S 35 AS 3511/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
35
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 35 AS 3511/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Jugendheim stellt auch für minderjährige Kinder über 14 Jahren keine stationäre Einrichtung i. S. v. § 7 IV SGB II dar, soweit es um die Wahrnehmung des verfassungsrechtlich geschützten Umgangsrechts geht.

2. Sobald das betroffene Kind volljährig wird, besteht kein Anspruch mehr auf Leistungen als temporäre Bedarfsgemeinschaft.
1. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern Leistungen in gesetzlicher Höhe nach dem SGB II unter Abänderung des Bescheides vom 18. Mai 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07. Juni 2009 und dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2009 unter Berücksichtigung des Klägers zu 2) als temporäres Mitglied der Bedarfsgemeinschaft für 5 Tage pro Monat für den Zeitraum 01. Juni 2009 bis 31. August 2009 zu bewilligen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Der Beklagte trägt 50 von Hundert der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger. 3. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung zusätzlicher Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgrund des zeitweisen Aufenthaltes des Klägers zu 2) bei seiner Mutter, der Klägerin zu 1).

Die Klägerin zu 1) bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II für sich und ihre Söhne. Der am 1991 geborene Sohn R, der Kläger zu 2), erhält seit dem 31. August 2008 Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII für seine Unterbringung in dem Jugendheim L in L. Das Kindergeld der Mutter wird zum Kosteneinsatz im Rahmen der Jugendhilfe angerechnet. Der Kläger zu 2) hält sich 14-tägig jeweils am Wochenende in der Wohnung der Klägerin zu 1) bei dieser auf, das entspricht fünf Tagen pro Monat.

Mit Weiterbewilligungsantrag ab Juni 2009 beantragte die Klägerin zu 1) für sich und die Kläger zu 2) und 3) Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Mit Bewilligungsbescheid vom 18. Mai 2009 gewährte der Beklagte nur noch der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Juni 2009 bis 30. November 2009, jedoch unter Anerkennung der vollen tatsächlichen Unterkunftskosten. Eine Begründung enthielt der Bescheid nicht. Mit Änderungsbescheid vom 7. Juni 2009 berücksichtigte der Beklagte die höheren Regelleistungen ab dem Zeitraum 1. Juli 2009 bis zum 30. November 2009 und bewilligte nunmehr 811,64 EUR für die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 3). Den Widerspruch der Kläger gegen den Ausgangsbescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger zu 2) sei gemäß § 7 Abs. 4 SGB II vom Leistungsanspruch nach dem SGB II ausgeschlossen, da er sich überwiegend in einer stationären Einrichtung aufhalte und nicht regelmäßig an seinen Wohnort zurückkehre. Demgegenüber läge es im Ermessen der Behörde, aufgrund der Besuche des Klägers zu 2) einen erhöhten Wohnbedarf anzuerkennen. Dies sei im Fall der Kläger auch erfolgt.

Gegen den Widerspruchsbescheid haben die Kläger am 9. September 2009 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben. Sie tragen vor, der Kläger zu 2) sei temporäres Mitglied der Bedarfsgemeinschaft und habe für den Zeitraum des Aufenthalts bei seiner Mutter Anspruch auf anteilige Regelleistungen nach dem SGB II. Der vorgenommene Leistungsausschluss für die Zeit des Aufenthalts bei seiner Mutter führe dazu, dass die Mutter des Klägers zu 2) aus finanziellen Gründen ihr Umgangsrecht nicht mehr ausüben könne.

Sie beantragen,

den Beklagten zu verurteilen, den Klägern Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum 1. Juni 2009 bis 30. November 2009 unter Berücksichtigung des Klägers zu 2) als temporäres Mitglied der Bedarfsgemeinschaft unter Abänderung des Bescheides vom 18. Mai 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 7. Juni 2009 und dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2009, zu bewilligen und auszuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf die betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsstreit entscheiden, weil die Beteiligten sich zuvor mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Kammer konnte zudem durch Grundurteil gemäß § 130 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da mit der Klage gemäß § 54 Abs. 4 SGG neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, verlangt wird.

