Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 3683/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3122/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.03.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen streitig.
Der am 1956 geborene Kläger erlitt am 08.10.2000 gegen 23.00 Uhr im Rahmen seiner berufli-chen Tätigkeit als Handelsvertreter einen Verkehrsunfall. Dabei wurde er von einem Fahrzeug gerammt, geriet ins Schleudern und prallte frontal gegen einen Mast. Der Kläger erlitt eine HWS-Distorsion sowie multiple Prellungen (vgl. Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. W. , Be-rufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. , vom 09.10.2000). Bei einem zögerlichen Heilungsver-lauf nahm der Kläger trotz fortbestehender Beeinträchtigungen seine Tätigkeit am 04.12.2000 wieder auf (vgl. Zwischenbericht des Chirurgen Dr. G. vom 14.02.2001). Anlässlich seiner Vor-stellung bei Dr. G. im Rahmen der Verlaufskontrolle am 30.03.2001 berichtete der Kläger über pulsierende Schmerzzustände nach einem kürzlich aufgetretenen stichartigen Schmerz im Be-reich der oberen HWS, worauf dieser eine erneute neurologische Untersuchung bei Dr. Z. veranlasste (vgl. Zwischenbericht vom 30.03.2001). Bei Dr. Z. berichtete der Kläger am 10.04.2001 von seit zwei Wochen wieder massiv aufgetretenen Schmerzen; dieser fand keinen Hinweis auf eine zentrale Beteiligung und schlug eine intensive krankengymnastische Übungsbehandlung vor (Arztbrief vom 18.04.2001). Ausweislich seines Zwischenberichts vom 05.05.2001 hielt Dr. G. die Fortsetzung der krankengymnastischen Übungsbehandlung für notwendig. In seinem Zwischenbericht vom 03.07.2007 berichtete der Facharzt für Orthopädie Dr. K. von einer sich abzeichnenden Verschlimmerung der Beschwerden.
Auf Veranlassung der Beklagten stellte sich der Kläger am 19.09.2001 bei Prof. Dr. W. , Ärztli-cher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. , vor, der im Rahmen seines un-fallchirurgischen Zusammenhangsgutachten ausführte, dass die vorbestehenden degenerativen Veränderungen an der HWS radiologisch keine Verschlimmerung erfahren hätten. Objektivier-bare Verletzungsfolgen lägen nicht vor. Jedoch könnten die verbildenden Veränderungen an der HWS und BWS nach allgemeiner Erfahrung unfallbedingt getriggerte Beschwerden prolongiert unterhalten. Mit einer Besserung der Beschwerdesymptomatik sei bis zum Ablauf des ersten Unfallfolgejahres zu rechnen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er vom 04.12.2000 bis 30.04.2001 auf 20 vom Hundert (v.H.) und danach bis 31.10.2001 auf 10 v.H.
Mit Bescheid vom 14.11.2001 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 04.12.2000 bis 30.04.2001 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. Als Folgen des Versicherungsfalls anerkannte sie "vorübergehende, glaubhafte subjektive Beschwerden nach einer Halswirbelsäu-len-Zerrung". Im Widerspruchsverfahren veranlasste die Beklagte im Hinblick auf die vom Kläger geklagte Kopfschmerzsymptomatik das neurologische Gutachten des Dr. van S. , Leitender Arzt in den Kliniken S. (Neurologisches Fach- und Rehabilitationskrankenhaus), der unter Berücksichtigung des psychologischen Zusatzgutachtens des Dipl.-Psych. N. eine leichte depressive Symptomatik sowie eine leichte kognitive Störung mit Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses und der konzentrativen Belastbarkeit als Folge des unfallbedingten chronischen Spannungskopfschmerzes im Sinne einer psychischen Dekompensationsreaktion beschrieb und die hierdurch bedingte MdE auf 10 v.H. schätzte. Er rechnete bei fachgerechter Behandlung mit einer Besserung der Beschwerden und einem Rückgang der Erwerbsminderung. Die von ihm vorgeschlagene Schmerztherapie wurde sodann vom 05. bis 24.12.2002 im Schmerztherapiezentrum Bad M. mit guten Erfolg durchgeführt. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens S 2 U 1090/03 vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG), mit dem der Kläger Verletztenrente über den 30.04.2001 hinaus begehrte, holte das SG das nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie im Bezirkskrankenhaus G. , ein. Dieser beschrieb eine mäßig- bis mittelgradige depressive Störung überwiegend reaktiver Genese auf Grund der eingeschränkten beruflichen Leistungsfähigkeit sowie einen Kombinationskopfschmerz bedingt durch die psychische Symptomatik und die körperlichen Beeinträchtigungen. Da die depressiven Symptome erst aufgetreten seien, als es im April 2001 zu einer akuten Verschlechterung gekommen sei, durch die sich zunehmend berufliche Probleme entwickelt hätten, und die Verschlechterung von chirurgischer Seite nicht in wesentlichem Umfang dem Unfallereignis zuzurechnen sei, könne auch die depressive Störung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als unfallbedingt interpretiert werden. Der Sachverständige verneinte daher das Vorliegen von Unfallfolgen auf seinem Fachgebiet, worauf der Kläger seine Klage zurücknahm.
Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2006, mit dem die Beklagte gegenüber dem Kläger anknüpfend an die zwischenzeitlich zurückgenommene Klage ausführte, der Bescheid vom 14.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2003 sei somit bindend geworden. Da keine Unfallfolgen mehr bestünden, sei das Heilverfahren zu Lasten der Berufsgenossenschaft beendet. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, es sei unzutreffend, dass keine Unfallfolgen mehr bestünden. Er legte das für eine private Versicherung erstattete Gutachten des Prof. Dr. B. , Facharzt für Orthopädie, vom 19.11.2002 vor und machte geltend, hiernach sei ein Dauerschaden von 10% auf Grund der unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigung der HWS und ihrer Nachbarorgane entstanden. Wegen der unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigung der HWS sei weiterhin eine Behandlung erforderlich. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.09.2006).
Am 09.10.2006 hat der Kläger beim SG mit dem Begehren Klage erhoben, den Bescheid vom 19.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2006 aufzuheben und ein HWS-Syndrom, Schulter-Arm-Syndrom, einen Spannungskopfschmerz sowie Myogelosen als Unfallfolgen festzustellen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG das orthopä-dische Gutachten des Prof. Dr. B. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 12.11.2007 einge-holt. Dieser hat an beiden Schultergelenken ein - klinisch wenig relevantes - knöchernes Eng-passsyndrom und eine sonographisch nachgewiesene Ruptur der Supraspinatussehne rechts so-wie eine teilweise schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS, insbesondere beim Seit-neigen und Drehen nach rechts ohne objektive neurologische Ausfälle beschrieben, diese Ge-sundheitsstörungen jedoch nicht auf den Unfall vom 08.10.2000 zurückgeführt. Nach ärztlicher Erfahrung sei ein Decrescendoverlauf mit zunehmendem Zeitabstand von einem Unfall mit Verletzung der HWS das Normale, nicht aber - wie beim Kläger - eine Zunahme der Beschwer-den. Eine Schulterverletzung sei bei der Erstuntersuchung und den weiteren Untersuchungen im Übrigen nicht dokumentiert worden. Mit Urteil vom 28.03.2008 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. sowie des Prof. Dr. B. abgewiesen.
Gegen das ihm am 12.06.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.07.2008 Berufung einge-legt und geltend gemacht, das Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. enthalte Mängel bzw. sei unvoll-ständig und darüber hinaus vom SG einseitig gewürdigt worden. Auch im Gutachten des Prof. Dr. B. seien Ungereimtheiten bzw. Widersprüche aufgetreten, weshalb das SG der Klage hätte stattgeben müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.03.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2006 aufzuheben und als Folgen des Arbeitsunfalls vom 08.10.2000 ein HWS-Syndrom, ein Schulter-Arm-Syndrom, einen Spannungskopfschmerz sowie Myogelosen festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genom-men.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist zum einen der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2006, mit dem die Beklagte ausführte, dass das Heilverfahren zu Lasten der Berufsgenossenschaft beendet sei, weil beim Kläger keine Folgen des Unfalls vom 08.10.2000 mehr bestünden. Damit entschied die Beklagte der Sache nach, dass die Beschwerdesymptomatik des Klägers im Bereich der HWS, die mit Bescheid vom 14.11.2001 in Form von "vorübergehende glaubhafte subjektive Beschwerden nach einer HWS-Zerrung" als Unfallfolgen anerkannt wurden, als solche, nämlich als Folge des angeschuldigten Verkehrsunfalls nicht mehr vorliegt und für eine ggf. weiter vorhandene Beschwerdesymptomatik daher kein Anspruch auf Heilbehandlung mehr besteht. Seine hiergegen gerichtete Klage mit der Begründung, er leide weiterhin als Folge der HWS-Zerrung unter Beschwerden, ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG zulässig. Denn die bestandskräftige Ablehnung jeglicher Behandlung stünde der künftigen Gewährung von Behandlungsmaßnahmen trotz eventuell vorliegender Unfallfolgen entgegen.
