Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 278/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 116/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens, ob bei der Klägerin eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können – (BK 5101) anzuerkennen und ihr deshalb eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen ist.
Die am ... 1960 geborene Klägerin erlernte von September 1978 bis Juli 1980 den Beruf einer Zootechnikerin und war in diesem anschließend bis Ende September 1992 in einem Schweinemastbetrieb tätig. Nachfolgend war sie bis Oktober 1994 ohne Arbeit und absolvierte dann bis Juni 1995 eine Umschulungsmaßnahme zur Landschaftsgärtnerin. Von Juni 1995 bis Dezember 1996 war sie wiederum ohne Arbeit und nahm danach bis August 1997 an einer Umschulungsmaßnahme zur Bürogehilfin teil. Nach erneuter Arbeitslosigkeit absolvierte sie von Dezember 1999 bis August 2000 eine weitere Umschulungsmaßnahme für Gastronomie- und Küchentätigkeiten. Von September 2000 bis September 2001 war die Klägerin ohne Arbeit, verrichtete von Oktober 2001 bis Januar 2002 Bürotätigkeiten und ist seither arbeitsuchend.
Am 29. Januar 1997 hatte die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft B. (Rechtsvorgängerin der Beklagten; nachfolgend einheitlich als die Beklagte bezeichnet) der Hautarztbericht der behandelnden Dermatologin der Klägerin Dr. K. vom 24. Januar 1997 erreicht. Danach sei bei der Klägerin 1991 eine Hauterkrankung an den Beinen aufgetreten, welche von der Hausärztin Dipl.-Med. B. behandelt worden sei. Nach Ansicht der Klägerin sei das Hautleiden durch Einflüsse von Gülle, Tieren, Gummistiefeln und Desinfektionsmitteln entstanden. Es bestehe eine ekzematöse Hauterkrankung beider Unterschenkel sowie ein kumulativ-toxisches allergisches Handekzem. Feuchtes Milieu und starke Allergene seien zu meiden. Ob das Hautleiden beruflich bedingt sei, sei fraglich.
Unter dem 24. Februar 1997 hatte die Klägerin angegeben, wegen ihres Hautleidens sei sie vom 10. bis zum 21. Oktober 1994, vom 23. Februar bis zum 31. März 1995 und vom 18. Januar bis zum 19. Februar 1997 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Erstmals aufgetreten sei die Erkrankung 1990, zuerst an den Waden, dann an den Händen. Zurückzuführen sei die Erkrankung auf den Umgang mit Desinfektionsmitteln, Seife, Haarwäsche, Duschbad, Pflanzen, Tieren und Erde.
Die Beklagte hatte vom zuständigen Rentenversicherungsträger der Klägerin medizinische Unterlagen beigezogen: In einem Befundbogen zum Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. C. vom 9. Mai 1996 war der Hautausschlag an den Händen von der Klägerin auf Hausstaub zurückgeführt worden. Auch ihre Schwester leide an Hautausschlag im Bereich der Gelenke. Erstmals aufgetreten seien die Veränderungen im Bereich der Hände und Waden im Oktober 1995; im November 1995 habe sie dann Dr. K. aufgesucht.
Aus der der Beklagten von der AOK S.-A. als dem seit dem 1. Januar 1991 zuständigen Krankenversicherungsträger der Klägerin übermittelten Aufstellung vom 16. Juli 1997 war hervorgegangen, dass die Klägerin am 19. Dezember 1996, vom 18. Januar bis zum 19. Februar 1997, vom 10. bis zum 14. März 1997 sowie vom 14. Mai bis zum 30. Juni 1997 wegen Hauterscheinungen arbeitsunfähig erkrankt war. Für Oktober 1994 war die Arbeitunfähigkeit wegen eines Harnwegsinfekts und im Februar/März 1995 wegen einer chronischen Mittelohrentzündung vermerkt worden.
Am 20. bzw. 25. August 1997 war die Klägerin vom Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten u.a. zu ihrer Tätigkeit als Zootechnikerin befragt worden: Sie habe in einer Sauenzuchtanlage gearbeitet. Von 30 Arbeitskräften seien 1.632 Sauen und ca. 16.300 Ferkel betreut worden. Zu 15 % der Arbeitszeit seien Füttern, zu 15 % Impfen, zu 50 % Zähneauskneifen, Schwänzekürzen und Kastrieren sowie zu 20 % Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten angefallen. Das Füttern der Sauen sei maschinell aus einem fahrbaren Trog mit Getreide und Eiweißkonzentraten sowie Mineralstoffen erfolgt. Außerdem sei auch eine extra durchzuführende Vitaminisierung mittels Lösung angefallen. Ferkel habe sie per Hand aus Futterwagen versorgt. Hierbei sei das Futter in Eimer gefüllt und dann in den Trog geschüttet worden. Eingesetzt worden sei Schrotgemisch, das mit Fischmehl, Tierkörpermehl und normalem Milchpulver versetzt und den Händen gemischt worden sei. Neben der Fütterung sei das Halten der Ferkel zum Impfen durch den Tierarzt angefallen, wobei Kontakt zu Haaren, Läusen und Milben bestanden habe. Impfungen gegen Eisenmangel und Durchfall habe sie auch selbst vorgenommen. Die Zähne habe sie mit Zahnzangen aus Chrom-Nickel-Legierungen abkneifen und die Schwänze mit Metallinstrumenten kürzen müssen. Zum Kastrieren habe sie ein Skalpell aus einer Chrom-Nickel-Legierung und zur Wunddesinfektion Mastipan eingesetzt. Sie habe mit Natronlauge, Salpetersäure, Phosphorsäure, Peressigsäure und Phenolderivaten sowie Formalin Flächen- und Sprühdesinfektionen durchgeführt. Als Schutzkleidung hätten Gummistiefel und Gummischürzen zur Verfügung gestanden. Temporär seien im Gesicht, an den Händen und im Bereich der Gummistiefel an den Beinen ekzematöse Erscheinungen aufgetreten, was erstmals 1979 der Fall gewesen sei.
Aus einem Arbeitszeugnis der Klägerin war hervorgegangen, dass ihr Arbeitsverhältnis zum 30. September 1992 wegen Unternehmensauflösung gekündigt worden war.
Die Beklagte hatte von dem Chefarzt der Hautklinik des Städtischen Klinikums D. Prof. Dr. G. das Gutachten vom 5. Dezember 1997 eingeholt. Dieser war zu dem Ergebnis gelangt, die Voraussetzungen einer BK 5101 seien erfüllt; die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege bei einem Grad um 30 vom Hundert (vH). Nach den Angaben der Klägerin seien Hautveränderungen erstmals 1979 im Gesicht aufgetreten, 1985 und 1986 seien juckende und nässende Erscheinungen zwischen den Fingern beider Hände hinzugekommen. Kurz danach seien auch die Waden betroffen gewesen; ein nächster Schub sei 1990 erfolgt. Auf Grundlage der am 24. November 1997 durchgeführten Untersuchung der Klägerin war von Prof. Dr. G. dargelegt worden, eine am 28. August 1996 durchgeführte Hauttestung habe positive Reaktionen auf Kobalt(II)-chlorid und Nickel(II)-sulfat im Epikutantest sowie auf Hausstaubmilben im Prick-Test ergeben. Als Diagnosen hatte der Gutachter ein allergisches Kontaktekzem auf Nickel, Kobalt und Formaldehyd, ein atopisches Ekzem (in Schüben verlaufende, entzündliche und chronische Hauterkrankung aufgrund genetischer Veranlagung) sowie eine diskrete Akne vulgaris gestellt. Es sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin das allergische Kontaktekzem berufsbedingt zugezogen und sich das atopische Ekzem durch die berufliche Tätigkeit richtungweisend verschlechtert habe. Es bestehe ein Unterlassungszwang im Hinblick auf alle Tätigkeiten mit Nickel-, Kobalt- und Formalinkontakt sowie Tätigkeiten, die mit einer Hautbelastung durch Feuchtigkeit, Desinfektionsmitteln und Staub verbunden seien.
In dem von der Beklagten beigezogenen Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) der Klägerin waren für den Zeitraum von Dezember 1980 bis September 1990 außer im Hinblick auf gynäkologische bzw. Behandlungen während und nach Schwangerschaft (ICD 8 und 9 Diagnosenummern 644 sowie V 22, V 25 und Y 62) Arbeitsunfähigkeitszeiten lediglich für die Zeit vom 29. Dezember 1980 bis zum 4. Januar 1981 wegen einer offenen Wunde des Knies bzw. des Beines (ICD 9 Nr. 891) sowie vom 4. bis zum 17. Januar 1988 wegen einer Lungenerkrankung (ICD 8 Nr. 450) vermerkt worden. Zu Behandlungen wegen Hautkrankheiten (ICD 9 Nr. 680 bis 709) hatten sich keine Einträge gefunden.
Dr. K. hatte der Beklagten in ihrem Bericht vom 2. Februar 1998 mitgeteilt, die Klägerin habe sich bei ihr erstmals am 4. September 1995 mit der Angabe vorgestellt, seit der Umschulung zur Gärtnerin im Oktober 1994 Hauterscheinungen an den Händen zu haben. Es bestehe der Verdacht auf das Vorliegen eines atopischen Handekzems und einer Milbensensibilisierung. Von der Internistin Sanitätsrätin H. war der Beklagten unter dem 5. Februar 1998 berichtet worden, bei der Klägerin sei im September 1995 eine Neurodermitis festgestellt worden. Bei ihr habe sich die Klägerin am 3. Februar 1995 mit einem Ekzem beider Hände vorgestellt. Dipl.-Med. B. hatte unter dem 17. März 1998 angegeben, sie könne nach intensivem Aktenstudium keine Angaben zu Hauterkrankungen der Klägerin machen.
Aus einem Aktenvermerk der Beklagten über ein Telefongespräch mit der Klägerin am 11. Juni 1998 war zu entnehmen, dass die Klägerin als Umschülerin keinen Kontakt zu irgendwelchen Stoffen gehabt habe, die ihre Hauterkrankung ausgelöst hätten. Die Probleme resultierten aus ihrer Tätigkeit als Viehpflegerin. Mangels Vorhandenseins in ihrer Gegend habe sie damals keine Hautärzte, sondern nur Allgemeinmediziner aufsuchen können.
