Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
71
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 211/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beschluss des Beklagten vom 23. Februar 2011, soweit er in seiner Nummer 8 die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V auf 300 Behandlungsfälle pro Jahr begrenzt, wird abgeändert. Der Beklagte wird verpflichtet, die Zahl der Behandlungsfälle der Klägerin auf 600 Fälle pro Jahr zu begrenzen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den für die Lehre und Forschung erforderlichen Umfang der Ermächtigung einer Hochschulambulanz an einem Psychologischen Universitätsinstitut.
Die Hochschulambulanz für Psychotherapie, Diagnostik und Gesundheitsförderung der Universität B , der Klägerin, ist seit dem 1. Januar 2009 gemäß § 117 Absatz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der gesetzlich Krankenversicherten ermächtigt.
Die Klägerin macht einen Anspruch auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung von bislang 300 Behandlungsfällen im Jahr auf 600 Behandlungsfälle pro Jahr geltend.
Ursprünglich wurde die Klägerin durch den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 1. Dezember 2008 zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen im Richtlinienverfahren "Verhaltenstherapie" ermächtigt. Diese Ermächtigung war bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Die ambulante psychotherapeutische Behandlung im Richtlinienverfahren "Verhaltenstherapie" wurde auf Personen beschränkt, die gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin den Nachweis der Fachkunde über das Richtlinienverfahren "Verhaltenstherapie" nach § 95c Satz 2 SGB V geführt haben bzw. zum Führen der Gebietsbezeichnung "Psychiatrie und Psychotherapie" oder "Psychotherapeutische Medizin" oder der Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" berechtigt sind.
Zunächst hatte die Klägerin beim Zulassungsausschuss für Ärzte beantragt, die in die Ermächtigung aufzunehmende Fallzahlbegrenzung auf 600 Fälle festzusetzen. Der Zulassungsausschuss beschloss eine Fallzahlbegrenzung auf 300 Fälle.
Unter anderem gegen die Begrenzung der Fallzahl auf 300 Fälle pro Jahr, gegen die Befristung und die Beschränkung der möglichen Behandler wandte sich die Klägerin mit einem Widerspruch, den der Beklagte mit Beschluss vom 10. Juni 2009 zurückwies und den wiederum die Klägerin mit der Klage angriff (Verfahren S 83 KA /09). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2010 vor dem Sozialgericht Berlin hob der Beklagte die Befristung der Ermächtigung auf. Zudem wurde die Nebenbestimmung zur notwendigen Qualifikation der Behandler geändert. Im Übrigen erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Soweit sich die Klage gegen die Fallzahlbegrenzung von 300 gerichtet hatte, hatte die Klägerin diese bereits zuvor – mit Schriftsatz vom 22. Juni 2010 – zurückgenommen.
Da die Befristung der ursprünglichen Ermächtigung am 2. August 2010 noch nicht aufgehoben war und die Verfahrensdauer des Rechtsstreits um die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Ermächtigung nicht abzusehen war, beantragte die Klägerin erneut mit Schreiben vom 2. August 2010 die Ermächtigung der Hochschulambulanz gemäß § 117 SGB V ab dem 1. Januar 2011, um diese auch nach dem 31. Dezember 2010 betreiben zu können. Ausdrücklich beantragte die Klägerin, die Fallzahlbegrenzung von 300 auf 600 Fälle pro Jahr anzuheben. Die notwendige Erhöhung der Fallzahlbegrenzung auf 600 Fälle begründete sie damit, dass insgesamt vier Professoren an der Forschung und Lehre im Bereich der Hochschulambulanz beteiligt seien. Die Hochschulambulanz habe ihre Schwerpunkte auf der Behandlung von Depressionen, sozialen Angststörungen sowie Persönlichkeitsstörungen. Dabei sei in der Hochschulambulanz mit den bereits im Jahre 2010 bestehenden Forschungs- und Lehrprojekten die ursprüngliche Behandlungsfallzahlgrenze von 300 Behandlungsfällen pro Jahr erreicht worden. Zudem würden vier weitere Forschungsprojekte eine Behandlungsfallzahl von 210 Fällen pro Jahr generieren. Es gebe eine Tendenz dahin, dass in ca. 35% der Behandlungsfälle ausschließlich die probatorischen Sitzungen bzw. die diagnostischen Gespräche in der Hochschulambulanz durchgeführt werden könnten, weil nach eingehender Diagnostik und Probatorik sich diese Fälle als für den jeweiligen Forschungs- bzw. Lehrzweck ungeeignet herausstellten. Diese Behandlungsfälle müssten ebenfalls berücksichtigt werden. Bei den weiteren neuen Projekten sei zudem davon auszugehen, dass die Anzahl der sich zur diagnostischen Abklärung in die Ambulanz begebenden Patienten steigen werde, weil für die geplanten Projekte eine aufwändige Eingangsdiagnostik erforderlich sei. Um die mit der Ausweitung der Forschungs- und Lehrtätigkeit verbundenen Leistungen erbringen zu können, werde die Klägerin weitere Therapeuten beschäftigen, sobald die Ermächtigung entsprechend erteilt sei.
Mit Beschluss vom 10. November 2010 ermächtigte der Zulassungsausschuss die Hochschulambulanz zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung als Institutsambulanz für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2012. Durch den Zulassungsausschuss wurde das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2010 vor dem Sozialgericht Berlin in dem Verfahren S 83 KA /09 seinerzeit nicht berücksichtigt. Unter anderem begrenzte der Zulassungsausschuss die Zahl der Behandlungsfälle auf 300 pro Jahr. Seine Entscheidung zur Fallzahlbegrenzung begründete er damit, dass ihm nicht plausibel dargestellt sei, warum bei gleicher Mitarbeiterzahl mehr Patienten in der Ambulanz untersucht und behandelt werden sollten.
Den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 10. November 2010 griff die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 26. Januar 2011 an, der sich unter anderem gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung von 300 auf 600 Behandlungsfälle pro Jahr richtete. Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass bereits im laufenden Jahr 2010 die Behandlungsfallzahl von 300 erreicht worden sei. Zu dieser Grundauslastung seien weitere 300 Behandlungsfälle zur Realisierung von Forschung und Lehre notwendig. Diese weiteren 300 Behandlungsfälle würden durch vier Forschungsprojekte generiert. Davon entfielen 210 Behandlungsfälle auf tatsächlich durchgeführte Verhaltenstherapien. Zudem würden 90 weitere Behandlungsfälle dadurch entstehen, dass mit Kandidaten für die Einbeziehung in die Forschungsprojekte probatorische Sitzungen und Eingangsdiagnostik durchgeführt würden, deren Ergebnis aber sei, dass die Patienten zur Einbeziehung in die Forschungsprojekte ungeeignet seien.
Mit Beschluss vom 23. Februar 2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin insoweit zurück, wie diese eine Erhöhung der Fallzahlbegrenzung beantragt hatte. Zwar sei gemäß § 117 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 SGB V die Ermächtigung so zu gestalten, dass die Hochschulambulanz die Untersuchung und Behandlung von Versicherten in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang durchführen könne. Die Zulassungsgremien dürften auch nicht beurteilen, welche Forschung und Lehre notwendig sei. Es sei aber nachvollziehbar zu begründen, welche Fallzahl für die Forschung und Lehre erforderlich sei, damit die Zulassungsgremien eine Grundlage für die ihnen obliegende Fallzahlbegrenzung erhalten könnten. Die Klägerin habe zwar nachvollziehbar dargestellt, welche Fallzahlen durch Lehre und Forschung generiert würden, doch sei die personelle Ausstattung des Instituts nicht ausreichend, um die angestrebten Behandlungsfälle versorgen zu können.
Am 3. Mai 2011 erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Sie habe nachvollziehbar dargestellt, dass zur Durchführung von Forschung und Lehre mindestens 600 Behandlungsfälle pro Jahr erforderlich seien. Das vorhandene Personal könne gewährleisten, dass die Behandlung der Versicherten unter ihrer Verantwortung erfolge. Die Ablehnung der beantragten Erhöhung stelle einen rechtswidrigen Eingriff der Zulassungsgremien in ihre nach Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz geschützte Forschungs- und Lehrfreiheit dar. Der Prüfungsrahmen des Beklagten sei vorliegend beschränkt: ihm stehe weder ein Ermessens-, noch ein Beurteilungsspielraum zu. Die Interessen der bereits niedergelassenen Psychotherapeuten seien bei dieser Entscheidung ebenfalls unbeachtlich. Bedarfsplanerische Überlegungen seien nicht anzustellen, da eine Ermächtigung nach § 117 Absatz 2 SGB V gerade nicht zur Sicherstellung der Versorgung erfolge, sondern um Forschungsvorhaben zu ermöglichen und die Lehre voranzutreiben. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es auf die Frage der zu versorgenden Patienten und der möglichen Auswirkungen auf die Erwerbsmöglichkeiten der zugelassenen Vertragspsychotherapeuten nicht an. Allein maßgeblich sei, dass die konkret von den akademischen Mitarbeitern beabsichtigten Forschungs- und Lehrvorhaben mit den akademischen Mitarbeitern möglich seien, zur Realisierung dieser Vorhaben weitere Krankenbehandlungen nötig seien und damit verbunden eine Steigerung der Behandlungsfallzahlen plausibel dargestellt sei. Der Umfang der Ermächtigung hänge nicht von bestehenden Stellenplänen ab. Die in der Ermächtigung vorgesehenen Fallzahlen müssten mit den für die konkreten Forschungs- und Lehrvorhaben verbundenen Fallzahlen korrespondieren. Überdies hätte die Hochschulambulanz mit ihren 300 Behandlungsfällen lediglich den Umfang von 1,25 Praxen. Eine Erweiterung der Ermächtigung auf 600 Behandlungsfälle entspräche lediglich der Größe von 2,5 Praxen. Es bestehe die dringende Notwendigkeit, die Fallzahl zu erhöhen, um zwei Forschungsprojekte nicht zu gefährden. Es bleibe kein Raum für die vom Beklagten vertretene Auffassung, dass der für Forschung und Lehre erforderliche Umfang dadurch definiert werde, von wem die psychotherapeutischen Leistungen erbracht würden bzw., dass auf Honorarbasis beschäftigte Psychotherapeuten unbeachtet bleiben müssten. Der Beklagte habe vor dem Hintergrund des Art. 5 Abs. 3 GG keine Befugnis, hochschulorganisatorische Entscheidungen in Frage zu stellen und zu fordern, dass die psychotherapeutische Behandlung von fest angestellten Mitarbeitern durchgeführt werden müsse. Zudem verkenne der Beklagte, dass die insoweit bestandskräftige Ermächtigung ausdrücklich die Krankenbehandlung durch solche Personen umfasse, die (noch) nicht approbierte Psychotherapeuten seien. Die Bemessung der Fallzahlbegrenzung allein auf der Grundlage der von approbierten Psychotherapeuten durchführbaren Psychotherapien bliebe hinter der tatsächlichen Ermächtigung zurück.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 23. Februar 2011, soweit er in seiner Nummer 8 die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V auf 300 Behandlungsfälle pro Jahr begrenzt, zum Teil aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Zahl der Behandlungsfälle der Klägerin auf 600 Fälle pro Jahr zu begrenzen,
hilfsweise, den Beschluss des Beklagten vom 23. Februar 2011, soweit er in seiner Nummer 8 die Ermächtigung auf 300 Behandlungsfälle pro Jahr begrenzt, zum Teil aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Erhöhung der mit der Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V verbundenen Fallzahlbegrenzung von 300 Behandlungsfällen pro Jahr auf 600 Behandlungsfälle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich zum einen auf seine Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid. Ergänzend führt er aus, es sei Aufgabe des Trägers der Hochschule, die finanzielle und personelle Ausstattung vorzugeben, weshalb der so vorgegebene Bestand das bestimme und begrenze, was die Hochschule leisten könne und damit auch das, was für Forschung und Lehre an Fallzahlen erforderlich sei. Es sei nicht Aufgabe nach dem SGB V, Forschung und Lehre zu finanzieren. Daher hätten die Zulassungsgremien im Rahmen der streitigen Fallzahlbegrenzung nach § 117 Abs. 2 SGB V auch nur Patientenzahlen in dem Umfang "zur Verfügung zu stellen", den die Ambulanz mit den vorhandenen Ressourcen bewältigen könne. Die möglichen Fallzahlen seien nur an dem personellen Bestand der Ambulanz zu messen. Deswegen komme es auch auf entsprechende Stellenpläne an, denn nur diese definierten die Leistungsfähigkeit der entsprechenden Institute bzw. Ambulanzen. Auch ein in Einzelpraxis tätiger Arzt dürfe seine Tätigkeit nicht über den Umfang hinaus ausdehnen, der ihm zeitlich im Rahmen seiner Vollzulassung möglich sei. Dies gelte auch dann, wenn er – bei bestehenden Zulassungsbeschränkungen – weitere Ärzte anstelle. Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es sehr wohl auf die Anzahl der approbierten Psychotherapeuten an und nicht darauf, ob das vorhandene Personal – unabhängig von seiner Qualifikation – die Behandlung von Versicherten begleiten könne. Ein "Verantwortlicher" könne nicht beliebig viele Behandlungen delegieren. Studenten oder Doktoranden könnten eine Behandlung lediglich unter Anleitung qualifizierten Personals begleiten. Es stehe auch kein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheit von Forschung und Lehre in Frage. Vielmehr gelte – wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 01.07.1998 (Az. B 6 KA 43/97 R) ausgeführt habe -, dass mit der Erteilung der Ermächtigung nicht die Beschränkung, sondern die Verwirklichung des Grundrechts in Rede stehe. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass bei einer Überversorgung von 165% im Rahmen der psychotherapeutischen Versorgung in Berlin die Erwerbsmöglichkeiten der vorhandenen Behandler ohnehin erheblich eingeschränkt seien. Bei einer Genehmigung höherer Fallzahlen würde in die grundrechtlich geschützten Erwerbsmöglichkeiten anderer Leistunsgerbringer eingegriffen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen 2) – 6) haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vorlagen und Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist bereits mit dem Hauptantrag begründet.
