² zu 5,11 EUR) zuzüglich der auf diese Wohnfläche entfallenden angemessenen Nebenkosten.
Am 08.09.2008 sprach die Klägerin bei der Beklagten vor und teilte mit, sie verziehe zum 15.10.2008 nach Freiburg, für diesen Umzug beantrage sie Umzugskosten. Hierzu legte sie einen am 05.09.2008 unterzeichneten Mietvertrag über eine Wohnung in der Merzhauser Straße 72, Freiburg, mit einer Wohnfläche von 78,62 m², einer Grundmiete von 545,- EUR sowie Nebenkosten von 210,- EUR (Bruttowarmmiete insgesamt monatlich 755,- EUR) vor.
Am 17.09.2008 legte die Klägerin drei Angebote von Umzugsfirmen über einen Umzug von Gottenheim nach Freiburg vor (1.313,76 EUR, 1.344,- EUR bzw. 1.439,90 EUR).
Mit Bescheid vom 22.09.2008 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Umzugskosten ab mit der Begründung, der Umzug könne zwar als notwendig angesehen werden, da die Wohnung in Gottenheim wegen Eigenbedarf gekündigt worden sei. Die neue Unterkunft sei jedoch aus leistungsrechtlicher Sicht nicht angemessen. Nach Auskunft der ARGE Freiburg liege die angemessene Kaltmiete bei einem Zwei-Personen-Haushalt bei maximal 352,20 EUR. Die tatsächliche Kaltmiete von 545,- EUR sei deshalb aus leistungsrechtlicher Sicht unangemessen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 06.10.2008 Widerspruch mit der Begründung, die Umzugskosten seien unabhängig von der Angemessenheit der Kosten der neuen Wohnung auch dann zu übernehmen, wenn der Umzug notwendig sei. Dies sei bei einer Eigenkündigung wie vorliegend gegeben.
Mit Widerspruchbescheid vom 02.10.2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 14.10.2008 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 17 AS 5107/08 geführt wurde. Im Klageverfahren hat die Klägerin eine Rechnung über Umzugskosten in Höhe von 1.805,70 EUR vorgelegt. Die Klägerin hat weiter vorgetragen, es seien Umzugskosten in Höhe von insgesamt 1.598, 97 EUR entstanden.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.06.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der konkrete Umzug der Klägerin in die Wohnung Merzhauser Straße 72 in 79100 Freiburg sei nicht notwendig im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II gewesen. Eine Notwendigkeit im Sinne dieser Vorschrift liege nur dann vor, wenn neben der Notwendigkeit des Auszuges aus der bisherigen Wohnung auch der Einzug in die neue Wohnung notwendig sei. Dies setze voraus, dass die neue Wohnung keine unangemessenen Kosten verursache. Ließe man dies außer Betracht, müsste der zuständige Grundsicherungsträger sonst Umzüge in Wohnungen finanzieren, bei denen die unangemessenen Mietkosten in der Folgezeit nur teilweise übernommen werden könnten, was regelmäßig in absehbarer Zeit zu einem weiteren Umzug führe. Denn es würden aller Voraussicht nach Mietschulden entstehen, welche den Vermieter zu einer Kündigung berechtigten. Die Kaltmiete der Klägerin von 545,- EUR pro Monat für die neue Wohnung sei unangemessen. Selbst wenn im Bereich der Stadt Freiburg kein schlüssiges Konzept für die Ermittlung der angemessenen Mietkosten vorliege, könne die Übernahme der tatsächlichen Kosten nicht unbegrenzt erfolgen. Vielmehr gebe es eine Angemessenheitsgrenze nach oben, die sich aus den Tabellenwerten zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw. nunmehr § 12 WoGG ergebe. Ausgehend vom Höchstbetrag der Tabelle zu § 12 WoGG als Nettokaltmiete sowie unter Hinzurechnung eines "Sicherheitszuschlages" in Höhe von 10 % ergebe sich vorliegend ein Höchstbetrag von 514,80 EUR im Monat. Damit übersteige die Kaltmiete der Kläger von 545,- EUR pro Monat auch diesen günstigstenfalls für eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Freiburg als angemessen anzunehmenden Betrag.
Gegen den am 14.06.2011 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 13.07.2011 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie tragen vor, die Stadt Freiburg verfüge nicht über ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten, das den Anforderungen des BSG genüge. Die von der damaligen Arbeitsgemeinschaft Freiburg Stadt zugrunde gelegte Angemessenheitsgrenze sei vom BSG verworfen worden. Sie hätten damit nicht wissen können, in welcher Höhe Unterkunftskosten in Freiburg angemessen seien. Bis heute sei diese Frage ungeklärt. Die von ihnen angemietete Wohnung sei im unteren Preissegment angesiedelt, da in Freiburg bei kleinen Wohnungen der Quadratmeterpreis bei 10 EUR liege. Jedenfalls hätten sie eine mögliche Unangemessenheit nicht erkennen können, denn dazu hätte es eines Hinweises von Seiten des Jobcenters Freiburg Stadt bedurft, welcher der Rechtsprechung entsprochen hätte. Ein solcher sei nicht erfolgt.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09. Juni 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Oktober 2008 zu verurteilen, ihnen Umzugskosten in Höhe von 1.113,67 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er trägt vor, selbst wenn die Berufungskläger keine Kenntnis von der tatsächlichen Angemessenheitsgrenze gehabt hätten, führe dies nicht dazu, dass die von ihnen angemietete Wohnung mit einer Kaltmiete von 545,- EUR als angemessen zu betrachten sei, da diese Kaltmiete nicht mehr dem unteren Preissegment für einen Zwei-Personen-Haushalt entspreche.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig. Berufungs-ausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 22.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.12.2008, mit dem der Beklagte die Übernahme von Kosten des Umzugs der Kläger von Gottenheim in die Merzhauser Straße 72, Freiburg, abgelehnt hat. Das SG hat die hiergegen erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen.
