L 9 AL 5804/04 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AL 7443/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AL 5804/04 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. November 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin (Ast.) wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Entziehung des Arbeitslosengeldes (Alg).

Die am 01.02.1953 geborene Ast. war vom 01.09.1968 bis 30.06.2003 bei der A. als Sachbearbeiterin beschäftigt. Am 27.05.2003 meldete sie sich mit Wirkung zum 01.07.2003 bei der Antragsgegnerin (Agg.) arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Nachdem der Anspruch wegen der Gewährung einer Abfindung geruht hatte, bewilligte die Agg. mit Bescheid vom 24.07.2003 Alg ab dem 01.10.2003 mit einer Anspruchsdauer von 660 Tagen unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 760,76 EUR.

Vom 14.10. bis 28.10.2003 war die Ast. arbeitsunfähig erkrankt. Im amtsärztlichen Gutachten vom 21.11.2003 stellte Dr. P. die Diagnosen einer Alkoholabhängigkeit mit Folgeschäden, belastungsabhängiger Wirbelsäulenschmerzen sowie eines Asthma bronchiale. Die Ast. sei aktuell nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mindestens 3 Stunden zu arbeiten; medizinische Maßnahmen seien vorrangig, es bestehe Krankheitseinsicht und Motivation.

Mit Schreiben vom 22.12.2003 wurde die Ast. aufgefordert, innerhalb eines Monats nach Zugang des Schreibens Leistungen zur Rehabilitation zu beantragen, da sie nur noch Beschäftigungen in einem Umfang von weniger als 15 Stunden wöchentlich ausüben könne und deshalb der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Das Schreiben enthält weiter folgende Hinweise: Sollte mir ein derartiger Nachweis bis zum Ablauf der o.a. Frist nicht zugegangen sein, werde ich das Arbeitslosengeld bzw. die Arbeitslosenhilfe gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) unmittelbar nach Fristablauf in vollem Umfang entziehen. Wenn sie den Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation bzw. Rente gestellt haben, sind sie gemäß §§ 125 SGB III, 62 SGB I dem Arbeitsamt gegenüber verpflichtet, bei der Feststellung durch den Rentenversicherungsträger, ob eine Erwerbsminderung vorliegt, mitzuwirken.

Auf den daraufhin gestellten Antrag der Ast. bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit Bescheid vom 20.02.2004 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme für die Dauer von 16 Wochen in der S., Fachklinik für Abhängigkeitskrankheiten, Bad N.

Hiergegen legte die Ast. am 15.04.2004 Widerspruch ein mit der Begründung, bei ihr bestehe keine Suchtproblematik, deshalb sei sie auch nicht bereit, eine Suchtklinik aufzusuchen. Der behandelnde Internist Dr. L. vertrat unter dem 02.03.2004 die Auffassung, bei der Klägerin bestehe gewohnheitsmäßiger Alkoholgenuss ohne Abhängigkeit.

Im Gutachten vom 25.05.2004 stellte der Neurologe und Psychiater Dr. P. die Diagnosen eines chronischen Alkoholismus sowie einer suspekten Leberzirrhose. Eine Motivation zur Entwöhnungsbehandlung fehle vollständig. Ein Entziehungsverfahren oder ein psychosomatisches Heilverfahren seien zwecklos. In solchen Fällen warte der Hausarzt, bis es ihm gelinge, die Patientin zu einer stationären Entgiftung zu motivieren. Hierauf werde nicht allzu lange zu warten sein, da parallel zu den neurologisch und psychiatrisch relevanten Ausfällen eine fortschreitende Leberzirrhose auftreten werde. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation schlage er nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2004 wies die BfA den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der gewünschte und gesetzlich anzustrebende Rehabilitationserfolg sei nicht durch eine allgemeine Leistung zur medizinischen Rehabilitation zu erwarten, sondern durch die bewilligte medizinische Leistung für die Dauer von voraussichtlich 16 Wochen in der S.

Hiergegen erhob die Ast. am 01.09.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart (S 10 RA 5828/04). Dieses Verfahren ist noch anhängig.

Mit Bescheid vom 21.09.2004 entzog die Agg. der Ast. das bislang gewährte Alg ab dem 25.09.2004 wegen fehlender Mitwirkung gegenüber dem Rentenversicherungsträger gemäß §§ 60 bis 66 SGB I.

Hiergegen legte die Ast. am 06.10.2004 Widerspruch ein mit der Begründung, gegen die Entscheidung der BfA sei Klage erhoben worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2004 wies die Agg. den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Ast. sei darauf hingewiesen worden, dass sie bei der Feststellung des Rentenversicherungsträgers, ob Erwerbsunfähigkeit vorliege, mitzuwirken habe. Sie sei auch auf die Rechtsfolgen eines diesbezüglichen Verstoßes hingewiesen worden. Da sie somit gewusst habe, dass sie seitens der Agentur für Arbeit keine Leistungen mehr erhalten werde, wenn sie gegenüber dem Rentenversicherungsträger nicht mitwirke, lägen die Voraussetzungen für eine Entziehung der Leistung gemäß §§ 63, 66 SGB I vor.