Auf Veranlassung der Beklagten hatte der TAD der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft in seiner Stellungnahme vom 17. Juni 1998 bezüglich der Zeiten der Umschulung der Klägerin zur Landschaftgärtnerin bzw. Bürohilfe (Oktober 1994 bis Juni 1995 bzw. Dezember 1996 bis August 1997) ausgeführt: Drei Tage nach Ausbildungsbeginn am 4. Oktober 1994 habe wegen einer Hauterkrankung Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Ein praktischer Einsatz habe bis dahin nicht stattgefunden gehabt. Während ihrer Anwesenheit sei die Klägerin ohne Einschränkungen seitens der Haut in die Arbeiten eingebunden gewesen. Vom 22. Februar bis zum 31. März 1995 habe aufgrund HNO-ärztlicher Bescheinigungen Arbeitsunfähigkeit bestanden. Kontakt zu Formaldehyd und anderen Desinfektions- oder Pflanzenschutzmitteln habe nicht vorgelegen, im Übrigen hätten Arbeitshandschuhe zur Verfügung gestanden. Gummistiefel seien nicht getragen worden. Während der Zeit ihrer Umschulung zur Bürohilfe (2. Dezember 1996 bis 1. August 1997) sei die Klägerin während der theoretischen Ausbildung am 19. Dezember 1996 sowie vom 22. Januar bis zum 19. Februar 1997 wegen Hautbeschwerden arbeitsunfähig gewesen. Vom 21. Februar 1997 an habe sie sich im Praktikum befunden und sei dort im Verwaltungsbereich eingesetzt worden. Nachdem vom 10. bis zum 14. März 1997 wegen Hautbeschwerden Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, sei die Klägerin dann bis Ende März 1997 in einer Rechtsanwaltskanzlei und anschließend in einem dritten Praktikumsbetrieb tätig gewesen. Arbeitsunfähigkeit wegen einer Hauterkrankung habe nochmals in der Zeit vom 14. Mai bis zum 30. Juni 1997 vorgelegen. Insgesamt sei damit festzustellen, dass die Klägerin während ihrer Umschulungsmaßnahmen keinen Hautbelastungen ausgesetzt gewesen sei.
Der von der Beklagten hinzugezogene Facharzt für Hautkrankheiten und Allergologie Dr. S. hatte in seiner beratenden Stellungnahme vom 24. Juni 1998 dargelegt, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der derzeitigen Hauterkrankung der Klägerin und ihrer Tätigkeit in der Landwirtschaft sei nicht überwiegend wahrscheinlich. Nach Aufgabe dieser Exposition und der Aufgabe der Beschäftigung als Landschaftsgestalterin habe keine schädigende Einwirkung mehr vorgelegen. Gegen eine berufliche Verschlimmerung des atopischen Ekzems spreche die jahrelange Erscheinungsfreiheit trotz erfolgter Exposition.
In ihrer gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 19. Oktober 1998 hatte Dr. H. empfohlen, keine BK 5101 anzuerkennen. Eine Arbeitsplatzabhängigkeit der Hauterscheinungen der Klägerin sei nicht zu erkennen. Die Klägerin habe wechselnde Angaben zum Beginn der Hautveränderungen gemacht. Nachgewiesen seien diese erst für 1995. Im SV-Ausweis seien keine Arbeitsunfähigkeiten wegen Hautleiden verzeichnet. Die Hautveränderungen 1997 seien expositionsunabhängig aufgetreten.
Mit Bescheid vom 24. November 1998 hatte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung einer BK 5101 abgelehnt. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Hauterkrankung der Klägerin und der bis September 1992 erfolgten Exposition sei nicht wahrscheinlich. Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen der Haut hätten in dieser Zeit nicht bestanden. Erst 1997 während ihrer Umschulungstätigkeit sei die Klägerin wegen der Hauterscheinungen arbeitsunfähig geworden. Damals sei sie aber keinem Schadstoffkontakt ausgesetzt gewesen. Auch die Verschlimmerung eines Anlageleidens sei nicht zu erkennen.
Auf den hiergegen am 4. Dezember 1998 erhobenen Widerspruch der Klägerin hatte die Beklagte deren Begutachtung durch den Hautarzt und Allergologen Dr. W. veranlasst. Von diesem war in seinem nach ambulanter Untersuchung erstellten Gutachten vom 18. Mai 1999 dargelegt worden, dass bei der Klägerin eine BK 5101 mit einer MdE um 20 vH anzunehmen sei. Bei ihr bestehe eine Allergie gegen Nickel, Kobalt, Formalin und Milben, anlagebedingt ein atopisches Ekzem mit Hand- und Unterschenkelbetroffenheit und ferner ein Zustand nach Akne vulgaris. Die Hauterkrankung sei erstmals Ende der 1970er Jahre aufgetreten, ein weiterer Schub sei 1985 erfolgt. Trotz Fortsetzung der Tätigkeit als Tierpflegerin sei jeweils eine Abheilung eingetreten. Das endogene Ekzem sei wiederholt rückläufig gewesen und nicht als schwer einzustufen.
Nachdem Dr. H. in ihrer daraufhin verfassten Stellungnahme vom 1. November 1999 darauf hingewiesen hatte, dass eine jahrelange Erscheinungsfreiheit trotz fortbestehender Exposition beim Bestehen eines Kontaktekzems nicht denkbar sei, war Dr. W. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. Februar 2000 von seiner gutachtlichen Einschätzung abgerückt und hatte ausgeführt: Die in den Jahren 1994 und 1995 aufgetretenen Erkrankungen seien auf das anlagebedingte endogene Ekzem zu beziehen. Auch für die nachfolgende Zeit lasse sich kein Zusammenhang zur Umschulungstätigkeit der Klägerin rekonstruieren. Auffällig sei, dass das Leiden jeweils im Frühjahr aufgetreten sei. Eine allergische Reaktion gegenüber Nickel und Chrom sowie Kobalt als Kopplungsallergene sei nicht eindeutig auf die berufliche Tätigkeit zu beziehen, da es sich um ubiquitär (allgemein verbreitet) auftretende Metalle handele und ein endogener Ekzematiker insoweit ohnehin schneller mit Allergien reagiere. Auch sei die klinische Manifestation nicht eindeutig im Kontaktbereich der Hände aufgetreten. Insgesamt sei daher keine BK 5101 anzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2000 hatte die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen am 29. März 2000 vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhobene Klage (S 6 U 64/00) hatte die Klägerin am 5. Juli 2002 zurückgenommen.
Am 16. September 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Rücknahme des Bescheides vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2000, was die Beklagte mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 ablehnte. Den dagegen am 25. November 2002 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2002 als unbegründet zurück. Neue Tatsachen, die berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des zu überprüfenden Bescheides begründen würden, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Nach wie vor sei nicht belegt, dass ein Zusammenhang zwischen der 1997 gemeldeten Hauterkrankung und der bis 1992 ausgeübten Tätigkeit bestehe.
Am 20. Dezember 2002 hat die Klägerin zur Weiterverfolgung ihres Begehrens beim SG Klage erhoben. Das SG hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 2. August 2004 sowie ambulanten Testungen am 2., 4., 5. und 6. August 2004 von dem Direktor der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie M. Prof. Dr. G. das unter Mitwirkung des Leitenden Oberarztes Prof. Dr. B. und der Fachärztin für Dermatologie/Venerologie Dr. H. erstellte Gutachten vom 14. Dezember 2004 eingeholt. Prof. Dr. G. hat im Ergebnis eingeschätzt, bei der Klägerin liege eine BK 5101 mit einer MdE um 20 vH vor. Sie leide unter einem chronisch rezidivierenden Handekzem gemischter Ätiologie und wesentlich beruflicher Genese bei schwerster Metallallergie mit berufsrelevanten Typ IV-Sensibilisierungen gegen Kaliumchromat, Kobalt(II)-chlorid, Nickel(II)-sulfat sowie ebenfalls berufsrelevanter Typ I-Sensibilisierung gegen Formaldehyd. Der berufliche Zusammenhang werde durch den zeitlichen Verlauf und die Lokalisation der Ekzeme gesichert. Der Umstand, dass die Hauterscheinungen bei der Klägerin persistierten (fortbestünden), obwohl die belastenden Tätigkeiten eingestellt worden seien, spreche nicht gegen diese Annahme. Denn trotz adäquater Behandlung könne die Erkrankung eigendynamisch bleiben. Die atopische Hautdiathese sei als begleitender Cofaktor einzustufen, nicht jedoch als ursächlich.
In ihrem Befundbericht vom 3. Januar 2005 hat Dr. K. nochmals bestätigt, dass sie die Klägerin erstmals am 4. September 1995 behandelt habe. Damals hätten ekzematös schuppende Handflächen vorgelegen.
Die Beklagte hat zum Gutachten von Prof. Dr. G. die gewerbeärztliche Stellungnahme der Dr. F. vom 17. Februar 2005 vorgelegt, wonach der Beginn der Hauterkrankung der Klägerin unklar sei. Ihre Angaben hierzu seien widersprüchlich und von keinem Arzt bestätigt worden. Der gesamte Krankheitsverlauf mit dem Auftreten der schwersten Hauterscheinungen nach Ende der Exposition im September 1992 spreche gegen einen beruflichen Zusammenhang und werde durch das atopische Ekzem bestimmt. Dass nunmehr auch eine Chromatsensibilisierung, die bei der Erstbegutachtung 1997 noch nicht nachweisbar gewesen sei, beruflich bedingt sei, sei nicht nachvollziehbar.
Mit Urteil vom 23. Juni 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Auch wenn unterstellt werde, dass die Klägerin bis September 1992 durch das Füttern und Betreuen der Tiere Hautkontakt zu diesen, Tiermilben, vernickelten Instrumenten sowie Formaldehydlösungen gehabt habe, sei nicht wahrscheinlich, dass die bei ihr diagnostizierte Hauterkrankung hierauf zurückgehe. Die berufliche Belastung habe im September 1992 geendet. Der Eintritt einer Hauterkrankung sei ärztlich jedoch erst im September 1995 dokumentiert worden. Die Angaben der Klägerin, sie sei seit 1979 wiederholt über 1985, 1986 und 1990 in Behandlung gewesen, habe Dipl.-Med. B. nicht bestätigt, dem SV-Ausweis seien keine einschlägigen Behandlungen zu entnehmen. Auch Dr. K. habe das Hautleiden anstatt auf einen beruflichen Zusammenhang auf eine anlagebedingte Diathese zurückgeführt. Ferner hätten sich die Hauterscheinungen nach 1995 fortschreitend entwickelt und während der Zeiträume vom 20. Januar bis 19. Februar 1997, 10. bis 14. März 1997 sowie 14. Mai bis 30. Juni 1997 zu wiederholten Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt, was berufsbedingt nicht erklärbar sei. Zudem sei nicht plausibel, weshalb nach dem von der Klägerin behaupteten Auftreten von 1990 bis 1994/1995 während der Zeit der Arbeitslosigkeit ein krankheitsfreies Intervall aufgetreten sei, obwohl die beruflichen Sensibilisierungen schon hätten bestehen müssen, wohingegen während der Zeit der Arbeitslosigkeit von Juni 1995 an eine hautärztliche Behandlung stattgefunden habe. Schließlich handele es sich bei den Sensibilisierungen gegenüber Kaliumdichromat, Kobalt(II)-chlorid und Nickel(II)-sulfat sowie gegen Formaldehyd um Allergene, welche berufsunspezifisch seien, allgemein vorkämen und bei der Klägerin teilweise erst später hinzugekommen seien, was ebenfalls gegen eine berufliche Verursachung spreche. Im Gegensatz zu den gewerbeärztlichen Stellungnahmen und den Ausführungen von Dr. S. fußten die Schlussfolgerungen von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. G. größtenteils auf den nicht bewiesenen anamnestischen Angaben der Klägerin. Die Äußerungen von Dr. W. seien widersprüchlich und damit nicht verwertbar.