Nach § 22 Abs. 3 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung (bzw. ab 01.01.2011 gem. § 22 Abs. 6 SGB II) können Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.
Der Anspruch der Kläger scheitert zwar nicht bereits daran, dass eine Zusicherung des kommunalen Trägers vor Beauftragung des Umzugsunternehmens durch die Klägerin nicht vorlag. Ausreichend ist bereits, dass - wie hier - der Antrag auf Gewährung von Umzugskosten vor der Durchführung des Umzugs gestellt worden ist und der Leistungsträger dadurch die Möglichkeit hatte, vorab zu entscheiden.
Einem Anspruch der Kläger steht jedoch entgegen, dass der konkrete Umzug nicht vom Beklagten "veranlasst" wurde oder aus "anderen Gründen notwendig" war. Denn zusicherungsfähig ist ein Umzug grundsätzlich nur dann, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft oder zur Eingliederung in Arbeit geboten ist (BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R - juris Rn.15).
Notwendig ist ein bestimmter Umzug nicht schon dann, wenn der Auszug aus der bisherigen Unterkunft erforderlich ist, sondern erst dann, wenn der Einzug in eine kostenangemessene Unterkunft erfolgt (Berlit in LPK-SGB II, § 22 4. Aufl. Rn. 107; 5. Aufl. Rn. 158 m.w.N.). Die weitere Regelübernahmevoraussetzung, dass ohne die Zusicherung zur Übernahme der Transaktionskosten eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann, passt von vornherein nicht auf Umzugskosten (Berlit, a.a.O., Rn. 159).
Deshalb ist es für eine Kostenübernahme nicht bereits ausreichend, dass den Klägern wegen Eigenbedarfs des Vermieters gekündigt worden ist. Voraussetzung ist vielmehr darüber hinaus, dass auch der Einzug in die konkrete Wohnung notwendig ist. Dies setzt u.a. voraus, dass die neue Wohnung keine unangemessenen Kosten verursacht, da sonst die Mietkosten nur teilweise übernommen werden können, was in absehbarer Zeit zu einem neuen Umzug führen würde. Auch nach der Rechtsprechung des BSG ist grundsätzlich nur ein Umzug innerhalb des "räumlichen Vergleichsraums" im Sinne der Rechtsprechung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zusicherungsfähig (BSG, Urteil v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09R- juris Rn.16).
Die Kosten der neuen Wohnung der Kläger in Freiburg waren nicht angemessen. Selbst wenn die Stadt Freiburg über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung angemessener Mieten für Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) verfügt hätte (vgl. BSG, Urteil v. 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R - juris), hat die Kaltmiete der von der Klägerin für sich und den Kläger angemieteten Wohnung die Angemessenheitsgrenze überschritten. Das Fehlen eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers zur Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises kann im Ergebnis zwar dazu führen, dass der tatsächliche Quadratmeterpreis zu Grunde zu legen ist. Allerdings sind auch in diesem Fall die Unterkunftskosten nicht völlig unbegrenzt zu übernehmen, sondern nur bis zur Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte nach § 8 WoGG a.F. bzw. nunmehr § 12 WoGG (BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 73/08 R - juris). Nach § 12 WoGG beträgt die Miete bei zwei zu berücksichtigenden Haushaltsmitgliedern in der für die Stadt Freiburg maßgeblichen Mietenstufe V monatlich 468,- EUR. Auch unter Berücksichtigung eines "Sicherheitszuschlages" in Höhe von 10 % (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 22.03.2012 - B 4 AS 139/11 R) wird der dann maßgebliche Höchstbetrag von 514,80 EUR von der tatsächlichen Nettokaltmiete der Kläger, die monatlich 545,00 EUR und nicht - wie in der Berufungsbegründung vorgetragen - 454,00 EUR beträgt, deutlich überschritten. Dies steht einem Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten entgegen.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die von der vormaligen ARGE Freiburg den Klägern genannte Mietobergrenze für eine Kaltmiete von 352,20 EUR für einen Zwei-Personen-Haushalt nicht zutreffend war. Maßgeblich bleibt vielmehr, dass den Klägern vor dem Umzug mitgeteilt worden war, die neue Wohnung sei nicht kostenangemessen, deshalb würden die Kosten der Unterkunft nicht in vollem Umfang übernommen. Den Klägern war damit bewusst, dass sie durch die Anmietung der neuen Wohnung ein Kostenrisiko - auch bezüglich der Umzugskosten - eingehen.
Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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