L 5 R 1902/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3431/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1902/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15.04.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger macht einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente gegenüber der Beklagten geltend.

Der 1974 geborene Kläger stammt aus dem I. und reiste am 22.02.2001 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seit dem Jahr 2002 übte er Hilfsarbeitertätigkeiten aus, zuletzt als Reinigungskraft. Am 29.12.2007 erlitt der Kläger einen Betriebsunfall beim Reinigen von Betriebsanlagen. Er fiel in einen 4 m tiefen Schacht. Er erhielt Verletztengeld vom 29.12.2007 bis 26.06.2009. Seit dem 27.06.2009 bezieht er eine Unfallrente der zuständigen Unfallversicherung aus einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 %. Vom Versorgungsamt ist dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit dem 11.08.2009 zuerkannt.

Am 27.07.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab an, sich seit dem 29.12.2007 wegen eines Zustandes nach Sturz mit zahlreichen Frakturen, Schrauben im Kopf und wegen eines steifen Handgelenks nicht mehr für leistungsfähig zu halten, und legte zahlreiche Befundberichte der ihn seit dem Arbeitsunfall behandelnden Ärzte vor.

Die Beklagte zog das Gutachten von Dr. Sch. vom ärztlichen Dienst der B. für A. vom 20.08.2009 sowie die dort vorliegenden Befundberichte bei. In diesem Gutachten wurden ein Polytrauma mit Lungenkontusion, komplexer Mittelgesichtsfraktur, Lungenverletzung links, Ellenbogen- und Unterarmverletzung rechts, eine Sehstörung für die Nähe mit aufgehobenem räumlichen Sehen, eine posttraumatische Belastungsstörung und eine Minderung des Riechvermögens diagnostiziert. Eine leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeit gelegentlich im Stehen, Gehen und Sitzen sei dem Kläger weiterhin zumutbar.

Der Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Sozialmedizin Dr. G. vom prüfärztlichen Dienst der Beklagten nahm unter Berücksichtigung dieser Unterlagen am 11.09.2009 dahingehend Stellung, dass das im Gutachten der B. für A. dargestellte Leistungsvermögen nachvollziehbar und das Gutachten schlüssig sei. Zur Zeit sei zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen keine weitere persönliche Begutachtung des Klägers erforderlich. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen sechs Stunden und mehr am Tag verrichten.

Mit Bescheid vom 02.10.2009 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab. Nach ärztlicher Feststellung könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden je Arbeitstag unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Er sei daher nicht erwerbsgemindert.

Gegen den ablehnenden Bescheid legte der Kläger am 19.10.2009 Widerspruch ein. Neben den unstreitigen Diagnosen bestünden dauerhafte sowie schmerzhafte Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk, im rechten Handgelenk und beiden Kniegelenken, außerdem Schmerzen unterhalb des Brustkorbes links. Im Übrigen sei sein Riechvermögen nicht nur gemindert, sondern vollständig aufgehoben. Die massive psychische Traumatisierung durch den Berufsunfall sei auch nicht berücksichtigt worden. Aufgrund dieser leide er unter fortbestehenden umfassenden Kopfschmerzen, wiederkehrenden Angstzuständen sowie auch Schlafstörungen.

Die Beklagte holte daraufhin Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte ein. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. beschrieb am 05.04.2010 die aktuellen Beschwerden des Klägers mit chronischen Schmerzen und Depressivität. Der Facharzt für Chirurgie Dr. F. von L. attestierte am 17.03.2010, dass der Kläger trotz der geklagten Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogens, des rechten Handgelenks und des rechten Kniegelenks sowie der geklagten Schwellungen der gesamten Gesichtshaut eine leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ausüben könne. Der Hals-, Nasen-, Ohrenarzt Dr. R. erklärte am 13.02.2010, den Kläger zuletzt am 15.06.2009 untersucht zu haben. Es seien wiederkehrende Kopfschmerzen und eine fortbestehende Störung der Geruchswahrnehmung geklagt worden. Von hno-ärztlicher Seite bestünden keine Aktivitäts- und Teilhabeeinschränkungen.