Zum anderen ist Gegenstand des Rechtsstreits die mit der Anfechtungsklage kombinierte Fest-stellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG auf Feststellung von Unfallfolgen. Nach dieser Regelung kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, dass eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist. Die begehrte Feststellung muss sich dabei auf den Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung in der letzten Tatsacheninstanz beziehen (Urteil des Senats vom 19.05.2011, L 10 U 5435/07 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.09.1991, RKnU 3/90 in SozR 3-1500 § 55 Nr. 6). Das für eine solche Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse liegt hier vor. Hierzu hat der Senat mit Urteil vom 15.03.2012, L 10 U 945/10 entschieden, dass ausreichend ist, wenn sich der Versicherungsträger in dem Verwaltungsverfahren mit den Unfallfolgen befasste, eine ausdrückliche, förmliche Entscheidung des Unfallversicherungsträgers über jede einzelne als Unfallfolge behauptete Gesundheitsstörung aber nicht erforderlich sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.02.2005, B 2 U 1/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). So liegt der Fall auch hier. Die Beklagte befasste sich im Verwaltungsverfahren mit den Unfallfolgen des Klägers. Denn das Ende des Heilverfahrens zu ihren Lasten begründete sie unter Hinweis auf den Bescheid vom 21.06.2001, in dem "vorübergehende" Unfallfolgen festgestellt wurden, gerade damit, dass nun keine Folgen des Unfalls vom 08.10.2000 mehr bestehen.
Die danach zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist allerdings nicht be-gründet, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat. Denn der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte führte zutreffend aus, dass gesundheitliche Folgen des Unfalls vom 08.10.2000 nicht mehr bestanden und demzufolge auch kein Anspruch mehr auf Heilbehandlung wegen Unfallfolgen. Entsprechend ist nicht zu beanstanden, dass das SG die vom Kläger als Folgen des Arbeitsunfalls vom 08.10.2000 geltend gemachten Gesundheitsstörungen HWS-Syndrom, Schulter-Arm-Syndrom, Spannungskopfschmerz und Myogelosen nicht als Unfallfolgen festgestellt hat.
Die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 19.05.2006 und Widerspruchsbescheid vom 14.09.2006 erfolgten Versagung von Heilbehandlung zu Lasten der Beklagten wegen Folgen des Unfalls vom 08.10.2000 ist Folge der vom Kläger in dem vor dem SG geführten Verfahren S 2 U 1090/03 erklärten Rücknahme der Klage gegen den Bescheid vom 14.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2003. Denn mit dieser verfahrensbeendenden Erklärung wurde der Bescheid vom 14.11.2001 bestandskräftig. Damit stand zwischen den Beteiligten nicht nur verbindlich fest, dass dem Kläger nur für den Zeitraum vom 04.12.2000 bis 30.04.2001 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zustand, vielmehr war angesichts der gleichzeitig anerkannten Folgen des in Rede stehenden Versicherungsfalls (vorübergehende glaubhafte subjektive Beschwerden nach einer Halswirbelsäulen-Zerrung) zwischen den Beteiligten nunmehr auch verbindlich, dass der Kläger als Folge der am 08.10.2000 erlittenen HWS-Zerrung nur an vorübergehenden subjektiven Beschwerden litt. Damit stand zwischen den Beteiligten fest, dass von der HWS ausgehende Beschwerdezustände nicht auf unbestimmte Zeit der HWS-Zerrung zugeordnet werden können bzw. der anerkannten Beschwerdesituation kein dauerhafter Charakter beizumessen ist. Damit begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Beklagte mit dem streitbefangenen Bescheid angesichts des seit dem Unfall bereits verstrichenen Zeitraums von rund fünfeinhalb Jahren ausführte, dass Unfallfolgen nun nicht mehr bestünden. Denn wenn auch die Beklagte den Zeitraum, in dem sie subjektive Beschwerden des Klägers glaubhaft auf die bei dem Unfall erlittene HWS-Zerrung zurückführte, mit dem Begriff "vorübergehend" wenig konkret beschrieb, so war diese zeitliche Begrenzung - schon im Hinblick auf den allgemeinen Sprachgebrauch - jedenfalls im Mai 2006, also nach Ablauf von fünfeinhalb Jahren bei weitem überschritten. Auch der Kläger selbst hat nicht behauptet, dass ausgehend von der bestandskräftigen Feststellung, wonach der Unfall vom 08.10.2000 zu vorübergehenden subjektiven Beschwerden führte, der in dieser Form begrenzte Zeitraum selbst nach Verstreichen von fünfeinhalb Jahren noch nicht verstrichen war. Dass der Kläger die seinerzeit mit dem Ziel der Gewährung von Verletztenrente über den 30.04.2001 hinaus geführte Klage nur deshalb zurücknahm, weil die durchgeführten Ermittlungen nicht bestätigten, dass die MdE auch über den genannten Zeitpunkt hinaus eine Bewertung mit 20 v.H. rechtfertigte, ändert hieran nichts. Denn ungeachtet der Beweggründe der damaligen prozessbeendenden Erklärung wurde der angefoch-tene Bescheid als Folge der Klagerücknahme bestandskräftig und somit auch die in diesem Be-scheid festgestellte Unfallfolge zwischen den Beteiligten verbindlich. Die Klage auf Feststellung eines HWS-Syndroms, Schulter-Arm-Syndroms, eines Spannungskopfschmerzes und Myogelosen als Unfallfolgen kann daher keinen Erfolg haben, weil einer derartigen Feststellung der Inhalt des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 14.11.2001 entgegensteht. Da sich die begehrte Feststellung darüber hinaus auf den Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung in der letzten Tatsacheninstanz beziehen muss, kommt eine entsprechende Feststellung nach Ablauf von zwischenzeitlich nahezu zwölf Jahren seit der erlittenen HWS-Zerrung ohnehin nicht mehr in Betracht.
