L 11 KR 5394/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 4027/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5394/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.10.2010 sowie die Bescheide der Beklagten vom 22.08.2005, 22.09.2005 und 27.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2007 insoweit aufgehoben, als darin Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für die Zeit vom 01.01. bis 30.11.2005 von mehr als 1.228,47 EUR, Säumniszuschläge für die Zeit bis Juni 2007 von mehr als 243,50 EUR, Mahn- und Vollstreckungskosten und Gerichtsvollzieherkosten festgesetzt werden.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen trägt die Beklagte ein Viertel.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin wegen einer Mitgliedschaft als Rentenantragstellerin in der Gesetzlichen Krankenversicherung der Beklagten vom 01.01.2005 bis 30.11.2005 Beiträge sowie Säumniszuschläge und Gerichtsvollzieherkosten zu zahlen hat.

Die am 19.01.1947 geborene Klägerin beantragte am 30.12.2004 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Mit Bescheid vom 24.01.2005 teilte die Beklagte und die Pflegekasse der Klägerin mit, sie sei seit dem 01.01.2005 als Rentenantragstellerin bei ihr kranken- und pflegeversichert und setzte den monatlichen, ab 01.01.2005 zu zahlenden Beitrag auf 127,60 EUR fest. Die Klägerin leistete in der Folgezeit keine Zahlungen, weshalb die Beklagte mehrere Mahnschreiben erließ.

Auf Nachfrage teilte die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Schreiben vom 29.07.2005 der Beklagten mit, die von der Klägerin beantragte Rente sei mangels Mitwirkung der Klägerin mit Bescheid vom 07.06.2005 versagt worden.

Mit Schreiben vom 22.09.2005 teilten die Beklagte und die Pflegekasse der Klägerin daraufhin die offenen Beiträge zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 11.07.2005 über insgesamt 799,53 EUR mit und gaben an, die Klägerin habe weitere 33,00 EUR an Säumniszuschlägen zu zahlen.

Mit der Klägerin am 27.09.2005 zugestelltem Bescheid vom 22.09.2005 setzten die Beklagte und die Pflegekasse die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 11.07.2005 auf insgesamt 799,53 EUR, die bis 15.09.2005 angefallenen Säumniszuschläge auf insgesamt 40,50 EUR fest und verlangten von der Klägerin weitere Kosten und Gebühren iHv 5,60 EUR; mithin forderten sie die Klägerin auf, 845,63 EUR zu bezahlen.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 24.10.2005 Widerspruch ein. Sie führte aus, das Rentenverfahren werde auf ihren Widerspruch hin weiter betrieben. Sie gehe daher davon aus, dass die fälligen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von der Rentenversicherung zu übernehmen seien. Überdies habe sie nicht gewusst, dass sie seit Januar 2005 bei der Beklagten versichert sei. Sie habe kein Einkommen.

Mit Bescheid vom 26.01.2006 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Bund die beantragte Rentengewährung ab. Hiergegen erhob die Klägerin erneut Widerspruch.

Nachdem die Beklagte von der Deutschen Rentenversicherung Bund entsprechend informiert worden war, teilten die Beklagte und die Pflegekasse mit einem der Klägerin am 02.03.2006 zugestellten Bescheid vom 27.02.2006 mit, diese sei rückwirkend ab 12.07.2005 als Rentenantragstellerin versichert. Sie setzten den Beitrag zur Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung für die Zeit vom 12.07.2005 bis zum 31.01.2006 auf insgesamt 830,76 EUR und die bis 07.02.2006 angefallenen Säumniszuschläge auf 30,00 EUR fest. An weiteren Kosten und Gebühren verlangten sie von der Klägerin weitere 5,60 EUR, mithin insgesamt einen Betrag von 866,36 EUR.

Mit Schreiben vom 20.03.2006 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Sie habe in der Zeit von Januar 2005 bis Februar 2006 keinerlei Einnahmen gehabt, aus denen sie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge leisten könne. Ab 28.02.2006 habe sie einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II gestellt. Ab diesem Zeitpunkt bestehe daher eine beitragsfreie Pflichtversicherung

Die Beklagte und die Pflegekasse teilten der Klägerin mit Schreiben vom 06.04.2006 die offenen Forderungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 28.02.2006 wie folgt mit: Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge 1.756,88 EUR Säumniszuschläge 87,50 EUR Kosten und Gebühren 11,20 EUR Gesamtbetrag 1.855,58 EUR

Mit Teilabhilfebescheid vom 05.12.2006 gewährte die Deutsche Rentenversicherung Bund der Klägerin ab dem 01.12.2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Seither ist die Klägerin in der Krankenversicherung der Rente gemäß § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V bei der Beklagten pflichtversichert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2007 wiesen der gemeinsame Widerspruchsausschuss der Beklagten und deren Pflegekasse die Widersprüche der Klägerin zurück. Die Klägerin sei vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2005 als Rentenantragstellerin bei ihnen pflichtversichert gewesen, wofür sie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge über insgesamt 1.383,13 EUR zuzüglich Säumniszuschläge iHv 281,00 EUR, zuzüglich Mahn- und Vollstreckungskosten iHv 16,80 EUR sowie Gerichtsvollzieherkosten iHv 26,50 EUR zu entrichten habe.