Auf dieser Grundlage veranlasste die Beklagte eine Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. St ... Im Gutachten vom 15.06.2010 stellte dieser folgende Diagnosen: Polytrauma mit knöchern verheilter Mittelgesichtsfraktur und nachfolgenden Narbenbeschwerden sowie Hyposmie, mit knöchern verheilter Ellenbogenfraktur rechts ohne Bewegungseinschränkung, mit komplexer Handgelenksverletzung und Bewegungseinschränkung rechts bei Kahnbeinfraktur und Mondbeinfraktur, mit Querfortsatzfraktur links ohne belastungsabhängige Beschwerden des ersten Lendenwirbelkörpers, mit abgeheilter Rippenfraktur links und bewegungsabhängigen Beschwerden, mit Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit links nach Schulterprellung mit fortbestehendem Reizzustand, mit knöchern abgeheilter Radiusköpfchenfraktur rechts ohne Bewegungseinschränkung, mit Kniegelenksprellung beidseits und daraus resultierenden belastungsabhängigen Beschwerden und Knorpelläsion rechts ohne Bewegungseinschränkung, mit abgeheilter Lungenkontusion beidseits sowie kleiner frontobasaler Einblutung ohne neurologische Symptomatik. Eine Beeinträchtigung des Visus mit aufgehobenem räumlichen Sehen sei auch auf Nachfrage nicht angegeben worden. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen in bedarfsgerechtem Wechsel ohne Einschränkung der Arbeitsorganisation sechs Stunden und mehr am Tag verrichten. Tätigkeiten mit häufigem Gehen und Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel zumutbar bis 15 kg), mit häufigem Knien und Hocken oder häufigen Überkopfarbeiten sollten dem Kläger nicht mehr abverlangt werden. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gebäudereiniger könne nicht mehr verrichtet werden.

Durch Widerspruchsbescheid vom 20.08.2010 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück. Eine volle oder teilweise Erwerbsminderung liege unter Berücksichtigung der Begutachtung durch Dr. St. nicht vor.

Am 24.09.2010 erhob der Kläger beim Sozialgericht Mannheim Klage. Die Beurteilung des Leistungsvermögens durch die Beklagte sei weder schlüssig noch nachvollziehbar. Die zahnmedizinischen Einschränkungen seien nicht berücksichtigt worden. Insbesondere sei die Klage aber deshalb begründet, weil die Beklagte die psychischen Folgen des Arbeitsunfalls nicht ausreichend und insgesamt falsch beurteilt habe.

Das Sozialgericht zog die seitens der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft über den Kläger erstellten Sachverständigengutachten bei. Im Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W. vom 07.12.2010 wurde eine vollschichtige Leistungsfähigkeit des Klägers unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen bestätigt. Der Kläger hatte dort angegeben, er wolle gerne - wie bereits früher im I. - wieder als Schneider arbeiten. Der Nervenarzt Dr. H. konnte in seinem Gutachten vom 26.11.2010 keine Hinweise für eine psychoorganische Leistungsminderung finden. Er stellte eine mäßige depressive Anpassungsstörung, eine Verbitterungsstörung und eine Fixierung auf die Rentengewährung fest. Desweiteren hatte Prof. Dr. D. auf hals-, nasen- ohrenärztlichem Fachgebiet für die zuständige Berufsgenossenschaft am 13.10.2010 ein Gutachten erstattet und eine Anosmie bei erhaltendem Geschmackssinn festgestellt. Der Augenarzt Dr. K. hatte in seinem Gutachten vom 14.10.2010 periphere Gesichtsfelddefekte attestiert.

Das Sozialgericht befragte ferner die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Der Hals-, Nasen-, Ohrenarzt Dr. R. gab mit schriftlichem Sachverständigenzeugnis vom 09.01.2011 an, den Kläger zuletzt im Juni 2009 gesehen zu haben. Er halte ihn für in der Lage, körperliche leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr am Tag zu verrichten.

Der Facharzt für Orthopädie Dr. G. von St. teilte mit Schreiben vom 13.01.2011 mit, den Kläger lediglich einmalig am 12.11.2007 behandelt zu haben.

Mit schriftlicher Stellungnahme vom 13.01.2011 führte der Neurologe und Psychiater Dr. D. aus, den Kläger zuletzt im November 2008 gesehen zu haben. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Schwerpunkt der Befunde auf chirurgischem Fachgebiet gelegen. Er könne die Leistungsfähigkeit des Klägers aktuell nicht einschätzen. Es sei aber von einer Besserung der posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen.