Ungeachtet dessen folgt der Senat der Einschätzung des in dem Verfahren S 2 U 1090/03 beauf-tragten Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. , der von nervenärztlicher Seite bereits im Jahr 2004 das Vorliegen von Unfallfolgen verneinte, sowie dem vom SG auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hinzugezogenen Sachverständigen Prof. Dr. B. , der einen Zusammenhang der von ihm im Jahr 2007 erhobenen Beeinträchtigungen mit dem angeschuldigten Unfall überzeugend verneint hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung. Die vom Kläger im Berufungsverfahren gegen die Richtigkeit dieser Beurteilungen vorgebrach-ten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, dass sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. keinesfalls ergebe, dass seine Beschwerden nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen seien, der Sachverständige zum Teil einen Zusammenhang vielmehr durchaus für denkbar und nicht für ausgeschlossen hielt, verkennt der Kläger die Beweisanforderungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. So muss hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.), was bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss. Dabei ist dieser nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Wenn auch ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn der Be-schwerden besteht, so kann der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn gleichwohl nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dem entsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R).
Der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen muss zudem positiv festgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.).
Soweit der Kläger meint, seit dem Unfall sei lückenlos und vollständig sein orthopädisches Leiden dokumentiert, lässt er im Übrigen unberücksichtigt, dass bei ihm seit dem Unfallereignis weder ein einheitliches Beschwerdebild vorliegt noch die konkrete Entwicklung der Beschwerdesituation dem typischen Krankheitsverlauf einer HWS-Zerrung mit einem Decrescendoverlauf mit zunehmendem Zeitabstand von dem Unfall entspricht. Insoweit ist insbesondere auf den zweizeitigen Verlauf der Beschwerdesituation hinzuweisen, bei dem es im März/April 2001 zu einer akuten Verschlechterung kam, wie den Arztbriefen des Dr. G. vom 30.03.2001 und des Dr. Z. vom 18.04.2001 zu entnehmen ist. So gab der Kläger gegenüber Dr. G. im Rahmen der Verlaufskontrolle am 30.03.2001 pulsierende Schmerzzustände nach einem kürzlich aufgetretenen stichartigen Schmerz im Bereich der oberen HWS an und berichtete gegenüber Dr. Z. von wieder aufgetretenen massiven Schmerzen vor zwei Wochen. Gegenüber Dr. G. erklärte der Kläger - so dessen Arztbrief vom 30.03.2001 - die damals verstärkt aufgetretenen Beschwerden zudem auch mit den Belastungen durch längere Autofahrten im Rahmen seiner Tätigkeit, was angesichts der vorbestehenden degenerativen Veränderungen, die mit zunehmendem Alter Beschwerden verursachen, ohne weiteres nachvollziehbar ist. Auch gegenüber Prof. Dr. Dr. W. gab der Kläger an, im April 2001 bei der Autofahrt plötzlich schlagartig starke Schmerzen bekommen zu haben. Im Ergebnis lassen sich die späteren Beschwerden des Klägers deshalb ohne weiteres mit den Fehlbelastungen durch die berufliche Tätigkeit und den anlagebedingten degenerativen Veränderungen der HWS erklären. Die Schulterbeschwerden korrelieren mit den degenerativen Veränderungen der Schultergelenke bzw. der Läsion der Rotatorenmanschette rechts (s. Gutachten Prof. Dr. B. für das SG) und haben mit dem in Rede stehenden Verkehrsunfall, bei dem die Schultern nicht betroffen waren, nichts zu tun. Schließlich ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden über eine 1999, also vor dem Verkehrsunfall, durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitation, dass beim Kläger gerade im Zusammenhang mit längeren Autofahrten Cervicocephalgien sowie Omalgien bestanden. Damit stellt sich das Be-schwerdebild vor und nach dem Unfall, jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Klagerücknahme, über-einstimmend dar.
Soweit sich der Kläger durch das Gutachten des Prof. Dr. B. vom 19.11.2002 in seiner Einschätzung bestätigt sieht, ist jenem Gutachten, das durch sein späteres Gutachten für die nunmehr zu beurteilende Frage überholt ist, keine Relevanz mehr beizumessen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass Prof. Dr. B. bei der Erstellung des Gutachtens im Jahr 2002 die in den Akten der Beklagten enthaltenen medizinischen Unterlagen, insbesondere das Gutachten von Prof. Dr. W. , nicht vorlagen. Gerade anhand des Gutachtens von Prof. Dr. W. aber hat Prof. Dr. B. in dem für das SG erstatteten Gutachtenden den von ihm für maßgeblich erachteten atypischen Verlauf festgestellt.
Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen streitig.
Der am 1956 geborene Kläger erlitt am 08.10.2000 gegen 23.00 Uhr im Rahmen seiner berufli-chen Tätigkeit als Handelsvertreter einen Verkehrsunfall. Dabei wurde er von einem Fahrzeug gerammt, geriet ins Schleudern und prallte frontal gegen einen Mast. Der Kläger erlitt eine HWS-Distorsion sowie multiple Prellungen (vgl. Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. W. , Be-rufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. , vom 09.10.2000). Bei einem zögerlichen Heilungsver-lauf nahm der Kläger trotz fortbestehender Beeinträchtigungen seine Tätigkeit am 04.12.2000 wieder auf (vgl. Zwischenbericht des Chirurgen Dr. G. vom 14.02.2001). Anlässlich seiner Vor-stellung bei Dr. G. im Rahmen der Verlaufskontrolle am 30.03.2001 berichtete der Kläger über pulsierende Schmerzzustände nach einem kürzlich aufgetretenen stichartigen Schmerz im Be-reich der oberen HWS, worauf dieser eine erneute neurologische Untersuchung bei Dr. Z. veranlasste (vgl. Zwischenbericht vom 30.03.2001). Bei Dr. Z. berichtete der Kläger am 10.04.2001 von seit zwei Wochen wieder massiv aufgetretenen Schmerzen; dieser fand keinen Hinweis auf eine zentrale Beteiligung und schlug eine intensive krankengymnastische Übungsbehandlung vor (Arztbrief vom 18.04.2001). Ausweislich seines Zwischenberichts vom 05.05.2001 hielt Dr. G. die Fortsetzung der krankengymnastischen Übungsbehandlung für notwendig. In seinem Zwischenbericht vom 03.07.2007 berichtete der Facharzt für Orthopädie Dr. K. von einer sich abzeichnenden Verschlimmerung der Beschwerden.
Auf Veranlassung der Beklagten stellte sich der Kläger am 19.09.2001 bei Prof. Dr. W. , Ärztli-cher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. , vor, der im Rahmen seines un-fallchirurgischen Zusammenhangsgutachten ausführte, dass die vorbestehenden degenerativen Veränderungen an der HWS radiologisch keine Verschlimmerung erfahren hätten. Objektivier-bare Verletzungsfolgen lägen nicht vor. Jedoch könnten die verbildenden Veränderungen an der HWS und BWS nach allgemeiner Erfahrung unfallbedingt getriggerte Beschwerden prolongiert unterhalten. Mit einer Besserung der Beschwerdesymptomatik sei bis zum Ablauf des ersten Unfallfolgejahres zu rechnen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er vom 04.12.2000 bis 30.04.2001 auf 20 vom Hundert (v.H.) und danach bis 31.10.2001 auf 10 v.H.
Mit Bescheid vom 14.11.2001 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 04.12.2000 bis 30.04.2001 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. Als Folgen des Versicherungsfalls anerkannte sie "vorübergehende, glaubhafte subjektive Beschwerden nach einer Halswirbelsäu-len-Zerrung". Im Widerspruchsverfahren veranlasste die Beklagte im Hinblick auf die vom Kläger geklagte Kopfschmerzsymptomatik das neurologische Gutachten des Dr. van S. , Leitender Arzt in den Kliniken S. (Neurologisches Fach- und Rehabilitationskrankenhaus), der unter Berücksichtigung des psychologischen Zusatzgutachtens des Dipl.-Psych. N. eine leichte depressive Symptomatik sowie eine leichte kognitive Störung mit Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses und der konzentrativen Belastbarkeit als Folge des unfallbedingten chronischen Spannungskopfschmerzes im Sinne einer psychischen Dekompensationsreaktion beschrieb und die hierdurch bedingte MdE auf 10 v.H. schätzte. Er rechnete bei fachgerechter Behandlung mit einer Besserung der Beschwerden und einem Rückgang der Erwerbsminderung. Die von ihm vorgeschlagene Schmerztherapie wurde sodann vom 05. bis 24.12.2002 im Schmerztherapiezentrum Bad M. mit guten Erfolg durchgeführt. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens S 2 U 1090/03 vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG), mit dem der Kläger Verletztenrente über den 30.04.2001 hinaus begehrte, holte das SG das nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie im Bezirkskrankenhaus G. , ein. Dieser beschrieb eine mäßig- bis mittelgradige depressive Störung überwiegend reaktiver Genese auf Grund der eingeschränkten beruflichen Leistungsfähigkeit sowie einen Kombinationskopfschmerz bedingt durch die psychische Symptomatik und die körperlichen Beeinträchtigungen. Da die depressiven Symptome erst aufgetreten seien, als es im April 2001 zu einer akuten Verschlechterung gekommen sei, durch die sich zunehmend berufliche Probleme entwickelt hätten, und die Verschlechterung von chirurgischer Seite nicht in wesentlichem Umfang dem Unfallereignis zuzurechnen sei, könne auch die depressive Störung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als unfallbedingt interpretiert werden. Der Sachverständige verneinte daher das Vorliegen von Unfallfolgen auf seinem Fachgebiet, worauf der Kläger seine Klage zurücknahm.
Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2006, mit dem die Beklagte gegenüber dem Kläger anknüpfend an die zwischenzeitlich zurückgenommene Klage ausführte, der Bescheid vom 14.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2003 sei somit bindend geworden. Da keine Unfallfolgen mehr bestünden, sei das Heilverfahren zu Lasten der Berufsgenossenschaft beendet. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, es sei unzutreffend, dass keine Unfallfolgen mehr bestünden. Er legte das für eine private Versicherung erstattete Gutachten des Prof. Dr. B. , Facharzt für Orthopädie, vom 19.11.2002 vor und machte geltend, hiernach sei ein Dauerschaden von 10% auf Grund der unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigung der HWS und ihrer Nachbarorgane entstanden. Wegen der unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigung der HWS sei weiterhin eine Behandlung erforderlich. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.09.2006).
Am 09.10.2006 hat der Kläger beim SG mit dem Begehren Klage erhoben, den Bescheid vom 19.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2006 aufzuheben und ein HWS-Syndrom, Schulter-Arm-Syndrom, einen Spannungskopfschmerz sowie Myogelosen als Unfallfolgen festzustellen.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG das orthopä-dische Gutachten des Prof. Dr. B. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 12.11.2007 einge-holt. Dieser hat an beiden Schultergelenken ein - klinisch wenig relevantes - knöchernes Eng-passsyndrom und eine sonographisch nachgewiesene Ruptur der Supraspinatussehne rechts so-wie eine teilweise schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS, insbesondere beim Seit-neigen und Drehen nach rechts ohne objektive neurologische Ausfälle beschrieben, diese Ge-sundheitsstörungen jedoch nicht auf den Unfall vom 08.10.2000 zurückgeführt. Nach ärztlicher Erfahrung sei ein Decrescendoverlauf mit zunehmendem Zeitabstand von einem Unfall mit Verletzung der HWS das Normale, nicht aber - wie beim Kläger - eine Zunahme der Beschwer-den. Eine Schulterverletzung sei bei der Erstuntersuchung und den weiteren Untersuchungen im Übrigen nicht dokumentiert worden. Mit Urteil vom 28.03.2008 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. sowie des Prof. Dr. B. abgewiesen.
Gegen das ihm am 12.06.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.07.2008 Berufung einge-legt und geltend gemacht, das Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. enthalte Mängel bzw. sei unvoll-ständig und darüber hinaus vom SG einseitig gewürdigt worden. Auch im Gutachten des Prof. Dr. B. seien Ungereimtheiten bzw. Widersprüche aufgetreten, weshalb das SG der Klage hätte stattgeben müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.03.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2006 aufzuheben und als Folgen des Arbeitsunfalls vom 08.10.2000 ein HWS-Syndrom, ein Schulter-Arm-Syndrom, einen Spannungskopfschmerz sowie Myogelosen festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genom-men.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist zum einen der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2006, mit dem die Beklagte ausführte, dass das Heilverfahren zu Lasten der Berufsgenossenschaft beendet sei, weil beim Kläger keine Folgen des Unfalls vom 08.10.2000 mehr bestünden. Damit entschied die Beklagte der Sache nach, dass die Beschwerdesymptomatik des Klägers im Bereich der HWS, die mit Bescheid vom 14.11.2001 in Form von "vorübergehende glaubhafte subjektive Beschwerden nach einer HWS-Zerrung" als Unfallfolgen anerkannt wurden, als solche, nämlich als Folge des angeschuldigten Verkehrsunfalls nicht mehr vorliegt und für eine ggf. weiter vorhandene Beschwerdesymptomatik daher kein Anspruch auf Heilbehandlung mehr besteht. Seine hiergegen gerichtete Klage mit der Begründung, er leide weiterhin als Folge der HWS-Zerrung unter Beschwerden, ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG zulässig. Denn die bestandskräftige Ablehnung jeglicher Behandlung stünde der künftigen Gewährung von Behandlungsmaßnahmen trotz eventuell vorliegender Unfallfolgen entgegen.
