L 9 R 72/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 43/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 72/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Vormerkung von nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannten Versicherungszeiten als nachgewiesene Beitragszeiten ohne Kürzung der Entgeltpunkte (EPe) um ein Sechstel.

Der 1951 in Rumänien geborene Kläger, Inhaber des Vertriebenenausweises "A", der am 23. September 1990 in das Bundesgebiet zugezogen ist, war in Rumänien in den Zeiträumen vom 15. August 1969 bis 18. Juni 1971, 11. Dezember 1972 bis 30. April 1973, 1. Mai 1973 bis 29. April 1975 sowie 5. Mai 1975 bis 12. September 1990 (beitragspflichtig) beschäftigt.

Der zunächst zuständigen Landesversicherungsanstalt Baden, später Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg wurden u. a. die Adeverinta (Arbeitsbescheinigung) Nr. 4629 vom 15. Mai 1991 (15. August 1969 bis 18. Juni 1971 Tätigkeit als Matrizen- bzw. Werkzeugmacher beim Kreisunternehmen "E.", 23. Juni 1971 bis 21. November 1972 Wehrdienst, 11. Dezember 1972 bis 30. April 1973 Matrizen- bzw. Werkzeugmacher beim Kreisunternehmen "E.", 1. Mai 1973 bis 29. April 1975 Matrizen- bzw. Werkzeugmacher beim Kreisunternehmen für Lokalindustrie, Fabrik "E.", und 5. Mai 1975 bis 12. September 1990 Schlosser beim Unternehmen für Maschinen und Ausrüstungen, jeweils in Arad), ein Zeugnis über den Abschluss der Berufsschule im Juni 1969 vom 23. Februar 1970 sowie eine Adeverinta Nr. 456 vom 13. September 1990 vorgelegt. Die versicherungsrechtlichen Zeiten in Rumänien wurden mit Bescheid vom 21. März 1996 im Versicherungsverlauf bzw. -konto vermerkt.

Nachdem sich der Kläger auf eine Rentenauskunft an die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg wandte, gab diese den Vorgang an die inzwischen zuständige Beklagte ab. Dieser legte der Kläger u. a. ein Carnet de Munca (Arbeitsbuch) sowie die Bestätigungen Nr. 1240 vom 14. Mai 2008 des Direktors und des Betriebsleiters des Unternehmens "E." und Nr. 149 vom 13. Mai 2008 des Direktors und des Betriebsleiters des Unternehmens für Maschinen und Ausrüstungen auf Vorducken vor.

In der Bestätigung Nr. 1240 sind die monatlichen Arbeitstage im Zeitraum vom 15. August 1969 bis 18. Juni 1971 und vom 11. Dezember 1972 bis 29. April 1975 sowie die jährlichen Urlaubstage (1969: keine, 1970: 18, 1971: 15, 1972 und 1973: keine, 1974: 36) sowie weitere Fehltage ("frei"; 1969: keine, 1970: 13, 1971: 7, 1972: 3, 1973 und 1974: je 1, 1975: keine) angegeben und die Spalten "Krankheitszeit", "unbezahlter Urlaub", "unentschuldigt" sowie Arbeitsunfall" mit (Fehl-) Strichen versehen. Ferner ist in dem Formular, das auch vorgedruckt den Satz "Diese Daten wurden aus den Lohn - Gehaltslisten/persönlichen Karteikarten entnommen, die sich im Archiv unseres Unternehmens befinden." enthält, eine Sechs-Tage-Woche mit einem Acht-Stunden-Arbeitstag und die Zahlung des Sozialversicherungsbeitrages für den bescheinigten Arbeitszeitraum bestätigt. In der Bestätigung Nr. 149 sind die monatlichen Arbeitstage im Zeitraum vom 5. Mai 1975 bis 12. September 1990 sowie die jährlichen Urlaubstage (1975: keine, 1976 bis 1980 jeweils jährlich 18, 1981 bis 1985: jeweils jährlich 20, 1986 bis 1989: jeweils jährlich 21, 1990: keine) und Krankheitszeiten (1980: 6 Tage und 1984: 7 Tage, für die restlichen Jahre bis 1988 keine Angaben, 1989 und 1990: [Fehl-] Striche) angegeben. Die Spalten "unbezahlter Urlaub", "frei" und "unentschuldigt" enthalten für die Jahre 1975 bis 1988 keine Angaben und sind für die Jahre 1989 und 1990 mit (Fehl-) Strichen versehen. Ferner enthält das Formular vorgedruckt den Satz "Diese Daten wurden aus den Lohn - Gehaltslisten/persönlichen Karteikarten entnommen, die sich im Archiv unseres Unternehmens befinden." Außerdem ist vermerkt: "Wir weisen darauf hin, dass der Genannte 8 Stunden pro Tag und 6 Tage pro Woche = 48 Stunden pro Woche arbeitete. Der Sozialversicherungsbeitrag (CAS) wurde auf der Grundlage der geltenden Gesetze gezahlt. Diese Bescheinigung wurde ausgestellt, um der genannten Personen bezüglich der Rente behilflich zu sein." Wegen der Einzelheiten wird auf die in den Akten der Beklagten enthaltenen Bescheinigungen verwiesen.