Am 13.08.2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und vorgetragen, sie sei im Zeitraum der Rentenantragstellung beitragsfrei versichert gewesen, weshalb von ihr auch keine Beiträge zu leisten seien. Im Zeitraum vom 12.07.2005 bis 30.11.2005 habe eine Vorrangversicherung durch die Bundesagentur für Arbeit bestanden. Darüber hinaus habe sie seit Juli 2007 Ratenzahlungen iHv insgesamt ca. 2.500,00 EUR geleistet und damit die von der Beklagten festgesetzte Beitragsforderung beglichen.

Die Agentur für Arbeit K. hat dem SG mitgeteilt, die Klägerin sei im Zeitraum vom 12.07.2005 bis 30.11.2005 nicht arbeitslos gemeldet gewesen und habe auch keine Leistungen bezogen. Die Klägerin habe erstmals am 28.02.2006 einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II gestellt und diese Leistung in der Zeit vom 28.02.2006 bis 31.01.2007 auch bezogen. Im Antrag sei vom Sachbearbeiter vermerkt worden, dass die Klägerin bisher von ihrer Mutter mitversorgt worden sei. Eine Antragstellung im Jahr 2005 sei nicht festzustellen.

Die Beklagte hat dem SG mit Schreiben vom 06.02.2009 mitgeteilt, dass sich die Forderung auf 1.383,13 EUR an Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zuzüglich Säumniszuschlägen (243,50 EUR), Mahn- und Vollstreckungskosten sowie Gerichtsvollzieherkosten (2,90 EUR), mithin auf insgesamt 1.629,53 EUR belaufe. Hierauf habe die Klägerin 1.845,56 EUR gezahlt, weshalb ihr 216,13 EUR erstattet worden seien. Zugunsten der Klägerin verzichte die Beklagte auf die Berechnung weiterer, bis zur vollständigen Tilgung der Forderung entstehender Säumniszuschläge.

