L 4 KR 25/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 1 KR 214/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KR 25/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 16/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 70,13 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin Leistungen auf der Basis eines vollstationären Behandlungstages abrechnen kann.

Die Klägerin ist Trägerin des Krankenhauses G. (im Folgenden: Krankenhaus) in Z., das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Der am ... 1954 geborene bei der Beklagten krankenversicherte H.-J. M. (im Folgenden: Versicherter) wurde am 28. Dezember 2002 als Notfall in die Klinik. der Klägerin gebracht. Der Notarzt diagnostizierte eine akute CVD (laut Gutachten: "cerebrovaskuläre Durchblutungsstörung"), eine Parese rechts sowie Nikotinabusus. Beim Eintreffen sei der Versicherte ansprechbar gewesen, habe aber eine verwaschene Sprache, eine Kraftminderung im rechten Arm und eine Vaszialisparese rechts gezeigt. Er sei orientiert gewesen und habe unauffällige Pupillen gehabt. Diese Symptomatik habe mit zunehmender Tendenz seit ca. 13 Uhr bestanden. Der Versicherte habe sich etwa eine Woche zuvor an einer Treppe gestoßen.

Nach der Aufnahmeanzeige erfolgte die Aufnahme des Versicherten am 28. Dezember 2002 um 14:20 Uhr. Als voraussichtlicher Entlassungstermin war der gleiche Tag angegeben. Nach der Entlassungsanzeige wurde er um 14:30 Uhr desselben Tages aus dem Krankenhaus entlassen und in die Berufsgenossenschaftliche Klinik. i. H. (im Folgenden: BG-Klinik.) verlegt, wo er um 15:20 Uhr aufgenommen und bis zum 14. Januar 2003 stationär behandelt wurde.

Auf die Rechnung der Klägerin vom 23. Januar 2003 (Rechnungs-Nr.: 2212317) mit der Abrechnung eines vollstationären Behandlungstages in Höhe von insgesamt 217,38 EUR teilte die Beklagte mit, es seien keine Pflegesätze nach der Bundespflegesatzverordnung abzurechnen, wenn ein Krankenhaus bei der Einlieferung eines Notfallpatienten eine externe Verlegung veranlasse, ohne selbst eine stationäre Behandlung erbracht zu haben. Dann liege eine ambulante Notfallversorgung vor, die als ambulante Behandlung zu Lasten der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen sei.

Mit Schreiben vom 5. Juni 2003 erwiderte die Klägerin, eine Leistung könne nur dann als ambulante Notfallbehandlung oder vorstationäre Behandlung abgerechnet werden, wenn der untersuchende Krankenhausarzt entscheide, den Patienten nach der Behandlung nach Hause zu entlassen. Eine Verlegung im Sinne der Bundespflegesatzvereinbarung könne bei stationär aufgenommenen Patienten von einem Krankenhaus in ein anderes bzw. von einer Hauptabteilung in eine andere Hauptabteilung des selben Krankenhauses erfolgen, wenn der Aufnahme- bzw. Behandlungsgrund eine vollstationäre Behandlung erfordere. Bei ambulant oder vorstationär behandelten Patienten komme eine solche Verlegung nicht in Betracht. Es werde daher gebeten, den Rechnungsbetrag zu überweisen. Demgegenüber vertrat die Beklagte die Ansicht, die Dauer des Aufenthaltes des Versicherten im Krankenhaus von 10 Minuten sei ein Indiz dafür, dass eine Krankenhausbehandlung im Sinne von § 2 der Bundespflegesatzverordnung nicht stattgefunden habe. Es werde vorgeschlagen, die Leistung als vorstationäre Behandlung abzurechnen, da der ärztliche Dienst in die Entscheidung zur Verlegung des Patienten in die BG-Klinik. eingebunden gewesen sei.

Am 26. März 2004 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Klage auf Zahlung von zunächst 217,38 EUR nebst 4% Zinsen seit 20. Februar 2003 erhoben und diese nach Feststellung eines Zahlungseingangs in Höhe von 147,25 EUR auf die Zahlung weiterer 70,13 EUR begrenzt. Sie hat ausgeführt, der vorliegende Fall sei mit einer "abgebrochenen" stationären Behandlung gleichzusetzen, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als stationäre Behandlung zu bewerten sei, wenn der Patient über Nacht habe verbleiben sollen, aber gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlassen habe. Bei den vom Versicherten gezeigten Symptomen sei eine EKG-Aufzeichnung üblich, um die weiteren Behandlungsmaßnahmen abzuschätzen. Der diensthabende Arzt habe das um 14:25 Uhr sowie Laboruntersuchungen veranlasst und den Versicherten auch in Bezug auf seine Psyche und das Bewusstsein umfänglich untersucht.

