Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 1598/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5053/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kürzung des Zugangsfaktors bei der Berechnung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Dem 1960 geborenen Kläger wurde auf seinen Antrag von der Beklagten mit Bescheid vom 29.03.2006 zunächst eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.06.2006 bis 31.05.2009 bewilligt. Auf seinen Widerspruch hin wurde ihm mit Bescheid vom 06.04.2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2005 auf Dauer gewährt (Auszahlungsbetrag 681,55 EUR).
Mit Bescheid vom 18.05.2006 stellte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2005 wegen geänderter rentenrechtlicher Zeiten neu fest (Auszahlungsbetrag 696,37 EUR). Dabei berücksichtigte sie - wie bereits bei den beiden vorangegangenen Bescheiden - bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte des Klägers lediglich einen verminderten Zugangsfaktor von 0,892.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und berief sich dabei auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts - BSG - vom 16.05.2006 (B 4 RA 22/05 R), wonach für Rentenbezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres keine Kürzung des Zugangsfaktors erfolgen dürfe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, dass sie der zitierten Einzelfallentscheidung des BSG nicht folge.
Am 25.06.2007 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg. Er berief sich auf die Rechtsprechung des BSG, wonach Abschläge rechtswidrig seien, wenn eine Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt werde.
Mit Beschluss vom 31.10.2007 ordnete das Sozialgericht Freiburg das Ruhen des Verfahrens an.
Die Beklagte rief das ruhende Verfahren am 28.03.2011 wieder an und wies auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11.01.2011 (1 BvR 3588/08 und 1 BvR 555/09) hin, wonach die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung mit dem Grundgesetz vereinbar sei, auch wenn der Rentenbezug vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginne. Sie gehe davon aus, dass die Klage nunmehr zurückgenommen werden könne.
Der Kläger äußerte sich nicht mehr.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Beklagte habe in dem angegriffenen Bescheid vom 18.05.2006 zu Recht einen Zugangsfaktor von 0,892 statt 1,0 berücksichtigt. Die Kürzung des Zugangsfaktors ergebe sich aus § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 SGB VI in der ab dem 01.01.2001 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827). Hieraus ergebe sich für den bei Rentenbeginn 45-Jährigen Kläger die maximale Kürzung des Zugangsfaktors um 0,108 wegen einer um 36 Monate vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente. An der von dem Kläger in Bezug genommenen anderslautenden Rechtsprechung des 4. Senates des BSG hätten die nunmehr zuständigen Senate des BSG nicht mehr festgehalten (vgl. Anfragebeschlüsse vom 29.01.2008 - B 5a/5 R 32/07 R und B 5a R 88/07 R sowie die Beschlüsse vom 26.06.2008 - B 13 R 9/08 S und B 13 R 11/08 S - juris). Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG müssten Erwerbsminderungsrentner nach dem Sinn des § 77 Abs. 2 SGB VI eine Absenkung des Zugangsfaktors auch dann hinnehmen, wenn sie bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, weil die Regelung letztlich nur die Höhe der Rentenabsenkung begrenzen solle (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14.08.2008 - B 5 R 32/07 R - juris). Diese Kürzung sei nach der Rechtsprechung des BVerfG mit dem Grundgesetz vereinbar, auch wenn der Rentenbezug vor der Vollendung des 60. Lebensjahres beginne (BVerfG, Beschluss vom 11.01.2011 - 1 BvR 3588/08, 1 BvR 555/09 - juris). Dieser Rechtsprechung des BSG und des BVerfG schließe sich die Kammer an. Der Kläger habe hierzu nichts mehr vorgetragen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 08.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.11.2011 Berufung eingelegt. Er hat vortragen lassen, es sei beabsichtigt, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein Musterstreitverfahren zur Frage der Rentenabschläge zu führen, und das Ruhen des Berufungsverfahren angeregt, um ein solches Musterverfahren vorbereiten zu können.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07.11.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 18.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 06.04.2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne versicherungsmathematischen Abschlag zu zahlen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat dem erneuten Ruhen des Verfahrens nicht zugestimmt und auf die Rechtsprechung des BVerfG verwiesen. Mit dem Beschluss vom 11.01.2011 sei die Verfassungsmäßigkeit der streitentscheidenden Norm (§ 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB VI) festgestellt worden.