1) Die Klage ist zulässig und in dem ausgeurteilten Umfang begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 7. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2009 ist teilweise rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Den Klägern steht ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach §§ 19, 20 SGB II dem Grunde nach für den Kläger zu 2) für 5 Tage pro Monat bis zu seiner Volljährigkeit zu.

Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Die Kosten der Unterkunft sind nicht streitgegenständlich, da diese vollständig gewährt worden sind. Gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II beträgt die Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft 80 v.H. der Regelleistung für Personen, die alleinstehend oder allein erziehend sind.

Die Mutter des Klägers ist unstreitig leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hat, erwerbsfähig und hilfebedürftig ist und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat. Sie bildet mit dem Kläger zu 3) eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II.

Weiterhin bildet sie mit dem Kläger zu 2) in den Zeiten, in denen er sich bei ihr aufhält, eine so genannte zeitweise Bedarfsgemeinschaft. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in der Vorschrift genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

Der Annahme einer solchen Bedarfsgemeinschaft steht insoweit nicht entgegen, dass sich der Kläger zu 2) in der überwiegenden Zeit in der Jugendhilfeeinrichtung L auffällt. Wie das Bundessozialgericht bereits entschieden hat (zitiert nach juris, BSGE 97, 242, 252 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 27), verlangt die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nach ihrem Wortlaut ("dem Haushalt angehörend") kein dauerhaftes "Leben" der unverheirateten Kinder im Haushalt des jeweiligen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, wie es etwa für andere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in den Tatbeständen des § 7 Abs. 3 Nr. 2 und 3 SGB II vorausgesetzt wird. Es genügt vielmehr ein dauerhafter Zustand in der Form, dass die Kinder mit einer gewissen Regelmäßigkeit länger als einen Tag bei einem Elternteil wohnen, also nicht nur sporadische Besuche vorliegen. Diese Auslegung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, die eine SGB-II-immanente Lösung des Problems der Umgangskosten sicherstellt, ist angesichts der besonderen Förderungspflicht des Staates nach Art 6 Abs. 1 Grundgesetz geboten (vgl. BSG, Urteil vom 2.7.2009, AZ. B 14 AS 75/08 R). Kläger und Beklagter haben übereinstimmend angegeben, dass der Kläger zu 2) sich für fünf Tage im Monat bei seiner Mutter zum Zweck der Wahrnehmung des Umgangsrechts aufhält. Das BSG wendet § 36 S. 3 SGB II hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit an (tatsächlicher Aufenthalt) und weicht damit vom Grundsatz des gewöhnlichen Aufenthalts nach S. 1 in diesen Fällen bewusst ab (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 7.11.2006, AZ: B 7b AS 14/06 R).

Nach Auffassung der Kammer findet die Figur der temporären Bedarfsgemeinschaft auf die vorliegende Fallkonstellation Anwendung. Zwar hat das Bundessozialgericht diese Grundsätze im Hinblick auf die Ausübung des Umgangsrechts getrennt lebender Eltern entwickelt. Diese Situation unterscheidet sich jedoch nicht von dem vorliegenden Fall, in dem der Kläger, der nicht bei seiner Mutter lebt, sich nur alle 14 Tage an den Wochenenden bei dieser aufhält. Das LSG Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung vom 20. Mai 2010 überzeugend dargelegt, dass auch hinsichtlich einer Vollzeitpflege durch Unterbringung in einer Pflegefamilie ein anteiliger Anspruch als temporäre Bedarfsgemeinschaft für die Zeit des Aufenthalts bei den Eltern zustehe (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.05.2010, AZ: L 7 AS 5263/08). Voraussetzung dafür sei, dass der Träger der Jugendhilfe das Pflegegeld an die Pflegefamilie ausbezahlt und für die Beurlaubung ins Elternhaus keine Kostenerstattung gewährt. Die Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung steht nach Überzeugung der Kammer einer Unterbringung in einer Pflegefamilie gleich. Für den Besuch der Mutter erhält diese keine Kostenerstattung des Jugendhilfeträgers. Das Kindergeld, welches grundsätzlich der Mutter zufließt, wird im Rahmen der Leistungen nach dem SGB VIII eingesetzt.