Gegen das am 15. August 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. September 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und sich zur Begründung auf das Gutachten von Prof. Dr. G. bezogen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Rücknahme des Bescheides vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2000 mit Wirkung vom 10. Oktober 1994 an festzustellen, dass ihr chronisch rezidivierendes Handekzem bei schwerster Metallallergie mit Typ IV-Sensibilisierungen gegenüber Kaliumchromat, Kobalt(II)-chlorid, Nickel(II)-sulfat sowie Typ I-Sensibilisierung gegenüber Formaldehyd eine Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist, und ihr vom 1. Januar 1998 an eine Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre angefochtenen Bescheide und das diese bestätigende Urteil des SG für richtig.
Der Senat hat den Leitenden Oberarzt der Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie H. Prof. Dr. T. das Gutachten vom 29. November 2007 erstellen lassen. Anamnestisch hat die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen im Rahmen des Untersuchungstermins am 23. Mai 2007 u.a. angegeben, ihr Sohn leide an einer atopischen Dermatitis. Klinisch hat Prof. Dr. T. an beiden Handtellern Rötungen, einige exkoriierte (entzündete) Papeln und dyshidrosiforme (schuppige) Bläschen sowie an den Handrücken und den Handgelenken mäßige Rötungen gefunden. Auch am linken Fußrücken liege eine kleine Rötung vor. Ansonsten sei die Haut erscheinungsfrei. Der Gutachter hat eine atopische Dermatitis der Hände mit möglicher zusätzlicher Sensibilisierung gegenüber ubiquitär vorkommenden Kontaktallergenen diagnostiziert und dargelegt: Die überempfindliche, entzündliche Reaktion der Oberhaut sei früher als Ekzem bezeichnet worden und werde heute als Dermatitis gefasst. Sie könne durch äußere Einwirkungen als irritativtoxische Dermatitis oder als allergische Dermatitis in Erscheinung treten. Klinisches Bild und Lokalisation der Hautveränderungen seien bei einer anlagebedingten und einer erworbenen Dermatitis nahezu identisch, womit die Abgrenzung zwischen einer atopischen Dermatitis und einem Kontaktekzem im Einzelfall schwierig sein könne. Entsprechend dem klinischen Befund sei bei der Klägerin sowohl eine atopische als auch eine Kontaktdermatitis denkbar. Mittels des so genannten Erlanger Atopiescore lasse sich jedoch eine Unterscheidung treffen. Über 11 Punkte bedeute eine atopische Dermatitis. Nach den Gutachten von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. G. habe die Klägerin 14 bzw. 19 Punkte erreicht, so dass bei ihr eine atopische Dermatitis vorliege. Im Hinblick auf toxische Reaktionen gehe aus einer Epikutantestung von 1996 eine Sensibilisierung gegenüber Kobalt und Nickel hervor. Bei den Testungen vom 2. bis zum 6. August 2004 hätten sich Sensibilisierungen gegenüber Chromat, Kompositen-Mix, Propylenglykol, Cocamidopropylbetain, Quaternium 15, Benzoylperoxid, Ammoniumpersulfat und Duftstoff-Mix, nicht aber gegen Formalin gezeigt. Dass die Kontaktsensibilisierung der Klägerin gegen diese Substanzen überwiegend beruflich erworben sei, sei schon deshalb nicht wahrscheinlich, weil alle diese Allergene auch stets außerberuflich vorkämen, etwa in Medikamenten, Schmuck, Kosmetika oder Farben. Der Krankheitsbeginn sei auch nach den Angaben der Klägerin unklar. Aus den Eintragungen im SV-Ausweis sei möglicherweise auf eine Ende 1980 erfolgte Behandlung wegen einer nässenden Hautkrankheit an den Unterschenkeln zu schließen. Ein zweiter Schub könne dann 1985/1986 gewesen sein. Nachweisbar seien Hauterscheinungen jedoch erst seit 1995. Ein solcher schubweiser Krankheitsverlauf mit langen freien Intervallen bei andauernder beruflicher Exposition sei am ehesten mit der atopischen Dermatitis zu erklären. Da die Klägerin bis zur Auflösung ihres Betriebes durchgehend ohne wesentliche Einschränkungen gearbeitet habe, sei auch kein Unterlassungszwang zu begründen.
Schließlich hat der Senat das im Auftrag des SG Halle in einem parallelen Verfahren der Klägerin (S 12 SB 231/05) von Prof. Dr. G. gefertigte Gutachten vom 21. Januar 2008 beigezogen. Hierin hatte der Sachverständige seine Ausführungen aus dem Vorgutachten vom 14. Dezember 2004 wiederholt und auf eine Zunahme der seinerzeit festgestellten Hautveränderungen hingewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2002 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin damit nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, ihren Bescheid vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2002 zurückzunehmen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen nicht erbracht worden sind.
Der Senat lässt offen, ob die Klägerin das Ziel der Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2002 im Wege der Verpflichtungs- oder einer (zweiten) Anfechtungsklage verfolgen muss. Letzteres wird durch die neuere Rechtsprechung des 2. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) nahegelegt (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18). Denn vorliegend ist die Klage in beiderlei Hinsicht zulässig.
Es kommt auch nicht auf die Frage an, ob der eigentlichen Überprüfung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X eine gesonderte Prüfung des Wiederaufgreifens des Verfahrens vorausgeht (so BSG, Urteil vom 3. April 2001 – B 4 RA 22/00 R – SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20). Denn dies hätte nicht zur Folge, dass im Falle der Ablehnung des Wiederaufgreifens nur darauf, nicht aber zulässig auch auf die Aufhebung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes geklagt werden könnte. Auch für den Fall des Wiederaufgreifens wird nämlich jedenfalls keine gesonderte Entscheidung hierüber verlangt (vgl. BSG, Urteil vom 3. April 2001, a.a.O., wonach die indirekte Verlautbarung mit der Entscheidung über die Aufhebung möglich ist). Besteht aber keine Pflicht zum Erlass eines gesonderten Verwaltungsaktes, kann auch unmittelbar auf die (Verpflichtung zur) Rücknahme geklagt werden, die die Beklagte mit der Ablehnung des Wiederaufgreifens im Bescheid vom 23. Oktober 2002 schlüssig mit abgelehnt hat.
Das Klagebegehren der Klägerin ist jedoch unbegründet. Die oben genannten Voraussetzungen von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind deshalb nicht erfüllt, weil die Beklagte beim Erlass des Bescheides vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2002 weder das Recht falsch angewandt hat noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Die Klägerin hat nämlich keinen Anspruch auf Feststellung ihres Hautleidens als BK 5101, womit sich die Frage einer Verletztenrente nicht mehr stellt.
Die von der Klägerin verfolgten Ansprüche richten sich noch nach den bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO). Denn der von ihr als entschädigungspflichtig geltend gemachte Versicherungsfall (BK), zu dem hier auch die tatsächliche Aufgabe der schädigenden Tätigkeit gehört, soll nach ihrem Vorbringen vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten sein (vgl. Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I, 1254 ff., §§ 212 ff. SGB VII).
Gemäß § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (BKV) mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§§ 539, 540, 543 bis 545 RVO) erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKV regelt § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO. Der Versicherungsfall einer in der Anlage 1 zur BKV aufgelisteten BK setzt voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit eine belastende berufliche Einwirkung auf die Gesundheit bewirkt (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkung die vom jeweiligen BK-Tatbestand erfasste Erkrankung wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 9/08 R – juris). Bezogen auf die hier strittige BK 5101 bedeutet dies, dass bei der Klägerin eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung vorliegen muss, die durch die beruflichen Einwirkungen entstanden ist, denen sie aufgrund ihrer versicherten Tätigkeit ausgesetzt war. Diese Erkrankung muss sie zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten gezwungen haben und die Klägerin darf tatsächlich keine solche Tätigkeit mehr ausüben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 20/04 R – SozR 4-2700 § 9 Nr. 7). Während für die Beurteilung der haftungsbegündenden Kausalität der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt, müssen die Grundlagen dieser Ursachenbeurteilung – die versicherte Tätigkeit, die Art und der Umfang der belastenden beruflichen Einwirkungen und die (geltend gemachte) Erkrankung – mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (so genannter Vollbeweis). Dieser Beweisgrad ist erfüllt, wenn kein vernünftiger die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt, wenn also das Gefühl des Zweifels beseitigt ist (siehe etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Unter Berücksichtigung dessen geht der Senat zwar davon aus, dass die Klägerin während der Zeit ihrer Tätigkeit als Zootechnikerin, die einer nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO (nunmehr § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) versicherten Tätigkeit als Beschäftigte gleichsteht, entsprechend ihren Angaben gegenüber dem TAD der Beklagten vom 20. bzw. 25. August 1997 hautbelastenden Einwirkungen ausgesetzt war. Dass dies auch auf die Zeiträume ihrer Umschulung zur Landschaftsgärtnerin bzw. Bürohilfe von Oktober 1994 bis Juni 1995 bzw. Dezember 1996 bis August 1997 zutrifft, hat die Klägerin am 11. Juni 1997 selbst verneint, was durch die Stellungnahme des TAD der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft vom 17. Juni 1998 bestätigt wird. Die beruflichen Belastungen, denen gegenüber die Klägerin bis Ende September 1992 exponiert war, sind nach dem insoweit einschlägigen Beweismaßstab jedoch nicht als wesentliche (Mit)-Ursache des Handekzems mit Sensibilisierungen gegenüber Kaliumchromat, Kobalt(II)-chlorid, Nickel(II)-sulfat sowie Formaldehyd hinreichend wahrscheinlich zu machen. Ob die Erkrankung objektiv zur Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit gezwungen hat, kann damit dahinstehen.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosinequanon) kausal ist, voraus, dass die versicherte Einwirkung bei wertender Betrachtung nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung der Erkrankung, sondern wegen ihrer besonderen Beziehung zur geltend gemachten Krankheit wesentlich mitgewirkt hat (vgl. KassKomm-Ricke, Stand April 2009, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). Dabei ist "wesentlich" nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (hier der Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, der zeitliche Verlauf und die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 30. Januar 2007, a.a.O.).
