L 9 SO 399/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 44 (2) SO 173/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 399/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 05.07.2011 geändert. Der Bescheid vom 27.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2010 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger für beide Instanzen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte befugt war, die Bewilligung von Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 30.11.2009 aufzuheben.

Der am 00.00.1940 geborene und am 00.00.2012 verstorbene Herr X (im Folgenden: Leistungsempfänger) bezog von der Beklagten seit dem 01.12.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Die Kläger sind als seine gesetzlichen Erben seine Rechtsnachfolger. Die Klägerin zu 1) ist seine Ehefrau, die Klägerin zu 2) ihre gemeinsame Tochter und der Kläger zu 3) ihr gemeinsamer Sohn.

Die am 00.00.1947 geborene Klägerin zu 1) bezog ursprünglich Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit dem 01.02.2008 bezieht sie eine Altersrente für Frauen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, deren monatlicher Zahlbetrag ursprünglich 818,10 EUR, seit dem 01.07.2008 817,10 EUR und seit dem 01.07.2009 839,69 EUR betrug.

Der Leistungsempfänger und die Klägerin zu 1) bewohnten seit dem 01.01.2004 als Mieter eine Wohnung in einem Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 130 qm. Eigentümer dieses Haus war ursprünglich der Leistungsempfänger. Nach einer Insolvenz des früheren Unternehmens des Leistungsempfängers im Jahr 2003 erwarben die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann das Eigentum an der Immobilie im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Die vereinbarte monatliche Kalt-Miete des Leistungsempfängers und der Klägerin zu 1) betrug anfangs 400 EUR und wurde zum 01.03.2008 auf 500 EUR erhöht.

Mit Bescheid vom 17.11.2008 hatte die Beklagte dem Leistungsempfänger Grundsicherungsleistungen für die Zeit von Dezember 2008 bis November 2009 in Höhe von 260,86 EUR monatlich bewilligt. Hinsichtlich der Leistungsberechnung wird auf Blatt 314 bis 317 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Die Beklagte hatte in der Vergangenheit und seit dem 01.03.2008 nur angemessene Unterkunftskosten in Höhe von 351 EUR zuzüglich Heizkosten von 99,60 EUR monatlich berücksichtigt. Zur Klärung, wie eine von der Beklagten angenommene monatliche Unterdeckung von 211,40 EUR vom Leistungsempfänger aufgefangen werde, hatte die Beklagte den Leistungsempfänger zur Mitwirkung aufgefordert. Nachdem dieser Kontoauszüge vorgelegt und verschiedene Erklärungen abgegeben hatte, kam die Beklagte zu dem Ergebnis, dass aus den Unterlagen nicht nachvollziehbar sei, wie der Bedarf gedeckt werde.

Nach Anhörungsschreiben vom 21.01.2009 hob die Beklagte die Bewilligung der Sozialhilfeleistungen mit Bescheid vom 27.02.2009 für die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 30.11.2009 auf. Als Rechtsgrundlage führte die Beklagte § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an. Der Leistungsempfänger habe die Sicherstellung seines Lebensunterhaltes nicht plausibel nachgewiesen.

Zur Begründung seines am 06.03.2009 hiergegen erhobenen Widerspruchs trug der Leistungsempfänger vor, der Klägerin zu 1) und ihm stünden keine weiteren Mittel zur Verfügung. Ihre geringfügige selbständige Tätigkeit (Präsentation und Einzelhandel mit Modeschmuck) habe die Klägerin zu 1) wegen Erfolglosigkeit eingestellt. Vorgelegt wurde eine Erklärung der Kläger zu 2) und 3) vom 04.04.2009, mit der diese bestätigten, ihre Eltern fortlaufend ab Monat Juni 2008 wöchentlich mit Lebensmitteln in Form von Naturalien von insgesamt ca. 50 EUR für beide zusammen, also mit etwa 200 EUR monatlich zu unterstützen.

Nach ergänzender Anhörung des Leistungsempfängers durch Schreiben vom 17.04.2009 wies der Kreis Wesel nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2009, nun gestützt auf § 45 SGB X, als unbegründet zurück. Die Klägerin zu 1) verfüge über ein ausreichendes Arbeits- und Renteneinkommen und sei nicht hilfebedürftig. Der Leistungsempfänger selbst verfüge über kein Einkommen. Demgegenüber stehe ein Grundsicherungsbedarf, der sich zusammensetze aus den Regelsätzen in Höhe von jeweils 316 EUR sowie angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 469,60 EUR. Der Grundsicherungsbedarf betrage somit jeweils 550,80 EUR, insgesamt 1.101,60 EUR. Unter Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin zu 1) errechne sich für ihn ein ungedeckter Grundsicherungsbedarf von 260,68 EUR. Im Zuge des Widerspruchsverfahrens habe er vorgetragen, wöchentlich mit ca. 50 EUR (= monatlich 216,66 EUR) von seinen Kindern unterstützt zu werden. Der ungedeckte Grundsicherungsbedarf vermindere sich somit auf 44,20 EUR. Nach dem in § 2 SGB XII festgeschriebenen Nachrangprinzip erhalte derjenige keine Sozialhilfeleistung, der sich selbst helfen könne, oder der die erforderlichen Leistungen von anderen, insbesondere von Angehörigen erhalte. Zur Selbsthilfe gehöre vor allem der Einsatz des eigenen Einkommens und Vermögens. Der Hilfe Begehrende müsse beweisen, dass er seinen Lebensunterhalt nicht durch eigenes Einkommen oder Vermögen sicherstellen könne. Die Nichtaufklärbarkeit gehe zu seinen Lasten. Die einfache Erklärung, mittellos zu sein, sei nicht geeignet, Zweifel an der behaupteten Hilfebedürftigkeit auszuräumen.