Dem Anspruch des Klägers zu 2) auf Leistungen nach dem SGB II steht auch nicht die Regelung des §§ 7 Abs. 4 Alt. 1 SGB II entgegen. Danach erhalten Leistungen nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht.

Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Einrichtung der Jugendhilfe gemäß § 34 SGB VIII als Hilfe zur Erziehung nicht eine stationäre Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 Alt. 1) SGB II darstellt. § 7 Abs. 4 SGB II statuiert eine gesetzliche Fiktion der Erwerbsunfähigkeit. Das Bundessozialgericht geht im Zusammenhang mit § 7 Abs. 4 Alt. 1) SGB II davon aus, dass der Begriff der stationären Einrichtung funktional zu bestimmen sei, ob die konkret infrage stehenden Institutionen aufgrund ihrer objektiven Struktur eine Erwerbsfähigkeit unmöglich macht oder nicht (vergleiche SG Koblenz, Urteil vom 08. 02.2010, AZ: S 16 AS 1168/09). Ob es für den zu prüfenden Leistungsanspruch bei lediglich 5 Tagen im Monat entscheidend sein soll, ob der Kläger zu 2) erwerbsfähig sei oder nicht, hält die Kammer für wenig überzeugend. Denn für den übrigen Zeitraum sind Leistungen nach dem SGB II gerade nicht beantragt und erforderlich. Die nach § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II Widerlegbarkeit der Erwerbsunfähigkeit des in der Einrichtung Befindlichen, wenn dieser unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 h wöchentlich erwerbstätig ist, spricht ebenso gegen eine Anwendung im Falle wie die des Klägers zu 2). Da dieser nicht die volle monatliche Leistung insgesamt, sondern nur anteilig einen Anspruch i.H.v. 1/6 der monatlichen Regelleistung verfolgt, ist es für die Kammer nicht nachvollziehbar, wie eine Übertragbarkeit der Vorschrift auf den Kläger zu 2) überhaupt möglich wäre und wie eine solche Widerlegung im Fall des Klägers aussehen sollte. Tragender Gesichtspunkt für einen vollständigen Ausschluss von Leistungen ist die Annahme, dass der in einer Einrichtung Verweilende aufgrund der Vollversorgung und aufgrund seiner Einbindung in die Tagesabläufe der Einrichtung räumlich und zeitlich so weitgehend fremdbestimmt ist, dass er für die für das SGB II im Vordergrund stehenden Integrationsbemühungen zur Eingliederung in Arbeit nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007, AZ: B 14 AS 16/07 R). Die Unterbringung im Fall des Klägers zu 2) erfolgt zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. Ziel ist gemäß § 34 SGB VIII, durch die Hilfe zur Erziehung eine Rückkehr in die Familie zu erreichen zu versuchen, die Erziehung in einer anderen Familie vorzubereiten oder eine auf längere Zeit angelegte Lebensform zu bieten und auf ein selbständiges Leben vorzubereiten. Zwar ist der vom SG Koblenz entschiedene Fall der eines nicht erwerbsfähigen Kindes in einer Jugendhilfeeinrichtung. Die gesetzliche Fiktion der Erwerbsunfähigkeit über § 7 Abs. 4 SGB II ist danach in Fällen, in denen eine Erwerbsunfähigkeit des Berechtigten zweifelsfrei feststeht, bereits überflüssig (vgl. SG Koblenz, ebd.). Die Kammer ist der Auffassung, dass es dahinstehen kann, ob Jugendhilfeeinrichtungen per se stationären Einrichtungen darstellen. Es geht hier nicht um die Zeit des Aufenthaltes in der Einrichtung, in der der Lebensunterhalt innerhalb der Einrichtung sichergestellt ist und damit Leistungen nach dem SGB II bereits aus Nachrangigkeitsgründen gar nicht erforderlich sind. Soweit das Urteil des SG Koblenz eine Unterscheidung hinsichtlich erwerbsfähiger und nicht erwerbsfähiger Minderjähriger trifft, ist die Kammer der Auffassung, dass es für eine Unterscheidung von Kindern bis 14 Jahre und Jugendlichen ab 15 Jahre keinen Anlass gibt. Dies spricht dafür, Jugendhilfeeinrichtungen insgesamt nicht unter die Vorschrift des § 7 Abs. 4 SGB II zu subsumieren, soweit es um die Zeit des Aufenthalts beim umgangsberechtigten Elternteil geht. Ansonsten würde dies im konkreten Fall bedeuten, dass das verfassungsrechtlich garantierte Recht der Familie auf Umgang mit ihrem Kind durch diese Vorschrift ausgehebelt werden würde. Der Ausschluss von Leistungen für Kinder in Jugendhilfeeinrichtungen während des Besuchs beim Elternteil wäre eine Benachteiligung gegenüber Kindern bei getrennt lebenden Eltern und Einschränkung des Umgangsrechts mangels finanzieller Sicherstellung. Selbst bei der Annahme, dass Jugendhilfeeinrichtungen stationäre Einrichtungen im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II wären, wäre insofern eine verfassungskonforme Auslegung des § 7 Abs. 4 SGB II für Minderjährige zur Wahrung des Umgangsrechts notwendig.