Der angegriffene Beschluss des Beklagten vom 23. Februar 2011, der alleiniger Gegenstand der vorliegenden Klage ist, weil er den Bescheid des Zulassungsausschusses ersetzt hat (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. zum Beispiel BSG, SozR 3–2500 § 96 Nr. 1; Leitherer, in: Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2012, § 95, Rn. 2b), ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung auf 600 Fälle im Rahmen der ihr erteilten Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.
A. Anspruchsgrundlage für die Ermächtigung der Hochschulambulanz für Psychotherapie der Klägerin ist § 117 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 SGB V. Die maßgebliche Norm lautet:
(1) Der Zulassungsausschuss (§ 96) ist verpflichtet, auf Verlangen von Hochschulen oder Hochschulkliniken die Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs. 3 genannten Personen zu ermächtigen. Die Ermächtigung ist so zu gestalten, dass die Hochschulambulanzen die Untersuchung und Behandlung der in Satz 1 genannten Personen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang durchführen können. Das Nähere zur Durchführung der Ermächtigung regeln die Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich durch Vertrag mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Ermächtigung der Hochschulambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten im Rahmen des für Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs und der Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs. 3 genannten Personen in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 6a anerkannt sind, sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen. Im Rahmen der Ermächtigung der Hochschulambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten sind Fallzahlbegrenzungen vorzusehen. Für die Vergütung gilt § 120 Abs. 2 bis 4 entsprechend.
Das Gesetz schreibt in § 117 Absatz 2 Satz 2 SGB V also zwingend Fallzahlbegrenzungen vor. Die Beifügung entsprechender Nebenbestimmungen scheitert auch nicht daran, dass die Hochschulambulanzermächtigung auf entsprechendes Verlangen gemäß § 117 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 117 Absatz 1 Satz 1 SGB V zwingend zu erteilen ist, ihr Nebenbestimmungen daher gemäß § 32 Absatz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nur beigefügt werden dürfen, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist, oder wenn sie sicherstellen sollen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung erfüllt sind. Mit dem Gebot, die Ermächtigung auf den für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang festzulegen, erlaubt § 117 Absatz 2 Satz 1 SGB V nämlich den Erlass diesem Ziel dienender Nebenbestimmungen, wie etwa die Festlegung von Fallzahlen (vgl. in diesem Sinne auch BSG, Urteil vom 1. Juli 1998, - B 6 KA 43/97 R -, Juris).
1. Die Vorschrift des § 117 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V ist im Kontext der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Lehre und Forschung der Klägerin, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz (GG) zu sehen und auszulegen. Als Trägerin dieses Grundrechts ist die Klägerin zu umfassender wissenschaftlicher Betätigung berechtigt. Jegliche Beschränkung dieser Freiheit ist ein an Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zu messender Grundrechtseingriff. Dabei ist zu beachten, dass Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ein sogenanntes vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht ist, das nur durch Gesetz und inhaltlich lediglich aufgrund kollidierenden Verfassungsrechts überhaupt eingeschränkt werden kann (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 01.03.1978, 1 BvR 333/75 u.a., Juris, Rn. 154 ff.).
Eine gesetzliche Grundlage steht mit § 117 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V zur Verfügung.
Ein Verfassungsrechtsgut, das eine Einschränkung der Freiheit von Lehre und Forschung der Klägerin zu rechtfertigen vermag, stellt die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte dar (siehe auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2007, L 5 KA 3892/07 ER-B; Juris, Rn. 57 und 65). Zwar gewährt Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich keinen Schutz vor Konkurrenz (vgl. BVerfGE 34, 252, 256; 94, 372, 390 ff.). Wettbewerbsposition und Erträge unterliegen nämlich dem Risiko laufender Veränderung je nach den Marktverhältnissen (vgl. BVerfGE 105, 252, 265; 106, 275, 299). Eine Wettbewerbsveränderung durch Einzelakt, die erhebliche Konkurrenznachteile zur Folge hat, kann aber das Grundrecht der Berufsfreiheit beeinträchtigen, wenn sie im Zusammenhang mit staatlicher Planung und der Verteilung staatlicher Mittel steht (vgl. BVerfGE 82, 209, 224, für die Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan). Eine solche Situation ist hier im Grundsatz gegeben.
Der Konflikt zwischen den kollidierenden Verfassungsrechtsgütern ist im Sinne praktischer Konkordanz derart zu lösen, dass alle Rechtgüter einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, siehe etwa BVerfG, Urteil vom 16.05.1995, 1 BvR 1087/91 = BVerfGE 93, 1, 21).
Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen führen für die Auslegung von § 117 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V dazu, dass die Wissenschaftsfreiheit der Klägerin lediglich zu Gunsten der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte begrenzt werden darf und beide Verfassungsrechtsgüter – Berufsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit - einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren müssen. Die Freiheit von Forschung und Lehre der Klägerin muss sich also an den beruflichen Interessen der niedergelassenen Leistungserbringer messen lassen, die ihrerseits ein durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Grundrecht auf Betätigung im Rahmen der am Bedarf ausgerichteten Zulassung haben. Ihr Grundrecht der Berufsfreiheit gewährleistet dem Einzelnen die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage seiner persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Es konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung
2. Dem aus Art. 12 Abs. 1 GG herzuleitenden Schutz der niedergelassenen Vertragsärzte dienen grundsätzlich auch die Fallzahlbegrenzungen, so dass der Vorschrift des § 117 SGB V drittschützende Wirkung zukommt. Mit der Ermächtigung wird der Hochschulambulanz der Zugang zum regulierten Markt der niedergelassenen Vertragsärzte eröffnet.
Diese im Lichte des Art.12 Abs. 1 GG zu sehende Schutzfunktion der Fallzahlbegrenzungen kommt jedoch nur abgeschwächt zum Tragen, und zwar in dem Sinne, dass lediglich ein Übermaß an Behandlungen jenseits des für Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs nicht durch die Krankenkassen finanziert werden darf, diesseits des Übermaßes jedoch grundsätzlich ein Anspruch der betreffenden Hochschulambulanzen auf Finanzierung der von ihr durchgeführten Behandlungen besteht. Dies wird dadurch begründet, dass das Bundesverfassungsgericht – in Ausnahme zu dem Grundsatz, dass Art. 12 Abs. 1 GG keinen Schutz vor Konkurrenz gewährt (siehe dazu oben) – diesen den Vertragsärzten nur vor dem Hintergrund zugestanden hat, dass staatliche Eingriffe in Gestalt von Zulassungsbeschränkungen und der Deckelung der Gesamtvergütung ihre berufliche Tätigkeit bestimmen. Der Zustrom der Leistungserbringer wird durch Mechanismen der Bedarfsplanung gelenkt. Reflex dieser Zugangsbeschränkungen ist eine Begünstigung des einzelnen Vertragsarztes, der innerhalb des geschlossenen Systems der vertragsärztlichen Versorgung nur einer für ihn noch tragbaren Konkurrenz ausgesetzt ist. Dem Aspekt einer quantitativ begrenzten Konkurrenz kommt für die Berufsausübung des einzelnen Vertragsarztes gerade vor dem Hintergrund einer budgetierten Gesamtvergütung eine gesteigerte Bedeutung zu. Je mehr Ärzte Leistungen erbringen und abrechnen, desto geringer ist potentiell der Wert der einzelnen ärztlichen Leistung (BVerfG, Beschluss vom 17.08.2004, 1 BvR 378/00, Juris).
Die Vergütung der Behandlungen in den Hochschulambulanzen erfolgt jedoch außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung, aus der sich die Erwerbsmöglichkeiten der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten speisen. Die Vergütung der niedergelassenen Psychotherapeuten je Behandlungsfall sinkt also nicht dadurch, dass Behandlungen auch in den psychotherapeutischen Hochschulambulanzen durchgeführt werden. Der Schutzzweck, den Art. 12 Abs. 1 GG den niedergelassenen Vertragsärzten und -psychotherapeuten vermittelt, kann also nur eingeschränkt zum Tragen kommen. Dieser eingeschränkte Schutzzweck besteht vor dem Hintergrund, dass zwar durch die Behandlungstätigkeit der Hochschulambulanzen die vertragsärztliche Gesamtvergütung nicht geschmälert wird, wohl aber den Vertragsärzten Behandlungsfälle und damit auch Erwerbschancen genommen werden.
