L 3 AL 3918/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4492/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3918/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08. August 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Forderung der Beklagten, zu Unrecht erhaltenes Arbeits-losengeld zurückzuzahlen.

Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.

Mit Bescheid vom 13.10.2005 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 25.07. - 30.09.2005 auf und forderte die Erstattung zu Unrecht erbrachten Arbeits-losengeldes i.H.v. 1.827,54 EUR. Widerspruch, Klage und Berufung (rechtskräftiges Urteil des LSG vom 13.08.2009 - L 12 AL 507/09 -) führten für den Kläger nicht zum Erfolg.

Die Beteiligten schlossen vor dem SG (- S 9 AL 2608/04 -) einen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, eine neue fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes auf der Basis eines monatlichen Arbeitsentgelts von 2.500,- EUR brutto durchzuführen und auf der Basis des Ergebnisses alle Berechnungen des Arbeitslosengeldes seit 2004 nochmals zu überprüfen. In Umsetzung des Vergleichs bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheiden vom 30.04.2009 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 15.04.2004 - 07.02.2006 i.H.v. insg. 628,82 EUR. Mit Bescheid vom 04.05.2009 erklärte die Beklagte die Aufrechnung mit der ihr gegen den Kläger zustehenden Forderung mit dem bewilligten Nachzahlungsbetrag. Die hiergegen zum SG erhobene Klage - S 11 AL 2039/09 - wurde mit Gerichtsbescheid vom 01.04.2011 abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung verwarf der erkennende Senat mit Urteil vom 08.02.2012 - L 3 AL 1459/11 -.

Mit der restlichen Erstattungsforderung i.H.v. 1.198,72 EUR erklärte die Beklagte mit Bescheid vom 30.09.2010 gegenüber dem Kläger ab dem 01.10.2010 die Aufrechnung mit dem diesem bewilligten Arbeitslosengeld i.H.v. 12,04 EUR täglich. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2010 als unbegründet zurück.

Am 28.10.2010 hat der Kläger "Vollstreckungsgegenklage" zum SG erhoben und hierzu vorgetragen, die Rückforderung der Beklagten aus dem Bescheid vom 13.10.2005 sei verjährt und durch Aufrechnung erloschen. Die Beklagte habe durch die Aufrechnung seine Bedürftigkeit herbeigeführt. Die Aufrechnung sei auch deswegen rechtswidrig, weil derzeit ein Insolvenz¬verfahren laufe. Die Zulässigkeit der Klage sei nicht von der Durchführung eines Widerspruchs¬verfahrens abhängig. Am 12.11.2010 und am 26.04.2011 hat der Kläger den Vor-sitzenden der zuständigen Kammer des SG in allen anhängigen Verfahren wegen der Besorgnis der Befangen¬heit abgelehnt. Nach den bisherigen Entscheidungen gebe es, so der Kläger, nur zwei Optionen: entweder fehle dem Vorsitzenden generell die Befähigung zum Richteramt oder er sei zu faul, seinen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Ferner hat er dem Vorsitzenden eine feste Rechtsbeu¬gungsabsicht vorgeworfen.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat hierzu vorgetragen, die Einwände des Klägers seien bereits in anderen Verfahren vorgebracht worden. Im Übrigen sei zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage noch kein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 30.03.2011, das dem Kläger am 01.04.2011 zugestellt wurde, hat das SG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, im Wege eines Gerichts-bescheides zu entscheiden. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, sich hierzu bis zum 27.04.2011 zu äußern. Am 01.04.2011 hat der Kläger daraufhin eine Kopie der Akte nebst Verfahrensakte und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Gerichtsbescheid vom 08.08.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das Befangenheitsgesuch hindere das Gericht nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Der Antrag ziele einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewäh¬rung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmiss¬bräuchlich zu qualifizieren sei. Dem Antrag auf Beiladung der im Insolvenzverfahren tätigen Treuhänderin Susanne B. sei nicht zu entsprechen. Der Antrag festzustellen, dass die Er¬stattungsforderung der Beklagten verjährt und wegen einer Aufrechnung untergegangen sei, sei nicht zu entsprechen, da dies im Rahmen einer gegen den Aufrechnungsbescheid vom 30.09.2010 gerichteten Klage zu klären sei. Da der Bescheid vom 30.09.2010 nicht Gegenstand des Antrags sei, fehle der Feststellungsklage das erforderliche Feststellungsinteresse. Ebenso sei der Antrag, der Beklagten die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 13.10.2005 zu verbieten, unzulässig, da die Aufrechnung keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung sei. Auch dem Antrag, den vereinnahmten Betrag von 628,82 EUR auszuzahlen, sei nicht zu entsprechen, da dem Anspruch der Aufrechnungsbescheid vom 04.05.2009 (Widerspruchsbescheid vom 05.10.2009) entgegen stehe, der im Verfahren - S 11 AL 2039/09 – angefochten sei. U.a gegen den am 17.08.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29.08.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das Verfahren müsse zurückverwiesen werden, da ihm die Einsicht in die Akten verweigert worden sei. Eine Selbstentscheidung über das Befangenheitsgesuch sei unzulässig. Seine erstinstanzlichen Anträge seien zulässig und be-gründet gewesen. Eine Aufrechnung, die Bestandteil der Zwangsvollstreckung sei, sei während des seit Mai 2004 laufenden Insolvenzverfahrens nicht zulässig. Der Bescheid vom 30.09.2010 sei Gegenstand des Verfahrens. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungs¬haft.

Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08. August 2011 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen,

hilfsweise,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08. August 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Forderung der Beklagten aus dem Bescheid vom 13.10.2005 i.H.v. 1.827,54 EUR verjährt ist und durch eine Aufrechnung erfüllt wurde, der Beklagten die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 13.10.2005 zu untersagen und die Beklagte zu verurteilen, die bereits einbehaltenen 628,82 EUR nebst Zinsen zu erstatten.

hilfsweise,

Beweis zu erheben durch Vernehmung von Frau Susanne B., Rotebühlstr. 155, 70174 Stuttgart, der Treuhändlerin in seinem Insolvenzverfahren, als Zeugin, zu der Tatsache, dass die Aufrechnung der Beklagten unzulässig war.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwal-tungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt Stuttgart Stammheim übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.

Der Senat war auch nicht verpflichtet, dem Kläger, wie von ihm beantragt, eine Kopie der Verfahrens- und Verwaltungsakte zu fertigen und zur Verfügung zu stellen. Der Antrag ist, da der Kläger eine Kopie der gesamten Akte begehrt hat, ohne ihn auf konkrete Aktenteile zu begrenzen, rechtsmissbräuchlich (Beschluss des erkennenden Senats vom 29.06.2011 - L 3 AL 1928/11 B -; Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 -). Der Senat hat dem Kläger, seinem Hilfsantrag entsprechend, die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt Stuttgart Stammheim übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht.

Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG); sie ist zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Der Rechtsstreit ist nicht, wie klägerseits beantragt, an das SG zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S.3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurück-verwei¬sung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen eines Mangels nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17.02.1956 - 6 RKa 14/55 - veröffentlicht in juris). Ungeachtet davon, dass die vom Kläger angeführten Verfahrensfehler nicht vorliegen, es ist weder zu beanstanden, dass das SG selbst über die Befangenheitsanträge des Klägers vom 12.11.2010 und vom 26.04.2011 entschieden hat noch, dass es dem Kläger die von diesem beantragten Kopien der Verwaltungs- und Gerichtsakten nicht zur Verfügung gestellt hat, würden diese ein Zurückverweisung nicht nach sich ziehen, da der Rechtsstreit in der Sache entscheidungsreif ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl., § 159, Rn. 5 ff) und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich wäre. Das SG war schließlich auch nicht verpflichtet, dem Antrag des Klägers, die im Verfahren - 3 IK 40/04 - vor dem Amtsgericht P: als Treuhänderin tätige Susanne B. zum Verfahren beizuladen, da weder die Voraus¬setzungen für eine einfache (§ 75 Abs. 1 SGG) noch für eine notwendige Beiladung (§ 75 Abs. 2 SGG) gegeben sind.

Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Hierbei ist das SG zu Recht davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 30.09.2010 nicht Gegenstand des Verfahrens ist. Der Kläger hat mit einer ausdrücklich als "Vollstreckungsgegenklage" bezeichneten Klage, ohne Bezug auf den Bescheid vom 30.09.2010 lediglich die Feststellung begehrt, dass die Rück¬forderung der Beklagten aus dem Bescheid vom 13.10.2005 verjährt und durch Aufrechnung erloschen sei. Ferner hat er geltend gemacht, der Beklagten die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 13.10.2005 zu verbieten und die vereinnahmten 628,82 EUR zurück zu erstatten. Eine Anfechtung des Bescheides vom 30.09.2010 ist hingegen im vorliegenden Verfahren nicht erfolgt.

Das SG hat den Antrag, festzustellen, dass die Erstattungsforderung der Beklagten verjährt und wegen einer Aufrechnung untergegangen sei, zu Recht bereits als unzulässig abgewiesen. Eine Feststellungsklage nach § 55 SGG ist gegenüber Gestaltungs- und Leistungslage, da ein Fest-stellungsurteil nicht vollstreckbar ist, subsidiär. Der Vorrang von Leistungs- und Gestal-tungsklagen setzt konkret voraus, dass eine solche Klage zulässig ist bzw. wäre (vgl. BSG, Urteil vom 01.09.2005 - B 3 KR 3/04 R - veröffentlicht in juris). Da dem Kläger der Rechtsweg gegen die im Bescheid der Beklagten vom 13.10.2005 gründende Erstattungsforderung offen stand und von diesem auch beschritten wurde, können die jetzigen Einwendungen nicht isoliert im Rahmen eines Feststellungsantrages geltend gemacht werden.

Soweit der Kläger ferner begehrt, der Beklagten die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 13.10.2005 zu untersagen und er hierzu eine "Vollstreckungsgegenklage gem. §§ 202 SGG, 767 ZPO" erhoben hat, ist diese bereits unzulässig. Gem. § 767 Abs. 1 ZPO sind Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen. Einwendungen sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können (§ 767 Abs. 2 ZPO). Die Besonderheiten einer Voll-streckungsabwehrklage resultieren insb. aus den Präklusionsvorschriften. Diese machen es erforderlich, nicht präkludierte Einwendungen gegen einen titulierten Anspruch im gerichtlichen Wege vorbringen zu können. Da indes im sozialgerichtlichen Verfahren andere Möglichkeiten der Überprüfung bestandskräftiger Bescheide bestehen, ist eine Vollstreckungsabwehrklage i.S.d. § 767 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zulässig (Bayerisches Landessozial¬gericht, Urteile vom 05.04.2005 - L 5 KR 15/05 - und - L 5 KR 12/05 - veröffentlicht in juris).