Ausgehend hiervon ist nach den feststellbaren Anknüpfungstatsachen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit der Klägerin als Tierpflegerin und ihrem Kontaktekzem im Handbereich nicht hinreichend wahrscheinlich. Denn es spricht mehr für als gegen diese Kausalität.
1. Der ganz entscheidende Gesichtspunkt gegen diese Ursachenbeziehung ist der zeitliche Aspekt. Denn es ist schon nicht feststellbar, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Aufgabe ihrer Tätigkeit am 30. September 1992 bereits unter einer Hauterkrankung litt. Die von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. G. als entscheidend für ihre Schlussfolgerungen angesehene zeitliche Verbindung ist damit nicht gegeben.
Nach dem Wortlaut des Tatbestandes der BK 5101 steht die Aufgabe der belastenden Tätigkeiten in einer zeitlichen Beziehung zur maßgeblichen Krankheit. Es geht um Krankheiten, die die Aufgabe von Tätigkeiten erzwungen haben, weil die Tätigkeiten – schon vorher – für die Entstehung oder Verschlimmerung der Krankheit ursächlich waren. Folglich muss die Krankheit schon bei der Entstehung des Unterlassungszwangs vorgelegen haben. Weiterhin muss die Aufgabe der Tätigkeit krankheitsbedingt erzwungen sein, d.h. die Tätigkeit muss bis zum Entstehen des Zwangs noch ausgeübt worden sein. Auch wenn sie nicht subjektiv wegen des entstandenen Zwanges aufgegeben worden sein muss (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1983 – 2 RU 33/82 – BSGE 56, 94), muss das Ende der Tätigkeit objektiv durch gesundheitlichen Zwang und die tatsächliche Unterlassung wesentlich durch die Krankheit verursacht worden sein (BSG, Urteil vom 29. August 1980 – 8a RU 72/79 – BSGE 50, 187). Soweit die BK 5101 auch auf Tätigkeiten abstellt, die – zukünftig – ursächlich für Krankheiten sein können, bezieht sie sich auf die dort genannte Fallgruppe des Wiederauflebens, dessen Möglichkeit ebenfalls den Aufgabezwang begründen kann. Auch dieser Fall setzt aber nach der Vorsilbe "Wieder-” mit Notwendigkeit voraus, dass die Krankheit dem entstandenen Zwang zeitlich vorausgegangen ist. Für dieses Verständnis der notwendigen zeitlichen Reihenfolge innerhalb des Tatbestandes der BK 5101 spricht auch die Fassung der jetzigen Ermächtigungsnorm des § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, wonach die maßgebliche Krankheit sogar für die Unterlassung ursächlich gewesen sein müsste, nämlich zur Unterlassung "geführt haben” müsste. Wenn auch diese engere Ausdrucksweise losgelöst von subjektiven Beweggründen durch den objektiven Zwang zur Aufgabe ausgefüllt wird, wird doch deutlich, dass die Krankheit vor der Tätigkeitsaufgabe vorgelegen haben muss. Gegen diese Auslegung lässt sich nicht einwenden, § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sei wegen des Krankheitsbeginns vor dem 1. Januar 1997 auf die Klägerin noch nicht anwendbar. Denn mit § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist keine Einschränkung der Unterlassungsklauseln bezweckt, sondern eine Klarstellung für diese schon bestehenden Tatbestandsmerkmale der BKV geschaffen worden (siehe Römer in: Hauck, SGB VII, Stand September 2009, K § 9 Rn. 34).
Dies vorausgeschickt, ist eine Hauterkrankung der Klägerin vor Aufgabe ihrer Tätigkeit als Tierpflegerin am 30. September 1992, von der der Senat sich die volle Überzeugung bilden können müsste, nicht ersichtlich. Vielmehr ist eine solche frühestens durch die Behandlung bei Dr. K. am 4. September 1995 zu sichern. Dies gilt sowohl im Hinblick auf ein Kontaktekzem als auch auf die bei der Klägerin nachgewiesene atopische Dermatitis, so dass sich mangels eines manifesten Krankheitszustandes auch insoweit von vornherein keine Ansatzpunkte für eine von Prof. Dr. G. angenommene Verschlimmerung ergeben können (vgl. zu diesem Begriff Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., 2003, Abschn.1.3.7.2, S. 84).
Die Angaben der Klägerin zum Krankheitsbeginn kann der Senat schon deshalb nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen, weil sie inkonsistent sind. Zwar hat die Klägerin am 20. bzw. 25. August 1997 gegenüber dem TAD der Beklagten behauptet, Krankheitsbeginn sei 1979 gewesen, und später im Rahmen der Befragungen durch Prof. Dr. G., Dr. W. und Prof. Dr. G. hinzugefügt, 1985/1986 bzw. 1990 seien dann Krankheitsschübe erfolgt. Dies mag sich in gewisser Weise auch noch mit ihren gegenüber Dr. K. im Januar 1997 bzw. am 24. Februar 1997 gemachten Mitteilungen zum Auftreten erster Hauterscheinungen im Bereich der Beine in den Jahren 1991 bzw. 1990 decken. Dieses Vorbringen der Klägerin steht jedoch im Widerspruch zu ihren vom vorliegenden Verfahren noch unbeeinflussten eigenen früheren Schilderungen. So hatte sie nämlich noch anlässlich ihrer ersten Behandlung bei Dr. K. am 4. September 1995 geäußert, Krankheitsbeginn sei Oktober 1994 gewesen. Dies entspricht in etwa ihren Angaben im Befundbogen zum Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. C. vom 9. Mai 1996, wonach die ersten Veränderungen im Bereich der Hände und Waden im Oktober 1995 aufgetreten seien und sie deshalb Dr. K. aufgesucht habe. Die erste Arbeitsunfähigkeit wegen einer Hauterkrankung ist bei der Klägerin überhaupt erst für den 19. Dezember 1996 verzeichnet, wohingegen die Arbeitsunfähigkeitszeiten im Oktober 1994 und Februar/März 1995 nach der Aufstellung der AOK Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 1997 wegen eines Harnwegsinfekts bzw. einer chronischen Mittelohrentzündung vermerkt sind. Ältere Hinweise auf eine Hautkrankheit konnten weder die Internistin H. noch Dipl.-Med. B. bestätigen.
Entgegen der Vermutung von Prof. Dr. T. lässt sich insbesondere aus dem Eintrag im SV-Ausweis vom 29. Dezember 1980 nichts für einen Krankheitsbeginn bis spätestens zum 30. September 1992 herleiten. Denn der insoweit für die Zeit vom 29. Dezember 1980 bis zum 4. Januar 1981 vermerkte Arbeitsunfähigkeitszeitraum betrifft den Diagnoseschlüssel 891 der seinerzeit gültigen ICD 9 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, gegenwärtig in der Fassung der ICD 10 German Modifikation 2009; abrufbar unter www.dimdi.de). Unter der Nr. 891 der ICD 9 wurden Behandlungen wegen einer offenen Wunde des Knies bzw. des Beines verschlüsselt. Dies kann schon deshalb nicht als nässende Hautkrankheit an den Unterschenkeln verstanden werden, weil die Diagnosenummer 891 systematisch zum XVII. Abschnitt der ICD 9 ("Verletzungen und Vergiftungen”) gehört, wohingegen für Behandlungen wegen Hautkrankheiten mit den Nr. 680 bis 709 in der ICD 9 ein eigener Abschnitt enthalten ist (siehe unter: http://www.dimdi.de/static/ de/klassi/diagnosen/alt/index.htm). Damit spricht der genannte Eintrag anstatt für eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Hautkrankheit weit eher für eine traumatisch bedingte Behandlung. Mit den Nrn. 680 bis 709 ICD 9 verschlüsselte Behandlungen sind im SV-Ausweis nirgends vermerkt.
2. Daneben weckt auch der sonstige Krankheitsverlauf ernste Zweifel am geltend gemachten Ursachenzusammenhang und kommt schließlich eine von den beruflichen Einwirkungen unabhängige Erklärung des Hautleidens in Betracht. Zwar hat Prof. Dr. G. ausgeführt, das Persistieren der Hauterscheinungen der Klägerin trotz Wegfalls der angeschuldigten Exposition spreche deshalb nicht gegen eine Kausalität, weil das Leiden trotz adäquater Behandlung eigendynamisch bleiben könne. Damit ließe sich jedoch allenfalls das Fortschreiten der Erkrankung nach 1995 ohne Fortbestehen einer belastenden beruflichen Einwirkung erklären. Demgegenüber erschließt sich hieraus nicht, weshalb nach dem von der Klägerin behaupteten Auftreten zwischen Anfang bis Mitte der 1990er Jahre sogar trotz Kontakts zur Schadquelle bzw. bereits eingetretener beruflicher Sensibilisierungen ein jahrelanges krankheitsfreies Intervall vorgelegen hat. Gerade das von der Klägerin angeführte schubweise Auftreten des Leidens bei mehrjähriger Erscheinungsfreiheit und fortbestehender schädigender Einwirkung lässt eine im Wesentlichen berufliche Verursachung als fernliegend erscheinen. Überdies betreffen die Sensibilisierungen der Klägerin gegenüber Kaliumdichromat, Kobalt(II)chlorid, Nickel(II)-sulfat sowie Formaldehyd Allergene, die weit verbreitet sind, keinen besonderen beruflichen Bezug aufweisen und auf die ein endogener Ekzematiker leicht zu reagieren pflegt, wie Dr. W. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. Februar 2000 dargelegt hat. Neben ihm haben nicht nur auch alle anderen im Verfahren gehörten Hautfachärzte mit einer atopischen Dermatitis eine derartige Vorbelastung bei der Klägerin diagnostiziert. Vielmehr wird diese übereinstimmende ärztliche Einschätzung zusätzlich durch den Umstand unterstützt, dass nach den Angaben der Klägerin auch ihre Schwester und ihr Sohn an Hauterkrankungen leiden.
Sind demnach schon die Feststellungsvoraussetzungen einer BK 5101 nicht erfüllt und bedarf es daher der Prüfung eines Anspruchs auf Verletztenrente nicht mehr (siehe hierzu die §§ 214 Abs. 3, 56 Abs. 1 und 2, 73 SGB VII), konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens, ob bei der Klägerin eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können – (BK 5101) anzuerkennen und ihr deshalb eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen ist.