Es könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass Hilfebedürftigkeit vorliege. Vielmehr sei die Annahme berechtigt, dass der Leistungsempfänger über nicht offenbarte Mittel verfüge oder der Lebensunterhalt durch Zuwendung Dritter sichergestellt werde. Die Zweifel resultierten daraus, dass ein bestehende Fehlbedarf an Miete in Höhe von 211,40 EUR getragen werde. Weiterhin würden alle eingehenden Einkünfte (Rente, Grundsicherungsleistung) bei einem Konto bei der Volksbank abgehoben und (teilweise höhere Beträge) auf ein Konto bei der Postbank wieder eingezahlt. Mittel für die Lebenshaltung würden gar nicht bzw. nur in sehr geringem Umfang eingesetzt. Dies wolle durch sparsames Wirtschaften sowie durch Aufgabe des Rauchens und Abschaffens des Pkw möglich geworden sein. Ferner unterstützen Tochter und Vermieterin den Leistungsempfänger beim Kauf vom Lebensmitteln im Wert von rund 50 EUR wöchentlich.

Darüber hinaus sei am 05.08.2008 ein Pkw VW Golf (Erstzulassung 22.04.2005) auf die Klägerin zu 2) zugelassen worden. Die entsprechende Kraftfahrzeugversicherung laufe auf den Namen des Leistungsempfängers und berechtige nur ihn und die Klägerin zu 2) zum Führen des Fahrzeugs. Es müsse also davon ausgegangen werden, dass der Leistungsempfänger Eigentümer des Fahrzeuges sei. Denn die Zulassung und Eintragung in dem Kfz-Brief berühre nicht die Eigentumsverhältnisse. Wenn ein Hilfesuchender als Eigentümer aber auch nur als Halter, Besitzer oder Fahrer ein Kraftfahrzeug betreibe, bestünden Zweifel daran, dass er nicht über Einkommen und Vermögen verfüge, mit dem er seinen notwendigen Lebensunterhalt sicherstellen könne. Denn die Hilfe zum Lebensunterhalt reiche nicht aus, um daraus auch noch die laufenden Betriebskosten eines Autos aufzubringen.

Hiergegen hat der Leistungsempfänger am 22.07.2009 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben.

Zur Begründung hat er vorgetragen, neben den Renteneinkünften der Klägerin zu 1) und der bisher erhaltenen Grundsicherungsleistung keine weiteren Einkünfte zu haben. Die selbständige Tätigkeit der Klägerin zu 1) sei seit Januar 2009 wegen Erfolgslosigkeit beendet worden. Die Klägerin zu 2) und sein Schwiegersohn unterstützten sie dadurch, dass die Miete für das von ihnen bewohnte 1-Familien-Haus mit 500 EUR Kaltmiete deutlich unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liege. Weitergehende Zuwendungen erfolgten darlehenshalber mit entsprechender Rückzahlungsverpflichtung. Den weiteren Bedarf habe er durch Erschöpfen des Kontokredites bei der Volks- und Raiffeisenbank über 850 EUR sowie durch eine Darlehensaufnahme in Höhe von mittlerweile mehreren tausend Euro durch den Schwiegersohn bestritten. Er sei auch nicht Eigentümer eines Fahrzeuges, sondern lediglich Versicherungsnehmer. Das Fahrzeug stünde im Eigentum seiner Tochter, die auch Halterin sei. Er und seine Frau seien lediglich berechtigt, das Fahrzeug zu nutzen. Die Kosten für die Versicherung und auch die Autosteuer würden von der Tochter aufgebracht, ebenso die gesamten Unterhaltskosten, auch die Benzinkosten. Wenn getankt werde, erstatte die Tochter das Geld. Werkstattkosten fielen nicht an, weil er Kfz-Meister sei und solche Dinge selber mache.

Die monatliche Unterstützung der Kinder hätte er nur annehmen können, weil er davon ausgegangen sei, dass die Sozialhilfe rückwirkend ab 2009 wieder aufgenommen werde und er dann in der Lage gewesen wäre, diese als Darlehen angenommenen Beträge zurückzuzahlen. Der Kläger zu 3) könne ihn nicht mehr unterstützen, weil er seit Oktober 2010 arbeitslos sei. Seit dem 01.07.2011 würden seine Kinder ihn nicht mehr unterstützen. Der Leistungsempfänger hat Versicherungen an Eides statt der Kläger zu 2) und 3) vom 10.05.2011 und 28.05.2011 vorgelegt.

Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten. Die Zweifel an der Bedürftigkeit des Leistungsempfängers bestünden weiterhin, ebenso sei die Eigentümereigenschaft des vom Leistungsempfänger genutzten Pkw nach wie vor ungeklärt. Trotz mehrfacher Aufforderung, den Kaufvertrag vorzulegen, sei dies nicht erfolgt. Die Auswertung der letzten Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) habe bezüglich der Fahrkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln 5,56 % des Regelecksatzes, pro Person 21,96 EUR, ergeben. Der Vorteil durch den zur Verfügung gestellten Pkw dürfe daher bei knapp 44,00 EUR monatlich liegen.

Unter Zugrundelegung des aktuellen N Mietspiegels (Stand 01.01.2008) könne für das 1-Familien-Haus in normaler Wohnlage eine Grundmiete zwischen 703,30 EUR und 878,90 EUR erzielt werden; der Mittelwert liege bei 795,60 EUR. In guter Wohnlage ließen sich Mieteinnahmen zwischen 808,60 EUR und 1.034,80 EUR erzielen; der Mittelwert liege bei 921,80 EUR. Es werde davon ausgegangen, dass das Haus in normaler Wohnlage liege. Der Vorteil dürfe mithin mit mindestens 203,30 EUR anzusetzen sein.

Mit Urteil vom 05.07.2011 hat das SG Duisburg die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung abgewiesen. Der Leistungsempfänger und die Beklagte hatten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt:

Die Beklagte habe die Bewilligung der Grundsicherungsleistungen zu Recht ab Februar 2009 zurückgenommen. Der Bescheid vom 17.12.2008 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Der Leistungsempfänger habe grundsätzlich bereits ab Dezember 2008 keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen gehabt. Aufgrund der Renteneinkünfte seiner Frau einerseits und der Zuwendungen durch seine Kinder andererseits überstiegen seine Einkünfte einen Anspruch auf Leistungen. Der Leistungsempfänger und seine Frau sein ausweislich der im Widerspruchsverfahren vorgelegten Bescheinigung seiner Kinder vom 04.04.2009 von diesen mit geldwerten Leistungen in Höhe von wöchentlich ca. 50 EUR unterstützt worden. Hierbei handele es sich ausweislich dieser Bescheinigung um Leistungen für Lebensmittel in Form von Naturalien mit entsprechendem Geldwert. Diese wöchentliche Unterstützung mit einem Geldwert von 50 EUR entspreche einer monatlichen Unterstützung von 216,66 EUR (50 x 13: 3), worauf die Beklagte im Widerspruchsbescheid bereits hingewiesen habe. Der nach dem Bescheid vom 17.12.2008 ungedeckte Grundsicherungsbedarf von 260,68 EUR vermindere sich dadurch auf 44,20 EUR.

Dass es sich bei diesen Zuwendungen um eine darlehensweise Zuwendung gehandelt habe, sei weder vorgetragen noch plausibel. Diese Unterstützung habe bereits im Juni 2008 begonnen, zu einer Zeit, als der Leistungsempfänger noch nicht durch die hier angefochtenen Bescheide ohne Unterstützung durch Grundsicherungsleistungen gewesen sei. Die Erklärung der Kläger zu 2) und 3) vom 04.04.2009 enthalte auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass es sich um eine darlehensweise Unterstützung gehandelt haben könnte. Aus diesem Grund beziehe das Gericht die späteren Erklärungen der Kinder aus Mai 2011 nicht auf diese Unterstützung in Form von Naturalien.

Nach der Klagebegründung unterstützten die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann die Klägerin zu 1) und somit auch den Leistungsempfänger dadurch, dass die Miete für das bewohnte 1-Familien-Haus mit 500 EUR Kaltmiete deutlich unterhalb des ortsüblichen Vergleichs als Mietzins berechnet worden sei. Mithin erhalte der Leistungsempfänger durch den verbilligt zur Verfügung gestellten Wohnraum einen zu berücksichtigenden Sachbezug. Das 1979 erbaute Wohnhaus falle in die Gruppe IV D des aktuellen N Mietspiegels (Stand Januar 2008). Bei Gebäuden über 90 qm Wohnfläche in normaler Wohnlage würden sich danach Quadratmeterpreise von 4,90 EUR bis 6,32 EUR und als Mittelwert 5,61 EUR ergeben. Bei 130 qm entspreche dies einem Mittelwert von 729,30 EUR. Unter Zugrundelegung dieses Mittelwertes erhielten der Leistungsempfänger und die Klägerin zu 1) eine Zuwendung von 229,30 EUR.

Durch das kostenlose zur Verfügungstellen eines Pkw habe der Leistungsempfänger ebenfalls einen geldwerten Vorteil für sich und die Klägerin zu 1) erhalten. Unabhängig von der Eigentümerfrage entspreche dieser geldwerte Vorteil mindestens dem Betrag, der in der Regelsatzverordnung 2008 für die Position Verkehr vorgesehen gewesen sei, denn der Leistungsempfänger sei nach eigenen Angaben von allen Ausgaben für die Nutzung dieses Fahrzeuges freigestellt gewesen. Für die Position Verkehr seien ca. 4 % des Regelsatzes vorgesehen gewesen, mithin 13,88 EUR monatlich. Dies entspreche für den Leistungsempfänger und seiner Frau zusammen einem Nutzwert von mindestens 27,76 EUR.