Überdies besteht vorliegend auch keine Notwendigkeit dafür, Vollstreckungsschutz durch eine Vollstreckungsabwehrklage nach den Vorschriften der ZPO zu gewähren. Für die Vollstreckung der öffentlichen Hand gegen Private aus einem sozialgerichtlichen Titel finden nach § 200 Abs. 1 SGG die Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) Anwendung; Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten nur insoweit, als das VwVG auf sie verweist (Ruppelt in Hennig, SGG, § 198, Rn. 14; Groß in SGG - Handkommentar -, 3. Aufl. § 198, Rn. 3). Die Vollstreckung bestandskräftiger Verwaltungsakte bestimmt sich nach § 66 Sozialge¬setzbuch Zehntes Buch (SGB X); insoweit findet das VwVG direkt Anwendung. Nach § 1 VwVG werden öffentlich-rechtliche Geldforderungen des Bundes und der bundes-unmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach den Bestimmungen des VwVG im Verwal¬tungswege vollstreckt (vgl. Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 18.05.1971 - L 2 J 802/70 - veröffentlicht in juris). Nach § 5 Abs. 1 VwVG richtet sich das Verwal-tungszwangsverfahren und der Vollstreckungsschutz nach den Vorschriften (§§ 77, 249 bis 258, 260, 262 bis 267, 281 bis 317, 318 Abs. 1 bis 4, §§ 319 bis 327) der Abgabenordnung (AO). Mithin sind dem Kläger die Rechtsschutzmöglichkeiten der AO eröffnet (so auch Landes-sozialgericht Berlin, Beschluss vom 17.03.2003 - L 14 B 81/02 AL - veröffentlicht in juris). Indes führen auch diese für den Kläger nicht zum Erfolg. Gemäß § 257 Abs. 1 Nr. 2 AO ist die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, sobald der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird. Macht der Antragsteller glaubhaft, der zu vollstreckende Verwaltungsakt sei nichtig bzw. aufzuheben, ist nach st. Rspr. der Finanzgerichte (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.02.1992 - I b 113/91-; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.03.1993 - 9 V 4/93 - jeweils veröffentlicht in juris) die Zwangsvollstreckung in einer analoger Anwen-dung von § 257 Abs. 1 Nr. 2 AO einzustellen oder zu beschränken. Es ist jedoch in keinster Weise glaubhaft gemacht, dass der bestandskräftige Erstattungsbescheid vom 13.10.2005, in dem die Erstattungsforderung der Beklagten gründet, rechtswidrig oder nichtig ist. Das LSG hat mit Urteil vom 13.09.2009 - L 12 AL 507/09 - rechtskräftig entschieden, dass der Er-stattungsbescheid vom 13.10.2005 rechtmäßig ist. Gründe, die diese Entscheidung als unricht¬ig erscheinen lassen, sind dem Senat nicht ersichtlich, wobei insb. der Einwand, die Forderung der Antragsgegnerin sei verjährt bzw. durch Aufrechnungen erloschen, nicht durchgreift, da die Frage der Verjährung den Zeitablauf zwischen dem, die Erstattungsforderung begründenden Sachverhalt und der Geltendmachung der Erstattungsforderung betrifft und nicht, wie der Kläger zu meinen scheint, den Zeitraum zwischen der Bestandskraft des Ver¬waltungsaktes und der Vollstreckung der Forderung. Im Hinblick auf die angeführte Aufrechnung ist bereits nicht nachvollziehbar, mit welcher vermeintlichen Forderung der Kläger gegen die Erstattungs-forderung der Beklagten aufgerechnet haben will (vgl. Beschluss des Senats vom 10.03.2011 - L 3 AL 5611/10 ER-B -). Soweit der Kläger schließlich vorbringt, eine Aufrechnung der Be-klagten sei bereits deswegen ausgeschlossen, weil ein Insolvenzverfahren gegen ihn laufe, steht dies einer Aufrechnung nicht entgegen, da eine Aufrechnung auch während des laufenden Insolvenzverfahrens in den Grenzen des § 114 Abs. 2 Insolvenzordnung möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 18/03 R -; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.05.2008 - IX ZB 51/07 - jew. veröffentlicht in juris).

Soweit der Kläger schließlich geltend macht, die Beklagte zu verurteilen, die bereits einbe-haltenen 628,82 EUR verzinst zu erstatten, hat der Kläger die Auszahlung von Arbeitslosengeld in dieser Höhe bereits in anderen Verfahren u.a. im Verfahren - L 3 AL 1459/11 - geltend gemacht. Nachdem dieses Verfahren nach einem Urteil des erkennenden Senats vom 08.02.2012 beendet ist, ist der in vorliegenden Verfahren verfolgte Antrag wegen anderweitiger Rechtskraft (vgl. § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG) unzulässig.

Dem Antrag, durch die Vernehmung von Frau Susanne B. als Zeugin zu der Tatsache, dass die Aufrechnung unzulässig war, Beweis zu erheben, ist nicht nachzugehen. Zwar erforscht der Senat nach §§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 103 Satz 1 SGG den Sachverhalt von Amts wegen, dem Antrag des Klägers ist indessen, ungeachtet der Frage, ob er tatsächlich einen Beweisantrag gestellt hat, nicht nachzugehen, da sich ein Beweisantrag nur auf eine ungeklärte Tatsache beziehen kann. Der vom Kläger gestellte Antrag hat hingegen eine Rechtsfrage - die Recht-mäßigkeit der Aufrechnung - zum Inhalt. Hierüber kann im Wege einer Zeugeneinvernahme nicht Beweis erhoben werden.

Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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