Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 28 AS 2672/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 204/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wurde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Überprüfungsverfahren nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. ZPO aufgehoben, weil die ursprünglich bedürftige Partei die Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, nicht fristgerecht abgegeben hat, steht einer Änderung jenes Aufhebungsbeschlusses nichts entgegen, wenn die Erklärung nachträglich abgegeben wird und tatsächlich die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe weiterhin vorliegen.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 29. Februar 2012 wird verworfen.
Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 29.07.2009 hat das Sozialgericht Dresden den Antragstellerinnen und Beschwerdeführerinnen (im Folgenden: Antragstellerinnen) im dortigen Hauptsacheverfahren S 28 AS 2672/07 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin W beigeordnet.
Auf die Aufforderung vom 26.10.2011 an die Prozessbevollmächtigte mitzuteilen, ob und inwieweit sich die wirtschaftliche Lage der Mandantin seit der Bewilligung geändert habe, teilte diese mit, das Mandantschaftsverhältnis bestehe nicht mehr und es entziehe sich der Kenntnis, wo diese ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe. Mit Verfügung vom 02.01.2012 und 01.02.2012 wurden ihr daraufhin die im Kernmelderegister gespeicherten bzw. vom Einwohnermeldeamt mitgeteilten Adressen der Antragstellerinnen mitgeteilt und unter Hinweis auf Rechsprechung, dass Zustellungen im Überprüfungsverfahren weiterhin an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hätten, erneut eine Frist zur Beantwortung gesetzt. Am 27.02.2012 teilte die Prozessbevollmächtigte mit, dass die Antragstellerin zu 1 das Schreiben nicht beantwortet habe. Sie sehe keine Möglichkeit, sie dazu zu bewegen Auskunft zu erteilen. Mindestens ab Anfang 2010 befinde sich die Antragstellerin zu 1 in Verbraucherinsolvenz.
Daraufhin hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 29.02.2012, der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 05.03.2012 zugestellt, aufgehoben. Die dem Beschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung besagt, hiergegen sei die Beschwerde statthaft.
Am 14.03.2012 ging beim Sozialgericht Dresden ein Schreiben der Antragstellerin zu 1 nebst Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nebst Nachweisen ein, mit dem Hinweis, dass sie die Unterlagen erst jetzt erhalten habe. Daraus ergibt sich, dass sie und ihre Bedarfsgemeinschaft (drei Kinder und Lebenspartner) laufende Leistungen nach dem SGB II erhalten. Das dritte Kind ist am 21.02.2012 geboren.
Das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass es zu einer eigenständigen Abänderung des Aufhebungsbeschlusses vom 29.02.2012 nicht mehr befugt sei.
Mit der am 22.03.2011 beim Sozialgericht Dresden eingegangenen Beschwerde begehrt der Antragsteller die Aufhebung des Beschlusses vom 29.02.2012.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist nicht statthaft.
Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. So liegt der Fall hier: Die Antragstellerin hat dem Sozialgericht durch ihr Verhalten eine Prüfung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (zunächst) unmöglich gemacht. Da sie die von ihr im Rahmen der Überprüfung gemäß § 120 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) geforderten Angaben nicht rechtzeitig gemacht hat, hat das Sozialgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben. Damit hat es die Aufhebung der zuvor bewilligten Prozesskostenhilfe ausschließlich auf den Gesichtspunkt gestützt, dass die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht überprüft werden konnten (vgl. Beschluss des Senats vom 31.08.2012 – L 7 AS 553/11 B PKH, Juris).
Unschädlich ist, dass die dem Beschluss des Sozialgerichts beigefügte Rechtsmittelbelehrung von der Zulässigkeit der Beschwerde nach § 172 Abs. 1 SGG ausgegangen ist. Denn eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung kann nicht zur Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs führen, der nach der Rechtsordnung nicht vorgesehen ist (vgl. Leitherer in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, vor § 143 RdNr. 14b, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2010 – L 10 AS 1602/10 B PKH, RdNr. 19).
Anders als das Sozialgericht meint, ist es allerdings aufgrund der von der Antragstellerin zu 1 am 14.03.2012 nachgereichten Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen und der dazu erforderlichen Nachweise durchaus möglich, den Aufhebungsbeschluss vom 29.02.2012 abermals aufzuheben, denn die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 124 Nr. 2 ZPO liegen nicht (mehr) vor. Insoweit könnte den Antragstellerinnen ohne Weiteres von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in entsprechender Anwendung von § 67 SGG in die vom Gericht gesetzte Frist für die Vorlage einer Erklärung über die Änderung der Verhältnisse nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO gewährt werden. Denn die Möglichkeit zur Überprüfung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 120 Abs. 4 ZPO ist kein Selbstzweck, sondern soll im Interesse des sparsamen Umgangs mit öffentlichen Finanzmitteln die inhaltliche Richtigkeit der Prozesskostenhilfe zusprechenden gerichtlichen Beschlüsse gewährleisten. Dem widerspräche es, an einer Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung – zudem bei einer unverschuldeten Fristversäumnis –festzuhalten, obwohl tatsächlich die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe weiterhin vorliegen. Auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens von § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO steht daher aus Sicht des Senats einer erneuten Abänderung des Beschlusses vom 29.02.2012 durch das Sozialgericht nichts entgegen (vgl. auch Philippi in Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2011, § 118 RdNr. 10a; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 118 RdNr. 3 m.w.N.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Dr. Anders Reichert Wagner
Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 29.07.2009 hat das Sozialgericht Dresden den Antragstellerinnen und Beschwerdeführerinnen (im Folgenden: Antragstellerinnen) im dortigen Hauptsacheverfahren S 28 AS 2672/07 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin W beigeordnet.
