L 3 AS 5225/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 3054/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 5225/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen höherer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.

1. Der 1961 geborene Kläger hatte seit 2002 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelebt. Er und sein Lebenspartner hatten in getrennten Wohnungen in R. gewohnt. Die Nettokaltmiete der Wohnung des Klägers hatte EUR 550,00 betragen, hinzu kamen kalte und warme Nebenkosten von EUR 90,00 monatlich.

Auf den Antrag des Klägers vom 16.10.2008 hatte der Beklagte - erstmals - dem Kläger und seinem Lebenspartner in Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Er war hierbei von den Regelbedarfen zweier Partner ausgegangen und hatte für Unterkunft und Heizung nur die - niedrigeren - Kosten der Wohnung des Lebenspartners berücksichtigt. Auf Grund des Beschlusses des Sozialgerichts Reutlingen (SG) vom 09.12.2008 (S 4 AS 4177/08 ER) hatte der Beklagte dem Kläger und seinem Lebenspartner mit Bescheid vom 23.12.2008 bis zum 30.04.2009 höhere Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten beider Wohnungen bewilligt. Entsprechendes galt für den Bewilligungsabschnitt bis zum 31.10.2009. Bereits mit Begleitschreiben vom 23.12.2008 hatte der Beklagte den Kläger und seinen Lebenspartner zur Senkung ihrer Unterkunftskosten aufgefordert, ab Juli 2009 könne nur noch die angemessene Miete berücksichtigt werde, die für zwei Personen EUR 321,00 nettokalt betrage.

Für den Bewilligungsabschnitt vom 01.11.2009 bis zum 30.04.2009 hatte der Beklagte dem Kläger und seinem Lebenspartner als Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft Leistungen nur noch unter Berücksichtigung einer Nettokaltmiete von EUR 363,00 bewilligt. Diese Nettokaltmiete hält der Beklagte für einen Haushalt mit zwei Personen für angemessen. Einen Antrag des Klägers und seines Lebenspartners auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wies das SG mit Beschluss vom 14.01.2010 (S 4 AS 3864/09 ER) zurück. Darin führte das SG unter anderem aus, die zu Grunde gelegte Nettokaltmiete von EUR 363,00 sei für zwei Personen angemessen. Sie sei im Rahmen eines schlüssigen und nachvollziehbaren Konzepts unter Zugrundelegung des Mietspiegels der Stadt R. ermittelt worden.

Die Bewilligungsabschnitte bis zum 30.04.2009 waren Gegenstand eines anderen Verfahrens, in dem das SG die Klagen des Klägers und seines Lebenspartners auf höhere Leistungen mit Gerichtsbescheid vom 24.10.2011 abgewiesen hat (S 4 AS 889/09). Es hat dort ergänzend zu seinem Beschluss vom 14.01.2010 ausgeführt, die vom Beklagten für angemessen erachteten EUR 363,00 entsprächen einem qm-Preis von EUR 6,05. Dieser Mietpreis sei aus den Angaben des R. Mietspiegels ermittelt worden. Dieser habe für einfach ausgestattete Wohnungen in einer Lage mit Nachteilen qm-Preise von EUR 4,45 bis EUR 5,85 für die Baualtersklasse vor 1975, EUR 4,90 bis EUR 6,40 bis 1984 und EUR 5,30 bis EUR 6,90 bis 1994 ermittelt. Es sei zulässig, wenn ein Grundsicherungsträger der Ermittlung der angemessenen Mietkosten den Spannenoberwert für Wohnungen einfachen Standards zu Grunde lege, was hier sogar nur EUR 5,85 gewesen wären. Wegen der weiteren Ausführungen zu diesem Zeitraum wird auf den genannten Gerichtsbescheid, der beiden Beteiligten dieses Verfahrens bekannt ist, verwiesen. Die Berufungen des Klägers und seines Lebenspartners gegen jenen Gerichtsbescheid hat der erkennende Senat mit Urteil vom heutigen Tage zurückgewiesen (L 3 AS 5224/11).

2. Am 31.03.2010 beantragten der Kläger und sein Lebenspartner gemeinsam Leistungen nach dem SGB II für den Bewilligungsabschnitt ab Mai 2010. Sie legten ein Schreiben des Rechtsanwalts des Lebenspartners vom 23.03.2010 vor, wonach dieser die Lebensgemeinschaft beendet habe und nach Ablauf der Trennungszeit Aufhebungsantrag stellen wolle. Ferner legten sie eine am 02.06.2010 dem zuständigen Finanzamt gegenüber abgegebene Erklärung über ihr Getrenntleben vor.

