Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 24 R 657/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 260/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Versicherungspflicht des Klägers in der Sozialversicherung für seine Tätigkeit in einer Steuerberatungskanzlei.
Für die mit Sitz in H. geführte Steuerberaterkanzlei "L. H. Steuerberater" wurde von der Beklagten im Jahr 2006 eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2005 durchgeführt. Dabei ergaben sich nach dem Protokoll über die am 8. November 2006 durchgeführte Schlussbesprechung nur geringfügige Beanstandungen. Unter dem 14. November 2006 teilte der am ... 1930 geborene Beigeladene, der als zugelassener Steuerberater Mitglied der Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt ist, der Beklagten seine Auffassung zur Umsetzung des Ergebnisses der Betriebsprüfung unter dem Briefkopf "Diplom-Kaufmann L. H. Steuerberater/Landwirtschaftliche Buchstelle" mit. Mit Schreiben vom 22. November 2006 teilte die Beklagte dem Beigeladenen mit, hinsichtlich der Versicherungspflicht bzw. -freiheit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Steuerberatungskanzlei - die nur bis 2001 als versicherungspflichtig der Rentenversicherung gemeldet worden war - ergehe ein gesonderter Bescheid.
Auf die Anforderung der Beklagten übersandte der Klägerbevollmächtigte im Namen des Beigeladenen unter dem 13. Dezember 2006 eine schriftliche Stellungnahme. Die beigefügte Vollmacht ist für die Firma Steuerkanzlei L. H., B.str. 28 in H. ("Betroffener" B. H.) unter dem 8. Dezember 2006 mit dem Siegel "Dipl.-Kfm. Steuerberater L. H./H. an der Saale" unterzeichnet. Die Stellungnahme listet die nach dortiger Auffassung ausschließlich vorliegenden Kriterien einer nicht arbeitnehmertypischen Tätigkeit des Klägers "im väterlichen Unternehmen" auf. Insbesondere verfüge der Kläger "aufgrund seiner Ausbildung und seiner jahrelangen Erfahrung über die alleinigen Branchenkenntnisse für die Kanzlei in H./S.". Er sei in allen kaufmännischen Bereichen sowie der Kundenakquisition federführend. Der Kläger verfüge frei über alle Geschäftskonten und könne uneingeschränkt Personal einstellen und entlassen. Bezüglich der Einzelheiten wird im Übrigen auf Bl. 14 bis 15 der Verwaltungsakte verwiesen. Aus dem ebenfalls mit dem Siegel versehenen "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen bzw. Ehegatten/Lebenspartnern" geht hervor, der am ... 1960 geborene Sohn des Beigeladenen, der Kläger, habe den Beruf "Steuerfachgehilfe" erlernt und arbeite seit den 90er Jahren bis laufend in der Kanzlei. Die Tätigkeit des Klägers erfolge im Betrieb bzw. zu Hause mit in dessen Belieben stehenden Arbeitszeiten. Das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt betrage 7.100 EUR zzgl. hälftiger Beteiligung am Gewinn und Nutzung eines Firmenwagens. Die Tätigkeit werde auf der Grundlage des dem Feststellungbogen als Anlage beigefügten Arbeitsvertrages vom 2. Januar 1999 ausgeübt. Zu den Einzelheiten dieses Vertrages wird auf Bl. 24 bis 27 der Verwaltungsakte verwiesen. Der Kläger arbeite ohne Eingliederung in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft und ohne Bindung an Weisungen des Betriebsinhabers. Der Kläger könne seine Tätigkeit frei bestimmen und wirke an der Führung des Betriebes mit. Die Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Ein Urlaubsanspruch und eine Kündigungsfrist seien nicht vereinbart worden. Das Arbeitsentgelt werde auf ein Girokonto des Klägers überwiesen und bei Arbeitsunfähigkeit fortgezahlt. Von dem Arbeitsentgelt werde Lohnsteuer entrichtet. Der Kläger, der am Betrieb und Betriebsvermögen nicht beteiligt sei, habe dem Betrieb/Betriebsinhaber ein Darlehen in Höhe von 44.879,05 EUR gewährt. Dem Fragebogen sind, jeweils in Kopie, eine Bestätigung über die Kontovollmacht des Klägers für die Geschäftskonten seit 1991, Darlehensverträge zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen vom 30. Dezember 2005 und 10. August 2006 und ein Schreiben des Beigeladenen vom 16. November 2006 beigefügt, in dem dieser ausgeführt hat, der Kläger führe die Steuerkanzlei in H. vollkommen selbstständig. Er selbst sei die meiste Zeit in L./L. (B.). Der Kläger sei von ihm beauftragt, sämtliche Arbeiten, die in einer Steuerkanzlei anfielen, "in eigener Verantwortung zu erledigen", habe freie Hand und könne seine Arbeitszeiten frei wählen. "Lediglich" Schreiben an Behörden, die nur von einem Steuerberater unterzeichnet werden dürften, würden von ihm, dem Beigeladenen, unterschrieben.
Mit Bescheid vom 21. Februar 2007 stellte die Beklagte fest, der Kläger sei in seinem Beschäftigungsverhältnis in der Steuerberatungskanzlei des Beigeladenen von Beginn an versicherungspflichtig. Die aus dem zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen geschlossenen Arbeitsvertrag und dem ausgefüllten Fragebogen resultierenden Kriterien erfüllten im Wesentlichen die Voraussetzungen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers. Durch die Bestimmungen im Arbeitsvertrag reduziere sich die Möglichkeit des Klägers, seine Arbeitszeit frei und nach Belieben zu bestimmen, auf die Zeiträume außerhalb der regulären Kanzleiöffnungszeiten. Die Frage, ob der Kläger tatsächlich nicht in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert sei, bleibe offen. In einer leitenden Funktion sei der Kläger zumindest deshalb nicht als gleichberechtigt anzusehen, da er alle von einem Steuerberater zu unterzeichnenden Schriftsätze dem Beigeladenen zur Unterschrift vorlegen müsse. Dem Kläger obliege hier nur das unterschriftsreife Vorbereiten der Schriftsätze. Nur der Beigeladene trete im Rechtsverkehr nach außen auf und werde aus Rechtsgeschäften berechtigt und verpflichtet. Im Übrigen seien auch der Kläger und der Beigeladene ausweislich der Meldung zur Sozialversicherung bis 2001 zunächst von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgegangen, sodass nach lange erfolgter tatsächlicher Praktizierung von einem tatsächlich gewollten Charakter des Rechtsverhältnisses auszugehen sei. Allein aus einem tatsächlich nicht ausgeübten Weisungsrecht könne eine selbstständige Tätigkeit des Klägers nicht hergeleitet werden, wobei hier von "Diensten höherer Art" auszugehen sei. In Bezug auf die Frage einer familienhaften Mitbeschäftigung des Klägers hielten die Bedingungen seiner Beschäftigung einem Fremdvergleich stand. Für die angegebenen Darlehen des Klägers an den Beigeladenen sei schon ein Zusammenhang mit dem Unternehmen nicht nachgewiesen.
