Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 P 86/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 72/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verschulden des gesetzlichen Vertreters und des Prozessbevollmächtigten steht dem Verschulden des Beteiligten gleich.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 8. Juni 2011 wird als unzulässig verworfen.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die 1927 geborene Klägerin ist Rechtsnachfolgerin von A. T., zuletzt wohnhaft in A-Stadt, M-Straße 6. Frau T., im November 2010 verstorben, ließ im Mai 2010 durch ihren Bevollmächtigten bei der Beklagten beantragen, dass diese einen Versorgungsvertrag mit der polnischen Pflegerin K. K. abschließe. Anschließend sollte diese die Pflege von Frau T. als Sachleistung nach § 36 Sozialgesetzbuch (SGB) XI erbringen. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2010 ab.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.12.2010 durch ihren Bevollmächtigten Klage beim Sozialgericht Würzburg erhoben. Die Generalvollmacht der Klägerin an ihren Sohn vom 22.11.1990 ist vorgelegt worden.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch Gerichtsbescheid vom 08.06.2011 abgewiesen. Es habe kein Vertragsverhältnis zwischen der Pflegekraft und der Beklagten nach § 77 SGB XI bestanden. Die Klägerin sei nicht befugt, die Rechte der Pflegekraft auf Abschluss eines Vertrags mit der Beklagten in eigenem Namen geltend zu machen, ebenso wenig die Zahlungsansprüche der Pflegekraft, welche dieser bei Vorliegen eines Vertrages gemäß § 77 SGB XI nach § 36 SGB XI direkt gegen die Beklagte zustünden.
Der Gerichtsbescheid wurde laut Zustellungsurkunde am 16.06.2011 in den zur Wohnung des Bevollmächtigten der Klägerin gehörenden Briefkasten eingelegt. Am 01.08.2011 ist der Bevollmächtigte der Klägerin beim Sozialgericht Würzburg erschienen und hat gegen den Gerichtsbescheid Berufung eingelegt. Dieser sei zwar am 16.06.2011 zugestellt worden. Da er aber vom 10.06.2011 bis 31.07.2011 im Urlaub in Polen gewesen sei, habe er erst am 31.07.2011 seine Post öffnen können. Am 05.08.2011 ist die Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingegangen.
Mit Schreiben vom 02.09.2011 hat die Beklagte ausgeführt, dass die Berufung verfristet eingegangen sei. Der Bevollmächtigte hat daraufhin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Seine Mutter sei pflegebedürftig und werde von ihm oft auch gepflegt. Deshalb sei er nicht in der Lage gewesen, rechtzeitig im Juli auf das Schreiben zu antworten. Die Pflegekraft seiner verstorbenen Tante habe einen Anspruch auf Bezahlung. Er hat ein ärztliches Attest vorgelegt, dass seine Mutter A. eine Pflegeperson in der Wohnung benötige. Mit Schreiben vom 17.11.2011 hat der Senat nochmals darauf hingewiesen, dass Wiedereinsetzungsgründe nicht ersichtlich seien.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2012 ist die Klägerin weder selbst erschienen noch war sie vertreten. Der Bevollmächtigte der Klägerin wurde mit Postzustellungsurkunde vom 030.03.2012 ordnungsgemäß zum Termin geladen.
Der Bevollmächtigte stellt sinngemäß den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 08.06.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2010 zu verpflichten, mit Frau K. K. einen Pflegevertrag nach § 77 SGB XI abzuschließen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Durch Beschluss vom 24.02.2012 war die Berufung gemäß § 153 Abs.5 Sozialgerichtsgesetz - SGG auf die Berichterstatterin übertragen worden. Deshalb konnte diese zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern über die Berufung entscheiden.
Gemäß § 126 SGG konnte der Senat trotz Ausbleibens der Klägerin entscheiden, da sie in der Ladung darauf hingewiesen worden war.
Die formgerecht eingelegte Berufung ist nicht fristgerecht eingegangen und damit unzulässig. Denn sie ist nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Gerichtsbescheides eingelegt worden (§ 151 Abs.1 SGG).
Der Gerichtsbescheid vom 08.06.2011 wurde dem Bevollmächtigten am 16.06.2011 durch Einlegen in den Briefkasten gemäß § 180 Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt. Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts Anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des nächsten Monats, der nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis fällt (§ 64 Abs.1 und 2 SGG).
