Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AS 1545/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 189/12 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.02.2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Februar bis Juli 2011 im Hinblick auf die Anerkennung von geltend gemachten Betriebsausgaben für Verpflegungsmehraufwendungen und die Anschaffung eines Netbooks bzw Handys.
Der Antragsteller (ASt) zu 1 ist selbstständiger Steinbildhauer und bezieht zusammen mit seiner Ehefrau (ASt zu 2) und seiner Tochter Alg II bzw Sozialgeld. Zuletzt bewilligte der Antragsgegner (Ag) mit Bescheid vom 23.01.2012 vorläufig Leistungen für die Zeit Februar bis Juli 2012. Seine selbstständige Tätigkeit übt der ASt zu 1 überwiegend außerhalb seines Wohnorts aus.
Für die Zeit von Februar bis Juli 2011 bewilligte der Ag den ASt zunächst vorläufig Alg II. Mit Bescheid vom 25.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2012 wurde die Leistungshöhe für diesen Zeitraum endgültig auf 847,10 EUR monatlich festgesetzt. Hinsichtlich der geltend gemachten Betriebsausgaben für die Anschaffung eines Netbooks und eines Handys verwies der Ag darauf, diese Gegenstände seien schon einmal bereits am 29.01.2009 bzw 21.06.2010 gekauft worden. Zudem sei das Handy im folgenden Bewilligungsabschnitt wieder an den Verkäufer gegen Kaufpreiserstattung zurückgegeben worden, so dass es sich nur um einen durchlaufenden Posten handele und ein Netbook sei zwar nützlich, nicht aber zwingend notwendig. 444 EUR seien als "vereinnahmte Verpflegungsmehraufwendung" als Einkommen angerechnet worden. Für den Verpflegungsmehraufwand bei einer berufsbedingten Abwesenheit von mehr als 12 Stunden könnten nur 6 EUR abgesetzt werden. Dagegen hat der ASt zu 1 Klage zum Verwaltungsgericht A. (AN 10 K 12.369) erhoben.
Bereits zuvor haben sich die ASt an das Sozialgericht Nürnberg (SG) gewandt und dort im Rahmen eines Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz u.a. höhere Leistungen im Hinblick auf die endgültige Festsetzung begehrt. Es seien Betriebsausgaben iHv 1.889,85 EUR zu unrecht nicht anerkannt worden. Die vorenthaltenen Beträge würden für Reparaturen und persönliche Bedürfnisse (Brille, defekte Mikrowelle und Induktionskochplatte sowie Winterbekleidung und Schuhe) benötigt.
Das SG hat mit Beschluss von 20.02.2012 den Antrag abgelehnt und u.a. hinsichtlich der endgültigen Leistungsfestsetzung für die Zeit Februar bis Juli 2011 ausgeführt, es fehle insofern an einem Anordnungsgrund. Für die Gewährung von Leistungen für die Vergangenheit im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes läge keine Eilbedürftigkeit vor. Die ASt hätten keine gegenwärtige und existenzbedrohende Notlage ausreichend dargelegt.
Dagegen haben die ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und beantragt, über "die Änderung zum Bescheid vom 19.01.2011 ausgestellt am 25.11.2011" unter Berücksichtigung der betrieblichen Ausgaben neu zu entscheiden. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass Leistungen aus der Vergangenheit in der Gegenwart rückwirkend verbeschieden worden seien. Dinge der Grundversorgung wie Kleidung und Möbelersatz hätten zurückgestellt werden müssen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die endgültige Leistungsbewilligung für die Zeit von Februar bis Juli 2011. Die ASt verweisen insofern ausdrücklich in ihrer Antragstellung auf die "Änderung zum Bescheid vom 19.01.2011 ausgestellt am 25.11.2011", mithin den Bescheid vom 25.11.2011. Für diesen Zeitraum begehren sie im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen unter Berücksichtigung der von ihnen vorgetragenen (zusätzlichen) Betriebsausgaben bei der Einkommensanrechnung.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn den ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren stützen - voraus. Die Angaben hierzu haben die ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl, § 86b Rn 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl zB Beschluss vom 17.01.2011 - L 11 AS 889/10 B ER - juris). Zu diesem Zeitpunkt ist aber der maßgebliche Bewilligungszeitraum (Februar bis Juli 2011) bereits abgelaufen.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt werden, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen können (vgl Keller aaO § 86b Rn 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris).
Beides ist vorliegend nicht der Fall. Ein irreparabler Nachteil zulasten der ASt droht vorliegend nicht. Sie haben zwar pauschal vorgetragen, sie würden die ihrer Ansicht nach vorenthaltenen Leistungen zur Bestreitung von Reparaturen und anderen persönlichen Bedürfnissen benötigen. Trotz der Ausführungen des SG, entsprechende Angaben zu einer Existenzgefährdung seien nicht hinreichend konkret dargetan worden, haben die ASt hierzu nichts weiter glaubhaft gemacht oder vorgetragen. Ein entsprechend drohender Nachteil ist auch nicht ersichtlich. Es wurden zudem vom Ag für den laufenden Bewilligungszeitraum bis Juli 2012 vorläufig Leistungen bewilligt.
Auch ein eindeutiger Anspruch auf höhere Leistungen für den streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt vermag der Senat nicht zu erkennen. Für eine mögliche Berücksichtigung der geltend gemachten Betriebsausgaben kommt es darauf an, ob sie ganz oder teilweise vermeidbar gewesen sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprochen haben (§ 3 Abs 3 Alg II-V). Wäre dies der Fall, wäre ein Abzug von den Einnahmen nicht möglich. Dies ist im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens zu klären.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Februar bis Juli 2011 im Hinblick auf die Anerkennung von geltend gemachten Betriebsausgaben für Verpflegungsmehraufwendungen und die Anschaffung eines Netbooks bzw Handys.