Zum anderen ist Gegenstand des Rechtsstreits die mit der Anfechtungsklage kombinierte Fest-stellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG auf Feststellung von Unfallfolgen. Nach dieser Regelung kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, dass eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist. Die begehrte Feststellung muss sich dabei auf den Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung in der letzten Tatsacheninstanz beziehen (Urteil des Senats vom 19.05.2011, L 10 U 5435/07 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.09.1991, RKnU 3/90 in SozR 3-1500 § 55 Nr. 6). Das für eine solche Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse liegt hier vor. Hierzu hat der Senat mit Urteil vom 15.03.2012, L 10 U 945/10 entschieden, dass ausreichend ist, wenn sich der Versicherungsträger in dem Verwaltungsverfahren mit den Unfallfolgen befasste, eine ausdrückliche, förmliche Entscheidung des Unfallversicherungsträgers über jede einzelne als Unfallfolge behauptete Gesundheitsstörung aber nicht erforderlich sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.02.2005, B 2 U 1/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). So liegt der Fall auch hier. Die Beklagte befasste sich im Verwaltungsverfahren mit den Unfallfolgen des Klägers. Denn das Ende des Heilverfahrens zu ihren Lasten begründete sie unter Hinweis auf den Bescheid vom 21.06.2001, in dem "vorübergehende" Unfallfolgen festgestellt wurden, gerade damit, dass nun keine Folgen des Unfalls vom 08.10.2000 mehr bestehen.
Die danach zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist allerdings nicht be-gründet, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat. Denn der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte führte zutreffend aus, dass gesundheitliche Folgen des Unfalls vom 08.10.2000 nicht mehr bestanden und demzufolge auch kein Anspruch mehr auf Heilbehandlung wegen Unfallfolgen. Entsprechend ist nicht zu beanstanden, dass das SG die vom Kläger als Folgen des Arbeitsunfalls vom 08.10.2000 geltend gemachten Gesundheitsstörungen HWS-Syndrom, Schulter-Arm-Syndrom, Spannungskopfschmerz und Myogelosen nicht als Unfallfolgen festgestellt hat.
Die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 19.05.2006 und Widerspruchsbescheid vom 14.09.2006 erfolgten Versagung von Heilbehandlung zu Lasten der Beklagten wegen Folgen des Unfalls vom 08.10.2000 ist Folge der vom Kläger in dem vor dem SG geführten Verfahren S 2 U 1090/03 erklärten Rücknahme der Klage gegen den Bescheid vom 14.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2003. Denn mit dieser verfahrensbeendenden Erklärung wurde der Bescheid vom 14.11.2001 bestandskräftig. Damit stand zwischen den Beteiligten nicht nur verbindlich fest, dass dem Kläger nur für den Zeitraum vom 04.12.2000 bis 30.04.2001 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zustand, vielmehr war angesichts der gleichzeitig anerkannten Folgen des in Rede stehenden Versicherungsfalls (vorübergehende glaubhafte subjektive Beschwerden nach einer Halswirbelsäulen-Zerrung) zwischen den Beteiligten nunmehr auch verbindlich, dass der Kläger als Folge der am 08.10.2000 erlittenen HWS-Zerrung nur an vorübergehenden subjektiven Beschwerden litt. Damit stand zwischen den Beteiligten fest, dass von der HWS ausgehende Beschwerdezustände nicht auf unbestimmte Zeit der HWS-Zerrung zugeordnet werden können bzw. der anerkannten Beschwerdesituation kein dauerhafter Charakter beizumessen ist. Damit begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Beklagte mit dem streitbefangenen Bescheid angesichts des seit dem Unfall bereits verstrichenen Zeitraums von rund fünfeinhalb Jahren ausführte, dass Unfallfolgen nun nicht mehr bestünden. Denn wenn auch die Beklagte den Zeitraum, in dem sie subjektive Beschwerden des Klägers glaubhaft auf die bei dem Unfall erlittene HWS-Zerrung zurückführte, mit dem Begriff "vorübergehend" wenig konkret beschrieb, so war diese zeitliche Begrenzung - schon im Hinblick auf den allgemeinen Sprachgebrauch - jedenfalls im Mai 2006, also nach Ablauf von fünfeinhalb Jahren bei weitem überschritten. Auch der Kläger selbst hat nicht behauptet, dass ausgehend von der bestandskräftigen Feststellung, wonach der Unfall vom 08.10.2000 zu vorübergehenden subjektiven Beschwerden führte, der in dieser Form begrenzte Zeitraum selbst nach Verstreichen von fünfeinhalb Jahren noch nicht verstrichen war. Dass der Kläger die seinerzeit mit dem Ziel der Gewährung von Verletztenrente über den 30.04.2001 hinaus geführte Klage nur deshalb zurücknahm, weil die durchgeführten Ermittlungen nicht bestätigten, dass die MdE auch über den genannten Zeitpunkt hinaus eine Bewertung mit 20 v.H. rechtfertigte, ändert hieran nichts. Denn ungeachtet der Beweggründe der damaligen prozessbeendenden Erklärung wurde der angefoch-tene Bescheid als Folge der Klagerücknahme bestandskräftig und somit auch die in diesem Be-scheid festgestellte Unfallfolge zwischen den Beteiligten verbindlich. Die Klage auf Feststellung eines HWS-Syndroms, Schulter-Arm-Syndroms, eines Spannungskopfschmerzes und Myogelosen als Unfallfolgen kann daher keinen Erfolg haben, weil einer derartigen Feststellung der Inhalt des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 14.11.2001 entgegensteht. Da sich die begehrte Feststellung darüber hinaus auf den Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung in der letzten Tatsacheninstanz beziehen muss, kommt eine entsprechende Feststellung nach Ablauf von zwischenzeitlich nahezu zwölf Jahren seit der erlittenen HWS-Zerrung ohnehin nicht mehr in Betracht.
Ungeachtet dessen folgt der Senat der Einschätzung des in dem Verfahren S 2 U 1090/03 beauf-tragten Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. , der von nervenärztlicher Seite bereits im Jahr 2004 das Vorliegen von Unfallfolgen verneinte, sowie dem vom SG auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hinzugezogenen Sachverständigen Prof. Dr. B. , der einen Zusammenhang der von ihm im Jahr 2007 erhobenen Beeinträchtigungen mit dem angeschuldigten Unfall überzeugend verneint hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung. Die vom Kläger im Berufungsverfahren gegen die Richtigkeit dieser Beurteilungen vorgebrach-ten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, dass sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. keinesfalls ergebe, dass seine Beschwerden nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen seien, der Sachverständige zum Teil einen Zusammenhang vielmehr durchaus für denkbar und nicht für ausgeschlossen hielt, verkennt der Kläger die Beweisanforderungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. So muss hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.), was bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss. Dabei ist dieser nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Wenn auch ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn der Be-schwerden besteht, so kann der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn gleichwohl nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dem entsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R).
Der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen muss zudem positiv festgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.).
Soweit der Kläger meint, seit dem Unfall sei lückenlos und vollständig sein orthopädisches Leiden dokumentiert, lässt er im Übrigen unberücksichtigt, dass bei ihm seit dem Unfallereignis weder ein einheitliches Beschwerdebild vorliegt noch die konkrete Entwicklung der Beschwerdesituation dem typischen Krankheitsverlauf einer HWS-Zerrung mit einem Decrescendoverlauf mit zunehmendem Zeitabstand von dem Unfall entspricht. Insoweit ist insbesondere auf den zweizeitigen Verlauf der Beschwerdesituation hinzuweisen, bei dem es im März/April 2001 zu einer akuten Verschlechterung kam, wie den Arztbriefen des Dr. G. vom 30.03.2001 und des Dr. Z. vom 18.04.2001 zu entnehmen ist. So gab der Kläger gegenüber Dr. G. im Rahmen der Verlaufskontrolle am 30.03.2001 pulsierende Schmerzzustände nach einem kürzlich aufgetretenen stichartigen Schmerz im Bereich der oberen HWS an und berichtete gegenüber Dr. Z. von wieder aufgetretenen massiven Schmerzen vor zwei Wochen. Gegenüber Dr. G. erklärte der Kläger - so dessen Arztbrief vom 30.03.2001 - die damals verstärkt aufgetretenen Beschwerden zudem auch mit den Belastungen durch längere Autofahrten im Rahmen seiner Tätigkeit, was angesichts der vorbestehenden degenerativen Veränderungen, die mit zunehmendem Alter Beschwerden verursachen, ohne weiteres nachvollziehbar ist. Auch gegenüber Prof. Dr. Dr. W. gab der Kläger an, im April 2001 bei der Autofahrt plötzlich schlagartig starke Schmerzen bekommen zu haben. Im Ergebnis lassen sich die späteren Beschwerden des Klägers deshalb ohne weiteres mit den Fehlbelastungen durch die berufliche Tätigkeit und den anlagebedingten degenerativen Veränderungen der HWS erklären. Die Schulterbeschwerden korrelieren mit den degenerativen Veränderungen der Schultergelenke bzw. der Läsion der Rotatorenmanschette rechts (s. Gutachten Prof. Dr. B. für das SG) und haben mit dem in Rede stehenden Verkehrsunfall, bei dem die Schultern nicht betroffen waren, nichts zu tun. Schließlich ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden über eine 1999, also vor dem Verkehrsunfall, durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitation, dass beim Kläger gerade im Zusammenhang mit längeren Autofahrten Cervicocephalgien sowie Omalgien bestanden. Damit stellt sich das Be-schwerdebild vor und nach dem Unfall, jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Klagerücknahme, über-einstimmend dar.
Soweit sich der Kläger durch das Gutachten des Prof. Dr. B. vom 19.11.2002 in seiner Einschätzung bestätigt sieht, ist jenem Gutachten, das durch sein späteres Gutachten für die nunmehr zu beurteilende Frage überholt ist, keine Relevanz mehr beizumessen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass Prof. Dr. B. bei der Erstellung des Gutachtens im Jahr 2002 die in den Akten der Beklagten enthaltenen medizinischen Unterlagen, insbesondere das Gutachten von Prof. Dr. W. , nicht vorlagen. Gerade anhand des Gutachtens von Prof. Dr. W. aber hat Prof. Dr. B. in dem für das SG erstatteten Gutachtenden den von ihm für maßgeblich erachteten atypischen Verlauf festgestellt.
Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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