In der mündlichen Verhandlung am 20.04.2009 hat die Beklagte erklärt, die in den angefochtenen Bescheiden ausgewiesenen Mahn- und Vollstreckungskosten iHv 16,80 EUR würden nicht mehr geltend gemacht. Des Weiteren sei für den Monat Juli 2005 versehentlich ein Beitrag in Höhe von 4,18 EUR zu viel verlangt worden. Der Klägerin würden daher insgesamt 20,98 EUR zurückerstattet. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen. Die Beteiligten haben des Weiteren durch Teilvergleich bestimmt, dass Gegenstand der Klage lediglich die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung seien. Für den Fall des Obsiegens der Klägerin hat sich die Beklagte bereit erklärt, im Namen der Pflegekasse die erhobenen Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung entsprechend dem Obsiegen anzupassen.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.10.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Streitgegenstand seien aufgrund des geschlossenen Teilvergleichs lediglich die von der Beklagten festgesetzten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung einschließlich der geltend gemachten Kosten, Gebühren und Säumniszuschläge. Zu Recht habe die Beklagte im angefochtenen Bescheid Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.11.2005 gegenüber der Klägerin festgesetzt. Über den Zeitraum vom 01.12.2005 bis 31.01.2006 sei nicht mehr zu entscheiden. Zwar habe die Beklagte mit Bescheid vom 27.02.2006 auch für diesen Zeitraum Beiträge erhoben, im Widerspruchsbescheid habe sie jedoch klargestellt, dass die Klägerin aufgrund der angefochtenen Beitragsbescheide vom 22.08.2005 und 27.02.2006 lediglich noch für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.11.2005 Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu entrichten habe. Streitgegenstand sei damit nur dieser Zeitraum. Die Klägerin sei gemäß § 189 Abs. 1 SGB V im streitigen Zeitraum als Rentenantragstellerin bei der Beklagten pflichtversichert gewesen. Eine diese Versicherungspflicht verdrängende Vorrangversicherung habe sich für die Zeit vom 12.07.2005 bis zum 30.11.2005 nicht nachweisen lassen. Für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in dieser Zeit mit der Folge, dass gemäß § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V eine Pflichtversicherung bestehen würde, fänden sich in den beigezogenen Akten keine Anhaltspunkte. Auch nach Auskunft der für die Leistungen nach dem SGB II zuständigen Agentur für Arbeit K. habe die Klägerin in der Zeit vom 12.07.2005 bis 31.01.2006 von dort weder Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II noch Arbeitslosengeld nach dem SGB III erhalten. Das Gericht messe dieser Auskunft und den beigezogenen Aktenunterlagen einen höheren Beweiswert zu als dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Beklagten an die Deutsche Rentenversicherung Bund vom 27.03.2007, wonach sich durch eine Meldung der Arbeitsagentur für den Zeitraum vom 12.07.2005 bis 30.11.2005 die Forderung verringert habe. Da die Klägerin die Einsicht in ihre Kontounterlagen verweigert habe, bleibe die Frage, ob die Klägerin im Zeitraum vom 12.07.2005 bis 30.11.2005 aufgrund einer Vorrangversicherung wegen des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II oder SGB III versicherungspflichtig war, ungeklärt. Mangels weiterer Aufklärungsmöglichkeiten gehe die Nichtaufklärbarkeit dieser Tatsache vorliegend zu Lasten der Klägerin, die sich auf die für sie günstige Tatsache berufen hat. Auch die Höhe der festgesetzten Beiträge zur Krankenversicherung sei nicht zu beanstanden. Die ursprüngliche Beitragsforderung von insgesamt 1.383,13 EUR Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sei von der Beklagten durch Teilanerkenntnis vom 20.04.2009, welches die Klägerin angenommen habe, um 4,18 EUR auf 1.378,95 EUR reduziert worden. Hierauf entfielen Krankenversicherungsbeiträge iHv insgesamt 1.228,43 EUR. An der Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Säumniszuschläge bestünden keine Zweifel. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 06.02.2009 mitgeteilt, dass die ursprünglich geltend gemachten Säumniszuschläge von 280,00 EUR auf 243,50 EUR reduziert worden seien. Diese Summe sei in der Höhe nicht zu beanstanden. Ausgehend von einer Beitragsforderung zur Krankenversicherung von monatlich 111,90 EUR, bzw. 111,09 EUR ab September 2005 errechneten sich Säumniszuschläge von 1,00 EUR im März 2005, von 2,00 EUR im April 2005, von 3,00 EUR im Mai 2005, von 4,00 EUR im Juni 2005, von 5,50 EUR im Juli 2005, von 6,50 EUR im August 2005, von 7,00 EUR im September 2005, von 8,50 EUR im Oktober 2005, von 10,00 EUR im November 2005, von 11,0 EUR im Dezember 2005 und von jeweils 12,00 EUR ab Januar 2006. Insgesamt errechnen sich daher bis Juni 2007 Säumniszuschläge für nicht gezahlte Krankenversicherungsbeiträge von 274,50 EUR. Die von der Beklagten geltend gemachten Säumniszuschläge in geringerer Höhe seien mithin nicht zu beanstanden. Schließlich begegneten die von der Beklagten geltend gemachten Gerichtsvollzieherkosten ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 06.02.2009 mitgeteilt, dass diese, ursprünglich iHv 26,50 EUR geltend gemachten Kosten auf 2,90 EUR reduziert worden seien. Dieser Betrag sei dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden. Habe die Beklagte gemäß § 66 SGB X die Vollstreckung in entsprechender Anwendung der ZPO vom Gerichtsvollzieher durchführen lassen, der hierfür der Beklagten 18,00 EUR in Rechnung gestellt habe, habe die Beklagte diese Kosten zulässigerweise durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin festsetzen können. Denn gemäß § 788 Abs 1 ZPO fielen die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung dem Schuldner zur Last und würden zugleich mit dem Anspruch, der der Zwangsvollstreckung zugrunde liegt, beigetrieben. Da die Beklagte Gerichtsvollzieherkosten iHv 18,00 EUR hätte geltend machen können, seien die endgültig von ihr verlangten Kosten über 2,90 EUR nicht zu beanstanden.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 15.10.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.11.2010 beim SG, beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 22.11.2010 eingegangen, Berufung eingelegt. In Deutschland habe es 2005 kein Gesetz gegeben, das besage, dass ein in Deutschland geborener und lebender Mensch gezwungen und gesetzlich verpflichtet sei, sich krankenversichern zu müssen. Deshalb entbehre der vorliegende Prozess jeglicher gesetzlicher Grundlage. Ab Dezember 2005 habe sie eine Rente erhalten und frage sich, weshalb sie dann ab Dezember 2005 Säumniszuschläge bezahlen müsse.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.10.2010 sowie die Bescheide vom 22.09.2005 sowie 27.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2007 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 20.04.2009 aufzuheben.

Die Beklagten beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat ausgeführt, eine Versicherungspflicht als Rentenantragsteller komme nur dann nicht in Betracht, wenn eine Vorrangversicherung, ein Ausschlusstatbestand oder Versicherungsfreiheit nach § 6 SGB V vorliegt. Derartige Umstände lägen aber nicht vor. Gemäß § 239 SGB V werde bei Rentenantragstellern die Beitragsbemessung für die Zeit der Rentenantragstellung bis zum Beginn der Rente durch die Satzung geregelt; § 240 SGB V gelte entsprechend. Nach § 19 Abs 3 der Satzung der AOK Baden-Württemberg werde für Rentenantragsteller die Beitragsbemessung wie bei freiwilligen Mitgliedern durchgeführt. Die monatliche Bezugsgröße habe im Jahr 2005 2.415 EUR betragen. Die Mindestbemessungsgrundlage für die Beiträge von Rentenantragstellern habe hiernach monatlich 805,00 EUR betragen. Der Beitragssatz zur Krankenversicherung habe sich nach der Kassensatzung ab 01.01.2005 auf 13,9 %, ab 01.09.2005 auf 13,8 % und in der in der Pflegeversicherung auf 1,7 % belaufen.