Selbst der letztgenannte Umstand ist jedoch vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG nicht geeignet, einen intensiveren Schutz gegen Eingriffe zu vermitteln. Denn die Subsidiarität von Ermächtigungen gegenüber Vertragsarztzulassungen gilt nicht im Rahmen von Ermächtigungen nach § 117 Abs. 2 SGB V. Bei § 117 SGB V geht es unabhängig von einem im System des SGB V ggf. bereits befriedigten Versorgungsbedarf allein um den Anspruch der Hochschulen zur Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Zusammenhang mit Forschung und Lehre (BSG, Urteil vom 05.02.2003, B 6 KA 26/02 R, Juris Rn. 44, m.w.N.). Die Bedarfsplanung erfasst also die gemäß § 117 SGB V Ermächtigten nicht.
B. Zieht das Verfassungsrecht, konkretisiert durch die gesetzlichen Vorgaben des § 117 SGB V, dem "für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang" demnach nur Grenzen im Sinne eines Übermaßverbotes, so hat der Beklagte dies bei der von ihm vorgenommenen Fallzahlbegrenzung nicht beachtet. Vielmehr bestand vorliegend eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 SGB V mit – gemäß dem Antrag der Klägerin - einer Fallzahlbegrenzung von 600, beschreibt diese doch den für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang.
1. Die Höhe der Fallzahlbegrenzung ist von dem tatsächlichen Umfang der Lehre und Forschung der antragstellenden Hochschule abhängig. Sie wird damit nicht in das Belieben der Hochschule gestellt. Die Hochschule kann nicht jegliche Fallzahlbegrenzung der Ermächtigung unter Berufung auf die Freiheit von Lehre und Forschung erlangen. Es ist deshalb zu prüfen, welchen Umfang die Lehre und Forschung der Hochschule hat und welche Anzahl an Behandlungsfällen für die Realisierung dieser Lehr- und Forschungstätigkeit erforderlich ist. Dabei ist allein maßgeblich, welche Lehr- und Forschungsvorhaben die Klägerin konkret durchführt bzw. konkret plant. Der Umfang der Ermächtigung in Gestalt der Höhe der Fallzahlbegrenzung folgt dann aus den für die Realisierung dieser konkreten Lehr- und Forschungsprojekte notwendigen Behandlungsfallzahlen. Deshalb sind die Zulassungsgremien bei der Prüfung der mit der Ermächtigung festzulegenden Fallzahlbegrenzung allein darauf beschränkt, die Angaben der Hochschule zur notwendigen Fallzahl dahingehend zu prüfen, ob diese Angaben plausibel und nachvollziehbar sind.
Die Klägerin hat nachvollziehbar dargestellt, dass für die an ihrer Hochschulambulanz durchgeführte Lehre und Forschung tatsächlich mindestens 600 Behandlungsfälle pro Jahr benötigt werden. Die in der Vergangenheit geltende Fallzahlbegrenzung von 300 Fällen wurde mit den im Jahr 2010 schon umgesetzten und auch in den Folgejahren fortgeführten Projekten in Forschung und Lehre erreicht. Die Fallzahlen der vier abgeschlossenen Abrechnungsquartale II/2010 bis I/2011 zeigen, dass die ohne die geplanten neuen Projekte bereits anfallende Behandlungsfallzahl die bestehende Fallzahlbegrenzung ausfüllt. Im Quartal II/2010 fielen 87 Behandlungsfälle, im Quartal III/2010 92 Behandlungsfälle und im Quartal IV/2010 84 Behandlungsfälle an. Die Behandlungsfallzahl des Quartals I/2011 beträgt 91 Fälle. In dem genannten Jahreszeitraum sind also 354 Behandlungsfälle angefallen. Mit dem derzeitigen Lehr- und Forschungsbetrieb wird die Fallzahlbegrenzung von 300 Behandlungsfällen pro Jahr bereits mehr als erreicht. Die Klägerin hat eingehend dargelegt, dass zusätzlich zu diesen Behandlungsfällen weitere Forschungsprojekte weitere Behandlungsfälle generieren. Die beantragte Erhöhung der Fallzahlbegrenzung hat sie damit begründet, dass bei der Durchführung von vier neuen Forschungsprojekten 210 Behandlungsfälle anfallen würden und weitere 90 Behandlungsfälle dadurch entstehen würden, dass im Ergebnis diagnostischer Abklärungen oder probatorischer Sitzungen diese Behandlungsfälle nicht in die Langzeittherapien der einzelnen Lehr- und Forschungsprojekte überführt werden können. Zudem seien inzwischen zwei weitere Forschungsprojekte hinzugetreten, so dass nunmehr sechs Forschungsprojekte angelegt seien, deren Durchführung davon abhänge, dass die psychotherapeutischen Behandlungen auf der Grundlage der Ermächtigung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V vergütet werden. Konkret sind dies die folgenden Projekte:
(1) Ein Projekt befasst sich mit der Evaluation von kognitiver Verhaltenstherapie bei sozialen Angststörungen. Die Leitung dieses Projekts liegt bei Frau Professor Dr. R. Für dieses Projekt werden ca. 20 Patienten benötigt, deren Behandlung sich über mindestens drei Quartale erstrecken wird, so dass im Ergebnis ca. 60 Behandlungsfälle pro Jahr anfallen.
(2) Weiterhin wird ein multizentrisches Forschungsprojekt zur Behandlung von Patienten mit komplexen Traumatisierungen, Posttraumatischer Belastungsstörung und Borderline-Persönlichkeitsstörung durchgeführt. Dieses wird ebenfalls von Frau Professor Dr. R geleitet und in Kooperation mit Frau Professor Dr. Ro (Universität E ) sowie mit Dr. S (Universität F t) umgesetzt. Wiederum werden ca. 20 Patienten in einer Langzeittherapie über mindestens vier Quartale behandelt werden. Damit fallen in diesem Projekt ca. 80 Behandlungsfälle pro Jahr an.
(3) Außerdem soll an der Hochschulambulanz eine LAC-Studie zur Behandlung chronischer Depression unter der Leitung von Dr. K durchgeführt werden. Dieses Projekt wird in Kooperation mit Professor H (T ) und Professor L -B (F ) durchgeführt. Gemäß dem Schreiben von Frau Professor Dr. R vom 18. Mai 2011 ist hier mit ca. 40 Behandlungsfällen pro Jahr zu rechnen, denn es wird mit einer Patientenzahl von ca. 10 Patienten, deren Behandlung über mindestens vier Quartale andauern wird, kalkuliert.
(4) Ein weiteres von Dr. L und Frau Professor Dr. R geleitetes Projekt zur Evaluation der Behandlung von Depressionen im Alter wird zu ca. 30 Behandlungsfällen pro Jahr führen. Hier werden voraussichtlich 10 Patienten über mindestens 3 Quartale behandelt werden.
(5) In Kooperation mit der C B und dem dort verantwortlichen Herrn Dr. Rö wird ein neues Projekt zur Erforschung der Diagnostik und Behandlung von Autismusspektrumsstörungen beginnen. Wie sich aus dem Schreiben von Herrn Dr. Rö vom 9. Mai 2011 ergibt, werden hier pro Jahr ca. 80 Behandlungsfälle generiert werden. Das Projekt soll fortlaufend zunächst implementiert und evaluiert und sodann angepasst werden.
(6) In Kooperation mit Professor Dr. N wird schließlich Forschung und Lehre zu klinisch-neuropsychologischen Fragestellungen durchgeführt. Im Rahmen dieser diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen werden 15 Fälle pro Quartal und damit 60 Behandlungsfälle pro Jahr anfallen.
Alle Angaben zu den oben genannten Projekten belegte die Klägerin, indem sie Schreiben derjenigen Professoren vorlegte, die diese Projekte leiten. An der Richtigkeit der Angaben der Klägerin bestehen für die Kammer keine Zweifel. Ihnen sind auch weder die Beklagte, noch die Beigeladenen entgegengetreten.
Für die Rekrutierung dieser für die neuen Projekte insgesamt benötigten 370 Patienten, die sich im Rahmen der Forschungsprojekte in eine psychotherapeutische Langzeittherapie begeben, ist – wie die Klägerin überzeugend dargelegt hat – eine umfangreiche differentialdiagnostische Abklärung zur Prüfung der Ein- und Ausschlusskriterien erforderlich. Bei der Auswertung der in den Jahren 2009 und 2010 bereits durchgeführten Lehr- und Forschungsprojekte hat sich der Klägerin gezeigt, dass rund 35% der Patienten, die in die Hochschulambulanz kamen, im Ergebnis der diagnostischen Abklärung oder von probatorischen Sitzungen nicht in die Langzeittherapie der einzelnen Lehr- und Forschungsprojekte überführt werden konnten. Für die Gestaltung der Ermächtigung ist deshalb davon auszugehen, dass weitere rund 130 Behandlungsfälle, die zusätzlich zu den 370 Behandlungsfällen anfallen werden, im Rahmen der neuen Projekte behandelt werden. Damit ist im Rahmen der neuen Lehr- und Forschungsprojekte von insgesamt rund 500 weiteren Behandlungsfällen auszugehen.
Da die Klägerin ursprünglich jedoch nur einen Antrag auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung um 300 Behandlungsfälle gestellt hatte, kann auch im vorliegenden Klageverfahren eine Erhöhung der Fallzahlbegrenzung lediglich um 300 Behandlungsfälle erlangt werden.
Das für die Gestaltung der Fallzahlbegrenzung allein maßgebliche Kriterium des erforderlichen Umfangs für Lehre und Forschung ist damit erfüllt. Für die Kammer ist dargelegt, dass mit der ausgesprochenen Fallzahlbegrenzung von 300 Behandlungsfällen pro Jahr die Ausübung der Forschung durch die Klägerin nicht mehr in erforderlichem Maße sichergestellt ist.
2. Der Beklagte macht die Gestaltung der Fallzahlbegrenzung zu Unrecht von einem weiteren Kriterium abhängig, indem er eruiert, ob mit dem vorhandenen Personalbestand der Hochschulambulanz die mit einer Erhöhung der Fallzahlbegrenzung verbundenen Krankenbehandlungen durchgeführt werden können. Er setzt den Personalbestand zu den Aufgaben der Ambulanz in Beziehung und stellt fest, welchen Umfang der Behandlung bzw. welche Behandlungsfallzahlen das vorhandene Personal eigenverantwortlich gewährleisten kann. Die Fallzahlbeschränkung habe sich – so der Beklagte - nicht allein an den Vorhaben der Klägerin auszurichten, sondern vielmehr an der vorgegebenen Größe des Instituts und der sich daraus ergebenden Möglichkeit zur Durchführung der psychotherapeutischen Behandlung. Der Beklagte wies darauf hin, dass ein niedergelassener Therapeut eine Fallzahl von etwa 60 bis 80 pro Jahr erreichen könne. In der Hochschulambulanz der Klägerin sollten eine Institutsleiterin (Professorin) sowie drei akademische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Approbation in Teilzeit (halbtags) beschäftigt werden, wobei zwei weitere Professoren in der Ambulanz tätig werden sollten und zusätzlich Herr Professor Dr. N r für die Diagnostik von Demenzkranken, so dass insgesamt vier Professoren und drei weitere Mitarbeiter als Behandler in Betracht kämen. Allein die Leiterin der Ambulanz dürfte dort hauptamtlich tätig sein, während die übrigen drei Professoren allenfalls halbtags für die Behandlung von Versicherten zur Verfügung stünden, wenn man berücksichtige, dass diese auch noch Arbeitszeit für Lehre und Verwaltung aufwenden müssten. Addiere man für die drei halbtags beschäftigten Mitarbeiter eine Behandlerzahl von 1,5 hinzu, so sei insgesamt von 3,5 für die Behandlung der Versicherten zur Verfügung stehenden Personen auszugehen. Selbst bei einer maximalen Behandlungszahl von 80 Fällen je Behandler pro Jahr ergäbe sich daraus eine Fallzahl von höchstens 280 pro Jahr. Dem liege zugrunde, dass der Zeitaufwand der Behandlung in der Hochschulambulanz demjenigen in der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung von Versicherten durch niedergelassene Psychotherapeuten entspreche.