Hiergegen erhob die Ast. am 25.10.2004 Klage zum SG Stuttgart (S 17 AL 7106/04).

Nachdem ein Antrag der Ast. auf Gewährung von Alg vom 18.10.2004 mit Bescheid vom 25.10.2004 mit der Begründung abgelehnt worden war, die Ast. sei aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht leistungs- und arbeitsfähig und stehe deshalb der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, stellte die Ast. am 08.11.2004 beim SG Stuttgart den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.

Mit Beschluss vom 19.11.2004 ordnete das SG die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25.10.2004 gegen den Bescheid der Agg. vom 21.09.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2004 an. Zur Begründung führte es aus, an der Rechtmäßigkeit der in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsakte bestünden ernstliche Zweifel. Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung sei § 125 Abs. 2 Satz 4 SGB III und nicht §§ 63, 66 SGB I. Die Ast. habe ihre Mitwirkungspflicht gegenüber dem Rentenversicherungsträger nach § 63 SGB I nicht dadurch verletzt, dass sie die von der BfA angebotene Rehabilitationsmaßnahme nicht angetreten habe. Dem Widerspruch und der Anfechtungsklage gegen die Bescheide der BfA komme nach § 86a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufschiebende Wirkung zu, insbesondere liege kein Ausnahmefall des § 86a Abs. 2 SGG vor. Da somit die Vollziehbarkeit der die Reha-Leistung bewilligenden Bescheide gehindert sei, müsse die Ast. die in den Bewilligungsbescheiden auferlegte Pflicht zur Durchführung der Reha-Maßnahme zunächst nicht befolgen. Die Entziehungsentscheidung erweise sich nach summarischer Prüfung damit als offensichtlich rechtswidrig. An der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung bestehe kein öffentliches Interesse. Nicht erforderlich seien schwere und unzumutbare Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.

Gegen den am 29.11.2004 zugestellten Beschluss hat die Agg. am 14.12.2004 Beschwerde beim SG Stuttgart eingelegt mit der Begründung, ein Erfolg im Hauptsacheverfahren sei unwahrscheinlich, da die Ast. die bewilligte Rehabilitationsmaßnahme abgelehnt bzw. nicht angetreten habe und deshalb ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei.

Mit Beschluss vom 21.12.2004 hat das SG der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. November 2004 - S 17 AL 7443/04 ER - aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der Klage festzustellen, abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.

Die Agg. hat - nach rechtlichem Hinweis durch den Senat - am 26.01.2005 in Ausführung des Beschlusses des SG vorläufig Alg weitergewährt.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber unbegründet.

Die vom SG im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG angeordnete aufschiebende Wirkung der Klage ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfällt und deshalb im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise angeordnet werden kann (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG).

§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG selbst gibt keinen Maßstab vor, wann die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist In analoger Anwendung des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG ist eine eigenständige Abwägung des öffentlichen Interesses am sofortigen Vollzug und dem privaten Aufschubinteresse vorzunehmen (Binder in Hk-SGG, § 86b Rn. 13; Puttler in Sodan/Ziekow, NK-VwGO, § 80 Rn. 147). Darüber hinaus sind die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage zu berücksichtigen. Bei summarischer Prüfung müssen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der die Leistung entziehenden Bescheide bestehen. Für die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ist es nicht ausreichend, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Ernstliche Zweifel liegen vielmehr erst dann vor, wenn die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes derart überwiegen, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 17.02.2004 - L 17 U 7/04 ER - SGb 2004, 482). Die Erforderlichkeit ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts wird damit begründet, dass der Gesetzgeber durch die Regelung des § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG von Gesetzes wegen in den Fällen der Entziehung einer laufenden Leistung durch die Bundesagentur für Arbeit das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug höher eingestuft hat als das Interesse an der vorläufigen Weitergewährung der entzogenen Leistung (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2004 - L 5 ER 95/04 KR unter Darstellung des Streitstandes). Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten ist - entsprechend der Anfechtungsklage - auf die Sach- und Rechtslage bei Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides abzustellen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2003 - L 13 AL 3445/03 ER-B).

Das SG hat zutreffend festgestellt, dass an der Rechtmäßigkeit der in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsakte ernstliche Zweifel bestehen und deshalb ein Obsiegen der Ast. in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist.

Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung kommt allein § 125 Abs. 2 SGB III in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGB l. I S 4848) in Betracht. Danach hat die Agentur für Arbeit den Arbeitslosen unverzüglich aufzufordern, innerhalb eines Monats einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilnahme am Arbeitsleben zu stellen, wenn sie Leistungen bei voraussichtlich aufgehobenem Leistungsvermögen im Sinne des § 125 Abs. 1 SGB III erbringt. Stellt der Arbeitslose den Antrag nicht, ruht nach § 125 Abs. 2 Satz 3 SGB III der Anspruch auf Alg vom Tage nach Ablauf der Frist an bis zum Tage, an dem der Arbeitslose einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung stellt. Da die Ast. den Antrag auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation fristgerecht am 22.12.2003 gestellt hat, kann hierauf die Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht gestützt werden.