Die Beklagte hat ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nach einer ärztlichen Prüfung der Erforderlichkeit voraus, dass der Patient physisch und organisatorisch in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses eingegliedert werde. Dies könne nicht innerhalb von 10 Minuten geschehen sein. Der Patient werde im Krankenhaus nicht nur behandelt, sondern auch untergebracht und verpflegt. Daher erstrecke sich eine vollstationäre Behandlung zeitlich immer mindestens über einen Tag und eine Nacht. Diese Voraussetzungen einer stationären Behandlung im Sinne des § 39 SGB V seien nicht erfüllt. Die Klägerin habe in der Entlassungsanzeige die Verlegung in ein anderes Krankenhaus mit der Schlüsselnummer "06" gekennzeichnet. Bei einer Beendigung der Behandlung entgegen dem ärztlichen Rat durch den Versicherten hätte sie aber die Schlüsselnummer "04", nämlich: "Behandlung gegen ärztlichen Rat beendet" angeben müssen. Der Sachverhalt könne daher nicht mit dem vom BSG entschiedenen Fall eines eigenmächtigen Abbruchs der Behandlung gleichgesetzt werden. Nach § 4 Abs. 2 des Gesamtvertrages zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt und dem Verband der Angestelltenkrankenkassen und anderen Krankenkassen über die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten der Ersatzkassen in Sachsen-Anhalt seien Notfallbehandlungen in Krankenhäusern als ambulante Behandlung durch die Kassenärztliche Vereinigung zu vergüten.

Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht (SG) H. (Beschluss vom 11. Mai 2004) hat dieses die Klage mit Urteil vom 23. Februar 2005 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Es hat ausgeführt, aufgrund der kurzen Verweildauer des Versicherten in der Einrichtung der Klägerin sei davon auszugehen, dass ihm weder Unterkunft noch Verpflegung bereitgestellt worden seien, zumal er den räumlichen Bereich der Erstversorgung nicht verlassen habe und vom diensthabenden Arzt keine stationäre Zuweisung erfolgt sei. Der behandelnde Krankenhausarzt habe sich nach Durchführung des EKGs, laborchemischer Untersuchungen sowie einer Rücksprache mit einem anderen Arzt veranlasst gesehen, den Versicherten mit dem Notarztwagen in die spezielle Einrichtung für Infarktpatienten der BG-Klinik. zu verbringen. Zu diesem Zeitpunkt habe er daher erst entscheiden können, ob eine stationäre Aufnahme des Versicherten in der Klinik. der Klägerin oder in einer anderen Klinik. zu erfolgen habe. Die erbrachten ambulanten Notfallleistungen könne die Klägerin nach dem Gesamtvertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung und nicht nach der Pflegesatzvereinbarung abrechnen. Gegen die Beklagte bestehe daher kein Anspruch auf weitere Zahlungen in Höhe von 70,13 EUR für die Behandlung des Versicherten.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin vom 27. Mai 2005 gegen das ihr am 23. Mai 2005 zugestellte Urteil hat der Senat die Berufung zugelassen. In der Sache hat die Klägerin auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Februar 2007 (B 3 KR 17/06 R) verwiesen, wonach die Abgrenzung zwischen vollstationärer und ambulanter Behandlung in erster Linie anhand der geplanten Aufenthaltsdauer vorzunehmen sei. Bei einer zeitlich nicht beschränkten Behandlung sei im Zweifel von einer vollstationären Behandlung auszugehen. Die Voraussetzungen der Abrechnung einer vorstationären Pauschale seien schon deshalb nicht erfüllt, weil es bei der vorliegenden Notfalleinweisung bei akuter Lebensgefahr an der nach § 115a Abs. 1 SGB V erforderlichen Verordnung von Krankenhausbehandlung fehle. Die Verlegung in ein anderes Krankenhaus sei ausschließlich aus medizinischen Gründen erfolgt. Das Behandlungsziel habe nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden können. Der Versicherte sei daher stationär untersucht und behandelt worden.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr auf die Rechnung vom 23. Januar 2003 (Rechnungsnummer 2212317/1600827) für die Behandlung des Patienten H.-J. M. weitere 70,13 EUR nebst 4% Zinsen ab dem 20. Februar 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, der Versicherte habe die Infrastruktur des Krankenhauses der Klägerin sowohl in Bezug auf die Dauer seines Aufenthaltes als auch in Bezug auf den Umfang der medizinischen Maßnahmen nur in einem äußerst geringen Maße in Anspruch genommen. Während seines 10minütigen Klinikaufenthaltes sei weder die für eine Krankenhausbehandlung typische intensive ärztliche Betreuung noch Pflege mit Hilfe von jederzeit verfügbarem Pflege-, Funktions- und/oder medizinisch-technischem Personal erforderlich gewesen. Die behandelnden Krankenhausärzte hätten sich bewusst gegen eine stationäre Aufnahme und für einen Weitertransport des Versicherten in ein anderes Krankenhaus entschieden. Eine stationäre Behandlung in der klägerischen Klinik sei daher nicht geplant gewesen. Auch aus der Aufnahmeanzeige ergebe sich, dass lediglich ein Behandlungstag geplant gewesen sei. Daher habe die Klägerin ambulante Notfallleistungen erbracht, die nach dem genannten Gesamtvertrag der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen seien. Die Beklagte habe auch ein Einsichtsrecht in die Patientenunterlagen. Aus diesen Unterlagen ergebe sich eindeutig, dass der Versicherte nicht stationär im Haus der Klägerin aufgenommen worden sei. Vielmehr seien schon die Ergebnisse der Laboruntersuchungen von 15:02 Uhr nicht mehr abgewartet worden. Der Versicherte habe den räumlichen Bereich der Erstversorgung der Klägerin als Notfall nicht verlassen und sei daher nicht in den stationären Betrieb der Klägerin eingegliedert worden.