Diese Berechnung hält die Kammer bereits vor dem Hintergrund für nicht belastbar, als dass die psychotherapeutischen Behandlungen – wie auch Frau Professor Dr. R noch einmal in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat – ausschließlich von an der Hochschulambulanz tätigen Honorarkräften durchgeführt werden, während die Professoren und wissenschaftlichen Assistenten lediglich mit der Supervision der Behandlungen betraut sind und sich der Aufgabe widmen, dass die zu erforschenden Behandlungsansätze den wissenschaftlichen Vorgaben entsprechend in die Praxis übertragen werden. Werden Behandlungskapazitäten anhand einer möglichen Auslastung der an der Institutsambulanz tätigen Professoren und wissenschaftlichen Assistenten gemessen, so wird diese Realität verkannt.
Zudem macht der Wortlaut des § 117 SGB V die Bemessung der Fallzahlbegrenzung jedenfalls nicht von der Anzahl der die Krankenbehandlung durchführenden Personen abhängig. Der Umfang der Ermächtigung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V kann allein vom Umfang der Lehre und Forschung der Hochschule begrenzt werden. Die mit der Krankenbehandlung befassten Behandler liefern mit der Durchführung der Psychotherapie allein die Grundlage der Lehre und Forschung. Die Krankenbehandlung selbst ist indes keine Lehr- oder Forschungstätigkeit. Es kann deshalb für die Beurteilung des Umfangs von Lehre und Forschung im Sinne des § 117 Abs. 2 SGB V auch nicht auf die Zahl der die Krankenbehandlung durchführenden Personen und deren Tätigkeitsumfänge ankommen.
Vor diesem Hintergrund stellt die Anknüpfung des "erforderlichen Umfangs" entsprechend § 117 Abs. 1 Satz 2 SGB V an den vom Träger der Hochschule vorgegebenen Personalbestand keinen geeigneten Maßstab zur Beschränkung der Fallzahlen dar, wie sie in § 117 Abs. 2 SGB V dem Grunde nach vorgesehen ist.
C. 1. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Klägerin den Umfang ihrer Ermächtigung auch nicht im Sinne eines Automatismus selbst ausweiten. Denn begrenzendes Kriterium der Ermächtigung ist die Forschungs- und Lehrkapazität der Klägerin. Nur solche Krankenbehandlungen, welche die akademischen Mitarbeiter der Klägerin auch zum Gegenstand der Forschung und Lehre machen können, können von der Ermächtigung erfasst werden. Die in der Ermächtigung vorgesehenen Fallzahlen müssen deshalb mit den für die konkreten Forschungs- und Lehrvorhaben verbundenen Fallzahlen korrespondieren. Versorgungsaspekte und die Nachfrage durch Patienten sind unbeachtlich. Maßstab für die Gestaltung der Fallzahlbegrenzung sind allein die konkreten Forschungs- und Lehrvorhaben.
2. Befürchtungen, wonach es bei einer Ausweitung der Behandlungsfallzahlen zu einer Finanzierung von Forschung und Lehre durch die Krankenkassen kommt – entgegen dem Grundsatz, dass diese aus Eigenmitteln der Universität sowie aus Drittmitteln zu bestreiten sind – hält die Kammer für unbegründet. Zu Lasten der Krankenkassen können nur solche Behandlungen abgerechnet werden, die der Leistungslegende einer Gebührenordnungsposition entsprechen und die ein in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses anerkanntes Therapieverfahren darstellen. Rein forschende Tätigkeiten, die sich nicht entsprechend verankern und anbinden lassen, sind ohnehin nicht berechnungsfähig.
3. Ein Vergleich mit den Fallzahlbegrenzungen psychotherapeutischer Ambulanzen anderer Hochschulen zeigt zudem, dass die von der Klägerin begehrte Dimension der Fallzahlbegrenzung nicht außergewöhnlich ist. So ist die Ermächtigung der Hochschulambulanz der Humboldt-Universität Berlin seit dem 01.01.2008 auf 650 Behandlungsfälle pro Jahr begrenzt. Die von der Klägerin vorgelegte Übersicht über die Fallzahlbegrenzungen weiterer Hochschulambulanzen in Deutschland ergibt – bei Ermächtigungen für insgesamt 36 Psychotherapie-Ambulanzen – Fallzahlbegrenzungen von zwischen 30 in Saarbrücken und jeweils 1.200 in Bochum, Bremen und Münster (Scheine pro Quartal, Stand 30.03.2011).
4. Zwar muss den Zulassungsgremien bei der Festlegung der Fallzahlbegrenzung grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum zugestanden werden, so dass im Grundsatz nur eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung im Sinne des Hilfsantrags der Klägerin in Betracht käme. Denn für die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang durch die Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 SGB V berufliche Interessen niedergelassener Vertragsärzte beeinträchtigt werden, sind auch regionale Besonderheiten des Versorgungsgebietes zu berücksichtigen (in diesem Sinne auch: Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, 70. Ergänzungslieferung 2010, § 117 SGB V, Rn. 6). Angesichts des Handelns in einem grundrechtssensiblen Bereich sind diesem Beurteilungsspielraum jedoch enge Grenzen zu ziehen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass – anders als in Fällen, in denen es auf einen bestimmten Versorgungsbedarf ankommt und die paritätisch besetzten ortsnahen und fachkundigen Zulassungsgremien eine Vielzahl von Faktoren in ihre Entscheidung einbeziehen müssen (dazu etwa BSG, Urteil vom 05.11.2008, B 6 KA 10/08 R, Juris) - Bedarfsfragen im Rahmen der Ermächtigung des § 117 Abs. 1 Satz 2 SGB V von vornherein keine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 05.02.2003, B 6 KA 26/02 R, Juris, Rn. 44, vgl. dazu auch die obigen Ausführungen). Vorliegend kommt hinzu, dass die Klägerin im Klageverfahren – wie auch schon zuvor im Verwaltungsverfahren - sehr detaillierte Angaben zu den durchzuführenden Forschungsprojekten und den dafür benötigten Behandlungsfallzahlen gemacht hat. Diese Angaben, die Frau Professor Dr. R in der mündlichen Verhandlung noch einmal spezifiziert und eingehend dargelegt hat, belegen – wie bereits oben ausgeführt – 500 weitere Behandlungsfälle. Vorliegend sind jedoch – entsprechend dem Entscheidungsumfang im Verwaltungsverfahren - nur 300 weitere Behandlungsfälle beantragt und zugesprochen, so dass das, was das Gericht gewährt, bereits mit einem erheblichen "Sicherheitsabschlag" versehen ist. Da vorliegend also einerseits hoch plausible und von dem Beklagten nicht in Abrede gestellte Angaben zu den Behandlungsfallzahlen gemacht wurden und andererseits ein grundrechtsintensiver Bereich betroffen ist, in dem Einschätzungsprärogativen der Verwaltung nur eine untergeordnete Rolle spielen, erachtete die Kammer den Beurteilungsspielraum des Beklagten für soweit eingeengt, dass nicht nur eine Verpflichtung zur Neubescheidung ausgesprochen werden konnte, sondern – gemäß dem Hauptantrag – eine Verpflichtung auf Zuerkennung einer konkreten Anzahl weiterer Behandlungsfälle.
D. Dem geltend gemachten Anspruch kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Klägerin mit ihrem Begehren gegen den aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – "Treu und Glauben" - herzuleitenden und auch im Sozialrecht gültigen allgemeinen Rechtsgedanken des venire contra factum proprium, nach dem sich niemand in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen darf, verstoßen würde. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in dem Klageverfahren zum Aktenzeichen S 83 KA /09 war der Rechtsstreit, soweit er die Höhe der Fallzahlbegrenzung betraf, nicht mehr anhängig. In dieser Hinsicht hatte die Klägerin ihre Klage in jenem Rechtsstreit bereits mit Schriftsatz vom 22. Juni 2010 zurückgenommen. In der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2010 ist die Höhe der Fallzahlbegrenzung deshalb nicht mehr Gegenstand von Vergleichsverhandlungen geworden. Die Fallzahlbegrenzung ist aber auch deshalb nicht Gegenstand eines Vergleichs geworden, weil der für den Beklagten an der mündlichen Verhandlung teilnehmende Vorsitzende des Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass ein Antrag auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung in einem erneuten Antragsverfahren Erfolgsaussichten haben dürfte, wenn neue Gesichtspunkte für eine Fallzahlerhöhung vorgetragen würden. Bereits in seinem Beschluss vom 10. Juni 2009 hatte der Beklagte darauf hingewiesen, dass eine Erhöhung der Fallzahlbegrenzung in einem separaten Antragsverfahren erlangt werden könne. Daraufhin beantragte die Klägerin am 2. August 2010 unter anderem die hier streitige Erhöhung der Fallzahlbegrenzung unter Hinweis auf die bereits oben aufgezählten neu geplanten Forschungsprojekte. Es lag ein neuer Sachverhalt vor, so dass ein erneuter Antrag kein widersprüchliches oder treuwidriges Verhalten der Klägerin darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), soweit dem Beklagten die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt wurden.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht erstattungsfähig, weil sie entweder selbst einen Klageantrag gestellt haben, mit dem sie unterlegen sind (Beigeladene zu 1), oder weil sie keinen Klageantrag gestellt und damit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen sind (Beigeladene zu 2 bis 6), § 162 Abs. 3 VwGO.
Entgegen § 154 Abs. 3 VwGO, wonach dem Beigeladenen Kosten dann auferlegt werden können, wenn er Anträge gestellt hat, hat die Kammer davon abgesehen, die Beigeladene zu 1), die einen eigenen Klageantrag gestellt hatte, teilweise mit den Kosten des Verfahrens (Gerichtskosten und notwendige außergerichtliche Kosten der Klägerin) zu belasten. Zwar hat sich die Beigeladene zu 1) durch den von ihr gestellten Antrag einem Kostenrisiko ausgesetzt und ist in dem Rechtsstreit unterlegen. Dies hätte es grundsätzlich sachgerecht erscheinen lassen, sie teilweise mit den Verfahrenskosten zu belasten. Dennoch hat die Kammer vorliegend davon abgesehen: die tragende Rolle während des gesamten Verfahrens spielte der Beklagte. Er ist während des gesamten Verfahrens in Widerstreit mit der Klägerin getreten. Die Beigeladene zu 1) hatte sich weder im Verwaltungsverfahren, noch während des Gerichtsverfahrens zu wesentlichen Fragen geäußert. Allein der Umstand, dass Sie letztlich einen mit dem Beklagten übereinstimmenden Klageantrag formuliert hat und mit diesem unterlegen ist, gebietet es bei einer Gesamtschau des Verfahrens noch nicht, von der Möglichkeit des § 154 Abs. 3 VwGO – die keine zwingende Regelung darstellt – Gebrauch zu machen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den für die Lehre und Forschung erforderlichen Umfang der Ermächtigung einer Hochschulambulanz an einem Psychologischen Universitätsinstitut.