Daraufhin bewilligte der Beklagte dem Kläger allein mit Bescheid vom 26.04.2010 für Mai bis Oktober 2010 Leistungen in Höhe von EUR 754,53 monatlich. Er berücksichtigte hierbei den Regelbedarf eines Alleinstehenden und Unterkunftskosten von EUR 395,53, wovon EUR 272,25 auf die Kaltmiete entfielen.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und trug vor, es sei nicht nachvollziehbar, dass die Kosten der Unterkunft nach seiner Trennung von seinem Lebenspartner weiter gekürzt worden seien. Er suche bereits nach einer neuen Wohnung. Wegen einer Herzoperation sei er krankgeschrieben und bitte daher um Übernahme der vollen Unterkunftskosten.

Unter dem 12.05.2010 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem er dem Widerspruch des Klägers teilweise abhalf. Er bewilligte nunmehr EUR 845,28 monatlich. Hierin waren Leistungen für die Unterkunft von EUR 486,28 enthalten, wovon EUR 363,00 auf die Kaltmiete entfielen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, für den Kläger und seinen Lebenspartner sei bislang die genannte Kaltmiete berücksichtigt worden. Dieser Betrag sei auch für den Kläger allein für eine Übergangsfrist von sechs Monaten zu berücksichtigen. Mit Begleitschreiben vom selben Tage teilte der Beklagte dem Kläger mit, für einen Alleinstehenden sei in Reutlingen eine Wohnung mit bis zu 45 qm und einer Nettokaltmiete von bis zu EUR 288,00 angemessen. Der Kläger wurde aufgefordert, seine Unterkunftskosten entsprechend zu senken. Ggfs. werde ab dem 01.12.2011 nur noch die angemessene Miete berücksichtigt.

Den weitergehenden Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2010 zurück. Hinsichtlich der Höhe der Kaltmiete verwies er auf die Ausführungen des SG in dem Beschluss vom 14.01.2010 in dem Verfahren S 4 AS 3864/09 ER.

Am 29.07.2010 hat der Kläger Klage zum SG erhoben (S 4 AS 2473/10) und geltend gemacht, die Kaltmiete für seine Wohnung betrage EUR 550,00. Er sei bereit, eine günstigere Wohnung anzumieten, sofern es eine solche gebe. Da er selbstständig als privater Arbeitsvermittler tätig sei, benötige er einen weiteres Zimmer als Büro.

Mit Beschluss vom 26.10.2010 hat das SG das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nachdem der Beklagte im April 2011 das Verfahren wieder angerufen hat, hat es das SG unter dem Aktenzeichen S 4 AS 3054/11 fortgeführt (Beschluss vom 24.10.2011).

Mit Gerichtsbescheid vom 26.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe die Nettokaltmiete (für zwei Personen) an Hand eines schlüssigen Konzepts zutreffend ermittelt. Einen höheren Unterkunftsbedarf könne der Kläger auch nicht im Hinblick auf seine selbstständige berufliche Tätigkeit geltend machen.

3. Gegen diesen Gerichtsbescheid, der ihm am 02.11.2011 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 29.11.2011 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt ergänzend vor, das Amtsgericht R. habe die Lebenspartnerschaft mit Urteil vom 08.06.2011 aufgehoben. Er habe größere Wohnfläche benötigt, weil er für seine selbstständige Tätigkeit als privater Arbeitsvermittler ein Arbeitszimmer benötige. In R. sei Wohnraum für den vom Beklagten für angemessen erachteten Mietzins nicht zu erlangen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Oktober 2011 aufzuheben und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 26. April 2010 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 12. Mai 2010 und des Widerspruchsbescheids vom 01. Juli 2010 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. Mai bis zum 31. Oktober 2010 höhere Leistungen unter Berücksichtigung einer Nettokaltmiete von EUR 550,00 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen.

Der Berichterstatter des Senats hat in dem Verfahren L 3 AS 5224/11 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt, in dem sich der Kläger auch zu dem Komplex des Verfahrens L 3 AS 5225/11 geäußert hat. Wegen der Angaben des Klägers wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 23.02.2012 verwiesen.

In dem Erörterungstermin am 23.02.2012 haben sich beide Beteiligten auch für dieses Verfahren mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einvernehmen der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Insbesondere war sie nicht nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, denn der Kläger ist aus dem angegriffenen Gerichtsbescheid um mehr als EUR 750,00 beschwert. Er begehrt mit seiner Klage monatlich weitere EUR 187,00, nämlich die Differenz zwischen seiner tatsächlichen Nettokaltmiete von EUR 550,00 und den vom Beklagten berücksichtigten EUR 363,00. Für den sechsmonatigen Streitzeitraum ergeben sich daraus EUR 1.122,00.