Die Summe aller drei Positionen - zur Verfügung gestellte Naturalleistungen, vergünstigtes Wohnen und Nutzung des Pkw - übersteige den rechnerischen Fehlbedarf ausweislich der Berechnung im Bescheid vom 17.12.2008 so deutlich, dass es auf die Beantwortung der Frage, ob der Leistungsempfänger oder seine Ehefrau weitere nicht bekannte Einkünfte hätten, nicht mehr ankomme. Durch diese Zuwendungen sei der Bescheid vom 17.12.2008 von Anfang an rechtswidrig gewesen und hätte damit sogar rückwirkend von Anfang an aufgehoben werden können. Durch die mit Schreiben vom 21.01.2009 erfolgte Anhörung habe der Leistungsempfänger auch nicht mehr auf den Fortbestand der Leistungsbewilligung vertrauen können. Durch die Rücknahme erst ab Februar 2009, die auch nicht mit einer Erstattungsforderung verbunden gewesen sei, sei der Leistungsempfänger jedenfalls nicht benachteiligt.

Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten des Leistungsempfängers am 13.07.2011 zugestellte Urteil hat der Leistungsempfänger am 19.07.2011 Berufung eingelegt.

Der Leistungsempfänger ist am 11.03.2012 verstorben. Die Kläger zu 1) bis 3) haben als seine Rechtsnachfolger das Streitverfahren aufgenommen.

Sie sind der Auffassung, entgegen der Ausführungen des SG sei von ihnen im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich vorgetragen worden, dass die wöchentliche Zuwendung von 50 EUR in Naturalien darlehensweise erfolgt sei. Die Kläger zu 2) und 3) hätten hierzu eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt und Beweis durch Zeugenvernehmung angeregt. Der Leistungsempfänger habe die Einkommensverhältnisse in vollem Umfang offen gelegt.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 05.07.2011 zu ändern und den Bescheid vom 27.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Leistungsempfänger und seine Ehefrau müssten sich Einkommen in Form von Naturalunterhalt und zu berücksichtigendem Sachbezug anrechnen lassen. Ohne Hilfe ihrer Kinder hätten der Leistungsempfänger und die Klägerin zu 1) in dem zu großen Haus nicht wohnen bleiben können. Es werde daher unterstellt, dass sie die Kinder zu nicht unerheblichen Teilen an der Sicherstellung des Lebensunterhaltes der Eltern nach wie vor beteiligt hätten, was als Einkommen zu berücksichtigen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist zulässig und begründet.

I. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere liegt die erforderliche Beteiligtenfähigkeit gemäß § 70 SGG vor (SGG). Zwar endete die Beteiligtenfähigkeit des Leistungsempfängers als bisheriger Kläger mit dessen Tod, § 70 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Kläger zu 1) bis 3) haben das Verfahren jedoch als seine Rechtsnachfolger aufgenommen (§ 202 SGG i.V.m. § 239 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)) und sind seitdem selbst beteiligt.

II. Die Berufung ist auch in der Sache begründet. Die gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 SGG statthaft erhobene Anfechtungsklage ist zulässig und begründet.

1. Gegenstand des Klageverfahrens ist der angefochtene Bescheid vom 27.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2010 und damit die Frage, ob die Beklagte befugt war, den bestandskräftigem Bescheid vom 17.11.2008 für die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 30.11.2009 zurückzunehmen.

Neben der Anfechtungsklage hat der Leistungsempfänger keine weitere kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 54 SGG) erhoben. Im Klageverfahren hatte er schriftsätzlich beantragt, ihm "Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren". Damit hat er jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, Sozialhilfeleistungen auch über November 2009 hinaus zu begehren; mit Leistungsbescheid vom 17.11.2008 hatte die Beklagte dem Leistungsempfänger Grundsicherungsleistungen für die Zeit von Dezember 2008 bis November 2009 bewilligt. Für ein solches Begehren könnten die Kläger eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zudem nicht zulässigerweise erheben, weil es insoweit an der zwingend erforderlichen Verwaltungsentscheidung fehlt; denn über die Zeit ab dem 01.12.2009 hat die Beklagte bislang noch keine Entscheidung getroffen.

Auch das SG hat nur über die Anfechtungsklage entschieden und dies, wie ausgeführt, zu Recht getan, also nicht nur ein Teilurteil verkündet.

2. Die Anfechtungsklage ist zulässig.

Insbesondere ist die Klagebefugnis (Beschwer) gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, die als Sachentscheidungsvoraussetzung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen muss, nicht durch den Tod des Leistungsempfängers entfallen.

Die Vererbung von Ansprüchen auf Sozialleistungen ist in §§ 58, 59 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) normiert. Danach werden fällige Ansprüche auf Geldleistungen grundsätzlich nach den Vorschriften des BGB vererbt, soweit in den besonderen Büchern des SGB nicht etwas anderes geregelt ist (§ 37 Satz 1 SGB I).

Zwar haben Ansprüche auf Sozialhilfeleistungen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) einen höchstpersönlichen Charakter, so dass sie grundsätzlich mit dem Tod des Hilfebedürftigen untergehen (Coseriu in: jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2010, § 17 Rn. 26 m.N.). Gleichwohl ist eine (mögliche) Anspruchsberechtigung nach wie vor gegeben. Denn eine Ausnahme von dem vorgenannten Grundsatz des Anspruchsuntergangs mit dem Tod greift in solchen Fallgestaltungen, in denen der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe darlehensweise vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (Coseriu, a.a.O., mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 05.05.1994, 5 C 43/91, BVerwGE 96, 18). Eine Vererblichkeit fehlt nur dann, wenn der Hilfesuchende den Bedarf aus eigenem Einkommen oder Vermögen gedeckt hat, zu deren Einsatz er sozialhilferechtlich nicht verpflichtet war (BVerwG, a.a.O.).