Die Beklagte stellte dann mit Bescheid vom 21. Juli 2008 die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten für die Zeit bis 31. Dezember 2001 nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) verbindlich fest. Hierbei kürzte sie die in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten um ein Sechstel nach § 22 Abs. 3 FRG. Eine ungekürzte Feststellung lehnte sie ab, da in den Bescheinigungen Nr.1240 sowie Nr. 149 in einzelnen Kalendermonaten teilweise mehr, teilweise weniger Arbeitstage als möglich bescheinigt und sie deshalb unschlüssig und nicht glaubhaft seien. In der Bescheinigung Nr. 1240 seien für die Kalendermonate Oktober und Dezember 1970 27 Arbeitstage angegeben, obwohl bei einer Sechstagewoche maximal 26 Arbeitstage möglich gewesen seien. Für Mai 1973 seien 26 statt der unter Berücksichtigung der Feiertage möglichen 24 Tage bestätigt. In der Bescheinigung Nr. 149 seien nicht alle Spalten entwertet und für die Kalendermonate August und September 1975 jeweils 26 Arbeitstage ausgewiesen, wobei im August 1975 unter Berücksichtigung der gesetzlichen Feiertage nur 24 und im September 1975 27 Arbeitstage möglich gewesen seien.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, in Rumänien seien der 1. Januar, der 1. Mai und der 23. August gesetzliche Feiertage gewesen. Für den Oktober 1970 ergäben sich die ausgewiesenen 27 möglichen Arbeitstage. Da am 31. Dezember die Frühschicht immer gearbeitet habe, seien die für Dezember 1970 bestätigten 27 Arbeitstage korrekt. Die für Mai 1973 ausgewiesenen 26 Tage seien ebenfalls zutreffend, da nur der 1. Mai ein Feiertag gewesen sei. Im August 1975 seien, da nur der 23. August ein Feiertag gewesen sei, wie bestätigt, 26 Arbeitstage möglich gewesen. Im September 1975 seien, wie bestätigt, nur 26 Arbeitstage gearbeitet worden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2008 zurück. Die strittigen Zeiten seien nur glaubhaft gemacht. Arbeitsbescheinigungen könnten als Nachweis dienen, wenn die Angaben des Berechtigten und die vorgelegten Unterlagen in sich schlüssig seien, aus den Bescheinigungen die tatsächlichen Arbeitstage und/oder Fehlzeiten hervorgingen und angegeben sei, auf Grund welcher Unterlagen die Bescheinigung erstellt worden sei und keine begründeten Zweifel bestünden, dass diese Unterlagen tatsächlich vorhanden und ausgewertet worden seien. Ansonsten seien die Arbeitsbescheinigungen grundsätzlich nur Mittel zur Glaubhaftmachung. Die Bescheinigung Nr. 1240 enthalte unschlüssige Monate, u.a. Februar 1970 (angegebene 18 Arbeitstage bei nach Abzug der Sonntage 24 möglichen Tagen). Der Kläger habe 1970 18 Urlaubstage und 13 freie Tage, mithin 31 Fehltage gehabt. Lege man diese in die Monate April, Juli und August (im April seien 26, im Juli 27 und im August 26 Tage möglich gewesen), verblieben zwei Fehltage, also zu wenig, um den Monat Februar schlüssig zu machen. Der Mai 1971 habe 31 Tage. Abzüglich fünf Sonntagen ergäben sich 26 mögliche Tage. Selbst wenn man die Feiertage, den 1. und 2. Mai heraus rechne, stimmten die angegebenen 24 Tage nicht, da der 2. Mai ein Sonntag gewesen und somit bereits abgezogen sei, sodass sich bei Abzug des 1. Mai noch 25 mögliche Tage ergeben müssten. In der Bescheinigung Nr. 149 seien nicht alle Spalten entwertet bzw. Eintragungen enthalten. Somit könne nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob die Eintragungen vergessen worden seien oder die entsprechenden Sachverhalte nicht vorgelegen hätten. Damit könnten die vorgelegten Bescheinigungen nicht als Nachweis für eine ungekürzte Anrechnung anerkannt werden.