Mit Schriftsatz vom 05.04.2012 hat die Beklagte ausgeführt, die Klägerin habe die maßgebliche Vorversicherungszeit erfüllt. An Kosten für den Gerichtsvollzieher würden insgesamt 59,60 EUR geltend gemacht. Zwar sei ein entsprechender Bescheid der Beklagten zu diesen Kosten nicht ergangen, doch seien die Kosten nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz gesetzlich festgelegt, weshalb kein Bescheid erlassen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber nur teilweise begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen.

Gegenstand der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) sind die Bescheide der Beklagten vom 22.09.2005 und 27.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2007 in der Fassung des von der Klägerin angenommenen Teilanerkenntnisses vom 20.04.2010 und in dem vom Teilvergleich vom 20.04.2010 vorgegebenen Umfang. Mit den angefochtenen Bescheiden in der Gestalt des Widerspruchsbescheids hat die Beklagte und deren Pflegekasse die Pflicht der Klägerin zur Zahlung von Beiträgen zur Gesetzlichen Kranken- sowie zur Sozialen Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.01.2006 sowie darauf entfallende Säumniszuschläge, Kosten und Gebühren festgesetzt. Zwar hat die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 12.07.2006 den Widerspruch zurückgewiesen, doch hat sie in der Begründung des Widerspruchsbescheids den zu verbeitragenden Zeitraum auf die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2005 reduziert und lediglich noch die darauf entfallenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung iHv 1.383,13 EUR zuzüglich 281,00 EUR an Säumniszuschlägen, 16,80 EUR an Mahn- und Vollstreckungskosten und 26,50 EUR an Gerichtsvollzieherkosten verlangt. Insoweit hat die Beklagte in Folge der seit 01.12.2005 bestehenden Versicherungspflicht wegen des Rentenbezugs nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V die auf die Zeit ab dem 01.12.2005 entfallende Beitragsforderung aus dem Bescheid vom 27.02.2006 aufgehoben und somit dem Widerspruch teilweise abgeholfen. Dies hat die Beklagte gegenüber dem SG auch nochmals so bestätigt (vgl Schreiben vom 06.02.2009). Damit beschränkt sich der vorliegend streitige Beitragszeitraum auf die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2005.

Durch angenommenes Teilanerkenntnis haben die Beteiligten des Weiteren den Streitgegenstand reduziert um die von der Beklagten und deren Pflegekasse zuvor geforderten Mahn- und Vollstreckungskosten (in den angefochtenen Bescheiden als Kosten und Gebühren bezeichnet) iHv 16,80 EUR sowie um eine Beitragsforderung iHv 4,18 EUR. Des Weiteren hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.02.2009 gegenüber dem SG erklärt (vgl die dortige Berechnung), Gerichtsvollzieherkosten nur noch iHv 2,90 EUR geltend zu machen. Durch den vor dem SG geschlossenen Teilvergleich wurde der Streitgegenstand darüber hinaus in zulässiger Weise auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung zur Gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt. Mit dieser an sich zulässigen Beschränkung des Streitgegenstandes war aber nicht gemeint, dass nur die Beiträge zur Krankenversicherung bei der Beklagten streitgegenständlich sein sollen. Vielmehr sollten nach der Vorstellung der Beteiligten auch die als Annex zu den Beiträgen entstandenen und von der Beklagten geltend gemachten Säumniszuschläge und Gerichtsvollzieherkosten zum Streitgegenstand gehören, soweit diese mit den Krankenversicherungsbeiträgen zusammenhängen.

Das SG hat diese Begrenzung des Streitgegenstandes beachtet. Denn es hat nur über die Beitragspflicht und die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung, die auf die Krankenversicherungsbeiträge entfallenden Säumniszuschläge und die Gerichtsvollzieherkosten entschieden. Letztere wurden von der Beklagten, wie zuletzt noch mit Schriftsatz vom 05.04.2012 iHv 59,60 EUR geltend gemacht. Da diese Gerichtsvollzieherkosten jedoch nicht auf die Pflegeversicherungsbeiträge und die Krankenversicherungsbeiträge aufteilbar sind, sondern insgesamt anfallen, sind diese vorliegend in vollem Umfang dem im Teilvergleich als "Beiträge zur Krankenversicherung" bezeichneten Streitgegenstand zuzuordnen, sodass der Senat hierüber auch in vollem Umfang zu entscheiden hat.

