L 3 AL 2487/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 1428/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2487/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Mai 2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung eines Antrages auf Reisekostenbeihilfe für die Aufnahme einer Beschäftigung und die (vermeintliche) Untätigkeit der Beklagten betreffend eines Antrages auf Fahrtkostenerstattung für die Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages.

Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.

Anlässlich einer geplanten Beschäftigungsaufnahme für die T. Zeitarbeit GmbH -Niederlassung Heilbronn - (T GmbH) am 08. bzw. 15.09.2008, für die der Kläger für die Fa. S., Waldenburg, tätig sein sollte, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 10.09.2008 Fahrkosten-beihilfe für die Zeit vom 15.09.2008 – 14.03.2009 in Höhe der berücksichtigungsfähigen Fahrkosten - bei der Benutzung eines Kraftfahrzeuges als Auslagenersatz eine Wegstrecken-entschädigung von 0,20 EUR je Kilometer -. Der Kläger erhielt auf Grund der Bewilligung am 10.09.2008 einen Betrag i.H.v. 340,80 EUR in bar ausbezahlt. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger zu berücksichtigende Fahrkosten für eine tägliche Wegstrecke von 244,78 km und eine Entschädigung von 0,30 EUR pro Kilometer geltend. Nachdem eine Arbeitsaufnahme tatsächlich nie stattfand, hob die Beklagte die Bewilligung der Fahrtkosten-beihilfe mit Bescheid vom 15.04.2009 auf und forderte den gezahlten Betrag von 340,80 EUR vom Kläger zurück. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2009 wies sie sodann den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die hiergegen am 26.06.2009 erhobene Klage wies das SG mit Urteil vom 12.05.2011 ab, die hiergegen eingelegte Berufung verwarf der erkennende Senat mit Beschluss vom 26.10.2011 - L 3 AL 2483/111 - als unzulässig.

Am 01.09.2008 beantragte der Kläger neben der Fahrt- auch noch eine Reisekostenbeihilfe für den Antritt der auswärtigen Arbeitsstelle am 08.09.2008 als Selbstfahrer und einer einfachen Distanz von 121,21 km. Mit Bescheid vom 11.09.2008 lehnte die Beklagte den Antrag unter der Begründung, die Anfahrkosten seien bereits in der bewilligten Fahrkostenbeihilfe mitbe-rücksichtigt, ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Wider-spruchsbescheid vom 31.03.2009 zurück. Am 12.09.2008 beantragte der Kläger schließlich die Bewilligung von Reisekostenbeihilfe für die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages mit der T GmbH, die er unter Vorlage eines Online-Ticket der Deutschen Bahn AG auf 10,90 EUR bezifferte.

Am 02.04.2009 hat der Kläger Klage zum SG erhoben, mit der er sich gegen den Widerspruchsbescheid vom 31.03.2009 gewandt und die Verbescheidung seines Antrages auf Fahrtkostenerstattung zur Vertragsunterzeichnung begehrt hat.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat hierzu vorgebracht, dass dem Kläger, nachdem er die Fahrtkosten betreffend der Vertragsunterzeichnung beziffert habe, mit Bescheid vom 05.05.2009 die begehrten Leistungen bewilligt worden seien.

Mit Urteil vom 12.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, ein Befangenheitsgesuch des Klägers vom 03.07.2009 hindere es nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Der Antrag ziele einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Der Bescheid vom 11.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 sei rechtmäßig. Infolge der Nichtaufnahme der Tätigkeit seien dem Kläger keine erstattungsfähigen Reisekosten entstanden. Der vom Kläger verfolgte Feststellungsantrag sei unzulässig, da über das Begehren im Rahmen der Anfechtungsklage zu entscheiden sei. Die vom Kläger geführte Fortsetzungsfeststellungsklage sei in Ermangelung einer Erledigung des Bescheides vom 11.09.2008 unzulässig. Der Untätigkeitsklage sei nicht zu entsprechen, da die Beklagte zwischenzeitlich mit Bescheid vom 05.05.2009 über den Antrag des Klägers entschieden habe. Das SG hat seinem Urteil eine Rechtsmittelbelehrung des Inhalts angeschlossen, dass das Urteil mit der Berufung angefochten werden könne.