Der Senat hat ein Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. R., Facharzt für Neurologie, Rehabilitationswesen und Sozialmedizin, vom 9. Juni 2011 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, ein Behandlungsplan des Krankenhauses sei nicht dokumentiert und ergebe sich auch nicht aus den Unterlagen. Im Jahre 2002 hätten Patienten mit einem akuten Schlaganfall auch auf einer Normalstation behandelt werden können, da erst seit 2003 die Überlegenheit von Schlaganfallzentren durch Studien belegt sei. Die Einweisung in ein Schlaganfallzentrum sei daher in Deutschland im Jahr 2002 noch nicht flächendeckend üblich gewesen. Der Arzt habe die Entscheidung zur Verlegung erst nach einer Bestätigung der Diagnose eines Schlaganfalls treffen können. Eine plötzliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ein sonstiges plötzliches Ereignis sei aus den vorgelegten Unterlagen nicht zu erkennen. Auch eine Verlegung auf eine Intensivstation ergebe sich aus den Unterlagen nicht. Wenn die Einrichtung nicht über eine Stroke-Unit verfüge, sei die Intensivstation grundsätzlich der geeignete Ort, um Schlaganfallpatienten zu versorgen.

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, der Gutachter habe verkannt, dass die Verlegung – wie im Entlassungsbrief des aufnehmenden Krankenhauses erwähnt – noch innerhalb des Zeitfensters einer Lysetherapie erfolgt sei. Die Notwendigkeit und Möglichkeit der Lysetherapie innerhalb eines bestimmten Zeitfensters sei auch 2002 schon allgemein bekannt gewesen. Vermutlich sei deshalb der Aufenthalt im Haus der Klägerin so kurz gewesen. Der Versicherte sei bereits mit der vom Notarzt "gesicherten" Diagnose und der Information, dass das Ereignis 1 ¼ Stunde zurück lag, angekommen. Dem in der Notfallambulanz tätigen Arzt sei daher schon ohne Untersuchung des Patienten bewusst gewesen, dass die Lysetherapie noch versucht werden könne, wozu der Patient in ein anderes Krankenhaus zu verbringen sei. Das Behandlungsziel der erstversorgenden Einrichtung könne in diesem Fall nur die Sicherstellung der Transportfähigkeit gewesen sein. Daher sei eine Abklärung der kardialen Symptomatik per EKG erfolgt. Eine Entscheidung zur vollstationären Aufnahme des Patienten im Haus der Klägerin hätte nur erfolgen können und dürfen, wenn kardiale oder sonstige Probleme den Transport des Patienten in eine Einrichtung mit der Möglichkeit zur Lysetherapie verhindert hätten.