Der Allgemeinmediziner Dr. Y. gab in seiner Stellungnahme vom 17.01.2011 an, dass somatisch beim Kläger keine Veränderung eingetreten sei, seine psychische Situation sich aber wegen des Polytraumas verschlechtert habe. Er könne nur körperlich leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, ohne Schicht und Akkord, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sowie ohne geistig anspruchsvolle Vorgaben unter sechs Stunden täglich durchführen.

Der Zahnarzt Dr. B. äußerte sich am 20.01.2011 und konnte aus zahnärztlicher Sicht keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers bestätigen.

Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. teilte am 24.01.2011 mit, den Kläger im Jahr 2009 zehnmal, 2010 dreimal und 2011 zweimal behandelt zu haben. Es habe keine Antriebsstörung bestanden, wohl aber eine subdepressive Verstimmung. Der Kläger sei affektiv stark beeinträchtigt gewesen. Eine Leistungseinschätzung nahm Dr. S. nicht vor.

Der den Kläger behandelnde Chirurg Dr. von L. führte in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 02.02.2011 aus, dass er den Kläger für in der Lage halte, körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten.

Das Sozialgericht bat den Gutachter der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, den Nervenarzt Dr. H., ergänzend um eine sozialmedizinische Leistungseinschätzung. Dieser teilte am 15.03.2011 mit, dass der Kläger unter einer mäßiggradigen depressiven Störung als Unfallfolge leide sowie unfallunabhängig unter einer Verbitterungsstörung. Beide Diagnosen würden es dem Kläger erlauben, einer leichten beruflichen Tätigkeit vollschichtig nachzugehen. Einschränkungen hinsichtlich der geistigen oder psychischen Belastbarkeit bestünden nicht.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.04.2011 ab. Der Kläger sei weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert i.S.v. §§ 43, 240 SGB VI. Der Kläger sei dazu in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, ohne häufiges Knien und Hocken, ohne häufige Überkopfarbeiten oder häufiges Treppensteigen sechs Stunden und mehr am Tag zu verrichten. Auszuschließen sind auch Tätigkeiten, die einen funktionierenden Geruchssinn oder besondere Anforderungen auch an das periphere Sehvermögen stellen. Das Sozialgericht hat seine Beurteilung sowohl auf das im Widerspruchsverfahren erstellte Gutachten des Dr. St., als auch auf die durch die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft erstellten Gutachten gestützt. Diese würden im Wesentlichen durch die Aussagen der den Kläger behandelnden Ärzte bestätigt. Entgegen der Klagebegründung bestünden durch die von zahnärztlicher Seite vorgenommenen Behandlungen keine dauernden Leistungseinschränkungen. Auch aus nervenärztlicher Sicht hätten sich keine qualitativen oder quantitativen Leistungseinschränkungen ergeben. Dies folge aus dem Gutachten des Nervenarztes Dr. H. vom 26.11.2010 sowie dessen aktueller Stellungnahme vom 15.03.2011. Allein der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. Y. komme zu dem Ergebnis, dass der Kläger weniger als sechs Stunden täglich einsetzbar sei. Allerdings sei aus seiner sachverständigen Zeugenauskunft nicht nachvollziehbar, weshalb neben den qualitativen auch quantitative Leistungseinschränkungen bestehen sollten. Im Übrigen seien die Angaben des Dr. Y. durch die Auskünfte der befragten Fachärzte widerlegt.

Da der Kläger aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Reinigungskraft in die Gruppe der ungelernten Arbeiter einzustufen sei, sei er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen und unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen leistungsfähig. Konkrete Verweisungstätigkeiten seien nicht zu benennen. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme daher ebenso wenig in Betracht wie eine solche wegen voller Erwerbsminderung.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 20.04.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.05.2011 Berufung eingelegt. Er macht erneut traumabedingte Unfallfolgen geltend, die von Dr. H. im Rahmen der Begutachtung nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Er sei seit dem Unfall ein gebrochener Mann.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15.04.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 02.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.07.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Senat hat von Amts wegen ein nervenärztliches Gutachten bei Dr. H. erhoben. Dieser hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011 auf neurologischem Fachgebiet eine Anosomie und auf psychiatrischem Fachgebiet eine leichte depressive Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode diagnostiziert. Eine posttraumatische Belastungsstörung, eine somatoforme Schmerzstörung und eine Angsterkrankung konnte Dr. H. ebenso wenig feststellen wie kognitive Leistungseinschränkungen. Der Kläger sei leistungsfähig im Umfang von sechs und mehr Stunden arbeitstäglich für Tätigkeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen aufgrund der festgestellten Erkrankungen.