Zur Begründung seines gegen diesen Bescheid am 22. März 2007 eingelegten Widerspruchs wiederholte der Beigeladene seine Auffassung, dass der Kläger auch einem abgeschwächten Weisungsrecht nicht unterliege. Der Kläger sei "Kopf und Seele" der Kanzlei in H., führe diese und sei für die kaufmännische Organisation, das Rechnungs- und Personalwesen, die Buchhaltung, Geschäftsführung etc. verantwortlich und unterschreibe "alle für die Kanzlei auftretenden Dokumente, Rechtsbehelfe, Bilanzen und Kanzleirechnungen". Dieser habe die Kanzlei seit Januar 1990 weitestgehend allein aufgebaut. Er selbst sei nur ca. zehn Stunden im Monat dort anwesend und unterschreibe nur dann "aus Anstandsgründen". Maßgebend seien nicht die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, sondern die tatsächlichen Verhältnisse. Die frühere - im Rahmen der Betriebsprüfung unbeanstandet gebliebene, und später auf Grund besserer Erkenntnis beendete - Anmeldung der Tätigkeit des Beigeladenen als versicherungspflichtig habe keine Indizwirkung für eine Versicherungspflicht. Auch die lohnsteuerrechtliche Behandlung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis habe nur untergeordnete Bedeutung.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2007 als unbegründet zurück. Dieser Bescheid wurde dem Klägerbevollmächtigten (zu dieser Zeit nur bevollmächtigt durch den Beigeladenen) "zur Weiterleitung an den Adressaten des Bescheides" (den Kläger) bekannt gegeben. In der Gesamtschau der arbeitsvertraglichen Regelungen und der Angaben auf dem Feststellungsbogen leiste der Kläger einen "Dienst höherer Art" im Rahmen einer fremdbestimmten abhängigen Beschäftigung. Eine freie Gestaltung der Arbeitszeit und ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber bestünden unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Regelungen nicht. Das Arbeitsverhältnis sei ernsthaft vereinbart und zunächst auch zur Sozialversicherung angemeldet worden. Dass erst nach circa 16 Jahren Zweifel am Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgekommen seien, erscheine wenig glaubhaft und bedinge erhöhte Anforderungen an den Nachweis einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers im Rahmen der objektiven Beweislast. Hier müsse neben den allgemeinen Abgrenzungskriterien einer abhängigen Beschäftigung auch die besondere Rechtslage bei Steuerberatern beachtet werden, die nach § 2 Steuerberatungsgesetz (StBerG) eine geschäftsmäßige Hilfestellung in Steuersachen nur durch hierzu befugte Personen erlaube, zu denen der Kläger nicht gehöre.
Der Kläger hat mit seiner am 1. August 2007 bei dem Sozialgericht Halle erhobenen Klage die Aufhebung des Bescheides vom 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 und die Feststellung, dass er ab dem 1. Januar 1990 nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe, verfolgt. Der Beigeladene habe bis 1998 eine Steuerberatungskanzlei in L. am L. geführt, von 1990 bis zum Verkauf der dortigen Kanzlei mit einer Zweigstelle in H. und einer Außenstelle in L. bei H ... Er, der Kläger, sei von Beginn an alleinverantwortlich in der Zweigstelle (ab 1998 der Hauptstelle) tätig gewesen. Maßgebend sei nicht, wie dies berufsrechtlich zu sehen sei, sondern nur, wie er mit dem Beigeladenen das Tätigkeitsverhältnis ausgestaltet habe. Der Beigeladene erledige ausschließlich Tätigkeiten, die in berufs- und standesrechtlicher Hinsicht unerlässlich von einem Steuerberater erledigt werden müssten. Der Arbeitsvertrag, der zum 1. Januar 2007 aufgehoben worden sei, sei nicht eingehalten worden. Ein Beschäftigungsverhältnis sei weder von ihm selbst noch von dem Beigeladenen gewollt gewesen. Er, der Kläger, lege die Büroöffnungszeiten fest und entscheide über seine Arbeitszeit. Die vertraglich vereinbarte Grundvergütung sei nicht als Gehalt, sondern als gesellschafterähnliche Vorabentnahme auf den Jahresgewinn zu werten. Die Buchung der Zahlungen als Betriebsausgaben sei hier ohne Bedeutung. Er selbst trage ein unternehmerisches Risiko, weil erst am Ende des Jahres die im Laufe des Jahres vorgenommenen Zahlungen mit dem Gewinn der Kanzlei verrechnet würden. Das dem Beigeladenen gewährte Darlehen sei in Höhe von 19.879,05 EUR zur Anschaffung des Firmenwagens und in Höhe von 25.000 EUR für Betriebsausgaben der Kanzlei gewährt worden. Er verweist diesbezüglich auf ein Schreiben des Beigeladenen vom 15. April 2008, Bl. 68 Bd. I der Gerichtsakte, nach welchem die Bezüge des Klägers aus standesrechtlichen Gründen über die Lohnsteuer hätten abgerechnet werden müssen. In der Praxis sei monatlich etwa die gleiche Summe entnommen und dieser Betrag für den Kläger als lohnsteuerpflichtiges Entgelt versteuert worden. In der Jahresabrechnung sei zunächst der Gesamtgewinn festgesetzt und die "bisherigen Bezüge" des Klägers seien zum Gewinn hinzugerechnet worden. Hiervon hätten diesem 50 Prozent zugestanden. Von seinem Anteil seien dann seine Bezüge abgerechnet und der Restbetrag im Dezember des Jahres versteuert worden. Der Kläger hat im Übrigen auf die Kopie über Buchungen in einem "Abschlusskonto" zum 31. Dezember 2004, Bl. 69 bis 70 Bd. I der Gerichtsakte, und seine Lohnabrechnung für Dezember 2004 (Gehalt 6.500 EUR/Leistungsvergütung Überstunden 30.000 EUR/ Sachbezug "br. KFZ privat" 276,92 EUR/Vergütung "Betr. AV AG lfd. ST-pau" 145,20 EUR) verwiesen. Im Übrigen hat er im Wesentlichen das Vorbringen des Beigeladenen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Das Sozialgericht hat den Beigeladenen, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht förmlich am Verfahren beteiligt war, auf die entsprechende Ladung in der mündlichen Verhandlung am 4. August 2010 als Zeugen vernommen sowie den Kläger und den Klägerbevollmächtigten befragt (Das Protokoll ist zwar vollständig nach Seiten vorhanden, endet aber auf Seite 7 mitten im Satz): Im Wesentlichen hat der Kläger angegeben, 1983 die Steuerfachgehilfenprüfung abgelegt zu haben. Er habe zeitliche Probleme gehabt, die Steuerberaterprüfung abzulegen. Das habe "nicht geklappt". Er pendele zwischen der Kanzlei in H. und der Außenstelle in L. bei H., wo es kein Kanzleischild, aber einen Kanzlei-Briefkasten gebe. Er selbst habe dort gebaut und erhalte von dem Beigeladenen Miete für das Büro. Das Unternehmen leite allein er selbst. Er habe die Darlehen an die Kanzlei im Wesentlichen begeben, um deren Liquidität zu erhalten. Es gebe noch weitere Darlehen und er habe in Höhe von 75.000 EUR persönlich für das Firmenkonto gebürgt. Der Lohn werde nicht regelmäßig gezahlt; seit 2010 werde überhaupt kein Festgehalt mehr gezahlt. Die Lohnsteuer berechne er aus einem "Erfahrungsprozentsatz des Gewinns", der als Betriebsausgabe gebucht werde. Er sei privat krankenversichert. Den Arbeitsvertrag habe er aufgesetzt, weil er dem Finanzamt habe nachweisen sollen, dass er zwischen H. und L. pendele. Er suche derzeit einen jüngeren Steuerberater, der ihm in der Kanzlei dann zur Seite stehe. Aktuell übe er selbst keine weiteren Tätigkeiten aus. Seit 1996 sei er auch als Unternehmensberater tätig gewesen. Rechtlich treffe die Haftung den Beigeladenen, wirtschaftlich aber auch ihn selbst. Der Beigeladene hat ausgeführt, z.B. auch die Ausbildungsverträge selbst unterschrieben zu haben. Die Dinge, die er im Übrigen unterschrieben habe, habe er "sich noch einmal angesehen und geprüft". Er bespreche diese Dinge auch vorher, z.B. wenn bei einer Bilanz etwas Besonderes sei. Er habe noch nie eine Bilanz von Anfang bis zum Ende selbst gemacht, habe nie gelernt, Maschine zu schreiben oder mit dem Computer umzugehen. Der Kläger sei "ein perfekter Steuerberater".
