L 12 SF 4/12 E

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 SF 4/12 E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers wird die ihm im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung aus der Staatskasse zu zahlende Vorschusszahlung auf 535,98 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Höhe der Festsetzung seines Vorschusses.

In dem beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg anhängigen Berufungsverfahren (L 4 R 4278/10) geht es u.a. um die Vormerkung rentenrechtlicher Zeiten. In dem vom Kläger angestrengten Berufungsverfahren bewilligte das LSG Baden-Württemberg dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung und ordnete ihm zur Wahrnehmung seiner Rechte den Erinnerungsführer bei (Beschluss vom 17. Oktober 2011).

Der Erinnerungsführer nahm Akteneinsicht in die Verwaltungsakten und Gerichtsakten (insgesamt zwischen 600 und 700 Blatt) und äußerte sich sodann mit ausführlichem Schriftsatz vom 12. Dezember 2011.

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2011 hat der Erinnerungsführer vorschussweise die entstandene Verfahrensgebühr (Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) 3204) in Höhe von 400 EUR, die Auslagenpauschale von 20 EUR (VV RVG 7002) , eine Dokumentenpauschale von 30,40 EUR (VV RVG 7000 Nr. 1) und Umsatzsteuer (VV RVG 7008) festzusetzen beantragt, insgesamt 535,98 EUR.

Mit Beschluss vom 19. Dezember 2011 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle auf die zu erwartende Vergütung aus der Staatskasse einen Vorschuss in Höhe von 428,88 EUR bewilligt und hierbei eine Verfahrensgebühr in Höhe von 310 EUR zuzüglich Auslagen- und Dokumentenpauschale sowie Umsatzsteuer zugrunde gelegt. Es handele sich um einen Durchschnittsfall. Die Einarbeitung in das Verfahren sei durchschnittlich, weiter sei die Auseinandersetzung mit medizinischen Gutachten in sozialrechtlichen Streitigkeiten alltäglich.

Mit seiner Erinnerung macht der Erinnerungsführer geltend, die Festsetzung sei nicht angemessen. Der Umfang der Bearbeitung sei überdurchschnittlich. Es seien Behördenakten mit über 400 Seiten und drei Bände Gerichtsakten mit nahezu jeweils 100 Seiten durchgearbeitet und für die Rechtslage bewertet worden. Darüber hinaus sei das Begehren des Klägers nicht einfach zu ermitteln und in rechtliche Ausführungen zu gießen. Hintergrund sei der nicht einfach zu verstehende schriftsätzliche Vortrag des Klägers und seine doch diffizile Antragstellung, wie im Schriftsatz vom 12. Dezember 2011 ausgeführt. Das Interesse des Klägers an der Angelegenheit sei überdurchschnittlich, da es um Rentenzeiten gehe und kein durchschnittlicher Rechtsfall vorliege. Dies werde auch durch die Schwierigkeit der Bearbeitung und die Struktur des Klägers, wie sie sich aus den Akten ergebe, deutlich. Berücksichtige man zudem den Ermessensspielraum des Erinnerungsführers, sei die vorgenommene Gebührenbestimmung nicht unangemessen. Bei dem Beschluss handele es sich um ein Standardschreiben, da dort die Auseinandersetzung mit Gutachten thematisiert werde, die vorliegend überhaupt keine Rolle spiele, da es hier um die Bewertung eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs aus einem zivilrechtlichen Verfahren bezogen auf Rentenansprüche gehe, zudem keine alltägliche Materie.

II.

Die Erinnerung hat Erfolg.

Im vorliegenden Fall finden die Regelungen des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) Anwendung (vgl. § 61 RVG).

Der Senat entscheidet nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG durch den Senat, da die zuständige Berichterstatterin ihm das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen hat.

Die auch im Rahmen der Bewilligung eines Vorschusses nach § 47 RVG statthafte Erinnerung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 47 Rdnr. 9) ist zulässig und begründet. Der vom Erinnerungsführer beantragte Vorschuss ist als angemessen zu betrachten und daher nicht zu kürzen.

Grundlage für den vom Erinnerungsführer geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse ist § 47 Abs. 1 Satz 1 RVG. Danach kann der Rechtsanwalt, wenn ihm wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Staatskasse zusteht, für die entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen aus der Staatskasse einen angemessenen Vorschuss fordern. § 47 RVG gilt auch im Falle der Bemessung der anwaltlichen Gebühren nach Betragsrahmengebühren i.S.v. § 3 RVG (vgl. zur Vorläufervorschrift des § 127 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1930 § 127 Nr. 1). Für die Frage der Angemessenheit des Vorschusses ist auf die Höhe der tatsächlich entstandenen Gebühren abzustellen (vgl. Hartmann, a.a.O., § 47 RVG Rdnr. 6). Die Höhe der Gebühr richtet sich gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG u.a. nach dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit lassen sich indes abschließend in der Regel erst bei Abschluss des Verfahrens überblicken. Bei der Bestimmung des Gebührenvorschusses nach § 47 RVG kann daher grundsätzlich von der Mittelgebühr ausgegangen werden, eine Abweichung ist nur in besonderen Ausnahmefällen geboten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 1990 - L 9 B 18/90 - Breith 1990, 777 ff.; Sächsisches LSG, Beschluss vom 9. Juni 2004 - L 6 B 15/04 KR-KO - (juris); beide zu § 127 BRAGO; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - L 12 R 5308/08 KE -, 26. Januar 2010 - L 12 R 107/10 KE - und 29. Juli 2010 - L 12 SF 2763/10 E -).

Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier vor. Bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung war erkennbar, dass hier ein überdurchschnittlicher Aufwand erforderlich ist, der nicht nur auf die maßgebende Sach- und Rechtslage sowie den Umfang des Verfahrens zurückzuführen ist, sondern im Wesentlichen auch auf die Struktur des Klägers. Dessen sehr umfangreiche Schriftsätze sind schwer verständlich, so dass nachvollziehbar schon ein erheblicher Aufwand erforderlich ist, das Anliegen des Klägers tatsächlich zu erfassen und sodann in eine rechtliche Form zu bringen. Dieser Aufwand spiegelt sich im Schriftsatz des Erinnerungsführers vom 12. Dezember 2011 wider. Damit ist hier bereits im Rahmen der Vorschussgewährung eine Abweichung von der Mittelgebühr nach oben gerechtfertigt und die vom Erinnerungsführer angesetzte Verfahrensgebühr in Höhe von 400 EUR als angemessen zu erstatten. Die sonstigen Berechnungsposten sind nicht umstritten.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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