Deswegen hat der Kläger am 2. Januar 2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Hierzu hat er vorgetragen, die von der Beklagten im Bescheid vom 21. Juli 2008 zur Frage der Schlüssigkeit erhobenen Einwendungen seien durch seine Widerspruchsbegründung ausgeräumt und die im Widerspruchsbescheid "nachgeschobenen neuen Einwendungen" stünden der Annahme, dass die Zeiten bewiesen seien, nicht entgegen. Soweit die Beklagte für 1970 ausführe, es seien 273 Arbeitstage, 18 Urlaubstage und 13 Freistellungstage, insgesamt also 304 Tage ausgewiesen, wohingegen 308 Tage möglich gewesen seien, verkenne sie insoweit "die Dispositionsbefugnis des Arbeitgebers, der über den Arbeitseinsatz" habe "konkret bestimmen" können. Wenn sich innerhalb eines Jahres in einzelnen Monaten durch Überstunden ein Arbeitszeitguthaben aufgebaut habe, sei dieses zu einem späteren Zeitpunkt natürlich abzubauen gewesen. Bei solchen Freistellungen handle es sich aber definitionsgemäß nicht um eine Abwesenheitszeit im Sinne des durch die Bescheinigung vom 14. Mai 2008 beantworteten Auskunftsersuchens. Der Arbeitgeber sei einzig und allein über die Arbeitsleistung dispositionsbefugt gewesen, habe also habe bestimmen können, welche Arbeitsleistung zur Erfüllung einer ganzjährigen Vollzeitbeschäftigung zu erbringen gewesen sei. Er habe häufiger Überstunden machen müssen. Auch seien die Feiertage und die Sonntage "nicht immer streng gehandhabt worden", wie es heute üblich sei. Zum Beispiel bei einem Großauftrag, an den er sich erinnere, habe man oftmals bis spätabends gearbeitet. Zum Monatsende sei es häufiger zu Überstunden gekommen. Die Überstunden seien in Geld ausbezahlt worden. Man habe im Akkord gearbeitet und ein Budget gehabt, das dann unter den Arbeitern aufgeteilt worden sei. Wenn es in den von der Beklagten genannten Monaten Abweichungen zwischen den kalendermäßig möglichen und den tatsächlich geleisteten Arbeitstagen gegeben habe, liege dies an der Eigenart der Lohnbescheinigung und bilde die tatsächliche Situation ab. Die von ihm zugestandenen Abweichungen führten aber nicht zu einer anderen Bewertung. Wenn in Monaten mehr gearbeitet worden sei, als kalendermäßig möglich, liege dies an den Überstunden. Die von der Beklagten erhobenen Einwendungen erschienen vorgeschoben, denn die Arbeitgeberauskunft sei vollständig.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe im Widerspruchsbescheid nicht darauf abgestellt, dass im Jahr 1970 304 Tage ausgewiesen, aber 308 Tage möglich gewesen seien. Die Bescheinigung Nr. 1240 sei "monatsweise" geprüft worden und dabei sei der Monat Februar 1970 unschlüssig gewesen. Es seien weniger Tage als unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Sonntage und der angegebenen Fehlzeiten nicht möglich gewesen seien, bescheinigt. Bezüglich des Abbaus von Arbeitszeitguthaben ergebe sich aus dem Gutachten des Instituts für Ostrecht (IfOR) vom 15. Dezember 1999, dass die tägliche Arbeitszeit Beschäftigter in leitender Stellung mehr als acht Stunden habe betragen können, ohne dass ein zeitlicher Ausgleich zu gewähren gewesen sei. Darüber hinaus hätten sonstige Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen zu Überstunden bzw. Sonntagsarbeit verpflichtet werden können. Während für Überstunden bzw. Sonntagsarbeit bis Februar 1973 eine zusätzliche Vergütung gewährt worden und ein Ausgleich durch entsprechende Freizeit grundsätzlich untersagt gewesen sei, seien sie laut Gutachten des IfOR seit März 1973 vorzugsweise durch Freizeit auszugleichen und Vergütungen nur dann zu gewähren gewesen, wenn ein solcher Ausgleich nicht möglich gewesen sei und der Arbeitnehmer eingewilligt habe. Ungeachtet dessen gingen aus den Bescheinigungen die geleisteten Überstunden bzw. Fehltage auch nicht hervor, sodass nicht nachvollzogen werden könne, wann genau Überstunden abgebaut worden seien. In der Bescheinigung Nr. 149 seien nicht alle Spalten entwertet bzw. nicht in allen Spalten Eintragungen enthalten, womit nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne, ob die Eintragungen vergessen worden seien oder die entsprechenden Sachverhalte nicht vorgelegen hätten. Die Bescheinigung Nr. 149 sei auch deshalb unschlüssig, weil für Mai 1975 ausgehend von einem Beschäftigungsbeginn vom 5. Mai 1975 unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Sonntage 24 Arbeitstage möglich gewesen seien, indes aber 20 Arbeitstage bescheinigt und Urlaub sowie sonstige Fehlzeiten nicht bescheinigt worden seien. Für den Monat Juni 1975 seien 26 Tage bescheinigt, wobei unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Sonntage nur 25 Tage möglich gewesen seien. Ferner seien weitere Monate hinsichtlich bescheinigter und kalendermäßig möglicher Arbeitstage unschlüssig, nämlich Oktober 1975 (26 bescheinigt, 27 möglich), November 1975 (26 bescheinigt, 27 möglich), Dezember 1975 (25 bescheinigt, 27 möglich), Dezember 1976 (25 bescheinigt, 27 möglich), Dezember 1977 (24 bescheinigt, 27 möglich), Februar 1978 (25 bescheinigt, 24 möglich), April 1978 (26 bescheinigt, 25 möglich), Februar 1979 (25 bescheinigt, 24 möglich), April 1979 (26 bescheinigt, 25 möglich), Juli 1979 (27 bescheinigt, 26 möglich), September 1979 (26 bescheinigt, 25 möglich) und Oktober 1979 (26 bescheinigt, 27 möglich). Somit seien in den genannten Monaten zu viele bzw. zu wenige Arbeitstage bescheinigt, als unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Sonntage und der angegebenen bzw. nicht angegebenen Fehlzeiten möglich gewesen seien. Die Bescheinigung sei deswegen unschlüssig und lasse eine SechsSechstel-Anerkennung nicht zu.