Die Hochschulambulanz für Psychotherapie, Diagnostik und Gesundheitsförderung der Universität B , der Klägerin, ist seit dem 1. Januar 2009 gemäß § 117 Absatz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der gesetzlich Krankenversicherten ermächtigt.
Die Klägerin macht einen Anspruch auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung von bislang 300 Behandlungsfällen im Jahr auf 600 Behandlungsfälle pro Jahr geltend.
Ursprünglich wurde die Klägerin durch den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 1. Dezember 2008 zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen im Richtlinienverfahren "Verhaltenstherapie" ermächtigt. Diese Ermächtigung war bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Die ambulante psychotherapeutische Behandlung im Richtlinienverfahren "Verhaltenstherapie" wurde auf Personen beschränkt, die gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin den Nachweis der Fachkunde über das Richtlinienverfahren "Verhaltenstherapie" nach § 95c Satz 2 SGB V geführt haben bzw. zum Führen der Gebietsbezeichnung "Psychiatrie und Psychotherapie" oder "Psychotherapeutische Medizin" oder der Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" berechtigt sind.
Zunächst hatte die Klägerin beim Zulassungsausschuss für Ärzte beantragt, die in die Ermächtigung aufzunehmende Fallzahlbegrenzung auf 600 Fälle festzusetzen. Der Zulassungsausschuss beschloss eine Fallzahlbegrenzung auf 300 Fälle.
Unter anderem gegen die Begrenzung der Fallzahl auf 300 Fälle pro Jahr, gegen die Befristung und die Beschränkung der möglichen Behandler wandte sich die Klägerin mit einem Widerspruch, den der Beklagte mit Beschluss vom 10. Juni 2009 zurückwies und den wiederum die Klägerin mit der Klage angriff (Verfahren S 83 KA /09). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2010 vor dem Sozialgericht Berlin hob der Beklagte die Befristung der Ermächtigung auf. Zudem wurde die Nebenbestimmung zur notwendigen Qualifikation der Behandler geändert. Im Übrigen erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Soweit sich die Klage gegen die Fallzahlbegrenzung von 300 gerichtet hatte, hatte die Klägerin diese bereits zuvor – mit Schriftsatz vom 22. Juni 2010 – zurückgenommen.
Da die Befristung der ursprünglichen Ermächtigung am 2. August 2010 noch nicht aufgehoben war und die Verfahrensdauer des Rechtsstreits um die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Ermächtigung nicht abzusehen war, beantragte die Klägerin erneut mit Schreiben vom 2. August 2010 die Ermächtigung der Hochschulambulanz gemäß § 117 SGB V ab dem 1. Januar 2011, um diese auch nach dem 31. Dezember 2010 betreiben zu können. Ausdrücklich beantragte die Klägerin, die Fallzahlbegrenzung von 300 auf 600 Fälle pro Jahr anzuheben. Die notwendige Erhöhung der Fallzahlbegrenzung auf 600 Fälle begründete sie damit, dass insgesamt vier Professoren an der Forschung und Lehre im Bereich der Hochschulambulanz beteiligt seien. Die Hochschulambulanz habe ihre Schwerpunkte auf der Behandlung von Depressionen, sozialen Angststörungen sowie Persönlichkeitsstörungen. Dabei sei in der Hochschulambulanz mit den bereits im Jahre 2010 bestehenden Forschungs- und Lehrprojekten die ursprüngliche Behandlungsfallzahlgrenze von 300 Behandlungsfällen pro Jahr erreicht worden. Zudem würden vier weitere Forschungsprojekte eine Behandlungsfallzahl von 210 Fällen pro Jahr generieren. Es gebe eine Tendenz dahin, dass in ca. 35% der Behandlungsfälle ausschließlich die probatorischen Sitzungen bzw. die diagnostischen Gespräche in der Hochschulambulanz durchgeführt werden könnten, weil nach eingehender Diagnostik und Probatorik sich diese Fälle als für den jeweiligen Forschungs- bzw. Lehrzweck ungeeignet herausstellten. Diese Behandlungsfälle müssten ebenfalls berücksichtigt werden. Bei den weiteren neuen Projekten sei zudem davon auszugehen, dass die Anzahl der sich zur diagnostischen Abklärung in die Ambulanz begebenden Patienten steigen werde, weil für die geplanten Projekte eine aufwändige Eingangsdiagnostik erforderlich sei. Um die mit der Ausweitung der Forschungs- und Lehrtätigkeit verbundenen Leistungen erbringen zu können, werde die Klägerin weitere Therapeuten beschäftigen, sobald die Ermächtigung entsprechend erteilt sei.
Mit Beschluss vom 10. November 2010 ermächtigte der Zulassungsausschuss die Hochschulambulanz zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung als Institutsambulanz für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2012. Durch den Zulassungsausschuss wurde das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2010 vor dem Sozialgericht Berlin in dem Verfahren S 83 KA /09 seinerzeit nicht berücksichtigt. Unter anderem begrenzte der Zulassungsausschuss die Zahl der Behandlungsfälle auf 300 pro Jahr. Seine Entscheidung zur Fallzahlbegrenzung begründete er damit, dass ihm nicht plausibel dargestellt sei, warum bei gleicher Mitarbeiterzahl mehr Patienten in der Ambulanz untersucht und behandelt werden sollten.
Den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 10. November 2010 griff die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 26. Januar 2011 an, der sich unter anderem gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung von 300 auf 600 Behandlungsfälle pro Jahr richtete. Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass bereits im laufenden Jahr 2010 die Behandlungsfallzahl von 300 erreicht worden sei. Zu dieser Grundauslastung seien weitere 300 Behandlungsfälle zur Realisierung von Forschung und Lehre notwendig. Diese weiteren 300 Behandlungsfälle würden durch vier Forschungsprojekte generiert. Davon entfielen 210 Behandlungsfälle auf tatsächlich durchgeführte Verhaltenstherapien. Zudem würden 90 weitere Behandlungsfälle dadurch entstehen, dass mit Kandidaten für die Einbeziehung in die Forschungsprojekte probatorische Sitzungen und Eingangsdiagnostik durchgeführt würden, deren Ergebnis aber sei, dass die Patienten zur Einbeziehung in die Forschungsprojekte ungeeignet seien.
Mit Beschluss vom 23. Februar 2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin insoweit zurück, wie diese eine Erhöhung der Fallzahlbegrenzung beantragt hatte. Zwar sei gemäß § 117 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 SGB V die Ermächtigung so zu gestalten, dass die Hochschulambulanz die Untersuchung und Behandlung von Versicherten in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang durchführen könne. Die Zulassungsgremien dürften auch nicht beurteilen, welche Forschung und Lehre notwendig sei. Es sei aber nachvollziehbar zu begründen, welche Fallzahl für die Forschung und Lehre erforderlich sei, damit die Zulassungsgremien eine Grundlage für die ihnen obliegende Fallzahlbegrenzung erhalten könnten. Die Klägerin habe zwar nachvollziehbar dargestellt, welche Fallzahlen durch Lehre und Forschung generiert würden, doch sei die personelle Ausstattung des Instituts nicht ausreichend, um die angestrebten Behandlungsfälle versorgen zu können.
Am 3. Mai 2011 erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Sie habe nachvollziehbar dargestellt, dass zur Durchführung von Forschung und Lehre mindestens 600 Behandlungsfälle pro Jahr erforderlich seien. Das vorhandene Personal könne gewährleisten, dass die Behandlung der Versicherten unter ihrer Verantwortung erfolge. Die Ablehnung der beantragten Erhöhung stelle einen rechtswidrigen Eingriff der Zulassungsgremien in ihre nach Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz geschützte Forschungs- und Lehrfreiheit dar. Der Prüfungsrahmen des Beklagten sei vorliegend beschränkt: ihm stehe weder ein Ermessens-, noch ein Beurteilungsspielraum zu. Die Interessen der bereits niedergelassenen Psychotherapeuten seien bei dieser Entscheidung ebenfalls unbeachtlich. Bedarfsplanerische Überlegungen seien nicht anzustellen, da eine Ermächtigung nach § 117 Absatz 2 SGB V gerade nicht zur Sicherstellung der Versorgung erfolge, sondern um Forschungsvorhaben zu ermöglichen und die Lehre voranzutreiben. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es auf die Frage der zu versorgenden Patienten und der möglichen Auswirkungen auf die Erwerbsmöglichkeiten der zugelassenen Vertragspsychotherapeuten nicht an. Allein maßgeblich sei, dass die konkret von den akademischen Mitarbeitern beabsichtigten Forschungs- und Lehrvorhaben mit den akademischen Mitarbeitern möglich seien, zur Realisierung dieser Vorhaben weitere Krankenbehandlungen nötig seien und damit verbunden eine Steigerung der Behandlungsfallzahlen plausibel dargestellt sei. Der Umfang der Ermächtigung hänge nicht von bestehenden Stellenplänen ab. Die in der Ermächtigung vorgesehenen Fallzahlen müssten mit den für die konkreten Forschungs- und Lehrvorhaben verbundenen Fallzahlen korrespondieren. Überdies hätte die Hochschulambulanz mit ihren 300 Behandlungsfällen lediglich den Umfang von 1,25 Praxen. Eine Erweiterung der Ermächtigung auf 600 Behandlungsfälle entspräche lediglich der Größe von 2,5 Praxen. Es bestehe die dringende Notwendigkeit, die Fallzahl zu erhöhen, um zwei Forschungsprojekte nicht zu gefährden. Es bleibe kein Raum für die vom Beklagten vertretene Auffassung, dass der für Forschung und Lehre erforderliche Umfang dadurch definiert werde, von wem die psychotherapeutischen Leistungen erbracht würden bzw., dass auf Honorarbasis beschäftigte Psychotherapeuten unbeachtet bleiben müssten. Der Beklagte habe vor dem Hintergrund des Art. 5 Abs. 3 GG keine Befugnis, hochschulorganisatorische Entscheidungen in Frage zu stellen und zu fordern, dass die psychotherapeutische Behandlung von fest angestellten Mitarbeitern durchgeführt werden müsse. Zudem verkenne der Beklagte, dass die insoweit bestandskräftige Ermächtigung ausdrücklich die Krankenbehandlung durch solche Personen umfasse, die (noch) nicht approbierte Psychotherapeuten seien. Die Bemessung der Fallzahlbegrenzung allein auf der Grundlage der von approbierten Psychotherapeuten durchführbaren Psychotherapien bliebe hinter der tatsächlichen Ermächtigung zurück.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 23. Februar 2011, soweit er in seiner Nummer 8 die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V auf 300 Behandlungsfälle pro Jahr begrenzt, zum Teil aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Zahl der Behandlungsfälle der Klägerin auf 600 Fälle pro Jahr zu begrenzen,
hilfsweise, den Beschluss des Beklagten vom 23. Februar 2011, soweit er in seiner Nummer 8 die Ermächtigung auf 300 Behandlungsfälle pro Jahr begrenzt, zum Teil aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Erhöhung der mit der Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V verbundenen Fallzahlbegrenzung von 300 Behandlungsfällen pro Jahr auf 600 Behandlungsfälle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich zum einen auf seine Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid. Ergänzend führt er aus, es sei Aufgabe des Trägers der Hochschule, die finanzielle und personelle Ausstattung vorzugeben, weshalb der so vorgegebene Bestand das bestimme und begrenze, was die Hochschule leisten könne und damit auch das, was für Forschung und Lehre an Fallzahlen erforderlich sei. Es sei nicht Aufgabe nach dem SGB V, Forschung und Lehre zu finanzieren. Daher hätten die Zulassungsgremien im Rahmen der streitigen Fallzahlbegrenzung nach § 117 Abs. 2 SGB V auch nur Patientenzahlen in dem Umfang "zur Verfügung zu stellen", den die Ambulanz mit den vorhandenen Ressourcen bewältigen könne. Die möglichen Fallzahlen seien nur an dem personellen Bestand der Ambulanz zu messen. Deswegen komme es auch auf entsprechende Stellenpläne an, denn nur diese definierten die Leistungsfähigkeit der entsprechenden Institute bzw. Ambulanzen. Auch ein in Einzelpraxis tätiger Arzt dürfe seine Tätigkeit nicht über den Umfang hinaus ausdehnen, der ihm zeitlich im Rahmen seiner Vollzulassung möglich sei. Dies gelte auch dann, wenn er – bei bestehenden Zulassungsbeschränkungen – weitere Ärzte anstelle. Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es sehr wohl auf die Anzahl der approbierten Psychotherapeuten an und nicht darauf, ob das vorhandene Personal – unabhängig von seiner Qualifikation – die Behandlung von Versicherten begleiten könne. Ein "Verantwortlicher" könne nicht beliebig viele Behandlungen delegieren. Studenten oder Doktoranden könnten eine Behandlung lediglich unter Anleitung qualifizierten Personals begleiten. Es stehe auch kein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheit von Forschung und Lehre in Frage. Vielmehr gelte – wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 01.07.1998 (Az. B 6 KA 43/97 R) ausgeführt habe -, dass mit der Erteilung der Ermächtigung nicht die Beschränkung, sondern die Verwirklichung des Grundrechts in Rede stehe. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass bei einer Überversorgung von 165% im Rahmen der psychotherapeutischen Versorgung in Berlin die Erwerbsmöglichkeiten der vorhandenen Behandler ohnehin erheblich eingeschränkt seien. Bei einer Genehmigung höherer Fallzahlen würde in die grundrechtlich geschützten Erwerbsmöglichkeiten anderer Leistunsgerbringer eingegriffen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen 2) – 6) haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vorlagen und Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist bereits mit dem Hauptantrag begründet.