Aufgrund summarischer Prüfung dürfte auch eine Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 125 Abs. 2 Sätze 4, 5 SGB III nicht in Betracht kommen. Kommt danach der Arbeitslose seinen Mitwirkungspflichten gegenüber dem Träger der medizinischen Rehabilitation oder der Teilhabe am Arbeitsleben nicht nach, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Tag nach Unterlassen der Mitwirkung bis zu dem Tag, an dem die Mitwirkung nachgeholt wird. Satz 4 gilt entsprechend, wenn der Arbeitslose durch sein Verhalten die Feststellung der Erwerbsminderung verhindert.

Entsprechend dem Normzweck des § 125 SGB III, divergierende Entscheidungen der verschiedenen Verwaltungsträger zu vermeiden, besteht auch hinsichtlich der Frage, ob eine Verletzung von Mitwirkungspflichten im Rahmen der Rehabilitation vorliegt, eine faktische Bindung der Arbeitsverwaltung an die Wertungen des Rehabilitationsträgers bezüglich der Verletzung von Mitwirkungspflichten (Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III § 125 Rn. 103). Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht ist danach gegeben, wenn der Antragsteller einer Pflicht zur Mitwirkung - hier zur Teilnahme an einer Heilbehandlungsmaßnahme gem. § 63 SGB I - nicht nachkommt. Wer wegen Krankheit oder Behinderung Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich danach auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers einer Heilbehandlung unterziehen, wenn zu erwarten ist, dass sie eine Besserung seines Gesundheitszustands herbeiführen oder eine Verschlechterung verhindern wird.

Eine Mitwirkungspflicht der Ast. bestand zum Zeitpunkt der Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung nicht. Die Agg. verkennt, dass die Ast. nicht deshalb am Verfahren nicht mitgewirkt hat, weil sie die bewilligte Rehabilitationsmaßnahme für entbehrlich oder unzumutbar hält, sondern weil sie aufgrund des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage gegen den Bewilligungsbescheid und der dadurch herbeigeführten aufschiebenden Wirkung nicht zur Teilnahme verpflichtet ist.

Die Bewilligung eines Heilverfahrens und die damit verbundene Aufforderung, an dem Heilverfahren teilzunehmen, stellt einen Verwaltungsakt dar (Seewald in Kasseler Kommentar, § 63 SGB I Rn. 10). Hiergegen sind Widerspruch und Klage zulässig, denen gemäß § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung zukommt. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung dürfen während des Schwebezustandes keine rechtlichen Konsequenzen aus der Regelung des angefochtenen Verwaltungsaktes gezogen werden, die im Verwaltungsakt auferlegte Pflicht muss deshalb zunächst nicht befolgt werden (Binder in Hk-SGG § 86a Rn. 6).

Nach der Rechtsprechung des BVerwG hat die aufschiebende Wirkung zwar keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Verwaltungsakts, sondern hemmt nur die Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts (sog. Vollziehbarkeitstheorie). Erst mit rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens (S 10 RA 5828/04) steht fest, ob die Ast. verpflichtet war, an der von der BfA angebotenen Rehabilitationsmaßnahme teilzunehmen. Diese Wirkung entsteht nach der Rechtsprechung des BVerwG zwar ex tunc. Hieraus folgt jedoch nicht, dass die Ast. bereits während des Rechtsstreits hinsichtlich des Reha-Verfahrens unter Geltung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage zur Teilnahme verpflichtet ist. Durch die aufschiebende Wirkung ist die Gehorsamspflicht gegenüber der im Verwaltungsakt auferlegten Verpflichtung vorläufig aufgeschoben, eine im Vertrauen auf die aufschiebende Wirkung der Klage unterlassene Nichtbefolgung der auferlegten Verpflichtung darf mit Rücksicht auf die aus Art. 19 Abs. 4 GG resultierende Garantie effektiven Rechtsschutzes nicht sanktioniert werden (Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO § 80 Rn.46; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 80 Rn. 104). Daher besteht auch für Behörden und Gericht ein Verbot, Maßnahmen aus dem angefochtenen Verwaltungsakt abzuleiten, die rechtlich als dessen Vollziehung zu qualifizieren sind (BVerwGE 66, 218 ; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 80, Rn 18). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides durch die Agg. war die Ast. nicht verpflichtet, an der Reha-Maßnahme teilzunehmen. Da diese Verpflichtung nicht bestand, konnte die Nichtteilnahme auch keinen Verstoß gegen § 63 SGB I darstellen und es lag deshalb auch keine Verletzung einer Mitwirkungspflicht nach § 125 Abs. 2 Satz 4 SGB III vor. Eine Erfolgsaussicht der Klage ist damit unabhängig vom Ausgang des Reha-Rechtsstreits zu bejahen. Der von der Agg vorgetragene Gesichtspunkt, bei der Interessenabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass die Ast. zu einer Erstattung im Falle des Unterliegens in der Hauptsache gegebenenfalls nicht in der Lage sei, ist deshalb vorliegend nicht entscheidungserheblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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