Mit Urteil vom 28. Oktober 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für eine Anrechnung der strittigen Zeiten ohne Kürzung nach § 22 Abs. 3 FRG lägen nicht vor. Die Bescheinigungen Nr. 1240 und Nr. 149 stellten keinen Nachweis der Zeiten dar, sondern machten diese nur glaubhaft. Sie seien nicht geeignet, den Nachweis zu erbringen, dass keine Zweifel bestünden, dass eine den Anteil von fünf Sechstel überschreitende Beitragsdichte vorgelegen habe. Konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischenliegenden Arbeitsunterbrechungen und der Nachweis, dass letztere nicht ein Sechstel erreichten, lägen nicht vor. Die vorgelegten Bescheinigungen könnten zwar grundsätzlich als Nachweis einer fünf Sechstel überschreitenden Beitragsdichte herangezogen werden, da sie auf Lohn- und Gehaltslisten beruhten. Die Bescheinigungen wären nur dann schlüssig, wenn man den Vortrag des Klägers zu Grunde lege, er habe auf Grund der Dispositionsbefugnis des Arbeitgebers teilweise in Form von Überstunden oder Feiertagsarbeit mehr gearbeitet bzw. in Form von Überstundenabbau weniger gearbeitet als jeweils kalendermäßig möglich gewesen sei. Andernfalls wären die in den Bescheinigungen ausgewiesenen Arbeitstage für die Jahre 1970, 1971 sowie 1975 bis 1979 nicht schlüssig. Soweit der Kläger die Diskrepanz mit der Dispositionsbefugnis des Arbeitgebers erkläre, sei dies zwar nachvollziehbar, doch erkläre es die Unstimmigkeiten nicht hinreichend. So habe er in der mündlichen Verhandlung angegeben, Überstunden seien stets in Form einer zusätzlichen Vergütung ausgeglichen worden, sodass insoweit Zweifel bestünden. Jedenfalls seien die Mehrarbeits- bzw. zusätzlichen Fehlzeiten, die für die Schlüssigkeit der Adeverintas notwendige Voraussetzung seien, in diesen selbst nicht als solche ausgewiesen und die Bescheinigungen somit nicht aus sich heraus, sondern nur bei Annahme weiterer, dort nicht angegebener Umstände schlüssig. Im Übrigen verblieben auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers Fehlzeiten. Der Nachweis einer höheren Beitragsdichte als fünf Sechstel setze jedoch die Schlüssigkeit der vorgelegten Unterlagen aus sich heraus und die vollständige Angabe sämtlicher Fehlzeiten voraus. Die vorgelegten Adeverintas seien damit nur Mittel der Glaubhaftmachung und kein Nachweis einer höheren Beitragsdichte als fünf Sechstel. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.