Mit Beschluss vom 26.03.2012 hat der Senat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 30.12.2011 und vom 23.04.2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG - ohne mündliche Verhandlung und in der Besetzung mit der Berichterstatterin als Vorsitzender und den ehrenamtlichen Richtern, da der Rechtstreit durch Beschluss des Senats vom 26.03.2012 nach § 153 Abs. 5 SGG auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden ist. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht bei der Berechnung des Rentenzahlbetrages den Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde gelegt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines Rentenbetrages auf der Grundlage einer Berechnung mit dem ungekürzten Zugangsfaktor 1,0.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, aufgrund welcher Vorschriften die Kürzung des Zugangsfaktors erfolgt ist und auf die nunmehr einhellige Rechtsprechung des BSG sowie die zum streitentscheidenden § 77 Abs. 2 SGB VI ergangene Entscheidung des BVerfG (Beschluss vom 11.01.2011 - 1 BvR 3588/08, 1 BvR 555/09 - juris) hingewiesen, wonach die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung auch dann mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn der Rentenbezug vor der Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Das BVerfG hat dies damit begründet, dass die Kürzung des Zugangsfaktors eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung der eigentumsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften sei. Nach Einführung der Abschläge bei vorzeitigem Bezug einer Altersrente durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2261) sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Versicherte anstelle einer gekürzten Altersrente bevorzugt eine Erwerbsminderungsrente beantragen würden. Mit der Einführung von Abschlägen in einem Umfang von höchstens 10,8 % bei der Erwerbsminderungsrente habe im Rahmen eines Gesamtkonzepts die Höhe der Erwerbsminderungsrenten gekürzt und den vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten angepasst werden sollen. Diese Kürzung der Erwerbsminderungsrenten sei auch verhältnismäßig, denn der Gesetzgeber habe, um die Wirkung der neuen Rentenabschläge zu mildern, mit dem Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827) die Zeit zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr, die zuvor nur zu einem Drittel angerechnet worden sei, in vollem Umfang als Zurechnungszeit bewertet. Dahinter habe die Überlegung gestanden, dass bei Versicherten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Erwerbsminderungsrente beantragen würden, eine Ausweichreaktion von vornherein ausscheide und diese Versicherten nicht übermäßig mit Kürzungen hätten belastet werden sollen. Wenn die Versicherten, deren Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnen würde, jedoch nicht von der Absenkung des Zugangsfaktors erfasst würden, hätte aber die gleichzeitige Aufwertung der Zurechnungszeiten bewirkt, dass die Rentenansprüche des betroffenen Personenkreises sogar gestiegen und die Inanspruchnahme von Erwerbsminderungsrente attraktiver geworden wäre. Damit wäre das gesetzgeberische Ziel von Einsparungen zur Verbesserung der Finanzsituation in der Rentenversicherung in sein Gegenteil verkehrt worden.
Wie bereits das Sozialgericht schließt sich auch der Senat dieser Rechtsprechung an. Mit seiner Absicht, ein Musterstreitverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot zu führen, hat der Kläger die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts nicht substantiiert in Frage gestellt. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Gerichtsbescheid Bezug.
Die Berufung des Klägers bleibt deshalb erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kürzung des Zugangsfaktors bei der Berechnung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Dem 1960 geborenen Kläger wurde auf seinen Antrag von der Beklagten mit Bescheid vom 29.03.2006 zunächst eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.06.2006 bis 31.05.2009 bewilligt. Auf seinen Widerspruch hin wurde ihm mit Bescheid vom 06.04.2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2005 auf Dauer gewährt (Auszahlungsbetrag 681,55 EUR).
Mit Bescheid vom 18.05.2006 stellte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2005 wegen geänderter rentenrechtlicher Zeiten neu fest (Auszahlungsbetrag 696,37 EUR). Dabei berücksichtigte sie - wie bereits bei den beiden vorangegangenen Bescheiden - bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte des Klägers lediglich einen verminderten Zugangsfaktor von 0,892.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und berief sich dabei auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts - BSG - vom 16.05.2006 (B 4 RA 22/05 R), wonach für Rentenbezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres keine Kürzung des Zugangsfaktors erfolgen dürfe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, dass sie der zitierten Einzelfallentscheidung des BSG nicht folge.
Am 25.06.2007 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg. Er berief sich auf die Rechtsprechung des BSG, wonach Abschläge rechtswidrig seien, wenn eine Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt werde.
Mit Beschluss vom 31.10.2007 ordnete das Sozialgericht Freiburg das Ruhen des Verfahrens an.
Die Beklagte rief das ruhende Verfahren am 28.03.2011 wieder an und wies auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11.01.2011 (1 BvR 3588/08 und 1 BvR 555/09) hin, wonach die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung mit dem Grundgesetz vereinbar sei, auch wenn der Rentenbezug vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginne. Sie gehe davon aus, dass die Klage nunmehr zurückgenommen werden könne.