Gegen das am 21.05.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.06.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das SG habe unzulässigerweise selbst über seinen Befangenheitsantrag entschieden, er sei nicht nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden, ihm seien die beantragten Aktenkopien verweigert worden. Auch sei ihm eine Fahrkarte zur Wahrnehmung des Verhandlungstermins verweigert worden. In der Sache verbleibe es beim Inhalt des Widerspruchs und der Klage. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft. Der Kläger hat zuletzt eine Kopie der Gerichts- und Verwaltungsakten, hilfsweise Akteneinsicht beantragt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Mai 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 11. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2009 aufzuheben, festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig war und die Beklagte zu verurteilen, den Antrag vom 12. September 2008 zu verbescheiden.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Ver-waltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt U. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 07.03.2012 Gebrauch gemacht.

Mit Schreiben vom 19.03.2012 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung bereits unzulässig sein dürfte und er erwäge, über die Berufung im Wege eines Beschlusses nach § 158 SGG zu entscheiden. Den Beteiligten wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 12.04.2012 zu äußern. Der Kläger hat hiervon dergestalt Gebrauch gemacht, dass er vorbringt, der Senat sei nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz an die Rechts¬mittelbelehrung des SG gebunden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte verwiesen.

II.

Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen.

Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder nicht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie gemäß § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann gemäß § 158 Satz 2 SGG durch Beschluss ergehen.

Der Senat macht von dem ihm eingeräumten Ermessen dahin gehend Gebrauch, dass er durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 3 SGG) entscheidet. Eine mündliche Verhandlung ist vorliegend nicht angezeigt. Gründe, die für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sprechen, wurden von den Beteiligten nicht vorgebracht.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 12.05.2011 ist nicht statthaft. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab dem 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I S. 444 ff.) bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Dies gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Der Beschwerdewert bestimmt sich nach dem Betrag, den das SG dem Kläger versagt hat und der von diesem - als Rechtsmittelführer - weiterverfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rn. 14 m.w.N.; Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 06.02.1997 - 14/10 BKg 14/96 - veröffentlicht in juris).

Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG war zum Einen der Bescheid der Beklagten vom 11.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009, mit dem die Beklagte die Bewilligung einer Reisekostenbeihilfe für die (erstmalige) Arbeitsaufnahme bei der T GmbH abgelehnt hat. Der Kläger hat im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bei einer Fahrtstrecke von insg. 244,78 km eine Entschädigung von 0,30 EUR geltend gemacht, woraus sich ein Betrag von 73,43 EUR errechnet. Daneben hat der Kläger die Untätigkeit der Beklagten betreffend der Ver-bescheidung seines Antrages auf Reisekostenbeihilfe für die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages mit der T GmbH gerügt. Von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, denn diese sind entweder auf die Vornahme eines beantragten, aber ohne zureichenden Grund innerhalb von sechs Monaten nicht erlassenen Verwaltungsakts gerichtet (§ 88 Abs. 1 SGG), oder sie haben den Erlass eines Widerspruchsbescheides zum Gegenstand, wenn ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist (§ 88 Abs. 2 SGG). Betrifft der zu erlassende Verwaltungsakt Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750,- EUR nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (BSG, Beschluss vom 06.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - veröffentlicht in juris). Der Kläger hat diesbezüglich Kosten i.H.v. 10,90 EUR geltend gemacht. Der Kläger ist mithin durch das klagabweisende Urteil des SG i.H.v. insg. 84,33 EUR beschwert. Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger daneben auch einen Feststellungsantrag geltend gemacht hat und im Falle mehrerer Streitgegenstände gemäß § 202 SGG i.V.m § 5 Zivilprozessordnung deren Werte grundsätzlich zusammenzurechnen sind, da mit dem Feststellungsantrag jedoch dasselbe wirtschaftliche Ziel wie mit der Anfechtungs- und Untätigkeitsklage verfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl. § 144, Rn. 18), ist deren Wert für die Ermittlung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nicht zu addieren. Der erforderliche Wert des Be¬schwerdegegenstandes von mehr als 750,- EUR ist daher nicht erreicht. Auch sind keine laufenden Leistungen von mehr als einem Jahr betroffen.

Das SG hat die Berufung auch nicht zugelassen. Die vom SG angeführte Rechtsmittelbelehrung, gegen das Urteil sei die Berufung zulässig, genügt den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung nicht; sie ersetzt die Zulassung nicht (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2004 - B 11 AL 53/03 R -; Urteil vom 23.07.1998 - B 1 KR 24/96 R jew. veröffentlicht in juris). Der Senat ist auch nicht an den Inhalt der erteilten Rechtsmittelbelehrung gebunden.

Die Berufung ist mithin nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.

Eine Umdeutung der Berufung in eine statthafte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 12.05.2011 ist angesichts des eindeutig als "Berufung" bezeichneten Rechtsmittels nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 R - veröffentlicht in juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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