L 10 LW 4641/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 LW 4562/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 4641/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.09.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).

Die Klägerin war als Ehegatte eines Landwirts ab Januar 1995 bei der Beklagten versicherungspflichtig (Bescheid vom 12.01.1995, Blatt 23 LSG-Akte), weil ihr Ehemann ein landwirtschaftliches Unternehmen oberhalb der Mindestgröße betrieb. Im Laufe des Rechtsstreits haben die Eheleute und insbesondere der Ehemann der Klägerin die landwirtschaftlichen Grundstücke verkauft, so dass die Mindestgröße für die Versicherungspflicht nach dem ALG unterschritten ist. Entsprechend hat die Beklagte mit Bescheid vom 03.01.2012 die Versicherungspflicht der Klägerin bis zum 31.12.2011 begrenzt (Blatt 60 LSG-Akte).

Den im November 2008 gestellten Rentenantrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2009 und Widerspruchsbescheid vom 01.10.2009 sowie der Begründung ab, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert. Zu Grunde lag zum einen das orthopädische Gutachten von Dr. S., der ein Wirbelfacettensyndrom L4/L5 und L5/S1, Senk-Spreizfüße beidseits sowie eine Varicosis diagnostizierte, und alle mittelschweren Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, ohne häufiges Heben über zehn Kilogramm und ohne längere Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule (LWS) sechs Stunden und mehr für zumutbar erachtete. Zum anderen lag der Entscheidung der Beklagten das Gutachten des Facharztes für Innere Medizin K. zu Grunde, der eine ausgeprägte Varicosis beider Beine mit rezidivierenden Ulcera, eine Adipositas sowie eine arterielle Hypertonie diagnostizierte, ernsthafte internistische Erkrankungen aber ausschloss. Auf Grund der Venenerkrankungen seien Arbeiten mit langem und anhaltendem Sitzen oder Stehen nicht mehr möglich, ebenso wenig die Tätigkeit als Bäuerin. Darüber hinaus hielt er Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten oder Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie Arbeiten unter Einfluss von Nässe, extrem schwankenden Temperaturen oder Erschütterungen oder Vibrationen für der Klägerin nicht zumutbar. Im Übrigen erachtete er leichte Tätigkeiten zeitweise im Stehen, Gehen oder Sitzen sechs Stunden und mehr für möglich, hielt aber nicht übliche Pausen für erforderlich. Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. Sch. bejahte das Erfordernis betriebsunüblicher Pausen zum Hochlagern der Beine nur für den Fall, dass keine wechselnde Tätigkeit ausgeübt werden könne.

Das am 16.10.2009 angerufene Sozialgericht Karlsruhe hat ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie O.-P. eingeholt. Die Sachverständige hat eine verlängerte Anpassungsreaktion im Sinne einer Trauerreaktion nach dem Tod des Sohnes im Jahre 2008, eine beginnende periphere Polyneuropathie, rezidivierende Lumbalgien und die vorbeschriebene Varicosis und arterielle Hypertonie als bestehende Krankheiten aufgeführt und die Klägerin aus neurologisch-psychiatrischer Sicht für in der Lage erachtet, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Orthopädischerseits sei ein Heben und Tragen von Gegenständen über zehn Kilogramm ausgeschlossen, wobei dann entsprechende Hilfsmittel zum Einsatz kommen sollten. Es solle die Möglichkeit der Wechselhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen gegeben sein, im Hinblick auf die Polyneuropathie sollten gleichförmige Körperhaltungen ebenso vermieden werden wie dauerndes Bücken oder Treppensteigen bzw. Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Balancierfähigkeit (Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten). Wegen der psycho-physischen Beeinträchtigung solle keine Akkord- oder Fließbandarbeit und wegen der depressiogenen Wirkung keine Nachtarbeit ausgeübt werden. Auszunehmen seien auch Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung, mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Maschinen sowie Tätigkeiten, die eine erhöhte Konfliktfähigkeit beinhalten. Im Hinblick auf dieses Gutachten hat die Klägerin einen Bericht des nach der gutachtlichen Untersuchung behandelnden Psychiaters Dr. Sch. vorgelegt, der die diagnostische Einschätzung der Sachverständigen für falsch und neben der verlängerten Anpassungsstörung eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leicht, diagnostiziert hat. Die antidepressive Behandlung habe eine geringgradige Stabilisierung der Schlafstörungen, das führende Symptom der depressiven Störung, erbracht. Die Anpassungsstörung könne psychotherapeutisch aufgearbeitet werden. Zumutbar seien allenfalls vier Stunden leichter körperlicher Arbeit. Die gerichtliche Sachverständige ist in ihrer ergänzenden Stellungnahme hierzu bei ihrer Beurteilung geblieben.