Der Kläger äußerte sich nicht mehr.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Beklagte habe in dem angegriffenen Bescheid vom 18.05.2006 zu Recht einen Zugangsfaktor von 0,892 statt 1,0 berücksichtigt. Die Kürzung des Zugangsfaktors ergebe sich aus § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 SGB VI in der ab dem 01.01.2001 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827). Hieraus ergebe sich für den bei Rentenbeginn 45-Jährigen Kläger die maximale Kürzung des Zugangsfaktors um 0,108 wegen einer um 36 Monate vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente. An der von dem Kläger in Bezug genommenen anderslautenden Rechtsprechung des 4. Senates des BSG hätten die nunmehr zuständigen Senate des BSG nicht mehr festgehalten (vgl. Anfragebeschlüsse vom 29.01.2008 - B 5a/5 R 32/07 R und B 5a R 88/07 R sowie die Beschlüsse vom 26.06.2008 - B 13 R 9/08 S und B 13 R 11/08 S - juris). Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG müssten Erwerbsminderungsrentner nach dem Sinn des § 77 Abs. 2 SGB VI eine Absenkung des Zugangsfaktors auch dann hinnehmen, wenn sie bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, weil die Regelung letztlich nur die Höhe der Rentenabsenkung begrenzen solle (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14.08.2008 - B 5 R 32/07 R - juris). Diese Kürzung sei nach der Rechtsprechung des BVerfG mit dem Grundgesetz vereinbar, auch wenn der Rentenbezug vor der Vollendung des 60. Lebensjahres beginne (BVerfG, Beschluss vom 11.01.2011 - 1 BvR 3588/08, 1 BvR 555/09 - juris). Dieser Rechtsprechung des BSG und des BVerfG schließe sich die Kammer an. Der Kläger habe hierzu nichts mehr vorgetragen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 08.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.11.2011 Berufung eingelegt. Er hat vortragen lassen, es sei beabsichtigt, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein Musterstreitverfahren zur Frage der Rentenabschläge zu führen, und das Ruhen des Berufungsverfahren angeregt, um ein solches Musterverfahren vorbereiten zu können.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07.11.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 18.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 06.04.2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne versicherungsmathematischen Abschlag zu zahlen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat dem erneuten Ruhen des Verfahrens nicht zugestimmt und auf die Rechtsprechung des BVerfG verwiesen. Mit dem Beschluss vom 11.01.2011 sei die Verfassungsmäßigkeit der streitentscheidenden Norm (§ 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB VI) festgestellt worden.
Mit Beschluss vom 26.03.2012 hat der Senat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 30.12.2011 und vom 23.04.2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG - ohne mündliche Verhandlung und in der Besetzung mit der Berichterstatterin als Vorsitzender und den ehrenamtlichen Richtern, da der Rechtstreit durch Beschluss des Senats vom 26.03.2012 nach § 153 Abs. 5 SGG auf die Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden ist. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht bei der Berechnung des Rentenzahlbetrages den Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde gelegt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines Rentenbetrages auf der Grundlage einer Berechnung mit dem ungekürzten Zugangsfaktor 1,0.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, aufgrund welcher Vorschriften die Kürzung des Zugangsfaktors erfolgt ist und auf die nunmehr einhellige Rechtsprechung des BSG sowie die zum streitentscheidenden § 77 Abs. 2 SGB VI ergangene Entscheidung des BVerfG (Beschluss vom 11.01.2011 - 1 BvR 3588/08, 1 BvR 555/09 - juris) hingewiesen, wonach die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung auch dann mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn der Rentenbezug vor der Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt. Das BVerfG hat dies damit begründet, dass die Kürzung des Zugangsfaktors eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung der eigentumsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften sei. Nach Einführung der Abschläge bei vorzeitigem Bezug einer Altersrente durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2261) sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Versicherte anstelle einer gekürzten Altersrente bevorzugt eine Erwerbsminderungsrente beantragen würden. Mit der Einführung von Abschlägen in einem Umfang von höchstens 10,8 % bei der Erwerbsminderungsrente habe im Rahmen eines Gesamtkonzepts die Höhe der Erwerbsminderungsrenten gekürzt und den vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten angepasst werden sollen. Diese Kürzung der Erwerbsminderungsrenten sei auch verhältnismäßig, denn der Gesetzgeber habe, um die Wirkung der neuen Rentenabschläge zu mildern, mit dem Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827) die Zeit zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr, die zuvor nur zu einem Drittel angerechnet worden sei, in vollem Umfang als Zurechnungszeit bewertet. Dahinter habe die Überlegung gestanden, dass bei Versicherten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Erwerbsminderungsrente beantragen würden, eine Ausweichreaktion von vornherein ausscheide und diese Versicherten nicht übermäßig mit Kürzungen hätten belastet werden sollen. Wenn die Versicherten, deren Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres beginnen würde, jedoch nicht von der Absenkung des Zugangsfaktors erfasst würden, hätte aber die gleichzeitige Aufwertung der Zurechnungszeiten bewirkt, dass die Rentenansprüche des betroffenen Personenkreises sogar gestiegen und die Inanspruchnahme von Erwerbsminderungsrente attraktiver geworden wäre. Damit wäre das gesetzgeberische Ziel von Einsparungen zur Verbesserung der Finanzsituation in der Rentenversicherung in sein Gegenteil verkehrt worden.
Wie bereits das Sozialgericht schließt sich auch der Senat dieser Rechtsprechung an. Mit seiner Absicht, ein Musterstreitverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot zu führen, hat der Kläger die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts nicht substantiiert in Frage gestellt. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Gerichtsbescheid Bezug.
Die Berufung des Klägers bleibt deshalb erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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