2. Die Berufung ist aber unbegründet. Der angegriffene Gerichtsbescheid des SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig. Dem Kläger stehen für den Streitzeitraum keine höheren Leistungen nach dem SGB II zu als bewilligt.

Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen im Wesentlichen auf die umfassenden und zutreffenden Ausführungen des SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich auszuführen:

a) Ob der Beklagte dem Kläger in dem hier streitigen, ab dem 01.05.2010 dauernden Bewilligungsabschnitt zu Recht den Regelbedarf eines Alleinstehenden bewilligt hat, kann hier offen bleiben, da der Kläger dadurch nicht beschwert ist. Zweifel daran bestehen, weil die "Getrennt¬lebenserklärung" der Kläger gegenüber dem zuständigen Finanzamt erst am 02.06.2010 unterzeichnet worden ist und bei der von tatsächlichen Elementen geprägten Frage des dauernden Getrenntlebens im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB II eine ggfs. steuerrechtlich zulässige Fiktion nicht berücksichtigt werden kann.

b) Offen kann ferner bleiben, ob die von dem Beklagten für einen Alleinstehenden für angemessen erachtete Nettokaltmiete von EUR 288,00 monatlich den Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II entspricht, da in diesem Streitzeitraum die Kosten für einen Zwei-Personen-Haushalt, nämlich EUR 363,00 nettokalt, berücksichtigt wurden.

c) Diesen Unterkunftsbedarf hat der Beklagte zu Recht für den - nunmehr alleinstehenden - Kläger berücksichtigt. Dieser Bedarf war für zwei Personen angemessen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (dazu unten aa). Der Kläger hatte auch keinen Anspruch auf eine ggfs. zeitweilige Berücksichtigung seiner höheren Unterkunftskosten (bb).

aa) Dass bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen Nettokaltmiete im Rahmen der Produkttheorie bei einem Haushalt mit zwei Personen wie den Klägern in Baden-Württemberg von einer Höchstgröße der Wohnung von 60 qm auszugehen ist, hat das LSG bereits entschieden (u. a. Beschluss vom 02.02.2007, L 8 AS 6425/06 ER-B, Juris Rn. 12). Auch in den Fällen, in denen ein Leistungsberechtigter in seiner Wohnung eine selbstständige oder sonstige gewerbliche Tätigkeit ausübt und dafür ggfs. ein Arbeitszimmer benötigt, kann keine höhere Quadratmeteranzahl berücksichtigt werden. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtigt allein die Bedarfe für "Wohnen" und Heizung, dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm. Die Übernahme für Geschäftsräume fällt nicht hierunter (BSG, Urt. v. 23.11.2006, B 11b AS 3/05 R, Juris Rn. 15). Aufwendungen für ein Arbeitszimmer oder dgl. können nur als notwendige Aufwendungen von jenen Einkünften abgesetzt werden, die in dem Zimmer erzielt werden (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a.F.). Ansprüche nach dem SGB II können für solche Aufwendungen allenfalls im Rahmen aktiver Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, und zwar ggfs. als Einstiegsgeld (§ 16b Abs. 1 SGB II n.F.) bestehen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 16 ff.), die hier aber nicht beantragt waren und über die der Beklagte auch nicht entschieden hat.

Ebenso hat der Beklagte bei der Berechnung der Unterkunftskosten zu Recht für den einzelnen Quadratmeter als Nettokaltmiete EUR 6,05 angesetzt. Wie das SG näher ausgeführt hat, durfte der Beklagte hierbei vom Spannenoberwert des (einfachen) Mietspiegels der Stadt R. in der damaligen Fassung vom 01.05.2009 von EUR 5,85 ausgehen, der sich nach dem Mietspiegel für Wohnungen mit einfacher (jedoch nicht: sehr einfacher) Ausstattung, in einer "Lage mit Nachteilen" und aus der Baualtersklasse vor 1975 ergibt. Diese Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (vgl. Urteil 05.07.2010, L 1 AS 2852/09, Juris Rn. 24 ff., 27 ff. zum - qualifizierten - Mietspiegel der Landeshauptstadt S.). Etwaigen Unsicherheiten bei der Frage der konkreten Verfügbarkeit solcher Wohnungen ist der Beklagte in ausreichendem Maße dadurch begegnet, dass er zu Gunsten der Leistungsberechtigten einen Aufschlag angenommen und letztlich eine Nettokaltmiete von EUR 6,05 zu Grunde gelegt hat.