Der zu diesen Ausführungen um Stellungnahme gebetene Gutachter hat mit Schreiben vom 15. Juli 2011 darauf hingewiesen, dass die systemische Lysetherapie im Jahre 2002 zwar in neurologischen Fachkreisen schon als adäquate Therapie angesehen worden sei, damals aber noch nicht zur durchgängigen Praxis gehört habe.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Blatt 239, 240 der Gerichtsakten).

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die von der Klägerin vorgelegten Patientenunterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. Er hat die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG unzulässige Berufung auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin nach § 145 Abs. 1 und 4 SGG zugelassen.

Die Berufung ist jedoch unbegründet, da der Klägerin für die bezüglich des Versicherten erbrachten Leistungen kein weiterer Vergütungsanspruch gegen die Beklagte zusteht.

Die Klägerin macht den Anspruch auf Zahlung der Vergütung für erbrachte Krankenhausleistungen gegen die Beklagte zutreffend mit der (echten) Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein sog. Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R).

Die Klägerin hat für die von ihr zugunsten des Versicherten am 28. Dezember 2002 erbrachten Leistungen keinen Vergütungsanspruch aus den hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden Regelungen des § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2002. Nähere vertragliche Regelungen i.S. von § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung sowie die Überprüfung ihrer Notwendigkeit und Dauer existieren für Sachsen-Anhalt nicht. Vielmehr durfte die Beklagte den Behandlungsfall auf der Basis einer vorstationären Behandlung abrechnen, da keine vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten am 28. Dezember 2002 vorlag.

Das Gesetz regelt die Voraussetzungen des Anspruchs auf vollstationäre Krankenhausbehandlung in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Danach muss die Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus bzw. seine weitere vollstationäre Behandlung erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Nach dem Wortlaut dieser Regelung steht fest, dass der Aufenthalt im Krankenhaus einem Behandlungszweck dienen muss und die Krankenkasse nicht leistungspflichtig ist, wenn der Patient aktuell keiner stationären Behandlung (mehr) bedarf, sondern ggf. aus anderen Gründen, etwa wegen Hilflosigkeit oder Pflegebedürftigkeit im Krankenhaus behalten wird (Großer Senat des BSG, Beschluss vom 25. September 2007, GS 1/06, S. 8 des Umdrucks [Abs. 16]). Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung ist in nachträglichen Abrechnungsstreitigkeiten nach der Rechtsprechung des BSG erst dann zu prüfen, wenn feststeht, dass im Einzelfall auch tatsächlich eine den Kriterien der "Krankenhausbehandlung" entsprechende Versorgung stattgefunden hat (BSG, Urt. v. 10. April 2008 – B 3 KR 19/05, in Fortführung des Urt. v. 28. Februar 2007 – B 3 KR 15/06 R, jeweils zitiert nach juris).

Der Anspruch des Versicherten auf vollstationäre Behandlung hängt nach dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ferner davon ab, dass das aufgesuchte Krankenhaus die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung geprüft und bejaht hat. Diese Prüfung erstreckt sich auch auf die Frage, ob das aufgesuchte Krankenhaus für die erforderliche Behandlung geeignet ist oder ob die Behandlung in einem Krankenhaus einer anderen Versorgungsstufe vorzunehmen ist (vgl. Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: März 2011, § 39 SGB V Rn. 198, 201).

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 4. März 2004 – B 3 KR 4/03 R, zitiert nach juris) setzt eine vollstationäre Krankenhausbehandlung die physische und organisatorische Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses voraus. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die Behandlung nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt. Maßgebend ist damit zunächst der Behandlungsplan. Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen, kann im Einzelfall aber auch noch später erfolgen (BSG a.a.O.).

Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V und die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien sind hier nicht erfüllt. Die Behandlung des Versicherten in der Klinik der Klägerin hat sich zeitlich nicht über einen Tag und eine Nacht erstreckt, sondern nur etwa zehn Minuten gedauert. Auch ein entsprechender ärztlicher Behandlungsplan, den Versicherten über einen Tag und eine Nacht zu behandeln, ist nach den Ausführungen des Sachverständigen. Prof. Dr. R. aus der Patientenakte nicht zu erkennen. Gegen den Willen zur Durchführung einer vollstationären Behandlung im Krankenhaus spricht, dass bereits in der Aufnahmeanzeige als voraussichtlicher Entlassungstermin der gleiche Tag angegeben ist. Die Frage, ob die Einweisung in ein Schlaganfallzentrum im Jahre 2002 schon flächendeckend üblich gewesen ist, spielt hier keine Rolle, da sich der behandelnde Krankenhausarzt in diesem Fall jedenfalls für eine solche Einweisung entschieden hat. Unerheblich ist auch, ob die Verbringung des Versicherten in eine andere Klinik innerhalb des Zeitfensters einer Lysetherapie erfolgt ist. Zwar kann damit möglicherweise die rasche Verbringung des Versicherten innerhalb von nur 10 Minuten erklärt werden. Dies hat aber keinen Einfluss auf die Frage, ob der Versicherte in der Klinik der Klägerin vollstationär behandelt wurde. Nur darauf kommt es an und dafür liegen keine hinreichenden Anhaltpunkte vor. Insbesondere spricht es nicht für einen Behandlungsplan des Krankenhausarztes, den Versicherten über einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus der Klägerin zu behandeln, wenn der Krankenhausarzt – wie der Gutachter ausführt – erst nach einer Bestätigung der Diagnose eines Schlaganfalls darüber entscheiden konnte, in welcher Klinik die erforderliche stationäre Behandlung durchzuführen sei. Denn selbstverständlich kann ein solcher Behandlungsplan erst nach der Aufnahmeuntersuchung mit der Erhebung der Aufnahmediagnosen erfolgen. Ohne solche Mindestinformationen kann ein sachlich begründeter ärztlicher Behandlungsplan nicht erstellt werden.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BSG zu einer sog. "abgebrochenen" stationären Behandlung (BSG, Urteil vom 17. März 2005 – B 3 KR 11/04 R, zitiert nach juris) berufen. Denn auch danach ist Voraussetzung der stationären Behandlung eine Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes, die sich mindestens auf die Behandlung des Patienten über Nacht bezieht. Im Falle einer abgebrochenen Krankenhausbehandlung kann eine vollstationäre Behandlung abgerechnet werden, wenn es durch Umstände, die außerhalb der Sphäre des Krankenhauses liegen, nicht zu der "an sich" gewollten vollstationären Krankenhausbehandlung gekommen ist. Bei dem vom BSG entschiedenen Sachverhalt hat der Versicherte das Krankenhaus gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben noch am selben Tag verlassen (BSG, Urteil vom 4. März 2004 – B 3 KR 4/03 R, zitiert nach juris). Mangels einer entsprechenden Aufnahmeentscheidung, deren Fehlen sich sowohl aus der Aufnahmeanzeige als auch aus dem fehlenden Behandlungsplan ergibt, liegt hier aber eine derartige Situation nicht vor. Die Krankenhausärzte haben sich vielmehr selbst um die sofortige Verbringung des Versicherten in die BG-Klinik bemüht, damit er optimal behandelt werden kann. Eine weitere Behandlung im Krankenhaus der Klägerin war von Anfang an nicht geplant. Es haben daher keine Umstände außerhalb der Sphäre der Klini. der Klägerin vorgelegen, die zu einem Abbruch einer dort bereits geplanten Behandlung hätten führen können.