Mit Beschluss vom 26.03.2012 hat der Senat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet in der Besetzung mit der Berichterstatterin als Vorsitzender und den ehrenamtlichen Richtern, da der Rechtstreit durch Beschluss des Senats vom 26.03.2012 nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden ist. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm Rente nicht zusteht. Der im Jahr 1974 geborene Kläger kann Berufsunfähigkeitsrente nach § 240 SGB VI schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil diese Regelung nur für vor 1961 geborene Versicherte einen Anspruch gewährt. Eine Erwerbsminderung liegt bei ihm nicht vor (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Kläger noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann.

Aus den im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen hat sich nichts anderes ergeben. Der Senat hat im Hinblick auf den Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren zur Abklärung der geltend gemachten psychischen Folgen des schweren Arbeitsunfalls aus dem Jahr 2007 das nervenärztliche Gutachten von Dr. H. erhoben. Den Nachweis einer quantitativen Erwerbsminderung hat auch dieses Gutachten nicht erbracht. Dr. H. hat den Kläger ausführlich untersucht und das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung ebenso ausgeschlossen wie eine somatoforme Schmerzstörung und eine Angsterkrankung. Kognitive Leistungseinschränkungen konnte er ebenfalls nicht feststellen. Aus der von ihm diagnostizierten Anosomie und der leichten depressiven Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode ergeben sich zwar qualitative Leistungseinschränkungen, eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers hat Dr. H. daraus aber nicht abgeleitet. Dr. H. hat im Hinblick auf die Depressionserkrankung Akkordarbeit, Nachtarbeit und Arbeiten unter besonderem Zeitdruck ausgeschlossen. Auch Arbeiten mit besonderes hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration sowie mit besonders hoher Verantwortung und besonders hoher geistiger Beanspruchung hat er für nicht mehr zumutbar erachtet. Die Anosomie begründet nach den Ausführungen von Dr. H. einen Ausschluss von Arbeiten mit Ansprüchen an das Riechvermögen. Darüber hinaus haben sich nach der Beurteilung von Dr. H. keine relevanten Einschränkungen ergeben. Der Senat folgt der Einschätzung des Gutachters, die er für überzeugend hält, zumal sie die bereits vorangegangene Einschätzung von Dr. H., der den Kläger im Auftrag der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft begutachtet hatte und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.03.2011 zum gleichen Ergebnis gekommen war, bestätigt. Auch der behandelnden Neurologe und Psychiater Dr. D. ging davon aus, dass sich die Belastungsstörung des Klägers bessern werde, nachdem der Kläger zuletzt bei ihm im Jahr 2008 in Behandlung gewesen war. Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. S. hatte gegenüber dem Sozialgericht von einer depressiven Verstimmung des Klägers berichtet und bleibt insoweit hinter der Diagnose von Dr. H. noch zurück. Während Dr. S. im Januar 2011 von einer starken affektiven Beeinträchtigung des Klägers ausging, konnte Dr. H. bei seiner Untersuchung am 21.10.2011 nur eine leichte Reduzierung der affektiven Schwingungsfähigkeit feststellen. Letztlich hat nur der behandelnde Allgemeinarzt Dr. Y. eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers angenommen, da sich die psychische Situation wegen des Polytraumas verschlechtert habe. Seine Einschätzung hat sich durch die fachärztliche Begutachtung von Dr. H. nicht bestätigt und kann damit das Berufungsbegehren nicht tragen. Schließlich hat der Kläger bei Dr. H. auch angegeben, er habe immer wieder nach Arbeit gesucht, aber keine finden können. Gegenüber dem Orthopäden Dr. W., der ihn im Auftrag der Berufsgenossenschaft untersucht hatte, hatte er bereits angegeben, wieder als Schneider arbeiten zu wollen. Diese Äußerungen geben zu erkennen, dass der Kläger sich auch selbst nicht als erwerbsgemindert ansieht.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, die Berufung des Klägers bleibt erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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