Der Leistungsempfänger hat seinen Bedarf in dem streitigen Zeitraum unstreitig nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen gedeckt; dies hat auch die Beklagte nicht behauptet. Der Leistungsempfänger hat vielmehr vorgetragen, die Klägerin zu 1) und er hätten in der streitigen Zeit ab dem 01.02.2009 ihren Bedarf durch die Hilfe der Kläger zu 2) und 3) gedeckt, die im Vertrauen auf eine spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorgeleistet hätten. Dies reicht für die Bejahung der Klagebefugnis aus. Der Leistungsempfänger und die Klägerin zu 1) konnten ihren Lebensunterhalt ersichtlich nicht aus eigenen Mitteln bestreiten. Vermögen haben und hatten sie nicht. Die Altersrente der Klägerin reicht zur Deckung ihres gesamten Bedarfes nicht aus, so dass sie zwangsläufig auf die Unterstützung Dritter - der Kläger zu 2) und 3) - angewiesen waren; der Leistungsempfänger hat vorgetragen, auch sein Schwiegersohn Herr I M habe ihn mit mehreren Tausend Euro unterstützt. Andere Einkünfte bestehen nicht bzw. sind jedenfalls nicht nachgewiesen.

3. Die Anfechtungsklage ist begründet. Der angefochtene Bescheid vom 27.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2009 ist rechtswidrig.

Eine Rücknahme des Leistungsbescheides vom 17.11.2008 gemäß § 45 SGB X - eine andere Rechtsgrundlage ist von vornherein nicht ersichtlich - scheidet aus, weil dieser Leistungsbescheid nicht rechtswidrig war bzw. ist.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten und des SG kann dem Leistungsberechtigtem bzw. den Klägern nicht bedarfs- oder anspruchsmindernd entgegengehalten werden, dass dem Leistungsberechtigtem und der Klägerin zu 1) Lebensmittel, vergünstigtes Wohnen und die kostenlose Nutzung eines Pkw von den Klägern zu 2) und 3) als ihren Kindern zugewendet bzw. zur Verfügung gestellt wurden.

Gemäß § 31 SGB I dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuchs nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Dieser Gesetzesvorbehalt ist unabdingbar und kann somit durch Regelungen in den besonderen Teilen des SGB I nicht modifiziert oder suspendiert werden (§ 37 Satz 2 SGB I).

Es existiert keine Rechtsgrundlage, welche die von der Beklagten vorgenommene bedarfs- bzw. anspruchsmindernde Berücksichtigung der drei genannten Zuwendungen (Lebensmittelgabe, vergünstigtes Wohnen und die Nutzung eines Pkw) erlaubt. Die Zuwendungen der Kinder in Gestalt der genannten drei Natural- bzw. Sachzuwendungen sind vielmehr nach der sozialhilferechtlichen Rechtslage in seiner Interpretation durch die Rechtsprechung des BSG bei der sozialhilferechtlichen Leistungsbemessung überhaupt nicht zu berücksichtigen. Diese Rechtslage haben Beklagte und SG in mehrfacher Hinsicht nicht beachtet.

Diese Zuwendungen führen nicht zur Bedarfsminderung und lassen deshalb keine anderweitige Bedarfsfestlegung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 (ab 01.01.2011: § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII zu (dazu a). Sie sind nicht als Einkommen gemäß § 82 SGB XII anspruchsmindernd zu berücksichtigen (dazu b). Sie können auch nicht über den Nachranggrundsatz des § 2 SGB XII anspruchsmindernd berücksichtigt werden (dazu c).

a) Die Zuwendungen seitens der Kläger zu 2) und 3) an ihre Eltern, also an den Leistungsempfänger und die Klägerin zu 1), führen nicht zur Bedarfsminderung und lassen deshalb keine anderweitige Bedarfsfestlegung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 (ab 01.01.2011: § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII zu. Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 23.03.2010 (B 8 SO 17/09 R, BSGE 106, 62) wie folgt dargelegt:

"Zu Unrecht hat das LSG schließlich unter Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII das dem Kläger kostenlos zur Verfügung gestellte Mittagessen in der WfbM [Werkstatt für behinderte Menschen] bedarfsmindernd berücksichtigt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII werden die Bedarfe abweichend - geringer - festgelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSGE 99, 252 ff = SozR 4-3500 § 28 Nr. 3) kommt eine solche bedarfsmindernde Berücksichtigung von Zuwendungen nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nur in Betracht, wenn diese von einem Träger der Sozialhilfe als Leistung nach dem SGB XII erbracht werden. Eine Berücksichtigung als Einkommen scheidet dann nämlich schon deshalb aus, weil nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Leistungen nach dem SGB XII von dem Einkommensbegriff ausdrücklich ausgenommen sind. Dies ist der maßgebende Gesichtspunkt für die Abgrenzung beider Vorschriften (BSG, a.a.O., RdNr. 19). Der Anwendungsbereich des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist deshalb zur Vermeidung von Doppelleistungen dann eröffnet, wenn es bei der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt - etwa als Teil der Eingliederungshilfeleistung - (vgl dazu grundlegend BSGE 102, 126 ff = SozR 4-3500 § 54 Nr. 3) zu Überschneidungen mit den durch den Regelsatz nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII pauschal abgegoltenen tatsächlichen Bedarfen kommt. Einer solchen Überschneidung kann nicht im Rahmen der Einkommensberücksichtigung, sondern allein durch Minderung des Bedarfs nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII begegnet werden, soweit die Voraussetzungen dieser Vorschrift für eine Absenkung des Regelsatzes vorliegen. In anderen Fällen, in denen - wie hier - die Leistung nicht (institutionell) als Sozialhilfe erbracht wird, ist im Rahmen der normativen Abgrenzung eine Berücksichtigung als Einkommen i.S. von § 82 SGB XII zu prüfen; Einkommen mindert also im Sinne der gesetzlichen Regelung nicht bereits den Bedarf."

Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.

b) Die Zuwendungen der Kläger zu 2) und 3) an den Leistungsempfänger und die Klägerin zu 1) sind nicht als Einkommen gemäß § 82 SGB XII anspruchsmindernd zu berücksichtigen.

Die Berücksichtigung von Einkommen bemisst sich nach § 82 SGB XII. Danach gehören zum Einkommen grundsätzlich alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (§ 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Die Bundesregierung hat zur Berechnung des Einkommens gemäß § 96 Abs. 1 SGB XII eine Verordnung zur Durchführung (DVO) des § 82 SGB XII erlassen. Die Bewertung von Sachbezügen ist in dessen § 2 geregelt.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit dem bereits zitierten Urteil vom 23.03.2010 (B 8 SO 17/09 R, BSGE 106, 62) entschieden, dass § 2 DVO zu § 82 SGB XII und die in Bezug genommene Sachbezugsverordnung erkennbar auf die Bewertung nur von Sachbezügen aus nichtselbstständiger Tätigkeit gerichtet sind. Um solche geht es hier jedoch nicht, so dass die Zuwendungen sozialhilferechtlich mangels Rechtsgrundlage nicht zu berücksichtigen sind.

Das BSG hat dies wie folgt begründet (a.a.O.):

"Im Hinblick auf die Rechtslage im Rahmen des SGB II ist das Mittagessen aus Harmonisierungsgründen aber - wie dort - nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dort fehlte es - bei einer dem SGB XII im Übrigen ähnlichen Rechtslage - bis 31.12.2007 an einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage (§ 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I)). Nach § 96 Abs. 1 SGB XII bzw. bis 31.12.2004 nach § 76 Abs. 3 BSHG kann bzw. konnte die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung Näheres über die Berechnung des Einkommens bestimmen. Auf Grund des Wortlauts und der Struktur der Verordnungsermächtigung muss selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass die Gewährung von Verpflegung eine Einnahme in Geldeswert i.S. des § 82 Abs. 1 SGB XII ist - was jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit erbracht wird -, in der Verordnung zu § 82 SGB XII ausdrücklich geregelt werden, wie dieses Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des 14. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) im Recht des SGB II zur fehlenden Rechtsgrundlage für eine Berücksichtigung anderweitig bereitgestellter Vollverpflegung (Verköstigung während eines stationären Krankenhausaufenthalts als Einkommen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen: BSGE 101, 70 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 11; zur kostenfreien Verpflegung durch Familienangehörige in der Haushaltsgemeinschaft: BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 46/07 R; ebenso zur Verpflegung in der Justizvollzugsanstalt: BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 9/08 R).

Wie die (in der WfbM) bereitgestellte Verpflegung im Einzelnen als Einkommen zu berechnen ist, regelt die Verordnung zur Durchführung (DVO) des § 82 SGB XII (hier i.d.F. des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) bei sachgerechter Auslegung nicht. Zwar enthält § 2 DVO zu § 82 SGB XII eine Regelung über die Bewertung von Sachbezügen. Danach sind für die Bewertung von Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Kost, Wohnung und sonstige Sachbezüge), die auf Grund des § 17 Abs. 2 SGB IV für die Sozialversicherung zuletzt festgesetzten Werte der Sachbezüge maßgebend. Sachbezüge werden durch die Sachbezugsverordnung (hier idF vom 22.10.2004 - BGBl. I 2663; ab 1.1.2007 Sozialversicherungsentgeltverordnung) festgesetzt. Nach dessen § 1 Abs. 1 beträgt der Wert des als Sachbezug zur Verfügung gestellten Mittagessens monatlich 78,25 Euro. Die Vollverpflegung wird dort mit einem Wert von monatlich 200,30 Euro festgesetzt.