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. August 2010 abgewiesen. Die Klage sei nur zulässig, soweit der Bescheid vom 21. Februar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 angefochten werde. Soweit der Kläger die Feststellung begehre, nicht der Sozialversicherungspflicht zu unterliegen, sei die Klage neben der - unter Berücksichtigung der Vollstreckbarkeit effektiveren - Anfechtungsklage nicht zulässig. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Als der nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) für die Betriebsprüfung zuständige Rentenversicherungsträger habe die Beklagte hier zutreffend die Versicherungspflicht des Klägers in der Sozialversicherung festgestellt. Hier überwögen diejenigen Merkmale, die für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses und damit gegen eine selbstständige Tätigkeit des Klägers sprächen. Dieser könne selbst den Betrieb nicht weiterführen, da er kein Steuerberater sei. Er profitiere davon, dass er denselben Namen wie der Beigeladene trage und vielen Geschäftspartnern und Kunden nicht bewusst sei, dass der Kläger nicht der Betriebsinhaber sei. Der Kläger sei nicht Inhaber des Geschäftskontos der Kanzlei. Er sei in seiner Stellung einem Niederlassungsleiter eines bundesweit agierenden Unternehmens vergleichbar, in dem er das Tagesgeschäft leite und in diesem Rahmen selbst Personal einstelle, überwache und anleite. Die Regelungen des von 1999 bis 2006 geltenden Arbeitsvertrages sprächen ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Bis 2006 seien auch der Kläger und der Beigeladene von einer Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit ausgegangen. In Bezug auf die Angaben zu der - von dem im Januar 1999 geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag abweichenden - tatsächlichen Durchführung der Tätigkeit des Klägers lägen sowohl Aspekte, die für als auch solche, die gegen eine abhängige Beschäftigung sprächen, vor. Der Kläger sei zwar - bereits auf Grund der seltenen Anwesenheit des Beigeladenen vor Ort - nicht formal an Weisungen gebunden. Der Beigeladene sei aber im Rahmen seines bei den Diensten höherer Art des Klägers stark eingeschränkten Weisungsrechts an allen wesentlichen Entscheidungen formal durch Unterzeichnung und inhaltlich beteiligt. Zumindest bis Dezember 2009 habe der Kläger auch ein monatliches festes Gehalt zuzüglich eines variablen Anteils bezogen, von dem Lohnsteuer abgeführt und das als Betriebsausgabe gebucht worden sei. Aus der nachträglichen Verrechnung im Rahmen der Gewinnverteilung ergebe sich kein von dem Kläger zu tragendes Unternehmerrisiko. Ein solches ergebe sich auch nicht aus dessen Hingabe von Darlehen an seinen Vater für den Firmenwagen. Entscheidend spreche die Tatsache, dass der Kläger mangels einer Zulassung als Steuerberater die Kanzlei nicht allein führen könne, für das Vorliegen seiner persönlichen Abhängigkeit.
Gegen das ihm am 8. September 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Oktober 2010 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Er meint, die Feststellung der Versicherungspflicht in dem angefochtenen Bescheid beschränke sich auf den Zeitraum bis zum 1. Januar 2007. Er unterliege de facto keinem Weisungsrecht, da er das gesamte Unternehmen leite und eine familiäre Bindung zu dem Beigeladenen bestehe. Er selbst nehme gegenüber dem Personal sämtliche Arbeitgeberpflichten wahr. Die Vereinbarungen des von 1999 bis 2006 bestehenden Arbeitsvertrages seien tatsächlich so nicht gelebt worden. Seine ursprüngliche Anmeldung zur Sozialversicherung sei in Unkenntnis der diesbezüglichen rechtlichen Voraussetzungen erfolgt. Er habe eine "berufsähnliche Ausbildung" wie der Beigeladene durchlaufen und im Rahmen einer langjährigen selbstständigen Tätigkeit im steuerlichen Bereich die erforderlichen Kenntnisse erworben. Für seine selbstständige Tätigkeit sprächen auch die monatlichen Zahlungen als "Vorwegnahme" des Gewinns, die unternehmensbezogene Darlehensgewährung und die Bürgschaft für das Firmenkonto. Er wiederholt seine Auffassung, dass es in Bezug auf seine Tätigkeit in der Kanzlei "nicht relevant" sei, wie dies berufsrechtlich zu sehen sei. Die Beklagte behandele auch vergleichbare Fälle anders: so werde die Tätigkeit von mitarbeitenden Ehefrauen von Handwerksmeistern oder deren Kindern unter bestimmten Voraussetzungen als sozialversicherungsfrei beurteilt. Maßgebend seien hier die tatsächlichen Umstände, z.B. die Übernahme eines Kredits oder einer Bürgschaft.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 4. August 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Maßgebend für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seien die Vereinbarungen in dem Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1999 und die Angaben in dem Fragebogen über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung.
Der Senat hat mit Beschluss vom 2. Februar 2011 die Beiladung von L. H. vorgenommen. Der Beigeladene hat sich zum Sach- und Streitstand nicht geäußert.
Auf Anfrage des Berichterstatters hat die Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt dem Senat mit Schreiben vom 29. März 2011 mitgeteilt, aus berufsrechtlicher Sicht könne ein Steuerfachangestellter nie die verantwortliche Führung der Praxis eines Steuerberaters übernehmen. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung für eine Niederlassung einer Steuerberatungskanzlei seien hier nicht erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Der angefochtene Bescheid betrifft in seinem Regelungsgehalt die Feststellung der Versicherungspflicht ab Beginn des Prüfzeitraums (1. Januar 2002). Unabhängig von der Frage des Prüfzeitraumendes am 31. Dezember 2005 ergeben sich hieraus Auswirkungen auch für die folgenden Prüfzeiträume. Dem Senat liegen in Bezug auf eine Beendigung des maßgebenden Rechtsverhältnisses weder die Kündigung des Arbeitsvertrages vom 2. Januar 1999 noch andere Anhaltspunkte für eine Aufgabe der Tätigkeit des Klägers für den Beigeladenen vor. Gegen eine rechtlich bedeutsame Änderung des Arbeitsvertrages spricht hier auch, dass der Kläger nach dem am 11. März 2011 und 27. Februar 2012 recherchierten Internetauftritt von "Steuerberater H. in H./S." in der Kanzlei arbeitet. Durch die rechtlichen Rahmenbedingungen des StBerG ist auch nicht erkennbar, welche wesentlichen Änderungen insoweit eingetreten sein könnten. Änderungen z.B. des Gehalts würden keine erneute Feststellung der Versicherungspflicht erforderlich machen.
Im Rahmen der Betriebsprüfung konnte die Beklagte gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV über die Sozialversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit in der Steuerberatungskanzlei H. durch Verwaltungsakt entscheiden.
Vorliegend ergibt sich aus dem berufsrechtlich zwingenden Weisungsverhältnis ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers für den maßgebenden Zeitraum ab dem 1. Januar 2002. Dabei ist der Kläger an den Regelungen im Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1999 festzuhalten.
Der Beigeladene hat die für die Beitragspflicht maßgebende Arbeitgeberstellung. Denn Arbeitgeber ist derjenige, dem der Anspruch auf die von einem Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zusteht und der dem Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet ist (so Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 KR 10/09 R - juris, RdNr. 18). Steht der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis bei dem Beigeladenen, ist dieser damit gleichzeitig Arbeitgeber im Sinne der Beitragspflicht.
Der Kläger ist in seiner Tätigkeit in der Steuerberatungskanzlei versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und beitragspflichtig zur Bundesagentur für Arbeit.
Versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sind insbesondere Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI); § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III)).
Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund der Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI scheidet hier aus, da der Zugang zum Steuerberaterversorgungswerk im Land Sachsen-Anhalt nach § 9 und 10 der Satzung dieser Körperschaft nur Mitgliedern der Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt eröffnet ist. Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V)) und eine daran anknüpfende Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung lag hier zumindest auf Grund einer Überschreitung der maßgebenden Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 7 SGB V) mit Eintritt in eine private Krankenversicherung nicht vor.
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Bei einer Tätigkeit in einem fremden Betrieb muss ein Beschäftigter in den Betrieb eingegliedert sein und einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2011, a.a.O. RdNr. 17 m.w.N.).
Der Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1999 erfüllt sämtliche Bedingungen zur Begründung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers mit der Folge seiner Versicherungspflicht. Dieser Arbeitsvertrag regelt Zeit, Ort und Umfang der Arbeit des Klägers und sieht hierfür eine gleichbleibende Vergütung vor, die durch eine Gewinnbeteiligung nur ergänzt wird. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger kein Unternehmerrisiko trägt. Er hat einen vertraglichen Anspruch auf eine Vergütung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 7.100 EUR monatlich, unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg der Kanzlei. Es entspricht auch der üblichen Berechnung der Gewinnbeteiligung eines Arbeitnehmers, die gebuchten Betriebsausgaben abzuziehen. Die Gewährung leistungsabhängiger Vergütungsbestandteile ist für sich genommen kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 20).