Mit Urteil vom 12.09.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach Darlegung der Rechtsgrundlagen der hier begehrten Rente (§ 13 ALG i.V.m. § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI -) hat es ausgeführt, die Klägerin sei noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuführen. Es hat sich vor allem auf das Gutachten der Sachverständigen O.-P. gestützt.

Gegen das ihr am 28.09.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.10.2011 Berufung eingelegt und diese im Wesentlichen mit der Beurteilung des Ärztlichen Direktors der Kl. a. sch. M., PD Dr. D., begründet, in dessen Einrichtung die Klägerin von September bis Oktober 2011 eine psychosomatische Rehabilitation durchgeführt hat. Im Entlassungsbericht hat Dr. D. u.a. ausgeführt, bei der Aufnahme habe ein mäßig ausgeprägtes Zustandsbild bestanden und es sei eine spürbare Verbesserung der Symptomatik erreicht worden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden belastbar; Einschränkungen ergäben sich hinsichtlich Tätigkeiten mit ständig erhöhten Anforderungen an das Anpassungs- und Umstellungsvermögen, ständig erhöhter Verantwortung für Personen und Maschinen, ständigem Publikumsverkehr sowie Tätigkeiten im Nachtschichtbetrieb. Eine abschließende Einschätzung der Leistungsfähigkeit könne erst nach Abschluss der kardialen Diagnostik erfolgen. So lange sei die Patientin nur unter drei Stunden belastbar. Prognostisch sei eine leichte körperliche Tätigkeit überwiegend im Gehen, Sitzen und Stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich, wegen der Wirbelsäulenbeschwerden ohne Zwangshaltungen, ohne ständigem oder wiederholtem Arbeiten in HWS-Inklination/Reklination und ohne Kälte, Nässe oder Zugluft.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.09.2011 und den Bescheid vom 04.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat PD Dr. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Dabei hat sich ergeben, dass während der stationären medizinischen Rehabilitation der Verdacht auf eine kardiale Ischämie aufgekommen war. Solange dieser Verdacht nicht ausgeräumt sei, sei - so PD Dr. D. - körperliche Schonung sicherheitshalber angezeigt. Bei Ausschluss einer kardialen Ischämie sei eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden möglich, bis zum Ausschluss nur unter drei Stunden. Dies hat er in seiner weiteren sachverständigen Zeugenauskunft dahingehend erläutert, dass nach seiner Definition bei leichten Tätigkeiten auch bis zu fünf Prozent der Arbeitszeit oder zwei Mal pro Stunde mittelschwere Arbeitsanteile enthalten sein könnten. Wegen dieser Arbeitsanteile schließe die Verdachtsdiagnose einer kardialen Ischämie auch leichte Tätigkeiten aus.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen und damit die Voraussetzungen für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug.

Wie die Beklagte und das Sozialgericht geht auch der Senat davon aus, dass die Klägerin trotz der bei ihr vorhanden Gesundheitsstörungen noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr auszuüben. Damit ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Auf die Frage, ob der Klägerin eine weitere Tätigkeit in der Landwirtschaft zuzumuten war bzw. ist, kommt es bei dieser Rechtslage nicht an.