Die Berufung ist begründet, soweit sich die Klägerin gegen die Geltendmachung von Gerichtsvollzieherkosten wendet. Zwar hat das SG zutreffend ausgeführt, dass Kosten der Vollstreckung nach den Regelungen der ZPO gemäß § 788 Abs 1 ZPO vom Schuldner, hier von der Klägerin, zu tragen sind. Doch - unabhängig von der Frage, ob solche Kosten, die nach fruchtloser Vollstreckung gemäß § 13 Abs 1 und 2 Gerichtsvollzieherkostengesetz vom beauftragenden Gläubiger und dem Vollstreckungsschuldner als Gesamtschuldner zu tragen sind, durch Verwaltungsakt festgesetzt werden können - hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden diese Kosten gerade nicht festgesetzt (vgl dazu auch deren Schriftsatz vom 05.04.2012). Erstmals im Widerspruchsbescheid wurden diese Kosten iHv 26,50 EUR iS einer Regelung eigenständig festgesetzt; diese Kostenfestetzung wird von der Rechtsqualität des Widerspruchsbescheids als Verwaltungsakt erfasst. Damit hat der Widerspruchsausschuss der Beklagten und deren Pflegekasse die von der Klägerin mit Widerspruch angefochtenen Bescheide verbösert. Dies ist jedenfalls außerhalb der Regelungen der §§ 44 ff SGB X, die vorliegend nicht erfüllt sind, nicht zulässig (zur sog "reformatio in peius" vgl zB BSG 05.05.1993, 9/9a RVs 2/92, SozR 3-3870 § 4 Nr 5). Der Widerspruchsausschuss ist insoweit funktional und sachlich unzuständig, erstmals und an Stelle der Ausgangsbehörde und damit "erstinstanzlich" über die Begründung einer der Klägerin nachteiligen Pflicht iSd § 31 SGB I - hier die Zahlung von Gerichtsvollzieherkosten - zu entscheiden. Da die Geltendmachung der Gerichtsvollzieherkosten im Widerspruchsbescheid dessen Rechtsqualität teilt, hat die Beklagte vorliegend auch nicht lediglich und ohne Verwaltungsaktsqualität eine Leistung der Klägerin gefordert sondern vielmehr eine erstmalige Regelung gesetzt; ob die Beklagte außerhalb eines Widerspruchsbescheids mit oder ohne Verwaltungsakt berechtigt war, die Gerichtsvollzieherkosten geltend zu machen, musste daher nicht entscheiden werde. Damit war der Gerichtsbescheid des SG sowie der angefochtene Widerspruchsbescheid teilweise - iHv 26,50 EUR - aufzuheben; die angefochtenen Bescheide beinhalten diese "Belastung" der Klägerin nicht, weshalb diese nicht - auch nicht teilweise - aufzuheben waren. Darüber hinaus wurden die Gerichtsvollzieherkosten bereits beglichen. Wie die Beklagte im Schriftsatz vom 03.04.2009 (Bl 57/59 der SG-Akte) ausgeführt hat, verwendete sie eine Zahlung des Gerichtsvollziehers in Höhe 58,60 EUR zur Tilgung angefallener Kosten.

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.04.2012 Gerichtsvollzieherkosten iHv 59,60 EUR, mithin gegenüber dem Widerspruchsbescheid also weitere 33,10 EUR geltend macht, sind diese nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Denn weder sind diese Kosten iHv 33,10 EUR vom angefochtenen Widerspruchsbescheid erfasst, noch hat die Beklagte insoweit beim LSG eine zulässige Klage oder Widerklage erhoben. Ob diese Kosten noch offen sind und ob die Beklagte daher ohne Bescheid diese Kosten geltend machen durfte, musste damit vorliegend nicht entschieden werden.

Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

Die Klägerin war vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2005 als Rentenantragstellerin Pflichtmitglied der Beklagten (§ 189 Abs 1 SGB V). Nach Satz 1 dieser Vorschrift gelten Personen, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt haben und die Voraussetzungen nach § 5 Abs 1 Nr 11 und 12 und Abs 2 SGB V, jedoch nicht die Voraussetzungen für den Bezug der Rente erfüllen, als Mitglieder. Dies gilt gemäß § 189 Abs 1 Satz 2 SGB V nicht für Personen, die nach anderen Vorschriften versicherungspflichtig oder nach § 6 Abs 1 SGB V versicherungsfrei sind. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V, denn sie war seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit am 01.05.1962 bis zur Stellung des Rentenantrags am 30.12.2004 mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (Beginn der zweiten Hälfte der Rahmenfrist am 03.09.1983; 9/10 der zweiten Hälfte der Rahmenfrist: 19 Jahre 2 Monate 15 Tage; Anrechenbare Zeiten aus eigener Versicherung bei einer Gesetzlichen Krankenkasse seit 03.09.1983: 21 Jahre 3 Monate 3 Tage (vgl Schreiben der Beklagten vom 05.04.2012)). Sie war auch weder nach § 6 SGB V versicherungsfrei noch war die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2005 nach anderen Vorschriften versicherungspflichtig.