§ 2 der DVO zu § 82 SGB XII und die in Bezug genommene Sachbezugsverordnung sind aber erkennbar auf die Bewertung von Sachbezügen aus nichtselbstständiger Tätigkeit gerichtet. So regelt § 2 Abs. 2 der DVO zu § 82 SGB XII die Anwendbarkeit von Abs. 1 auch in den Fällen, in denen der Wert der Sachbezüge in einem Tarifvertrag, einer Tarifordnung, einer Betriebs- oder Dienstordnung, einer Betriebsvereinbarung, einem Arbeitsvertrag oder einem sonstigen Vertrag festgesetzt worden ist, und zeigt damit deutlich, dass die Vorschrift (nur) auf nichtselbstständige Beschäftigungen zielt. Dies macht außerdem die Sachbezugsverordnung deutlich, die mehrfach von Beschäftigten eines Arbeitgebers spricht, etwa in § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 3. Andernfalls wäre auch nicht zu erklären, weshalb die DVO zu § 82 SGB XII den Wert, der für die Vollverpflegung in Ansatz zu bringen ist, mit mehr als 60 % des Regelsatzes von 331 Euro bestimmt, während der Bedarfsanteil für Ernährung, Getränke und Tabakwaren im Regelsatz nur etwa 38 % beträgt (BSGE 99, 252 ff. RdNr. 24 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 3).

Selbst wenn der Verordnungsgeber in § 2 DVO zu § 82 SGB XII alle Sachbezüge erfasst wissen wollte, wäre die Regelung zur Harmonisierung mit der Einkommensberücksichtigung im Recht des SGB II durch die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V vom 20.10.2004 - BGBl. I 2622) nur auf Sachbezüge aus nichtselbstständiger Tätigkeit anzuwenden. Für Sachbezüge aus einer nichtselbstständigen Tätigkeit fand sich eine § 2 DVO zu § 82 SGB XII vergleichbare Regelung in § 2 Abs. 4 Alg II-V. Sachleistungen aus einer nichtselbstständigen Tätigkeit waren danach nach der Sachbezugsverordnung (bis 31.12.2006) bzw. der Sozialversicherungsentgeltverordnung (ab 1.1.2007) in der jeweils geltenden Fassung zu bewerten. Für die Berechnung des Einkommens aus Einnahmen, die keine Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit sind, regelte § 2b Alg II-V (i.d.F. der Ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22.8.2005 - BGBl. I 2499) eine entsprechende Anwendung des § 2 Alg II-V. Das BSG hat hierzu allerdings zu Recht ausgeführt, dass die Berücksichtigung von im Krankenhaus oder von Verwandten gewährter kostenloser Nahrung nicht "entsprechend" bewertet werden könne wie die innerhalb einer abhängigen Beschäftigung (als Lohnbestandteil) gewährte kostenfreie Ernährung (BSG, a.a.O., RdNr. 17).

Nichts Anderes gilt für das in der WfbM zur Verfügung gestellte kostenlose Mittagessen aus Mitteln der BA. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfGE 55, 72, 88; 93, 386, 397). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber also, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 112, 164, 174 = SozR 4-7410 § 32 Nr. 1 RdNr. 13, unter Bezug auf BVerfGE 98, 365, 385). Zwar hat der Gesetzgeber bei Sozialleistungen, die an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfen, grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 100, 195, 205; BSGE 90, 172, 178 = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4 S. 16). Ungleichbehandlung und rechtfertigender Grund müssen aber in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BVerfGE 111, 160, 171 = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 RdNr. 51). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal reichen die Anforderungen an den Differenzierungsgrund dabei vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse (BVerfGE 107, 27, 45 f; 112, 164, 174 = SozR 4-7410 § 32 Nr. 1 RdNr. 14; BVerfG SozR 4-2500 § 240 Nr. 11 RdNr. 12). Differenzierungen, die dem Gesetzgeber verboten sind, dürfen auch von den Gerichten im Wege der Auslegung gesetzlicher Vorschriften nicht für Recht erkannt werden (BVerfGE 84, 197, 199; 112, 164, 174 = SozR, a.a.O., RdNr. 13). Ist von mehreren Auslegungen nur eine mit dem Grundgesetz vereinbar, muss diese gewählt werden (BVerfGE 112, 164, 182 f. = SozR 4-7410 § 32 Nr. 1 RdNr. 32; vgl. auch BSG SozR 4-5870 § 1 Nr. 2 RdNr. 19 m.w.N.). Entsprechend sind unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und nach dem SGB XII bei der Bewertung von Sachbezügen gleich zu behandeln, soweit kein (rechtfertigender) Grund für eine unterschiedliche Behandlung erkennbar ist. Insoweit existiert bei der Bewertung von kostenlosem Essen als Einkommen im Recht des SGB II kein Bezug zu der dem SGB II immanenten Erwerbsbezogenheit.

Für die Zeit ab 1.1.2008, für die die Alg II-V vom 17.12.2007 (BGBl. I 2942) dann eine genaue Regelung enthält (vgl. § 2 Abs. 5 i.V.m. § 4 Alg II-V, wonach Vollverpflegung pauschal in Höhe von monatlich 35 % der nach § 20 SGB II maßgebenden monatlichen Regelleistung als Einkommen zu berücksichtigen war), wurden vom 14. Senat des BSG deutliche Zweifel an der Ermächtigungskonformität angemeldet (BSGE 101, 70 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr. 11; BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14 AS 46/07 R). Unter Hinweis hierauf (vgl. die nichtamtliche Begründung, abgedruckt bei Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 13 RdNr. 259, Stand März 2010) wurde die Verordnung dann später - rückwirkend zum 1.1.2008 - wieder dahin geändert, dass die - erneut geänderte - Regelung des § 2 Abs. 5 Alg II-V für kostenlos bereitgestellte Verpflegung nur noch für Einkommen aus nichtselbstständiger und selbstständiger Arbeit sowie bei Wehr- und Ersatzzeiten Anwendung findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 11 Alg II-V). Keine dieser Varianten ist vorliegend einschlägig. Wollte man schließlich zur Berücksichtigung kostenloser Verpflegung als Einkommen die gegenteilige Auffassung vertreten, wäre zu prüfen, ob dann nicht zur Harmonisierung der Grundsicherungssysteme SGB II und SGB XII auf § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII im Sinne einer generellen Härteregelung zurückgegriffen werden müsste.