Der Antragsteller (ASt) zu 1 ist selbstständiger Steinbildhauer und bezieht zusammen mit seiner Ehefrau (ASt zu 2) und seiner Tochter Alg II bzw Sozialgeld. Zuletzt bewilligte der Antragsgegner (Ag) mit Bescheid vom 23.01.2012 vorläufig Leistungen für die Zeit Februar bis Juli 2012. Seine selbstständige Tätigkeit übt der ASt zu 1 überwiegend außerhalb seines Wohnorts aus.
Für die Zeit von Februar bis Juli 2011 bewilligte der Ag den ASt zunächst vorläufig Alg II. Mit Bescheid vom 25.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2012 wurde die Leistungshöhe für diesen Zeitraum endgültig auf 847,10 EUR monatlich festgesetzt. Hinsichtlich der geltend gemachten Betriebsausgaben für die Anschaffung eines Netbooks und eines Handys verwies der Ag darauf, diese Gegenstände seien schon einmal bereits am 29.01.2009 bzw 21.06.2010 gekauft worden. Zudem sei das Handy im folgenden Bewilligungsabschnitt wieder an den Verkäufer gegen Kaufpreiserstattung zurückgegeben worden, so dass es sich nur um einen durchlaufenden Posten handele und ein Netbook sei zwar nützlich, nicht aber zwingend notwendig. 444 EUR seien als "vereinnahmte Verpflegungsmehraufwendung" als Einkommen angerechnet worden. Für den Verpflegungsmehraufwand bei einer berufsbedingten Abwesenheit von mehr als 12 Stunden könnten nur 6 EUR abgesetzt werden. Dagegen hat der ASt zu 1 Klage zum Verwaltungsgericht A. (AN 10 K 12.369) erhoben.
Bereits zuvor haben sich die ASt an das Sozialgericht Nürnberg (SG) gewandt und dort im Rahmen eines Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz u.a. höhere Leistungen im Hinblick auf die endgültige Festsetzung begehrt. Es seien Betriebsausgaben iHv 1.889,85 EUR zu unrecht nicht anerkannt worden. Die vorenthaltenen Beträge würden für Reparaturen und persönliche Bedürfnisse (Brille, defekte Mikrowelle und Induktionskochplatte sowie Winterbekleidung und Schuhe) benötigt.
Das SG hat mit Beschluss von 20.02.2012 den Antrag abgelehnt und u.a. hinsichtlich der endgültigen Leistungsfestsetzung für die Zeit Februar bis Juli 2011 ausgeführt, es fehle insofern an einem Anordnungsgrund. Für die Gewährung von Leistungen für die Vergangenheit im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes läge keine Eilbedürftigkeit vor. Die ASt hätten keine gegenwärtige und existenzbedrohende Notlage ausreichend dargelegt.
Dagegen haben die ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und beantragt, über "die Änderung zum Bescheid vom 19.01.2011 ausgestellt am 25.11.2011" unter Berücksichtigung der betrieblichen Ausgaben neu zu entscheiden. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass Leistungen aus der Vergangenheit in der Gegenwart rückwirkend verbeschieden worden seien. Dinge der Grundversorgung wie Kleidung und Möbelersatz hätten zurückgestellt werden müssen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die endgültige Leistungsbewilligung für die Zeit von Februar bis Juli 2011. Die ASt verweisen insofern ausdrücklich in ihrer Antragstellung auf die "Änderung zum Bescheid vom 19.01.2011 ausgestellt am 25.11.2011", mithin den Bescheid vom 25.11.2011. Für diesen Zeitraum begehren sie im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen unter Berücksichtigung der von ihnen vorgetragenen (zusätzlichen) Betriebsausgaben bei der Einkommensanrechnung.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn den ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren stützen - voraus. Die Angaben hierzu haben die ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl, § 86b Rn 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927 und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl zB Beschluss vom 17.01.2011 - L 11 AS 889/10 B ER - juris). Zu diesem Zeitpunkt ist aber der maßgebliche Bewilligungszeitraum (Februar bis Juli 2011) bereits abgelaufen.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt werden, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen können (vgl Keller aaO § 86b Rn 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris).
Beides ist vorliegend nicht der Fall. Ein irreparabler Nachteil zulasten der ASt droht vorliegend nicht. Sie haben zwar pauschal vorgetragen, sie würden die ihrer Ansicht nach vorenthaltenen Leistungen zur Bestreitung von Reparaturen und anderen persönlichen Bedürfnissen benötigen. Trotz der Ausführungen des SG, entsprechende Angaben zu einer Existenzgefährdung seien nicht hinreichend konkret dargetan worden, haben die ASt hierzu nichts weiter glaubhaft gemacht oder vorgetragen. Ein entsprechend drohender Nachteil ist auch nicht ersichtlich. Es wurden zudem vom Ag für den laufenden Bewilligungszeitraum bis Juli 2012 vorläufig Leistungen bewilligt.
Auch ein eindeutiger Anspruch auf höhere Leistungen für den streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt vermag der Senat nicht zu erkennen. Für eine mögliche Berücksichtigung der geltend gemachten Betriebsausgaben kommt es darauf an, ob sie ganz oder teilweise vermeidbar gewesen sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprochen haben (§ 3 Abs 3 Alg II-V). Wäre dies der Fall, wäre ein Abzug von den Einnahmen nicht möglich. Dies ist im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens zu klären.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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