Der Nachweis für die Aufhebung dieses Vertrages vom 2. Januar 1999 ist nicht erbracht; Änderungen hätten nach dem Vertragstext der Schriftform bedurft. Soweit die Rechtsprechung die Wirkung der Schriftformklausel begrenzt (vgl. z.B. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl. 2002 m.w.N.), ist hier eine mündliche Aufhebung des Schriftformerfordernisses nicht vorgetragen worden. Eine Kündigung des Arbeitsvertrages hätte ab dem 1. Mai 2000 bereits nach der gesetzlichen Regelung in § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur schriftlich erfolgen können.
Die behaupteten Vereinbarungen über Abweichungen oder Änderungen dieses Vertrages in Richtung einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers wären nach § 134 BGB wegen des Verstoßes gegen u.a. § 5 StBerG unwirksam. Das betrifft insbesondere die behaupteten Abreden über die faktische Übertragung einer Leitungsfunktion an den Kläger. Die Nichtigkeit einzelner arbeitsvertraglicher Abreden erfasst dabei nicht den Arbeitsvertrag (vgl. für die Schwarzarbeit Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. März 2004 - 5 AZR 233/03 - juris, RdNr. 48). Es ist insoweit ohne Bedeutung, ob der Kläger nicht über die berufliche Qualifikation des Steuerberaters verfügt, weil er die in der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) geregelte Prüfung der Finanzbehörden nicht bestanden oder sich dieser Prüfung nicht unterzogen hat. Die Selbsteinschätzung des Klägers bzw. des Beigeladenen über einen ausreichenden Kenntnisstand ist insoweit von vornherein ohne Bedeutung. Die Steuerberaterkammer hat in der Rückantwort zur Anfrage des Berichterstatters die Ausbildung des Klägers mit der eines Steuerfachangestellten gleichgestellt. Zwischen der Ausbildung zum Steuerfachangestellten und der Steuerberaterprüfung läge dann noch die Prüfung zum Steuerfachwirt, sodass auch die vom Kläger behauptete Vergleichbarkeit seiner Ausbildung mit der eines Steuerberaters nicht nachvollziehbar ist. Die Steuerberatungskanzlei L. H. kann hier auf Grund des Verbots der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen durch andere als die in §§ 3, 3a und 4 StBerG bezeichneten Personen und Vereinigungen (§ 5 StBerG) nur durch den Beigeladenen handeln. Dabei ist der Begriff der Hilfeleistung in Steuersachen weit zu fassen (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19. Mai 2005 - VII B 8/05 - juris, RdNr. 6). Da das StBerG kein altersbedingtes Erlöschen der Zulassung vorsieht, gibt der Beigeladene hier weiterhin seinen Namen für die Tätigkeit der Kanzlei und ist im Rechtsverkehr damit allein verantwortlich.
Soweit der Kläger meint, unter Berücksichtigung der Rechtsverhältnisse nach der Handwerksordnung ergebe sich, dass ein Betrieb grundsätzlich auch durch eine Person geführt werden könne, die nicht selbst über die berufsrechtlich erforderliche Qualifikation für die Dienstleistung verfüge, ist dies zumindest bei den verkammerten Berufen nicht der Fall. Vielmehr ist hier eine Betriebsführung durch nicht sozietätsfähige Personen grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. zur Abgrenzung von gemeinschaftlicher Berufsausübung und "Kooperation" für die Rechtsanwälte z.B. Landgericht Arnsberg, Urteil vom 3. März 2011 - 8 O 32/11 - juris, RdNr. 31). Die vom Sozialgericht angenommene Stellung des Klägers wie ein Niederlassungsleiter in einem bundesweit agierenden Unternehmen wäre ebenfalls nicht mit dem StBerG vereinbar, da dieses Gesetz besondere Regelungen zu Gesellschaften im Steuerberatungswesen vorsieht, die hier sämtlich nicht erfüllt sind.
Die mit der Steuerberatertätigkeit verbundenen Befugnisse erstrecken sich z.B. nach § 62 Abs. 2 Nr. 3 Finanzgerichtsordnung auch auf eine Vertretung vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit. Der Kläger selbst hat keine Versicherung gegen die sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren, wie es § 51 DVStB für eine selbstständige Tätigkeit zwingend vorsieht. Vor dem Hintergrund der eingeschränkten Haftung für ordnungsgemäß ausgewähltes und geschultes Personal würden Mandanten durch die behaupteten Abreden zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 2. Januar 1999 in gesetzeswidriger Weise benachteiligt.
Damit ist auch die Rechtsprechung zu "Diensten höherer Art", für die das Weisungsrecht eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" modifiziert sein kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 12/05 R - SozR 4-1400 § 7 Nr. 6 m.w.N.), hier nicht übertragbar. Denn gemeint ist hier grundsätzlich die Verrichtung von Diensten höherer Art im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen. So betrifft das Urteil vom 25. Januar 2006 (a.a.O.) die Versicherungspflicht eines ehrenamtlichen Bürgermeisters, die frühere Entscheidung vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R - juris) einen Fremdgeschäftsführer. Im Rahmen des rechtlich Zulässigen bestand im Interesse des Mandantenschutzes und der Abdeckung von Haftungsrisiken für die Berufsausübung bei dem Kläger eine strikte Weisungsgebundenheit in Bezug auf die steuerberatende Tätigkeit. Insbesondere verbürgt die Unterzeichnung von Schriftsätzen an Behörden und Gerichte die eigene fachliche Prüfung und Billigung. Dass - auch nach Auffassung der Beklagten - die eigentlich berufsprägende fachliche Tätigkeit hier der in die Zuständigkeit des Klägers fallenden "Vorbereitung von Schriftsätzen" zugeordnet wird, ist insoweit ebenso wenig zutreffend wie die Annahme einer den Charakter der Tätigkeit vorrangig prägenden Kundenakquise bzw. Führung des kaufmännischen Bereichs. Bei den letztgenannten Tätigkeiten handelt es sich bei den freien Berufen in der Regel um Nebenbereiche der Tätigkeit, die, soweit sie von der Beratung abtrennbar sind, üblicherweise auch delegiert werden können.
Eine ggf. ohne entsprechende Abreden vorgenommene tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses ist vor dem Hintergrund der vorgenannten Ausführungen ebenfalls ohne Belang. Der Vorrang der praktizierten Tätigkeit vor den vertraglichen Abreden gilt nur dann, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse im Bereich des rechtlich Zulässigen halten (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 17. November 2009 - L 5 R 935/08 - juris, RdNr. 4). Maßgebend ist auch die geschuldete Vergütung (vgl. z.B. Werner in: juris PraxisKommentar SGB IV, 2. Aufl. § 14 RdNr. 50 ff. m.w.N.), sodass es auf zu geringe tatsächliche Zahlungen des Beigeladenen nicht ankommt.
Der Versicherungspflicht des Klägers steht auch nicht eine familienhafte Mitbeschäftigung entgegen.
Die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer familienhaften Mitarbeit ist nach den Umständen des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - juris, RdNr. 14 m.w.N.). Der Kläger ist von dem Beigeladenen in seinem Einkommenserwerb wie ein Arbeitnehmer abhängig. Nur der Beigeladene kann den Betrieb fortführen und mit seiner Betriebsaufgabe die Tätigkeit des Klägers unmittelbar beenden. Soweit er für Verbindlichkeiten des Betriebes seines Vaters, nach seinen Angaben ein "Konto", gebürgt und Darlehen begeben hat, ändert dies umgekehrt nichts an seinem arbeitsvertraglich begründeten Vergütungsanspruch gegen den Beigeladenen. Der Kläger hat mit dem Beigeladenen Verträge geschlossen, um die hierdurch bedingten Vorteile - nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht z.B. in Bezug auf die Kosten der Wege zur Arbeit - auszuschöpfen. Soweit er meint, die lohnsteuerrechtliche Behandlung von Einnahmen habe keine Bedeutung für die Frage, ob die Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist, trifft dies hier nicht zu. Denn der Kläger und der Beigeladene können sich bei den vertraglichen Abreden nicht im Steuerrecht auf eine rechtliche Gültigkeit und im Sozialversicherungsrecht auf eine Vereinbarung nur zum Schein berufen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Versicherungspflicht des Klägers in der Sozialversicherung für seine Tätigkeit in einer Steuerberatungskanzlei.