Darüber hinaus hat das BSG bei einer besonders intensiven (Notfall-)Behandlung, bei der eine Behandlungsdauer von mindestens einem Tag und einer Nacht nicht erreicht wird, eine vollstationäre Behandlung angenommen (BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R, zitiert nach juris). Dabei kommt es entscheidend darauf an, in welchem Umfang der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses tatsächlich in Anspruch genommen hat. Dies bestimmt sich nach der konkreten Erkrankung und der dafür erforderlichen Behandlung. Eine vollstationäre Behandlung liegt in diesen Fällen jedenfalls dann vor, wenn ein Versicherter mit Verdacht auf eine lebensbedrohliche Erkrankung in eine eigens für solche Falle vorgehaltene Intensivstation eingeliefert wird. Im Gegensatz zu anderen Krankenhausstationen benötigt eine Intensivstation einen hohen Einsatz von Personal und von technischen Geräten, die gestörte Organfunktionen ersetzen können. Sie bieten daher ein Höchstmaß an Behandlungsintensität. Typische Erkrankungsbilder einer Intensivstation sind beispielsweise Schockzustände, Herzinfarkte oder bedrohliche Herzrhythmusstörungen. Ziel der Behandlung solcher Erkrankungen ist es, eine akute Lebensgefahr abzuwenden und die Funktion lebenswichtiger Organsysteme wieder herzustellen (BSG a.a.O.). Die Zahl der betreuten Patienten auf der Intensivstation ist deutlich geringer als auf normalen Krankenstationen. Das Pflegepersonal auf Intensivstationen muss die Körperfunktionen der Patienten viel umfassender beobachten und überwachen und dabei zahlreiche Geräte (z.B. EKG, Beatmungsmaschinen, Medikamentenpumpen; Beobachtungsmonitore; Dialysegeräte) bedienen. Dies gilt für das ärztliche Personal in gleicher Weise. Die Intensivstation ist daher die nachhaltigste Form der Einbindung in einen Krankenhausbetrieb und stellt damit den Prototyp einer stationären Behandlung dar (vgl. BSG a.a.O.).

Hier sind aber nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen. aus den Unterlagen keine Hinweise für die Verlegung des Versicherten von der Notfallaufnahme auf eine Intensivstation erkennbar. Es sind auch nicht die besonderen Mittel einer Intensivstation eingesetzt worden. Es sind lediglich eine EKG-Aufzeichnung, eine umfassende Laboruntersuchungen und eine Untersuchung von Psyche und Bewusstsein des Versicherten erfolgt. Dafür ist weder ein intensiver Einsatz von medizinischem Personal noch von medizinisch-technischen Geräte erforderlich, wie er typischerweise nur auf einer Intensivstation vorgehalten wird. Es handelt sich vielmehr um bloße Routineuntersuchungen.

Allein der von den Beteiligten – möglicherweise unzutreffend – verwendete Begriff der "Verlegung" und die Tatsache, dass von den behandelnden Krankenhausärzten eine Verbringung des Versicherten in eine andere Klinik für notwendig erachtet und organisiert wurde, macht aus dem 10-minütigen Aufenthalt des Versicherten in der Klinik. der Klägerin mit den dort durchgeführten Routineuntersuchungen keine stationäre Krankenhausbehandlung. Der Senat vermag – jedenfalls solange das Krankenhaus selbst keine umfangreichen Untersuchungen oder Behandlungsmaßnahmen durchgeführt hat – keinen für die Abrechnung relevanten Unterschied zwischen der Veranlassung einer Weiterbehandlung in einer anderen Klinik. und der Entlassung des Patienten nach Hause zugunsten der Klägerin zu erkennen. Da das aufnehmende Krankenhaus diesen Behandlungstag nach den Abrechnungsregelungen bereits abrechnen kann, würde die Auffassung der Klägerin vielmehr zu einer doppelten Zahlungspflicht für diesen Tag führen (vgl. zum Ganzen auch LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 21. Dezember 2010 – L 4 KR 71/07, zitiert nach juris).

Der Senat hatte nicht darüber zu entscheiden, ob die Beklagte zu der von ihr veranlassten Zahlung auf der Basis einer vorstationären Behandlung verpflichtet war oder ob – wie die Beklagte bereits in erster Instanz ausdrücklich vorgetragen hat – die Behandlung als ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus durch die Kassenärztliche Vereinigung zu vergüten war, denn jedenfalls steht der Klägerin der geltend gemachte weitere Zahlungsanspruch nicht zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor. Das BSG hat die Frage, bei welchen Fallgestaltungen eine vollstationäre Krankenhausbehandlung vorliegt, in seinen Urteilen vom 4. März 2004 – B 3 KR 4/03, 8. September 2004 – B 6 KA 14/03 R, 17. März 2005 – B 3 KR 11/04 R und 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R (jeweils zitiert nach juris) abschließend geklärt. Die Grundsätze zur Erforderlichkeit der stationären Behandlung und der Überprüfung dieser Voraussetzung hat der Große Senat in seinem Beschluss vom 29. September 2007 (GS 1/06, zitiert nach juris) abschließend festgelegt, so dass grundsätzliche Fragen hier – anders als zu dem Zeitpunkt, als der Senat die Berufung mit Beschluss vom 7. März 2007 zugelassen hat – nicht mehr klärungsbedürftig sind.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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