Die am ... 1960 geborene Klägerin erlernte von September 1978 bis Juli 1980 den Beruf einer Zootechnikerin und war in diesem anschließend bis Ende September 1992 in einem Schweinemastbetrieb tätig. Nachfolgend war sie bis Oktober 1994 ohne Arbeit und absolvierte dann bis Juni 1995 eine Umschulungsmaßnahme zur Landschaftsgärtnerin. Von Juni 1995 bis Dezember 1996 war sie wiederum ohne Arbeit und nahm danach bis August 1997 an einer Umschulungsmaßnahme zur Bürogehilfin teil. Nach erneuter Arbeitslosigkeit absolvierte sie von Dezember 1999 bis August 2000 eine weitere Umschulungsmaßnahme für Gastronomie- und Küchentätigkeiten. Von September 2000 bis September 2001 war die Klägerin ohne Arbeit, verrichtete von Oktober 2001 bis Januar 2002 Bürotätigkeiten und ist seither arbeitsuchend.
Am 29. Januar 1997 hatte die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft B. (Rechtsvorgängerin der Beklagten; nachfolgend einheitlich als die Beklagte bezeichnet) der Hautarztbericht der behandelnden Dermatologin der Klägerin Dr. K. vom 24. Januar 1997 erreicht. Danach sei bei der Klägerin 1991 eine Hauterkrankung an den Beinen aufgetreten, welche von der Hausärztin Dipl.-Med. B. behandelt worden sei. Nach Ansicht der Klägerin sei das Hautleiden durch Einflüsse von Gülle, Tieren, Gummistiefeln und Desinfektionsmitteln entstanden. Es bestehe eine ekzematöse Hauterkrankung beider Unterschenkel sowie ein kumulativ-toxisches allergisches Handekzem. Feuchtes Milieu und starke Allergene seien zu meiden. Ob das Hautleiden beruflich bedingt sei, sei fraglich.
Unter dem 24. Februar 1997 hatte die Klägerin angegeben, wegen ihres Hautleidens sei sie vom 10. bis zum 21. Oktober 1994, vom 23. Februar bis zum 31. März 1995 und vom 18. Januar bis zum 19. Februar 1997 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Erstmals aufgetreten sei die Erkrankung 1990, zuerst an den Waden, dann an den Händen. Zurückzuführen sei die Erkrankung auf den Umgang mit Desinfektionsmitteln, Seife, Haarwäsche, Duschbad, Pflanzen, Tieren und Erde.
Die Beklagte hatte vom zuständigen Rentenversicherungsträger der Klägerin medizinische Unterlagen beigezogen: In einem Befundbogen zum Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. C. vom 9. Mai 1996 war der Hautausschlag an den Händen von der Klägerin auf Hausstaub zurückgeführt worden. Auch ihre Schwester leide an Hautausschlag im Bereich der Gelenke. Erstmals aufgetreten seien die Veränderungen im Bereich der Hände und Waden im Oktober 1995; im November 1995 habe sie dann Dr. K. aufgesucht.
Aus der der Beklagten von der AOK S.-A. als dem seit dem 1. Januar 1991 zuständigen Krankenversicherungsträger der Klägerin übermittelten Aufstellung vom 16. Juli 1997 war hervorgegangen, dass die Klägerin am 19. Dezember 1996, vom 18. Januar bis zum 19. Februar 1997, vom 10. bis zum 14. März 1997 sowie vom 14. Mai bis zum 30. Juni 1997 wegen Hauterscheinungen arbeitsunfähig erkrankt war. Für Oktober 1994 war die Arbeitunfähigkeit wegen eines Harnwegsinfekts und im Februar/März 1995 wegen einer chronischen Mittelohrentzündung vermerkt worden.
Am 20. bzw. 25. August 1997 war die Klägerin vom Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten u.a. zu ihrer Tätigkeit als Zootechnikerin befragt worden: Sie habe in einer Sauenzuchtanlage gearbeitet. Von 30 Arbeitskräften seien 1.632 Sauen und ca. 16.300 Ferkel betreut worden. Zu 15 % der Arbeitszeit seien Füttern, zu 15 % Impfen, zu 50 % Zähneauskneifen, Schwänzekürzen und Kastrieren sowie zu 20 % Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten angefallen. Das Füttern der Sauen sei maschinell aus einem fahrbaren Trog mit Getreide und Eiweißkonzentraten sowie Mineralstoffen erfolgt. Außerdem sei auch eine extra durchzuführende Vitaminisierung mittels Lösung angefallen. Ferkel habe sie per Hand aus Futterwagen versorgt. Hierbei sei das Futter in Eimer gefüllt und dann in den Trog geschüttet worden. Eingesetzt worden sei Schrotgemisch, das mit Fischmehl, Tierkörpermehl und normalem Milchpulver versetzt und den Händen gemischt worden sei. Neben der Fütterung sei das Halten der Ferkel zum Impfen durch den Tierarzt angefallen, wobei Kontakt zu Haaren, Läusen und Milben bestanden habe. Impfungen gegen Eisenmangel und Durchfall habe sie auch selbst vorgenommen. Die Zähne habe sie mit Zahnzangen aus Chrom-Nickel-Legierungen abkneifen und die Schwänze mit Metallinstrumenten kürzen müssen. Zum Kastrieren habe sie ein Skalpell aus einer Chrom-Nickel-Legierung und zur Wunddesinfektion Mastipan eingesetzt. Sie habe mit Natronlauge, Salpetersäure, Phosphorsäure, Peressigsäure und Phenolderivaten sowie Formalin Flächen- und Sprühdesinfektionen durchgeführt. Als Schutzkleidung hätten Gummistiefel und Gummischürzen zur Verfügung gestanden. Temporär seien im Gesicht, an den Händen und im Bereich der Gummistiefel an den Beinen ekzematöse Erscheinungen aufgetreten, was erstmals 1979 der Fall gewesen sei.
Aus einem Arbeitszeugnis der Klägerin war hervorgegangen, dass ihr Arbeitsverhältnis zum 30. September 1992 wegen Unternehmensauflösung gekündigt worden war.
Die Beklagte hatte von dem Chefarzt der Hautklinik des Städtischen Klinikums D. Prof. Dr. G. das Gutachten vom 5. Dezember 1997 eingeholt. Dieser war zu dem Ergebnis gelangt, die Voraussetzungen einer BK 5101 seien erfüllt; die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege bei einem Grad um 30 vom Hundert (vH). Nach den Angaben der Klägerin seien Hautveränderungen erstmals 1979 im Gesicht aufgetreten, 1985 und 1986 seien juckende und nässende Erscheinungen zwischen den Fingern beider Hände hinzugekommen. Kurz danach seien auch die Waden betroffen gewesen; ein nächster Schub sei 1990 erfolgt. Auf Grundlage der am 24. November 1997 durchgeführten Untersuchung der Klägerin war von Prof. Dr. G. dargelegt worden, eine am 28. August 1996 durchgeführte Hauttestung habe positive Reaktionen auf Kobalt(II)-chlorid und Nickel(II)-sulfat im Epikutantest sowie auf Hausstaubmilben im Prick-Test ergeben. Als Diagnosen hatte der Gutachter ein allergisches Kontaktekzem auf Nickel, Kobalt und Formaldehyd, ein atopisches Ekzem (in Schüben verlaufende, entzündliche und chronische Hauterkrankung aufgrund genetischer Veranlagung) sowie eine diskrete Akne vulgaris gestellt. Es sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin das allergische Kontaktekzem berufsbedingt zugezogen und sich das atopische Ekzem durch die berufliche Tätigkeit richtungweisend verschlechtert habe. Es bestehe ein Unterlassungszwang im Hinblick auf alle Tätigkeiten mit Nickel-, Kobalt- und Formalinkontakt sowie Tätigkeiten, die mit einer Hautbelastung durch Feuchtigkeit, Desinfektionsmitteln und Staub verbunden seien.
In dem von der Beklagten beigezogenen Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) der Klägerin waren für den Zeitraum von Dezember 1980 bis September 1990 außer im Hinblick auf gynäkologische bzw. Behandlungen während und nach Schwangerschaft (ICD 8 und 9 Diagnosenummern 644 sowie V 22, V 25 und Y 62) Arbeitsunfähigkeitszeiten lediglich für die Zeit vom 29. Dezember 1980 bis zum 4. Januar 1981 wegen einer offenen Wunde des Knies bzw. des Beines (ICD 9 Nr. 891) sowie vom 4. bis zum 17. Januar 1988 wegen einer Lungenerkrankung (ICD 8 Nr. 450) vermerkt worden. Zu Behandlungen wegen Hautkrankheiten (ICD 9 Nr. 680 bis 709) hatten sich keine Einträge gefunden.
Dr. K. hatte der Beklagten in ihrem Bericht vom 2. Februar 1998 mitgeteilt, die Klägerin habe sich bei ihr erstmals am 4. September 1995 mit der Angabe vorgestellt, seit der Umschulung zur Gärtnerin im Oktober 1994 Hauterscheinungen an den Händen zu haben. Es bestehe der Verdacht auf das Vorliegen eines atopischen Handekzems und einer Milbensensibilisierung. Von der Internistin Sanitätsrätin H. war der Beklagten unter dem 5. Februar 1998 berichtet worden, bei der Klägerin sei im September 1995 eine Neurodermitis festgestellt worden. Bei ihr habe sich die Klägerin am 3. Februar 1995 mit einem Ekzem beider Hände vorgestellt. Dipl.-Med. B. hatte unter dem 17. März 1998 angegeben, sie könne nach intensivem Aktenstudium keine Angaben zu Hauterkrankungen der Klägerin machen.
Aus einem Aktenvermerk der Beklagten über ein Telefongespräch mit der Klägerin am 11. Juni 1998 war zu entnehmen, dass die Klägerin als Umschülerin keinen Kontakt zu irgendwelchen Stoffen gehabt habe, die ihre Hauterkrankung ausgelöst hätten. Die Probleme resultierten aus ihrer Tätigkeit als Viehpflegerin. Mangels Vorhandenseins in ihrer Gegend habe sie damals keine Hautärzte, sondern nur Allgemeinmediziner aufsuchen können.