Die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem bzw. internistischem Fachgebiet rechtfertigen keine rentenrelevante Leistungseinschränkung. Dies schließt der Senat aus den von der Beklagten eingeholten Gutachten. Dr. S. diagnostizierte auf orthopädischem Fachgebiet ein Wirbelfacettensyndrom L4/L5 und L5/S1, einen Senk-Spreizfuß beidseits sowie eine Varicosis, hielt jedoch alle mittelschweren Tätigkeiten sechs Stunden und mehr für zumutbar. Zu vermeiden seien längere Zwangshaltungen der LWS sowie häufiges Heben von Lasten über zehn Kilogramm. Im internistischen Gutachten gelangte der Facharzt für Innere Medizin Küchler ebenfalls zu keiner zeitlichen Leistungseinschränkung. Er sah die ausgeprägte Varicosis beider Beine mit rezidivierenden Ulcera im Vordergrund und schloss deshalb Arbeiten mit langem und anhaltendem Sitzen oder Stehen aus. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich hieraus nicht. Soweit er Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten oder Heben und Tragen und Bewegen von Lasten ebenso ausschloss wie Arbeiten unter Einfluss von Nässe, extrem schwankenden Temperaturen oder Erschütterungen und Vibrationen beruhte dies im Wesentlichen auf Einschränkungen seitens des Bewegungs- und Haltungsapparates und damit auf orthopädischen Gesundheitsstörungen. Insoweit hatte Dr. S. für sein Fachgebiet keine derart weitreichenden Einschränkungen gemacht. Angesichts der tatsächlich vorhandenen und von Dr. S. diagnostizierten Gesundheitsstörungen seitens des Bewegungs- und Haltungsapparates ist seine fachnähere Einschätzung überzeugend. Entsprechend gibt der Senat der Beurteilung von Dr. S. gegenüber jener des Facharztes für Innere Medizin Küchler den Vorzug. Schlussendlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, weil auch unter Beachtung der seitens des Gutachters Küchler aufgeführten qualitativen Einschränkungen die, - wie noch auszuführen ist - teilweise auch von der gerichtlichen Sachverständigen aus neurologischen Gründen angenommen werden, kein rentenrelevant gemindertes Leistungsvermögen vorliegt.

Soweit der Gutachter Küchler betriebsunübliche Pausen für erforderlich hielt, hat er seine Beurteilung nicht begründet. Insoweit schließt sich der Senat der Einschätzung des Beratungsarztes der Beklagten Dr. Sch. an, wonach derartige betriebsunübliche Pausen wegen des Krampfaderleidens zum häufigen Hochlagern der Beine erforderlich sind, wenn Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder im Sitzen erfolgen müssen. Da der Klägerin nur noch Tätigkeiten in wechselnder Haltung zugemutet werden, entfällt das Erfordernis betriebsunüblicher Pausen.

Auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehen ebenfalls keine rentenrelevanten Leistungseinschränkungen. So leidet die Klägerin ausweislich des Gutachtens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie O.-P. an einer verlängerten Anpassungsreaktion im Sinne einer Trauerreaktion nach dem Tod des Sohnes, einer beginnenden peripheren Polyneuropathie und einer rezidivierenden Lumbalgie. Trotz dieser Gesundheitsstörungen ist die Klägerin jedoch nach der überzeugenden Beurteilung der gerichtlichen Sachverständigen noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Wegen der psychischen Beeinträchtigungen sind Akkord- und Fließbandarbeit, Nachtarbeit, Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung, erhöhter Verantwortung für Personen und Maschinen sowie mit erhöhter Konfliktfähigkeit auszuschließen. Wegen der Polyneuropathie sollten gleichförmige Körperhaltungen, dauerndes Bücken oder Treppensteigen bzw. Arbeiten mit Anforderungen an die Balancierfähigkeit (also auf Leitern oder Gerüsten) vermieden werden. Auch derartige qualitative Einschränkungen stehen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegen.

Schließlich liegt auf kardiologischem Fachgebiet keine relevante Erkrankung vor. Der Facharzt für Innere Medizin K. schloss ein ernsthaftes internistisches Leiden aus und diagnostizierte lediglich eine arterielle Hypertonie. Die von PD Dr. D. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft und im Entlassungsbericht gestellte Verdachtsdiagnose einer kardialen Ischämie hat sich nicht bestätigt. Nach den eigenen Angaben der Klägerin hat sie eine weitere Diagnostik insoweit durchführen lassen, den Senat über das Ergebnis indessen - entgegen eigener Ankündigung - nicht unterrichtet, was nur den Schluss zulässt, dass keine relevanten Befunde erhoben worden sind. Die Verdachtsdiagnose selbst schließt leichte Tätigkeiten nicht aus. Der Senat folgt insoweit nicht der Beurteilung von PD Dr. D ... Dieser hat seine Leistungsbeurteilung auf einen unzutreffenden Maßstab gestützt. Er hat ausgeführt, die Verdachtsdiagnosen einer kardialen Ischämie schließe wegen der erforderlichen körperlichen Schonung auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus bzw. ermögliche sie nur weniger als drei Stunden täglich. Dabei ist er - wie sich aus seiner weiteren sachverständigen Zeugenauskunft ergibt - wesentlich davon ausgegangen, dass zu diesen leichten Tätigkeiten in einem bestimmten Umfang auch mittelschwere Arbeiten gehören. Damit hat PD Dr. D. die von ihm angenommene zeitliche Leistungseinschränkung damit begründet, dass die von ihm gestellte Verdachtsdiagnose mittelschwere Tätigkeiten ausschließe. Diesen Bedenken aber kann durch entsprechende qualitative Einschränkungen Rechnung getragen werden: der Klägerin werden nur noch leichte Tätigkeiten ohne mittelschwere Arbeitsanteile zugemutet. Fällt aber das Erfordernis der Verrichtung auch mittelschwerer Tätigkeiten weg, ist die Klägerin selbst nach der Leistungsbeurteilung von PD Dr. D. in der Lage, sechs Stunden und mehr täglich zu arbeiten.