Versicherungspflicht - nun nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V - trat erst mit Wirkung zum 01.12.2005, mit Beginn der Rente, ein. Zuvor konnte der Senat - wie auch schon das SG - eine anderweitige und gegenüber der Mitgliedschaft als Rentenantragstellerin vorrangige Versicherungspflicht nicht feststellen. Insbesondere war die Klägerin nicht nach § 5 Abs 1 Nr 2 oder 2a SGB V versicherungspflichtig. Denn sie war im streitigen Zeitraum weder arbeitslos gemeldet noch hat sie Leistungen nach dem SGB III oder dem SGB II iSd dort genannten Vorschriften bezogen. Alleine die bloße Mitteilung der Beklagten an die Deutsche Rentenversicherung zu einer Arbeitslosmeldung, die aber von der zuständigen Agentur für Arbeit nicht bestätigt werden konnte, reicht nicht aus um eine vorrangige Versicherungspflicht iSd § 5 Abs 1 Nr 2 bzw 2a SGB V annehmen zu können. Zwar hat die Klägerin von 2000 wohl bis 31.12.2004 Leistungen nach dem SGB III (zunächst Arbeitslosengeld, später Arbeitslosenhilfe) bezogen, doch stand sie, nachdem sie keinen Alg-II-Antrag gestellt hatte, ab dem 01.01.2005 nicht mehr im Leistungsbezug (weder seitens der Bundesagentur für Arbeit noch des Landratsamtes K.), wie die vom SG befragte Bundesagentur für Arbeit mit Schreiben vom 10.12.2008 mitgeteilt hatte. Die Klägerin war in der streitigen Zeit im Übrigen auch nicht familienversichert. Damit dauerte die gemäß § 189 Abs 1 SGB V gesetzlich begründete Pflichtmitgliedschaft vom Tag der Stellung des Rentenantrags (§ 189 Abs 2 Satz 1 SGB V) bis zum Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V am 01.12.2005. Somit war die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.11.2005 Pflichtmitglied der Beklagten.

Nach § 220 Abs 1 SGB V sind die Mittel der GKV durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufzubringen. Die Beiträge sind gemäß § 223 Abs 1 SGB V für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit das SGB V - zB in § 225 SGB V - nichts Abweichendes bestimmt. Gemäß § 223 Abs 2 Satz 1 SGB V werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Hierzu enthält § 239 SGB V in der vom 01.01.1989 bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung nähere Bestimmungen: "Bei Rentenantragstellern wird die Beitragsbemessung für die Zeit der Rentenantragstellung bis zum Beginn der Rente durch die Satzung geregelt. Dies gilt auch für Personen, bei denen die Rentenzahlung eingestellt wird, bis zum Ablauf des Monats, in dem die Entscheidung über Wegfall oder Entzug der Rente unanfechtbar geworden ist. § 240 gilt entsprechend." Nach § 19 Abs 3 der im streitigen Zeitraum maßgeblichen Satzung der Beklagten wird für Rentenantragsteller die Beitragsbemessung wie bei freiwilligen Mitgliedern durchgeführt. Nachdem die Klägerin im streitigen Zeitraum keinerlei Einkünfte erzielt hatte, musste der Beitragsbemessung gemäß § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V ein kalendertägliches Mindesteinkommen iH des 90. Teils der monatlichen Bezugsgröße zugrunde gelegt werden. Damit war der monatliche Krankenversicherungsbeitrag aus einem monatlichen Mindesteinkommen iHv (2.415,00 EUR: 90 x 30 =) 805,00 EUR sowie unter Ansetzung des jeweils maßgeblichen Beitragssatzes der Beklagten (ab 01.01.2005: 13,9%; ab 01.09.2005: 13,8 %) zu berechnen. Hieraus ergibt sich ein monatlicher Krankenversicherungsbeitrag (ab 01.01.2005) iHv 111,90 EUR bzw (ab 01.09.2005) iHv 111,09 EUR. Diesen hat die Beklagte zutreffend errechnet und die Summe zutreffend auf 1.228,43 EUR bestimmt. Insoweit nimmt der Senat auf die auf Blatt 3 der Verwaltungsakten befindliche Berechnung Bezug.