Auf Veranlassung der Beklagten hatte der TAD der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft in seiner Stellungnahme vom 17. Juni 1998 bezüglich der Zeiten der Umschulung der Klägerin zur Landschaftgärtnerin bzw. Bürohilfe (Oktober 1994 bis Juni 1995 bzw. Dezember 1996 bis August 1997) ausgeführt: Drei Tage nach Ausbildungsbeginn am 4. Oktober 1994 habe wegen einer Hauterkrankung Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Ein praktischer Einsatz habe bis dahin nicht stattgefunden gehabt. Während ihrer Anwesenheit sei die Klägerin ohne Einschränkungen seitens der Haut in die Arbeiten eingebunden gewesen. Vom 22. Februar bis zum 31. März 1995 habe aufgrund HNO-ärztlicher Bescheinigungen Arbeitsunfähigkeit bestanden. Kontakt zu Formaldehyd und anderen Desinfektions- oder Pflanzenschutzmitteln habe nicht vorgelegen, im Übrigen hätten Arbeitshandschuhe zur Verfügung gestanden. Gummistiefel seien nicht getragen worden. Während der Zeit ihrer Umschulung zur Bürohilfe (2. Dezember 1996 bis 1. August 1997) sei die Klägerin während der theoretischen Ausbildung am 19. Dezember 1996 sowie vom 22. Januar bis zum 19. Februar 1997 wegen Hautbeschwerden arbeitsunfähig gewesen. Vom 21. Februar 1997 an habe sie sich im Praktikum befunden und sei dort im Verwaltungsbereich eingesetzt worden. Nachdem vom 10. bis zum 14. März 1997 wegen Hautbeschwerden Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, sei die Klägerin dann bis Ende März 1997 in einer Rechtsanwaltskanzlei und anschließend in einem dritten Praktikumsbetrieb tätig gewesen. Arbeitsunfähigkeit wegen einer Hauterkrankung habe nochmals in der Zeit vom 14. Mai bis zum 30. Juni 1997 vorgelegen. Insgesamt sei damit festzustellen, dass die Klägerin während ihrer Umschulungsmaßnahmen keinen Hautbelastungen ausgesetzt gewesen sei.
Der von der Beklagten hinzugezogene Facharzt für Hautkrankheiten und Allergologie Dr. S. hatte in seiner beratenden Stellungnahme vom 24. Juni 1998 dargelegt, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der derzeitigen Hauterkrankung der Klägerin und ihrer Tätigkeit in der Landwirtschaft sei nicht überwiegend wahrscheinlich. Nach Aufgabe dieser Exposition und der Aufgabe der Beschäftigung als Landschaftsgestalterin habe keine schädigende Einwirkung mehr vorgelegen. Gegen eine berufliche Verschlimmerung des atopischen Ekzems spreche die jahrelange Erscheinungsfreiheit trotz erfolgter Exposition.
In ihrer gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 19. Oktober 1998 hatte Dr. H. empfohlen, keine BK 5101 anzuerkennen. Eine Arbeitsplatzabhängigkeit der Hauterscheinungen der Klägerin sei nicht zu erkennen. Die Klägerin habe wechselnde Angaben zum Beginn der Hautveränderungen gemacht. Nachgewiesen seien diese erst für 1995. Im SV-Ausweis seien keine Arbeitsunfähigkeiten wegen Hautleiden verzeichnet. Die Hautveränderungen 1997 seien expositionsunabhängig aufgetreten.
Mit Bescheid vom 24. November 1998 hatte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung einer BK 5101 abgelehnt. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Hauterkrankung der Klägerin und der bis September 1992 erfolgten Exposition sei nicht wahrscheinlich. Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen der Haut hätten in dieser Zeit nicht bestanden. Erst 1997 während ihrer Umschulungstätigkeit sei die Klägerin wegen der Hauterscheinungen arbeitsunfähig geworden. Damals sei sie aber keinem Schadstoffkontakt ausgesetzt gewesen. Auch die Verschlimmerung eines Anlageleidens sei nicht zu erkennen.
Auf den hiergegen am 4. Dezember 1998 erhobenen Widerspruch der Klägerin hatte die Beklagte deren Begutachtung durch den Hautarzt und Allergologen Dr. W. veranlasst. Von diesem war in seinem nach ambulanter Untersuchung erstellten Gutachten vom 18. Mai 1999 dargelegt worden, dass bei der Klägerin eine BK 5101 mit einer MdE um 20 vH anzunehmen sei. Bei ihr bestehe eine Allergie gegen Nickel, Kobalt, Formalin und Milben, anlagebedingt ein atopisches Ekzem mit Hand- und Unterschenkelbetroffenheit und ferner ein Zustand nach Akne vulgaris. Die Hauterkrankung sei erstmals Ende der 1970er Jahre aufgetreten, ein weiterer Schub sei 1985 erfolgt. Trotz Fortsetzung der Tätigkeit als Tierpflegerin sei jeweils eine Abheilung eingetreten. Das endogene Ekzem sei wiederholt rückläufig gewesen und nicht als schwer einzustufen.
Nachdem Dr. H. in ihrer daraufhin verfassten Stellungnahme vom 1. November 1999 darauf hingewiesen hatte, dass eine jahrelange Erscheinungsfreiheit trotz fortbestehender Exposition beim Bestehen eines Kontaktekzems nicht denkbar sei, war Dr. W. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. Februar 2000 von seiner gutachtlichen Einschätzung abgerückt und hatte ausgeführt: Die in den Jahren 1994 und 1995 aufgetretenen Erkrankungen seien auf das anlagebedingte endogene Ekzem zu beziehen. Auch für die nachfolgende Zeit lasse sich kein Zusammenhang zur Umschulungstätigkeit der Klägerin rekonstruieren. Auffällig sei, dass das Leiden jeweils im Frühjahr aufgetreten sei. Eine allergische Reaktion gegenüber Nickel und Chrom sowie Kobalt als Kopplungsallergene sei nicht eindeutig auf die berufliche Tätigkeit zu beziehen, da es sich um ubiquitär (allgemein verbreitet) auftretende Metalle handele und ein endogener Ekzematiker insoweit ohnehin schneller mit Allergien reagiere. Auch sei die klinische Manifestation nicht eindeutig im Kontaktbereich der Hände aufgetreten. Insgesamt sei daher keine BK 5101 anzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2000 hatte die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen am 29. März 2000 vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhobene Klage (S 6 U 64/00) hatte die Klägerin am 5. Juli 2002 zurückgenommen.
Am 16. September 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Rücknahme des Bescheides vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2000, was die Beklagte mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 ablehnte. Den dagegen am 25. November 2002 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2002 als unbegründet zurück. Neue Tatsachen, die berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des zu überprüfenden Bescheides begründen würden, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Nach wie vor sei nicht belegt, dass ein Zusammenhang zwischen der 1997 gemeldeten Hauterkrankung und der bis 1992 ausgeübten Tätigkeit bestehe.
Am 20. Dezember 2002 hat die Klägerin zur Weiterverfolgung ihres Begehrens beim SG Klage erhoben. Das SG hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 2. August 2004 sowie ambulanten Testungen am 2., 4., 5. und 6. August 2004 von dem Direktor der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie M. Prof. Dr. G. das unter Mitwirkung des Leitenden Oberarztes Prof. Dr. B. und der Fachärztin für Dermatologie/Venerologie Dr. H. erstellte Gutachten vom 14. Dezember 2004 eingeholt. Prof. Dr. G. hat im Ergebnis eingeschätzt, bei der Klägerin liege eine BK 5101 mit einer MdE um 20 vH vor. Sie leide unter einem chronisch rezidivierenden Handekzem gemischter Ätiologie und wesentlich beruflicher Genese bei schwerster Metallallergie mit berufsrelevanten Typ IV-Sensibilisierungen gegen Kaliumchromat, Kobalt(II)-chlorid, Nickel(II)-sulfat sowie ebenfalls berufsrelevanter Typ I-Sensibilisierung gegen Formaldehyd. Der berufliche Zusammenhang werde durch den zeitlichen Verlauf und die Lokalisation der Ekzeme gesichert. Der Umstand, dass die Hauterscheinungen bei der Klägerin persistierten (fortbestünden), obwohl die belastenden Tätigkeiten eingestellt worden seien, spreche nicht gegen diese Annahme. Denn trotz adäquater Behandlung könne die Erkrankung eigendynamisch bleiben. Die atopische Hautdiathese sei als begleitender Cofaktor einzustufen, nicht jedoch als ursächlich.
In ihrem Befundbericht vom 3. Januar 2005 hat Dr. K. nochmals bestätigt, dass sie die Klägerin erstmals am 4. September 1995 behandelt habe. Damals hätten ekzematös schuppende Handflächen vorgelegen.
Die Beklagte hat zum Gutachten von Prof. Dr. G. die gewerbeärztliche Stellungnahme der Dr. F. vom 17. Februar 2005 vorgelegt, wonach der Beginn der Hauterkrankung der Klägerin unklar sei. Ihre Angaben hierzu seien widersprüchlich und von keinem Arzt bestätigt worden. Der gesamte Krankheitsverlauf mit dem Auftreten der schwersten Hauterscheinungen nach Ende der Exposition im September 1992 spreche gegen einen beruflichen Zusammenhang und werde durch das atopische Ekzem bestimmt. Dass nunmehr auch eine Chromatsensibilisierung, die bei der Erstbegutachtung 1997 noch nicht nachweisbar gewesen sei, beruflich bedingt sei, sei nicht nachvollziehbar.
Mit Urteil vom 23. Juni 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Auch wenn unterstellt werde, dass die Klägerin bis September 1992 durch das Füttern und Betreuen der Tiere Hautkontakt zu diesen, Tiermilben, vernickelten Instrumenten sowie Formaldehydlösungen gehabt habe, sei nicht wahrscheinlich, dass die bei ihr diagnostizierte Hauterkrankung hierauf zurückgehe. Die berufliche Belastung habe im September 1992 geendet. Der Eintritt einer Hauterkrankung sei ärztlich jedoch erst im September 1995 dokumentiert worden. Die Angaben der Klägerin, sie sei seit 1979 wiederholt über 1985, 1986 und 1990 in Behandlung gewesen, habe Dipl.-Med. B. nicht bestätigt, dem SV-Ausweis seien keine einschlägigen Behandlungen zu entnehmen. Auch Dr. K. habe das Hautleiden anstatt auf einen beruflichen Zusammenhang auf eine anlagebedingte Diathese zurückgeführt. Ferner hätten sich die Hauterscheinungen nach 1995 fortschreitend entwickelt und während der Zeiträume vom 20. Januar bis 19. Februar 1997, 10. bis 14. März 1997 sowie 14. Mai bis 30. Juni 1997 zu wiederholten Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt, was berufsbedingt nicht erklärbar sei. Zudem sei nicht plausibel, weshalb nach dem von der Klägerin behaupteten Auftreten von 1990 bis 1994/1995 während der Zeit der Arbeitslosigkeit ein krankheitsfreies Intervall aufgetreten sei, obwohl die beruflichen Sensibilisierungen schon hätten bestehen müssen, wohingegen während der Zeit der Arbeitslosigkeit von Juni 1995 an eine hautärztliche Behandlung stattgefunden habe. Schließlich handele es sich bei den Sensibilisierungen gegenüber Kaliumdichromat, Kobalt(II)-chlorid und Nickel(II)-sulfat sowie gegen Formaldehyd um Allergene, welche berufsunspezifisch seien, allgemein vorkämen und bei der Klägerin teilweise erst später hinzugekommen seien, was ebenfalls gegen eine berufliche Verursachung spreche. Im Gegensatz zu den gewerbeärztlichen Stellungnahmen und den Ausführungen von Dr. S. fußten die Schlussfolgerungen von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. G. größtenteils auf den nicht bewiesenen anamnestischen Angaben der Klägerin. Die Äußerungen von Dr. W. seien widersprüchlich und damit nicht verwertbar.