Die Frist begann somit hier am 17.06.2011 und endete mit Ablauf des 18.07.2011, da der 16.07.2011 ein Samstag war (§ 64 Abs.3 SGG). Die Berufung ist aber erst am 01.08.2011 beim Sozialgericht Würzburg erhoben worden und damit, weil verspätet, als unzulässig zu verwerfen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG liegen nicht vor. Zunächst hat der Bevollmächtigte geltend gemacht, er sei bis 31.07.2011 verreist gewesen. Dies stellt keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs.1 SGG dar. Entscheidend ist, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Das Verschulden des gesetzlichen Vertreters und des Prozessbevollmächtigten steht hierbei dem Verschulden des Beteiligten gleich. Bei Urlaubsabwesenheit ist Verschulden anzunehmen, wenn mit einer Zustellung gerade in dieser Zeit zu rechnen war. Dies trifft hier zu, da der Gerichtsbescheid mit Schreiben vom 09.05.2011 angekündigt worden war, wobei gleichzeitig darauf hingewiesen wurde, dass er nicht vor dem 25.05.2011 ergehen werde. Wenn der Bevollmächtigte somit am 10.06.2011 in Urlaub gefahren war, musste er damit rechnen, dass in dieser Zeit der Gerichtsbescheid zugestellt werden würde. Er hätte deshalb dafür sorgen müssen, dass eingehende Sendungen den Beteiligten erreichen. Dies gilt um so mehr, als der Urlaub länger als sechs Wochen dauerte.
Die spätere Einlassung des Bevollmächtigten, die Klägerin sei pflegebedürftig und er pflege sie in ihrer Wohnung, ist im Hinblick auf die Ersteinlassung nicht glaubhaft. Dies gilt um so mehr, als beide in der gleichen Stadt wohnen. Dann ist vollkommen unverständlich, warum der Bevollmächtigte seine Post nicht rechtzeitig vorgefunden haben soll.
Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen (§§ 151 Abs.1, 158 Abs.1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Vorliegend ist die Klägerin nicht kostenprivilegiert nach § 183 Satz 1 SGG. Insbesondere ist sie nicht Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne des § 56 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I). Auch eine Kostenprivilegierung nach § 183 Satz 2 SGG scheidet aus, da die Berufung nicht von der Versicherten eingelegt und dann von der Klägerin aufgenommen worden ist.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs.1 und Abs.2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die 1927 geborene Klägerin ist Rechtsnachfolgerin von A. T., zuletzt wohnhaft in A-Stadt, M-Straße 6. Frau T., im November 2010 verstorben, ließ im Mai 2010 durch ihren Bevollmächtigten bei der Beklagten beantragen, dass diese einen Versorgungsvertrag mit der polnischen Pflegerin K. K. abschließe. Anschließend sollte diese die Pflege von Frau T. als Sachleistung nach § 36 Sozialgesetzbuch (SGB) XI erbringen. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2010 ab.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.12.2010 durch ihren Bevollmächtigten Klage beim Sozialgericht Würzburg erhoben. Die Generalvollmacht der Klägerin an ihren Sohn vom 22.11.1990 ist vorgelegt worden.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch Gerichtsbescheid vom 08.06.2011 abgewiesen. Es habe kein Vertragsverhältnis zwischen der Pflegekraft und der Beklagten nach § 77 SGB XI bestanden. Die Klägerin sei nicht befugt, die Rechte der Pflegekraft auf Abschluss eines Vertrags mit der Beklagten in eigenem Namen geltend zu machen, ebenso wenig die Zahlungsansprüche der Pflegekraft, welche dieser bei Vorliegen eines Vertrages gemäß § 77 SGB XI nach § 36 SGB XI direkt gegen die Beklagte zustünden.
Der Gerichtsbescheid wurde laut Zustellungsurkunde am 16.06.2011 in den zur Wohnung des Bevollmächtigten der Klägerin gehörenden Briefkasten eingelegt. Am 01.08.2011 ist der Bevollmächtigte der Klägerin beim Sozialgericht Würzburg erschienen und hat gegen den Gerichtsbescheid Berufung eingelegt. Dieser sei zwar am 16.06.2011 zugestellt worden. Da er aber vom 10.06.2011 bis 31.07.2011 im Urlaub in Polen gewesen sei, habe er erst am 31.07.2011 seine Post öffnen können. Am 05.08.2011 ist die Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingegangen.