Die Klägerin ist auch nicht nach § 225 Satz 1 SGB V beitragsfrei. Nach dieser Vorschrift ist die Mitgliedschaft der Rentenantragsteller beitragsfrei, wenn der Rentenantragsteller (1.) als hinterbliebener Ehegatte eines nach § 5 Abs 1 Nr 11 oder 12 SGB V versicherungspflichtigen Rentners, der bereits Rente bezogen hat, Hinterbliebenenrente beantragt, (2.) als Waise eines nach § 5 Abs 1 Nr 11 oder 12 SGB V versicherungspflichtigen Rentners, der bereits Rente bezogen hat, vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres Waisenrente beantragt oder (3.) ohne die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 oder 12 SGB V nach § 10 SGB V oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) versichert wäre. Da die Klägerin eine Erwerbsminderungsrente beantragt hatte, unterfällt sie nicht den auf eine Hinterbliebenenrente abstellenden Fallgestaltungen des § 225 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB V. Die Klägerin wäre auch ohne eine Versicherungspflicht nicht familienversichert, weder nach § 10 SGB V noch nach § 7 KVLG, sodass auch die Voraussetzungen der Beitragsfreiheit nach § 225 Satz 1 Nr 3 SGB V nicht erfüllt sind. Damit hatte die Klägerin für die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung bei der Beklagten die von der Beklagten zutreffend festgesetzten Beiträge zu zahlen.

Dass die Klägerin - auch nach Auskunft der Beklagten - die Beiträge ab Juli 2007 in Raten, schlussendlich aber vollständig bezahlt hat, macht die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig. Denn durch die Bezahlung der Beiträge wird die bestehende Schuld zwar erfüllt, doch beseitigt die Erfüllung nicht die zugrundeliegende Schuld dem Grunde und der Höhe nach sondern wandelt den Anspruch lediglich um in den Grund für das Behaltendürfen des Geleisteten durch den Gläubiger. Insoweit führt die Erfüllung einer Beitragsschuld nicht dazu, dass die Festsetzung der Beiträge rechtswidrig werden würde.

Entgegen der Auffassung der Klägerin, es habe kein Gesetz gegeben, das sie in die Krankenversicherung zwinge, ist die Klägerin nach §§ 189 Abs 1 Satz 1, 5 Abs 1 Nr 11 SGB V Pflichtmitglied der Beklagten gewesen und hatte dafür Beiträge zu bezahlen. Die die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung der Beklagten bestimmende Regelung des § 189 SGB V sowie die daraus folgende Beitragspflicht gemäß § 239 SGB V sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Regelung des § 189 SGB V will verhindern, dass während eines Rentenverfahrens mit ungewissem Ausgang Unsicherheiten über den Versicherungsschutz auftreten und eine Lücke im Versicherungsschutz entsteht (LSG Saarland 25.05.2005, L 2 KR 24/02, juris Rdnr 30). Der Gesetzgeber hat sich daher dafür entschieden, unter bestimmten Voraussetzungen diejenigen als Mitglieder gelten zu lassen, die eine Rente beantragt haben (Peters in Kasseler Kommentar, § 189 SGB V Rdnr 2). Ohne diese formale Mitgliedschaft könnte entweder Versicherungsschutz erst mit der positiven Entscheidung über den Rentenantrag, gegebenenfalls rückwirkend, eingeräumt werden oder ein zunächst unterstellter Versicherungsschutz würde bei Ablehnung der Rente oder einem späteren Rentenbeginn entfallen (LSG aaO). Ob und gegebenenfalls für welche Zeit eine reguläre oder eine formale Mitgliedschaft bestand, entschiede sich dann mit der Entscheidung über den Rentenantrag (Baier in Krauskopf - Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, § 189 SGB V Rdnr 2). Der in § 225 SGB V angeordneten Beitragsfreiheit bestimmter Gruppen von Rentenantragstellern, zu denen die Klägerin nicht gehört, liegt bei Anträgen auf Witwenrente oder Waisenrente (§ 225 Satz 1 Nrn 1 und 2) die Vorstellung zu Grunde, dass, weil der verstorbene Versicherte selbst schon in Rentenbezug und als Rentner versichert war, der Bezug der genannten Hinterbliebenenrente und durch sie die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner damit sicher sind (LSG aaO Rdnr 39; Böttiger in Krauskopf - Gesetzliche Krankenversicherung - Pflegeversicherung, § 225 Rdnr 3). Im Fall des § 225 Satz 1 Nr 3 SGB V bestünde ohne die Versicherung als Rentenantragsteller für ihn eine beitragsfreie Versicherung als Familienangehöriger (§§ 10, 3 Satz 3 SGB V). Deshalb soll der bisher beitragsfrei versicherte Rentenantragsteller auch wegen der Rentenantragstellung nicht mit Beiträgen belastet werden (Peters in Kasseler Kommentar, § 225 SGB V Rdnr 2; Böttiger aaO). Gehört ein Rentenantragsteller nicht zu diesen Personengruppen, ist er nicht vor einer Pflicht zur Beitragszahlung zu schützen. Insoweit liegen sachgerechte Gründe für eine Beitragsbefreiung gerade dieser drei Personengruppen vor, die darin wurzeln, dass entweder der spätere Rentenbezug sicher ist oder bereits eine beitragsfreie Versicherungspflicht besteht (LSG aaO Rdnr 39). Eine vergleichbare und damit bezüglich der Verpflichtung zur Gleichbehandlung in Art 3 Abs 1 GG gleich zu behandelnde Situation ist damit bei der Klägerin nicht gegeben. Bei ihr war es vielmehr bei Rentenantragstellung unklar, ob sie die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung erfüllt oder nicht - wie sich gezeigt hat, waren gerade die Voraussetzungen der begehrten Rente auch erst ab 01.12.2005 erfüllt. Erst nach entsprechender Überprüfung der gesundheitlichen Voraussetzungen wurde eine Erwerbsminderungsrente gezahlt, allerdings erst ab einem Zeitpunkt nach Rentenantragstellung. Dass sie in der Zwischenzeit mit Pflichten zur Beitragszahlung wie ein freiwillig versichertes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung belastet war, ist eine wertende Entscheidung des Gesetzgebers, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist und die nicht zu einer Beitragsfreiheit zu Lasten der Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten führt (so auch LSG aaO Rdnr 39). Damit konnte der Senat im Hinblick auf die gesetzlich bestimmte Pflichtmitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung bei der Beklagten wie auch hinsichtlich der daraus folgenden Beitragspflicht der Klägerin eine Verletzung von Grundrechten der Klägerin nicht feststellen.