Für die mit Sitz in H. geführte Steuerberaterkanzlei "L. H. Steuerberater" wurde von der Beklagten im Jahr 2006 eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2005 durchgeführt. Dabei ergaben sich nach dem Protokoll über die am 8. November 2006 durchgeführte Schlussbesprechung nur geringfügige Beanstandungen. Unter dem 14. November 2006 teilte der am ... 1930 geborene Beigeladene, der als zugelassener Steuerberater Mitglied der Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt ist, der Beklagten seine Auffassung zur Umsetzung des Ergebnisses der Betriebsprüfung unter dem Briefkopf "Diplom-Kaufmann L. H. Steuerberater/Landwirtschaftliche Buchstelle" mit. Mit Schreiben vom 22. November 2006 teilte die Beklagte dem Beigeladenen mit, hinsichtlich der Versicherungspflicht bzw. -freiheit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Steuerberatungskanzlei - die nur bis 2001 als versicherungspflichtig der Rentenversicherung gemeldet worden war - ergehe ein gesonderter Bescheid.
Auf die Anforderung der Beklagten übersandte der Klägerbevollmächtigte im Namen des Beigeladenen unter dem 13. Dezember 2006 eine schriftliche Stellungnahme. Die beigefügte Vollmacht ist für die Firma Steuerkanzlei L. H., B.str. 28 in H. ("Betroffener" B. H.) unter dem 8. Dezember 2006 mit dem Siegel "Dipl.-Kfm. Steuerberater L. H./H. an der Saale" unterzeichnet. Die Stellungnahme listet die nach dortiger Auffassung ausschließlich vorliegenden Kriterien einer nicht arbeitnehmertypischen Tätigkeit des Klägers "im väterlichen Unternehmen" auf. Insbesondere verfüge der Kläger "aufgrund seiner Ausbildung und seiner jahrelangen Erfahrung über die alleinigen Branchenkenntnisse für die Kanzlei in H./S.". Er sei in allen kaufmännischen Bereichen sowie der Kundenakquisition federführend. Der Kläger verfüge frei über alle Geschäftskonten und könne uneingeschränkt Personal einstellen und entlassen. Bezüglich der Einzelheiten wird im Übrigen auf Bl. 14 bis 15 der Verwaltungsakte verwiesen. Aus dem ebenfalls mit dem Siegel versehenen "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen bzw. Ehegatten/Lebenspartnern" geht hervor, der am ... 1960 geborene Sohn des Beigeladenen, der Kläger, habe den Beruf "Steuerfachgehilfe" erlernt und arbeite seit den 90er Jahren bis laufend in der Kanzlei. Die Tätigkeit des Klägers erfolge im Betrieb bzw. zu Hause mit in dessen Belieben stehenden Arbeitszeiten. Das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt betrage 7.100 EUR zzgl. hälftiger Beteiligung am Gewinn und Nutzung eines Firmenwagens. Die Tätigkeit werde auf der Grundlage des dem Feststellungbogen als Anlage beigefügten Arbeitsvertrages vom 2. Januar 1999 ausgeübt. Zu den Einzelheiten dieses Vertrages wird auf Bl. 24 bis 27 der Verwaltungsakte verwiesen. Der Kläger arbeite ohne Eingliederung in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft und ohne Bindung an Weisungen des Betriebsinhabers. Der Kläger könne seine Tätigkeit frei bestimmen und wirke an der Führung des Betriebes mit. Die Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Ein Urlaubsanspruch und eine Kündigungsfrist seien nicht vereinbart worden. Das Arbeitsentgelt werde auf ein Girokonto des Klägers überwiesen und bei Arbeitsunfähigkeit fortgezahlt. Von dem Arbeitsentgelt werde Lohnsteuer entrichtet. Der Kläger, der am Betrieb und Betriebsvermögen nicht beteiligt sei, habe dem Betrieb/Betriebsinhaber ein Darlehen in Höhe von 44.879,05 EUR gewährt. Dem Fragebogen sind, jeweils in Kopie, eine Bestätigung über die Kontovollmacht des Klägers für die Geschäftskonten seit 1991, Darlehensverträge zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen vom 30. Dezember 2005 und 10. August 2006 und ein Schreiben des Beigeladenen vom 16. November 2006 beigefügt, in dem dieser ausgeführt hat, der Kläger führe die Steuerkanzlei in H. vollkommen selbstständig. Er selbst sei die meiste Zeit in L./L. (B.). Der Kläger sei von ihm beauftragt, sämtliche Arbeiten, die in einer Steuerkanzlei anfielen, "in eigener Verantwortung zu erledigen", habe freie Hand und könne seine Arbeitszeiten frei wählen. "Lediglich" Schreiben an Behörden, die nur von einem Steuerberater unterzeichnet werden dürften, würden von ihm, dem Beigeladenen, unterschrieben.
Mit Bescheid vom 21. Februar 2007 stellte die Beklagte fest, der Kläger sei in seinem Beschäftigungsverhältnis in der Steuerberatungskanzlei des Beigeladenen von Beginn an versicherungspflichtig. Die aus dem zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen geschlossenen Arbeitsvertrag und dem ausgefüllten Fragebogen resultierenden Kriterien erfüllten im Wesentlichen die Voraussetzungen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers. Durch die Bestimmungen im Arbeitsvertrag reduziere sich die Möglichkeit des Klägers, seine Arbeitszeit frei und nach Belieben zu bestimmen, auf die Zeiträume außerhalb der regulären Kanzleiöffnungszeiten. Die Frage, ob der Kläger tatsächlich nicht in den Betrieb wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert sei, bleibe offen. In einer leitenden Funktion sei der Kläger zumindest deshalb nicht als gleichberechtigt anzusehen, da er alle von einem Steuerberater zu unterzeichnenden Schriftsätze dem Beigeladenen zur Unterschrift vorlegen müsse. Dem Kläger obliege hier nur das unterschriftsreife Vorbereiten der Schriftsätze. Nur der Beigeladene trete im Rechtsverkehr nach außen auf und werde aus Rechtsgeschäften berechtigt und verpflichtet. Im Übrigen seien auch der Kläger und der Beigeladene ausweislich der Meldung zur Sozialversicherung bis 2001 zunächst von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgegangen, sodass nach lange erfolgter tatsächlicher Praktizierung von einem tatsächlich gewollten Charakter des Rechtsverhältnisses auszugehen sei. Allein aus einem tatsächlich nicht ausgeübten Weisungsrecht könne eine selbstständige Tätigkeit des Klägers nicht hergeleitet werden, wobei hier von "Diensten höherer Art" auszugehen sei. In Bezug auf die Frage einer familienhaften Mitbeschäftigung des Klägers hielten die Bedingungen seiner Beschäftigung einem Fremdvergleich stand. Für die angegebenen Darlehen des Klägers an den Beigeladenen sei schon ein Zusammenhang mit dem Unternehmen nicht nachgewiesen.