Gegen das am 15. August 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. September 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und sich zur Begründung auf das Gutachten von Prof. Dr. G. bezogen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Rücknahme des Bescheides vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2000 mit Wirkung vom 10. Oktober 1994 an festzustellen, dass ihr chronisch rezidivierendes Handekzem bei schwerster Metallallergie mit Typ IV-Sensibilisierungen gegenüber Kaliumchromat, Kobalt(II)-chlorid, Nickel(II)-sulfat sowie Typ I-Sensibilisierung gegenüber Formaldehyd eine Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist, und ihr vom 1. Januar 1998 an eine Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre angefochtenen Bescheide und das diese bestätigende Urteil des SG für richtig.
Der Senat hat den Leitenden Oberarzt der Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie H. Prof. Dr. T. das Gutachten vom 29. November 2007 erstellen lassen. Anamnestisch hat die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen im Rahmen des Untersuchungstermins am 23. Mai 2007 u.a. angegeben, ihr Sohn leide an einer atopischen Dermatitis. Klinisch hat Prof. Dr. T. an beiden Handtellern Rötungen, einige exkoriierte (entzündete) Papeln und dyshidrosiforme (schuppige) Bläschen sowie an den Handrücken und den Handgelenken mäßige Rötungen gefunden. Auch am linken Fußrücken liege eine kleine Rötung vor. Ansonsten sei die Haut erscheinungsfrei. Der Gutachter hat eine atopische Dermatitis der Hände mit möglicher zusätzlicher Sensibilisierung gegenüber ubiquitär vorkommenden Kontaktallergenen diagnostiziert und dargelegt: Die überempfindliche, entzündliche Reaktion der Oberhaut sei früher als Ekzem bezeichnet worden und werde heute als Dermatitis gefasst. Sie könne durch äußere Einwirkungen als irritativtoxische Dermatitis oder als allergische Dermatitis in Erscheinung treten. Klinisches Bild und Lokalisation der Hautveränderungen seien bei einer anlagebedingten und einer erworbenen Dermatitis nahezu identisch, womit die Abgrenzung zwischen einer atopischen Dermatitis und einem Kontaktekzem im Einzelfall schwierig sein könne. Entsprechend dem klinischen Befund sei bei der Klägerin sowohl eine atopische als auch eine Kontaktdermatitis denkbar. Mittels des so genannten Erlanger Atopiescore lasse sich jedoch eine Unterscheidung treffen. Über 11 Punkte bedeute eine atopische Dermatitis. Nach den Gutachten von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. G. habe die Klägerin 14 bzw. 19 Punkte erreicht, so dass bei ihr eine atopische Dermatitis vorliege. Im Hinblick auf toxische Reaktionen gehe aus einer Epikutantestung von 1996 eine Sensibilisierung gegenüber Kobalt und Nickel hervor. Bei den Testungen vom 2. bis zum 6. August 2004 hätten sich Sensibilisierungen gegenüber Chromat, Kompositen-Mix, Propylenglykol, Cocamidopropylbetain, Quaternium 15, Benzoylperoxid, Ammoniumpersulfat und Duftstoff-Mix, nicht aber gegen Formalin gezeigt. Dass die Kontaktsensibilisierung der Klägerin gegen diese Substanzen überwiegend beruflich erworben sei, sei schon deshalb nicht wahrscheinlich, weil alle diese Allergene auch stets außerberuflich vorkämen, etwa in Medikamenten, Schmuck, Kosmetika oder Farben. Der Krankheitsbeginn sei auch nach den Angaben der Klägerin unklar. Aus den Eintragungen im SV-Ausweis sei möglicherweise auf eine Ende 1980 erfolgte Behandlung wegen einer nässenden Hautkrankheit an den Unterschenkeln zu schließen. Ein zweiter Schub könne dann 1985/1986 gewesen sein. Nachweisbar seien Hauterscheinungen jedoch erst seit 1995. Ein solcher schubweiser Krankheitsverlauf mit langen freien Intervallen bei andauernder beruflicher Exposition sei am ehesten mit der atopischen Dermatitis zu erklären. Da die Klägerin bis zur Auflösung ihres Betriebes durchgehend ohne wesentliche Einschränkungen gearbeitet habe, sei auch kein Unterlassungszwang zu begründen.
Schließlich hat der Senat das im Auftrag des SG Halle in einem parallelen Verfahren der Klägerin (S 12 SB 231/05) von Prof. Dr. G. gefertigte Gutachten vom 21. Januar 2008 beigezogen. Hierin hatte der Sachverständige seine Ausführungen aus dem Vorgutachten vom 14. Dezember 2004 wiederholt und auf eine Zunahme der seinerzeit festgestellten Hautveränderungen hingewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2002 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin damit nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, ihren Bescheid vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2002 zurückzunehmen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen nicht erbracht worden sind.
Der Senat lässt offen, ob die Klägerin das Ziel der Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2002 im Wege der Verpflichtungs- oder einer (zweiten) Anfechtungsklage verfolgen muss. Letzteres wird durch die neuere Rechtsprechung des 2. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) nahegelegt (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18). Denn vorliegend ist die Klage in beiderlei Hinsicht zulässig.
Es kommt auch nicht auf die Frage an, ob der eigentlichen Überprüfung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X eine gesonderte Prüfung des Wiederaufgreifens des Verfahrens vorausgeht (so BSG, Urteil vom 3. April 2001 – B 4 RA 22/00 R – SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20). Denn dies hätte nicht zur Folge, dass im Falle der Ablehnung des Wiederaufgreifens nur darauf, nicht aber zulässig auch auf die Aufhebung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes geklagt werden könnte. Auch für den Fall des Wiederaufgreifens wird nämlich jedenfalls keine gesonderte Entscheidung hierüber verlangt (vgl. BSG, Urteil vom 3. April 2001, a.a.O., wonach die indirekte Verlautbarung mit der Entscheidung über die Aufhebung möglich ist). Besteht aber keine Pflicht zum Erlass eines gesonderten Verwaltungsaktes, kann auch unmittelbar auf die (Verpflichtung zur) Rücknahme geklagt werden, die die Beklagte mit der Ablehnung des Wiederaufgreifens im Bescheid vom 23. Oktober 2002 schlüssig mit abgelehnt hat.
Das Klagebegehren der Klägerin ist jedoch unbegründet. Die oben genannten Voraussetzungen von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind deshalb nicht erfüllt, weil die Beklagte beim Erlass des Bescheides vom 24. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2002 weder das Recht falsch angewandt hat noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Die Klägerin hat nämlich keinen Anspruch auf Feststellung ihres Hautleidens als BK 5101, womit sich die Frage einer Verletztenrente nicht mehr stellt.
Die von der Klägerin verfolgten Ansprüche richten sich noch nach den bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO). Denn der von ihr als entschädigungspflichtig geltend gemachte Versicherungsfall (BK), zu dem hier auch die tatsächliche Aufgabe der schädigenden Tätigkeit gehört, soll nach ihrem Vorbringen vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten sein (vgl. Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I, 1254 ff., §§ 212 ff. SGB VII).
Gemäß § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (BKV) mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§§ 539, 540, 543 bis 545 RVO) erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKV regelt § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO. Der Versicherungsfall einer in der Anlage 1 zur BKV aufgelisteten BK setzt voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit eine belastende berufliche Einwirkung auf die Gesundheit bewirkt (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkung die vom jeweiligen BK-Tatbestand erfasste Erkrankung wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 9/08 R – juris). Bezogen auf die hier strittige BK 5101 bedeutet dies, dass bei der Klägerin eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung vorliegen muss, die durch die beruflichen Einwirkungen entstanden ist, denen sie aufgrund ihrer versicherten Tätigkeit ausgesetzt war. Diese Erkrankung muss sie zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten gezwungen haben und die Klägerin darf tatsächlich keine solche Tätigkeit mehr ausüben (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 20/04 R – SozR 4-2700 § 9 Nr. 7). Während für die Beurteilung der haftungsbegündenden Kausalität der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt, müssen die Grundlagen dieser Ursachenbeurteilung – die versicherte Tätigkeit, die Art und der Umfang der belastenden beruflichen Einwirkungen und die (geltend gemachte) Erkrankung – mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (so genannter Vollbeweis). Dieser Beweisgrad ist erfüllt, wenn kein vernünftiger die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt, wenn also das Gefühl des Zweifels beseitigt ist (siehe etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).
Unter Berücksichtigung dessen geht der Senat zwar davon aus, dass die Klägerin während der Zeit ihrer Tätigkeit als Zootechnikerin, die einer nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO (nunmehr § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) versicherten Tätigkeit als Beschäftigte gleichsteht, entsprechend ihren Angaben gegenüber dem TAD der Beklagten vom 20. bzw. 25. August 1997 hautbelastenden Einwirkungen ausgesetzt war. Dass dies auch auf die Zeiträume ihrer Umschulung zur Landschaftsgärtnerin bzw. Bürohilfe von Oktober 1994 bis Juni 1995 bzw. Dezember 1996 bis August 1997 zutrifft, hat die Klägerin am 11. Juni 1997 selbst verneint, was durch die Stellungnahme des TAD der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft vom 17. Juni 1998 bestätigt wird. Die beruflichen Belastungen, denen gegenüber die Klägerin bis Ende September 1992 exponiert war, sind nach dem insoweit einschlägigen Beweismaßstab jedoch nicht als wesentliche (Mit)-Ursache des Handekzems mit Sensibilisierungen gegenüber Kaliumchromat, Kobalt(II)-chlorid, Nickel(II)-sulfat sowie Formaldehyd hinreichend wahrscheinlich zu machen. Ob die Erkrankung objektiv zur Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit gezwungen hat, kann damit dahinstehen.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosinequanon) kausal ist, voraus, dass die versicherte Einwirkung bei wertender Betrachtung nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung der Erkrankung, sondern wegen ihrer besonderen Beziehung zur geltend gemachten Krankheit wesentlich mitgewirkt hat (vgl. KassKomm-Ricke, Stand April 2009, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). Dabei ist "wesentlich" nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (hier der Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, der zeitliche Verlauf und die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 30. Januar 2007, a.a.O.).