In psychiatrischer Hinsicht hat PD Dr. D. somit gerade aus Sicht seines psychiatrisch-psychosomatischen Fachgebietes die Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen O.-P. bestätigt. Soweit der nach der Begutachtung durch die Sachverständige O.-P. erstmals in Anspruch genommene Arzt für Psychiatrie Dr. Sch. eine zeitliche Minderung der Leistungsfähigkeit auf allenfalls vier Stunden angenommen hat, folgt ihm der Senat ebenso wenig wie das Sozialgericht. Dabei kann offen bleiben, inwieweit tatsächlich eine echte depressive Erkrankung bei der Klägerin vorliegt und inwieweit depressive Symptome diagnostisch nicht bereits von der Anpassungsstörung erfasst sind. Denn maßgebend für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit ist nicht in erster Linie die konkret zu stellende Diagnose, sondern die Auswirkung einer vorhandenen Gesundheitsstörung und ihrer Symptomatik auf die berufliche Leistungsfähigkeit. Insoweit aber hat auch die Sachverständige O.-P. eine herabgestimmte, traurige Patientin mit gewisser resignativer Haltung beschrieben und die Klägerin gleichwohl für in der Lage erachtet, sechs Stunden und mehr täglich zu arbeiten. In ihrer ergänzenden Stellungnahme zu den Ausführungen von Dr. Sch. hat sie darauf hingewiesen, dass keine Belege für eine rezidivierende depressive Störung vorlägen. Zu belegen sei lediglich eine Erschöpfungsdepression durch den Verlust des Sohnes. Die gerichtliche Sachverständige hat somit die depressiven Symptome bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit berücksichtigt. Selbst PD Dr. D. hat aus psychiatrischer Sicht keine zeitlich relevante Leistungseinschränkung angenommen, obwohl auch er, wie Dr. Sch., von einer rezidivierenden depressiven Störung ausgegangen ist. Die von ihm angenommene zeitliche Leistungseinschränkung hat Dr. Sch. auch nicht konkret begründet. Er hat vielmehr die diagnostizierte depressive Erkrankung sogar als leicht bezeichnet und ausgeführt, dass diese Erkrankung in erster Linie zu Schlafstörungen führe und medikamentös beeinflussbar sei; auch die Anpassungsstörung sei therapeutisch beeinflussbar. Damit ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen diese Erkrankungen, insbesondere die selbst von Dr. Sch. als leicht qualifizierte depressive Störung, zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung führen sollen. Auch in Zusammenschau mit der Polyneuropathie ergibt sich - entgegen Dr. Sch. - keine zeitliche Leistungseinschränkung. Denn auch er nimmt hinsichtlich der neurologischen Erkrankung lediglich eine qualitative Einschränkung an (Tätigkeit überwiegend im Sitzen). Aus einer qualitativen Einschränkung lässt sich aber keine zeitliche Leistungseinschränkung ableiten. Im Übrigen steht die Beurteilung der Auswirkungen der Polyneuropathie auf die Leistungsfähigkeit durch Dr. Sch. in Widerspruch zu den übrigen medizinischen Beurteilungen, die in Bezug auf die Beschwerden im Bereich der Beine, insbesondere das Krampfaderleiden, gerade eine wechselnde Tätigkeit für erforderlich halten (Gutachten K., Gutachten O.-P., Stellungnahme Dr. Sch.). Im Ergebnis vermag sich der Senat somit nicht davon zu überzeugen, dass bei der Klägerin eine das Leistungsvermögen zeitlich limitierende Erkrankung vorliegt.

Die Klägerin kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von den Gutachtern genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über fünf Kilogramm, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved