L 5 KR 3454/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 748/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3454/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.7.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine stationäre Rehabilitationsbehandlung.

Der 1949 geborene Kläger (GdB 70), Rentner und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, erlitt im Jahr 2005 einen Myokardinfarkt und leidet außerdem u.a. an einem pruriginösen Ekzem, Diabetes mellitus Typ II, Vorhofflimmern, arterieller Hypertonie sowie einem Zustand nach einer tiefen Beinvenenthrombose rechts im April 2009.

Unter dem 1.9.2009 verordnete der Allgemeinarzt Dr. G. dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsbehandlung. Rehabilitationsrelevante Diagnosen seien der Diabetes mellitus Typ II, das pruriginöse Ekzem und das Vorhofflimmern des Klägers, die rehabilitationsrelevanten Schädigungen bestünden im Juckreiz am ganzen Körper mit psychosomatischen Störungen. Rehabilitationsziel sei die Besserung der psychosomatischen Störungen und des Allgemeinzustands, der Mobilität und Aktivität sowie die Stärkung der Belastbarkeit und der Konzentrationsfähigkeit. Der Kläger gab ergänzend an, sein allgemeiner Gesundheitszustand sei sehr schlecht, eine Belastung sei kaum möglich und eine Besserung sei nur durch eine Rehabilitationsbehandlung an der Nord- oder Ostsee zu bewirken. Er wohne mit der Ehefrau im (eigenen) Haus, die häusliche Versorgung sei sichergestellt. Vorgelegt wurde außerdem der Bericht der Hautklinik des Städtischen Klinikums K. vom 4.8.2009 (Diagnose u.a.: V. a. pruriginöses Ekzem mit Notwendigkeit zur intensivierten Externa- und kombinierten Photo-Balneo-Therapie, Entlassung in ambulante Weiterbehandlung bei gebessertem Hautbefund, Rehabilitationsmaßnahme, insbesondere Klimawechsel zur weiteren Abheilung und Besserung des Hautbefundes dringend zu empfehlen).

Die Beklagte befragte den MDK. In der Stellungnahme vom 15.10.2009 führte Dr. F. aus, zur Erreichung der Rehabilitationsziele sei die Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung (psychosomatische Behandlung) und der Heilmittelversorgung (standardisierte Heilmittelkombinationen) vorrangig und bislang nicht ausgeschöpft. Der angestrebte Klimawechsel könne mit einem Erholungsurlaub bewirkt werden. Die Rehabilitationsbehandlung sei medizinisch nicht notwendig.

Mit Bescheid vom 26.10.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Am 26.11.2009 erhob der Kläger (unter Vorlage weiterer Arztbriefe) Widerspruch; seine Hauterkrankung könne am Wohnort nicht behandelt werden, psychosomatische Behandlungen hätten versagt.

Vom 15.10.2009 bis 22.10.2009 wurde der Kläger wegen einer frischen Ischämie links mit TIA-Symptomatik (offenbar nach einer längeren Fahrradfahrt) im Klinikum M. stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 13.11.2009 heißt es, bei Multimorbidität und zusätzlicher hautärztlicher Empfehlung sei eine (bereits beantragte) Rehabilitationsbehandlung dringend indiziert.

Vom 26.10.2009 bis 21.11.2009 absolvierte der Kläger eine stationäre Anschlussheilbehandlung (AHB) in den St. R. Kliniken, Bad Sch ... Im Entlassungsbericht vom 1.12.2009 ist ausgeführt, die Rehabilitationsziele hätten (u.a.) in der Verbesserung der Gangfähigkeit und der kognitiven Defizite, in der Stimmungsstabilisierung, der Linderung der Schmerzen im LWS-Bereich und der Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung bestanden. Die Maßnahme sei erfolgreich verlaufen, der Kläger sei mit dem Ergebnis sehr zufrieden und für weitere ambulante Rehabilitationsmaßnahmen motiviert. Das vorbekannte pruriginöse Ekzem bestehe nach wie vor, jedoch leide der Kläger unter der aktuellen Lokaltherapie nicht mehr unter Juckreiz.

Die Beklagte befragte erneut den MDK. In der MDK-Stellungnahme vom 8.12.2009 führte Dr. R. aus, nach wie vor sei nicht nachvollziehbar, dass die ambulante Behandlung am Wohnort ungeeignet oder erfolglos ausgeschöpft wäre. Dringend indiziert seien eine Optimierung der Insulin und die Schaffung der Compliance und unregelmäßiger Einnahme der Diabetesmedikamente bzw. die Teilnahme am DMP-Programm Diabetes. Zu klären seien außerdem die Auslösung bzw. Aufrechterhaltung dermatologischer Erkrankungen durch psychische Faktoren und die Probleme in der Krankheitsverarbeitung durch einen Facharzt für Psychiatrie/Psychotherapeutische Medizin. Bei Atemnot sei die Vorstellung bei einem Lungenarzt förderlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5.2.1010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf der Kläger am 24.2.2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhob; die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft.

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte: Der Hautarzt Prof. Dr. H. gab im Bericht vom 13.10.2010 an, er habe den Kläger vom 3.12.2009 bis 15.1.2010 wegen psoriasis corporis behandelt; der Kläger leide an trockener, juckender und schuppiger Haut. Eine Rehabilitationsbehandlung sei dringend anzuraten, um eine Abheilung und Besserung des Hautbefundes zu erreichen. Ein Klimawechsel sei für die Verbesserung bzw. Erhaltung der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit ebenso dringend anzuraten. Der Allgemeinmedizin Dr. G. teilte unter dem 18.10.2010 mit, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich im Jahr 2010 verschlechtert. Es seien Venenkomplikationen aufgetreten (beigefügter Bericht der Angiologin Dr. K. v. L. vom 16.2.2009: postthrombotisches Syndrom links stärker rechts, Ausschluss einer pAVK beidseits; auch Bericht vom 17.4.2009: Ausschluss von Carotis und Vertebralisstenosen). Der Kläger habe Rückenschmerzen und die Motivierbarkeit habe sich verschlechtert. Für den Kläger kämen nur stationäre und intensive Maßnahmen in Betracht. Die maßgebenden Leiden lägen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet. Dr. R. (Oberärztin der Hautklinik des Städtischen Klinikums K.) führte im Bericht vom 29.12.2010 aus, im Rahmen des stationären Aufenthalts (10.6.2009 bis 2.7.2009) sei es zu einer langsamen aber kontinuierlichen Verbesserung (ohne komplette Abheilung bei rückläufigem Juckreiz) gekommen. Als möglichen Auslöser des pruritus habe man das Medikament Metformin gesehen, das man pausiert bzw. abgesetzt habe. Seit der Entlassung 2009 seien keine weiteren Behandlungen oder Vorstellungen erfolgt. Im Sommer 2009 habe man aus den genannten Gründen die Indikation zu einer anschließenden Rehabilitationsmaßnahme gesehen. Die dermatologische Erfahrung zeige, dass insbesondere chronische Ekzemerkrankungen unter ambulanten Bedingungen äußerst therapierefraktär seien.

Mit Urteil vom 12.7.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, da der Kläger innerhalb von 4 Jahren seit der Anschlussheilbehandlung in den St. R. Kliniken (2009) wiederum eine stationäre Rehabilitationsbehandlung begehre, müssten hierfür dringende medizinische Gründe vorliegen (§ 40 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Das sei nicht der Fall. Wie Dr. R. in der MDK-Stellungnahme vom 8.12.2009 ausgeführt habe, könnten die Rehabilitationsziele (§ 11 Abs. 2 SGB V) durch ambulante Behandlungen erreicht werden. Beim Kläger lägen vor allem ein pruriginöses Ekzem, Diabetes mellitus Typ II, Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie sowie ein Zustand nach einer tiefen Beinvenenthrombose rechts im April 2009 vor. Eine durchgehende ärztliche Betreuung (in einer Rehabilitationsklinik) sei deswegen nicht (dringend) notwendig; das gelte vor allem für das pruriginöse Ekzem. Dr. R. habe überzeugend dargelegt, dass insoweit eine fachärztliche ambulante psychische bzw. psychotherapeutische Behandlung wegen der Auslösung oder Aufrechterhaltung der dermatologischen Erkrankungen durch psychische Faktoren angezeigt sei. Die ambulante Krankenbehandlung sei daher noch nicht ausgeschöpft. Die im Gerichtsverfahren erhobenen Arztberichte änderten daran nichts. Dr. G. habe sich für die Befürwortung der Rehabilitationsbehandlung auf orthopädische und internistische Erkrankungen gestützt. Er habe dem Kläger nach der Anschlussheilbehandlung in den St. R. Kliniken aber nur 3 Überweisungen, und zwar für hautärztliche Behandlungen, ausgestellt. Auf angiologischem Fachgebiet lägen relevante Leiden ebenfalls nicht vor (Arztbrief der Angiologin Dr. K.-v. L. vom 17.4.2009). Das Hautleiden des Klägers könne ambulant behandelt werden.

Auf das ihm am 22.7.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.8.2011 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, das Sozialgericht sei den Einschätzungen der behandelnden Ärzte (Prof. Dr. H., Dres. G. und R.) zu Unrecht nicht gefolgt. Die Besserung seines Gesundheitszustands während der Behandlung in der Hautklinik K. vom 10.6.2009 bis 2.7.2009 ändere an dem (dringenden) Erfordernis einer (weiteren) Rehabilitationsbehandlung nichts. Eine körperliche Untersuchung beim MDK habe nicht stattgefunden, weswegen der Beweiswert der MDK-Stellungnahmen gering sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.7.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.2.2010 zu verurteilen, ihm eine stationäre Rehabilitationsbehandlung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, der Dermatologe Prof. Dr. H. habe einen Behandlungszeitraum von (nur) knapp 2 Monaten angegeben (3.12.2009 bis 15.1.2010). Über Behandlungsmaßnahmen oder deren Ergebnisse werde nichts berichtet. Die ambulante hautärztliche Behandlung sei daher nicht ausgeschöpft, zumal seit Januar 2010 hautärztliche Behandlungen offenbar nicht mehr stattgefunden hätten. Ein Klimawechsel sei auch ohne stationäre Rehabilitationsbehandlung möglich.

Die Beklagte hat zu den vom Sozialgericht erhobenen Arztberichten die MDK-Stellungnahme des Dr. de R.-W. vom 20.1.2012 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, der Kläger sei vom 10.6.09 bis 2.7.09 in der Hautklinik K. stationär behandelt und bei gebessertem Hautbefund sowie Rückläufigkeit des Juckreizes entlassen worden; man habe eine topische Nachbehandlung und regelmäßige ambulante Befundkontrollen empfohlen. Bei dem Dermatologen Prof. Dr. H. sei der Kläger nur vom 3.12.09 bis 15.1.10 wegen Psoriasis ambulant behandelt worden. Der Kläger habe über trockene, juckende und schuppige Haut geklagt; durch Kratzen seien Entzündungsherde aufgetreten. Das entspreche dem Befund bei Aufnahme in die Hautklinik K. am 10.6.09. Unter Lokaltherapie habe (auch während der Behandlung in den St. R. Kliniken vom 26.10.09 bis 21.11.09) eine deutliche Besserung des Lokalbefundes mit Rückgang bzw. komplettem Rückgang des Juckreizes erreicht werden können. Wegen der dermatologischen Erkrankung des Klägers von September bis November 2009 sei eine Rehabilitationsbehandlung nicht notwendig gewesen. In der Hautklinik K. habe sich der Kläger nach der Entlassung aus der stationären Behandlung nicht mehr vorgestellt; er sei erst am 3.12.09 - nach Durchführung der Anschlussheilbehandlung in den St. R. Kliniken - wieder dermatologisch behandelt worden.

In Zusammenschau der Arztberichte lasse sich auch rückblickend die medizinische Notwendigkeit einer erneuten stationären Rehabilitationsbehandlung nicht nachvollziehen. Eine Verbesserung des Allgemeinzustands habe in der stationären Rehabilitation erreicht werden können. Eine Hauterkrankung, die eine Rehabilitationsbehandlung erforderlich gemacht hätte, habe nicht vorgelegen. Im Rehabilitationsantrag seien die Besserung der psychosomatischen Störungen, der Belastbarkeit und des Allgemeinzustands als Ziele benannt worden. Dies habe man während der Rehabilitationsbehandlung in den St. R. Kliniken vom 26.10.2009 bis 21.11.2009 erreicht, zumal seinerzeit nur leichtere neurologische Störungen vorgelegen hätten. Im Abschlussbericht der Klinik sei festgehalten, dass das pruriginöse Ekzem zwar noch bestanden, unter der aktuellen Lokaltherapie jedoch kein Juckreiz mehr vorgelegen habe. Bei Einlegung des Widerspruchs am 24.11.09, 3 Tage nach Entlassung aus der Rehabilitationsbehandlung, habe es keine Gründe für eine (vorzeitige) erneute Rehabilitationsmaßnahme auf dermatologischem Fachgebiet gegeben. Auch unter Würdigung der im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Arztberichte des Prof. Dr. H. und des Dr. G. seien keine neuen medizinischen Aspekte erkennbar, die eine zweite, vorzeitige Rehabilitationsbehandlung Ende 2009 medizinisch notwendig machen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zu Recht abgelehnt; der Kläger hat darauf keinen Anspruch.

I. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen durch die Krankenkasse ist § 11 Abs. 2 SGB V i. V. m. § 40 SGB V.

Gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.

Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um diese Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen gem. § 40 Abs. 1 SGB V in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111c SGB V besteht, bzw. in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI). Reichen (auch) ambulante Rehabilitationsleistungen dieser Art nicht aus, erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs. 2a Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach § 40 Abs. 1 und 2 SGB V sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Rehabilitationsleistungen können nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich (§ 40 Abs. 3 Satz 1 und 4 SGB V).