Auf die Aufforderung vom 26.10.2011 an die Prozessbevollmächtigte mitzuteilen, ob und inwieweit sich die wirtschaftliche Lage der Mandantin seit der Bewilligung geändert habe, teilte diese mit, das Mandantschaftsverhältnis bestehe nicht mehr und es entziehe sich der Kenntnis, wo diese ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe. Mit Verfügung vom 02.01.2012 und 01.02.2012 wurden ihr daraufhin die im Kernmelderegister gespeicherten bzw. vom Einwohnermeldeamt mitgeteilten Adressen der Antragstellerinnen mitgeteilt und unter Hinweis auf Rechsprechung, dass Zustellungen im Überprüfungsverfahren weiterhin an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hätten, erneut eine Frist zur Beantwortung gesetzt. Am 27.02.2012 teilte die Prozessbevollmächtigte mit, dass die Antragstellerin zu 1 das Schreiben nicht beantwortet habe. Sie sehe keine Möglichkeit, sie dazu zu bewegen Auskunft zu erteilen. Mindestens ab Anfang 2010 befinde sich die Antragstellerin zu 1 in Verbraucherinsolvenz.
Daraufhin hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 29.02.2012, der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 05.03.2012 zugestellt, aufgehoben. Die dem Beschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung besagt, hiergegen sei die Beschwerde statthaft.
Am 14.03.2012 ging beim Sozialgericht Dresden ein Schreiben der Antragstellerin zu 1 nebst Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nebst Nachweisen ein, mit dem Hinweis, dass sie die Unterlagen erst jetzt erhalten habe. Daraus ergibt sich, dass sie und ihre Bedarfsgemeinschaft (drei Kinder und Lebenspartner) laufende Leistungen nach dem SGB II erhalten. Das dritte Kind ist am 21.02.2012 geboren.
Das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass es zu einer eigenständigen Abänderung des Aufhebungsbeschlusses vom 29.02.2012 nicht mehr befugt sei.
Mit der am 22.03.2011 beim Sozialgericht Dresden eingegangenen Beschwerde begehrt der Antragsteller die Aufhebung des Beschlusses vom 29.02.2012.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist nicht statthaft.
Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. So liegt der Fall hier: Die Antragstellerin hat dem Sozialgericht durch ihr Verhalten eine Prüfung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (zunächst) unmöglich gemacht. Da sie die von ihr im Rahmen der Überprüfung gemäß § 120 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) geforderten Angaben nicht rechtzeitig gemacht hat, hat das Sozialgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben. Damit hat es die Aufhebung der zuvor bewilligten Prozesskostenhilfe ausschließlich auf den Gesichtspunkt gestützt, dass die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht überprüft werden konnten (vgl. Beschluss des Senats vom 31.08.2012 – L 7 AS 553/11 B PKH, Juris).
Unschädlich ist, dass die dem Beschluss des Sozialgerichts beigefügte Rechtsmittelbelehrung von der Zulässigkeit der Beschwerde nach § 172 Abs. 1 SGG ausgegangen ist. Denn eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung kann nicht zur Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs führen, der nach der Rechtsordnung nicht vorgesehen ist (vgl. Leitherer in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, vor § 143 RdNr. 14b, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2010 – L 10 AS 1602/10 B PKH, RdNr. 19).
Anders als das Sozialgericht meint, ist es allerdings aufgrund der von der Antragstellerin zu 1 am 14.03.2012 nachgereichten Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen und der dazu erforderlichen Nachweise durchaus möglich, den Aufhebungsbeschluss vom 29.02.2012 abermals aufzuheben, denn die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 124 Nr. 2 ZPO liegen nicht (mehr) vor. Insoweit könnte den Antragstellerinnen ohne Weiteres von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in entsprechender Anwendung von § 67 SGG in die vom Gericht gesetzte Frist für die Vorlage einer Erklärung über die Änderung der Verhältnisse nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO gewährt werden. Denn die Möglichkeit zur Überprüfung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 120 Abs. 4 ZPO ist kein Selbstzweck, sondern soll im Interesse des sparsamen Umgangs mit öffentlichen Finanzmitteln die inhaltliche Richtigkeit der Prozesskostenhilfe zusprechenden gerichtlichen Beschlüsse gewährleisten. Dem widerspräche es, an einer Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung – zudem bei einer unverschuldeten Fristversäumnis –festzuhalten, obwohl tatsächlich die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe weiterhin vorliegen. Auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens von § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO steht daher aus Sicht des Senats einer erneuten Abänderung des Beschlusses vom 29.02.2012 durch das Sozialgericht nichts entgegen (vgl. auch Philippi in Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2011, § 118 RdNr. 10a; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 118 RdNr. 3 m.w.N.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Dr. Anders Reichert Wagner
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
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