Zur Begründung seines gegen diesen Bescheid am 22. März 2007 eingelegten Widerspruchs wiederholte der Beigeladene seine Auffassung, dass der Kläger auch einem abgeschwächten Weisungsrecht nicht unterliege. Der Kläger sei "Kopf und Seele" der Kanzlei in H., führe diese und sei für die kaufmännische Organisation, das Rechnungs- und Personalwesen, die Buchhaltung, Geschäftsführung etc. verantwortlich und unterschreibe "alle für die Kanzlei auftretenden Dokumente, Rechtsbehelfe, Bilanzen und Kanzleirechnungen". Dieser habe die Kanzlei seit Januar 1990 weitestgehend allein aufgebaut. Er selbst sei nur ca. zehn Stunden im Monat dort anwesend und unterschreibe nur dann "aus Anstandsgründen". Maßgebend seien nicht die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, sondern die tatsächlichen Verhältnisse. Die frühere - im Rahmen der Betriebsprüfung unbeanstandet gebliebene, und später auf Grund besserer Erkenntnis beendete - Anmeldung der Tätigkeit des Beigeladenen als versicherungspflichtig habe keine Indizwirkung für eine Versicherungspflicht. Auch die lohnsteuerrechtliche Behandlung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis habe nur untergeordnete Bedeutung.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2007 als unbegründet zurück. Dieser Bescheid wurde dem Klägerbevollmächtigten (zu dieser Zeit nur bevollmächtigt durch den Beigeladenen) "zur Weiterleitung an den Adressaten des Bescheides" (den Kläger) bekannt gegeben. In der Gesamtschau der arbeitsvertraglichen Regelungen und der Angaben auf dem Feststellungsbogen leiste der Kläger einen "Dienst höherer Art" im Rahmen einer fremdbestimmten abhängigen Beschäftigung. Eine freie Gestaltung der Arbeitszeit und ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber bestünden unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Regelungen nicht. Das Arbeitsverhältnis sei ernsthaft vereinbart und zunächst auch zur Sozialversicherung angemeldet worden. Dass erst nach circa 16 Jahren Zweifel am Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgekommen seien, erscheine wenig glaubhaft und bedinge erhöhte Anforderungen an den Nachweis einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers im Rahmen der objektiven Beweislast. Hier müsse neben den allgemeinen Abgrenzungskriterien einer abhängigen Beschäftigung auch die besondere Rechtslage bei Steuerberatern beachtet werden, die nach § 2 Steuerberatungsgesetz (StBerG) eine geschäftsmäßige Hilfestellung in Steuersachen nur durch hierzu befugte Personen erlaube, zu denen der Kläger nicht gehöre.
Der Kläger hat mit seiner am 1. August 2007 bei dem Sozialgericht Halle erhobenen Klage die Aufhebung des Bescheides vom 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 und die Feststellung, dass er ab dem 1. Januar 1990 nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe, verfolgt. Der Beigeladene habe bis 1998 eine Steuerberatungskanzlei in L. am L. geführt, von 1990 bis zum Verkauf der dortigen Kanzlei mit einer Zweigstelle in H. und einer Außenstelle in L. bei H ... Er, der Kläger, sei von Beginn an alleinverantwortlich in der Zweigstelle (ab 1998 der Hauptstelle) tätig gewesen. Maßgebend sei nicht, wie dies berufsrechtlich zu sehen sei, sondern nur, wie er mit dem Beigeladenen das Tätigkeitsverhältnis ausgestaltet habe. Der Beigeladene erledige ausschließlich Tätigkeiten, die in berufs- und standesrechtlicher Hinsicht unerlässlich von einem Steuerberater erledigt werden müssten. Der Arbeitsvertrag, der zum 1. Januar 2007 aufgehoben worden sei, sei nicht eingehalten worden. Ein Beschäftigungsverhältnis sei weder von ihm selbst noch von dem Beigeladenen gewollt gewesen. Er, der Kläger, lege die Büroöffnungszeiten fest und entscheide über seine Arbeitszeit. Die vertraglich vereinbarte Grundvergütung sei nicht als Gehalt, sondern als gesellschafterähnliche Vorabentnahme auf den Jahresgewinn zu werten. Die Buchung der Zahlungen als Betriebsausgaben sei hier ohne Bedeutung. Er selbst trage ein unternehmerisches Risiko, weil erst am Ende des Jahres die im Laufe des Jahres vorgenommenen Zahlungen mit dem Gewinn der Kanzlei verrechnet würden. Das dem Beigeladenen gewährte Darlehen sei in Höhe von 19.879,05 EUR zur Anschaffung des Firmenwagens und in Höhe von 25.000 EUR für Betriebsausgaben der Kanzlei gewährt worden. Er verweist diesbezüglich auf ein Schreiben des Beigeladenen vom 15. April 2008, Bl. 68 Bd. I der Gerichtsakte, nach welchem die Bezüge des Klägers aus standesrechtlichen Gründen über die Lohnsteuer hätten abgerechnet werden müssen. In der Praxis sei monatlich etwa die gleiche Summe entnommen und dieser Betrag für den Kläger als lohnsteuerpflichtiges Entgelt versteuert worden. In der Jahresabrechnung sei zunächst der Gesamtgewinn festgesetzt und die "bisherigen Bezüge" des Klägers seien zum Gewinn hinzugerechnet worden. Hiervon hätten diesem 50 Prozent zugestanden. Von seinem Anteil seien dann seine Bezüge abgerechnet und der Restbetrag im Dezember des Jahres versteuert worden. Der Kläger hat im Übrigen auf die Kopie über Buchungen in einem "Abschlusskonto" zum 31. Dezember 2004, Bl. 69 bis 70 Bd. I der Gerichtsakte, und seine Lohnabrechnung für Dezember 2004 (Gehalt 6.500 EUR/Leistungsvergütung Überstunden 30.000 EUR/ Sachbezug "br. KFZ privat" 276,92 EUR/Vergütung "Betr. AV AG lfd. ST-pau" 145,20 EUR) verwiesen. Im Übrigen hat er im Wesentlichen das Vorbringen des Beigeladenen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Das Sozialgericht hat den Beigeladenen, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht förmlich am Verfahren beteiligt war, auf die entsprechende Ladung in der mündlichen Verhandlung am 4. August 2010 als Zeugen vernommen sowie den Kläger und den Klägerbevollmächtigten befragt (Das Protokoll ist zwar vollständig nach Seiten vorhanden, endet aber auf Seite 7 mitten im Satz): Im Wesentlichen hat der Kläger angegeben, 1983 die Steuerfachgehilfenprüfung abgelegt zu haben. Er habe zeitliche Probleme gehabt, die Steuerberaterprüfung abzulegen. Das habe "nicht geklappt". Er pendele zwischen der Kanzlei in H. und der Außenstelle in L. bei H., wo es kein Kanzleischild, aber einen Kanzlei-Briefkasten gebe. Er selbst habe dort gebaut und erhalte von dem Beigeladenen Miete für das Büro. Das Unternehmen leite allein er selbst. Er habe die Darlehen an die Kanzlei im Wesentlichen begeben, um deren Liquidität zu erhalten. Es gebe noch weitere Darlehen und er habe in Höhe von 75.000 EUR persönlich für das Firmenkonto gebürgt. Der Lohn werde nicht regelmäßig gezahlt; seit 2010 werde überhaupt kein Festgehalt mehr gezahlt. Die Lohnsteuer berechne er aus einem "Erfahrungsprozentsatz des Gewinns", der als Betriebsausgabe gebucht werde. Er sei privat krankenversichert. Den Arbeitsvertrag habe er aufgesetzt, weil er dem Finanzamt habe nachweisen sollen, dass er zwischen H. und L. pendele. Er suche derzeit einen jüngeren Steuerberater, der ihm in der Kanzlei dann zur Seite stehe. Aktuell übe er selbst keine weiteren Tätigkeiten aus. Seit 1996 sei er auch als Unternehmensberater tätig gewesen. Rechtlich treffe die Haftung den Beigeladenen, wirtschaftlich aber auch ihn selbst. Der Beigeladene hat ausgeführt, z.B. auch die Ausbildungsverträge selbst unterschrieben zu haben. Die Dinge, die er im Übrigen unterschrieben habe, habe er "sich noch einmal angesehen und geprüft". Er bespreche diese Dinge auch vorher, z.B. wenn bei einer Bilanz etwas Besonderes sei. Er habe noch nie eine Bilanz von Anfang bis zum Ende selbst gemacht, habe nie gelernt, Maschine zu schreiben oder mit dem Computer umzugehen. Der Kläger sei "ein perfekter Steuerberater".