Der angegriffene Beschluss des Beklagten vom 23. Februar 2011, der alleiniger Gegenstand der vorliegenden Klage ist, weil er den Bescheid des Zulassungsausschusses ersetzt hat (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. zum Beispiel BSG, SozR 3–2500 § 96 Nr. 1; Leitherer, in: Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2012, § 95, Rn. 2b), ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung auf 600 Fälle im Rahmen der ihr erteilten Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.
A. Anspruchsgrundlage für die Ermächtigung der Hochschulambulanz für Psychotherapie der Klägerin ist § 117 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 SGB V. Die maßgebliche Norm lautet:
(1) Der Zulassungsausschuss (§ 96) ist verpflichtet, auf Verlangen von Hochschulen oder Hochschulkliniken die Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs. 3 genannten Personen zu ermächtigen. Die Ermächtigung ist so zu gestalten, dass die Hochschulambulanzen die Untersuchung und Behandlung der in Satz 1 genannten Personen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang durchführen können. Das Nähere zur Durchführung der Ermächtigung regeln die Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich durch Vertrag mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Ermächtigung der Hochschulambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten im Rahmen des für Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs und der Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs. 3 genannten Personen in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 6a anerkannt sind, sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen. Im Rahmen der Ermächtigung der Hochschulambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten sind Fallzahlbegrenzungen vorzusehen. Für die Vergütung gilt § 120 Abs. 2 bis 4 entsprechend.
Das Gesetz schreibt in § 117 Absatz 2 Satz 2 SGB V also zwingend Fallzahlbegrenzungen vor. Die Beifügung entsprechender Nebenbestimmungen scheitert auch nicht daran, dass die Hochschulambulanzermächtigung auf entsprechendes Verlangen gemäß § 117 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 117 Absatz 1 Satz 1 SGB V zwingend zu erteilen ist, ihr Nebenbestimmungen daher gemäß § 32 Absatz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nur beigefügt werden dürfen, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist, oder wenn sie sicherstellen sollen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung erfüllt sind. Mit dem Gebot, die Ermächtigung auf den für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang festzulegen, erlaubt § 117 Absatz 2 Satz 1 SGB V nämlich den Erlass diesem Ziel dienender Nebenbestimmungen, wie etwa die Festlegung von Fallzahlen (vgl. in diesem Sinne auch BSG, Urteil vom 1. Juli 1998, - B 6 KA 43/97 R -, Juris).
1. Die Vorschrift des § 117 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V ist im Kontext der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Lehre und Forschung der Klägerin, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz (GG) zu sehen und auszulegen. Als Trägerin dieses Grundrechts ist die Klägerin zu umfassender wissenschaftlicher Betätigung berechtigt. Jegliche Beschränkung dieser Freiheit ist ein an Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zu messender Grundrechtseingriff. Dabei ist zu beachten, dass Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ein sogenanntes vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht ist, das nur durch Gesetz und inhaltlich lediglich aufgrund kollidierenden Verfassungsrechts überhaupt eingeschränkt werden kann (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 01.03.1978, 1 BvR 333/75 u.a., Juris, Rn. 154 ff.).
Eine gesetzliche Grundlage steht mit § 117 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V zur Verfügung.
Ein Verfassungsrechtsgut, das eine Einschränkung der Freiheit von Lehre und Forschung der Klägerin zu rechtfertigen vermag, stellt die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte dar (siehe auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2007, L 5 KA 3892/07 ER-B; Juris, Rn. 57 und 65). Zwar gewährt Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich keinen Schutz vor Konkurrenz (vgl. BVerfGE 34, 252, 256; 94, 372, 390 ff.). Wettbewerbsposition und Erträge unterliegen nämlich dem Risiko laufender Veränderung je nach den Marktverhältnissen (vgl. BVerfGE 105, 252, 265; 106, 275, 299). Eine Wettbewerbsveränderung durch Einzelakt, die erhebliche Konkurrenznachteile zur Folge hat, kann aber das Grundrecht der Berufsfreiheit beeinträchtigen, wenn sie im Zusammenhang mit staatlicher Planung und der Verteilung staatlicher Mittel steht (vgl. BVerfGE 82, 209, 224, für die Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan). Eine solche Situation ist hier im Grundsatz gegeben.
Der Konflikt zwischen den kollidierenden Verfassungsrechtsgütern ist im Sinne praktischer Konkordanz derart zu lösen, dass alle Rechtgüter einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, siehe etwa BVerfG, Urteil vom 16.05.1995, 1 BvR 1087/91 = BVerfGE 93, 1, 21).
Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen führen für die Auslegung von § 117 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V dazu, dass die Wissenschaftsfreiheit der Klägerin lediglich zu Gunsten der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte begrenzt werden darf und beide Verfassungsrechtsgüter – Berufsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit - einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren müssen. Die Freiheit von Forschung und Lehre der Klägerin muss sich also an den beruflichen Interessen der niedergelassenen Leistungserbringer messen lassen, die ihrerseits ein durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Grundrecht auf Betätigung im Rahmen der am Bedarf ausgerichteten Zulassung haben. Ihr Grundrecht der Berufsfreiheit gewährleistet dem Einzelnen die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage seiner persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Es konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung
2. Dem aus Art. 12 Abs. 1 GG herzuleitenden Schutz der niedergelassenen Vertragsärzte dienen grundsätzlich auch die Fallzahlbegrenzungen, so dass der Vorschrift des § 117 SGB V drittschützende Wirkung zukommt. Mit der Ermächtigung wird der Hochschulambulanz der Zugang zum regulierten Markt der niedergelassenen Vertragsärzte eröffnet.
Diese im Lichte des Art.12 Abs. 1 GG zu sehende Schutzfunktion der Fallzahlbegrenzungen kommt jedoch nur abgeschwächt zum Tragen, und zwar in dem Sinne, dass lediglich ein Übermaß an Behandlungen jenseits des für Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs nicht durch die Krankenkassen finanziert werden darf, diesseits des Übermaßes jedoch grundsätzlich ein Anspruch der betreffenden Hochschulambulanzen auf Finanzierung der von ihr durchgeführten Behandlungen besteht. Dies wird dadurch begründet, dass das Bundesverfassungsgericht – in Ausnahme zu dem Grundsatz, dass Art. 12 Abs. 1 GG keinen Schutz vor Konkurrenz gewährt (siehe dazu oben) – diesen den Vertragsärzten nur vor dem Hintergrund zugestanden hat, dass staatliche Eingriffe in Gestalt von Zulassungsbeschränkungen und der Deckelung der Gesamtvergütung ihre berufliche Tätigkeit bestimmen. Der Zustrom der Leistungserbringer wird durch Mechanismen der Bedarfsplanung gelenkt. Reflex dieser Zugangsbeschränkungen ist eine Begünstigung des einzelnen Vertragsarztes, der innerhalb des geschlossenen Systems der vertragsärztlichen Versorgung nur einer für ihn noch tragbaren Konkurrenz ausgesetzt ist. Dem Aspekt einer quantitativ begrenzten Konkurrenz kommt für die Berufsausübung des einzelnen Vertragsarztes gerade vor dem Hintergrund einer budgetierten Gesamtvergütung eine gesteigerte Bedeutung zu. Je mehr Ärzte Leistungen erbringen und abrechnen, desto geringer ist potentiell der Wert der einzelnen ärztlichen Leistung (BVerfG, Beschluss vom 17.08.2004, 1 BvR 378/00, Juris).
Die Vergütung der Behandlungen in den Hochschulambulanzen erfolgt jedoch außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung, aus der sich die Erwerbsmöglichkeiten der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten speisen. Die Vergütung der niedergelassenen Psychotherapeuten je Behandlungsfall sinkt also nicht dadurch, dass Behandlungen auch in den psychotherapeutischen Hochschulambulanzen durchgeführt werden. Der Schutzzweck, den Art. 12 Abs. 1 GG den niedergelassenen Vertragsärzten und -psychotherapeuten vermittelt, kann also nur eingeschränkt zum Tragen kommen. Dieser eingeschränkte Schutzzweck besteht vor dem Hintergrund, dass zwar durch die Behandlungstätigkeit der Hochschulambulanzen die vertragsärztliche Gesamtvergütung nicht geschmälert wird, wohl aber den Vertragsärzten Behandlungsfälle und damit auch Erwerbschancen genommen werden.