Ausgehend hiervon ist nach den feststellbaren Anknüpfungstatsachen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit der Klägerin als Tierpflegerin und ihrem Kontaktekzem im Handbereich nicht hinreichend wahrscheinlich. Denn es spricht mehr für als gegen diese Kausalität.
1. Der ganz entscheidende Gesichtspunkt gegen diese Ursachenbeziehung ist der zeitliche Aspekt. Denn es ist schon nicht feststellbar, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Aufgabe ihrer Tätigkeit am 30. September 1992 bereits unter einer Hauterkrankung litt. Die von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. G. als entscheidend für ihre Schlussfolgerungen angesehene zeitliche Verbindung ist damit nicht gegeben.
Nach dem Wortlaut des Tatbestandes der BK 5101 steht die Aufgabe der belastenden Tätigkeiten in einer zeitlichen Beziehung zur maßgeblichen Krankheit. Es geht um Krankheiten, die die Aufgabe von Tätigkeiten erzwungen haben, weil die Tätigkeiten – schon vorher – für die Entstehung oder Verschlimmerung der Krankheit ursächlich waren. Folglich muss die Krankheit schon bei der Entstehung des Unterlassungszwangs vorgelegen haben. Weiterhin muss die Aufgabe der Tätigkeit krankheitsbedingt erzwungen sein, d.h. die Tätigkeit muss bis zum Entstehen des Zwangs noch ausgeübt worden sein. Auch wenn sie nicht subjektiv wegen des entstandenen Zwanges aufgegeben worden sein muss (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1983 – 2 RU 33/82 – BSGE 56, 94), muss das Ende der Tätigkeit objektiv durch gesundheitlichen Zwang und die tatsächliche Unterlassung wesentlich durch die Krankheit verursacht worden sein (BSG, Urteil vom 29. August 1980 – 8a RU 72/79 – BSGE 50, 187). Soweit die BK 5101 auch auf Tätigkeiten abstellt, die – zukünftig – ursächlich für Krankheiten sein können, bezieht sie sich auf die dort genannte Fallgruppe des Wiederauflebens, dessen Möglichkeit ebenfalls den Aufgabezwang begründen kann. Auch dieser Fall setzt aber nach der Vorsilbe "Wieder-” mit Notwendigkeit voraus, dass die Krankheit dem entstandenen Zwang zeitlich vorausgegangen ist. Für dieses Verständnis der notwendigen zeitlichen Reihenfolge innerhalb des Tatbestandes der BK 5101 spricht auch die Fassung der jetzigen Ermächtigungsnorm des § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, wonach die maßgebliche Krankheit sogar für die Unterlassung ursächlich gewesen sein müsste, nämlich zur Unterlassung "geführt haben” müsste. Wenn auch diese engere Ausdrucksweise losgelöst von subjektiven Beweggründen durch den objektiven Zwang zur Aufgabe ausgefüllt wird, wird doch deutlich, dass die Krankheit vor der Tätigkeitsaufgabe vorgelegen haben muss. Gegen diese Auslegung lässt sich nicht einwenden, § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sei wegen des Krankheitsbeginns vor dem 1. Januar 1997 auf die Klägerin noch nicht anwendbar. Denn mit § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist keine Einschränkung der Unterlassungsklauseln bezweckt, sondern eine Klarstellung für diese schon bestehenden Tatbestandsmerkmale der BKV geschaffen worden (siehe Römer in: Hauck, SGB VII, Stand September 2009, K § 9 Rn. 34).
Dies vorausgeschickt, ist eine Hauterkrankung der Klägerin vor Aufgabe ihrer Tätigkeit als Tierpflegerin am 30. September 1992, von der der Senat sich die volle Überzeugung bilden können müsste, nicht ersichtlich. Vielmehr ist eine solche frühestens durch die Behandlung bei Dr. K. am 4. September 1995 zu sichern. Dies gilt sowohl im Hinblick auf ein Kontaktekzem als auch auf die bei der Klägerin nachgewiesene atopische Dermatitis, so dass sich mangels eines manifesten Krankheitszustandes auch insoweit von vornherein keine Ansatzpunkte für eine von Prof. Dr. G. angenommene Verschlimmerung ergeben können (vgl. zu diesem Begriff Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., 2003, Abschn.1.3.7.2, S. 84).
Die Angaben der Klägerin zum Krankheitsbeginn kann der Senat schon deshalb nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen, weil sie inkonsistent sind. Zwar hat die Klägerin am 20. bzw. 25. August 1997 gegenüber dem TAD der Beklagten behauptet, Krankheitsbeginn sei 1979 gewesen, und später im Rahmen der Befragungen durch Prof. Dr. G., Dr. W. und Prof. Dr. G. hinzugefügt, 1985/1986 bzw. 1990 seien dann Krankheitsschübe erfolgt. Dies mag sich in gewisser Weise auch noch mit ihren gegenüber Dr. K. im Januar 1997 bzw. am 24. Februar 1997 gemachten Mitteilungen zum Auftreten erster Hauterscheinungen im Bereich der Beine in den Jahren 1991 bzw. 1990 decken. Dieses Vorbringen der Klägerin steht jedoch im Widerspruch zu ihren vom vorliegenden Verfahren noch unbeeinflussten eigenen früheren Schilderungen. So hatte sie nämlich noch anlässlich ihrer ersten Behandlung bei Dr. K. am 4. September 1995 geäußert, Krankheitsbeginn sei Oktober 1994 gewesen. Dies entspricht in etwa ihren Angaben im Befundbogen zum Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. C. vom 9. Mai 1996, wonach die ersten Veränderungen im Bereich der Hände und Waden im Oktober 1995 aufgetreten seien und sie deshalb Dr. K. aufgesucht habe. Die erste Arbeitsunfähigkeit wegen einer Hauterkrankung ist bei der Klägerin überhaupt erst für den 19. Dezember 1996 verzeichnet, wohingegen die Arbeitsunfähigkeitszeiten im Oktober 1994 und Februar/März 1995 nach der Aufstellung der AOK Sachsen-Anhalt vom 16. Juli 1997 wegen eines Harnwegsinfekts bzw. einer chronischen Mittelohrentzündung vermerkt sind. Ältere Hinweise auf eine Hautkrankheit konnten weder die Internistin H. noch Dipl.-Med. B. bestätigen.
Entgegen der Vermutung von Prof. Dr. T. lässt sich insbesondere aus dem Eintrag im SV-Ausweis vom 29. Dezember 1980 nichts für einen Krankheitsbeginn bis spätestens zum 30. September 1992 herleiten. Denn der insoweit für die Zeit vom 29. Dezember 1980 bis zum 4. Januar 1981 vermerkte Arbeitsunfähigkeitszeitraum betrifft den Diagnoseschlüssel 891 der seinerzeit gültigen ICD 9 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, gegenwärtig in der Fassung der ICD 10 German Modifikation 2009; abrufbar unter www.dimdi.de). Unter der Nr. 891 der ICD 9 wurden Behandlungen wegen einer offenen Wunde des Knies bzw. des Beines verschlüsselt. Dies kann schon deshalb nicht als nässende Hautkrankheit an den Unterschenkeln verstanden werden, weil die Diagnosenummer 891 systematisch zum XVII. Abschnitt der ICD 9 ("Verletzungen und Vergiftungen”) gehört, wohingegen für Behandlungen wegen Hautkrankheiten mit den Nr. 680 bis 709 in der ICD 9 ein eigener Abschnitt enthalten ist (siehe unter: http://www.dimdi.de/static/ de/klassi/diagnosen/alt/index.htm). Damit spricht der genannte Eintrag anstatt für eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Hautkrankheit weit eher für eine traumatisch bedingte Behandlung. Mit den Nrn. 680 bis 709 ICD 9 verschlüsselte Behandlungen sind im SV-Ausweis nirgends vermerkt.
2. Daneben weckt auch der sonstige Krankheitsverlauf ernste Zweifel am geltend gemachten Ursachenzusammenhang und kommt schließlich eine von den beruflichen Einwirkungen unabhängige Erklärung des Hautleidens in Betracht. Zwar hat Prof. Dr. G. ausgeführt, das Persistieren der Hauterscheinungen der Klägerin trotz Wegfalls der angeschuldigten Exposition spreche deshalb nicht gegen eine Kausalität, weil das Leiden trotz adäquater Behandlung eigendynamisch bleiben könne. Damit ließe sich jedoch allenfalls das Fortschreiten der Erkrankung nach 1995 ohne Fortbestehen einer belastenden beruflichen Einwirkung erklären. Demgegenüber erschließt sich hieraus nicht, weshalb nach dem von der Klägerin behaupteten Auftreten zwischen Anfang bis Mitte der 1990er Jahre sogar trotz Kontakts zur Schadquelle bzw. bereits eingetretener beruflicher Sensibilisierungen ein jahrelanges krankheitsfreies Intervall vorgelegen hat. Gerade das von der Klägerin angeführte schubweise Auftreten des Leidens bei mehrjähriger Erscheinungsfreiheit und fortbestehender schädigender Einwirkung lässt eine im Wesentlichen berufliche Verursachung als fernliegend erscheinen. Überdies betreffen die Sensibilisierungen der Klägerin gegenüber Kaliumdichromat, Kobalt(II)chlorid, Nickel(II)-sulfat sowie Formaldehyd Allergene, die weit verbreitet sind, keinen besonderen beruflichen Bezug aufweisen und auf die ein endogener Ekzematiker leicht zu reagieren pflegt, wie Dr. W. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. Februar 2000 dargelegt hat. Neben ihm haben nicht nur auch alle anderen im Verfahren gehörten Hautfachärzte mit einer atopischen Dermatitis eine derartige Vorbelastung bei der Klägerin diagnostiziert. Vielmehr wird diese übereinstimmende ärztliche Einschätzung zusätzlich durch den Umstand unterstützt, dass nach den Angaben der Klägerin auch ihre Schwester und ihr Sohn an Hauterkrankungen leiden.
Sind demnach schon die Feststellungsvoraussetzungen einer BK 5101 nicht erfüllt und bedarf es daher der Prüfung eines Anspruchs auf Verletztenrente nicht mehr (siehe hierzu die §§ 214 Abs. 3, 56 Abs. 1 und 2, 73 SGB VII), konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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