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. August 2010 abgewiesen. Die Klage sei nur zulässig, soweit der Bescheid vom 21. Februar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 angefochten werde. Soweit der Kläger die Feststellung begehre, nicht der Sozialversicherungspflicht zu unterliegen, sei die Klage neben der - unter Berücksichtigung der Vollstreckbarkeit effektiveren - Anfechtungsklage nicht zulässig. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Als der nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) für die Betriebsprüfung zuständige Rentenversicherungsträger habe die Beklagte hier zutreffend die Versicherungspflicht des Klägers in der Sozialversicherung festgestellt. Hier überwögen diejenigen Merkmale, die für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses und damit gegen eine selbstständige Tätigkeit des Klägers sprächen. Dieser könne selbst den Betrieb nicht weiterführen, da er kein Steuerberater sei. Er profitiere davon, dass er denselben Namen wie der Beigeladene trage und vielen Geschäftspartnern und Kunden nicht bewusst sei, dass der Kläger nicht der Betriebsinhaber sei. Der Kläger sei nicht Inhaber des Geschäftskontos der Kanzlei. Er sei in seiner Stellung einem Niederlassungsleiter eines bundesweit agierenden Unternehmens vergleichbar, in dem er das Tagesgeschäft leite und in diesem Rahmen selbst Personal einstelle, überwache und anleite. Die Regelungen des von 1999 bis 2006 geltenden Arbeitsvertrages sprächen ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Bis 2006 seien auch der Kläger und der Beigeladene von einer Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit ausgegangen. In Bezug auf die Angaben zu der - von dem im Januar 1999 geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag abweichenden - tatsächlichen Durchführung der Tätigkeit des Klägers lägen sowohl Aspekte, die für als auch solche, die gegen eine abhängige Beschäftigung sprächen, vor. Der Kläger sei zwar - bereits auf Grund der seltenen Anwesenheit des Beigeladenen vor Ort - nicht formal an Weisungen gebunden. Der Beigeladene sei aber im Rahmen seines bei den Diensten höherer Art des Klägers stark eingeschränkten Weisungsrechts an allen wesentlichen Entscheidungen formal durch Unterzeichnung und inhaltlich beteiligt. Zumindest bis Dezember 2009 habe der Kläger auch ein monatliches festes Gehalt zuzüglich eines variablen Anteils bezogen, von dem Lohnsteuer abgeführt und das als Betriebsausgabe gebucht worden sei. Aus der nachträglichen Verrechnung im Rahmen der Gewinnverteilung ergebe sich kein von dem Kläger zu tragendes Unternehmerrisiko. Ein solches ergebe sich auch nicht aus dessen Hingabe von Darlehen an seinen Vater für den Firmenwagen. Entscheidend spreche die Tatsache, dass der Kläger mangels einer Zulassung als Steuerberater die Kanzlei nicht allein führen könne, für das Vorliegen seiner persönlichen Abhängigkeit.
Gegen das ihm am 8. September 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Oktober 2010 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Er meint, die Feststellung der Versicherungspflicht in dem angefochtenen Bescheid beschränke sich auf den Zeitraum bis zum 1. Januar 2007. Er unterliege de facto keinem Weisungsrecht, da er das gesamte Unternehmen leite und eine familiäre Bindung zu dem Beigeladenen bestehe. Er selbst nehme gegenüber dem Personal sämtliche Arbeitgeberpflichten wahr. Die Vereinbarungen des von 1999 bis 2006 bestehenden Arbeitsvertrages seien tatsächlich so nicht gelebt worden. Seine ursprüngliche Anmeldung zur Sozialversicherung sei in Unkenntnis der diesbezüglichen rechtlichen Voraussetzungen erfolgt. Er habe eine "berufsähnliche Ausbildung" wie der Beigeladene durchlaufen und im Rahmen einer langjährigen selbstständigen Tätigkeit im steuerlichen Bereich die erforderlichen Kenntnisse erworben. Für seine selbstständige Tätigkeit sprächen auch die monatlichen Zahlungen als "Vorwegnahme" des Gewinns, die unternehmensbezogene Darlehensgewährung und die Bürgschaft für das Firmenkonto. Er wiederholt seine Auffassung, dass es in Bezug auf seine Tätigkeit in der Kanzlei "nicht relevant" sei, wie dies berufsrechtlich zu sehen sei. Die Beklagte behandele auch vergleichbare Fälle anders: so werde die Tätigkeit von mitarbeitenden Ehefrauen von Handwerksmeistern oder deren Kindern unter bestimmten Voraussetzungen als sozialversicherungsfrei beurteilt. Maßgebend seien hier die tatsächlichen Umstände, z.B. die Übernahme eines Kredits oder einer Bürgschaft.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 4. August 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Maßgebend für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seien die Vereinbarungen in dem Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1999 und die Angaben in dem Fragebogen über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung.
Der Senat hat mit Beschluss vom 2. Februar 2011 die Beiladung von L. H. vorgenommen. Der Beigeladene hat sich zum Sach- und Streitstand nicht geäußert.
Auf Anfrage des Berichterstatters hat die Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt dem Senat mit Schreiben vom 29. März 2011 mitgeteilt, aus berufsrechtlicher Sicht könne ein Steuerfachangestellter nie die verantwortliche Führung der Praxis eines Steuerberaters übernehmen. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung für eine Niederlassung einer Steuerberatungskanzlei seien hier nicht erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Der angefochtene Bescheid betrifft in seinem Regelungsgehalt die Feststellung der Versicherungspflicht ab Beginn des Prüfzeitraums (1. Januar 2002). Unabhängig von der Frage des Prüfzeitraumendes am 31. Dezember 2005 ergeben sich hieraus Auswirkungen auch für die folgenden Prüfzeiträume. Dem Senat liegen in Bezug auf eine Beendigung des maßgebenden Rechtsverhältnisses weder die Kündigung des Arbeitsvertrages vom 2. Januar 1999 noch andere Anhaltspunkte für eine Aufgabe der Tätigkeit des Klägers für den Beigeladenen vor. Gegen eine rechtlich bedeutsame Änderung des Arbeitsvertrages spricht hier auch, dass der Kläger nach dem am 11. März 2011 und 27. Februar 2012 recherchierten Internetauftritt von "Steuerberater H. in H./S." in der Kanzlei arbeitet. Durch die rechtlichen Rahmenbedingungen des StBerG ist auch nicht erkennbar, welche wesentlichen Änderungen insoweit eingetreten sein könnten. Änderungen z.B. des Gehalts würden keine erneute Feststellung der Versicherungspflicht erforderlich machen.
Im Rahmen der Betriebsprüfung konnte die Beklagte gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV über die Sozialversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit in der Steuerberatungskanzlei H. durch Verwaltungsakt entscheiden.
Vorliegend ergibt sich aus dem berufsrechtlich zwingenden Weisungsverhältnis ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers für den maßgebenden Zeitraum ab dem 1. Januar 2002. Dabei ist der Kläger an den Regelungen im Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1999 festzuhalten.
Der Beigeladene hat die für die Beitragspflicht maßgebende Arbeitgeberstellung. Denn Arbeitgeber ist derjenige, dem der Anspruch auf die von einem Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zusteht und der dem Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet ist (so Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 KR 10/09 R - juris, RdNr. 18). Steht der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis bei dem Beigeladenen, ist dieser damit gleichzeitig Arbeitgeber im Sinne der Beitragspflicht.
Der Kläger ist in seiner Tätigkeit in der Steuerberatungskanzlei versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und beitragspflichtig zur Bundesagentur für Arbeit.
Versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sind insbesondere Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI); § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III)).
Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund der Zugehörigkeit zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI scheidet hier aus, da der Zugang zum Steuerberaterversorgungswerk im Land Sachsen-Anhalt nach § 9 und 10 der Satzung dieser Körperschaft nur Mitgliedern der Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt eröffnet ist. Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V)) und eine daran anknüpfende Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung lag hier zumindest auf Grund einer Überschreitung der maßgebenden Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 7 SGB V) mit Eintritt in eine private Krankenversicherung nicht vor.
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Bei einer Tätigkeit in einem fremden Betrieb muss ein Beschäftigter in den Betrieb eingegliedert sein und einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2011, a.a.O. RdNr. 17 m.w.N.).
Der Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1999 erfüllt sämtliche Bedingungen zur Begründung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers mit der Folge seiner Versicherungspflicht. Dieser Arbeitsvertrag regelt Zeit, Ort und Umfang der Arbeit des Klägers und sieht hierfür eine gleichbleibende Vergütung vor, die durch eine Gewinnbeteiligung nur ergänzt wird. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger kein Unternehmerrisiko trägt. Er hat einen vertraglichen Anspruch auf eine Vergütung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 7.100 EUR monatlich, unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg der Kanzlei. Es entspricht auch der üblichen Berechnung der Gewinnbeteiligung eines Arbeitnehmers, die gebuchten Betriebsausgaben abzuziehen. Die Gewährung leistungsabhängiger Vergütungsbestandteile ist für sich genommen kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 20).