Dem Kläger stehen die Leistungen nach dem SGB II dem Grunde nach zu, da er nicht über ausreichendes Vermögen und Einkommen verfügt, um seinen bei seinem Aufenthalt bei der Mutter entstehenden Bedarf zu decken. Da die konkrete Höhe der Anrechnung des Kindergeldes in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum auf Leistungen der Jugendhilfe nicht geklärt ist, hat der Beklagte über die Höhe des Anspruchs gesondert zu entscheiden.

2) Mit Eintritt der Volljährigkeit im September 2009 standen den Klägern die begehrten Leistungen nicht mehr zu und war die Klage abzuweisen. Gemäß § 1626 BGB endet die gesetzliche Sorge durch die Eltern mit Eintritt der Volljährigkeit. Die vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätze der temporären Bedarfsgemeinschaft hinsichtlich des Umgangsrechts beschränken sich auf den Umgang des minderjährigen Kindes mit dem Elternteil. Soweit der Kläger zu 2) nach Vollendung des 18. Lebensjahres sich bei der Mutter aufhält, ist dies nicht mehr vom verfassungsrechtlich geschützten Umgangsrecht umfasst. Insofern kommt es für Leistungen nach dem SGB II ab diesem Zeitpunkt auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers zu 2) gem. § 36 SGB II an mit der Folge, dass der Kläger zu 2) einen Anspruch auf Leistungen für den zeitweisen Aufenthalt bei seiner Mutter nicht mehr geltend machen kann. Für den Aufenthalt in der Jugendhilfeeinrichtung ist demgegenüber sein Unterhalt insgesamt sichergestellt. Dem Kläger zu 2) stand es frei, seine Mutter aufzusuchen und sich bei ihr aufzuhalten, ohne dass es dafür Existenz sichernde Leistungen durch den Beklagten bedurfte.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Anteil des Obsiegens und Unterliegens der Kläger.

4) Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Försterweg 2-6

14482 Potsdam,

schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem

Sozialgericht Potsdam Rubensstraße 8

14467 Potsdam,

schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Potsdam schriftlich oder in elektronischer Form zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

Die elektronische Form wird durch eine qualifizierte signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14. Dezember 2006 (GVBl. II S. 558) idF vom 1. Oktober 2007 (GVBl. II S. 425) in die elektronische Poststelle des jeweiligen Gerichts zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zu den Kommunikationswegen für den elektronischen Rechtsverkehr können unter der Internetadresse www.erv.brandenburg.de abgerufen werden.

Tichy
Rechtskraft
Aus
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