Gegen das am 8. Dezember 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Januar 2010 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, die Erwägungen des SG seien nicht stichhaltig. Dieses habe nicht etwa den Wahrheitsgehalt der vorgelegten Bescheinigungen in Zweifel gezogen, sondern lediglich die Möglichkeit für wesentlich erachtet, dass Überstunden in Form von Freizeit ausgeglichen worden seien. Ein solcher Freizeitausgleich habe, wie die vorliegenden Bescheinigungen zeigten, zu keiner Unterbrechung der Beitragszahlung geführt, denn jedenfalls sei jeder Monat mit Arbeitszeiten und Beitragszeiten belegt. Verbleibende Zweifel bezögen sich im Ergebnis ausschließlich auf arbeitsrechtliche Detailfragen des fremdländischen Rechts, deren Unaufklärbarkeit mangels konkreter Auswirkungen hinzunehmen sei. Die insoweit durch das SG aufgezeigte Diskrepanz zwischen inländischer und fremdländischer Rechtsanwendung sei erfahrungsgemäß und typisch, der ausstellende Betrieb habe jedenfalls nicht wissen können, welche Fragen in Bezug auf die sozial- und arbeitsrechtliche innerstaatliche Rechtsanwendung im letzten Detail über den mitgeteilten Inhalt der Lohnlisten hinaus noch klärungsbedürftig sein könnten. Was die Beklagte vorliegend fordere, sei letztlich der Teufelsbeweis, also ein Beweis, der in Form "geglätteter" Bescheinigungen zu führen wäre. Solche Bescheinigungen hätten allerdings mit dem tatsächlichen Inhalt der vorliegenden Lohn- und Gehaltslisten nichts mehr zu tun und wären zur Erreichung des Klageziels völlig ungeeignet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 21. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2008 zu verurteilen, die Zeiträume vom 15. August 1969 bis 18. Juni 1971, 11. Dezember 1972 bis 30. April 1973, 1. Mai 1973 bis 29. April 1975 und 5. Mai 1975 bis 12. September 1990 ohne Anwendung von § 22 Abs. 3 Fremdrentengesetz als nachgewiesene Beitragszeiten vorzumerken.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, hierzu Stellung zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs.4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen für die hier vom Kläger beanspruchte ungekürzte Anrechnung seiner in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten benannt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Beitragszeiten ohne Kürzung gemäß § 22 Abs. 3 FRG nicht erfüllt sind. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren an.