Der Nachweis für die Aufhebung dieses Vertrages vom 2. Januar 1999 ist nicht erbracht; Änderungen hätten nach dem Vertragstext der Schriftform bedurft. Soweit die Rechtsprechung die Wirkung der Schriftformklausel begrenzt (vgl. z.B. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl. 2002 m.w.N.), ist hier eine mündliche Aufhebung des Schriftformerfordernisses nicht vorgetragen worden. Eine Kündigung des Arbeitsvertrages hätte ab dem 1. Mai 2000 bereits nach der gesetzlichen Regelung in § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur schriftlich erfolgen können.
Die behaupteten Vereinbarungen über Abweichungen oder Änderungen dieses Vertrages in Richtung einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers wären nach § 134 BGB wegen des Verstoßes gegen u.a. § 5 StBerG unwirksam. Das betrifft insbesondere die behaupteten Abreden über die faktische Übertragung einer Leitungsfunktion an den Kläger. Die Nichtigkeit einzelner arbeitsvertraglicher Abreden erfasst dabei nicht den Arbeitsvertrag (vgl. für die Schwarzarbeit Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. März 2004 - 5 AZR 233/03 - juris, RdNr. 48). Es ist insoweit ohne Bedeutung, ob der Kläger nicht über die berufliche Qualifikation des Steuerberaters verfügt, weil er die in der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) geregelte Prüfung der Finanzbehörden nicht bestanden oder sich dieser Prüfung nicht unterzogen hat. Die Selbsteinschätzung des Klägers bzw. des Beigeladenen über einen ausreichenden Kenntnisstand ist insoweit von vornherein ohne Bedeutung. Die Steuerberaterkammer hat in der Rückantwort zur Anfrage des Berichterstatters die Ausbildung des Klägers mit der eines Steuerfachangestellten gleichgestellt. Zwischen der Ausbildung zum Steuerfachangestellten und der Steuerberaterprüfung läge dann noch die Prüfung zum Steuerfachwirt, sodass auch die vom Kläger behauptete Vergleichbarkeit seiner Ausbildung mit der eines Steuerberaters nicht nachvollziehbar ist. Die Steuerberatungskanzlei L. H. kann hier auf Grund des Verbots der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen durch andere als die in §§ 3, 3a und 4 StBerG bezeichneten Personen und Vereinigungen (§ 5 StBerG) nur durch den Beigeladenen handeln. Dabei ist der Begriff der Hilfeleistung in Steuersachen weit zu fassen (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19. Mai 2005 - VII B 8/05 - juris, RdNr. 6). Da das StBerG kein altersbedingtes Erlöschen der Zulassung vorsieht, gibt der Beigeladene hier weiterhin seinen Namen für die Tätigkeit der Kanzlei und ist im Rechtsverkehr damit allein verantwortlich.
Soweit der Kläger meint, unter Berücksichtigung der Rechtsverhältnisse nach der Handwerksordnung ergebe sich, dass ein Betrieb grundsätzlich auch durch eine Person geführt werden könne, die nicht selbst über die berufsrechtlich erforderliche Qualifikation für die Dienstleistung verfüge, ist dies zumindest bei den verkammerten Berufen nicht der Fall. Vielmehr ist hier eine Betriebsführung durch nicht sozietätsfähige Personen grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. zur Abgrenzung von gemeinschaftlicher Berufsausübung und "Kooperation" für die Rechtsanwälte z.B. Landgericht Arnsberg, Urteil vom 3. März 2011 - 8 O 32/11 - juris, RdNr. 31). Die vom Sozialgericht angenommene Stellung des Klägers wie ein Niederlassungsleiter in einem bundesweit agierenden Unternehmen wäre ebenfalls nicht mit dem StBerG vereinbar, da dieses Gesetz besondere Regelungen zu Gesellschaften im Steuerberatungswesen vorsieht, die hier sämtlich nicht erfüllt sind.
Die mit der Steuerberatertätigkeit verbundenen Befugnisse erstrecken sich z.B. nach § 62 Abs. 2 Nr. 3 Finanzgerichtsordnung auch auf eine Vertretung vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit. Der Kläger selbst hat keine Versicherung gegen die sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren, wie es § 51 DVStB für eine selbstständige Tätigkeit zwingend vorsieht. Vor dem Hintergrund der eingeschränkten Haftung für ordnungsgemäß ausgewähltes und geschultes Personal würden Mandanten durch die behaupteten Abreden zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 2. Januar 1999 in gesetzeswidriger Weise benachteiligt.
Damit ist auch die Rechtsprechung zu "Diensten höherer Art", für die das Weisungsrecht eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" modifiziert sein kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 12/05 R - SozR 4-1400 § 7 Nr. 6 m.w.N.), hier nicht übertragbar. Denn gemeint ist hier grundsätzlich die Verrichtung von Diensten höherer Art im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen. So betrifft das Urteil vom 25. Januar 2006 (a.a.O.) die Versicherungspflicht eines ehrenamtlichen Bürgermeisters, die frühere Entscheidung vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R - juris) einen Fremdgeschäftsführer. Im Rahmen des rechtlich Zulässigen bestand im Interesse des Mandantenschutzes und der Abdeckung von Haftungsrisiken für die Berufsausübung bei dem Kläger eine strikte Weisungsgebundenheit in Bezug auf die steuerberatende Tätigkeit. Insbesondere verbürgt die Unterzeichnung von Schriftsätzen an Behörden und Gerichte die eigene fachliche Prüfung und Billigung. Dass - auch nach Auffassung der Beklagten - die eigentlich berufsprägende fachliche Tätigkeit hier der in die Zuständigkeit des Klägers fallenden "Vorbereitung von Schriftsätzen" zugeordnet wird, ist insoweit ebenso wenig zutreffend wie die Annahme einer den Charakter der Tätigkeit vorrangig prägenden Kundenakquise bzw. Führung des kaufmännischen Bereichs. Bei den letztgenannten Tätigkeiten handelt es sich bei den freien Berufen in der Regel um Nebenbereiche der Tätigkeit, die, soweit sie von der Beratung abtrennbar sind, üblicherweise auch delegiert werden können.
Eine ggf. ohne entsprechende Abreden vorgenommene tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses ist vor dem Hintergrund der vorgenannten Ausführungen ebenfalls ohne Belang. Der Vorrang der praktizierten Tätigkeit vor den vertraglichen Abreden gilt nur dann, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse im Bereich des rechtlich Zulässigen halten (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 17. November 2009 - L 5 R 935/08 - juris, RdNr. 4). Maßgebend ist auch die geschuldete Vergütung (vgl. z.B. Werner in: juris PraxisKommentar SGB IV, 2. Aufl. § 14 RdNr. 50 ff. m.w.N.), sodass es auf zu geringe tatsächliche Zahlungen des Beigeladenen nicht ankommt.
Der Versicherungspflicht des Klägers steht auch nicht eine familienhafte Mitbeschäftigung entgegen.
Die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer familienhaften Mitarbeit ist nach den Umständen des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - juris, RdNr. 14 m.w.N.). Der Kläger ist von dem Beigeladenen in seinem Einkommenserwerb wie ein Arbeitnehmer abhängig. Nur der Beigeladene kann den Betrieb fortführen und mit seiner Betriebsaufgabe die Tätigkeit des Klägers unmittelbar beenden. Soweit er für Verbindlichkeiten des Betriebes seines Vaters, nach seinen Angaben ein "Konto", gebürgt und Darlehen begeben hat, ändert dies umgekehrt nichts an seinem arbeitsvertraglich begründeten Vergütungsanspruch gegen den Beigeladenen. Der Kläger hat mit dem Beigeladenen Verträge geschlossen, um die hierdurch bedingten Vorteile - nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht z.B. in Bezug auf die Kosten der Wege zur Arbeit - auszuschöpfen. Soweit er meint, die lohnsteuerrechtliche Behandlung von Einnahmen habe keine Bedeutung für die Frage, ob die Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist, trifft dies hier nicht zu. Denn der Kläger und der Beigeladene können sich bei den vertraglichen Abreden nicht im Steuerrecht auf eine rechtliche Gültigkeit und im Sozialversicherungsrecht auf eine Vereinbarung nur zum Schein berufen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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