Der Senat geht ferner davon aus, dass Wohnraum zu diesem Preis in ausreichendem Maße verfügbar war. Bereits in den von dem Kläger und seinem Lebensgefährten selbst vorgelegten Immobilienannoncen im Rahmen der Inaugenscheinnahme in dem Erörterungstermin am 23.02.2012 konnten mehrere Wohnungen in geeigneter Größe und Preisklasse gefunden werden.

bb) Der Kläger konnte auch nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die Berücksichtigung seiner tatsächlichen Kosten verlangen.

Es besteht hier die Besonderheit, dass für den Kläger - und seinen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Lebenspartner - schon zuvor, nämlich ab November 2009, nicht die tatsächlichen Kosten von EUR 550,00 berücksichtigt worden waren, sondern nur die zu Recht für angemessen erachteten EUR 363,00.

Werden bereits nicht die vollen Unterkunftskosten eines Leistungsberechtigten berücksichtigt und verringert sich sein Unterkunftsbedarf zwischenzeitlich weiter - z. B. durch den Auszug eines Mitbewohners -, werden nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II allenfalls die bisherigen Bedarfe weiter anerkannt, aber nicht die noch höheren tatsächlichen Kosten übernommen. Dem Betroffenen muss nur Gelegenheit gegeben werden, auf das neuerliche Absinken seines Unterkunftsbedarfs zu reagieren. Auf die schon zuvor zu hohen Unterkunftskosten hätte er in der dafür vorgesehenen Sechs-Monats-Spanne reagieren können und müssen.

Der Kläger und sein Lebenspartner waren unter dem 23.12.2008 in mehreren Schreiben über ihre Obliegenheiten zur Senkung ihrer Unterkunftskosten aufgefordert worden. Dass der Beklagte dort noch auf die damals relevante Mietobergrenze für zwei Personen von EUR 321,00 nettokalt hingewiesen hatte, die sich aus dem Mietspiegel der Stadt R. aus dem Jahre 2007 ergab, schadet nicht. Die Grundsicherungsträger, vor allem die für die Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II zuständigen kommunalen Träger, sind nur verpflichtet, die von ihnen für angemessen erachtete Gesamtmiete zu benennen (BSG, Urt. v. 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R, Juris Rn. 40). Weitere Angaben sind nicht notwendig. Auch wenn während des in der Regel sechsmonatigen Suchzeitraums die Mietobergrenze steigt und der Grundsicherungsträger nunmehr eine höhere Miete für angemessen erachtet, muss er nicht von Amts wegen alle betroffenen Leistungsberechtigten erneut anschreiben. Bereits die Kostensenkungsaufforderung ist - nur ein "Angebot" des Grundsicherungsträgers, in einen Dialog über die angemessenen Kosten der Unterkunft einzutreten (BSG, a.a.O.). Der Leistungsberechtigte kann jederzeit nachfragen, etwa wenn er eine Wohnung gefunden hat, ob deren Kosten angemessen seien. Zu einer solchen Nachfrage ist er ohnehin vor der Anmietung einer neuen Wohnung verpflichtet (§ 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F., § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II n.F.).

Der Kläger und sein Lebenspartner hatten sich in dem relevanten Suchzeitraum, der bei ihnen länger als sechs Monate gedauert hatte, nicht ausreichend um preiswerteren Wohnraum bemüht. In dem Erörterungstermin am 23.02.2012 haben sie zwar vorgetragen, regelmäßig gesucht zu haben. Zum einen war ihr Vortrag aber widersprüchlich, denn sie haben zugleich in die Richtung argumentiert, Wohnraum in der genannten Preisklasse sei in Reutlingen gar nicht vorhanden gewesen. Zum anderen konnten sie auf Nachfrage auch nicht angeben, auf welche Wohnungen sie sich konkret beworben haben und wer ggfs. ihr Gesprächspartner gewesen ist, sodass ihre Angaben nicht überprüft werden konnten.

Vor diesem Hintergrund war die erste Sechs-Monats-Frist, in der sich der Kläger und sein Lebenspartner auf eine Nettokaltmiete von EUR 363,00 einstellen konnten, bereits vor dem hier streitigen Bewilligungsabschnitt ab Mai 2011 abgelaufen. Der Kläger konnte daher keine höheren Aufwendungen als jene EUR 363,00 geltend machen.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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