Selbst der letztgenannte Umstand ist jedoch vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG nicht geeignet, einen intensiveren Schutz gegen Eingriffe zu vermitteln. Denn die Subsidiarität von Ermächtigungen gegenüber Vertragsarztzulassungen gilt nicht im Rahmen von Ermächtigungen nach § 117 Abs. 2 SGB V. Bei § 117 SGB V geht es unabhängig von einem im System des SGB V ggf. bereits befriedigten Versorgungsbedarf allein um den Anspruch der Hochschulen zur Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Zusammenhang mit Forschung und Lehre (BSG, Urteil vom 05.02.2003, B 6 KA 26/02 R, Juris Rn. 44, m.w.N.). Die Bedarfsplanung erfasst also die gemäß § 117 SGB V Ermächtigten nicht.
B. Zieht das Verfassungsrecht, konkretisiert durch die gesetzlichen Vorgaben des § 117 SGB V, dem "für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang" demnach nur Grenzen im Sinne eines Übermaßverbotes, so hat der Beklagte dies bei der von ihm vorgenommenen Fallzahlbegrenzung nicht beachtet. Vielmehr bestand vorliegend eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 SGB V mit – gemäß dem Antrag der Klägerin - einer Fallzahlbegrenzung von 600, beschreibt diese doch den für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang.
1. Die Höhe der Fallzahlbegrenzung ist von dem tatsächlichen Umfang der Lehre und Forschung der antragstellenden Hochschule abhängig. Sie wird damit nicht in das Belieben der Hochschule gestellt. Die Hochschule kann nicht jegliche Fallzahlbegrenzung der Ermächtigung unter Berufung auf die Freiheit von Lehre und Forschung erlangen. Es ist deshalb zu prüfen, welchen Umfang die Lehre und Forschung der Hochschule hat und welche Anzahl an Behandlungsfällen für die Realisierung dieser Lehr- und Forschungstätigkeit erforderlich ist. Dabei ist allein maßgeblich, welche Lehr- und Forschungsvorhaben die Klägerin konkret durchführt bzw. konkret plant. Der Umfang der Ermächtigung in Gestalt der Höhe der Fallzahlbegrenzung folgt dann aus den für die Realisierung dieser konkreten Lehr- und Forschungsprojekte notwendigen Behandlungsfallzahlen. Deshalb sind die Zulassungsgremien bei der Prüfung der mit der Ermächtigung festzulegenden Fallzahlbegrenzung allein darauf beschränkt, die Angaben der Hochschule zur notwendigen Fallzahl dahingehend zu prüfen, ob diese Angaben plausibel und nachvollziehbar sind.
Die Klägerin hat nachvollziehbar dargestellt, dass für die an ihrer Hochschulambulanz durchgeführte Lehre und Forschung tatsächlich mindestens 600 Behandlungsfälle pro Jahr benötigt werden. Die in der Vergangenheit geltende Fallzahlbegrenzung von 300 Fällen wurde mit den im Jahr 2010 schon umgesetzten und auch in den Folgejahren fortgeführten Projekten in Forschung und Lehre erreicht. Die Fallzahlen der vier abgeschlossenen Abrechnungsquartale II/2010 bis I/2011 zeigen, dass die ohne die geplanten neuen Projekte bereits anfallende Behandlungsfallzahl die bestehende Fallzahlbegrenzung ausfüllt. Im Quartal II/2010 fielen 87 Behandlungsfälle, im Quartal III/2010 92 Behandlungsfälle und im Quartal IV/2010 84 Behandlungsfälle an. Die Behandlungsfallzahl des Quartals I/2011 beträgt 91 Fälle. In dem genannten Jahreszeitraum sind also 354 Behandlungsfälle angefallen. Mit dem derzeitigen Lehr- und Forschungsbetrieb wird die Fallzahlbegrenzung von 300 Behandlungsfällen pro Jahr bereits mehr als erreicht. Die Klägerin hat eingehend dargelegt, dass zusätzlich zu diesen Behandlungsfällen weitere Forschungsprojekte weitere Behandlungsfälle generieren. Die beantragte Erhöhung der Fallzahlbegrenzung hat sie damit begründet, dass bei der Durchführung von vier neuen Forschungsprojekten 210 Behandlungsfälle anfallen würden und weitere 90 Behandlungsfälle dadurch entstehen würden, dass im Ergebnis diagnostischer Abklärungen oder probatorischer Sitzungen diese Behandlungsfälle nicht in die Langzeittherapien der einzelnen Lehr- und Forschungsprojekte überführt werden können. Zudem seien inzwischen zwei weitere Forschungsprojekte hinzugetreten, so dass nunmehr sechs Forschungsprojekte angelegt seien, deren Durchführung davon abhänge, dass die psychotherapeutischen Behandlungen auf der Grundlage der Ermächtigung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V vergütet werden. Konkret sind dies die folgenden Projekte:
(1) Ein Projekt befasst sich mit der Evaluation von kognitiver Verhaltenstherapie bei sozialen Angststörungen. Die Leitung dieses Projekts liegt bei Frau Professor Dr. R. Für dieses Projekt werden ca. 20 Patienten benötigt, deren Behandlung sich über mindestens drei Quartale erstrecken wird, so dass im Ergebnis ca. 60 Behandlungsfälle pro Jahr anfallen.
(2) Weiterhin wird ein multizentrisches Forschungsprojekt zur Behandlung von Patienten mit komplexen Traumatisierungen, Posttraumatischer Belastungsstörung und Borderline-Persönlichkeitsstörung durchgeführt. Dieses wird ebenfalls von Frau Professor Dr. R geleitet und in Kooperation mit Frau Professor Dr. Ro (Universität E ) sowie mit Dr. S (Universität F t) umgesetzt. Wiederum werden ca. 20 Patienten in einer Langzeittherapie über mindestens vier Quartale behandelt werden. Damit fallen in diesem Projekt ca. 80 Behandlungsfälle pro Jahr an.
(3) Außerdem soll an der Hochschulambulanz eine LAC-Studie zur Behandlung chronischer Depression unter der Leitung von Dr. K durchgeführt werden. Dieses Projekt wird in Kooperation mit Professor H (T ) und Professor L -B (F ) durchgeführt. Gemäß dem Schreiben von Frau Professor Dr. R vom 18. Mai 2011 ist hier mit ca. 40 Behandlungsfällen pro Jahr zu rechnen, denn es wird mit einer Patientenzahl von ca. 10 Patienten, deren Behandlung über mindestens vier Quartale andauern wird, kalkuliert.
(4) Ein weiteres von Dr. L und Frau Professor Dr. R geleitetes Projekt zur Evaluation der Behandlung von Depressionen im Alter wird zu ca. 30 Behandlungsfällen pro Jahr führen. Hier werden voraussichtlich 10 Patienten über mindestens 3 Quartale behandelt werden.
(5) In Kooperation mit der C B und dem dort verantwortlichen Herrn Dr. Rö wird ein neues Projekt zur Erforschung der Diagnostik und Behandlung von Autismusspektrumsstörungen beginnen. Wie sich aus dem Schreiben von Herrn Dr. Rö vom 9. Mai 2011 ergibt, werden hier pro Jahr ca. 80 Behandlungsfälle generiert werden. Das Projekt soll fortlaufend zunächst implementiert und evaluiert und sodann angepasst werden.
(6) In Kooperation mit Professor Dr. N wird schließlich Forschung und Lehre zu klinisch-neuropsychologischen Fragestellungen durchgeführt. Im Rahmen dieser diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen werden 15 Fälle pro Quartal und damit 60 Behandlungsfälle pro Jahr anfallen.
Alle Angaben zu den oben genannten Projekten belegte die Klägerin, indem sie Schreiben derjenigen Professoren vorlegte, die diese Projekte leiten. An der Richtigkeit der Angaben der Klägerin bestehen für die Kammer keine Zweifel. Ihnen sind auch weder die Beklagte, noch die Beigeladenen entgegengetreten.
Für die Rekrutierung dieser für die neuen Projekte insgesamt benötigten 370 Patienten, die sich im Rahmen der Forschungsprojekte in eine psychotherapeutische Langzeittherapie begeben, ist – wie die Klägerin überzeugend dargelegt hat – eine umfangreiche differentialdiagnostische Abklärung zur Prüfung der Ein- und Ausschlusskriterien erforderlich. Bei der Auswertung der in den Jahren 2009 und 2010 bereits durchgeführten Lehr- und Forschungsprojekte hat sich der Klägerin gezeigt, dass rund 35% der Patienten, die in die Hochschulambulanz kamen, im Ergebnis der diagnostischen Abklärung oder von probatorischen Sitzungen nicht in die Langzeittherapie der einzelnen Lehr- und Forschungsprojekte überführt werden konnten. Für die Gestaltung der Ermächtigung ist deshalb davon auszugehen, dass weitere rund 130 Behandlungsfälle, die zusätzlich zu den 370 Behandlungsfällen anfallen werden, im Rahmen der neuen Projekte behandelt werden. Damit ist im Rahmen der neuen Lehr- und Forschungsprojekte von insgesamt rund 500 weiteren Behandlungsfällen auszugehen.
Da die Klägerin ursprünglich jedoch nur einen Antrag auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung um 300 Behandlungsfälle gestellt hatte, kann auch im vorliegenden Klageverfahren eine Erhöhung der Fallzahlbegrenzung lediglich um 300 Behandlungsfälle erlangt werden.
Das für die Gestaltung der Fallzahlbegrenzung allein maßgebliche Kriterium des erforderlichen Umfangs für Lehre und Forschung ist damit erfüllt. Für die Kammer ist dargelegt, dass mit der ausgesprochenen Fallzahlbegrenzung von 300 Behandlungsfällen pro Jahr die Ausübung der Forschung durch die Klägerin nicht mehr in erforderlichem Maße sichergestellt ist.
2. Der Beklagte macht die Gestaltung der Fallzahlbegrenzung zu Unrecht von einem weiteren Kriterium abhängig, indem er eruiert, ob mit dem vorhandenen Personalbestand der Hochschulambulanz die mit einer Erhöhung der Fallzahlbegrenzung verbundenen Krankenbehandlungen durchgeführt werden können. Er setzt den Personalbestand zu den Aufgaben der Ambulanz in Beziehung und stellt fest, welchen Umfang der Behandlung bzw. welche Behandlungsfallzahlen das vorhandene Personal eigenverantwortlich gewährleisten kann. Die Fallzahlbeschränkung habe sich – so der Beklagte - nicht allein an den Vorhaben der Klägerin auszurichten, sondern vielmehr an der vorgegebenen Größe des Instituts und der sich daraus ergebenden Möglichkeit zur Durchführung der psychotherapeutischen Behandlung. Der Beklagte wies darauf hin, dass ein niedergelassener Therapeut eine Fallzahl von etwa 60 bis 80 pro Jahr erreichen könne. In der Hochschulambulanz der Klägerin sollten eine Institutsleiterin (Professorin) sowie drei akademische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Approbation in Teilzeit (halbtags) beschäftigt werden, wobei zwei weitere Professoren in der Ambulanz tätig werden sollten und zusätzlich Herr Professor Dr. N r für die Diagnostik von Demenzkranken, so dass insgesamt vier Professoren und drei weitere Mitarbeiter als Behandler in Betracht kämen. Allein die Leiterin der Ambulanz dürfte dort hauptamtlich tätig sein, während die übrigen drei Professoren allenfalls halbtags für die Behandlung von Versicherten zur Verfügung stünden, wenn man berücksichtige, dass diese auch noch Arbeitszeit für Lehre und Verwaltung aufwenden müssten. Addiere man für die drei halbtags beschäftigten Mitarbeiter eine Behandlerzahl von 1,5 hinzu, so sei insgesamt von 3,5 für die Behandlung der Versicherten zur Verfügung stehenden Personen auszugehen. Selbst bei einer maximalen Behandlungszahl von 80 Fällen je Behandler pro Jahr ergäbe sich daraus eine Fallzahl von höchstens 280 pro Jahr. Dem liege zugrunde, dass der Zeitaufwand der Behandlung in der Hochschulambulanz demjenigen in der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung von Versicherten durch niedergelassene Psychotherapeuten entspreche.
Diese Berechnung hält die Kammer bereits vor dem Hintergrund für nicht belastbar, als dass die psychotherapeutischen Behandlungen – wie auch Frau Professor Dr. R noch einmal in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat – ausschließlich von an der Hochschulambulanz tätigen Honorarkräften durchgeführt werden, während die Professoren und wissenschaftlichen Assistenten lediglich mit der Supervision der Behandlungen betraut sind und sich der Aufgabe widmen, dass die zu erforschenden Behandlungsansätze den wissenschaftlichen Vorgaben entsprechend in die Praxis übertragen werden. Werden Behandlungskapazitäten anhand einer möglichen Auslastung der an der Institutsambulanz tätigen Professoren und wissenschaftlichen Assistenten gemessen, so wird diese Realität verkannt.
Zudem macht der Wortlaut des § 117 SGB V die Bemessung der Fallzahlbegrenzung jedenfalls nicht von der Anzahl der die Krankenbehandlung durchführenden Personen abhängig. Der Umfang der Ermächtigung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V kann allein vom Umfang der Lehre und Forschung der Hochschule begrenzt werden. Die mit der Krankenbehandlung befassten Behandler liefern mit der Durchführung der Psychotherapie allein die Grundlage der Lehre und Forschung. Die Krankenbehandlung selbst ist indes keine Lehr- oder Forschungstätigkeit. Es kann deshalb für die Beurteilung des Umfangs von Lehre und Forschung im Sinne des § 117 Abs. 2 SGB V auch nicht auf die Zahl der die Krankenbehandlung durchführenden Personen und deren Tätigkeitsumfänge ankommen.
Vor diesem Hintergrund stellt die Anknüpfung des "erforderlichen Umfangs" entsprechend § 117 Abs. 1 Satz 2 SGB V an den vom Träger der Hochschule vorgegebenen Personalbestand keinen geeigneten Maßstab zur Beschränkung der Fallzahlen dar, wie sie in § 117 Abs. 2 SGB V dem Grunde nach vorgesehen ist.
C. 1. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die Klägerin den Umfang ihrer Ermächtigung auch nicht im Sinne eines Automatismus selbst ausweiten. Denn begrenzendes Kriterium der Ermächtigung ist die Forschungs- und Lehrkapazität der Klägerin. Nur solche Krankenbehandlungen, welche die akademischen Mitarbeiter der Klägerin auch zum Gegenstand der Forschung und Lehre machen können, können von der Ermächtigung erfasst werden. Die in der Ermächtigung vorgesehenen Fallzahlen müssen deshalb mit den für die konkreten Forschungs- und Lehrvorhaben verbundenen Fallzahlen korrespondieren. Versorgungsaspekte und die Nachfrage durch Patienten sind unbeachtlich. Maßstab für die Gestaltung der Fallzahlbegrenzung sind allein die konkreten Forschungs- und Lehrvorhaben.
2. Befürchtungen, wonach es bei einer Ausweitung der Behandlungsfallzahlen zu einer Finanzierung von Forschung und Lehre durch die Krankenkassen kommt – entgegen dem Grundsatz, dass diese aus Eigenmitteln der Universität sowie aus Drittmitteln zu bestreiten sind – hält die Kammer für unbegründet. Zu Lasten der Krankenkassen können nur solche Behandlungen abgerechnet werden, die der Leistungslegende einer Gebührenordnungsposition entsprechen und die ein in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses anerkanntes Therapieverfahren darstellen. Rein forschende Tätigkeiten, die sich nicht entsprechend verankern und anbinden lassen, sind ohnehin nicht berechnungsfähig.
3. Ein Vergleich mit den Fallzahlbegrenzungen psychotherapeutischer Ambulanzen anderer Hochschulen zeigt zudem, dass die von der Klägerin begehrte Dimension der Fallzahlbegrenzung nicht außergewöhnlich ist. So ist die Ermächtigung der Hochschulambulanz der Humboldt-Universität Berlin seit dem 01.01.2008 auf 650 Behandlungsfälle pro Jahr begrenzt. Die von der Klägerin vorgelegte Übersicht über die Fallzahlbegrenzungen weiterer Hochschulambulanzen in Deutschland ergibt – bei Ermächtigungen für insgesamt 36 Psychotherapie-Ambulanzen – Fallzahlbegrenzungen von zwischen 30 in Saarbrücken und jeweils 1.200 in Bochum, Bremen und Münster (Scheine pro Quartal, Stand 30.03.2011).
4. Zwar muss den Zulassungsgremien bei der Festlegung der Fallzahlbegrenzung grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum zugestanden werden, so dass im Grundsatz nur eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung im Sinne des Hilfsantrags der Klägerin in Betracht käme. Denn für die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang durch die Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 SGB V berufliche Interessen niedergelassener Vertragsärzte beeinträchtigt werden, sind auch regionale Besonderheiten des Versorgungsgebietes zu berücksichtigen (in diesem Sinne auch: Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, 70. Ergänzungslieferung 2010, § 117 SGB V, Rn. 6). Angesichts des Handelns in einem grundrechtssensiblen Bereich sind diesem Beurteilungsspielraum jedoch enge Grenzen zu ziehen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass – anders als in Fällen, in denen es auf einen bestimmten Versorgungsbedarf ankommt und die paritätisch besetzten ortsnahen und fachkundigen Zulassungsgremien eine Vielzahl von Faktoren in ihre Entscheidung einbeziehen müssen (dazu etwa BSG, Urteil vom 05.11.2008, B 6 KA 10/08 R, Juris) - Bedarfsfragen im Rahmen der Ermächtigung des § 117 Abs. 1 Satz 2 SGB V von vornherein keine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 05.02.2003, B 6 KA 26/02 R, Juris, Rn. 44, vgl. dazu auch die obigen Ausführungen). Vorliegend kommt hinzu, dass die Klägerin im Klageverfahren – wie auch schon zuvor im Verwaltungsverfahren - sehr detaillierte Angaben zu den durchzuführenden Forschungsprojekten und den dafür benötigten Behandlungsfallzahlen gemacht hat. Diese Angaben, die Frau Professor Dr. R in der mündlichen Verhandlung noch einmal spezifiziert und eingehend dargelegt hat, belegen – wie bereits oben ausgeführt – 500 weitere Behandlungsfälle. Vorliegend sind jedoch – entsprechend dem Entscheidungsumfang im Verwaltungsverfahren - nur 300 weitere Behandlungsfälle beantragt und zugesprochen, so dass das, was das Gericht gewährt, bereits mit einem erheblichen "Sicherheitsabschlag" versehen ist. Da vorliegend also einerseits hoch plausible und von dem Beklagten nicht in Abrede gestellte Angaben zu den Behandlungsfallzahlen gemacht wurden und andererseits ein grundrechtsintensiver Bereich betroffen ist, in dem Einschätzungsprärogativen der Verwaltung nur eine untergeordnete Rolle spielen, erachtete die Kammer den Beurteilungsspielraum des Beklagten für soweit eingeengt, dass nicht nur eine Verpflichtung zur Neubescheidung ausgesprochen werden konnte, sondern – gemäß dem Hauptantrag – eine Verpflichtung auf Zuerkennung einer konkreten Anzahl weiterer Behandlungsfälle.
D. Dem geltend gemachten Anspruch kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Klägerin mit ihrem Begehren gegen den aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – "Treu und Glauben" - herzuleitenden und auch im Sozialrecht gültigen allgemeinen Rechtsgedanken des venire contra factum proprium, nach dem sich niemand in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen darf, verstoßen würde. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in dem Klageverfahren zum Aktenzeichen S 83 KA /09 war der Rechtsstreit, soweit er die Höhe der Fallzahlbegrenzung betraf, nicht mehr anhängig. In dieser Hinsicht hatte die Klägerin ihre Klage in jenem Rechtsstreit bereits mit Schriftsatz vom 22. Juni 2010 zurückgenommen. In der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2010 ist die Höhe der Fallzahlbegrenzung deshalb nicht mehr Gegenstand von Vergleichsverhandlungen geworden. Die Fallzahlbegrenzung ist aber auch deshalb nicht Gegenstand eines Vergleichs geworden, weil der für den Beklagten an der mündlichen Verhandlung teilnehmende Vorsitzende des Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass ein Antrag auf Erhöhung der Fallzahlbegrenzung in einem erneuten Antragsverfahren Erfolgsaussichten haben dürfte, wenn neue Gesichtspunkte für eine Fallzahlerhöhung vorgetragen würden. Bereits in seinem Beschluss vom 10. Juni 2009 hatte der Beklagte darauf hingewiesen, dass eine Erhöhung der Fallzahlbegrenzung in einem separaten Antragsverfahren erlangt werden könne. Daraufhin beantragte die Klägerin am 2. August 2010 unter anderem die hier streitige Erhöhung der Fallzahlbegrenzung unter Hinweis auf die bereits oben aufgezählten neu geplanten Forschungsprojekte. Es lag ein neuer Sachverhalt vor, so dass ein erneuter Antrag kein widersprüchliches oder treuwidriges Verhalten der Klägerin darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), soweit dem Beklagten die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt wurden.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht erstattungsfähig, weil sie entweder selbst einen Klageantrag gestellt haben, mit dem sie unterlegen sind (Beigeladene zu 1), oder weil sie keinen Klageantrag gestellt und damit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen sind (Beigeladene zu 2 bis 6), § 162 Abs. 3 VwGO.
Entgegen § 154 Abs. 3 VwGO, wonach dem Beigeladenen Kosten dann auferlegt werden können, wenn er Anträge gestellt hat, hat die Kammer davon abgesehen, die Beigeladene zu 1), die einen eigenen Klageantrag gestellt hatte, teilweise mit den Kosten des Verfahrens (Gerichtskosten und notwendige außergerichtliche Kosten der Klägerin) zu belasten. Zwar hat sich die Beigeladene zu 1) durch den von ihr gestellten Antrag einem Kostenrisiko ausgesetzt und ist in dem Rechtsstreit unterlegen. Dies hätte es grundsätzlich sachgerecht erscheinen lassen, sie teilweise mit den Verfahrenskosten zu belasten. Dennoch hat die Kammer vorliegend davon abgesehen: die tragende Rolle während des gesamten Verfahrens spielte der Beklagte. Er ist während des gesamten Verfahrens in Widerstreit mit der Klägerin getreten. Die Beigeladene zu 1) hatte sich weder im Verwaltungsverfahren, noch während des Gerichtsverfahrens zu wesentlichen Fragen geäußert. Allein der Umstand, dass Sie letztlich einen mit dem Beklagten übereinstimmenden Klageantrag formuliert hat und mit diesem unterlegen ist, gebietet es bei einer Gesamtschau des Verfahrens noch nicht, von der Möglichkeit des § 154 Abs. 3 VwGO – die keine zwingende Regelung darstellt – Gebrauch zu machen.
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