Ist das Mittagessen aber, obwohl Einkommen, nicht als solches zu berücksichtigen, kann dieses Ergebnis nicht wieder durch einen Rückgriff auf § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII konterkariert werden. Es bleibt bei dem Grundsatz, dass § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII insoweit nur zur Anwendung gelangt, wenn eine Bewertung der Sachbezüge deshalb ausscheidet, weil es sich um Leistungen nach dem SGB XII handelt. Für eine dem Willen des Gesetzgebers entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, wenn ein Bedarf anderweitig gedeckt ist, weil "der Leistungsberechtigte einzelne Leistungen von dritter Seite erhält, z.B. unentgeltliches Essen" (BT-Drucks 15/1514, S 59), bleibt dann immer noch ein Anwendungsbereich."

Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.

c) Die Zuwendungen können schließlich entgegen der nicht näher begründeten Behauptung des SG schließlich auch nicht über den Nachranggrundsatz des § 2 SGB XII anspruchsvernichtend berücksichtigt werden (dazu c).

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 02.02.2010, B 8 SO 21/08 R; Urteil vom 29.9.2009, B 8 SO 23/08 R; Urteil vom 26.08.2008, B 8/9b SO 16/07 R) stellen die Vorschriften über den Nachrang der Sozialhilfe regelmäßig keine eigenständigen Ausschlussnormen dar, sondern lassen lediglich im Zusammenhang mit ergänzenden bzw. konkretisierenden Vorschriften des SGB XII die Bedürftigkeit verneinen.

An solchen Vorschriften fehlt es hier wie zuvor dargelegt.

d) Hinsichtlich der Zuwendung in Form des vergünstigten Wohnens liegt überdies bereits kein Einkommen im Sinne des § 82 SGB XII vor. Denn dem Leistungsempfänger und seiner Frau ist insoweit gar nichts zugeflossen, sondern vielmehr etwas abgeflossen. Sie zahlten für die Wohnung schließlich Miete. Dass diese ortsunüblich niedrig sein mag, ändert nichts daran, dass kein Zufluss festzustellen ist. Der Leistungsempfänger und die Klägerin zu 1) haben allenfalls Aufwendungen erspart in Gestalt der Differenz zwischen der von ihnen gezahlten und der ortsüblichen Miete, weil sie eine an sich zu große Wohnung günstig bewohnten. Insoweit ist aber, wie ausgeführt, nichts zugeflossen.

Im Übrigen ist es bei der Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft auch unerheblich, wenn eine Wohnung zu groß ist, solange nur das (Gesamt-)Produkt stimmt. Wieso dies bei einer "zu günstigen" Wohnung nicht gelten soll, erschließt sich nicht.

Dies kann aber dahinstehen, weil ein - unterstelltes - Einkommen nach dem zuvor Ausgeführten jedenfalls nicht zu berücksichtigen ist.

e) Der Anspruch auf Sozialhilfe ist nicht mit dem Tod des Leistungsempfängers erloschen. Der Senat hat nach den Einlassungen der Kläger zu 2) und 3) in der mündlichen Verhandlung vom 29.03.2012 keinen Zweifel daran, dass der Leistungsempfänger und die Klägerin zu 1) in der streitigen Zeit ab dem 01.02.2009 ihren Bedarf durch die Hilfe der Kläger zu 2) und 3) tatsächlich gedeckt haben und die Kläger zu 2) und 3) tatsächlich im Vertrauen auf eine spätere Bewilligung von Sozialhilfe darlehensweise vorgeleistet haben und der Leistungsempfänger deshalb im Zeitpunkt seines Todes Schulden hatte (vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 05.05.1954, 5 C 43/91, BVerwGE 96, 18). Für die Glaubhaftigkeit ihrer Einlassungen, mit denen sie ihre eidesstattlichen Versicherungen bestätigt haben, spricht auch die bereits im sozialgerichtlichen Verfahren zu den Akten gereichte dezidierte Übersicht über die insoweit von ihnen verauslagten konkreten Beträge; auf Blatt 73 der Gerichtsakte wird insoweit Bezug genommen.

f) Andere Umstände, eine Leistungsaufhebung im verfügten Umfang rechtfertigen könnten, sind weder ersichtlich noch von der Beklagten geltend gemacht, die insoweit die Darlegungs- und materielle Beweislast trägt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

IV. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), lagen nicht vor. Die aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Zuwendungen in Geldeswert sind, wie ausgeführt, durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits beantwortet worden.
Rechtskraft
Aus
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