Mit Schreiben vom 02.09.2011 hat die Beklagte ausgeführt, dass die Berufung verfristet eingegangen sei. Der Bevollmächtigte hat daraufhin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Seine Mutter sei pflegebedürftig und werde von ihm oft auch gepflegt. Deshalb sei er nicht in der Lage gewesen, rechtzeitig im Juli auf das Schreiben zu antworten. Die Pflegekraft seiner verstorbenen Tante habe einen Anspruch auf Bezahlung. Er hat ein ärztliches Attest vorgelegt, dass seine Mutter A. eine Pflegeperson in der Wohnung benötige. Mit Schreiben vom 17.11.2011 hat der Senat nochmals darauf hingewiesen, dass Wiedereinsetzungsgründe nicht ersichtlich seien.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2012 ist die Klägerin weder selbst erschienen noch war sie vertreten. Der Bevollmächtigte der Klägerin wurde mit Postzustellungsurkunde vom 030.03.2012 ordnungsgemäß zum Termin geladen.
Der Bevollmächtigte stellt sinngemäß den Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 08.06.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2010 zu verpflichten, mit Frau K. K. einen Pflegevertrag nach § 77 SGB XI abzuschließen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Durch Beschluss vom 24.02.2012 war die Berufung gemäß § 153 Abs.5 Sozialgerichtsgesetz - SGG auf die Berichterstatterin übertragen worden. Deshalb konnte diese zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern über die Berufung entscheiden.
Gemäß § 126 SGG konnte der Senat trotz Ausbleibens der Klägerin entscheiden, da sie in der Ladung darauf hingewiesen worden war.
Die formgerecht eingelegte Berufung ist nicht fristgerecht eingegangen und damit unzulässig. Denn sie ist nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Gerichtsbescheides eingelegt worden (§ 151 Abs.1 SGG).
Der Gerichtsbescheid vom 08.06.2011 wurde dem Bevollmächtigten am 16.06.2011 durch Einlegen in den Briefkasten gemäß § 180 Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt. Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts Anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des nächsten Monats, der nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis fällt (§ 64 Abs.1 und 2 SGG).
Die Frist begann somit hier am 17.06.2011 und endete mit Ablauf des 18.07.2011, da der 16.07.2011 ein Samstag war (§ 64 Abs.3 SGG). Die Berufung ist aber erst am 01.08.2011 beim Sozialgericht Würzburg erhoben worden und damit, weil verspätet, als unzulässig zu verwerfen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG liegen nicht vor. Zunächst hat der Bevollmächtigte geltend gemacht, er sei bis 31.07.2011 verreist gewesen. Dies stellt keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs.1 SGG dar. Entscheidend ist, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Das Verschulden des gesetzlichen Vertreters und des Prozessbevollmächtigten steht hierbei dem Verschulden des Beteiligten gleich. Bei Urlaubsabwesenheit ist Verschulden anzunehmen, wenn mit einer Zustellung gerade in dieser Zeit zu rechnen war. Dies trifft hier zu, da der Gerichtsbescheid mit Schreiben vom 09.05.2011 angekündigt worden war, wobei gleichzeitig darauf hingewiesen wurde, dass er nicht vor dem 25.05.2011 ergehen werde. Wenn der Bevollmächtigte somit am 10.06.2011 in Urlaub gefahren war, musste er damit rechnen, dass in dieser Zeit der Gerichtsbescheid zugestellt werden würde. Er hätte deshalb dafür sorgen müssen, dass eingehende Sendungen den Beteiligten erreichen. Dies gilt um so mehr, als der Urlaub länger als sechs Wochen dauerte.
Die spätere Einlassung des Bevollmächtigten, die Klägerin sei pflegebedürftig und er pflege sie in ihrer Wohnung, ist im Hinblick auf die Ersteinlassung nicht glaubhaft. Dies gilt um so mehr, als beide in der gleichen Stadt wohnen. Dann ist vollkommen unverständlich, warum der Bevollmächtigte seine Post nicht rechtzeitig vorgefunden haben soll.
Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen (§§ 151 Abs.1, 158 Abs.1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Vorliegend ist die Klägerin nicht kostenprivilegiert nach § 183 Satz 1 SGG. Insbesondere ist sie nicht Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne des § 56 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I). Auch eine Kostenprivilegierung nach § 183 Satz 2 SGG scheidet aus, da die Berufung nicht von der Versicherten eingelegt und dann von der Klägerin aufgenommen worden ist.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs.1 und Abs.2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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