Die von dem Kläger begehrte volle Berücksichtigung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten ist nach dem FRG zu beurteilen, in dessen Schutzbereich er nach § 1 lit. a FRG fällt. § 15 Abs. 1 Nr. 1 FRG bestimmt, dass die bei einem nicht deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich stehen. Nach § 22 Abs. 3 FRG in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl. I. 1606) werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die - gemäß § 22 Abs. 1 FRG - ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt. Die in § 22 Abs. 3 FRG vorgegebene Kürzung auf 5/6 war in ähnlicher Form seit jeher im Gesetz enthalten (vgl. die vor dem 1. Januar 1992 geltende Fassung des § 19 Abs. 2 FRG). Sie berücksichtigt, dass bei fehlendem Nachweis von Beitragszeiten in diese Zeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen können, für die der Arbeitgeber keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste. Die Regelung geht von der Erfahrung aus, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 belegt sind. Nachgewiesen sind Beschäftigungs- und Beitragszeiten dann, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden ist. Diese Feststellung lässt sich dann treffen, wenn konkrete und glaubhafte Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischen liegenden Arbeitsunterbrechungen vorliegen und letztere nicht ein Sechstel der Zeit erreichen (BSG, Urteil v. 20. August 1974, SozR 5050 § 19 Nr. 1; § 15 Nr. 23, BSG, Urteil v. 9. November 1982, SozR 5050 § 15 Nr. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11. Dezember 2000, EzS 50/456). Nach Auffassung des Senats können die Arbeitsbescheinigungen auf der Grundlage von Lohnlisten als Nachweis dienen, wenn die Angaben des Versicherten und die vorgelegten Unterlagen in sich schlüssig sind, wenn kein Verdacht besteht, dass es sich um Gefälligkeitsbescheinigungen oder gefälschte Bescheinigungen handelt, und wenn aus den Bescheinigungen die tatsächlichen Arbeitstage und die Fehlzeiten vollständig hervorgehen (s. Urteil des Senats vom 11. Dezember 2000 a.a.O.).