Die Klägerin hat auch auf die im streitigen Zeitraum nicht bezahlten Krankenversicherungsbeiträge Säumniszuschläge zu bezahlen. Gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der vom 01.01.2002 bis zum 31.12.2005 wie auch in der vom 01.01.2006 bis zum 31.03.2007 geltenden Fassung ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen auf 50,00 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Die Klägerin hat im gesamten streitigen Zeitraum keine Beiträge bezahlt. Die erste Rate auf die offenen Beiträge hat sie erst im Juli 2007 zunächst durch Zahlung an den Gerichtsvollzieher (vgl Blatt 36 der SG-Akten), dann mit Überweisung vom 30.07.2007 (vgl den Überweisungsbeleg auf Blatt 43 der SG-Akten), die bei der Beklagten am 02.08.2007 eingegangen ist (vgl Blatt 36 der SG-Akten), bezahlt. Eine frühere Zahlung durch die Klägerin konnte der Senat auch trotz der von der Klägerin vorgelegten Kontoauszüge und Überweisungsträger nicht feststellen, denn Überweisungen an das Landratsamt K. oder an "L." (dazu vgl Blatt 41 ff, 52 der SG-Akten) sind keine Zahlungen an die Beklagte.

Dass die Klägerin bzw der Rentenversicherungsträger ab dem 01.12.2005 aus der dann bezogenen Rente Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner abgeführt haben, führt nicht dazu, dass die Klägerin hinsichtlich der vorliegend streitigen Beiträge nicht mehr säumig gewesen wäre. Denn die aus der Rente abgeführten Beiträge waren auf eine andere Beitragsschuld, nämlich die Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner ab dem 01.12.2005, gezahlt worden. Sie konnten damit nicht zur Erfüllung der zuvor schon entstandenen Beitragsforderung für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2005 verwendet werden. Damit war die Klägerin auch über den 30.11.2005 hinaus mit der bis dahin entstandenen Beitragsforderung säumig. Die Beklagte hat Säumniszuschläge nur bis Juni 2007 geltend gemacht, obwohl die aufgelaufene Beitragsforderung zu diesem Zeitpunkt noch nicht in vollem Umfang beglichen war. Bis Juni 2007 sind Säumniszuschläge alleine auf die Krankenversicherungsbeiträge in der vom SG im Gerichtsbescheid zutreffend berechneten und dargestellten Höhe angefallen (274,50 EUR); auf die zutreffende Berechnung durch das SG wird Bezug genommen (zu den Möglichkeiten der Berechnung vgl Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Auflage 2011, § 24 Rdnr 37 ff). Da die Beklagte zuletzt jedoch Säumniszuschläge nur iHv 243,50 EUR und damit einen geringeren Betrag als rechtlich möglich geltend gemacht hat (vgl Blatt 35, 37 der SG Akten), ist die Festsetzung der Säumniszuschläge auf die offenen Krankenversicherungsbeiträge in dieser Höhe nicht zu beanstanden.

Die Säumniszuschläge entfallen auch nicht nach § 24 Abs 2 SGB IV. Danach ist ein Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Zwar hat die Klägerin angegeben, keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt zu haben. Diesem Vorbringen kann der Senat nicht folgen. Denn die Beklagte hatte mit Schreiben vom 24.01.2005, das der Klägerin zugegangen war, diese sowohl auf die Mitgliedschaft in der Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung als Rentenantragstellerin als auch auf die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegversicherung mit einem monatlichen Beitrag iHv 127,60 EUR hingewiesen. Damit hatte die Klägerin Kenntnis von der Zahlungspflicht. Hat sie diese Beiträge nicht bezahlt, kann sie sich nicht auf Unkenntnis berufen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in geringem Umfang obsiegt hat. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid den Widerspruch zwar formal insgesamt zurückgewiesen, in der Sache aber nur noch Beiträge bis zum 30.11.2005 verlangt.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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