Leistungen der Rehabilitation i. S. d. § 40 SGB V stellen Komplexmaßnahmen dar, bei denen die im Einzelfall erforderlichen therapeutischen Interventionen (z.B. Krankengymnastik, Bewegungs-, Sprach- und Beschäftigungstherapie, Psychotherapie und Hilfsmittelversorgung) aufgrund eines ärztlichen Behandlungsplanes (vgl. § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V) zu einem in sich verzahnten Gesamtkonzept zusammengefasst sind. Wie alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen sie dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Daran anknüpfend sieht § 40 SGB V ein Stufenverhältnis vor. Eine stationäre Rehabilitationsbehandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung kommt – sofern mit ihr das Rehabilitationsziel überhaupt erreicht werden kann – daher nur dann in Betracht, wenn weder eine ambulante Krankenbehandlung noch eine ambulante Rehabilitation in einer wohnortnahen Einrichtung oder eine ambulante Rehabilitationsleistung in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, ausreichend ist.

II. Davon ausgehend steht dem Kläger derzeit eine (weitere) stationäre Rehabilitationsbehandlung nicht zu. Das Sozialgericht hat das in seinem Urteil zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im Berufungsverfahren anzumerken:

Die Gewährung einer stationären Rehabilitationsbehandlung scheitert (schon) daran, dass die gem. § 40 Abs. 1 bis 3 SGB V vorrangig wahrzunehmende ambulante Krankenbehandlung und Heilmittelanwendung (bzw. eine ebenfalls vorrangige ambulante Rehabilitationsbehandlung) nicht ausgeschöpft ist. Außerdem bestehen gem. § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V (erst recht) keine dringenden medizinischen Gründe für eine erneute vorzeitige stationäre Rehabilitationsbehandlung vor Ablauf der Vierjahresfrist nach der Rehabilitationsbehandlung in den St. R. Kliniken im Jahr 2009. Das geht aus den MDK-Stellungnahmen der Dres. F., R. und de R.-W. hervor. Danach sind in erster Linie ambulante Facharztbehandlungen indiziert, etwa zur Verbesserung der offenbar unzureichenden Compliance des Klägers bei der Diabetestherapie, zur Diagnose und ggf. Behandlung psychischer Ursachen der Hauterkrankung oder zur Therapie der Atemnot. Internistisch-diabetologische, psychiatrische bzw. psychotherapeutische oder lungenfachärztliche Behandlungen dieser Art sind ersichtlich nicht ausgeschöpft. Das gilt auch für ggf. notwendige orthopädische Behandlungen. Wegen der Hauterkrankung bedarf der Kläger keiner stationären Rehabilitationsbehandlung (an der Nord- oder Ostsee), sondern der (fortgeführten) ambulanten hautärztlichen Therapie (am Wohnort), zumal während der stationären (neurologischen) Anschlussheilbehandlung des Klägers vom 26.10.2009 bis 21.11.2009 in den St. R. Kliniken auch der Juckreiz infolge das pruriginösen Ekzems unter Lokaltherapie weggefallen ist (Entlassungsbericht vom 1.12.2009); diese Lokaltherapie muss nicht in einem Seebad an der Nord- oder Ostsee fortgeführt werden. Die Finanzierung eines Aufenthalts an der See zur Luftveränderung ist nicht Aufgabe der Krankenkasse.

Die Arztberichte, auf die sich der Kläger für sein Leistungsbegehren beruft, ändern nichts. Sie enthalten im Kern Meinungsäußerungen behandelnder Ärzte, aber keine nachvollziehbare, auf Befunde gestützte sozialmedizinische Begründung für die Notwendigkeit einer (erneuten) stationären Rehabilitationsbehandlung nach näherer Maßgabe des § 40 SGB V. Demgegenüber hat Dr. de R.-W. in der im Berufungsverfahren eingeholten MDK-Stellungnahme vom 20.1.2012 unter (ergänzender) Würdigung der vom Sozialgericht erhobenen Arztberichte zutreffend dargelegt, dass eine (erneute) stationäre Rehabilitationsbehandlung nicht erforderlich ist. Er hat damit die Beurteilung der Dres. F. und R. überzeugend bestätigt. Eine körperliche Untersuchung des Klägers durch den MDK ist entbehrlich. Die Leistungsvoraussetzungen des § 40 SGB V, insbesondere der Vorrang ambulanter Behandlungen, ist auf der Grundlage der vorliegenden Arztberichte zu beurteilen.

Weitere Ermittlungen drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Arztberichte und MDK-Stellungnahmen nicht auf.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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