Die vorgelegten Bescheinigungen weisen erhebliche sowohl von der Beklagten als auch vom SG aufgezeigte Ungereimtheiten auf, sodass auch für den Senat Zweifel verbleiben, ob dadurch eine ununterbrochene Beitragsentrichtung mit einer höheren Beitragsdichte als fünf Sechstel als bewiesen angesehen werden kann. Sie enthalten bei einer Vielzahl von Monaten hinsichtlich bescheinigter und kalendermäßig möglicher Arbeitstage unschlüssige Angaben, nämlich Februar 1970 (18 bescheinigt, möglich 24), Mai 1975 (20 bescheinigt, bei Arbeitsbeginn 5. Mai 1975 möglich 24), August 1975 (26 bescheinigt, möglich 25), Oktober 1975 (26 bescheinigt, 27 möglich), Dezember 1975 (25 bescheinigt, 27 möglich), Dezember 1976 (25 bescheinigt, 27 möglich), Dezember 1977 (24 bescheinigt, 27 möglich), Februar 1978 (25 bescheinigt, 24 möglich), April 1978 (26 bescheinigt, 25 möglich), Februar 1979 (25 bescheinigt, 24 möglich), April 1979 (26 bescheinigt, 25 möglich), Juli 1979 (27 bescheinigt, 26 möglich), September 1979 (26 bescheinigt, 25 möglich) und Oktober 1979 (26 bescheinigt, 27 möglich).

Somit sind in den genannten Monaten zu viele bzw. zu wenige Arbeitstage bescheinigt, als unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Sonntage und der angegebenen bzw. nicht angegebenen Fehlzeiten möglich waren.

Ferner enthalten die Formulare der Bescheinigungen den vorgedruckten Satz "Diese Daten wurden aus den Lohn - Gehaltslisten/persönlichen Karteikarten entnommen, die sich im Archiv unseres Unternehmens befinden." Ob die Angaben insoweit Lohnlisten, Gehaltslisten oder persönlichen Karteikarten entnommen sein sollen, erschließt sich aus den nur formularmäßigen Angaben nicht. Ferner spricht auch nicht für eine den Ansprüchen des erforderlichen Nachweises genügende Bescheinigung, dass bei der Adeverinta Nr. 149 die Spalten "unbezahlter Urlaub", "frei" und "unentschuldigt" auf Blatt 1 für die Jahre 1975 bis 1988 keine Angaben enthalten, wohingegen auf Blatt 2 diese Spalten für die Jahre 1989 und 1990 mit (Fehl-) Strichen versehen sind. Ob hier überhaupt eine den Sorgfaltsanforderungen genügende Prüfung erfolgt ist, oder ob die - nach den formularmäßig geprüften - Unterlagen dazu keine Informationen enthalten, ist nicht nachvollziehbar.

Die Bescheinigungen sind deswegen unschlüssig, lassen Zweifel an ihrer Richtigkeit zurück, stellen deshalb kein hinreichendes Beweismittel dar und lassen eine Sechs-Sechstel-Anerkennung nicht zu. Deshalb ist es zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen, sondern allenfalls glaubhaft gemacht, dass der Kläger während der strittigen Zeiträume ununterbrochen Beitragszeiten zurückgelegt hat.

Soweit der Kläger zur Erklärung von ihm eingeräumter Abweichungen auf Überstunden hinweist und zugleich angibt, diese seien in Geld ausbezahlt worden, klärt dies die zu Tage getretenen Unstimmigkeiten nicht auf. Nachdem er ferner angegeben hat, die Feiertage und Sonntage seien nicht immer streng gehandhabt worden, spricht dies dagegen, dass die vorgelegten Bescheinigungen und bzw. oder die ihnen - nach der formularmäßigen Erklärung, "Diese Daten wurden aus den Lohn - Gehaltslisten/persönlichen Karteikarten entnommen, die sich im Archiv unseres Unternehmens befinden." - zu Grunde liegenden Aufzeichnungen ohne vernünftigen Zweifel richtig sind und als voll bewiesen angesehen werden können.

Die sonach verbliebenen Zweifel gehen in diesem Fall zu Lasten des Klägers, weswegen der Senat die Berufung zurückweist. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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